APPENDIX VERGILIANUS


Nachdichtung

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit



1

Die Gastgeberin, eine syrische Frau, um den Kopf trägt
Sie das griechische Stirnband und bewegt sich geschmeidig
Zu den Kastagnetten in der geschmeidigen Taille,
Unanständig tanzt sie und betrunken im Gasthaus,
Im berüchtigten, an den Ellenbogen die Glöckchen.
Wie denn bitte wäre es einem ermüdeten Manne,
Weg im Sommer zu sein von der Stadt und der staubigen Hitze
Und auf meinem gemütlichen Sofa den Rotwein zu trinken?
Denn hier gibt es Gärten und Zellen und Trinkbecher reichlich,
Rosen, Flöten und Gitarren und erfrischende Lauben
Unterm schattigen Strohdach. Siehe! Wie in der Grotte
Von Arkadien ist hier ein Mädchen, die weiß zu plaudern,
In dem Munde des Hirten klingen die ländlichen Rohre,
Kräftigen Rotwein gibt es hier, der erst neulich entflossen
Ist dem verpichten Weinfass, und es murmelt auch leise
Hier ein Bächlein von Wasser hin mit heiterm Geplätscher.
Und bescheidene Veilchen gibt es in Menge und Kränze
Goldener Blumen, geflochten schön zu Purpur-Girlanden,
Dazu gelbe Rosen und gesammelte Lilien
Vom jungfräulichen Fluss, die eine reizende Tochter
Bei dem Flussgott geerntet, in Weidenkörben gesammelt.
Kleine Käse sind hier auch und geflochtene Körbe,
Sind aus trockenen Binsen. Hier sind wächserne Pflaumen
Von dem herbstlichen Tage und Kastanien und Nüsse,
Süß errötende Äpfel. Hier ist Ceres so zierlich,
Hier ist Bacchus stark und der allmächtige Amor!
Rot sind die Maulbeeren auch und rot die fruchtbaren Trauben
In den schweren Bündeln, und von dem Stengel, dem steifen,
Hängt die grünliche Gurke. Und die einfache Hütte
Hat einen Vormund nun, mit Weiden-Sense bewaffnet,
Mit monströser Lende! Doch der Gott ist nicht schrecklich!
Also komm du hierher, Besucher der heimlichen Zellen,
Lass deinen kleinen müden Arsch doch mächtig hier schwitzen,
Nichts erspar ihm, denn der Esel ist Haustier der Vesta!
Und mit häufigen Sommergesängen die Grillen nun platzen
In den Bäumen und in Rückzugsorten, in kühlen,
Liegt die Eidechse jetzt verborgen. Bist du nun weise,
Lehne dich zurück und fülle die Becher des Sommers,
Oder, wenn du es lieber willst, dann hebe die Gläser
Und lass es tropfen aus den Kristallen. Hierher gekommen,
Müder Mann, darfst du ruhen im kühlen Schatten des Weinstocks,
Deinen schweren Kopf bekränzen mit Rosen-Girlanden,
Und den reizenden Körper eines zärtlichen Mädchens
Darfst du mit deinen Augen genießen. Zugrunde gegangen
Ist die bigotte Prüderie der ältlichen Frömmler!
Warum die süßen Parfüme eines sich schminkenden Mädchens
Sollten dir nicht gefallen? Willst du denn die Gebeine
Nicht mit Rosenkränzen schmücken? Lass strömen den Wein und
Wirf die Würfel im Spiel! Vergessen seien die Toren,
Die um die Zukunft sich sorgen! Denn der Tod zupft am Ohr dir,
Flüstert: Ich komme gewiss, so lebe die heutige Stunde!


2

Die Rosen suche ich im Frühling,
Im Sommer bringen sie die Ähren,
Im Herbst die Früchte, und im Winter
Kommt zu uns allen schwarzer Tod.
Ich fürcht den Frost, ich habe Angst,
Da brauche ich den Gott aus Holz,
Den stell ich nah am Feuer auf,
Daneben sitzen dicht die Bauern.


3

Ich bins, o Wanderer, diese trockene Pappel,
Ich mit rustikaler Technik errichtet,
Ich bewache das kleine Feld, wie du sehn kannst,
Links und rechts von dir, o wandernder Pilger,
Auch das Haus und den kleinen Garten, die Beete,
Ich beschütze den Eigentümer, den armen,
Schütze die Äpfel vor den Fingern des Diebes.
Auf mich legt man im Lenze Blumen und Blätter,
Gibt die Girlande mir in der Hitze des Sommers
Aus dem gelblichen Mais, im süßeren Herbste
Gruppen von Trauben mit grünen Ranken des Weinstocks,
Lässt mich von frostgereiften Oliven erglänzen.
Unter meinem Holze die zierlichen Ziegen
Tragen Euter voll Milch, auf städtischen Plätzen,
Und das gemästete Lamm wird von mir auch erzogen,
Hände voll Geld kann der Hirte schicken nach Hause,
Und das Opferkalb wird aus der Obhut der Mutter
Hier geschlachtet, das Blut vergossen im Tempel.
Wanderer, diesen Gott sollst du ewig verehren,
Davon wirst du profitieren, denn siehe,
Durch das Blasen der Hure wird aufsprießen Pollux.
Ach, den Pollux wollt ich wohl ficken, so sagst du.
Pollux bekommt ja sein Recht durch den schützenden Anwalt.
Ist ihm ein Arm ausgerissen? Wie großartig ist das?
Aber nah seiner Hand ist die gnädige Keule!


4

Lieber Freund, dies darf ich sagen,
Sagen darf ichs ohne Täuschung,
Hängt mich auf, weil ich verarmt, weil
Dieses Kind mich ruinierte!

Wie auch immer, dein Gebot ists,
Freund, dass ich dir alles sage,
Dennoch muss ich schweigen, ach, weil
Dieses Kind mich ruinierte!


5

O kleines Landhaus du und grüne Felder,
Wo unsre Syro lebte still mit mir!
Der Wohlstand werde deinem Eigentümer.
Dir weih ich mich und alle, die ich liebe,
Als Erste meine Mutter. Wenn es sein muss,
Dass ich erfahre etwas Trauriges
Und trauern müsse über unser Haus,
Dann sei du heute mir, was Mantua
Und was Cremona mir vorzeiten war.


6

O komm heraus, Schaluppe, wie du siehst,
Man sagt, du seist das schnellste aller Schiffe,
Und säumtest nicht, geschwinde fortzugehen,
Zu gehen übers Wasser, deine Arbeit,
Zu fliegen mit den Rudern und den Segeln,
Und dies in der Gefahr der Adria
Und auch an den Kykladen-Inseln mutig,
Bei Rhodos und beim wilden Thracien,
Im Meere Marmara und im Euxin.
Dort wurde die Schaluppe, die sie wurde,
Die vorher war ein buschiges Gehölz,
Ein Buchsbaum wars mit Blättern, flüsternden,
Oft ward ein Sound verursacht. In Amastris
An dem Euxin und in Cytorus war
Sie wunderschön mit grünem Laub bekleidet.
Nun, die Schaluppe sagt dir solches, dir
Ist es bekannt besonders, und sie sagt,
Ihr erster Ursprung war auf stolzen Höhen,
In dies Gewässer tauchte sie ihr Ruder,
Und durch so viele wilde Meere trug
Sie ihren Herrn, ob auf der linken Seite,
Ob auf der rechten Seite blies die Brise,
Und immer war der höchste Gott ihr gnädig.
Noch hat sie nicht den Göttern an der Küste
Geopfert, vor der allerletzten Reise,
In einem stillen Teich hat sie geankert.
Was war sie doch in frühern Zeiten! Ach!
Nun liegt sie abgetakelt da im Alter
Und widmet sich den Zwillingsbrüdern Kastor
Und Pollux. Pollux ist der Sohn des Vaters.


7

Was hat Gott gewünscht, der dich fortgeführt von dem Freunde?
Oder wars, weil du zuviel Becher mit Rotwein gesoffen?
„Ich bin betrunken mit dir, und wenn es ein Fehler sein sollte,
Aber das Schicksal quält jeden auf die eigene Weise,
Warum willst du mich denn des Verbrechens des Zechens beklagen?“
„Wahrlich, deine Gedichte werden wir ewig bewundern
Und die römische Geschichte bitter beweinen,
Die du allzu früh auf den Scheiterhaufen geworfen!
Aber du willst ein Niemand sein?“ Ihr grausamen Götter,
Ihr perversen Götter der Unterwelt, sagt und erklärt uns,
Was war das für ein Zorn, der verhindert dem Freunde das Leben?
Als sein Vater noch lebte, hatte er reichlich zum Leben.


8

Hochmütiger Nocturnius, du Pate stolz,
Die Frau ist dir gegeben, die dein Kamerad,
Gegeben dir, hochmutiger Nocturnius,
Die Dame suchtest du, und jetzt ist sie ja dein.
Doch siehst du nicht, hochmütiger Nocturnius,
Wie glücklich will die Tochter sein des Attilus,
Die glücklich leben will, auch wenn sie dir vertraut?
Nun kommt, ihr lieben Freunde, kommt, den Freund zu sehn!
Beschaut, wie immerdar voll Stolz Nocturnius
Die Flasche Rotwein leert und auf die Freundin trinkt!
Thalassio, Thalassio, Thalassio!


9

Ich kann nicht segeln auf dem Meere, wie bisher,
Ich leide an der Hitze, trage schwer am Frost!
Begleitet denn der Sieger auch die Arme noch?
Mein Zorn, der Grimm von alters her, die Zunge scharf,
Ich reiche dir die Hand, du Leben voller Schuld,
Verhurte Schwestern liegen nackt in deinem Zelt,
Die stark genug, die stark genug für meinen Schwanz.
Was willst du mich erregen? Und warum, o Mensch,
Bist du so frei von Scham und würdig der Zensur?
Von deinem Diebstahl muss ich reden, reden auch
Von deines Bruders Sparsamkeit und kargem Geiz,
Dein Bruder hat sein Erbe ja verschleudert schon.
Und selbst die süßen Sachen, die die Knaben tun
Mit reifen Männern, schon ganz nass ist das Gesäß,
In dunkler Nacht, worüber alle andern schrein:
Thalassio, Thalassio! Ich weiß nicht, wer
Hat plötzlich angehoben, dies zu rufen laut.
Warum erbleichst du denn, o Frau? Hat denn der Scherz
Dich schwer geplagt? Erkennst du deine Taten nicht?
Im Lauf des schönen Sommermondes lade mich
Doch in dein Brautgemach zu einem schnellen Fick!
Auch will ich blutig sehen den Altar und dann
Dich selbst auf einem Floße schwimmen auf dem Fluss,
So rühre deine Lenden, ruf dich selber an
Und mit Matrosen reise auf dem Gelben Fluss,
Am Orte der Gerüche, Schiffe auf dem Grund,
Untiefen voller Schlamm und Wasser spärlich nur.
Auch sollst du auf dem Weg zur Küche gehen und
Ein gutes Essen komponieren und ein Fest
Dem Freunde feiern, dem du deinen süßen Saft
Hast eingeschenkt als eine dralle Frau und brat
Ihm eine Bratwurst auch und leck ihn mit dem Mund!
Verletze mich, zerreiße mich, wenn überhaupt
Du hast die Macht! Ich rufe deinen Namen an.
O Lucius, Lustknabe, all dein Geld ist weg
Und von dem Grimm des Hungers knurrt dir schon der Bauch?
Ich kann dich sehen, du bist nackt und ärgerst Gott!
Und ein geplatzter Bauch und ein geschwollner Fuß,
Und dein betrunkner Onkel ist vom Fasten matt!
Bestimmt ist es dem Menschen, nach dem Alter tot
Im dunklen Grabe unterm Hügel auszuruhn.
Kein kleiner Gast sollst du in meinem Herzen sein.
Mit dem, was diese Narren schätzen an der Welt,
Kann Rom besiegen nicht das weisere Athen!
Das ehrne Schicksal keiner je besiegen kann.


10

O du, die du den Thron in Paphos aufstellst,
O Venus, abgeschlossen ist die Arbeit,
Da Trojas Prinz Äneas ich getragen
Im edlen Lied bis in die Stadt der Römer.
Ich werde nicht allein den Weihrauch räuchern
In deinem Tempel, oder Tafeln spenden,
Mit reinen Händen bring ich dir Girlanden,
Gehörnten Widder als bescheidnes Opfer,
Und einen Stier, und werde dann besprengen
Mit Opferblut das Feuer des Altares
Zu Ehren deiner Gnade, große Venus!
Geflügelt Amor wird zur Stelle sein,
Als Marmorstatue mit bunten Farben,
Den Köcher er verwendet nach der Mode.
O Unsre Liebe Dame von Kythera,
Sei du zur Stelle, denn dein Kaiser ruft dich,
Zu unserem Altar komm vom Olymp!