von
Josef Maria von der Ewigen Weisheit
MOTTO
„Thus talking, hand in hand
alone they passed
On to their blissfull bower.
It was a place
Chosen by the sovran Planter,
when he framed
All things to Man’s
delightfull use. The roof
Of thickest covert was inwoven
shade,
Laurel and myrtle, and what
higher grew
Of firm and fragrant leaf; on
either side
Acanthus, and each odorous
bushy shrub,
Fenced up the verdant wall;
each beauteous flower,
Iris all hues, roses, and
jessamine,
Reared high their flourished
heads between, and wrought
Mosaic; under foot the violet,
Crocus, and hyazinth, with
richy inlay
Broidered the ground, more
coloured than with stone
Of costliest emblem. Other
creature here,
Beast, bird, insect, or worm,
durst enter none;
Such was their awe of Man. In
shadier bower
More sacred and sequestered,
though but feigned,
Pan or Sylvanus never slept,
nor Nymph
Nor Faunus haunted. Here, in
close recess,
With flowers, garlands, and
sweet-smelling herbs,
Espousèd Eve decked her first
nuptial bed…………”
(Milton)
ERSTES BUCH
ERSTER
GESANG
Im
Anfang schuf Gott durch das Wort,
Da
schwebte der Geist auf chaotischem Meere.
Muse,
warest du auch denn dort?
Dies
zu wissen, ich begehre.
Rein
geordnet durch Gottes Kraft,
Spricht
meine Huri in Knittelreimen.
Rein
geordnet die Leidenschaft
Ist
in Gemeinschaft mit dem Reinen.
Gott
gebot: Es werde Licht!
Und
er schied das Licht vom Dunkel.
Zur
Abendstunde dein Angesicht
Ist
so golden, der Blicke Gefunkel.
Siehe,
Muse, am ersten Abend,
Den
Gott im Weltall werden ließ,
Saßest
du reimend, am Reim dich erlabend,
Und
träumtest vom schönen Paradies.
Ich
Kopfgeburt, ich war zu versunken
Allein
in meine eignen Gedanken
Und
sah nicht deiner Augen Seelenfunken
Und
den Dattelmund und die Haare, die langen.
Ich
sah dich überm Meere schweben,
O
Muse, sah an der Urzeit Quell
Dich
wandeln in wallenden Duftgeweben,
Dein
perlmutterfarbener Schleier ist hell.
Du
hieltest in Händen ewige Tafeln
Des
göttlichen Schicksals, Gottes Gebot.
Die
Nymphen und Tritonen schwafeln,
Du
aber schweigst weise goldenrot.
Du
schwebtest herbei auf deiner Muschel,
In
der Muschel ein heimliches Rauschen,
Lispelnd
dem Dichter ins Ohr Getuschel,
Er
solle nur seiner Muse lauschen.
Siehe,
im himmelblauen Linnen
Geht
sie am Meere mit runden Armen.
O
Lilienarmige! Dich zu minnen,
Macht
weise den Minner. Hab Erbarmen!
Wende
dich zu dem lauschenden Ohr
Des
Poeten mit schönem Schall.
Er
höre, er stoß aus dem Munde hervor
Der
schöpferischen Liebe Gelall!
Ich
lieg hier, Beine über Beine
Auf
einem Diwan von grünem Moose,
Auf
einem einsamen Felsensteine
Und
schau in des Meeres Gischtgetose.
Du
nahest in Perlmuttschleiern
Und
hast Meeresschlangen umgewunden.
Nur
deine Schönheit möge feiern
Die
Liebesleier des Herzenswunden.
Du
Schönheit auf dem Meere wandelnd,
Herrlich
im lichtgrünen Schein der Frühe!
Keusch
und voller Huld zu handeln
Kamest
du – o ich glühe, glühe!
O
lass mich dich auf Knieen anflehen
Hier
in der Urzeit Meergetose:
Lass
dich von trunkenen Augen ansehen
Und
küss mich mit deines Mundes Rose!
O
Muse, wie soll der Dichter singen,
Wenn
die Muse nicht küssen mag?
Eile,
Engel, gefalteter Schwingen,
Ihr
mein heißes Verlangen sag!
Die
Muse neigte sich hold an der See
Unter
dem Monde in trunkener Nacht,
Sie
in der Nacht mit dem Antlitz von Schnee
Reiche
ihres Mundes volle Pracht.
O
Muse, diese vollen Lippen,
Die
jungen roten Rosenblätter!
Amor
möchte daran nippen!
Dich
küssen tausend Liebesgötter!
Schönstimmige,
bist du Calliope?
Breites
Epos willst du nicht singen,
Nicht
den Krieg der Helden, das Weh
Der
Mütter nicht, du willst Freude bringen.
An
die uralten Zeiten erinnern
Kann
nur die Muse Mnemosyne.
Himmlische,
ohne dich will ich nicht beginnen,
Zu
singen Wonne, Sünde und Sühne.
Lass
deine weiße Seide rauschen
Und
deine hennaroten Lockenfluten.
Ich
will deiner leisen Weisheit lauschen
Und
dein Lied zur Posaune tuten.
Nicht
unterrichtet in Wissenschaft,
Wie
denn schufest du, Herr, die Welten?
Du
bist ewige Weisheit und Kraft!
Ob
auch Mythen und Märchen vor dir gelten?
Sicher,
die Wahrheit sagt der Prophet,
Der
vom Heiligen Geist getrieben.
Träumerischbuntes
singt der Poet,
Weiß
nichts als seine Geliebte zu lieben!
Und
nun gibt mir die Muse das Bild
Von
Nüwa, der Göttin des Reiches der Mitte.
Hoheitsvoll
und anmutmild
Erschien
sie in seelenvoller Sitte.
Sie
schwebte über die ersten Gräser,
Die
da an schilfigen Teichen standen.
Schmetterlinge
als Blütenleser
Flatterten
fröhlich in allen Landen.
Einhörner
sprangen im grünen Gras,
Es
wehten transparente Feen,
Der
Papagei geflügelt saß,
Die
Nachtigall war bei der Rose zu sehen.
Rinder
waren auf breiten Weiden,
Ziegen
liefen an Bergeshängen.
Mutter
Natur mit herrlichen Weiten
Lag
da in Breiten und Längen.
Wolken
zogen über die Erde,
Panther
sprangen und starke Löwen,
Frei
und stolz die wilden Pferde,
In
den Lüften lachten die Möwen.
Tauben
girren, schmelzen, kosen,
Lassen
ihre Brüste wallen.
Um
die purpurroten Rosen
Buhlen
verliebte Nachtigallen.
Eiche
rauscht im Wind und Buche,
In
denen lassen Tauben Federn.
Meine
Seele im Traume suche
Das
Land von Zypressen und Zedern.
Olivenbäume
mit kernigen Früchten
Bei
Bergamottenorangenbäumen,
Früchte
verschleiert in keuschen Züchten,
Nebelwogen
um Bäume schäumen.
Weißer
Nebel, kristallener Tau
Fällt
und der Silberfaden-Regen
Auf
die dunkle empfangende Au,
Goldregen
wurde Danaes Segen.
Lämmlein
unter Lilien weidet,
Poppie
in Morgentaues Bade.
Alles
lächelt, keiner leidet!
Blumen
schön wie Lavendeljade.
Auf
den Teichen schwarze Schwäne
Tragen
ihre weiße Feder.
Die
Zypresse weint eine Freudenträne
Und
wonnevoll lacht die hohe Zeder.
Es
jagt in Frieden die stolze Stute
In
Ebnen unendlicher Freiheit.
Schaute
Nüwa hinauf, die gute,
Grüßt
die Gottheit, die Einige Dreiheit!
Nüwa
nahm etwas gelben Schlamm
Aus
der mittelchinesischen Ebene Xian
Und
fügte ihn zum groben Klumpen zusamm
Und
weiht ihn dem himmlischen Gotte Tian.
Modellierte,
gestaltete fleißig,
Machte
ein schönes Männer-Idol.
Den
jugendlichen Schenken preis ich
Mehr
nicht und mehr nicht den jungen Apoll.
Apoll
von Belvedere nicht
Und
David nicht von Michelangelo
Ihm
gleichen. Vollkommen sein Gesicht,
Die
Glieder machen die Göttin froh.
Ich
will ihm, sagte die Göttin Nüwa,
Aus
Adama-Erde den Adam-Mann,
Zur
Freundin schaffen die schöne Eva,
Dass
er Gott in ihr anschauen kann!
Wie
eine Nymphe, wie eine Lilienblüte
War
sie unendlich rein zu rühmen,
Vollkommen
heilig im schönen Gemüte
Und
von Liebe geheiligt ihr Hymen.
Pur
aus dem Traum war sie aufgesprossen,
Erblüht
aus des Mannes Mark und Gebein,
Von
vollkommener Schönheit umflossen,
War
sie von ganzem Herzen sein.
Sie
schaute aus geliebten Augen-Juwelen
In
seine Augen so sanft und süß!
Ineinander
schmolzen die Seelen
Und
waren vereinigt im Paradies.
Und
die Göttin in rosiger Seide
Verließ
für kurze Zeit die Erde,
Sie
schwebte zur grünen Sternenweide
Mit
der anmutvollsten Gebärde.
Sie
schwebte beim Scheffel und beim Phönix
Und
vorbei an der Weberin,
Trat
in das Haus des Polarsternkönigs
Und
sah des Himmels Kaiserin.
Des
Mondes weiße Königin
Trat
aus den silberkristallenen Hallen:
Heilig,
o Nüwa, ist dein Sinn,
Ich
hab an dir mein Wohlgefallen.
Siehe,
du Göttin des Paradieses,
Hör,
was mein Geist über dich bestimmt:
Geh
zum Jaspishasen auf die Wiese
Und
zum Baum von duftendem Zimt,
Tritt
dann in die kristallene Halle,
Setz
dich zu meinen Füßen nieder.
Lobpreis
deiner Güte erschalle,
Deine
Schönheit besingen himmlische Lieder.
Damit
verlor sich des Mondes Schimmer
In
Neumondnacht, tiefe, konfuse.
Der
Dichter war allein in seinem Zimmer,
Allein
ins Bett ging seine Muse.
ZWEITER
GESANG
Die
wunderschöne Chawa kam
Zum
hingegossenen Adama.
Vulkanus
wäre nicht lahm,
Wär
solch eine Aphrodite ihm nah.
Weint,
ihr Poeten, weint,
es
ströme eurer Tränen Schauer,
Weil
sie nicht bekleidet erscheint,
Jammert
in unendlicher Trauer!
Wie
wollt ihr singen um Gottes willen
Ein
keusches züchtiges Lied der Tugend,
Da
sie vor euch steht so ohne Hüllen
Und
nichts verbirgt euch ihre Jugend?
Nun
singt ihr nicht majestätische Roben
Und
nicht den erbarmungsvollen Mantel.
Schaum
um die Schultern seht ihr toben
Und
fluten das lockige Haar an die Mandel.
Nackt
wie Ischtar im Totenreiche,
Aber
in Eden im Land des Lebens!
Eros,
mit segnendem Flügel streiche
Über
das Haupthaar ihr nicht vergebens.
Ihre
Glieder wie Elfenbein!
Ihrer
Glieder wie Ebenholz!
Und
der Haare Morgenschein
Flattert
wie ein Banner stolz!
Sie
ging an des großen Meeres Strande,
Durch
das Wildbachtal an den Strom,
Sie
lebte in des Lebens Lande
Bei
der Mango süßem Arom.
Meine
Braune und meine Schöne!
Adama
rief es ihr zu emphatisch.
Dass
mich Bambus und Lorbeer kröne,
Sing
ich die Wonnen der Liebe ekstatisch!
Ich
wandle mit dir, du bist so süß,
Wir
wandeln Hand in Hand zusammen,
Arm
in Arm im Paradies,
Und
sind einander Zunder und Flammen.
Geliebte,
Geliebte, wir lieben einander!
Und
über uns ist die Liebe Gottes!
Durch
Freudengärten mit mir wander
Zum
Blasen des Seraphen-Fagottes.
Oh,
ich sehe durch alle Hüllen
Wie
durch eine Silberzwiebel!
Lass
meine Augen sich füllen
Mit
der Sicht des Leibes ohne Übel,
Ohne
Makel, in Perfektion!
Mischmischfrüchte
deine Brüste,
Bergamotten
im Sommer schon,
Verschleiern
sie des Taues Düste.
Fällt
der Nebel, fällt das Haar,
Fallen
die wallenden Blütenglocken
Dir
auf der Brüste Apfelpaar
Und
der Pusteblume Samenflocken.
In
deinem Paradies-Kostüm
Liegt
vor mir die ganze Pracht der Natur.
Dich
hüllt ein Hauch ein wie Parfüm,
Du
seelenvollste Kreatur.
Und
seien wir Poeten höflich
Und
singen wir die Minnedame!
Ich
preis der Geliebten Schönheit höchlich
Und
löblich, Eva, prangt dein Name.
Chawa
sing ich euch, die Schöne,
In
Garten Edens dunkler Nacht.
Die
Stute schüttelt ihre Mähne,
Die
Flamme lodert roter Pracht.
Sie
sprachen vom Feuer beim Trinken,
Lachten
und schauten so schön verträumt.
Vögel
in die Nacht versinken,
Der
Abendstern feiertrunken säumt.
Da
liegt des Leibes weiße Rose
Mit
den roten Rosenblüten
Im
blütenüberschneiten Moose
Und
die Fingerspitzen glühten.
Chawa
tauchte auf im Garten
Aus
der schäumenden Blütenfülle.
Alle
Nachtigallen erwarten
Ihre
süße Stimme in der Stille.
Chawa
sprach mit süßer Stimme:
Müde
bin ich, geh zur Ruh,
Dass
ich tief in Träumen schwimme
Zum
geliebten göttlichen Du.
Gottversunken,
liebestrunken
Will
ich ruhen in der Stille,
Liebestrunken,
gottversunken
Will
ich leben in der Fülle!
O
du schöner Adama, komm,
O
komm in meinen bräutlichen Garten!
Ich
will dich, mit vielerlei Künsten, fromm,
Mit
meinem offenen Herzen erwarten.
Ich
will dich an dies Herze drücken,
Das
wir zusammen an Gottes Herz
Die
Ewigkeit finden voll Entzücken,
Von
Wonne Überwonnen-wärts!
Eja,
eja, meine Seele
Ist
voll von deinem warmen Umarmen,
Ich
zittre wie die blühende Schmele,
Erfasst
von Gottes großem Erbarmen.
Liebhaben,
liebhaben will er uns,
Will
uns lieben, ewiglich lieben,
Will
uns küssen blühenden Munds,
Sieben
Küsse und siebenmal sieben!
Adam ruhte in Chawas Arm,
Es
blühte und bebte die Natur,
Der
Sommer wogte am Abend warm,
Die
Nacht war warm, von Frost keine Spur.
Adam
tanzte sein Mark und Gebein
Und
die Seele ließ sich nieder
Und
es ruhte der Augenschein
Und
zur Ruhe fanden die Glieder.
Der
Abendstern taute Segen hernieder,
Die
Mondin schaute so warm und schön.
Die
Nachtigallen sangen Lieder,
Sangen
zur Ruhe mit süßem Getön.
Er
küsste ihrer Schultern Elfenbein,
Geschwungen
wie Schultern von Delphinen,
Er
hauchte dem Haare Küsse fein
Voll
vom Segen der Seraphinen.
Und
er legte ins weiche Gras,
Die
fruchtbar reiche weiche Wiese,
Ihren
Leib, voller Vorsicht, wie Glas,
Zur
nächtlichen Ruh im Paradiese.
Schlafe
und tauche in Gottes Welt
Innen
in dir - wie außen so innen -
Sei
ihm ganz anheim gestellt,
Er
wird dich immer und ewig minnen.
So
legte Adam zur Ruhe sich auch,
Er
schlief unterm geistlichen Feigenbaum.
Er
widmete seines Lebens Hauch
Gott,
und trat zu ihm im Traum.
Adam
stieg in die Märchenwelt
Durch
das goldene Löwentor.
Halbmonde
golden verzierten das Himmelszelt,
Sterne
wie diamantener Flor.
Da
saß an der rosenumrankten Pforte
Vor
der Mauer die Huri schön:
Vollkommne
Schönheit mit einem Worte,
Und
hörte der Nachtigall Getön.
Himmlisches
Flüstern, himmlisches Flüstern:
Lass
uns zusammen kosen, wir beide
Sind
Abendsterne im Abenddüstern
Und
tauige Blumen auf Edens Weide.
Felsenfeste
Männer lieb ich,
Treu
in Liebe und Vertrauen.
Wie
der geflügelter Hudhud piep ich.
Du
siehst in mir die Schönste der Frauen.
Chawa
werde ich wohl gleichen müssen,
Dass
ich in Ewigkeit dir gefall.
Wir
wollen küssen, wir wollen küssen,
Küssen
wie Rose und Nachtigall!
Bin
ich nicht schön? Mir fallen
Meine
Strähnen am Ohr entlang.
Soll
ich verwirren sie, lassen sie wallen?
Sollen
sie fallen zum Schoße lang?
Bin
ich denn immer noch nach der Mode,
Die
sie alle auf Erden lieben?
Einzigartig
sei in der Ode!
Werde
Chawa von dir getreu beschrieben!
Darum,
so sing ich in Knittelreimen,
Dass
du nicht feilen musst, feilen,
Rechnen
und zählen, zusammenleimen,
Sing
du in altdeutschen Liebeszeilen.
DRITTER
GESANG
Liebliche,
liebliche Töchter gebar
Dem
göttlichen Wassermann im Meer
Die
Allschenkende mit dem schönen Haar,
Das
unfruchtbares Meer ward fruchtbar sehr.
Du
Göttin aus dem Ozean,
Du
Nymphe aus dem breiten Strom,
Schwimmerin
gleich dem weißen Schwan,
Es
steigt zu dir unser Weihrauch-Arom!
Retterin
wollen wir dich nennen.
Aus
den rauschenden Meeresfluten
Lasse
funkeln der Sterne Brennen,
Du
gnädige Geberin alles Guten.
Meeresstille
am Meere ganz.
In
der lieben blauen Grotte
Bläulich
schimmernder Meeresglanz.
Die
Nymphe vereinigt dem Gotte!
Rauschende
salzige Meeresflut
Brandet
empor mit den weißen Wellen.
Allgegenwärtige!
schön und gut
Du
walte über die Wogen, die schnellen.
Aus
Wassers weißen Gischtschaumflocken
Steigen
die Nymphen auf und nieder,
Die
da reizend zur Liebe locken,
Siegerinnen
und rosige Glieder.
Holdseligkeit,
Anmut, süße Huld
Und
demütige Gnade und Gunst,
Ein
Ruhehafen, ein Sternbild hold,
Plejaden
nennt sie die Kunst.
Glorwürdig
Leuchtende, hohe Erlauchte,
Geschenk
der See, du Uranfängliche!
Vulkan
in seiner Schmiede fauchte,
Diana
floh verletzt als Bängliche.
Im
Uranfänglichen mächtig Waltende,
Allschenkende
mit dem umfassenden Blick,
Dich
aus milchweißer Gischt Gestaltende,
Liebliches
Ross, du stürmst vor und zurück.
Kluges
Ross, du Rosengliedrige,
Mit
schlanken Fesseln, Welle am Ufersaum,
Meeresvögelin,
Taubenfiedrige,
Schönbekränzter
Göttertraum!
Im
bläulichen Schimmer des Meeres Badende,
Herrin
über die Wogenflut,
Sanfte
Balsamworte Redende,
Die
du siegreich bist über der Völker Wut!
Erfahrene
Weisheit und Wissen im Innern,
Erlöserin
unserer Seelenfunken!
Ich
will mich immer an dich erinnern,
Bin
immer von Liebe zu dir so trunken!
Du
liebliche Hüterin kleiner Lämmer,
Der
kleinen Zicklein Wandergefährte,
Du
schlanke Zypresse im Abenddämmer,
Du
grünende Düne, du blühende Erde!
Rosse
ruhen auf blauem Eiland.
Es
hört der Gerechte, der wahrhaft Klügliche:
Evas
Schoß entspringt der Heiland,
Jenes
Geheimnis, jenes Untrügliche.
Wie
Horazius sagt, sollen lehren
Und
die Herzen erfreuen Poeten.
Singe
darum den Fall im Begehren
Nach
den Schriftrollen frommer Propheten.
Reich
war der Garten an Apfelbäumen,
Birnenbäumen,
alten und jungen,
Maulbeerbäumen
mit Seidensäumen,
Pflaumenblüten
vom Schaum umschwungen,
Goldzitrone,
Bergamott
Und
den vollen Jampusen.
Besteige
die Palme flott,
Pflücke
die Feige, küsse den Busen!
Majestätische
Granatäpfel
Hingen
blutend im Lebensbaum.
Weithin
goldener Krone der Wipfel,
Grün
und orange wie im süßen Traum.
Alle
sollen sie dein sein, mein Kind,
Auch
werd ich noch nie genannte dir nennen,
Aber
eines, das nenn ich Sünd:
Gottes
Gebot nicht bekennen.
Einen
Baum für Jahwe spare,
Davon
werde nicht genascht,
Weil
sich dir sonst verfängt im Haare
Die
Schlange, die dir nach der Seele hascht.
Die
Schlange ist ein gefallener Engel,
Will
zur Verlorenheit verlocken,
Er
tritt schillernd zwischen die Lilienstängel,
Behangen
mit Samen und Blütenglocken.
Luzifer
lispelte, flüsterte, züngelte
Mit
gespaltener Zunge fein,
Und
gewaltig der Schwanz sich ringelte,
Er
wollte der höchste Engel sein.
Mit
eingeklemmtem Schwanz und blinzelnd
Kurzsichtig
trat er zu Eva hin,
Ein
wenig plaudernd, ein wenig witzelnd,
Schmeichelnd
ihrem Frauensinn.
Hat
Gott eine Frucht verboten?
Das
wäre doch gegen die Freiheit!
Nimm
dort die Früchte, die scharlachroten,
Kirschen
der Sünde sind süß zur Freizeit!
Die
verbotenen Früchte geben
Selbsterkenntnis,
da wirst du Gott
Gleich
sein an Weisheit und ewigem Leben,
Nicht
leben in Krieg und Alltagstrott.
Chawa
schaute mit schönen Augen
Nach
den verlockenden Früchten hin:
Scharlachrot,
oh, auszusaugen!
Weisheit
und Wollust begehrte der Sinn!
Alles
erkennen, alles benennen,
Alles
zu sehen und alles zu wissen!
Ewig
in glühender Liebe brennen
Und
ewig so trunken zu küssen, küssen!
Ihre
Sinne berauschten sie
Und
sie griff die verbotene Gabe.
Gott
im Himmel der Himmel schrie
Und
Christus schlug auf mit dem Hirtenstabe!
Die
Verlockung zur scharlachnen Sünde
War
in die schöne Chawa gefahren.
Mit
Barmherzigkeit, Muse, verkünde,
Wie
sie versucht ward in diesen Gefahren.
Reizend
trat sie zu Adam hin,
Der
sich sehnte nach ihrer Glorie,
Anzuschauen
Schönheit im Sinn,
Die
Erste der Königinnen aller Historie.
Wollte
die Nymphe aus den Meeren,
Die
stille Eva fromm
Als
Abbild des Schöpfers verehren.
In
trunkener Liebe Adam glomm.
Es
warf die Nacht ihre schwarze Netze,
Rosen
schminkten mit Wein sich rubinen.
Amor
nahte, der blinde Götze,
Evas
Reizen verschönernd zu dienen.
Unter
des Abendsternes Funken
Adam
die schöne Chawa sah,
Da
war er vor Wollust wonnetrunken,
Sie
reichte die Scharlachfrucht da.
Ich
hörte eines Engels Geständnis,
Verschweige,
Adam, des Engels Beichte.
Diese
Frucht ist reife Erkenntnis
Und
Kraft des Lebens, die niemals erweichte.
Nun
werden wir taumeln zu den Göttern
Und
nennen Marduk Gottes Sohn
Und
donnern mit Jupiter in den Wettern
Und
treten trunken zu Gottes Thron!
Und
Adam speiste. Da fielen die Schuppen
Von
seinen Augen, er stierte blöde,
Ein
glotzender Blick, und nicht mehr Schnuppen
Die
Augen, sondern Höhlen leer und öde.
O
wehe, o wehe, entsetzlicher Fall!
Da
fiel aus dem Stand alles Reinen und Guten
In
stürzendem Schaum wie ein Wasserfall
Adam,
Gift und Galle zu bluten!
Alter
Adam, da gärte das Fleisch,
Die
Galle und die Leber Giftes voll,
Die
Triebe tobten wild und nicht keusch,
Des
Zornes Ader die Stirne schwoll.
Buhle,
du tanztest den Tanz deiner Hur
Mit
dem babylonischem Lotterweib.
Dich
bringt die rebellische Kreatur
Um
den Verstand mit ihrem reizenden Leib!
Ischtar
wandert zum Totenreiche,
Die
himmlische Göttin muss menschlich sterben!
Da
stand sie mit nackter zitternder Weiche
Vor
dem Gericht, um ganz zu verderben!
Die
Netze Ägyptens und Lotterschlingen
Und
scharlachne Wollust lockte Begier.
Du
musst durch die Pforte des Feuers dringen
Und
findest nicht Weiber und Götterbier!
Gespalten
die Zunge im Scharlachmund,
Wollüstige
Breite der Venus aus Stein,
Urweibes
Schoß ein verschlingender Schlund,
Der
Kelch der Liebe voll Schierlingswein!
Wir
fühlen natürlich-elektrisches Zucken
Und
schäumende Räusche gehen durchs Hirn,
Wir
reizen die Unzucht, kommt uns ein Jucken,
Und
danken dem Götzen der eigenen Stirn!
Vom
ewigen Urquell der Liebe getrennt,
Wo
Liebe nur Eine, nur Eine, nur Eine -
Eine
Liebe, in der man brennt -
Die
göttlich-lebendige Frau war Meine!
Nun
werden sie Haremsmädchen haben
Und
eifersüchtiger Weiber Gezank,
Zänkische
Zungen, krächzende Raben,
Treulose
Männer mit Bocksgestank!
Und
Chawa packte der helle Zorn,
Sie
rannte wie eine entbrannte Stute
Zum
Schlammwasser, nicht mehr zum Lebensborn,
Mit
giftigen Flammen im leidenden Blute!
O Eva, dein Leiden, o Eva,
dein Leiden!
Du
sahest, du hattest das Reich verloren!
An
deiner Schande dürfen alle sich weiden,
Die
nach dir in Sünde werden geboren!
Du
erste Frau, geboren aus dem Traum,
Herzmuskel
Adams, vom Leben der Lende,
Tauche
herauf aus dem kosmischen Schaum
Und
leg einen Schatten auf meine Hände!
Und
eine Traurigkeit beschleicht mich,
Dass
diese Welt ward so feindlich gesonnen.
In
Chawa-Liebe aber erreicht mich
In
Nächten die Einsicht in ewige Wonnen!
VIERTER
GESANG
Ich
bin so traurig, sagte Eva,
Wir
waren unendlich reich wie Götter
Und
haben nun kaum noch ein Röstkorn-Epha
Und
stehn vor der Tür der Liebe als Bettler!
Wohin
sind die ozeanischen Perlen?
Der
diamantene Abendstern?
Wohin
der Tau in den schattigen Erlen?
Haben
die Tauben die Tauben noch gern?
Täuberich
komm, ich will dich trösten,
Liebeskummer,
sagst du, tut weh?
Ich
hab hier vom Brot, vom größten,
Ich
teils mit dir am Silbersee.
Ach
Turteltäubchen, du tust mir leid.
Was
ich mir wünsche von dir? Sei fröhlich!
Ich
liebe dich noch, ich, die Maid,
Und
wünsche dir Freuden hoch und höchlich!
Sollt
Er nicht auch ein Spätzlein kennen,
Der
rauscht da abends im Abendwind?
Er
sieht Bulbul fürs Röschen brennen,
Hört
traurige Worte und Worte lind.
Wie
weh ist der Nachtigall doch im Busen,
Als
die Lilie wollt nicht die Rose lieben.
So
zürnen Poeten, schmäht man die Musen!
Die
Mimose ist der Rose treu geblieben.
Traurig
die Welt lässt nieder hängen
Den
wirren Schädel, ergrauten Scheitel.
Die
Traurigkeit will uns mit Tau besprengen.
Erbarmen!
Alles scheint nichtig und eitel!
Die
Herzen wie kalt, wie leer und öde,
Wie
abgestumpft der ermattete Sinn!
Wie
wenig blühend erscheint die Röte
Des
Morgens, die strahlende Königin!
O
Muse, an deine Worte denken
Will
ich und deine Gedanken sagen.
Nymphen,
kommt und lasst euch beschenken,
Gebt
mir Trost in meinen Klagen!
Es
wollen doch Paradiesesvögel
Evalein
trösten mit heiterem Sang,
Mit
gespitztem Schnabel, die Flügel
Gefaltet
vor der Schönen bang.
O
Königin des Paradieses,
Wie
sitzt du in der Einsamkeit!
Ist
denn dies alles, ist denn dieses
Nicht
nur ein Tal der Traurigkeit?
Doch
Vöglein sangen: Hoff-nung!
Beweine
den Fall und lächle weise,
Eva
ist immer noch blühend jung,
Einst
naht der Engel des Todes ihr leise.
Und
Chawa sprach mit traurig schimmernden Augen:
Liebt
einander und habt euch lieb!
Geflügelte
Liebesboten, ihr sollt saugen
Am
Honigseim! Ich aber bin traurig und trüb!
Entkleidet
meiner Herrlichkeit
Seh
ich mich dreckig, unnütz, armselig.
Und
wo ist der Glanz der glorreichen Maid
Von
Eden, wo Wonnen waren unzählig?
Hier
schatten die Erlen wie Todesbäume,
Das
Meer rauscht in dunklen Träumen bang.
Nymphen
streichen die Seidensäume
Begrabend
über des Meeres Gesang.
Einen
Wehesang und Klageton
Rauschen
die Fluten zu des Felsens Füßen.
Trost
ist der Tau von des Mondes Mohn.
Meeresstern,
wir wollen dich grüßen!
Blaue
Stunde des Abends du,
Der
einzigen Liebe Vesperstern!
Wiege
mich sanft in der Seele Ruh,
Des
Staubes Mühsal sei mir fern!
Ich
will in die Liebe Gottes versenken
Meinen
letzten glimmenden Funken von Seelchen
Und
all meine Herzenswunden schenken
Will
ich dir, mein Gott, dein Evchen!
Mit
der Schlange hab ich gehurt
Und
sehe nun grässlich den alten Drachen,
Wie
er des Paradieses Geburt
Fressen
will mit stinkendem Rachen.
Die
hornige warzige Haut der Schlange
Schlingt
sich umher mit Klauen und Krallen,
Sie
hat Evas Apfelwange
Wie
eine Fruchtfliege angefallen.
Eklige
Würmer, widerliches Gezücht,
Höllenratten
und Schicksalsspinnen,
Euer
wartet des Engels Gericht!
Chawa
wollte nur das Leben minnen!
Chawa
wollte nur das Leben minnen
Mag
sein, durch der Minne rosige Pforte
Käme
sie zurück mit den sieben Sinnen
Zu
des Freudengartens Kinderhorte.
Ich
will achten die Kreaturen,
Ob
sie schön oder hässlich sind.
Lebenslinien,
Schicksalsspuren...
Sei
mir Gott, der die Liebe ist, lind!
Ich
rufe an sein großes Erbarmen:
Gib
Eden wieder für Adam und mich!
Jahwe
steht mit offenen Armen
Und
sagte: Sei selig und liebe mich!
Gehe
durch Schmerzen kommender Wehen,
Es
stehe Adam in Mühsal und Schweiß,
Keine
Frucht soll der Acker sehen,
Die
Gattin den Gatten als König preis.
Weib,
dann soll aus deinem Schoße
Der
Spross entspringen, Gottes Same,
Er
wird den Wurm an der Wurzel der Rose
Vertilgen!
Gepriesen sei sein Name!
Da
nahte ein Engel mit Flammenschwert
Und
stellte sich neben Eva hin,
Das
Leben war Adam nicht mehr wert,
Sterben
wäre ihm Gewinn.
Aus
dem seligen Wonnejubel
Versetzt
in der Mühsal Nesselland,
Unter
der Völker abgöttischen Trubel,
Dämonisch-rebellischen
Widerstand.
Gepriesen
sei des Paradieses Pforte,
Wo
der reine Engel wacht!
Gib
Eva, mit des Jaworts segnendem Worte,
Eine
ewige selige Liebesnacht!
FÜNFTER
GESANG
Eva
gebar den Ersten, Kain,
Und
den drei Jahre jüngeren Abel:
Adams
Samen, Evas Keim
Und
von Gott der Seelenadel.
Kain
wandte sich zur Erde,
Nahm
die Hacke und den Spaten.
Abel
weidete wilde Pferde,
Wandelte
auf den Hirtenpfaden.
Die
Schwestern waren um sie her
Und
Vater und Mutter waren fromm:
Gott
segne dich, Gott segne dich so sehr,
Zur
göttlichen Liebe komm!
Seele,
o Seele, du edler Smaragd,
Gib
dich hin in der Liebe Glut,
Sei
Sklavin, sei Dienerin, Magd
Und
für Gott die Göttin auf der Flut!
So
schwebe hinan, o Seele, in der Nacht,
Es
wartet der göttliche Bräutigam,
Er
erwartet dich bei Bienenwachskerzenpracht
Und
schaut dich an, mal ein Löwe und mal ein Lamm.
Unaussprechlich
schöner Mann
Jesus
Christus, Gottes Sohn,
Nimm
dich dieser Seele an,
Gib
ihr im Paradies einen Thron!
Sei
es ein Diwan aus Moos und Blättern,
Sei
es ein Nachtigall-Liebesnest,
Sei
es der Charis Bett mit Liebesgöttern,
Über
Dämonen aber die Pest!
Gieriger
böser Rachen drunten,
Hass
und Ekel und Langeweile,
Öde
und Pein und schmerzende Wunden,
Tränenstürze,
wie Wasserfälle steile.
Ich
sehe Kain immer blöde hämmern
In
der Gold- und Edelsteinschmiede.
Ich
sehe Abel liegen bei Lämmern.
Abel
das fromme Opfer der Liebe entbiete!
Eva
rühmte Abel, nicht lauter Stimme
Wie
posaunende Seraphinen,
Leise
die Liebe im Herzen schwimme,
Dass
wir in Liebe einander dienen.
Und
sie mühte sich, heilig zu leben,
Würdig
dem hohen uralten Traum:
Liebe
sei ewig! In reinen Geweben
Saß
Eva da, mit Blüten am Saum.
Aber
eure Opfergaben
Sind
nur der Stiere Opferfett.
Ein
Lamm soll Gott erlaben,
Das
macht die Sünden alle wett.
Opfern,
opfern! Fleisch und Blut!
Werdet
selber zur Opfergabe,
Indem
ihr Liebe geben tut
Zu
Gottes ewiger Labe!
Nun
bring den kleinen Kain zur Ruhe
Und
hüll den jüngsten Abel ein,
O
Mutter, und hole aus der Truhe
Den
Schal für deiner Schultern Elfenbein.
Und
trag das leichte Oberkleid
Mit
den pelzgefütterten Säumen,
Linnen
darunter, fallend weit,
Um
auf den Schenkeln zu schäumen.
Abendsonniges
Abendgold
Legt
sich auf deine braunen Wangen,
Schauest
so träumerisch in die Ferne, hold,
Ein
holder Zauber ward eingefangen.
Magische
Melodien ertönen,
Der
Nachtigall Beschwörungskünste.
Rosen
glühen schöner, die schönen,
Trunken,
gehüllt in des Nebels Dünste.
Oh,
feuchter Kuss, den sie Adam gab,
Er
war trunken, sie war nüchtern,
Sie
ward weich und er ward Stab,
Mädchenhaft
keusch, so küsste sie, schüchtern.
Zauberblumen,
blau und trunken,
Mohnkapseln
schwollen, die Poppie blühte,
Feuerfliegen
wie grüne Funken.
Weiß
war Evas Seele mit schönem Gemüte.
Holde
Pilgerin durch die Länder,
Da
die Bären und Adler waren,
Schmetterlinge
und Vierzehnender
Und
Turteltauben immer in Paaren.
Indianerin,
Inderin,
Mongolin
und Pharaonentochter,
Sie
saß da in ihrem reinen Sinn.
Adam
in Träumen, den Leib umflocht er.
Sehnsucht
nach des Paradieses Auen
War
sie und Adam ihr treuer Trost.
Seelenvollste
aller Frauen,
Man
nannte sie Luna und war getrost.
Spricht
die Huri in Knittelversen,
Gleicht
sie Arabiens Rosenquarze.
Amor
wollte an Evas Busen scherzen,
An
der Brust mit Muttermal und Warze.
Woher
kommt Evas Muttermal
Auf
dem runden weißen Busen?
Folgende
Verse las ich einmal
In
der Bibliothek der Musen:
Indien
trägt das Schönheitsmal,
Persiens
Wange dasselbe auch.
Gott
wollte das mütterliche Mal
Auf
Evas Busen unter des Schleiers Hauch.
Mutter
der Lebenden, Mutter des Lebens,
Mutter
der Milchstraßen, Mutter der Sterne,
Sei
unser Sündenfall nicht vergebens -
Komme
der Retter aus höchster Ferne!
Kain
aber fasste der blanke Neid
Über
Abels heiligen Segen.
Kain
mit übler Laune speit
Und
wünscht den Schwefelregen.
Satan
sandte die Satanisten,
Den
reinen heiligen Abel zu quälen.
Kain
mit übelersonnenen Listen
Wünschte
Abel den Tod der sieben Seelen.
Abels
Körper will ich zergliedern,
Abels
Seele ewig verdammen,
Will
in die Niederung ihn erniedern,
Ausliefern
seine Seele den quälenden Flammen.
Und
da schlug er zu mit dem Spaten
(Wie
ein Mörder war der junge Mose),
Abel
im eigenen Blute zu baden,
Das
Täubchen im Tau der roten Rose.
Abel,
Abel! mein Sohn, mein Sohn!
Wohin
tragen die Raben dein Fleisch?
Bedeckt
ihn mit Blüten von Mohn,
Orangenen
Blüten, wie er so keusch!
Kommt
herbei, ihr schwarzen Raben,
Hüllt
den Leichnam mit des Staubes Schleier,
Sollen
Hunde sich nicht an ihm laben,
Singe
ihm Tubal zur Flöte und Leier!
Abel,
Abel, du warst ein Hauch,
Du
warst zu rein für diese Welt!
Abscheu
und Weltekel füllte dich auch,
Du
wolltest heim zum Himmelszelt,
Du
wolltest zum Schoße des Vaters zurück,
Der
Allebendige dir das Leben spendet!
Mir
aber ist verschwunden all mein Glück,
Da
dein holdes irdisches Leben geendet!
Gott,
nimm zu dir den seligen Hauch,
Der
voll Anmut im Innern und hold.
Hüte
den wilden Kain bitte auch,
Überhäuf
ihn mit Segensgold.
Zeichne
ein Mal auf seine Stirn,
Evas
Sohn sei ewig bewahrt.
Wende
er sich aus dem kalten Hirn
In his very inner heart.
Städte
soll er gründen und bauen
Und
ein Geschlecht Kainiter begründen,
Soll
sich nehmen sidonische Frauen
Und
bei ihnen Frieden finden.
Werde
er alt und werde er weise,
Muss
er auch wandern durch Nächte der Reue.
Ich
will beten für ihn leise, leise,
Dass
Gott sich an seiner Umkehr erfreue.
Es
sollen dann strömen seine Tränen
Und
unter Tränen erscheinen ein Licht,
Ein
süßes Licht, das lässt ihn sich sehnen
Nach
des Lichtes sanftem Angesicht.
War
es das Bildnis der Mutter Eva,
Keusch,
vollkommen und voller Ruh?
Mütterlich
schaute auf Kain Mutter Eva,
Im
Herzen ein tiefes göttliches Du.
Wie
ein blaumetallener Becher
Schaukelt
am Stiele die Blumenglocke.
Neben
dem weißen Jade-Becher
Liegt
die grüne Artischocke.
Und
sie empfing unterm Pflaumenbaume,
Der
da mitten im Garten stand.
Von
dem Baume fiel eine Pflaume,
Nicht
weit vom Stamm, aufs grüne Land.
Und
sie gebar unter Schreien und Wehen
Und
Pressen und Wimmern und Stöhnen, die Frau,
Da
war das goldige Kindlein zu sehen
Mit
Sonnen im Auge himmelblau.
O
strahlendes Kind von solcher Schöne!
Aquamarinblau
der klare Blick!
Mit
süßestem Munde lallend die süßesten Töne,
Ganz
die Mutter! Da sind wir zurück:
Eva,
sie lächelte voller Erbarmen,
Selber
mädchenhaft selig beglückt,
Schaute
aus vollem Auge, dem warmen,
Auf
das Kind, das sie so sehr entzückt.
Seth,
mein kleiner Seth, sei still,
Mama
kommt mit ihrem Busen.
O
des Busens trunknes Gequill!
Wie
Granatäpfel oder Jampusen!
Der
Säugling legte den süßesten Mund
An
der süßen Mutter Mutterbrust.
O
Muse, ich bin vor heißer Liebe wund
Und
ersehne ewige himmlische Lust!
SECHSTER
GESANG
Evas
schmale Katzenaugen
Blitzten
Adam in die Seele.
Adams
alter Mund wollte saugen
Honig
aus ihrem rotem Mundjuwele.
Adam
war alt und musste sterben,
Eva
war immer das junge Leben.
Pindars
Knabe könnte so werben
Oder
Abischag David umweben.
Halten
wirs mit den Hebräern lieber.
Mose
sah ins Gelobte Land.
Lieber
bei Kanaans Hügeln blieb er,
Die
da lagen unter der Hand.
Musste
Mose doch ins Reich der Väter,
In
die stille Versammlung der Ahnen.
Sah
er die Seele steigen in den Äther,
Wie
über Sphären von Sternenbahnen?
Er
trat in eine andere Welt,
Wohl
auf den glühenden Morgenstern?
Grün
des Gartens Blätterzelt,
Granatäpfel
Kern um Kern.
Alte
sterben und rufen: Mehr Licht!
Bin
erbötig, will die Fackel bringen:
Der
Allgebenedeiten Angesicht
Soll
deine Seele aufwärts schwingen.
Soll
auch Freude geben das Gute,
Was
wir auf Erden erfahren haben?
Dan
wird der Prophet sich mit frohem Mute
An
der schwarzen Katze erlaben.
So
ist Adam gestorben, wenn wahr ist,
Was
die Muse mir vor Augen malt.
Dunkle
Nacht, da der Tau sehr klar ist,
Der
Abendstern am Himmel strahlt.
Adam
sank in tiefe Träume,
Drei
Jahre lang in Einer Nacht,
Lilienblüten,
Seidensäume,
Wonneleben
in voller Pracht.
Adam
sah die Meere schäumen,
Die
Nymphen von Judäa glühen,
Mit
Indiens Salben, Chinas Seidensäumen
Heilige
Huris sich um ihn bemühen.
Eine
schwebt aus dem Chor hervor,
Keuschblickendes
Mädchen so sanft und süß,
Braune
Locken ringeln sich ums Ohr,
Die
ganze Gestalt aus dem Paradies.
Still
und sanft und freudig schritt er
An
ihrer Hand durch des Lebens Haine.
Erlöst
waren da die traurigen Ritter,
Schritten
nicht mehr die Straßen alleine.
Höher
hinan! zum Morgensterne!
Fruchtbar
grüne Wiesen sind da,
Engel
kamen in Scharen von ferne,
Götter
und Nymphen Adam sah.
Götter
waren aber nicht Götter,
Waren
kleine Amoretti,
Sorgten
liebend für heiteres Wetter,
Allergoldigste
Kinder, Putti.
Ein
Engel wedelte mit der Hand
Und
scheuchte die glühenden Feuerfliegen.
Reine
Fülle das ganze Land,
Da
Zweige schwanger von Frucht sich biegen.
Trunkene
Überfülle all,
Überstürzendes
Wonneschäumen,
Trunkener
Hochzeit Jubelgelall,
Tritt
ein die Nymphe in seidenen Säumen.
Und
so träumte Adam von Eva
Selbstverloren
vor sich hin,
Selbstvergessen,
ganz in Eva
Aufgegangen
war sein Sinn.
Trunken
ließ er sich fallen, tief
Und
immer tiefer in Blütenschoß,
Da
der goldene Nektar schlief,
Des
Taues Perle im weichen Moos.
In
einen neuen Garten gesunken,
War
ihm Unaussprechliches still begegnet.
Morgens
erwachte er traumestrunken,
Da
Gott der Vater ihn vom Himmel segnet.
Da
schwebt von der Seite die Lilith herbei
In
roten Lockenfluten, Kränze
In
Haaren gewunden von glühendem Mai
Und
süßes Antlitz gleich dem Lenze.
Lilith
muss von Evas Reizen
Borgen,
um holdselig zu sein.
Eva
will nicht mit Schönheit geizen,
Des
Lebens überflutendem Wein.
Eva
ist überströmender Becher,
Wonnekelch
voll der Fülle des Lebens.
Englein
sieht Adam da, Mannabäcker,
Backen
das Manna nicht vergebens.
Ceylons
Bergesgipfel, da du,
Adam,
lagest, um abzuscheiden!
Voller
Träume war deine Ruh
Und
erlöst waren deine Leiden.
Auf
dem Felsen hart gebettet
Lag
er mit dem morschen Gebein.
Der
Mutter Gebet hat ihn gerettet,
So
darf sie nun voller Hoffnung sein.
Nicht
Gespenster und Wesenschatten
Sind
des wirklichen Lebens Kern,
Sondern
wo Licht und Schatten sich gatten,
Leben
die Menschen wahrhaft dem Herrn.
Ihm,
ihm leben sie alle, die schieden,
Er
wird sie alle versammeln am Tag,
Wo
er richtet über Krieg und Frieden.
Horch!
die Zikade zirpt in Ziklag!
Da
steht an der Rosenpforte nach Eden
Unter
Magnolienblütenschauer
Eva,
sie schreitet bei den Reseden,
Blumen
schauern blaue Trauer.
Himmlische
Trauer, Trauer von Eden,
O
Jerusalems Tränenschauer!
Tauperlen
tropfen die schönen Reseden
Und
mancher Engel hüllt sich in Trauer.
Schöne
Melancholie im Gesicht,
Anmutig
hold die sanfte Gestalt,
So
schwebt Eva zu ihm im Licht
Und
führt ihn zu ihrem Aufenthalt.
Eva,
Eva, im himmlischen Garten
Blühen
die elfenbeinweißen Lilien
Und
die Rosen aller Arten
Und
Narzissen in großen Familien.
Aber
Eine im Heiligtume
Ehr
ich besonders: Die Dornenlose,
Die
stachellose blaue Blume,
Chinas
pfingstlich züngelnde Rose!
Ein
edelsteinbuntes Lampion
Glitzert
wie glitzernder Perlentau,
Ein
blütenumstandener Pavillon
Und
inmitten die Liebe Frau!
Dort
ätherische Kinder flügeln,
Hudhud,
Cupido oder der Genius,
Ähnlich
Papageienvögeln,
Um
die schaumbenetzte Venus.
Urania
ging auf den Morgensternen
In
wallenden langen Locken hin,
Die
Seide bestickt mit Granatenkernen,
Alles
liebreizend dem Augensinn.
Schleier
wehen hin und Glut
Wird
mit frischem Tau gestillt,
Und
aufs neue entzündet, gut:
Jungfrau
Urania selbst sich erfüllt
Wogenüberstürzende
Flut
Lodernder
wallender Liebeslust!
Wir
ruhen ewig ruhig und gut
An
des Vaters ewiger Mutterbrust!
Trunken
zu stöhnen, so schönheitstrunken,
Von
dem selig befriedigten Blick!
Vater
der Liebe! Mein Götterfunken
Sei
dir gedankt und mein ewiges Glück!
Muse,
o Muse, wo führst du hin?
Siehe,
ich bin dein Musenkind,
Musensohn
mit berauschtem Sinn,
Aber,
Muse, ich folge dir blind.
Führ
mich in lebende Labyrinthe,
Lies
mir schön und harmonisch vor,
Selige!
Lichte grüne Minthe
Und
Thymian blühen im Gartenflor.
Flora
und Fauna voll Eintracht versammelt!
Und
da spielten mit Honigbienen,
Die
der Iris ihr Loblied gestammelt,
Seligste
süßeste Seraphinen!
Engel
der Liebe, flattert und fliegt,
Engel
der Liebe, braust und stürmt,
Fruchtzweige
schwer beladen nieder biegt,
Evas
Haar in Henna türmt!
Niederfallen
die braunen Strähnen,
Strähnen
sich auf die Brüste senken,
Sie
schaute süß mit seligen Tränen:
Mögest
du mir doch Liebe schenken!
Ich
bin in einem nur mir sicher:
In
dir ist all mein Leben versammelt,
Alle
Freude, königlicher:
Alle
Liebe in dir versammelt!
Breite
dich aus in weiten Ringen,
Dass
ich vom Tau deiner Liebe trunken
Möge
mich wie Hudhud schwingen,
Allen
die Liebe zu bringen, den Götterfunken.
Unter
dem Banner deines Namens,
Eva,
himmlische Königin,
Beginnt
der Friede des Menschensamens
Und
voller trunkener Liebe wird der Sinn.
Und
Eva trat vor einen Spiegel
Und
sah im Spiegel die Königin
Des
Himmels mit des Geistes Siegel,
Da
blühte in holder Freude ihr Sinn.
Keuschblickende
Jungfrau! Blicke keusch
Und
blicke voll warmer Barmherzigkeit
Auf
den Dichter aus Hauch und Fleisch
Und
lehre ihn singen die Seligkeit.
Sieben
Jahre Trauer und Klagen,
Sieben
magere Jahre lang
Ging
die Sonne nicht auf meinen dunklen Tagen
Und
ich verbrachte die Nächte bang.
Beinah
hätte mir Sehnsuchtshungersnot
Seele
und Leib voneinander getrennt - -
Gib,
dass ich speise des Lebens Brot,
Die
Frucht der Liebe, dass sie in mir brennt.
Gib
mir Speise des Lebens, o Leben,
Todüberwindendes
Manna mir!
Ich
liebe dich, Gott! Du all meinem Streben
Entgegenkommende
Gnade und Zier!
Nicht
muss bei meinen verdorbenen Sinnen,
Augenlust
und Fleischeslust,
Ich
einen Aufstieg steigend beginnen,
Dass
mein Seelchen flügelt aus Staubes Dust,
Die
Liebe von oben kommt mir entgegen,
Der
Himmel gibt mir ein schönes Bild,
Übertaut
von goldenem Segen,
Gnadenreich
und anmutmild.
Woher
hat Chawa das Wesen nur,
So
meine Seele zu binden?
Seh
ich die Seligkeit, seh ich nur
Evas
Eden mit honigträufelnden Linden.
O
ich sterbe - - sei Jesus mir gnädig!
Eva
beugte sich über ihn,
Sah
Adams Leib der Seele ledig,
Flüsterte:
Gott hat ihm verziehn.
SIEBENTER
GESANG
O
Königin der Musen, spende
Einen
Tropfen kastalischen Tau!
Ich
danke dir, danke dir ohne Ende
Für
dieses Bild der Lieben Frau!
Ich
trete ein in Evas Garten,
Da
sie selbst die Quelle ist,
Grund
für Rosen aller Arten
And daffodillies dancing in
the mist.
Falter
flügeln und flattern flüchtig
Über
der Blüte hingehauchten Saum.
Blumen
blühen fleißig und tüchtig,
Sittig
in Züchten und schwül wie ein Traum.
Reinste
Nymphe des Himmels du,
Reine
Gestalt in dem Hauch von Gaze,
Leinen
war dir zu schwer, in Ruh
Versammelt
warst du und in Ekstase!
Huld
und Anmut ausgegossen
Über
deine Dattellippen!
Von
deinen Brüsten die Ströme flossen,
Die
tränkten Geschlechter und Sippen.
Vom
Urquell gespeiste Quelle im Garten,
Stoße
hinauf die weiße Fontäne,
Sinke
im Schwanenteiche zu smarten
Schwarzen
Schwänen. Schöne Schwäne!
Goldenangesichtige
Schöne,
Göttin
der ewigen Ruh und Stille,
Schweigen
sind deines Wesens Töne,
In
der Tiefe welche Fülle!
In
geheimnisvollen Nächten
Rauschen
Brunnen, rauschen Bäume,
Die
Kavaliere spiegelfechten,
Die
Sänger sehen Seidensäume.
Tausende
Grazien sitzen allein
Auf
Einer der Wimpern Evas schon!
Hier
aber bei Früchten und rotem Wein
Blüht
auch poppig pupurner Mohn.
Tausende
Grazien tanzen Tänze
Anmutvoll
in ihren Schleiern.
Aus
des Himmels blauem Lenze
Schauen
Orpheus und die Leier.
Indische
Täler und Wälder leben
In
dem irdischen Paradies,
Sandelholzharfensaiten
beben,
Wollen
sie singen über alles dies.
Fruchtbarreiche
Nardendolden
Geben
vom Stempel süßen Duft.
Wiederkäuend
der Hase golden
Stößt
Zimt als Weihrauch in die Luft.
Blumen
schauern in Locken der Frauen,
Rote
Granatapfelblütenglocken
Schauern
nieder zu abendblauen
Blumen
zu Füßen fallender Locken.
Eva
spielt mit dem Muschelohr,
Windet
die braune Strähne darüber.
Ihre
Brüste wallen hervor,
Ihre
Lippen lächeln immer lieber.
Allen
Honigs und Nektars Süße
Und
Zuckerkand vom Zuckerbäcker,
Türkischen
Honig im Paradiese
Schlürft
Eva aus dem Jade-Becher!
Viva
il Pappa! Evoe!
Hymnische
Kelche angestoßen!
Ave!
Balsam dem Seelenweh!
Wein
in die Kelche der Hagerosen!
Im
immerwährenden Maien, o Maid,
Als
Maienkönigin blühest du,
So
voll süßer Holdseligkeit,
Anmutig
hold in der Seele Ruh.
So
mit Augen tief und warm
Und
versenkend in tiefste Nacht,
Deiner
braunen Anmut Charme
Prangt
in Granatenpracht!
O Madonna mit goldner Granate,
Mit
des Granatapfels prangender Pracht!
Dein
Antlitz fein wie chinesische Jade,
Augen
Sterne, die Brauen Nacht.
Wollen
in diese Nacht uns versenken,
Wo
wir in tiefe Augen schauen.
Möge
der Himmel eins mir schenken,
Immer
möge mir Tau der Himmelskönigin tauen!
Von
der kastalischen Quelle hab getrunken,
Da
ward von der Muse ich angehaucht.
Sie
brachte zum flammen den Götterfunken
Und
der Dichter hat Weihrauch geraucht.
Wollen
wir also die Freude singen,
Der
Mehrerin aller Freuden die Freude mehren,
Selige
Genien nehmen die Schwingen,
Sie
tragen vor ihr starkes Begehren.
Echo
aber ist nur ein Geist,
Eine
Nymphe, eine geistige Braut,
Spirituelle
Hochzeit nennen zumeist
Die
Seher die Minne, die sie geschaut.
Eva
kam zu dem Morgenstern.
Orangenhaine
und Locken wogen,
Gemeinsam
versammelt nah und fern
Sind
die Genien lachend umhergeflogen.
Das
Daimonion ihrer Seele
Stieg
im verwandelten Leib hinan,
Sie
hat nun Augen wie Juwele,
Abendstern-Augen,
des Sehers Bann.
Kann
mit Katzenaugen blitzen
Oder
Botticellis Mandeln,
Sie
tauen, wo die Grazien sitzen,
Unter
den Wimpern, die lächelnd wandeln.
Wimpernschauer, flashes of
light
And lashes of night! so voller
Schöne,
Die
Augen glühen in Lieblichkeit,
Die
Stimme säuselt süßeste Töne.
O
deiner Augen Blicke durchbohren
Und
schreiben mit blitzenden Keilen die Schrift
In
die Herzen der glühenden Toren,
Was
die Passion der Herzen betrifft.
Herz,
o Herz, du liebst so gerne!
Herz,
o Herz, o lass dich lieben!
Sieh
dich selbst in Äonenferne,
Bist
doch im Traum mir nahgeblieben.
Nicht
nur in scharfen Kristallen
Der
Planeten der Galaxie,
Auch
in Träumen und Schäumen und Blütenwallen
Lebt
und webt die Allsympathie!
Sympathetische
Sympathie!
Du
bist meine ganze Wonne!
Sympathetische
Sympathie!
Du
bist meines Lebens Sonne!
Feuertrunken,
flammentrunken
Trink
ich deines Weines Becher,
Bin
in deinen Schoß versunken,
Wachte
auf als trunkener Zecher.
Fröhliche
grüne Wiesen und Weiden
Und
heitere goldene Schmetterlinge
Und
Kinder klatschen die Hände mit beiden
Und
Engel schatten mit segnender Schwinge.
Von
den Felsen die Ströme rollen
Und
die Bächlein spielen im Stein,
Blumen
schöpfen aus dem Vollen,
Eva
wandelt in Seide fein.
Ausbund
an Güte und innerer Schönheit!
Stille
bescheidene Königin!
Ruhm
ihrer Anmut und Hoheit tönt weit!
Die
Schöpfung gibt trunken sich hin!
O,
wir wimmelnden Kreaturen
Legen
uns zu deinen Füßen!
Du
zertrittst die bösen Naturen,
Schmeicheln
lässt du die Reinen, Süßen!
Eigentlich
sind deine Füße zu rein,
Um
von Würmern berührt zu werden!
Weiße
Lotosblumen, Rosen in goldenem Schein,
Tau
küss deine Füße auf Erden!
O
Königin des Paradieses,
Tritt
an die rosenumrankte Pforte,
Sprich
als Heilige jenes und dieses
Zu
deinem Dichter, nur schöne Worte!
Wie
übel für die Poesie,
Wenn
Sünde sie befleckt.
Mit
dem Mantel der Liebe Eva, sie,
Hat
alles in Blüten zugedeckt!
Holde
Eva, du Spiegelbild
Der
lebendigen Mutter des Lebens,
Deine
Hoheit gnadenmild
Zu
feiern ist keinem Poeten vergebens.
Gedenke,
nie hat man gehört,
Dass
dich ein Herz bat um Fülle des Lebens
Und
hat in dir die Ewige Schönheit geehrt,
Nie
rief ein solcher vergebens!
Du
lässt den Kindern die Äpfel fallen
Und
weiße Flocken auf braune Wimpern.
Gott
hat an dir sein Wohlgefallen!
Reime
will ich dir lässig klimpern.
Unaussprechliche,
Einzigartige,
Perfekte
Schöne über allen Begriff,
Holde,
Reine, Kunstreich-Artige,
Gallionsfigur
am trunkenen Schiff!
Wir
wollen auf blauen Wogen schwanken
Und
die Boote treiben lassen,
Bei
Seerosen rot und Lotosblumen, blanken,
Der
Freund und die Geliebte sich fassen.
Sie
im Sternbild der Jungfrau oben,
Er
im Sterngefilde des Phönix,
Sie
hüllen sich beide in Meerschaumroben
Zum
Lobpreis des ewigen Königs!
ZWEITES BUCH
ERSTER
GESANG
1
Gott,
den großen Vater in den Himmeln
Bet
ich an, die Macht ob allen Mächten,
Er,
der Ewige, er heißt der Alte,
Weißer
als der Neuschnee ist sein Haupthaar.
Gott
den Schöpfer will ich preisend singen,
Den
Allmächtigen in seiner Allmacht,
Gott, creator ex nihilo,
Schöpfer,
Voll
Potenz und Akt ist Gott der Vater.
Allerhöchste
Zeugungskraft der Vater,
Allerhöchste
Zeugungskraft der Schöpfer,
Voll
Potenz und Akt die Macht der Mächte,
Der
in seinem Sohn die Welt erschaffen.
Der
Allmächtige mit seiner Rechten
Sammelte
den Staub der Mutter Erde,
Was
er bildete, das war der Urmensch,
Geist
ward in die Nase eingeblasen.
O
wie herrlich ist der schöne Urmensch,
Ebenbild
im Bild der Christ-Sophia,
Maskulin
und feminin in einem,
Urbild
für die Mannheit und die Weibheit.
Hebt
sein Haupt der Urmensch in den Himmel,
Bilden
seines Hauptes Haare Wolken,
Gleicht
sein Antlitz einer zweiten Sonne,
Glühend
ist und licht die Antlitz-Sonne.
Steht
der Urmensch aufrecht unterm Himmel
Mit
den nackten Füßen auf der Erde,
Ist
sein Körper wie die Mittelsäule,
Die
den Himmel an die Erde bindet.
Liegt
der Urmensch eben hingelagert
In
den weichen Schoß der Mutter Erde,
Ruhen
seine Füße in dem Westen,
Ruht
sein Schädel in dem fernen Osten.
Gott
der Vater schaut voll Wohlgefallen,
Gott
der Vater spricht mit leiser Stimme:
Urmensch,
dich erzeugte ich, mein Kindlein,
Du
bist meine Wonne, mein Ergötzen!
2
Alle
Throne, Mächte und Gewalten,
Alle
Herrlichkeiten, Fürstentümer,
Seraphim
und Cherubim und Engel
Sangen:
Urmensch, dir sei Ruhm und Ehre!
Dionysios,
Athenas Seher,
Wird
mich seine Weisheit wieder lehren
Von
der Hierarchie der Engelschöre,
Von
den Rädern, von den Loderflammen,
Von
den Thronen, welche Gott so ähnlich,
Dass
wir jene Götter nennen können.
Götter,
Götter, siehe, welche Wonne,
Welch
ein Urmensch aus der Hand des Schöpfers!
Steht
der Urmensch auf der Mutter Erde,
Steht
ihm Gabriel zur linken Seite,
Lehrt
das Wort ihn, lehrt die Göttin Sprache,
Lehrt
ihn mehr noch auch der Mystik Schweigen,
Steht
ihm Michael zur rechten Seite,
Lehrt
ihn Energie und Macht und Stärke,
Schützt
ihn vor den Feinden seiner Seele,
Spricht
ihm Mut zu, dem Begehrenswerten.
So
der Urmensch wird geehrt von Engeln.
Doch
die Kreaturen dieser Erde
Beten:
Urmensch, Lobpreis und Anbetung
Werde
dir von allen Kreaturen!
Wir
sind Würmer, unsre Schwänze zucken,
Wir
sind Hunde, die aufs Wort gehorchen,
Wir
sind Pflanzen, die zur Speise dienen,
Wir
sind Trauben, die den Geist erfrischen,
Wir
sind Edelsteine, dich zu heilen,
Wir
sind Gräser, deinen Leib zu betten,
Wir
sind Energieen dieser Erde,
Dir
zu dienen und dich anzubeten!
Doch
der Urmensch sagt den Kreaturen:
Kreaturen,
ich bin Mensch, nicht Gottheit,
Himmelt
mich nicht an in der Anbetung,
Ich
bin Staub und Hauch vor Gottes Allmacht!
Ewige
Anbetung sei der Allmacht,
Sei
der göttlichen Potenz des Vaters,
Sei
der rechten Hand des Schöpfergottes!
Wir
sind nichts als Gottes Samenfunken.
3
Aber
Gott erhob das Wort: Mein Urmensch,
Kommen
sollen menschliche Geschlechter,
Kommen
sollen weise, starke Männer,
Kommen
sollen freie, liebe Frauen!
Urmensch,
Gott zerteilte deine Glieder
Und
zerstreute dich an alle Enden
Dieser
gottgeformten Mutter Erde,
Dich
von Horizont zu Horizonten.
In
Amerika die Glieder lagen
Und
in Afrika, der schwarzen Mutter,
Und
in Asia, der großen Mutter,
In
Europa auch, der süßen Nymphe.
Und
der Urmensch wurde tief erniedrigt
Von
der Ähnlichkeit mit seinem Gotte
Und
er glich mehr einem Weizensamen,
Eingesät
in seine Mutter Erde.
Wer
weiß aber, wo sein Haupt gelegen?
Wer
weiß aber, wo sein Herz gelegen?
Wer
weiß, wo die Arme und die Beine
Lagen
in dem Schoß der Mutter Erde?
Eines
weiß die Muse nur zu sagen,
Dass
das doppelte Geschlecht der Urmensch
Niederlegte
in den Garten Eden
Und
befruchtete den Garten Eden.
Nämlich
dieser androgyne Urmensch
Mit
dem doppelt-einigen Geschlechte
Streute
aus den Phallus mit der Vulva
In
Verschmelzung in dem Garten Eden.
Wie
ihr sehen könnt an Götterbildern,
Ist
vereint der Phallus mit der Vulva.
Da
vereint der Phallus mit der Vulva,
Fruchtbar
wird die Lust im Garten Eden.
Denn
der Phallus überschäumt von Samen
Und
der Gischt des kochendheißen Blutes,
Und
die Vulva in des Weibes Becken
Ist
der Fruchtbarkeit geliebte Quelle.
Urmensch,
eines ist dir nur geblieben
Von
der Ähnlichkeit mit deinem Gotte,
Dir
blieb als geheimnisvolle Freundin
Anvertraut
das Buch der Christ-Sophia!
4
Gott
der Schöpfer ewig sei gepriesen,
Der
die freie Lilith-Frau erschaffen!
Ewige
Anbetung sei der Gottheit
Für
das Ebenbild der Lilith-Schöpfung!
Lilith
ist die Nacht, sie ist der Schatten,
Feminine
Göttin allen Dunkels,
Rabe
sie der Nacht und allen Schicksals,
Eule
sie der Nacht und aller Weisheit!
Reise
durch die Nacht des Unbewussten
Zu
der Morgenröte tiefer Weisheit!
Wandre
durch die dunkle Nacht der Seele
Zu
dem Gottesberg der Gottes-Ehe!
Lilith
sah ich, ja, ich schaute Lilith,
Eine
liebreizreiche süße Nymphe,
Die
Verführerin voll Reiz und Schönheit
Kaum
verhüllt im Spiegel sich beschaute,
Um
den nackten wunderschönen Körper
Nur
ein Hauch von transparentem Schleier,
Leicht
umschlungen, einer Schlange ähnlich,
Sie
bespiegelte sich in dem Spiegel.
Lilith
in dem femininen Schleier,
Lilith
vor dem femininen Spiegel!
O
ich liebe, ich begehre Lilith,
Ich
verlange nach dem Liebreiz Liliths!
Wahrlich,
wahrlich, Lilith sah ich tanzen,
Um
den nackten Körper sieben Schleier,
Tanzte
sie den Tanz der sieben Schleier,
Tanzte
sie den Tanz der Selbsterkenntnis!
Schleier
fiel um Schleier von dem Körper,
Hülle
fiel um Hülle ab von Lilith!
Lilith
tanzte so den Tanz der Schleier,
So
den Tanz der Schleier tanzte Lilith!
5
Adam
war der erste Mann der Menschheit,
Lilith
war die erste Frau der Menschheit.
Adam
nackt und Lilith nackt auf Erden
Lagen
in dem Bett des grünen Grases.
Adam
wollte über Lilith liegen,
Dass
von oben her der Mann eindringe
In
die dunkle Nacht des Beckens Liliths,
Dass
die starke Mannheit drinnen werke.
Adams
Manneskraft war stark und mächtig,
Liliths
Weiblichkeit war enge Pforte.
Adam
pflügte wie ein Stier den Acker,
Liliths
Acker wurde umgegraben.
Adams
Same wurde ausgeschüttet,
Lilith
sog den Lebenssaft des Samens
Auf
durch ihre innerliche Schlange,
Schuf
aus Lust die geistige Erleuchtung.
Lilith
hob die Stimme froh in Freiheit:
Adam,
Adam, ich will oben liegen,
Lilith
will jetzt einmal Adam lieben,
Reiten
will ich auf dem starken Hengste!
Adam
sagte: Herrschaft ist des Mannes,
Sei
das Weib die Dienerin des Mannes!
Abbild
ist der Mann von Christi Antlitz,
Abbild
ist das Weib der Kirche Christi.
Lilith
flüsterte den Namen Gottes:
Jahwe
ist die Gottheit der Befreiung!
Lilith
machte frei sich von den Fesseln,
Aufflog
Lilith in den lichten Äther.
Lilith
ist das wahre Adlerweibchen,
Dieses
Adlerweibchen liebt die Freiheit!
Dieses
freie Adlerweibchen Lilith
Schaut
als Sonne an den Namen Gottes!
6
Fort
war Lilith! Adam war alleine!
Adam
war allein in tiefstem Jammer
Und
er jammerte vor seinem Gotte
Und
er klagte Gott die schweren Leiden!
Meine
Seele hast du mir genommen,
Gott,
genommen meine zweite Seele!
Absolute
Einsamkeit ist Adam,
Adam
ist ein Ich, das sich verloren!
Aus
der Seele Adams ist gewichen
Der
geheimnisvolle Atem Liliths!
Atme
wieder in mir, Atem Liliths,
Komm
zurück, o Lilith, o mein Atem!
Hör
die Feuersglut der Seufzerhauche
Flüstern,
freie Frau, dass ich dich brauche!
Ach,
wie Adam Lilith braucht zum Leben,
Wie
der Körper braucht der Seele Atem!
Gott
der Vater fühlte herzlich Mitleid
Mit
des armen Adam Jammerelend,
Gott
der Vater schickte Himmelsboten,
Schickte
Lilith reine Himmelsgeister.
Diese
reinen Himmelsgeister sprachen:
Lilith,
Lilith, komm zurück zu Adam,
Gib
du Adam seine Seele wieder,
Blase
Adam wieder ein den Atem!
Lilith
aber strengen Angesichtes
Und
mit einem wilden freien Herzen
Schwieg
die Himmelsgeister an, verstummte,
Wollte
nicht zurück zu Adam kommen.
Ernsthaft
sagte Lilith zu den Engeln:
Ich
will nicht gebraucht sein, ich will frei sein!
Ich
will nicht gebunden sein an Adam!
Mir
genüge es, mich selbst zu lieben!
7
Adam
lag in seiner Trance der Ohnmacht,
Da
kam Gott mit einem scharfen Messer,
Wühlte
in der Brust des Mannes Adam,
Schnitt
die Rippe aus dem Busen Adams.
Manche
sagen, das war Adams Rippe,
Andre
sagen, das war Adams Flanke.
Ja,
ich glaub, es war die Flanke Adams,
Eine
Flanke kann allein nicht stehen!
Wars
die Rippe, saß sie unterm Herzen,
Denn
es war gewiss kein Schädelknochen,
Nicht
der Stirn entsprungen die Geliebte,
Sondern
aus dem Fleisch und Blut des Herzens.
Gott
schuf Eva! Lobpreis sei dem Schöpfer,
Lobpreis
und Anbetung sei des Schöpfers
Schönheit,
deren Abglanz in der Schöpfung
Schönheit
leuchtet, in der Schönheit Evas!
Heute
morgen sah ich geistig Eva,
Eva
nackend in dem Garten Eden,
Eva
nackt im Freudengarten Eden
War
die höchste Wonne meiner Seele!
Ihre
makellosen vollen Brüste
Äpfel
waren an dem Lebensbaume
Und
der Becher ihres breiten Beckens
Feige
war vom Baume der Erkenntnis.
Evas
Körper war ein Freudengarten,
Evas
Seele, inkarniert im Körper,
War
Verheißung allerhöchster Wonne
In
Vereinigung mit Gottes Schönheit!
Sagen
selbst die Mystiker und Weisen,
Die
Erleuchteten und Theologen:
Evas
Nacktheit war von solcher Schönheit,
Dass
die reinen Geister lüstern wurden!
Seraphim
zu Feuerschlangen wurden,
Throne
wurden nackte Liebesgötter,
Fürstentümer
in dem Venushimmel
Brannten
in wahnsinniger Begierde,
Gabriel
erotischen Begehrens
Rührte
mit des Zepters Spitze Eva,
Michael
erotischen Verlangens
Stand
als starke Säule da vor Eva.
8
Vor
der einen, allerhöchsten Gottheit
Standen
Adam und die schöne Eva,
Adam
nackt im Freudengarten Eden,
Eva
nackt im Freudengarten Eden.
Und
der allerhöchsten Gottheit Segen
Ruhte
über Isch und seiner Ischa.
Auf
dem Mann lag ernst die Hand des Vaters,
Auf
dem Weibe war der Hauch der Gottheit.
Gott
sprach: Adam nackt und Eva nackend,
In
Vereinigung der schönen Liebe
Eins
seid in dem Paradies des Himmels
Auf
der Erde in der Ehe Gottes!
Adam,
angetraut von Gott dem Vater
Und
dem Sohne und dem Geist der Liebe
Ist
die schöne Eva dir zur Gattin,
Werdet
eins, vereint zu Einem Fleische!
Adam
lade ich mit seiner Eva
An
den Tisch des Hochzeitsmahles Gottes.
Adam,
liege du mit Gott zu Tische,
Eva,
liege du mit Gott zu Tische!
Gürten
wird sich Jesus wie ein Sklave
Und
das Mahl bereiten für die Gatten.
Eva,
speise du das Brot des Lebens,
Adam,
trinke du den Wein des Heiles!
Adam,
nimm dir von dem goldnen Tische
Lebensäpfel,
der Erkenntnis Feige,
Eva,
du empfang aus Jesu Händen
Süße
Speise, schmelzend in dem Munde!
Eva
nackend lag zu Tisch mit Adam,
Jesus
lehrte sie die Weisheit Gottes,
Jesus
lehrte sie des Geistes Freundschaft,
Eva
lauschend hing an Jesu Lippen!
Engel
standen um den Tisch der Hochzeit,
Cherubim
wie nackte kleine Kinder,
Seraphim
wie schöne Schmetterlinge
Flatterten
um Evas lange Locken!
Alle
Chöre priesen Evas Schönheit,
Alle
Chöre lobten Evas Liebreiz,
Alle
Chöre sangen Evas Seele,
Alle
Chöre jauchzten froh um Eva!
9
Sammael
war in dem Himmel Seraph,
In
der Jugend gleich dem Morgensterne,
Residierend
auf dem Berg der Götter,
Strahlend
in Gottähnlichkeit der Schönheit.
Aber
Sammael erhob in Hochmut
Wegen
seiner Schönheit sich und sagte:
Ich
bin schöner als die schöne Gottheit,
Ich
will sitzen in dem Thron der Gottheit!
Sammael
war voller Neid und Hochmut,
Als
er sah, wie alle Engelchöre
Eva
feierten in ihrer Schönheit,
Da
beschloss er, Eva zu verführen.
Sammael
kam in Gestalt der Schlange,
Schlang
sich um den Feigenbaum von Eden,
Sprach:
Ich bringe Eva die Erleuchtung,
Ich
bin der geheimen Weisheit Schlange.
Lüstern
lispelnd lockte so die Schlange
Eva
und verführte die Geliebte,
Die
verbotne Feige sich zu pflücken,
Eva
pflückte die verbotne Feige.
Doch
im gleichen Augenblick erschienen
Ist
der Todesengel mit dem Namen
Azrael
und sprach zur schönen Eva:
Eva,
Eva, du musst einmal sterben!
Eva
sich entsetzte vor dem Tode,
Nackte
Todesangst befiel die Schöne
Und
sie seufzte: Soll im Totenreiche
Ich
denn ohne den Geliebten leben?
Wie
soll ich das Totenreich ertragen
Ohne
Adam, wie soll meine Seele
Ohne
ihren Körper die Verdammnis
In
des Todes Ewigkeit ertragen?
Eva
also gab aus Liebe Adam
Die
verbotne Feige der Erkenntnis,
Adam
speiste die verbotne Feige
Wie
ein süßes Sakrament der Sünde.
10
Gott
der Ewige in seiner Schönheit
Mit
dem göttlichen Messias Jesus
In
der Energie des starken Geistes
Voller
Männlichkeit vertrieb den Teufel
Sammael
aus Gottes Königreiche,
Sammael
dem Blitz gleich stürzte nieder.
Wehe
aber euch, o Meer und Erde,
Sammael
ist nun zu euch gekommen!
Gott
der Ewige ist heilig, heilig,
Heilig
Gott der Ewige der Scharen!
Eva
hat beleidigt Gott den Vater,
Gott
war voller Traurigkeit und Unglück,
Dass
er Eva nun vertreiben musste,
Dass
er Adam nun verjagen musste
Aus
dem schönen Freudengarten Eden,
Diesem
Paradies der schönen Liebe.
Eva
musste nun hinab mit Adam
Auf
die unterste der sieben Erden,
In
die Finsternis der tiefsten Erde,
Doch
das war noch nicht genug der Strafe.
Eva
gab aus Liebe ja zu Adam
Adam
die von Gott verbotne Feige,
Um
im finstern Totenreich zusammen
Mit
dem vielgeliebten Mann zu bleiben.
Darum
züchtigte der Himmelsvater
Eva
mit der Züchtigung der Rute,
Dass
er Adam führte fort von Eva,
Eva
blieb in Finsternis alleine.
Gott
der Vater führte einsam Adam
Auf
die Erde Adama, die zweite
Von
den sieben Erden. Adam lebte
Auf
der Mutter Adama alleine.
Aber
wehe, Adams Buch Sophia
Flog
gen Himmel auf mit Adlerflügeln!
Adam
Wehe klagte: Buch Sophia,
Buch
Sophia, du hast mich verlassen!
11
Hundertdreißig
Jahre lebte Adam
Auf
der Mutter Adama mit Lilith,
Der
Verführerin, der Buhldämonin,
Adams
Same in dem Schoße Liliths
Zeugte
allerlei Dämonenkinder,
Große
Riesen und monströse Wesen,
Voll
die Fabeln und Altweibermärchen
Und
die Mythen sind von den Dämonen,
Welche
Adam zeugte mit der Lilith,
Koboldmutter
wurde Mutter Lilith,
Ward
Zyklopenmutter, Riesenmutter,
Zwergenmutter,
Ungeheuermutter.
Lilith
stand mit ihren Kindern Lilim
An
dem Wasser im gelobten Lande
Und
versteckte ihre Lilim-Kinder
Im
Gebüsche, ohne sie zu taufen.
Diese
ungetauften Lilim-Kinder
Sich
verwandelten zu Feen und Elfen,
Zu
Sirenen und zu Wassernymphen,
Zu
Dryaden, in den Bäumen lebend.
Diese
ungetauften Lilim-Kinder
Wurden
Bocksdämonen und Satyre,
Wurden
Faune mit den Ziegenfüßen,
Nachtgespenster,
rabenschwarze Seelen.
Eva
aber in der finstern Erde
Sich
mit Sammael verband in Unzucht,
Nicht
vereinte sie die Ehe Gottes,
Sie
verbanden sich in freier Liebe,
In
der Liebe, die mit Hass gemischt ist,
In
der Süße, die mit Zorn gemischt ist,
In
der Treue, die zugleich auch treulos,
In
der Lust, die ist zugleich Verachtung.
Adams
Schicksal war auch Evas Schicksal.
Adam
schlief mit einer Buhldämonin,
Eva
tat sich auf der Kraft des Teufels.
Diese
Gegenhochzeit war nicht heilig,
Diese
Gegenhochzeit war vom Feinde
Und
die Kinder dieser Gegenhochzeit
Waren
ungetaufte Monsterkinder,
Satanssöhne
und Dämonenkinder.
12
Endlich,
endlich hatte Gott Erbarmen
Nach
der langen Züchtigung der Rute
Und
den bitterlichen Reuetränen
Und
den Sühneleiden der Verbannten!
Endlich
holte Gott die schöne Eva
Aus
der Finsternis der tiefsten Erde,
Führte
Eva Adam zu, dem Gatten,
Der
die Mutter Adama bewohnte,
Führte
Adam dann mit seiner Eva
Wie
auf einer Himmelstreppe Stufen
Sie
von einer Erde zu der nächsten,
Bis
zur siebenten, der Mutter Erde.
Unser
aller große Mutter Erde,
Dieser
bläuliche Planet im Meere,
Wurde
Heimat nun des Ehepaares
Und
sie lebten still in sanftem Frieden.
Ganz
vertraute eheliche Liebe
Machte
Adam zum Mitschöpfer Gottes,
Eva
zur Mitschöpferin der Gottheit,
Eva
so gebar den Erstgebornen.
Kain
der Name war des Erstgebornen,
Kain
war von Beruf ein Mann des Feldes,
Niemals
schlachtete ein Tier der Landmann,
Kain
trank nicht einmal die Milch der Kühe.
Eva
aber wurde wieder schwanger,
Riesengroß
die vollen Mutterbrüste
Strömten
über schon von süßer Trostmilch,
Aus
den Spitzen tropften süße Tropfen!
Eva
brachte Abel auf die Erde,
Abel
stammte aus dem Universum,
Wo
er die galaktische Ernährung
Aus
der Sonne Galaxie gesogen!
Abel
aber wurde Lämmerhirte
Und
er schlachtete dem Herrn ein Lämmchen!
Blut
des Osterlammes an der Pforte!
Abel
ward von Gott gerechtgesprochen.
13
Aber
Adam war ganz trostlos traurig,
Dass
das Buch Sophia blieb verschwunden.
Was
ist alle Liebe dieser Erde
Ohne
Vormundschaft der Weisheit Gottes?
Adam
schaute Eva an, die Schöne,
Also
dachte Adam schmerzlich seufzend:
Hätte
ich doch noch das Buch Sophia,
Könnte
ich der Gottheit Wort vernehmen.
Diese
Schönheit Evas ist vergänglich
Und
die Seele Evas ist nicht Gottheit,
Doch
der Liebe Wort im Buch Sophia
Ist
die Gottheit in dem Leib des Wortes.
O
du vielgeliebtes Buch Sophia,
Reizend
war dein Schmuck und deine Kleider,
Doch
ich liebe mehr noch deine Nacktheit,
Ganz
unwiderstehlich deine Seele
Und
im Innern deiner Seele aufstrahlt
Gott,
Gott strahlte dir aus deinen Augen,
Gott
in dem Geheimnis deines Geistes,
Diese
Gottheit hat mich nun verlassen!
In
Verzweiflung Adam, trostlos traurig,
Ganz
verstrickt in desolaten Wahnsinn,
Adam
suchte selber sich zu morden
Und
mit freiem Willen sich zu töten!
Da
erbarmte sich der Herr im Himmel,
Jesus
Adam gab das Buch Sophia
Wieder,
Adams Lieblingsbuch Sophia
Kam
mit Adlerflügeln von dem Himmel!
Adam
liebevoll umschlang als Gatte
Dieses
vielgeliebte Buch Sophia,
Immer
tiefer drang er in den Schoß ein
Und
erkannte die Geliebte mystisch.
Dieses
Buch Sophia überliefert
Ward
von Adam auf den Vater Abram,
Welcher
stiftete den Ein-Gott-Glauben
Und
das auserwählte Volk der Juden.
Meine
Muse ist der Überzeugung,
Vater
Abrahm sei in Wahrheit Brahma,
Das
geheimnisvolle Buch Sophia
Sei
nun Eigentum der Tantra-Meister!
14
Eva
schließlich zählte tausend Jahre,
Da
versetzte Gott sie in den Himmel.
Milton
schaute Eva in Visionen,
Klopstock
Eva sah in Morgenträumen,
Dante
schaute Eva in dem Himmel
Rechts
vom Throne Unsrer Lieben Frauen.
Aber
Adam blieb allein auf Erden,
Tausend
Jahre Einsamkeit auf Erden,
Bis
sich Vater Noah sein erbarmte
Und
ihn in den Schoß der Arche aufnahm
Und,
nachdem die Sündflut abgelaufen,
Auf
dem Ararat mit ihm vom Wein trank!
Nach
Jerusalem zog Adam weiter,
Wo
er auf dem Kreuzweg Christus schaute.
Vater
Adam schaute Jesus Christus:
Ich
bin du und du bist ich, mein Meister!
Christus
ist der Neue und der Letzte
Adam
an dem Lebensbaum des Kreuzes,
Christus
ist die Schlange an dem Kreuze,
Frau
der Schmerzen ist die Neue Eva.
O
du vielgeliebte Frau der Schmerzen,
Neue
Eva meines Paradieses,
Schaue
auf zur Schlange an dem Kreuze,
Auf
zur Schlange an dem Lebensbaume!
Neue
Eva, führe Vater Adam,
Dass
er ablegt seinen alten Adam,
Dass
er anzieht nun den neuen Adam,
Dass
er werde gleich dem Neuen Adam!
Ist
der alte Adam erst geworden
Zu
dem neuen Adam Jesus Christus,
Wird
der neue Adam sich vermählen
Mit
des Paradieses neuer Eva!
Wenn
die alte Eva Edens Garten
Mir
verscherzt mit Schlange und mit Feige,
Lädt
mich in den Schoß die neue Eva,
Ihres
Himmelsschoßes Wonnegarten!
Ein
Lustgartenparadies der Wonne
Ist
die neue Eva in dem Himmel,
Wo
vom Lebensbaum des Heiles Schlange
Schenkt
die Feige ewiger Erkenntnis!
ZWEITER
GESANG
1
Ewiger,
aus Überfluss der Liebe
Hast
aus Nichts die Schöpfung du geschaffen,
Nicht
weil einsam du gewesen, sondern,
Weil
du die Geschöpfe lieben wolltest!
Gott
der Vater schenkte ein den Rotwein,
Gott
der Sohn war selber dieser Rotwein,
Gott
der Geist war dieses Weines Becher,
Ausgegossner
Wein ist Gottes Schöpfung!
Gott
der Vater ist die Große Mutter
Mit
der Fruchtbarkeit von Mutterbrüsten,
Gott
der Sohn ist Muttermilch der Liebe,
Gott
der Geist hat diese Milch gemolken!
Aus
der Muttermilch des Schöpfergottes
Wurden
Universums Galaxieen
Und
der Sternenstrom, des Kosmos Milchweg,
Aus
den Nebeln wurde Gottes Sonne,
Von
der Sonne löste sich die Erde,
Nichts
als Meer bedeckte Mutter Erde,
Berge
wurden, grüne Wälder wuchsen,
Kleinste
Wasserwesen wurden Fische,
Fische
krochen auf die Mutter Erde,
Tiere
wurden in den grünen Wäldern,
Dinosaurier
der Urzeit wurden
Und
die Menschenaffen auf den Bäumen.
Gott
der Schöpfer schuf in seiner Weisheit
Durch
den Schöpfergeist, die Liebe Gottes,
Aus
den Steinen, Pflanzen, Tieren einen
Menschenkörper
von der Mutter Erde.
Als
die schöpferische Liebe Gottes
Schuf
den Körper von der Mutter Erde,
Schuf
aus der Materia, der Mutter,
Wunderschön
den Körper eines Menschen,
Hauchte
Gott in Weisheit und in Liebe
Reinen
Atem von dem Atem Gottes
In
den Menschenkörper durch die Nase,
Also
ward der erste Mensch lebendig.
Er
war Stoff vom Stoff der Mutter Erde
Und
war Lebensgeist vom Geiste Gottes,
Ebenbild
der schöpferischen Gottheit,
Ausgestattet
mit Vernunft und Freiheit.
2
Ich,
Maschiach, erstes Menschenwesen,
Klage
aller Welt die Seelenschmerzen!
Hörst
du mich, du Hierarchie der Engel?
Seraphim,
beneidet ihr mein Leiden?
Was
ist eine Seele doch alleine?
Bin
ich selber mir allein genügend?
Wer
bin ich, bin ich mit mir alleine?
Wer
will einsam lachen, einsam weinen?
Soll
ich Gott in Einsamkeit mir denken?
Doch
die wahre Gottheit ist nicht einsam!
Gott
ist Liebe, Gott ist drei Personen:
Liebender,
Geliebter und die Liebe!
Ich
allein bin einsam auf der Erde,
Ich
allein bin einsam in dem Kosmos!
Willst
du meine Einsamkeit verstehen,
O
du Nachwelt meiner tausend Enkel?
Denke
dir im Kosmos einen Menschen,
An
das Nichts des Weltalls angenagelt,
Schreiend,
doch auf Erden tönt kein Echo,
Schreiend,
Gott verstopft sich seine Ohren!
Soll
ich selbst mich selber einsam lieben?
Selbst
am Schopf mich aus dem Sumpfe ziehen?
Lieb
dich selber, hör ich Geister flüstern.
Liebt
das Ich das Ich, das ist nicht Liebe.
Das
vermag ich nicht, denn Sehnsucht, Sehnsucht
Wie
ein Geisthauch brennt in meiner Seele,
Sehnsuchtsseufzer
seufzen, Sehnsuchtsflammen
Zünden
meine Seele an mit Feuer!
Enkel,
wollt ihr meine Seele sehen?
Meiner
Seele Glieder brennen lodernd,
In
der Sehnsucht Gluthauch ich verbrenne,
Meine
Seele sich verseufzt in Flammen!
Hoffnung
nennt man eine Gottestugend,
Aber
ich versterbe vor Verzweiflung!
Sehnsucht
aber, stärker als Verzweiflung,
Sehnsucht
ist noch ewiger als Hoffnung!
Aber
Sehnsucht mich verbrennt zu Asche!
Gott
spricht: Diese Seele mir verbrannte!
Aber
aus der Sehnsucht Feuerasche
Aufersteht
der Liebe Feuervogel!
3
Wollt
ihr wissen, was Maschiach leidet
In
der Erde grünem Freudengarten?
Freudengarten
ist kein Freudengarten,
Erdengarten
ist ein Jammergarten!
Die
Natur ist eine liebe Mutter,
Hat
mit Gott geschaffen alle Schöpfung,
Die
Natur hat eine liebe Seele
Und
ich schaute diese schöne Seele!
Ja,
betörend dufteten Parfüme
Der
geliebten Frau Natur, der Mutter,
Geistig
zwischen rosa Pflaumenblüten
Sah
ich lächeln süß ihr schönes Antlitz.
Meint
ihr also, dass ich lieben könnte
Die
Natur als bräutliche Genossin?
Ach,
ihr kennt nicht eines Mannes Seele,
Was
Natur ihn lehrt für Liebesschmerzen!
Lag
ich doch im grünen Erdengarten
In
dem Ehebett der grünen Gräser,
Schaute
an die ersten Frühlingsblumen,
Offen
ihre violetten Kelche,
In
dem Schoß der violetten Kelche
Nektar
und Ambrosia am Stempel
Und
so eilten auch die Honigbienen,
Sie
zu küssen mit dem spitzen Stachel.
Mach
mich nicht verrückt, Natur, du Mutter,
Lehre
mich nicht so die Lust der Liebe!
Gleich
ich etwa weißem Schmetterlinge,
Der
im Frühling in den Lüften tänzelt?
Seh
ich doch beim weißen Schmetterlinge
Tanzen
Hochzeitstanz das Falterweibchen!
Seh
ich in den Gräsern die Insekten
Schamlos
öffentlich das Bett besteigen!
Aber
ich in diesen grünen Gräsern
Sehe
eine Liebe vor den Augen
Meines
Geistes, meines Herzens Augen
Sehen
jene Liebe – die mir mangelt!
4
Gottheit!
Nacht herrscht auf der Mutter Erde,
Einsam
trinkt Maschiach seinen Rotwein.
Gott,
ein Mann schärft eines Mannes Denken,
Sende
einen Freund in meinen Garten,
Einen
Zwillingsbruder, Doppelgänger,
Dass
ein Denker mit mir diskutiere,
Die
Mysterien ergründe sinnend
Und
die Rätsel der Natur mir löse.
Gott
ist Vater, Sohn und Geist, o Gottheit.
Sende
zu dem Vater aller Menschen
Einen
Sohn doch, den ich alles lehre,
Einen
Geistlichen zum Streitgespräche.
Die
Natur ist Wollust und Erotik,
Doch
Maschiach ist Vernunft und Denken.
Schick
zum Wein mir einen Knaben-Schenken,
Schick
zum Wein mir einen Dichterbruder.
Lass
mich doch nicht so allein auf Erden,
Einsam
so im schwarzen Universum!
Ach,
ich kann die Qual nicht mehr ertragen,
Hör
doch meine schreienden Gebete!
Höre,
Gott! Doch willst du mich nicht hören,
Muss
ich alle Jammerqual ersäufen,
Muss
ertränken meine Seelenwunden
In
dem Kelch voll Rotwein des Vergessens!
Schon
ich taumle, Gott, und tanze traurig,
Schon
bin ich besoffen von der Schwermut,
Trunken
von den Tränen, von der Trauer,
Schon
ich taumle, torkle, stammle, lalle!
So
Maschiach ist ins Gras gesunken,
In
die Trance des Rausches des Vergessens!
Tot
sein Leib in Ohnmacht seines Schlafes
Und
betäubt die Seele durch Berauschung.
Da
kam Gott der Vater von dem Himmel,
Gott
kam, der allmächtige Erzeuger,
Gott
der Vater, Zeugungskraft der Gottheit,
Schnitt
die Rippe aus der Brust des Mannes!
5
Gott
sprach: Schon schuf ich die Galaxieen,
Schuf
des Kosmos neblige Spiralen,
Schuf
die Zeit und schuf den Raum, geschaffen
Ist
der Kosmos endlich und unendlich,
Schon
erschuf ich schön die Schwester Sonne,
Schon
erschuf ich Bruder Mond am Himmel,
Schon
die liebevolle Mutter Erde
Und
erschuf die keusche Schwester Wasser,
Schon
erschuf ich Zedern und Zypressen
Und
die Feige mit den Samen drinnen,
In
den Meeren den Delphin und Walfisch,
Auf
den Bergen schwarze Pantherweibchen,
In
den Urwalddschungeln Menschenaffen,
Welche
schamlos ihre Scham befingern,
Schuf
den Bruder Esel, Bruder Körper
Schuf
ich meinem einsamen Maschiach.
Aber
noch ist nicht die Welt vollendet!
Künstler
bin ich, künstlerische Gottheit,
Kreative
Gottheit, ich erschaffe
Nun
die Frau als Meisterwerk der Schöpfung!
Also
aus der Rippe des Maschiach
Schaffe
ich, aus seiner Herzensseite,
Schaffe
ihm aus seinem Traum die Traumfrau,
Ebenbürtig
ihm ein Gegenüber!
Schwer
die Hand des Herrn liegt auf dem Manne,
Schwebt
der Hauch der Gottheit überm Weibe!
Er
soll schaffen schöpferische Werke,
Sie
sei religiös die Nächste Gottes!
Ebenbürtig
Fleisch von seinem Fleische,
Ebenbürtig
Bein von seinem Beine,
Ebenbürtig
Herz von seinem Herzen,
Ebenbürtig
Traum von seinem Traume!
Wie
der Kosmos reich sei ihre Seele,
Wie
die Sonne strahle schön ihr Antlitz,
Wie
die Erde mächtig sei ihr Körper,
Wie
der Mann sei sie ein Abbild Gottes!
Gott
in seiner mütterlichen Liebe
Mit
der ehelichen Throngenossin
Weisheit
und der femininen Ruach
Schuf
als Schöpferliebe – Maschiana!
6
Gott
der Vater, Schöpfer Maschianas,
An
der Vaterhand hielt Maschiana:
Sei
gesegnet, Erstgeborne Tochter,
Führen
will ich dich zu deiner Hochzeit!
Gott
der Vater legte seine Hände
Segnend
auf die langen schwarzen Haare
Seiner
Gottestochter Maschiana,
Küsste
dreimal segnend ihr die Stirne.
Gott
der Vater ging mit Maschiana
Heiter
wandelnd in den Freudengarten:
O
du meine dornenlose Rose,
Du
bist selbst für mich ein Freudengarten!
Schön
die Schritte deiner bloßen Füße
Mit
den hennaroten Perlmuttzehen
In
den goldenen Sandalen, Fürstin,
Klingeln
Kettchen dir an deinen Knöcheln.
Gott
der Vater führte Maschiana
Durch
die Pforte in den Freudengarten,
Einer
Süßmeerperle glich die Pforte,
War
umrankt von dornenlosen Rosen.
Tochter,
durch die Pforte deines Herzens
In
den Freudengarten deiner Seele
Möchte
ziehen ein die Liebe Gottes,
Dass
sie sich in deinem Herzen freue!
Komm,
dein Leib ist dieser Freudengarten,
Tempel
ist dein Leib der Schönheit Gottes,
In
dem Heiligtum des Frauenherzens
Will
die königliche Liebe leben!
O
du erstgeborne Tochter Gottes,
Die
du bist der Gottesschönheit Tempel,
Liebe
wohnen will in deinem Herzen
Nicht
allein zu deiner eignen Wonne,
Sondern
diese väterliche Quelle
Meiner
Liebe möchte überströmen,
Dass
dein Herz, empfangend meine Liebe,
Überströme
und verschenke Liebe!
Gott
der Vater sprach zur Tochter Gottes:
Siehe
dort den Mann, den ich geschaffen,
Sei
ihm Offenbarung meiner Schönheit,
Sei
ihm Spenderin der Schönen Liebe!
7
Als
Maschiach Maschiana schaute,
Wurde
er ein Dichter in Verzückung:
Diese
ist die Seele meiner Seele,
Diese
Frau ist meiner Träume Traumfrau!
Ebenbürtig
sie mein Gegenüber,
Dass
ich mich in ihrem Spiegel schaue,
Dass
ich schau in ihrer Seele Spiegel
Meiner
schöpferischen Gottheit Schönheit!
Von
der Schönheit schöpferischer Gottheit
Ist
die überschöne Vielgeliebte
Menschengöttin
aus der Hand der Gottheit,
Menschenschönheit
von der Schönheit Gottes!
Schöner
strahlend als die Himmelssonne,
Welche
strahlt als Licht vom Lichte Gottes,
Strahlt
mir an der Stirn der Vielgeliebten
Glanz
und Gloria der Himmelsgottheit!
Übergossen
ist die Vielgeliebte
Mit
dem lichten Glanz der Schönheit Gottes!
Gottes
Schöne Liebe, Mensch geworden,
Mir
begegnet in der Vielgeliebten!
Diese
Frau ist nicht von dieser Erde,
In
dem Himmel Gottes ist ihr Ursprung.
Diese
Frau, ein Himmel auf der Erde,
Lässt
auf Erden schon mich in den Himmel!
Niemals
schaut ich Gottes schönes Antlitz
In
der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes
So
gewaltig, übermächtig, herrlich,
Schön
wie in dem Antlitz der Geliebten!
Ja,
die Seligkeit des Paradieses
Wird
mir schon zuteil auf dieser Erde!
In
glückseliger Beschauung schaue
Ich
das Antlitz von dem Antlitz Gottes!
Zur
Anbetung reißt mich in die Kniee
Diese
Schau der Überschönheit Gottes!
In
der Schönheit Maschianas schau ich
Selig
die Urschönheit der Urgottheit!
8
Singe
mir, poetischer Maschiach,
Sing
das Paradies des Freudengartens,
Nun,
da Schöne Liebe eingezogen,
Nun,
da lebt im Garten Maschiana!
Wonne
alle Wonnen, Freudengarten,
Jauchze
laut der Liebe, schöne Schöpfung!
Haucht
der Schönen Liebe Gottes Gluthauch,
Ihr
geliebten scharlachroten Rosen!
Ihr
geliebten scharlachroten Rosen,
Haucht
den Gluthauch ewig-schöner Liebe!
Glühend
eure Schönheit, preist den Schöpfer,
Uns
berauscht mit süßen Rosenölen!
Salben
wollen wir uns als Gesalbte
Mit
dem Salböl, wilder Rosen Öle,
Wollen
uns berauschen am Parfüme
Der
geliebten scharlachroten Rosen!
Aber
preist mir auch den Mohn, den roten,
Jubele
im Paradies, o Poppie!
Singt
mir auch die heimliche Geliebte
Mit
dem nektarsüßen Schoß der Iris!
Apfelbaum,
wie prachtvoll deine Äpfel!
Aber
deine Äpfel fallen nieder
Zur
Anbetung deiner Apfelbrüste,
O
Geliebte mit den nackten Brüsten!
Süße
Pflaume pflück ich von dem Baume,
Liebend
teile ich die süße Pflaume,
Schau,
die nektarsüße Pflaumenhälfte
Ist
so reizend wie dein Schoß, Geliebte!
Schau
die Feige von dem Feigenbaume,
Die
Erotischste der süßen Früchte,
Schau
die süße Feige der Erkenntnis,
Schenk
mir die Erkenntnis deiner Liebe!
O
ihr Gräser voll des Lebenssaftes,
Fruchtbar
schäumt in euch der Saft der Liebe,
Liebe
voller Wonne, voller Wollust
Jauchzt
und gießt sich durch den Wonnegarten!
Dieser
Wonnegarten voller Wollust
Feiert
die Vereinigung in Liebe!
Gottes
Eros waltet in dem Garten,
Gottes
Eros in den Vielgeliebten!
9
Komm,
o Sankt Johannes Paul der Große,
Sprich
von der Vereinigung der Liebe!
Ist
Maschiach denn mit Maschiana
Eins
geworden in dem Ehebette?
Stritten
doch die alten Kirchenväter,
Ob
sich beide sexuell vereinten
In
dem Ehebett des Paradieses
Oder
erst nach ihrem Sündenfalle?
Also
sprach doch Hildegard von Bingen
Von
der keuschen Weise der Vereinung,
Nicht
im sexuellen Akt der Liebe,
Sondern
wie sich Licht und Glas vereinen.
Hör
mich, o Johannes Paul der Große,
Der
die Sexualität geheiligt!
Ist
die Sexualität geheiligt
Doch
vom Schöpfergeist des Sexuellen!
Maschiana
sagte zu Maschiach:
Stürmisch
die Begierde ist des Mannes,
Seines
Blutes Samen kocht und gischtet,
Ausgegossen
schnell das Lustempfinden!
Aber
meine weibliche Begierde
Langsam
steigert sich zum Höhepunkte
Und
dann währt das Lustempfinden lange,
Lehrt
die Kirche und das Kamasutra.
Komm
und liebe mich im Akt, Maschiach!
Nicht
so schnell, du stürmischer Maschiach!
Nimm
dir Zeit für unsre Liebesspiele,
Zeit
für Vorspiel, Höhepunkt und Nachspiel!
Lass
gemeinsam einen Rhythmus finden
Uns
im gottgeschenkten Liebesakte,
Lass
uns jauchzen auf dem Höhepunkte
In
dem selben Augenblick der Wollust!
So
wie Ei und Samen sich verschmelzen,
So
im Akt verschmelzen unsre Seelen.
Ja,
im Liebesakt ist Gott zugegen!
Gott
ist Gegenwart im Akt der Einung!
10
Also
wurde Maschiana schwanger,
Und
Maschiach sah die Frucht des Leibes
Fruchtbar
reifen in dem Mutterschoße,
In
dem Bauche der Gebenedeiten.
Traube
war das Kind und war ein Brotlaib,
Und
die hochgebenedeiten Mutter
Schaukelnd
wie ein Schiff auf Wogenbergen,
Imposante
Majestät der Mutter!
In
der höchsten Schwangerschaft der Mutter
In
dem Augenblick vorm Niederkommen
Der
Maschiach in der Maschiana
Sah
die Gottheit an als Große Mutter!
Maschiana
thronte auf dem Lager
Wie
der Weltenberg der Mutter Erde
Im
Imperium der benedeiten
Mutterschaft
der schöpferischen Gottheit!
Majestät
der imposanten Brüste!
Fruchtbarkeit
des Bechers ihres Beckens!
Ja,
der Schöpfergott als Große Mutter
Inkarniert
in Mutter Maschiana!
So
gebar die Hochgebenedeite
Hochgebenedeit
die Frucht des Leibes
Und
wie Gott von Gott und Licht vom Lichte
Lag
das Kindlein an der Brust der Mutter!
Als
Maschiach trat zu Maschiana
An
das Lager ihres Niederkommens,
Gab
er seinen väterlichen Segen
Jenem
neugebornen Himmelsbürger.
Dieser
Engel ihres Liebesbundes
In
der Heiligkeit des reinen Kindes
War
Verkörperung der Liebes-Einheit,
Menschgewordne
eheliche Liebe.
Ihre
Einheit aus den zwei Personen
Wurde
zur Dreieinigkeit der Liebe.
Gott
war gegenwärtig in der Einung,
Gott
war gegenwärtig in dem Kinde!
11
Wie
Maschiach von der Mutter Erde
Schöpferisch-jungfräulich
ward geboren,
So
gezeugt ward von dem Vatergotte
In
der Ewigkeit der Sohn des Vaters,
Und
wie aus Maschiach ward gebildet
Aus
dem selben Stoff der Mutter Erde
Maschiana,
also aus dem Vater
Und
dem Sohne sich ergoss die Geistkraft.
Also
sing ich des Maschiach Menschheit
Als
ein Ebenbild des Gottessohnes
Und
die schöne Menschheit Maschianas
Als
das Ebenbild des Geistes Gottes.
Solches
preist die Hymne der zwei-einen
Liebe
in dem Reich der Einen Gottheit,
Aber
größer noch ist das Geheimnis
Der
Dreieinigkeit der Schönen Liebe!
Wie
aus des Maschiach Rippe wurde
Maschiana
wunderschön gebildet,
Aus
dem Vater kam der Sohn des Vaters,
Eines
Wesens in der Einen Gottheit,
Wie
Maschiach liebend hingegeben
Sich
an Maschiana, Maschiana
Liebend
sich zurückgeschenkt Maschiach,
Aus
der Liebes-Einheit ward das Kindlein,
So
der Vater liebt den Sohn des Vaters
Und
der Sohn des Vaters liebt den Vater,
Beider
göttlichen Personen Liebe
Ist
als göttliche Person die Geistkraft.
So
Maschiach ist des Vaters Abbild,
Maschiana
ist des Sohnes Abbild
Und
das Kind des Heilgen Geistes Abbild,
Die
Familie Ebenbild der Gottheit.
Salomo
verkündet dies Geheimnis
In
der salomonischen Beschauung
Voller
Weisheit göttlicher Erotik
In
der Sprache eines Liebesdichters:
Gott
der Ewige liebt die Sophia,
Seine
eheliche Throngenossin,
Aus
der Ehe Gottes und Sophias
Sich
ergießt der Geist, den Menschen freundlich.
12
Wahrlich,
neunzig Thesen muss ich singen
Und
so singe ich den menschgewordnen
Gottessohn
im Menschen Jesus Christus,
Denn
so lehrt es mich die Mutter Kirche.
Aber
doch ich singe auch die Tochter
Gottes,
singe auch die Mutter Gottes,
Singe
auch die Braut des Heilgen Geistes,
Singe
Unsre Liebe Frau Maria.
Gottes
Sohn ward Mensch in Jesus Christus.
Gottes
Geist als Mutterliebe Gottes
Sich
verkörperte in Gottes Mutter,
Gottes
Geist ist Mutter in Maria!
Und
so sing ich Maschianas Liebe
Jesus,
den Geliebten ihrer Seele,
Bräutigam
der Seele Maschianas
Im
Mysterium der Gottes-Ehe.
So
auch sing ich des Maschiach Liebe,
Das
ist Unsre Liebe Frau Maria,
Im
Geheimnis der Marien-Ehe
Ist
er eins mit ihr in Hoher Minne.
Jesus
ist der Fürst des Paradieses,
König
in dem Königreich der Himmel.
Königin
des Himmels ist Maria,
Friedefürstin
in dem Fürstentume.
Jesus
trägt in Liebe Maschiana
In
das Himmelreich des Paradieses
Und
Maria trägt Maschiach liebend
In
das Fürstentum des dritten Himmels.
Jesus
als der König in den Himmeln
Ist
der Himmelskönigin vereinigt,
In
der Doppelherrschaft ihrer Herzen
Ewig
ruhn die Himmelsparadiese.
Und
wie Jesus und Maria eins sind
In
dem höchsten Himmelsparadiese,
So
Maschiach auch und Maschiana
Eins
sind ewig in dem Garten Eden!
DRITTER
GESANG
1
War
die Mutter Erde Freudengarten
Und
in Harmonie die ganze Schöpfung,
Unter
sich versöhnt die Lebewesen
Unter
der Verwaltung reiner Menschheit?
War
die Menschheit an dem Anbeginne
In
der Männlichkeit der Kraft und Stärke
Und
der Weiblichkeit von zarter Liebe
Eine
kleine Gottheit auf der Erde?
War
die Liebe unter den Geschlechtern
Eine
reine Liebe Herz zu Herzen,
Ohne
Chaos brennender Begierde,
Die
das Subjekt macht zu einem Objekt?
Waren
Seelen noch dem Himmel nahe,
Ja,
der Himmel nah der Mutter Erde,
Dass
der erste Mensch nicht rebellierte
Gegen
Gott, vielmehr die Gottheit liebte?
War
vom hohen Himmelreiche Gottes
Eine
Straße niederwärts aus Lichtglanz,
War
der Regenbogen jene Brücke,
Drauf
die Engel Gottes niederstiegen?
Standen
Menschen unterm Schirme Gottes
Und
erfreuten sich der Gnaden Gottes,
Nannten
Gott den liebevollen Vater
Und
die Liebe Gottes ihre Mutter?
Kamen
nicht nur Gottes Himmelsengel
Nieder
zu den Menschen auf der Erde,
Sondern
Gott der Schöpfer stieg hernieder
Wie
ein Engel zu den Menschenkindern?
Und
wenn Eva abends in dem Garten
Schaute
an die Blumen in dem Garten
Und
dem Abendlied der Vögel lauschte
In
der Abenddämmerung der Sonne,
Kam
der Gott der Götter dann zu Eva,
Wandelte
mit Eva in dem Garten,
Legte
Eva auf das Haupt die Hände,
Küsste
dreimal segnend ihr die Stirne?
2
Mensch,
du wolltest Liebe nicht empfangen
Und
der Weisung Gottes nicht mehr folgen,
Sondern
nur das eigne Ich als Herrscher,
Ja,
dein Ich als Gott inthronisieren.
Herrsche
denn dein Ich als Ego-Gottheit!
Merkst
du gar nicht, was du so verloren?
Ist
dein Ich in irdischer Begrenzung
Abgeschnitten
nicht vom Quell der Liebe?
Ist
die Liebe aus der Welt verschwunden,
Die
von oben liebend sich ergossen,
Bleibt
dir dennoch die Begier nach Liebe,
Musst
du saugen nun an leeren Quellen.
Bleibt
Begierde nur und Lustverlangen,
Doch
Befriedigung wird nicht gewonnen.
Nicht
dein Ich befriedigt selbst sich selber,
Noch
ein andres Ich erfüllt dich völlig.
Hat
der Mensch sich abgewandt vom Schöpfer,
Hat
der Schöpfer sich zurückgezogen,
Wird
dir auch Natur, die Große Mutter,
Nicht
die Liebe in die Seele gießen.
Nein,
die Hasen spenden dir nicht Liebe,
Liebe
nicht die Pferde auf den Weiden,
Liebe
nicht die Blumen in dem Garten,
Wendest
du dich ab von Gottes Liebe.
Gottes
Liebe ist der Schöpfung Seele,
Gottes
Liebe ist des Menschen Leben.
Wo
du dich verschließt der Liebe Gottes,
Bleiben
tot dir ewig Mensch und Schöpfung.
Nichts
wirst finden du als tote Dinge,
Tote
Körper wirst du nur begehren,
Werden
und Vergehen wird enttäuschen,
Denn
das letzte Wort ist Tod und Nichts nur.
Denn
die Ewigkeit der Liebe Gottes
Hast
du für dein eignes Ich verlassen
Und
so sprechen Ich und Welt nichts andres
Als
den Tod in allen Ewigkeiten.
Doch
wer kann sich in den Tod bescheiden,
Ist
der Mensch zum Leben doch geschaffen!
Und
so sucht im Grunde seines Wesens
Jeder
Mensch die Liebe, die ihn rettet!
3
Wo
der Mensch entfremdet seinem Gotte,
Ist
entfremdet er dem eignen Wesen,
Stehen
leider fremd sich gegenüber
Alle
Kreaturen dieser Erde.
Wo
die Gottheit nicht im Menschen waltet,
Herrscht
der Krieg als Vater aller Dinge.
Wo
nicht ewig-schön die Liebe waltet,
Wird
das Geld zur Wurzel allen Übels.
Wie
geschändet ist die schöne Liebe
Doch
im Menschenelend dieser Erde,
Sie,
die ewig-schöne Liebe, welche
Würdig
wär, im Paradies zu wohnen!
Eva,
sag mir alle deine Leiden!
Warum
leidest du an Gott dem Vater?
Welche
falschen Gottesbilder haben
Dir
entstellt das heilig-schöne Antlitz?
Eva,
warum findest du nicht Jesus?
Welche
dunklen Mächte dieser Erde
Wollen
dich entfremden vom Gemahle,
Der
den Liebestod für dich gestorben?
Eva,
warum leidest du an Liebe?
Ist
der Liebe Ursprung nicht im Himmel,
Ist
dein Herz aus Liebe nicht geboren,
Lebt
in dir die Liebe nicht als Gnade?
Eva,
weißt du nicht um deine Schönheit?
Ist
denn deine Seele nicht das Abbild
Schöner
Liebe schöpferischer Gottheit,
Deine
Seele nicht ein Licht vom Lichte?
Eva,
warum leidest du am Werte
Und
der Würde der Person auf Erden?
Ist
der Gottmensch selbst nicht hingegangen,
Schrie
am Kreuze er nicht deinen Namen?
Eva,
warum leidest du am Alter?
Ob
der äußre Mensch auch muss verwelken,
Jahr
um Jahr blüht schöner noch die Seele
In
dem Jugendreiz der schönen Weisheit!
Eva,
warum leidest du am Tode?
Wird
nicht deine makellose Seele
Angetan
mit jugendlichem Lichtleib
Ganz
glückselig sein im Paradiese?
4
Jesus
redet also dies zu Eva:
Mutter
Eva, meine Vielgeliebte,
Hausfrau
bist du in dem Hause Gottes,
Christi
Kreuz durchwaltet deinen Alltag.
Komme
ich, an deine Tür zu klopfen,
Denke
nicht, dass ich nicht sehen würde
Alle
Not und Mühe deines Alltags
Und
das Kreuz im Leben einer Hausfrau.
Eva,
doch, ich seh die Wäscheberge,
Wäsche,
die die Kinder schmutzig machten,
Die
du waschen musst und musst sie trocknen,
Ordnen
musst und immer wieder waschen.
Täglich
musst du auch ein Essen kochen,
Nahrhaft
und gesund für deine Kinder,
Dass
du oft dich fragst: Was soll ich kochen?
Lieber
mögen Kinder Süßigkeiten.
Sorgen
kenn ich auch um die Gesundheit,
Deine
eigene und die der Kinder,
Christus
weiß es, wenn die Kleinen zahnen,
Christus
kennt der Frauen Monatsblutung.
Mutter
Eva, Sorgen der Erziehung
Kennt
dein Vielgeliebter Jesus Christus,
Ob
die Kinder auf die Mutter hören,
Ob
die Kinderseelen glücklich werden,
Ob
sie ihren Weg im Leben finden,
Ob
die Engel allzeit sie beschützen,
Ob
sie glücklich werden in der Liebe,
Ob
bewahrt sie bleiben vor den Kriegen.
Mutter
Eva, kannst du nachts nicht schlafen
Nach
der schweren Arbeit deines Alltags,
Liegst
du wach, weil deine Kinder kränkeln,
Weiß
von deinen Leiden Jesus Christus.
Mutter
Eva, vielgeliebte Hausfrau,
Christus
will als Ehegatte Evas
Alle
Lebenssorgen mit dir teilen
Und
erfüllen dich mit seiner Liebe!
5
Christus
sprach in seiner schönen Liebe
Zu
der vielgeliebten Mutter Eva:
Ja,
ich bin der Bruder aller Menschen
Und
wer Jesus schaut, der schaut den Vater.
Mutter
Eva, Rechnung über Rechnung
Sammelt
sich bei dir, die unbezahlten
Warten
noch auf deinen Fleiß und Arbeit,
Geld
zu zählen und es wegzugeben.
Wenig
Geld kommt nur in deine Kasse
Und
so musst du immer überlegen,
Welche
Rechnung du bezahlen könntest,
Welchen
Gläubiger musst du vertrösten!
Wer
soll alle diese Schuld bezahlen?
Wer
hat soviel Lösegeld wie Schulden?
Kaum
ist etwas Geld in deiner Kasse,
Frisst
es die Notwendigkeit des Alltags.
Herrscht
doch auch die Teurung auf dem Weltkreis,
Ja,
der Reiter reitet auf dem Pferde,
Der
Geheimen Offenbarung Reiter
Reitet
mit der Waage in den Händen.
Kor
man doch das Kapital zum König!
Heute
nennt man das System der Wirtschaft
Mammonismus!
Das hält man für Freiheit,
Doch
die Armen Gottes müssen leiden!
Mutter
Eva, zu den Armen Gottes
Zählst
auch du. So höre meine Worte:
Gott
der Vater liebt die Armen Gottes,
Die
sich selber nicht zu helfen wissen!
Eva,
bitte um das Brot des Tages.
Gott
der Vater weiß, was du benötigst.
Gottvergessne
fragen nur nach Dingen,
Gottes
Kinder trauen auf den Vater.
Schau
die Krokusblumen in dem Garten!
Sulamith
in ihrem Reizgewande
War
nicht schön gekleidet wie die Blümchen,
Die
der Frühlingsregen doch zerschmettert!
Schau
die Amseln in den Buchenhecken!
Amselmännchen
müssen nicht zur Arbeit,
Gott
vom Himmel doch versorgt die Amseln,
Weibchen
füttert Gott und kleine Küken.
6
Jesus
Christus redet zu Frau Eva:
Ich
hab dir gesagt von meiner Liebe,
Dass
du bist für mich der Schöpfung Krone,
Schöne
Frau, das Meisterwerk der Schöpfung!
Ich
hab dir gesagt, dass ich am Kreuze
Nur
an dich gedacht bei jedem Nagel,
Dass
ich leidenschaftlich dich begehrte,
Als
ich schrie in der Passion: Mich dürstet!
Ich
hab dir gesagt, dass meine Liebe
Meines
Herzens ist wie eine Lampe,
Welche
über deinem Haupte leuchtet,
Dich
erleuchtet mit der Gnade Gottes,
Ja,
mein Herz ist nicht Ein Herz alleine,
Meine
Lampe nicht nur Eine Lampe,
Sondern
an dem Rosenkranz für Eva
Hängen
hundertfünfzig Lampenherzen!
Ich
hab dir gesagt, dass ich schon schaue
Deinen
Thron im Himmelsparadiese,
Dass
vor deinem Thron die Engel knieen
Und
dir huldigen als ihrer Fürstin!
Ich
hab dir gesagt, das Reich der Liebe
Seh
ich vor mir, wenn ich an dich denke,
In
dem Reiche fühlen Würmer Wollust
Und
die Cherubim erkennen Jahwe!
Jahwe!
Unaussprechlich deine Gnade!
Deine
Herrlichkeit ist heut gezogen,
Als
ich stand in einer Felsenspalte,
Wie
im Spiegelbild an mir vorüber!
Eva,
Eva, nackt im Bade stehend,
Hinterm
bläulich-transparenten Vorhang,
Eva,
nackend steigend aus dem Bade!
Herrlichkeit
des Herrn, die nackte Eva!
Unaussprechlich
groß die Gnade Gottes!
Eva,
offenbar von Gottes Gnaden!
Gottes
Gnade offenbar in Eva!
Eva
nackend wie im Paradiese!
7
Mutter
Eva kommt aus ihrem Bade,
Feucht
und lockig ihre langen Haare,
Setzt
sie herrlich sich in ihren Sessel,
Spricht:
Ich bete oft zu dir, o Jesus!
Als
Hippokrates den Eid geschworen,
Galt
den Medizinern noch das Leben
Als
ein Heiligtum und die Gesundheit
War
den alten Medizinern heilig.
Aber
heut die Mediziner morden
Kleine
Kindlein schon im Mutterschoße
Und
Behinderte an Geist und Körper
Werden
umgebracht von Medizinern!
Künstlich
zeugen sie schon Menschenkörper,
Vergewaltigen
mit einer Spritze
Voll
des Samens irgendeines Mannes
In
dem Reagenzglas eine Zelle!
Sonst
das Ei des Weibes sucht in Liebe
Aus
dem heißen Feuerstrom des Samens
Selbst
sich aus die Eine Samenzelle,
Ihre
auserwählte Samenzelle.
Aber
heute teilen sie die Zellen,
Menschliche
Materia betrachtend
Einfach
als Produkt der Wissenschaftler,
Welche
keine Menschenliebe kennen.
Ebenso
sie spalten die Atome,
Sie
errichten die Atomraketen,
Geben
gar der atomaren Bombe
„Trinität“
als Namen, Gott zu lästern!
Televisionen
und Computer
Sind
das Spielzeug eines jeden Mannes,
Keiner
liest mehr in dem Kamasutra
Und
studiert der Liebeskünste Weisheit,
Wenn
da nicht die frommen Dichter wären!
Aber
was sich so in der Moderne
Dichter
nennt und Lyriker, ach Jesus!
Wer
singt noch wie Naso für Corinna?
8
Mutter
Eva aber sprach zu Jesus:
Leihen
will ich dir von meinem Gelde,
Denn
ich weiß gewiss, gerechter Richter,
Du
gibst wieder tausendfache Zinsen.
Leihen
will ich Spenden an die Armen,
Leihen
will ich ausgestoßne Seufzer,
Leihen
dir Gebet in meinen Nöten,
Leihen
dir die Speisung armer Kinder,
Leihen
will ich dir Verzicht auf Freuden
(Ja,
mein Jesus, das will ich dir leihen,
Diesen
schmerzlichen Verzicht auf Freuden,
Die
ich mir doch, ach, so sehnlich wünsche!)
Leihen
will ich dir, o Herr, Ergebung
In
den harten Felsen meines Schicksals,
Leihen
will ich dir die Selbstverleugnung,
Leihen
will ich dir die Nächstenliebe,
Leihen
will ich dir der Engel Weisheit,
Leihen
will ich dir der Engel Liebe,
Leihen
will ich dir des Wurmes Wollust,
Leihen
dir die Schlange meines Leibes,
Leihen
will ich dir die dunklen Nächte,
Leihen
will ich dir den Liebeshunger,
Leihen
will ich dir die Seelenwunden,
Leihen
dir des Nächsten Todesängste,
Leihen
dir die Reize meines Körpers,
Leihen
dir den Jubel meines Herzens,
Leihen
dir die Träume meiner Seele,
Leihen
dir die Weisheit meines Geistes.
Was
ich war im Anbeginn der Schöpfung
Und
im Augenblicke der Empfängnis,
Was
ich bin in meiner Todesstunde
Und
am Jüngsten Tag, will ich dir leihen.
Wenn
ich dann vor deinem Throne stehe
An
dem Jüngsten Tage des Gerichtes,
Wirst
du sagen wohl in deiner Großmut:
Jetzt
empfängst du tausendfache Zinsen!
9
Jesus
redete zu Mutter Eva:
Liebe
Eva, meine Vielgeliebte,
Ich
bin ja der Frauen Schöpfergottheit
Und
so kenne ich die Frauenherzen.
Ganz
sich hinzugeben, wünschen Frauen,
Ganz
sich einem Lebenden zu schenken,
Ganz
den Lebenden auch zu empfangen
Und
in schöner Liebe eins zu werden.
Ach,
die Männer lieben tote Dinge,
Lieben
die abstrakten Ideale
Und
die Theorieen und die Dogmen
Oder
auch nur eiserne Maschinen.
Aber
Frauen lieben Lebewesen,
Ganz
persönlich und konkret das Leben,
Individuell
und auch in Ganzheit,
Sie
sind vom lebendigen Geschlechte.
Wie
sie vom lebendigen Geschlechte,
Sind
sie auch vom liebenden Geschlechte.
Aber
diese femininen Herzen
Neigen
leider auch zum Götzendienste,
Beten
einen Menschen an als Gottheit,
Ob
er ihnen Lebensfülle schenke,
Schenke
Segensfülle, Liebesfülle,
Ja,
als wäre gar ein Mensch ihr Himmel.
Allzuliebende
sind diese Frauen,
Aber
wie auch schon mein Dichter sagte:
Allzu
viel der Liebe ist gefährlich,
Wenn
die Menschenliebe wird Anbetung.
Gott,
o meine vielgeliebte Eva,
Gott
nur weiß sich völlig hinzugeben,
In
dem Innersten der Menschenseele
Ist
das Brautgemach allein der Gottheit!
Diesen
tiefsten Liebesdurst des Herzens,
Diesen
schmerzensreichen Liebeshunger
In
dem schwarzen Loch im Seelenkosmos
Kann
die Liebe Gottes nur erfüllen!
Aber
diese Wahrheit musst du wissen:
Gott
befriedigt nicht auf dieser Erde,
Sondern
Gottes Liebe, dich zu stillen,
Braucht
die ganzen Ewigkeiten Gottes!
10
Mutter
Eva ist die Große Mutter,
Hochgebenedeite
Große Mutter,
Urgroßmutter
aller Menschenkinder,
Gibt
den Söhnen allen ihren Segen.
Du,
mein Erstgeborner meines Schoßes,
Solltest
unter allen deinen Brüdern
Sein
der Hohepriester deines Gottes,
Aber,
ach, du bist in Schuld empfangen
Und
in Schuld geboren, in dem Bette
Lagest
du bei deines Vaters Weibe,
Wie
ein Ehemann bei deiner Mutter,
Und
verwirktest deines Vaters Segen.
Du,
der Zweitgeborne meines Schoßes,
Liebtest
den Allmächtigen des Himmels,
Dich
verführte deine Kraft und Stärke
Zu
dem zornigen Gebrauch der Waffen.
Doch
mein dritter Sohn ist wie ein Kaiser,
Herrlich
wie der Pharao Ägyptens
Und
der Cäsar Roms, er diene Jesus,
Dem
Geheimen Kaiser von den Himmeln!
Meine
lieben kleinen Zwillingssöhne
Saugen
allzeit an der Brust der Mutter,
Segen
komme über sie vom Busen,
Segen
komme über sie vom Schoße!
Aber
du, mein auserwählter Liebling,
Bist
so schön wie der Messiaskönig
Und
in deinen großen Fieberaugen
Sah
ich Jesus Christus an dem Kreuze!
Möge
Christus als der Kinderkönig
Allzeit
segnend strecken seinen Zepter
Über
meinen auserwählten Liebling!
Weiß
wie Milch und rot wie Wein mein Liebling!
Die
intimste Wonne meines Schoßes
Ist
der auserwählte Gottverlobte.
Als
er war in meinem Schoß gelegen,
Sang
ich immer süße Hohelieder!
Gottverlobter,
meines Schoßes Wonne,
Gottverlobter,
Jauchzen meines Schoßes!
Gott
liebt dich und nennt dich reines Muster
Eines
Menschen, der den lieben Gott liebt!
11
Jesus
Christus stand am Nachmittage
In
dem Schlafgemach der Mutter Eva.
Mutter
Eva aber war beim Arzte
Wegen
eines Druckes in der Kehle.
Jesus
sah mit liebevollen Augen
Das
Piano seiner lieben Dame,
Schmachtend
sah er ihre schwarzen Löckchen
Und
den nackten weißen Hals der Schwanin.
Jesus
schaute die kristallnen Engel
Und
den Rosenquarzflakon Aleppos
Und
das Fläschchen mit dem Wunderwasser
Von
dem reinen Quell der Makellosen
Und
das Fläschchen mit geweihtem Wasser
Und
den Rosenkranz vom Schönen Berge
Und
die Tänzerinnen oder Nymphen,
Charitinnen,
tanzend für Madonna.
Jesus
sah die heilige Ikone
Seiner
Vielgeliebten Morenita,
Sah
das Lächeln süß der Mona Lisa,
Schaute
Eva an in einem Aktbild,
Maß
die Größe ihrer schönen Brüste,
Sah
das Aktbild auch der nackten Lilith,
Die
umschlungen von der Schlange Eros
War
Verkörperung der Wollust-Wonne.
Jesus
Christus sah zum Bette Evas,
Sah
im Bette Evas Bücher liegen,
Weißheit
über Seraphim und Throne,
Lag
dabei die Tafel Schokolade.
Jesus
Christus roch am Kissen Evas,
Er
sog ein den Duft der schönen Eva,
Jesus
Christus legte sich aufs Lager
Und
gedachte seiner schönen Eva.
12
Mutter
Eva schlief auf einem Sofa
Unter
einer Decke, Vlies des Lammes,
Jesus
wachte über ihren Schlummer,
Sang
ihr Lieder aus dem Morgenlande.
Als
die Mutter Eva auferwachte,
Sprach
sie über Kunst mit Jesus Christus.
Mutter Eva sagte: Botticellis
Venus
schau ich an wie einen Engel.
Jesus Christus sagte:
Botticelli
Malte Simonetta, seine Muse,
Nicht
nur als die Große Göttin Venus,
Malte Simonetta als Madonna.
Die Madonna Botticellis aber
War
der Priestern meiner Mutter Kirche
Allzu
melancholisch und erotisch
Und
zu ähnlich einer Göttin Venus.
Mutter Eva sagte: Leonardo
Malte
schön die junge Gottesmutter
Mit
entblößter Brust, am schönen Busen
Saugt
das Jesuskind die Milch des Trostes.
Jesus
Christus sprach zu Mutter Eva:
Die
Gelehrten sagen von den Künstlern,
Botticelli
wie auch Leonardo
Krankten
an der Knabenliebe Unzucht
Wie
auch Michelangelo der Große,
Welcher
sah allein des Mannes Körper
Als
vollkommnes Bild der Schönheit Gottes,
Mannweib
jede seiner Seherinnen.
Aber
Michelangelo Maria
Schön
gestaltete als Schmerzensmutter
Mit
dem toten Gott in ihrem Schoße,
Höchst
vollkommnes Bild der Schönheit Gottes!
Aber
Raffael verlor die Mutter
In
der Kindheit, liebte viele Frauen,
Er
vermochte nicht zu malen außer
In
der Gegenwart der Vielgeliebten!
Unerreichbar
seine große Liebe,
Seine
Dame, eines Andern Gattin!
Und
vermehrt vom innern Ideale
Er
verklärte sie zu der Sixtina!
Denn
Sixtina ist die Schöne Dame,
Jungfrau,
Mutter, Königin und Göttin!
Aber
dich, o vielgeliebte Eva,
Dich
vergöttere ich auch zu einer Göttin!
13
Jesus,
im persönlichen Gerichte
Richte
mich doch nicht als einen Engel,
Jesus,
richte mich als einen Menschen,
Mich
als Fleisch und Blut von dieser Erde.
Engel
schauen intellektuelle
Geistige
Visionen von der Gottheit,
Reagieren
dann als reine Geister
Auf
den Liebeswillen ihrer Gottheit.
Hier
in dem Bereich der Schwerkraft aber
Locken
mich die fleischlichen Begierden
In
der Zivilisation der Sünde
Unter
Satans teuflischer Regierung.
Jesus,
ich bin Mensch, bin von der Erde,
Jesus,
du bist Gott und bist vom Himmel.
Du
bist Gottes großer Bundes-Engel,
Engel
von dem Angesichte Gottes,
Aber
du bist wahrhaft Mensch geworden,
Hattest
wirklich einen Menschenkörper,
Du,
der Schöpfer kosmischer Gestirne,
Trankest
Milch aus süßen Mutterbrüsten!
Hunger
kanntest du und Durst, o Jesus,
Tränen
kanntest du und Schweiß, o Jesus,
Konntest
weinen, konntest lachen, Jesus,
Kanntest
du erotische Erregtheit?
Wandelte
Maria Magdalena
In
den Reizen ihres Frauenkörpers
Neben
dir, was fühltest du, o Jesus?
Was,
als du Marias Lippen küsstest?
Du
liebst alle Kreatur, o Jesus,
Die
Getauften und die Ungetauften,
Doch
Maria Magdalena küsstest
Du
als deinem Liebling auf die Lippen.
Küsste dich Maria Magdalena,
Was
empfandest du in deinem Fleische?
Deine
Sexualität, o Jesus,
War
ganz menschlich, aber ohne Sünde!
Auf
die Waage des Gerichtes, Jesus,
Leg
doch bitte keine Pfauenfeder,
Sondern
einen Klumpen Lehm der Erde,
Denk
daran, o Jesus, dass ich Fleisch bin!
14
Jesus
sagte zu der Mutter Eva:
In
dem Dornstrauch ist der Herr erschienen,
Ich
bin, der ich war und bin und komme,
Ich
bin da, im Feuer in dem Dornstrauch!
Eva,
siehst du meine Dornenkrone?
Ja,
ich bin, der Ich-bin-da im Dornstrauch!
Ich
bin da in dem Gestrüpp des Alltags,
Ich
bin da in allen deinen Schmerzen!
Mutter
Eva, fragst du nach der Schlange?
Israel
durchwanderte die Wüste,
Menschen
starben da durch Schlangenbisse,
Durch
das Todesgift der Feuerschlangen!
Moses
richtete an einer Stange
Auf
das Bildnis einer Kupferschlange.
Wer
geschaut auf diese Kupferschlange,
Starb
nicht an dem Gift der Schlangenbisse!
Eva,
ich bin diese Kupferschlange,
Mich
erhöhte Gott an meiner Stange,
Schaue
immer auf die Schlange Jesus,
Immer
auf die Schlange an dem Kreuze!
Denn
zum Tode führt das Gift der Schlange,
Tödlich
ist das Gift des alten Feindes,
Maßvoll
aber bringt das Gift Gesundheit,
Heil
will schenken dir die Schlange Jesus!
Jener
bittet Jesus um die Weisheit,
Jener
bittet Jesus um Gesundheit.
Mutter
Eva, nenne mich den Heiland,
Suche
du das Heil beim Heiland Jesus!
Heute
kommt zu dir dein Heiland Jesus,
Jesus
Christus kommt mit seinem Körper,
Mit
dem Blut, der Seele und der Gottheit
Zur
Vereinigung mit Mutter Eva.
Voller
Staunen sprach die Mutter Eva:
Überraschend
groß ist deine Liebe,
Jesus,
o du Zauberer der Wunder,
Überwältigend
ist deine Liebe!
15
Mutter
Eva schaut mit großen Augen
In
den magischen Kristall des Spiegels.
Ja,
der magische Kristall des Spiegels
Offenbart
ihr himmlische Visionen!
Sie
sieht Unsre Liebe Frau entschlafen,
Sieht
das Tor der Trinität, die Pforte
Des
Erlösers auf dem Blute, siehe,
Evas
Seele schwimmt im Gnadenstrome.
Manche
sagen zu dem Strome Jordan,
Andre
sagen zu dem Strome Lethe,
Eva
aber nennt den Strom des Todes:
Mütterchen,
du breiter Strom der Heimkehr!
Chöre
hört sie Litaneien singen,
Auf
der Chöre Stimme schwingt die Seele
Sich
zur Gartenstadt des Paradieses,
Schließlich
sie gelangt zu ihrem Lustschloss!
Über
die gewundne Himmelstreppe
Kommt
sie in die Halle ihres Schlosses,
Heilig
schaut sie an das Antlitz Jesu,
Freundlichernst
das Antlitz Jesu lächelt.
Süß
und milde lächelt die Madonna,
Eva
schaut bewundernd ihre Brüste,
Die
Madonna ihrem Kinde bietet!
Körbchengröße
B trägt die Madonna!
Eva
schaut ihr Bett im Paradiese,
Nackt
liegt Eva in dem Himmelsbette,
Lüstern
ist die Fülle ihres Leibes,
Sie
genießt die Wollust ihres Bettes!
In
dem Speisesaal der goldnen Halle
Unter
Marmor, Edelstein und Bernstein
Speist
sie Edens Frucht von goldner Schale,
Trinkt
das Wasser, das zu Wein geworden.
Dann
tritt sie in ihren Himmelsgarten,
Siebenhundert
Hektar groß der Garten!
In
dem See des Himmelsgartens badet
Eva
nackt im Glanz der Morgenröte!
Jesus,
seufzt sie, das ist unser Lustschloss,
Jesus
lebt mit Eva hier zusammen!
Ach,
mein Jesus, wär ich schon im Himmel,
Du
und ich in Paradieses Lustschloss!
16
Mutter
Eva sprach zu Jesus Christus:
Einmal
schaute ich in meinem Leben
Eine
wundertätige Ikone
Auf
dem Evangelium des Lebens.
Wie
ein Gottesberg die Gottesmutter,
Lag
sie in dem goldnen Haus der Weisheit
In
dem Throne ihres Himmelsbettes,
Reines
weißes Linnen war das Laken.
Drüber
lagen himmelblaue Decken,
Drüber
lagen rosenrote Decken.
In
dem Bette lag die Gottesmutter
In
dem himmlisch-reinen weißen Nachthemd.
Ebenholz
die Pfosten ihres Bettes,
Zedern
und Zypressen seine Latten,
Überm
Bette hing ein blauer Schleier
Und
auf ihrem Nachttisch lag die Bibel.
Lange
schwarze seidenglatte Haare
Trug
die Gottesmutter wie als Schleier
Und
ihr Antlitz war von solcher Schönheit
Wie
der lichte Mond am dunklen Himmel,
Ihre
blauen Augen Abendsterne,
Ihre
Nase stolze Adlernase,
Ihre
Wange schöngewölbt, gerötet,
Ihre
Lippen kusslich, süß ihr Lächeln,
Ihre
hochgebenedeiten Brüste
Weiß
sich wölbende Magnolienblüten,
Die
erhabnen Spitzen ihrer Brüste
Wie
Rosinen von dem Weinberg Gottes.
An
dem hochgebenedeiten Busen
In
dem warmen Arm der Gottesmutter
An
dem Pochen ihres süßen Herzens
Neugeboren
lag das Jesusbaby.
17
Mutter
Eva feierte die Weihnacht,
Gut
gelangen ihr die Weihnachtskekse.
Meine
Kinder, in der Abendröte
Backen
Gottes Engel süße Kekse.
Seht
doch, meine vielgeliebten Kinder,
Schaut
den Stall von Bethlehem, den trauten,
Schaut
die Krippe mit dem Heu zum Futter,
Schaut
den Ochsen an und schaut den Esel.
Kommen
Magier vom Morgenlande,
Kommen
auf den schaukelnden Kamelen.
Seht
den Stern von Bethlehem, Kometen,
Jupiter
erscheint so im Saturnus.
Schaut
die Hirten mit den Mutterschafen,
Hirtenknaben
mit den kleinen Lämmern,
Weiße
Mutterschafe, weiße Lämmlein,
Aber
da kommt auch ein schwarzes Lämmchen.
Weiße
Turteltauben gurren oben
In
dem hohen Baum beim Weihnachtsstalle.
Katzen
streichen dort mit grünen Augen.
Was
von all dem wusste wohl der Kater?
Unsre
Liebe Frau Maria liebte
Und
liebkoste gern den Perserkater,
Saß
er auf dem Schoße der Madonna,
Strich
sie seinen Schwanz mit sanften Händen.
Draußen
vor dem Weihnachtsstalle aber
Stellten
auf die Bäuerinnen Fallen,
Rattenfallen,
dass nicht Satans Biester
Greifen
an das neugeborne Kindlein!
Schillernd
schleicht die Paradiesesschlange
Übern
Felsen vor dem Weihnachtsstalle.
Wie
der Weg der Schlange auf dem Felsen
Ist
der Weg des Mannes bei dem Weibe.
In
dem Stalle hoppeln die Kaninchen,
In
den Winkeln huschen graue Mäuschen,
Draußen
wippen Elstern auf und nieder
Und
zur Nacht kommt leise auch der Igel.
18
Mutter
Eva spricht zu ihren Kindern:
Kommt,
ihr meine vielgeliebten Kinder,
Schaut
das Prager Jesulein, den Kaiser,
Den
Geheimen Kaiser in den Himmeln!
Dieses
Prager Jesulein ist Kaiser
Über
alle Kaiser dieser Erde,
Kaiser
über Pharao und Cäsar,
Himmelskaiser
über Chinas Kaiser.
Schaut
die Krone eures Himmelskaisers,
Er
will euch verleihen eure Kronen!
Ja,
auch du, mein vielgeliebter Liebling,
Einmal
doch erlangst den Kranz der Liebe!
Schaut
den goldnen Mantel eures Kaisers,
Golden
ist er wie die Sonne Gottes,
Goldnes
liebt ihr doch, ihr reinen Kinder,
Jesus
ist so treu wie Gold in Reinheit!
Schaut
das weiße Kleid des Kinder-Kaisers,
Dieses
Kleid ist weiß wie Schnee und weißer
Noch
als Schnee. Ich selbst kann eure Wäsche
Nicht
so waschen, dass sie also leuchtet!
Denn
das Schneeweiß seines Kaiserkleides
Ist
das Zeichen für des Kindes Unschuld,
Jesus
liebt der Kinderherzen Reinheit,
Reine
Herzen werden Jesus schauen!
In
der Hand den Apfel seines Reiches
Schaut
und schaut das Kreuz auf diesem Apfel,
Diese
blaue Kugel ist die Erde,
Er
ist Kaiser übers ganze Weltall!
Schaut
die rechte Hand, der Kaiser segnet,
Jesus
als der Kaiser aller Kinder
Segnet
alle seine Menschenkinder,
Mütter,
Onkel, Kinder und die Tiere!
Gott
ist Kind und dieses Kind ist Kaiser,
Dieser
kleine Kaiser ist der Gottmensch!
Aber
nun will Jesus mit euch spielen,
Auf
nun, meine Kinder, spielt mit Jesus!
19
Jesus,
hör den heiligen Homeros
Von
Odysseus und Athene singen,
O
wie liebe ich der Weisheit Göttin,
Sie
begleite mich an allen Tagen!
Jesus,
höre den Propheten Pindar,
Seine
dunklen mystischen Orakel
Künden
die Geheimnisse der Gottheit.
Führe
Gott mich in die Burg des Kronos!
Jesus,
höre Sapphos schöne Oden!
Keine
sang so schön von Mädchenschönheit,
Keine
sang so schön die keusche Kypris.
Segne
mich der Schönen Liebe Göttin!
Jesus,
höre auch Horaz, den Weisen,
Höre
du den trunknen Philosophen.
Trinken
lass uns in der Freundschaft Garten
Und
verehren allezeit die Tugend.
Jesus,
höre auch Virgil, den Seher
Des
Advent der Mutter Kirche Romas.
Seine
keusche Venus ist die Vorsicht,
Sein
Äneas Pius ist der Vater Romas.
Jesus,
höre auch den weisen Platon,
Die
Ideenharmonie des Himmels
Und
die Seele in dem Dienst des Eros
Preisen
ewig Gott als die Urschönheit!
Jesus,
höre Diotimas Weisheit,
Sokrates
empfing von ihr die Weisheit:
Euer
Lebensweg sei nichts als Liebe!
Euer
Lebensziel sei nichts als Schönheit!
Jesus,
höre auch den weisen Plotin:
Die
Weltseele lieb ich mit der Seele,
Die
Weltseele meine große Liebe,
Die
Weltseele, die Geliebte Gottes!
Jesus,
alle Göttinnen von Hellas
Preisen
Unsre Liebe Frau Maria,
Wie
Minerva weise, groß wie Juno,
O
so süß und o so sanft wie Venus!
20
Mutter
Eva weiht sich ganz dem Heiland,
Übereignet
Jesus alle Güter.
Herr,
dir weih ich meinen kleinen Garten
Und
die Wohnung auch mit all dem Chaos,
Weihe
dir mein Schlafgemach, das Lager,
Weih
dir meine und der Kinder Wäsche,
Weihe
dir das Brot und alle Speise,
Weih
dir grünen Tee und Saft von Äpfeln,
Weih
dir alle Lampen, meine Heizung,
Television,
Musikanlage,
Telephon
und alles was elektrisch,
Weihe
dir mein Auto und das Fahrrad,
Weihe
dir die Räder meiner Kinder,
Weihe
Schule dir und Kindergarten,
Weihe
dir den bunten Einkaufsladen,
Jesus,
weihe dir die Schokolade,
Weihe
dir die Nudeln und Kartoffeln,
Weih
die Früchte dir und das Gemüse,
Jesus,
weih dir meine Arbeitsstelle,
Weihe
dir den Staat und die Regierung,
Weihe
dir Versicherung und Rente,
Weihe
dir mein Sparbuch, meine Zinsen,
Weihe
dir das Taschengeld der Kinder
Und
die Münzen von der Apotheke,
Weihe
dir die Medizin, die Salben,
Die
Parfüme und die Badewanne
Und
die Dusche, wo ich nackend dusche,
Wo
ich nackend aus der Dusche trete,
Jesus,
weih dir meinen ganzen Körper,
Weih
dir meine Kehle, meinen Knoten,
Meinen
Uterus und meine Brüste,
Herz
und Nieren, alle Eingeweide.
Jesus,
küsse segnend meine Stirne,
Küsse
segnend meine Augenlider,
Jesus,
küsse segnend meine Wangen,
Küsse
mich mit deines Mundes Küssen!
21
Mutter
Eva lächelt süß in Wehmut
Und
sie seufzt vor dem Geliebten Jesus:
Ach,
die Welt, die Straßen voller Autos,
Television
und Kriegsnachrichten,
Die
Computer und Atomraketen,
Diese
Welt wollt gerne ich verlassen
Und
im Griechenlande der Antike
Leben
auf der Liebes-Insel Zypern.
Siebensaitig
strich ich meine Lyra
Schönen
Frauen und gelehrten Männern,
Sänge
Oden an die Apfelblüte,
Sänge
Oden an die keusche Kypris.
Ja,
ich betete zur Liebesgöttin
Und
gestände seufzend meiner Göttin
All
mein unbefriedigtes Verlangen
Und
die wehe Sehnsucht meiner Seele!
Und
die Liebesgöttin tauchte nackend
Aus
dem Bade, nackend trät die Göttin
An
den Strand, es rauschten ihre Muscheln,
Tauben
ruckten, Muschelmünder glänzten,
Leise
flüsternd spräch die Liebesgöttin:
O
du meine vielgeliebte Eva,
Wen
ersehnst du schmachtender Begierde,
Wessen
Liebeswollust soll dich stillen?
Meine
Liebesbotin will ich senden,
Dass
sie in dem Herz der lieben Seele
Lust
entzünde, glühendes Verlangen,
Heiße
Liebe zünde an im Herzen!
Dann
wird dieses Menschenkindes Seele
Nicht
mehr fliehn vor deinem heißen Werben,
Du
schenkst dann umwerbende Geschenke
Und
wirst selbst beschenkt mit süßem Lächeln,
Ja,
mit mehr noch als mit süßem Lächeln!
Dieses
Menschenwesen, dein Verlangen,
Wird
umarmen dich und an sich pressen,
Heiße
Liebe in dein Ohr dir flüstern!
22
Jesus
spricht zur vielgeliebten Seele:
Ach,
dein Herz ist randvoll von Begierde,
Eigenen
Gedanken, wildem Wünschen,
Wildem
Wollen, schmachtendem Verlangen!
Lass
doch meine Liebe ein, o Seele,
Lass
mein Herz in deinem Herzen wohnen,
Lass
mein Herz in deinem Herzen bluten,
Lass
mein Herz in deinem Herzen weinen!
So
berühre meine Liebeswunde,
Seele,
küsse meine Liebeswunde,
Fühle
meine grenzenlose Sehnsucht
Nach
dem Heil der vielgeliebten Seele!
Mutter
Eva aber seufzt zu Jesus:
Ach,
ich wollte schon im Paradiese
Der
Glückseligkeit der Seele leben,
Nicht
mehr in dem Jammertal der Tränen!
Da
sprach Unsre Liebe Frau Maria:
Liebes
Kind, du musst auf Erden bleiben,
Führe
du die vielgeliebte Seele,
Die
du innig liebst, zur Liebe Jesu!
Mutter
Eva sprach zur Mutter Gottes:
Mutter,
hör mein Rufen, hör mein Schreien,
Traurig
bin ich, weine heiße Tränen,
Milde,
gütige und süße Mutter!
Jesus
sprach zur vielgeliebten Seele:
Gehe
auf dem Weg, den ich gewiesen,
Meinem
Weg, ich bin die Weisheit Gottes,
Bin
die Auferstehung und das Leben!
Meine
Liebe führt dich in den Himmel,
Ewige
Glückseligkeit der Seele,
Zur
ersehnten Einheit in dem Herzen
Ewig-Schöner
Liebe! Halleluja!
23
Auferstehung
singe ich des Fleisches,
Nicht
allein Unsterblichkeit der Seele,
Auferstehen
sollen Leib und Seele
Und
vergöttert in der Gottheit werden!
Hörte
Gott Gebete von der Erde:
Gott,
ich liebe so den Körper Evas,
Gott,
vergöttere den Körper Evas
Zu
dem Himmelsleib des Paradieses!
Mitternachts
erreichten mich Gesichte:
Oben
auf der weißen Himmelstreppe
Mir
erschien als eine Göttin Eva,
Gott
verklärte sie zu einer Göttin!
Himmlische
Musik ertönte lieblich,
Gnadenströme
übergossen Eva,
Evas
Antlitz schön wie einer Göttin
Antlitz,
unaussprechlich diese Schönheit!
Unaussprechlich
Gottes schöne Gnade,
Übermäßig
übergießend Eva!
Sie
erschien als eine Feuerflamme,
Als
der Schönen Liebe Feuer-Schlange!
Sie
glich einem schwarzen Pantherweibchen,
Hingelagert
auf dem Berge Zion.
Sie
glich einer hüpfenden Gazelle,
Braun
und schlank, es zitterten die Flanken!
Feuer
schien sie von dem Feuer Gottes,
Flamme
von der Schönen Liebe Gottes,
Schönheit
war sie von der Schönheit Gottes,
Liebeswonne
von der Liebe Gottes!
Wonne
aller Wonnen, Gottes Schönheit,
Wollust
über Wollust, Gottes Liebe!
Wahre
Lust sucht tiefe Ewigkeiten,
Lust
begehrt die Ewigkeit der Gottheit!
Göttin
Eva lag im Himmelsthrone,
Überschön
der Göttin Himmelsschönheit!
Ja,
ich lade dich in meinen Schoß ein,
Säuselte
die Süße zu dem Seher!
Göttin
Eva sang dies Wort zum Seher:
Welches
Antlitz schaust du in dem meinen?
Schau,
mein Bräutigam und wahrer Gatte
Ist
die Gottheit mit dem Namen: Ich bin’s!
24
Komm,
Sankt Evi, Evelin von Lüttich!
Führe
mich zum Hochzeitsmahl des Lammes!
Kommunionen
sind Vereinigungen,
O
du Meisterin der Kommunionen!
Ja,
Sankt Evi sprach zu ihrem Dichter:
Lieber
Dichter, du bist eins und doppelt!
Deine
Seele ist des Dichters Seele,
Deine
Seele ist der Muse Seele!
So
der Gottmensch auch ist eins und doppelt:
Denn
es ist die göttliche Sophia
Mit
dem Menschen Jesus ganz vereinigt,
Hochzeit
ists in der Person des Meisters.
Also
trete nun des Dichters Seele
Zu
dem Thron der göttlichen Sophia
Und
vereinige beim Hochzeitsmahle
Sich
mit seiner göttlichen Geliebten!
Ebenso
der Muse Seele trete
Zu
dem Tisch des Bräutigams Messias,
Es
vereinige der Muse Seele
Sich
mit ihrem Bräutigame Jesus!
Also
feiert ihr die Doppelhochzeit!
Du,
mein Dichter, dich vermählst Sophia,
Und
in dir die Seele deiner Muse
Sich
vereinigt in der Gottes-Ehe Jesus!
Aber
bei der Opferung der Gaben,
Frommer
Dichter, opfre deine Liebe,
Weihe
Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Gott
dem Ewigen auf dem Altare!
Weihe
Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Du
dem Ewigen auf dem Altare,
Spendet
Gott dir in dem Sakramente
Fleisch
und Blut dir deiner Freundin Weisheit!
DRITTES BUCH
ERSTER
AKT
ERSTE
SZENE
ADAM
(allein
in seinem eigenen Raum)
Ich,
Adam, bin der Mensch in seiner Einsamkeit,
Ich
tauchte auf den Abgrund meines Herzens
Und
ging allein und einsam durch die Wüste,
Durchwanderte
die Hölle meiner Ängste,
Das
Fegefeuer meiner Leidenschaften
Und
war auch in dem Himmel der Beschauung
Und
schaute an die Ur-Idee der Schönheit,
Gott
fand ich ewig, seiend, rein und geistig,
Vermisste
Gott so schmerzlich auf der Erde,
Vermisste
Gottes Liebe unter Menschen,
Dass
ich mich eingrub in die Einsamkeit,
Mich
eingrub in die Zelle, in den Sarg,
Und
tausend Tode starb und lebend tot war!
(Eine
Menschenmenge als Schattenwesen irrt durch den einsamen Raum. Adam
nimmt die schattenhafte Menschenmenge nicht wahr.)
Da
ist die Kauffrau an dem Ladentresen,
Anlächelnd
mich aus großen schwarzen Augen,
Da
sind die Arbeitslosen in der Schenke,
Sie
saufen Bier wie Lästerung und Fluch,
Da
sind die Kinder aus dem Kindergarten,
Großäugig
lauern sie auf Schokolade,
Doch
ich bin ganz allein auf dieser Welt!
Ich
bin ein Mensch. Was kann ein Mensch nicht sein?
Der
Mensch kann Heiliger der Liebe sein
Und
Gottes Angesicht auf Erden spiegeln,
Der
Mensch kann Instrument des Teufels sein
Und
zeigen Satans widerliche Fratze.
Ich
stand einst an der Wiege eines Kindes
Und
dachte an den Tod und das Gericht,
Denn
wer geboren wird, der wird auch sterben,
In
der Geburt ist schon der Tod beschlossen,
Und
an der Wiege stehen schon zwei Engel,
Der
eine weist den Weg ins Paradies,
Der
andre höhnisch lockt herab zur Hölle.
ZWEITE
SZENE
ADAM
(allein
in einer leeren Kirche)
Gott,
woher kommt die tiefe Einsamkeit,
Die
unaufhebbar mich in mir verschließt?
Wer
machte mich so einsam? Warst das du,
War
ich das selbst? In meiner Jugend nämlich,
Da
suchte ich die Fruchtbarkeit der Liebe,
Da
suchte ich Gemeinschaft mit den Menschen.
Doch
habe ich die Liebe nicht gefunden
Und
auch nicht die Erfüllung der Gemeinschaft.
Doch
als du mich berührt, in jener Stunde,
Da
ich ein Waise war im finstern All,
Da
zogest du mich in die Einsamkeit.
Da
dachte ich: Der Herr ist ganz allein,
Die
absolute Einsamkeit des Herrn
Will
ich in meinem Leben imitieren,
Ein
Gleichnis und ein Spiegel Gottes sein.
Da
hörte ich den weisen Meister lehren:
Steig
immer tiefer in dein Herz hinab,
Denn
auf des Herzens Grund wohnt Gott der Herr.
So
stieg ich in mein Herz hinab und so
Verlor
ich mich in meines Herzens Tiefe,
Versank
im Abgrund meines Inneren,
Sank
in die innerlichste Gottheit ein!
Doch
tauchte ich nicht wieder auf und blieb
Versunken
in den inneren Gemächern,
Allein
mit dem Alleinigen, mit Gott,
Des
Schweigens Gott in meiner Einsamkeit.
Die
Menschen konnten mich nicht mehr ertragen,
Ich
strahlte Einsamkeit und Sterben aus,
Ich
strahlte Einsamkeit des Todes aus
Und
Gottes absolute Einsamkeit.
Ich
infizierte alle Menschen mit
Der
Einsamkeit und Traurigkeit des Todes
Und
darum mieden mich die Menschen alle.
Denn
alle Menschen sind im Grunde einsam,
Doch
suchen sie Geselligkeit der Menschen,
Die
alle Einsamkeiten übertönen.
Sie
fürchten sich vor Gottes Einsamkeit
Wie
vor der Einsamkeit der Todesstunde
Und
lieben mehr das Lärmen der Gemeinschaft,
Sie
lieben die Musik der Menschenliebe
Und
fürchten abgrundtief des Todes Stille,
Es
könnte sein, dass Gott zu flüstern anfängt!
(Eine
schattenhafte Menschenmenge nähert sich unheimlich still in der
Kirche Adam, kommt seiner Aura nahe und entfernt sich gleich wieder.)
Ich
leb doch nur des Menschen Einsamkeit
Als
Ebenbild von Gottes Einsamkeit.
DRITTE
SZENE
(Adam
in der Kirche vor dem Marienbild Unserer Lieben Frau von Guadelupe.
Die schattenhafte Menschenmenge nähert sich während Adams Gebet
langsam wie in einer Prozession der Jungfrau.)
ADAM
Du
aber, Gott, du wohnst noch einmal tiefer
Als
meine abgrundtiefe Einsamkeit,
Denn
unterm Abgrund meiner Einsamkeit
Bist
du in meine Seele eingezogen
Als
Liebe! Deine höchste Weisheit ist
Und
deine letzte Offenbarung ist
Nicht
Gottes Einsamkeit, ist Gottes Liebe!
Und
mehr und mehr machst du, dass ich als Abbild
Der
Liebe Gottes selber Liebe werde!
Und
so bist heimlich du zu mir gekommen
In
der Gestalt des kleinen lieben Kindes.
Drei
Jahre jung der Knabe, voller Liebe
Und
voll Verlangen auch nach meiner Liebe!
So
bist du selbst zu mir gekommen, Gott,
Der
Gott der Liebe, der im Kinde bittet
Um
meine Liebe, Gott, der in mir liebt,
Gott,
der im Kind gibt Antwort meiner Liebe,
Gott,
zwischen Adam und dem Kinde Liebe!
So
ist der Herr als Kind zu mir gekommen
Und
zwar durch die Vermittlung seiner Mutter.
(Adam
wendet sich an Maria. Die Schattenprozession huldigt Maria.)
Maria,
Gott hat mich zu dir gebracht,
Zu
dir, der Jungfrau, die alleine steht
Hoch
überm Monde dieser Menschenwelt,
Kein
kleines nacktes Kind auf deinem Arm,
Kein
Papst, der dir zu deinen Füßen kniet,
Und
keine Heilige, die dich verehrt,
Nur
du in absoluter Einsamkeit!
Doch
nein, Maria, schau ich nämlich tiefer,
So
sehe ich das Kind in deinem Schoß,
Du,
Jungfrau, bist die Gottgebärerin,
Du
bist der Mutterschoß des großen Gottes,
Du,
Gottes Mutter und der Menschen Mutter,
Du
meine Mutter, der ich Waise war,
Doch
Gott hat eine Mutter mir geschenkt,
Die
schwanger ist, ist schwanger mit dem Sohn!
Ich
will mich weihen deinem Mutterschoß
Und
will dein makelloses Mutterherz
Zu
diesem vielgeliebten Kinde tragen!
VIERTE
SZENE
ADAM
(In
der Kirche, allein, vor dem Kruzifix)
O
Gott, gehört hab diese Lehre ich,
Dass
ich nicht Vater eines Sohns sein kann,
Wenn
ich nicht selber Sohn des Vaters bin.
Ich,
Gottes Kind, und Gott mein lieber Vater?
Ich
aber kann zu dir nicht Vater sagen,
Ich
kann es nicht, so sehr ich mich bemühe.
Ich
schaue deinen Sohn an seinem Kreuz:
In
welche Finsternis stieg er herab!
Er
stieg hinab in meine Höllenangst,
Er
stieg hinab in meine Liebesschmerzen,
Er
stieg hinab ins Loch der Einsamkeit,
Hinab
in meine Qualen der Verzweiflung
Und
füllte dies mit seinem Dasein aus
Und
ward erneut gekreuzigt: Nun in mir,
Gekreuzigt
Christus ward zum zweitenmal
In
meinem Herzen, das gekreuzigt ward!
Da
schrie mein Herz in seiner Kreuzigung:
Mein
Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
(Die
Schattenmenge im hinteren Raum der Kirche murmelt.)
CHOR
Mein
Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
ADAM
O
Gott, da tat mir Christus auf die Augen,
Da
sah ich Christus hungern in den Kindern,
Da
Christus hungerte nach meiner Liebe!
Nun
wollte Christus mir nicht Brot mehr geben,
Dass
selber ich den Corpus Christi speise,
Nun
wollte Christus selber von mir Speise,
Es
hungerte der Herr nach meiner Speise!
O
Gott, ich hielt in meinem Arm das Kind,
Das
beinah ward im Mutterschoß ermordet,
Ich
hielt in meinen Armen dieses Kind
Und
liebte dieses Kind wie eine Amme
Und
hätte ihm zu gerne doch gegeben
Die
Mutterbrust mit süßer Milch des Trostes!
Ich
weiß nur, Gott, die Liebe, die ich kenne,
Die
Liebe, die allein ich geben kann,
Das
ist die Mutterliebe einer Amme,
Großmutter
bin ich jenes lieben Kindes.
Und
so kann ich auch Gott nur Mutter nennen,
Dich,
lieber Gott, kann ich nur Mutter nennen,
Und
so bleib einsam ich auch in der Kirche.
FÜNFTE
SZENE
(Adam
in der Kirche, die Schattenmenge steht abseits)
ADAM
Gott,
dich will ich als meine Mutter lieben,
Denn,
weißt du, Gott, und ja, du weißt ja alles,
Wenn
ich Maria sehe mit dem Kinde,
Seh,
wie Marias Busen stillt ihr Kind,
Dann
seh ich nicht Maria mehr und Jesus,
Dann
seh ich Gott die Mutter und mich selbst,
Mich
selbst gestillt an Gottes Mutterbrust!
Gott,
wie mich deine Mutterliebe stillt!
(Maria
erscheint, die Erscheinung ist ganz der Jungfrau von Guadelupe
ähnlich.)
MARIA
Mein
Sohn, den Schmerz der Liebe fürchte nicht!
Weißt
du auch wie die Mütter vom Gebären,
Kennst
du den Schmerz der Wehen und den Schrei,
Wenn
dann zuletzt die Frau das Kind gebiert?
Mein
Sohn, kennst du den Mutterschmerz der Liebe?
Ich
selber leide Wehen der Geburt
Und
große Mutterschmerzen meiner Wehen,
Bis
du geboren bist, geliebter Sohn,
Bis
du geboren bist als Andrer Christus,
Mein
Adam, als ein Alter Ego Christi!
Erneut
muss ich gebären Jesus Christus,
Gebären
muss ich ihn in deinem Herzen!
Du
selber musst auch eine Mutter sein,
Sei
du wie ich und werde Gottes Mutter,
Empfange
Christus und gebäre ihn,
Erleide
Wehen der Geburt und Schmerzen
Der
Mutterschaft und nähre Christus in dir
Und
nähre Jesus Christus in der Welt
Mit
Muttertränen und mit Mutterblut
Und
mit der süßen Muttermilch des Trostes!
Die
Welt braucht Mütter! Christus in der Welt,
Der
Christus in dem Kind braucht Mutterliebe!
Geh, tröste Jesus Christus!
Stille Jesus Christus,
Still
Christus mit der Muttermilch des Trostes!
Geh,
opfere dein Blut und deine Tränen
Und
trage in die Welt mein Mutterherz,
Sei
Gottes Mutter und der Menschen Mutter!
(Die
Schattenmenge nähert sich Adam, der Glanz der Jungfrau ist wie
Morgenröte und blendet die Schattenmenge. Adam steht dennoch allein,
wie in einer Isolation.)
ADAM
Bricht
auf mein Herz, Maria, für die Menschen!
ZWEITER
AKT
ERSTE
SZENE
(Adams
Stube. An der Wand das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe.
Bücherregale an den Wänden, unter anderem die gesammelten Werke von
Goethe. Adam liegt auf seinem Sofa unter dem Kronleuchter seiner
Großmutter und blättert in einem Bilderalbum.)
ADAM
Mein
Liebling Milan! Hier im Bilde seh ich
Das
Strahlen deiner Augen, deiner Seele,
Denn
deine Augen sind der Seele Spiegel
Und
offenbaren deine reine Liebe
Und
deinen Ursprung: Unschuld ist dein Ursprung!
Zwei
Jahre warst du alt, da waren wir
Zusammen
in Berlin. Hier fütterst du
Die
Enten, und ich sing dein Lieblingslied:
All
mein Entchen schwimmen auf dem See.
Hier
streichelst du zum ersten Mal ein Hündchen,
Das
war der Schoßhund einer alten Dame,
Die
hielt den Schoßhund schlafend in den Armen,
Da
hast den Schoßhund zärtlich du gestreichelt.
Und
hier seh ich dich nun vor deinem Haus,
Du
spielst im Sand, du sammelst die Kastanien,
Da
kräht der Hahn, herbei die Hennen eilen,
Die
Glucke kommt mit ihren kleinen Küken.
Die
weiße Katze spielt mit einer Maus,
Wie
Frauen mit verliebten Männern spielen.
Mein
Liebling Milan, wenn ich dann gekommen,
Dann
riefst du voller Freude: Adam kommt!
Hört
ihr es, Kinder? Adam ist gekommen!
Dann
eiltest du zu mir mit offnen Armen,
Umklammertest
voll Liebe meine Beine
Und
sagtest: Adam, nimm mich auf die Arme!
Und
nahm ich dich auf meine Arme, Milan,
Umschlangest
du umarmend meinen Hals
Und
küsstest voller Liebe meinen Mund!
Weil
du so gerne und so zärtlich küsstest,
Pries
ich dich großen Küsser vor dem Herrn!
Im
Alter von zwei Jahren nanntest du
Mich
Adam nicht, da nanntest du mich Mama!
ZWEITE
SZENE
MILAN
Ich
spielte mit den Hühnern in dem Garten
Und
kämpfte mit den Stöcken gegen Nesseln,
Ich
ging auch gern spazieren zum Kanal,
Da
auf dem Deich die Schafe weideten.
Noch
lieber ging spazieren ich den Waldweg
Zur
Pferdeweide, Pferden Zucker geben.
Wenn
ich einmal die Bilder meiner Kindheit
Betrachte,
werde ich erkennen, dass
Mein
Vater nicht zu sehen auf den Bildern,
Doch
Adam ist zu sehen. Lieber Adam,
Du
saßest lächelnd an der Badewanne,
Da
ich mit meiner Spielzeug-Ente spielte.
Und
wenn die Sonne schien im heißen Sommer,
Dann
hast du meinen Leib gesalbt mit Salbe.
Wenn
du nicht da bist, Adam, denk ich doch
An
dich, ich trage dich in meinem Herzen.
Um
dir zu senden einen lieben Gruß,
Mal
ich mit Farben einen Regenbogen
Und
schreib dir einen Brief: Komm doch bald wieder!
Dann
trittst du eines Morgens vor die Tür,
Der
Postmann überreicht dir meinen Brief,
Dann
öffnest du den Brief und siehst das Bild
Und
liest den Gruß: Ich will dich wiedersehen!
Dann
weißt du, Adam, dass ich an dich denke,
Wenn
du nicht da bist, dich im Herzen trage
Und
sehne mich, bald wieder dich zu sehen.
Ich
weiß, dass dich mein bunter Brief gefreut,
Weil
du mir daraufhin den Becher schenktest
Mit
jenen beiden kleinen Engelkindern,
Die
vor Maria schauen aus den Wolken.
Ich
habe ja auch einen kleinen Engel,
Den
Liebes-Engel, wie du immer sagtest.
Weißt
du das noch, mein Adam, wie wir spielten,
Ich
bin der Liebes-Engel mit dem Pfeil
Und
schieß den Liebespfeil dir in dein Herz,
Da
warest du getroffen und verwundet
Und
nahmst mich in den Arm: Ich liebe dich!
Nun
ist es Abend und es kommt die Nacht,
Da
bringst du singend, betend mich ins Bettchen.
Ich
bitte dich: Sing wieder von Maria!
Du
singst das Lied mir von Marias Mantel,
Dann
stellst du Engel auf an meinem Bettchen
Und
wünschst mir: Träume süß vom Paradies!
Dann
küsst du mich, dann zeichnest du das Kreuz,
Dann
schlaf ich bald an deinem Händchen ein.
DRITTE
SZENE
ADAM
Ich
war mit dir im Ort, da ich geboren,
Wir
machten Urlaub dort in einem Sommer.
Du
wecktest morgens früh mich zärtlich auf,
Wir
sahn uns Bilder an der Muttergottes,
Der
Großen Mutter, Schwarzen Muttergottes!
Ich
fühlte mich als Mutter wie Maria,
Du
aber warst mein kleines Jesuskind!
Wie
der Prophet Jesaja einst gesungen:
Ein
Kind geboren uns, ein Sohn geschenkt!
MILAN
Am
Morgen, wenn noch alle Menschen schliefen,
Da
waren wir schon beide auf dem Spielplatz.
Da
gabest du mir in der Schaukel Schwung.
Dann
haben wir das Frühstück eingenommen,
Da
gab es Apfelsaft und weiße Brötchen.
ADAM
Den
ganzen Tag dann waren wir am See
Und
freuten uns der keuschen Schwester Wasser.
MILAN
Ein
Augenblick, da waren wir allein.
ADAM
Da
liebte ich dich mehr als eine Mutter,
Da
wollt ich dich im Geiste neu gebären.
MILAN
Du
wurdest feierlich und gossest lächelnd
Drei
Tropfen Wasser auf mein blondes Haupt.
ADAM
Und
stellvertretend habe ich für dich
Dem
Bösen abgeschworen, deinem Feind,
Versprach,
der Liebe Gottes nachzufolgen,
Der
Liebe Gottes, die uns Jesus schenkt!
MILAN
Dann
machtest wieder du das Kreuzeszeichen.
ADAM
Nun
fragt mein Meister Jesus oft mich lächelnd:
Die
Taufe des Johannes, sag mir doch,
War
sie vom Menschen oder von dem Herrn?
VIERTE
SZENE
MILAN
Und
weißt du noch, als ich das Fieber hatte?
ADAM
Ach,
aller Menschen war ich damals müde,
Ich
fühlte ausgenutzt mich, ausgebeutet,
Da
war ich ausgebrannt und völlig kraftlos.
Bonhoeffer
hört ich da mir Predigt halten:
Nicht
kreise um den eignen Schmerz der Christ,
Kreis
um das Leiden Gottes in der Welt!
Dann
sprach Teresa von Kalkutta noch:
Der
Christus wartet in den Kinderseelen
Auf
deine Liebe, wartet heißen Durstes!
MILAN
Ich
brannte in dem Fieber, weinend rief ich:
Mein
liebster Adam muss jetzt zu mir kommen!
ADAM
Mit
letzter Kraft bin ich zu dir geeilt
Und
sah dich fiebernd in dem Bettchen liegen
Und
sah in deinen großen heißen Augen –
MILAN
Was
sahest du in meinen Augen, Adam?
ADAM
Ich
sah die Augen Christi voller Leiden!
In
deinen Augen sah ich Christi Augen!
Da
hielt ich Christus selbst in meinen Armen,
Da
gab ich Jesus Christus Medizin
Und
tröstete mit Mutterliebe Jesus!
MILAN
Das
war doch in der schönen Weihnachtszeit.
ADAM
Zusammen
schliefen wir in einem Bett,
Du
schliefest schon, ich sprach noch mit Maria
Und
bat Maria: Decke Milan zu
Mit
deinem Sternenmantel, o Maria!
Und
da erlebte ich die Weihnachtsgnade:
Als
ich mit dir in einem Bette schlief,
Schlief
ich mit Jesus Christus in der Krippe!
FÜNFTE
SZENE
ADAM
Als
eben ward der neue Papst gekrönt,
Da
sprach der Papst in seiner Antrittsrede:
Sät
euer Leben nicht in Eigentum,
Sät
euer Leben nicht in Bücherwissen,
Sät
eure Liebe in die Seelen ein,
Denn
diese Saat bleibt in der Ewigkeit!
MILAN
Du
hast ja deine Liebe eingesät
In
meine Seele. Diese Saat wird bleiben.
ADAM
Es
blieben viel Gedichte ungeschrieben
Bei
all der Müh und Arbeit um dein Leben,
Doch
mit der Schwanenfeder meiner Liebe
Und
mit der schwarzen Tusche meines Blutes
Schrieb
ich Gedichte einer schönen Liebe
Auf
den Papyrus deiner weißen Seele!
MILAN
Und
ahnst du überhaupt, was ich genommen
Aus
jenem Schatz, der deine Seele ist,
Weißt
du, was ich aus deinem Leben mir
Genommen
hab als Nahrung meiner Seele
Und
wie viel Glauben mich gelehrt dein Vorbild
Und
wie zur Ahnung Gottes ward dein Antlitz?
ADAM
Mit
Schmerzen und mit Blut muss ich begießen
Die
Saat des Glaubens in der Kinderseele,
Muss
meine Seelenleiden Jesus schenken!
Ich
konnte legen nur ein Fundament,
Ein
andrer muss errichten einst das Haus.
Ich
konnte säen nur die Saat des Glaubens
In
deinem Acker, einst ein andrer muss
Begießen,
dass der Baum des Lebens wächst!
MILAN
Von
allen Seiten stürmt heran die Welt,
Ich
fürchte, Adam, dass ich unterliege!
ADAM
Freilassen
muss ich dich, geliebter Knabe,
Freilassen
selbst noch in die böse Welt!
Ich
weiß, ein Schatzhaus ist in deiner Seele,
Denn
du bist großgezogen worden mit
Der
Muttermilch der Mutterbrust Mariens!
Wenn
du einst hörst ein Wort von Jesus Christus,
Dann
wird es dir wie Kindheitsheimat sein.
Ich
lass dich fort, doch nicht aus meinem Herzen
Und
nicht aus meinen weinenden Gebeten!
MILAN
Vertraue
mir und glaube doch an mich!
Dich
werd ich nie verlieren aus dem Herzen,
Die
Liebe nie, die du in mich gegossen!
DRITTER
AKT
ERSTE
SZENE
(Maria,
ganz in Weiß gekleidet, aber wie durchsichtig und von Licht
durchstrahlt, ihr Haar wie Sonnenglanz, sie geht an einem lichten
blauen Meer im weißen Licht der Sonne.)
DIE
NEUE EVA
Verlass
mich nicht, mein vielgeliebtes Kind,
In
meinem Herzen bist du eingeschrieben,
In
meiner Hand dein Name steht geschrieben,
Du
bleibst in mir, ich bleibe deine Mutter!
Dich
will ich immer wieder führen, Adam,
Von
deiner Einsamkeit hinauf zur Liebe.
Du
ziehst dich oft zurück in Einsamkeit,
Ich
führe immer wieder dich zur Liebe.
Dein
Herz verwandle ich in Mutterliebe.
Ich
schenke dir die Wehen und die Schmerzen,
Ich
schenke dir die Schmerzen der Geburt,
Ich
schenke dir ein schmerzdurchbohrtes Herz,
So
wird dein Herz geweitet für die Liebe,
So
wirst du mütterlich die Seelen lieben.
Ich
bin bei dir, die stille Magd der Demut,
Ich
räum die Wohnung deines Herzens auf,
Bereite
dir das Mahl der Kommunion,
Wasch
deine Kleider in dem Bad der Tränen,
Ich
bade dir den Staub von deiner Seele,
Ich
schenke Ruhe dir, in meiner Nähe
Darfst
ruhen du von allen deinen Leiden,
Dann
sauge du den Frieden meiner Seele,
Dann
labe dich an der Gestalt der Schönheit,
Erquicke
dich am Antlitz meiner Anmut
Und
lausche meiner Stimme voller Sanftmut,
Ich
tröste dich als mütterliche Freundin
Und
als die Braut in reiner Geistigkeit.
Dann
wirst du Bräutigam, geliebter Adam,
Und
deine Braut ist dann die Neue Eva!
Ich
bin dann in dir, deine innre Klarheit,
Und
meine innre Klarheit sich verbindet
Mit
mühevoller Arbeit in dem Alltag.
Oft
fliehst du noch die Arbeit in dem Alltag
Und
flüchtest in den Schoß der Einsamkeit.
Ich
will die Arbeit deines Alltags aber
Erfüllen
mir der innerlichen Klarheit.
Mit
dieser innern Klarheit lichtem Glanz
Will
ich auch alle deine Seelenkinder
Bekleiden,
sie sind ja noch nackt vor Gott,
Verstecken
sich in Büschen, weil sie nackt sind,
Ich
will sie kleiden mit der Neugeburt.
Mein
allerliebstes kleines Jesuskind,
Dein
Weinen und dein Jubel schallt im All,
Jetzt
will ich sein die Gottgebärerin,
In
Adams Herzen werde jetzt geboren!
ZWEITE
SZENE
ADAM
Nun
also glaub ich an den Bräutigam,
Gott
selber ist der wahre Bräutigam,
Gott
liebt als Bräutigam die Menschenseele
Ganz
so wie ein Verliebter seine Freundin!
DIE
NEUE EVA
Und
bist du selber auch ein Bräutigam?
Willst
du nun deine Einsamkeit verlassen
Und
mich begrüßen, deine Schwester-Braut?
Du
bist mein Kind und ich bin deine Mutter,
Ich
bin noch mehr als das, bin deine Freundin
Und
deine Schwester, ewig deine Frau!
Zur
Kirche rede immer ich als Mutter,
Zu
dir will aber ich als Freundin reden,
Als
Braut, als die Vermählte deines Geistes!
Denn
so ist deine Ansicht ja vom Leben:
Das
Leben ist für dich die Große Mutter,
Das
Leben ist für dich die schöne Braut!
Ich
bin das Leben, bin die Mutter-Braut!
Die
Mutter Christi ist nun Adams Braut!
Mein
Kind soll dein Kind sein und alle Kinder,
Die
ich gebäre als der Menschen Mutter,
Die
Söhne deiner Seele sollen alle
Nun
unsre Kinder sein, mein Ehemann!
(Maria
präsentiert das Jesuskind. Alle Söhne Adams, Milan, Juri, Tom,
Simon, Quentin, beten das Jesuskind auf dem Arm Mariens an.)
SÖHNE
ADAMS
Du,
lieber Jesus, du bist unser Gott!
ADAM
Die
Liebe hab ich anders mir gedacht,
Ich
dachte Liebe mir in Süßigkeit,
Du
aber schenkst die Liebe mir als Kreuz!
DIE
NEUE EVA
So
lerne du nun meine Liebe kennen,
Die
Liebe deiner Ehefrau in Gott
Geht
über dein begrenztes Ich hinaus
Und
führt dein Ich zum Tod des Bräutigams!
Weil
ich den Tod des Bräutigams begehre,
Begreifst
du meine Liebe nicht, Geliebter,
Begreifst
du nicht den Tod des Bräutigams!
ADAM
Im
Tod des Bräutigams erkenn ich Gott,
Die
Mutter und die Weisheit und die Liebe,
Die
Liebe, die der Welt zugrunde liegt!
CHOR
DER FRAUEN
Die
Schöne Liebe liegt dem All zugrunde!
DIE
NEUE EVA
Der
Weltgrund ist der Tod des Bräutigams.
VIERTES BUCH
ERSTES
KAPITEL
Ich
bin der Elohist und preise Elohim, die Gottheit! Denn Elohim schuf im
Beginn, in der Weisheit, Himmel und Erde, Geist und Materie,
Unsichtbares und Sichtbares, Engel und Kosmos. Am Anfang war die Erde
ein Tohuwabohu, ein Chaos der Urflut, eine Urmaterie, ein Urchaos,
ein Urmeer, eine Mutter Tiamat. Aber die schöpferische Liebe der
Gottheit, die Taube des Friedens und der Liebe, schwebte über dem
Urmeer, das Maria hieß. Die Liebe brütete das Urchaos aus und
brachte die Ordnung des Kosmos hervor durch Amorisation der
Urmaterie. Elohim sprach: Jehi Or! Fiat Lux! Es werde Licht! Und es
ward Licht! Und Gott schied das Licht und die Finsternis. Licht und
Finsternis sind geschieden, und es ist keine Finsternis im Licht, es
sei denn bei Obskuranten. Nicht ist das Böse mit dem Guten gemischt
und nicht ist das Böse ein Teil des Guten, sondern Gut und Böse
sind geschieden, Licht und Finsternis von Elohim geschieden. So wurde
der erste Tag. Und Elohim sprach: Es werde Festes zwischen den
Wassern und die Wasser sollen sich scheiden und das Feste soll
erscheinen. Hier beginnt das Licht des ersten Tages sich weiter zu
entwickeln zu einer Ordnung des Kosmos, denn es wird der chaotische
Abgrund des Urmeeres geschieden und es erscheint das Feste. Ein
fester Grund wird gelegt, dem chaotischen Treiben und Wühlen der
Masse wird eine Ordnung gegeben. Land ist in Sicht! Ein fester Boden
unter unsern Füßen erscheint. Von den oberen und den unteren
Wassern sind wir nicht mehr maßlos umgeben, sondern es ist ein
fester Himmel, der die oberen Meere zurückhält. Es ist ein Himmel
erschienen. Es hat sich der ewig strömende Dauerregen verzogen.
Vielleicht schweben noch Wolken am Himmel, aber die Himmelsdecke
reißt auf und ein Licht erscheint, das Licht durchdringt die
Finsternis. Dies hat die Taube der Schönen Liebe gebracht, die Taube
Elohims hat das Licht ausgebrütet, hat das feste Land gebracht! Die
Wasser der Sintflut haben sich verzogen, die weiße Taube der Arche
fand auf dem Gipfel des Ararat das Ölblatt! Hoffnung triumphiert
über die Masse der Finsternis und des Chaos, Licht und feste Ordnung
gewinnen an Raum. Das Licht ist erschaffen und der Himmel. Am Himmel
ist Licht, der Himmel ist unser festes Fundament, der Himmel ist
unsre Hoffnung, das Licht des Himmels gibt den schönen Glanz der
Ordnung in die treibende Chaoswelt! Und Elohim gebietet dem Sturm und
dem Meer: Sammle dich, Meer, zu einem Ozean und gebe die Erde frei!
Deine Brandung soll nicht überfluten die Erde! Deiche baue ich am
Rande der Erde und gebiete den Seebeben! Erde, Erde, du grüne,
erscheine im Licht! Erde, du Hoffnungsraum, Erde, du fröhliches
Grün, Erde, du blaue Blume im Ozean des Kosmos, Erde, du blauer
Planet unter andern göttlichen Planeten, Erde, du einzigartiger
göttlicher Planet, da die lebendige Vegetation lebt! Halleluja,
Elohim schuf die Schöpfung im Frühling! Ein Garten erscheint die
Erde mit den blühendsten Blumen, Lotosblumen und Lilien, Rosen und
Tulpen, Nelken, Orchideen, Narzissen, Krokus und Vergissmeinnicht!
Erde, du starke Mutter mit deinen kräftigen Bäumen! O du reiner
Pflaumenbaum mit deinen süßen Pflaumen! O du Feigenbaum mit deinen
leckeren Feigen! O du Dattelpalme mit deinen köstlichen Datteln! O
du Apfelbaum mit deinen prangenden Äpfeln! O du Granatapfelbaum mit
deinen glühenden Granaten! O du Pfirsichbaum mit deinen rosigen
Pfirsichen! O du Orangenbaum mit deinen saftigen Orangen! O du
Mischmischbaum mit deinen niedlichen Früchten! O du
Bergamottenorangenbaum mit deinen goldenen Früchten! O du
Limonenbaum mit deinen herben Früchten! O du Zitronenbaum mit deinen
sonnigen Früchten! O du Mangobaum mit deinen prallen Mangofrüchten!
Honigmelonen! Wassermelonen! Alle Früchte voll von klebrigen Samen
voller Fruchtbarkeit, schwanger von Zeugungskraft! Elan vital!
Lebenskraft der lebendigen Frühlingsnatur! Lenzlust in allem Grün!
Grünkraft in der Mutter Natur! Ein Wonnegarten! Lenzlust im
Lebensgarten! Lenzlust des Lebens! Wonne und Wollust! Fruchtbarkeit,
Zeugungsfülle, Schwangerschaft! O du heiliges Leben von Gott! Elohim
ist fruchtbar! Elohim sah die grüne Mutter Erde in ihrem Lenzgarten
und sah, dass sie schön war! Und Elohim ausstreute in den Raum den
strahlenden Sol, den Gott der Dichter und Seher, und die keusche Luna
mit ihrer üblen Laune und ihrer fröhlichen Laune und ihren
närrischen Grillen, und den Mars mit seinem Ehebruch und seinen
Kämpfen, und den Merkur mit seinem Quecksilber und seiner
Philosophie und seiner Heilkunst, und den Jupiter, den jovialen
Gastgeber Xenius, und die überheiß glühende Venus mit ihrer
brennenden Liebe, und den Saturn mit seiner philosophischen
Schwermut, und Elohim schuf die Fixsterne und die Milchstraße und
den Andromedanebel und den Pferdekopfnebel und den Carinanebel und
die andern Spiralwirbel und Galaxien und Nebel, und Gott schuf den
dritten Himmel, den Himmel aller Himmel, und Gott schuf das Weltall,
ich weiß nicht, ob es sich ausdehnt oder zusammenzieht, den Hitzetod
sterben wird oder den Kältetod sterben wird, ob es unendlich oder
endlich ist, ich weiß nicht, ob das Weltall das unendliche Kleid des
unendlichen Gottes ist oder wie viel Sandkörner in das Weltall
passen, ich weiß nicht, ob neben diesem Weltall noch andre Weltalle
existieren, ich weiß nicht, ob das Weltall dreidimensional unendlich
und vierdimensional endlich ist, ich weiß nicht, wie viel
Dimensionen existieren, ich hab noch nicht auf dem Monde gestanden,
ich hab noch nicht den Mars auf Wasser untersucht, ich sah den
Carinanebel und seine Weinberge, ich sah das Evische Sternbild über
allem, ich kam an die Grenze des Universums und stieß die Tür auf
zu Gott! Und ich sah am nächsten Tag die Walfische mit den Schiffen
spielen in den Buchten des östlichen Meeres, und ich sah die
Singschwäne singen der Unsterblichkeit der Seele und die
Trauerschwäne sich den Heimgang wünschen zu Gott, und ich sah die
Nymphensittiche spielen in den Schlafzimmern junger Mädchen und ich
sah die Elstern den Damen Gäste verkünden und ich sah die
brünstigen Turteltauben im Frühling in den Kronen der Kastanien
beim Liebespiel, sie schlugen mit den Flügeln, sie spreizten die
Flügel, sie girrten und gurrten und ruckten und kosten mit den
Schnäbeln, sie nickten, sie pickten, bis sie fruchtbar wurden von
der brünstigen Liebe, die Brut in ihrem Neste lag und sperrte die
Schnäbel auf und schrie zu Gott, der Großen Taube Iahu! Und Elohim
gebot den Tieren des Feldes, zu hüpfen und zu springen! Elohim
befahl den Kitzen der Ricke, lustig zu sein! Elohim gebot dem
Einhorn, den Schoß der Jungfrau zu suchen! Elohim gebot der Stute,
die lockige Mähne zu schütteln! Elohim gebot dem Hengst, sein
Hengstmaul schäumen zu lassen bei bebenden Flanken! Elohim gebot der
heiligen Kuh, mit gütigen Augen das volle Euter zu schaukeln! Elohim
gebot den schwarzen Pantherweibchen, zu ruhen auf den heißen Bergen
des Libanon! Elohim gebot der Löwenmutter, ihre wilden Löwenjungen
großzuziehen! Elohim gebot den Eseln, steif zu stehen! Elohim gebot
dem Stier, die Kuh von hinten zu besteigen! Aber da machte Elohim
einen Sprung in der Evolution! Es ging nicht von der Geschichte des
Kosmos und der Kreaturen nahtlos zum Menschen über, sondern Gott
beriet sich mit Gott im Geiste der Weisheit und sprach: Ich bin
Elohim und flüstere meiner göttlichen Sophia in ihr Muschelohr:
Komm, Geliebte und Throngenossin, Wir wollen Menschen machen nach
Unserem Ebenbilde! Der Mann soll ein Bild sein des Vaters Elohim in
Herrlichkeit und Macht und Majestät und Kraft, die Frau soll
Ebenbild sein der göttlichen Sophia in Weisheit, Einsicht,
Erkenntnis und göttlicher Vernunft, und zwischen ihnen soll die
knisternde Erotik Ebenbild der göttlichen Liebe sein, jener
lebendigen Liebesflamme, die Gott ist, jener lebendigen Liebesflamme,
die Elohim mit seiner geliebten Sophia vereinigt in der ewigen Glut
der göttlichen Erotik! Elohim zeugte in dem Schoß der göttlichen
Sophia den Hauch der Liebe, und der Hauch der Liebe bildete in dem
Geheimnis der Gottheiten das erste Menschenpaar, Mann und Frau in
Vereinigung, Abbild der dreifaltigen Gottheit! Der Mann ein Abbild
Gottes des Herrn, die Frau ein Abbild Gottes der Frau Weisheit, die
Liebe zwischen ihnen ein Abbild des Eros Gottes! Und Gott sprach:
Mann und Frau, seid fruchtbar und zeugt und gebärt Kinder und
verwaltet die Erde liebevoll und speist vegetarische Speise! Die
Kräuter und die Milch und den Käse und den Soya und den Salat und
das Gemüse und die Nachtschattengewächse und das Brot und die
Erdäpfel geb ich euch zur Speise! Adam, genieße, was Eva dir zur
Speise bereitet, und liebt euch, wie ich euch liebe! Und Elohim sah,
dass die Schaffung des Mannes und der Frau sehr gut war! Da ruhte
Gott am Sonntag aus und dachte: Ich bin, Sum, ich bin das Sein, von
meinem absoluten und ewigen Sein hat alles endliche Sein das Dasein
und zu meinem ewigen Sein hat alles endliche Dasein seine Heimkehr!
Ich bin das Leben in allem Leben, ich bin die Liebe in aller Liebe,
ich bin die göttliche Schönheit in aller Schönheit der Schöpfung!
Aber nun will ich ruhen. Und Elohim in seiner göttlichen Trunkenheit
sank in seinen göttlichen Schlaf.
ZWEITES
KAPITEL
Im
Anfang schuf Gott Jahwe den Menschen, das heißt die Menschheit,
Adam, aus Adama, der Mutter Erde, und in den Körper, den Jahwe von
der Mutter Erde nahm, hauchte Jahwe den Lebensgeist ein, den Atem,
der den Menschen Adam zu einem lebendigen Lebewesen machte, zu einem
Abbild Gottes. Aber Gott schuf den Menschen Adam als ein männliches
und ein weibliches Wesen, als Mann, das heißt als Isch, und als
Frau, das heißt als Ischa. Isch war nämlich allein und lebte einsam
in der Natur. Er schaute die Kirschblüte an und sah in der
Kirschblüte das Angesicht einer schönen Frau aus Äther, die ihn
anlächelte. Er schaute einen Fuchs an seiner Seite wandeln und
dachte, dieser Fuchs bedarf der Katze, der schwarzen samtigen Katze,
nach der der purpurrote Fuchs so hungert. Isch sah das Reh auf der
Lilienweise weiden und dachte bei dieser zärtlichen femininen Anmut
an eine feminine zärtliche Frau, die voller Anmut und Holdseligkeit
ist, da hörte Isch den Hirsch aus dem Walde röhren, und es röhrte
der Hirsch nach der Hindin, es röhrte Isch nach einer Geliebten. Und
es lag Isch unter einem Lebensbaum und verglich sich selbst mit einem
Lebensbaum, vom lichtblauen Himmel sah er das heitere schöne Antlitz
einer Geliebten lächeln, und er fühlte sich einsam, wie die linke
Seite des Lebensbaumes. Es floss durch seine Adern ein Schmerz und
eine Sehnsucht nach der anderen Hälfte des Kosmos. Und Isch lag im
grünen Garten auf der Wiese und sah die Honigbiene den Kelch der
Krokusblume besuchen, und Isch erkannte sich in der Honigbiene mit
dem saugenden Stachel und sehnte sich nach dem keuschen Kelch der
Geliebten in ihrem weißen Blütenkleide, den süßen Samen der
Fruchtbarkeit in ihrem Nektarschoße zu lecken. Und Isch sah in die
himmelblauen Lüfte und schaute zwei weiße Zitronenfalter lustig
ihre Hochzeitstänze in den Lüften feiern. Aber ach, er war kein
Schmetterling, er hatte keine Frau, die tanzte den Hochzeitstanz mit
ihm. Und Isch ging spazieren am Weiher und sah den schwarzen Schwan
mit seiner schwarzen Schwanin majestätisch gleiten über den Weiher,
Seite an Seite, in treuer ehelicher Liebesgemeinschaft, er sah wie
sie ihre Hälse verflochten und mit den Flügeln schlugen und schrien
brünstige Schreie der Wollust im Wasserbett, da wachte die Brunst in
Isch auf und er fühlte die Trauer wie ein schwarzer Schwan. Vor
Trauer und Kummer und Einsamkeit ist Isch im Garten eingeschlafen
unter einer Blutbuche. Er lag unter der roten Krone der Blutbuche,
und es verblutete sein Herz vor Sehnsucht, und er verseufzte seine
Seele vor Schmachten, und er starb den kleinen Tod des Schlafes. Bist
du überwältigt von Trauer, versinkst du in einem Meer der Trauer,
stehst du allein in der finsteren Nacht, und ohne Hilfe gehst du
durch die Finsternis, versinkt der Boden unter deinen Füßen, und
alle Unwetter lasten auf deinem Haupte, schlafe, was willst du mehr,
beim Saitenspiel der Sterne, schlafe, was willst du mehr? Es war
nicht ein Schlaf der ruhigen Seele, sondern eine Trance, eine
Ohnmacht, ein kleiner Tod. Isch war verrückt und verirrt im Wahnsinn
in eine Ohnmacht gesunken und in eine Trance wie von berauschenden
Efeublättern. So lag er in seiner Wahnsinnsumnachtung unter der
Blutbuche und es verblutete sein Herz. Da trat Jahwe zu Isch in
seiner tiefsten Umnachtung und schnitt ihm mit dem Schwert der
Operation das Herz aus der Brust, er nahm den blutigen Fleischklumpen
aus der linken Brust des halbtoten Isch und formte aus dem Fleisch
und Blut des Herzens des Mannes die andre Hälfte des Universums, den
Himmel zu der dürstenden Erde, die Hindin zum röhrenden Hirsch, das
Falterweibchen zum Schmetterling, die Krokusblüte für die
Honigbiene, die schwarze Schwanin für den schwarzen Schwan mit dem
blutroten Tränen unterm Auge, er schuf die rechte Seite des
Lebensbaumes. Jahwe nahm aus Isch das Unbewusste seiner Seele, er
nahm die ganze Weiblichkeit der unbewussten Psyche und schuf sie aus
dem Fleisch und Blut des Herzens als eine Frau, als einen Engel von
Seele in dem Leib einer Aphrodite. Diese war nicht allein Fleisch vom
Fleisch seines zuckenden Herzens, nicht allein Blut vom Blut seines
verblutenden Herzens, diese war Seele von seiner Seele, sie war die
weibliche Anima zu seinem männlichen Selbst, er aber war der
männliche Animus zu ihrem weiblichen Selbst. Er war der Leib, aus
dem ihr Leib geschaffen, sie war der Traum seines Fleisches, sie war
die Seele seiner Seele, sie war der Hauch seiner Sehnsucht. Er war
der Mann von Mutter Erde genommen, sie war die Frau, von Jahwe
gehaucht und gebildet. Sie waren füreinander geschaffen. Sie gingen
auseinander hervor. Sie stammten von Einem Urmenschen Adam ab. Sie
stammten von Mutter Erde ab und stammten ab vom Hauch des Mundes des
Gottes Jahwe. Jahwe schuf sie füreinander. Jahwe hatte seine große
Hand geöffnet, in der die Samentropfen ihrer beider unsterblichen
Seelen vereint und verschmolzen in seiner Hand gelegen. Jahwe hatte
sie füreinander geschaffen, so wie er den Logos der Sophia
zugeordnet, so wie er die rechte Seite des Lebensbaumes zur linken
Seite des Lebensbaumes zugeordnet hatte, Jahwe hatte Isch und Ischa
füreinander geschaffen, wie die Liebe Gottes mit dem Zorn Gottes
sich vereinigt zur Barmherzigkeit Gottes, Jahwe hatte Isch geschaffen
als Abbild des göttlichen Geistes und Ischa geschaffen als Abbild
der göttlichen Natur. So wie Himmel und Erde im Schöpfungsfrühling
Hochzeit feiern und der Himmel sich in glühender Liebesumarmung in
den Schoß der blühenden Erde legt und keusche Blumen zeugt, so
waren Isch und Ischa füreinander geschaffen. Jahwe hatte wie ein
allmächtiger Vater und eine liebende Mutter Isch und Ischa gebildet,
dass sie in ihrer einzigartigen mystischen Liebesvereinigung die
totale Vollkommenheit Jahwes abbilden. Und so kam Ischa dem
erwachenden Isch entgegen. Was rief er da? Rief er etwa erschrocken:
Nein, sie ist es nicht!? Sie ist nicht die Frau meiner Träume!? Rief
er dies bei der wahren Ischa? Nein, sondern er begann als der erste
Liebesdichter eine jubelnde Hymne zu dichten über die Schönheit der
Frau: Du bist es! Du bist der Traum meiner Seele, die Erkenntnis
meines Blutes, die Inkarnation des Verlangens meines Fleisches, der
Spiegel der göttlichen Schönheit und Liebe! Du bist meine Hilfe,
denn du bist gesandt von Jahwe, meiner Hilfe! Jahwe ist meine Hilfe
und Ischa ist meine Hilfe! Du bist nicht meine Herrin, die mich
beherrschen will! Du bist nicht meine Sklavin, von der ich mich
bedienen lassen will! Wir wandeln Seite an Seite, halten uns Hand in
Hand und gehen spazieren in der Gegenwart Gottes! Du gehst an der
rechten Seite Gottes und ich gehe an der linken Seite Gottes, und
dann legt Gott unsre Hände ineinander und sagt: Liebet euch! Seid
fruchtbar! Bevölkert den Garten Eden mit lachenden Kindern! Ja,
geliebte Ischa, du sitzt mir gegenüber im Garten Eden, ich sitze dir
gegenüber im Garten Eden, und zwischen uns liegt Jahwe, das Haupt
auf deinem Schoße, Ischa, die Füße wie auf einem Fußschemel auf
meinen Schenkeln. Du liebkost den heiligen Jahwe und näherst dich
mir immer näher an! Jahwe ist die Liebe, die uns verbindet, Ischa
und Isch sind eins und vereinigt, und im Innern unserer erotischen
Liebesvereinigung ist Jahwe als die Liebe! Wenn sich mein Same mischt
mit deinem Liebestau in der Grotte deines Schoßes, ist im Innern der
Verschmelzung Jahwes Liebesglut, die fruchtbar wird! Gott der
Schöpfer ist im Innern unsers Aktes der Liebesvereinigung! Darum
schämen wir uns nicht, wenn wir nackt zusammen liegen im grünen
Bett des Paradieses! Denn Jahwe ist inmitten der Vereinigung deiner
und meiner Nacktheit! Ja, wenn sich das Sakrament der Zeugung mit dem
Sakrament der Fruchtbarkeit vereinigt, ist Jahwe die göttliche Macht
der glühenden Liebesflamme im Sakrament der Liebesvereinigung! Ich
kann es nicht begreifen, dass wir vor Jahwe ganz nackt sein dürfen!
Und weil ich ganz nackt sein darf vor Jahwe und du ganz nackt sein
darfst vor Jahwe und Jahwe deine Nacktheit in der Umarmung und
Begattung meiner Nacktheit segnet, darum dürfen wir nackt sein und
uns unsrer Nacktheit freuen! Ja, ich nackt, du nackt, wir vereinigt
nackt im Paradiese! So hat uns Gott gewollt! In der Nacktheit unsrer
Leiber, in der Umarmung unsrer Seelen, in der Verschmelzung unsrer
Genitalien sind wir Abbild der nackten Liebe Gottes! Aber Eva träumte
einen Traum: Sie sah den Baum der Erkenntnis, aus dem Laub
schlängelte sich eine schöne schillernde Schlange herab, vom Baum
fiel eine überreife süße Feige und ging auf, die Schlange kroch in
die Feige, Eva küsste den Kopf der langen Schlange und nahm den
Schwanz der Schlange in den Mund. Da dachte Eva im Traum: Im Grunde
meiner Seele bin ich allmächtig und allwissend! Da trat Adam zu Eva
im Traum und speiste die Feige und sog den süßen Saft aus der
Feige, er nahm die Schlange in die Hand und schüttelte sie und
sprach: Ich bin der Herr! Da erwachte Eva von ihrem Traum und war
schweißgebadet. Vor dem sündigen Traum bereitete Eva im Garten Eden
das beste Mittagsmahl, sie kochte Erbsen und Möhren, kochte
Kartoffeln, bereitete aus Tomaten die Sauce und briet Soya. Aus
Eisbergsalat und Kürbiskernen und Walnussöl bereitete sie den
leckersten Salat, sie machte Salat aus Tomaten und Käse. Zum Trinken
gab es den Saft der Äpfel, gemildert mit frischem Felsquellwasser.
Zum Abendbrot bereitete Eva das selbstgebackene dunkle Brot mit
Sesamkörnern oder Sonnenblumensamen, sie reichte die Butter von der
heiligen Kuh, sie reichte den Käse aus der Milch der Schafe und
Ziegen und Kühe, alles ohne Lab, sie machte aus Tomaten und Paprika
die köstlichsten Pasten, sie reichte Oliven und Creme aus Mandelöl
oder aus Haselnüssen oder Erdnüssen, Eva trank zum Abendbrot den
gesunden Kräutertee und Adam war dankbar über einen Becher roten
Weines. Aber nun, im Zustand der Sünde, nahm Adam einen armen Hahn
und schlachtete ihn und rupfte seine Flügel aus und briet ihn am
Feuer, er zerriss ihn mit seinen Zähnen, das tierische Fett troff an
seinem Maul entlang. Adam schlachtete Schweine und machte aus den
Schweinen Braten, er aß nichts anderes mehr als Tiere. Ja, weil er
nun fleischlich gesinnt war, aß er nur noch Fleisch. Er bekam
manchmal sogar Appetit auf Menschenfleisch und begehrte Eva zu
fressen! Eva erschrak jedes Mal zu Tode, wenn Adam sagte: Um meinen
Hunger zu stillen, will ich dich fressen, geliebte Frau! Adam dachte,
Eva die größte Lust zu bereiten, indem er ihr verhieß, er werde
sich das Herz aus dem Busen reißen und es ihr roh zu fressen geben!
Eva aber in dem Zustand der Sünde war erfüllt von Angst, von vielen
Ängsten, sie hatte Angst zu altern, sie hatte Angst zu sterben, sie
schien jede Krankheit anzuziehen, wirkliche und eingebildete, sie
hatte schreckliche Angst vorm Tode und verbot Adam, den Tod auch nur
einmal zu erwähnen. Die Katze fauchte Adam wütend an und das
Entenweibchen lag tot auf dem Weg! Adam fand große Freude daran, die
kleinen Frösche im Teich zu quälen und ihnen ihre Schenkel
auszureißen, sie zu braten und zu fressen, das sei der höchste
Genuss, sagte er, so esse nur ein Gott im Paradies! Eva und Adam
verstanden sich auch nicht mehr ohne Worte, wie sonst, sie sprachen,
aber keiner verstand die Sprache des andern. Missverständnisse
führten zu Verletzungen, Verletzungen zu Rachegelüsten, Rache zu
neuen Wunden. Immer wieder folgte eine Versöhnung, aber beim
nächsten Missverständnis wurden alle vorigen Wunden dem Partner
wieder vorgeworfen, und es gab eine Litanei der gegenseitigen
Anklage. Schuld war immer der andere! Eva konnte sich nicht geliebt
fühlen von diesem Adam, aber sie verachtete sich auch selbst! Und je
mehr sie sich selbst verachtete, desto stärker wurde der Wunsch,
sich selbst zu lieben, und zwar vor allem sich selbst zu lieben. Sie
machte eine ganze Philosophie der Selbstliebe aus dieser Qual der
Selbstverachtung. Adam aber liebte die Philosophie der Selbstliebe
nicht, er dagegen entwickelte eine Philosophie der Begierde. Er
meinte Gott sei ein Gott der Begierde, und er, Adam, sei Gott gleich,
wenn er Eva begehrte. Er gab sich nicht selbstlos schenkend hin,
sondern er evozierte Evas Leib in seinem Geist und stillte seine
Begierde an seinem eigenen Fleisch. Dies tat er heimlich im Busch,
als Gott ihn ansprach: Adam, wo bist du? Adam versteckte sich im
Busch, wo er die Philosophie des Diogenes gefolgt war, denn er
schämte sich vor Gott. Adam, wo bist du, rief der Herr. Adam sprach:
Ich muss mich vor dir im Busch verstecken, denn ich stehe hier gerade
nackt. Woher weißt du, dass du nackt bist, sprach Gott, hast du etwa
die verbotene Feige gepflückt? Adam sagte: Eva hat mir die Feige
gegeben! Da rief der Herr Eva: Eva, wo bist du? Eva sagte: Ich kann
dich nicht hören, Herr, was willst du mir sagen? Der Herr sprach:
Eva, tu dein Ohr auf, Effata! Eva begann den Herrn zu hören. Eva, wo
bist du? Eva sprach: Ich habe mich vor dir versteckt, o Herr, denn
ich schäme mich vor dir! Warum schämst du dich, sprach der Herr,
hast du etwa auf das Flüstern der Schlange gehört mit deinem
Muschelohr? Ja, sprach Eva, die Schlange hat sich mir in den Mund
geschoben und mir ihre Worte in den Mund eingeflösst. Da sprach der
Herr zur Schlange: Schlange, Schlange, auf deinem Bauch sollst du
kriechen im Staube! Eva, Eva, du wirst dich nach deinem Ehemann
sehnen, aber er wird zu dir sein wie ein harter Herr, aber wenn du
gebären wirst, so wirst du bluten und schwere Schmerzen leiden. Du
aber, Adam, sollst dich plagen auf Erden bis zur vollkommenen
Erschöpfung! Aber der Garten Eden wird überwuchert werden von
Brennnesseln und unfruchtbaren Dornen! Da machte sich Eva einen
Lendenschurz aus feinziseliertem Feigenblatt. Süß sah sie aus, die
nackte Eva, die nichts trug als dies feine grüne Feigenblatt! O wer
dieses Feigenblatt der seligen Eva als Reliquie besitzen dürfte! Er
würde es oftmals küssen und träumen von der Liebe der heiligen Eva
im Garten Eden im Paradies!
DRITTES
KAPITEL
Gott
aber sprach zu Adam und Eva: Aber ich verheiße euch das Heil!
Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau! Der Same
der Frau wird der Schlange den Kopf zertreten, und die Schlange wird
ihm in die Ferse stechen! Das sächliche Autos in der Septuaginta
wird auf den männlichen Spermos bezogen, den verheißungsvollen
Samen! Der Same wird der Schlange den Kopf zertreten! In der Vulgata,
die nach dem Konzil von Trient als inspiriert gilt, ist es die Frau,
sie wird der Schlange den Kopf zertreten! Es gibt ein Bild, da die
Madonna mit ihrem nackten Knaben, der zehn Jahre zählt, zusammen der
Schlange den Kopf zertritt! Madonna und Sohn stellen ihre Füße
aufeinander und zertreten zusammen der Schlange den Kopf! Madonna
beugt sich dabei vor und man kann im Ausschnitt ihres Kleides ihre
Brüste erkennen. Darum gefiel dies Bild den keuschen Nonnen nicht.
Die Dichter aber lieben dieses Bild. So gewiss die Madonna nicht
allein der Schlange den Kopf zertritt, so gewiss zertritt der Spermos
nicht ohne das Weib den Kopf der Schlange! Denn es ist gerade die vom
Spermos oder der Gottheit Panspermia bestimmte Aufgabe des Weibes,
der Schlange den Kopf zu zertreten! Man denke hier nur an die
jüdische Frau, die sich schmückte mit reizenden Kleidchen und
klingelndem Schmuck und betörender Schminke, um den betrunkenen
Feind zu bezaubern. Er hatte soviel getrunken wie noch nie in seinem
Leben, und die Frau, die Bibel nennt sie die Allgebenedeite unter
allen Weibern, schlägt dem Haupt der Feinde den Schädel vom Rumpf!
Dies ist die Aufgabe des Weibes nach dem Heilsplan des
verheißungsvollen Samens, der von Gott gezeugt ist, der Gottheit
Panspermia, der allmächtigen Potenz. Dieser Same nämlich ist der
Neue Adam, der als der Sohn Davids, als Messiaskönig kommt, um die
Werke des Teufels zu zerstören! Ja, komm, Sohn Davids, zerstöre die
Werke der Mächte der Finsternis und aller okkulten Dämonen! Komm,
Frau der Verheißung, Neue Eva, komm, Frau der Apokalypse, und
vernichte die alte Schlange, den feurigen Drachen, der da heißt
Satanas und Diabolos! Wer ist denn die Neue Eva, die Apokalyptische
Frau? Siehe, es gibt eine Vision von der Apokalyptischen Frau! Die
Neue Eva nannte sich Morenita, die Schwarze! Siehe, das Antlitz
Morenitas! Ihre langen, glatten schwarzen Haare sind wie eine Herde
schwarzer Ziegen, die vom Berge Gilead herabwallen. Ihre feinen
Augenbogen sind wie die feine Waage der Maat, der Göttin der
Wahrheit. Ihre Augen sind sanft wie die Augen der Turteltauben. Ein
Mann ist in ihren Augen mit Liebe angeschaut. Ja, sie photographiert
den Geliebten und bewahrt ihn als Idee in ihrem Geist, um ihn allzeit
bei sich zu haben und lieben zu können. Ihre Nase ist die Nase des
Adlers, der in die Sonne schaut. Ihr Mund ist geheimnisvoller als der
lächelnde Mund der Mona Lisa. An ihrem Hals trägt sie um ein
Silberkettchen ein grünes Kreuz, mit funkelnden Sternen besetzt. Sie
steht als Makellose auf dem Mond, der Mond ist rund und vollkommen,
um den makellosen Vollmond kreist ein kreisrunder Regenbogen, Frau
Iris, als Zeichen der Hoffnung und des inneren Friedens. Morenita ist
der Stern der Hoffnung und die Königin des Seelenfriedens! Sie liebt
vor allem grüne Kleider, denn die Natur ist ihr Kleid. Ansonsten
trägt sie auch nichts als das Licht der Sonne. Aber unsere liebe Eva
stand vor einem Spiegel und schaute in den Spiegel und schöpfte aus
dem Spiegel ein inneres Gesicht der Morenita, der schwarzen Nymphe
Gottes, Mora nannte sie jene innere Nymphe, die im Innern unserer
lieben Eva vor dem unbefleckten Spiegel ihrer makellosen Schönheit
stand. Mora hatte lange, glatte schwarze Seidenhaare, schwarz wie
Lack. Sie trug ein leichtes weißes Reizgewand, nur so leicht um
ihren braunen Körper geworfen, dass sie unglaublich reizend und
erotisch erschien. Diese innere Mora unserer lieben Eva aber empfing
den inneren Jesus als ihren Bräutigam im Brautgemach und vereinigte
sich in erotischer Mystik mit dem inneren Jesus. Morenita aber stand
auf dem Berg der Großen Mutter und schaute einen armen Bauern. Die
wilden Heiden schleppten auf ihre Götzenpyramide den armen Bauern,
gaben ihm berauschenden Kakao zu trinken und schnitten ihm mit ihren
Buschmessern bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust, um es ihrem
steinernen Götzen zu opfern. Der Bauer opferte sein blutiges
Martyrium der Morenita auf zur Bekehrung unserer lieben Eva und
erlangte von Morenita den inneren Frieden, indem sie ihn in den
Himmel entrückte und ihm die Hochzeit mit Morenita zeigte und den
Garten des Paradieses, da die erlöste Eva sich mit Jesus vereinigt
in himmlischer Hochzeit. Da sprach ein Mann zu einem Greis: Ach, ich
denke ja wie Platon: Der Körper ist der Kerker der Seele! Ich weiß
zwar, dass das nicht christlich gedacht ist, aber ich denke doch so:
Der Körper ist der Kerker der Seele! Frei wird die Seele erst, wenn
sie aus dem Kerker des Körpers ausbricht! Da sprach der Greis: Die
Bibel kennt kein Wort für Seele. Wenn die Bibel vom Menschen
spricht, spricht sie vom Fleisch, das bedeutet die Einheit von Leib
und Seele. Wenn die Seele den Leib verlässt, ist der Mensch tot. Der
Mann sprach zum Greis: Aber das Konzil von Trient bestätigte die
Lehre von der Unsterblichkeit der Seele. Ich weiß aber, der Mensch
ist eine Einheit von Leib und Seele. Der Mensch ist nicht die Seele,
die zufällig ein Kleid des Körpers trägt, der Mensch ist die
Einheit von Leib und Seele. So lehrt es der engelgleiche Thomas. Aber
Salomo schreibt auch im Buch der Weisheit: Der vergängliche Leib
zieht den vielüberlegenden Geist herunter und beschwert ihn. Der
Leib, den ich nicht liebe, das ist der sterbliche Leib. Man verwest
ja bei lebendigem Leibe. Dieser Leib mit seinem Hunger und Durst und
sexuellem Appetit, der ist mir zuwider. Aber ich liebe dennoch den
Leib, aber einen andern. Denn ich bin begeistert von der Auferstehung
der Toten, von der Auferstehung des Fleisches! Ich glaube an die
Unsterblichkeit der Seele, aber nicht daran, dass die Seele allein
verewigt wird und als eine Art Gespenst im Elysium flattert, sondern
dass sie einen Körper bekommt, einen Lichtleib, einen Geistleib.
Diesen pneumatischen Körper liebe ich besonders, weil ich es
besonders liebe, dass meine Geliebte auch in der Ewigkeit einen Leib
haben wird, denn ich liebe den Glanz ihres Leibes, in dem sie die
Schönheit ihrer marianischen Seele ausdrückt und darstellt. Der
Greis sprach zum Mann: Die Auferstehung des Fleisches bedeutet für
mich, dass der Mensch im Himmel nicht eine bloße Seele ist, die mit
allen Seelen in einem anonymen Meer verschwebt, sondern dass der
Mensch in seiner einzigartigen Persönlichkeit im Himmel lebt, mit
all seinen Eigenheiten und charakterlichen Besonderheiten. Ich hoffe,
im Himmel die mir lieben Menschen persönlich wiederzufinden. Ja,
rief der Mann begeistert, ich hoffe auch, die Geliebte im Paradies zu
finden, sie möge ganz nah bei mir sein! Ohne die Frau, die ich liebe
mit größerer Liebe, als sie einem Geschöpf angemessen ist, die
Geliebte, die ich liebe wie eine zweite Menschwerdung Gottes, soll
mit ihrer unsterblichen Seele in einem verklärten Leib aus Glanz im
Paradiese bei mir sein und mich lieben mit der Liebe Gottes, wie ich
sie hier schon liebe mit der Liebe Gottes! Der Greis lächelte. Ja,
die Christen seufzen nach der Erlösung vom Todesleibe und seufzen,
bis der Ruhm der Söhne und Töchter Gottes vollkommen ist und
offenbar in aller Herrlichkeit! Ja, sagte der Mann, ich hätte Lust,
rasch abzuscheiden und in Gott zu sein, aber ich muss noch auf Erden
bleiben und viele Kreuzwege gehen und viele Leiden aufopfern, auf
dass meine Geliebteste im Paradiese bei mir ist, im himmlischen
Garten Eden! Ja, so soll es sein, sprach der Greis und drückte dem
Mann die Hand. Friede sei mit dir, sprach der Greis. Und mit deinem
Geiste, sprach der Mann und ging. Aber du Dichter, wie kommst du
dazu, vom Paradies zu sprechen? Du bist doch ein Sünder und eine
kranke Seele, was weißt du vom heilen Urzustand des Menschen? Ja,
sprach der Dichter, ich würde nicht vom Paradiese sprechen, wenn ich
nichts kennen würde als Maschinen und Straßenlaternen. Aber ich
kenne die Geliebte, den Mai und ihr Paradiesgärtlein. Ich weiß, wie
Eva im Paradiese schön war! Ich weiß, wie die Sonne die Erde
liebkoste! Ich weiß, wie die Tiere in Harmonie lebten, denn alle
Tiere werden selig, wenn meine Geliebte sie streichelt! Ich weiß,
wie die Blumen die Sprache der Liebe gesprochen haben, denn im
Paradiesgärtlein meiner Geliebten sprechen heute noch in jedem Mai
die Blumen die Sprache der Liebe! Die Rosen glühen vor Schamröte,
wenn der Lenzwind ihnen schmeichelt. Die Narzissen schauen immer noch
so selig ihr Spiegelbild in den feuchten Tropfen, die im Grase
schimmern. Die Vergissmeinnicht sind immer noch so treu und schauen
aus so treuherzigen himmelblauen Augen ihrer feinen mädchenhaften
Seele, sanft und zärtlich. Der Mohn ist immer noch so berauscht von
der Liebe. Die Iris pflegt immer noch heimlich ihren Minnekult! Ich
weiß, der Thymian durftet stark zum Erdbeerstrauch, und die Malve
ist immer noch so treu dem Messias. Ich weiß, wie eine Welt
beschaffen ist, die erfüllt ist von der göttlichen Liebe bis in die
Ehe der Atome! Ich weiß, wie die Schöpfung beschaffen ist, die
durchgottet wird vom göttlichen Eros! Ich weiß, wie Mann und Frau
ein Abglanz Gottes sind, wenn sie in spiritueller Erotik ihre Düfte
vermischen mit dem Duft des Gartens Eden! Nüchterne Weltmenschen
sagen: Die Südseeinseln sind kein Paradies mehr, denn dort
explodierte schon die atomare Bombe! Aber Mystiker tragen das
Paradies im Herzen! Ja, und wenn ein Mystiker und seine mystische
Freundin ihre mystische Brautschaft feiern im Monat der Hochzeit von
Himmel und Erde, dann ist das Paradies herabgekommen vom Himmel und
lässt sich nieder auf einer seligen Erde!
VIERTES
KAPITEL
Eva
ist allein im Garten Eden. Adam ist noch nicht geschaffen. Eva denkt
an ihre Einsamkeit und redet mit sich selbst: Mutter Erde, ich
Menschenwesen stamme von der Mutter Erde ab. Wer bist du, Mutter Erde
mit den breiten Brüsten? Woher stammst du? Stammst du aus dem Chaos?
Hast du dich von der Sonne losgelöst? Bist du ein totes Ding von
Materie oder bist du ein lebendiges Wesen? Bin ich nicht berufen,
ich, deine Tochter, dich zu pflegen und zu bewahren? Ich darf dich
nicht beherrschen, ich darf dich nicht ausnutzen, ich darf dir keine
Wunden schlagen. Ich will dich ehren und lieben, wie man eine Mutter
ehren und lieben soll. Wie träge du doch bist, du uralte Mutter Erde
mit den breiten Brüsten! Wie schleppt sich dein Gang durch die
Jahrmillionen! Welch ein Geist der Schwere zieht alles an deine
Brust! Siehe, ich sah den Apfel vom Baum der Erkenntnis fallen, er
fiel herab zur Erde. Da fragte ich mich: Warum fällt der Apfel zur
Erde, warum fliegt er nicht in den Himmel? Da erkannte ich, es müsse
eine Schwerkraft im Busen der Mutter Erde wohnen, die alles an sich
zieht wie ein großer Magnet. Wenn ich aber zur Venus schaue am
Morgen und am Abend, wenn ich zur keuschen Luna schaue in der Nacht,
am Tag zum strahlenden Sol, wenn ich den Jupiter sehe im Saturn
erscheinen, o Mutter Erde, bist du einer von den göttlichen
Planeten? Kreist du auch auf denselben elliptischen Bahnen durch den
Kosmos wie die andern göttlichen Planeten? Und wenn ich dich
ergründen will, o Mutter Erde, darf ich dann nach deinen Gesetzen
fragen? Sind deine Gesetze logisch, erkennbar, berechenbar? O ich
will die Frucht vom Baum der Erkenntnis pflücken und alles wissen,
wie Gott! Siehe, ich fand das Gold im Erz des Gesteins. Warum gibt es
das Gold? Soll es Schmuck sein am Busen eines Weibes? Soll es Ring
sein am Finger einer Gattin? Oder soll es den Blutdurst und die
Machtgier der Menschen wecken und die Erde in ein Leichenfeld
verwandeln? Gold, was bist du? Bist du das schönste und reinste
aller Metalle oder bist du die Wurzel allen Übels? Aber wie schön
seid ihr andern Steine auch, besonders ihr Kristalle und ihr
Amethyste! Ja, ich weiß, der Wein ist verlockend, und es wird mir
noch ein Mann von Gott geschenkt zum Gefährten, der wird dem Wein
zusprechen, aber er wird süchtig werden nach dem berauschenden
Traubenblut. Dann will ich ihm dich zum Geschenk machen, du violetter
Amethyst, denn Frau Weisheit lehrt mich, dass der violette Amethyst
von Trunksucht heilt. Warum schweigst du, Mutter Erde? Bin ich nicht
Stoff von deinem Stoff? Bist du nicht die Mater, die Materia, meine
Mutter? Warum schweigst du, schwarze Mutter Erde mit den breiten
Brüsten? Warum schweigst du, Gold, und du, Amethyst, warum schweigt
ihr? Bin ich nicht ein Edelstein wie ihr? Bin ich nicht aus
Mineralien aufgebaut? Stummer Stoff, ich bin deiner Art, doch meine
Gedanken teilst du nicht mit mir! Ach, mit dir kann man nicht reden,
du toter Stoff, du materielles Ding! Aber euch, ihr Sterne, kann ich
euch anrufen? Gebt ihr Antwort? Kennt ihr mein Leben, meine Seele,
mein Geschick? Hat eure Konstellation einen Einfluss auf die niedere
Natur meines Herzens? Bestimmt ihr das Schicksal oder hab ich einen
freien Willen? Entscheide ich selbst und bin meines eigenen Glückes
Schmied oder ist Glück und Unglück mir vorherbestimmt von der
Stellung der Sterne? Venus, wie heiß du bist! Du glühst so hitzig
unter deinem roten Schleier! Heiße Venus, entzünde mich nicht mit
deiner Hitze! Wie schwermütig bist du, Saturn! Ach, ziehe mich nicht
nieder mit dem Blei deiner Melancholie! Keusche Luna, du regelst die
Flut und die Ebbe des Meeres! Regulierst du auch die monatliche
Blutung meines Schoßes? Luna, bist du die Königin meiner
Menstruation? Heitere Sonne, wenn du lachst, so will es mir scheinen,
Gottes Menschenfreundlichkeit lacht mir heiter ins Gesicht! Sonne,
bist du ein Gott oder eines Gottes Abglanz? Sonne, bist du der Engel
der Erde? Aber ihr kreist eure ewigen Bahnen, unbekümmert um meine
Fragen, mein Leben, meine Seele, mein Geschick! Ihr tanzt eure
Planetentänze, wie Gott geordnet euren Chor, ihr singt die
Sphärenharmonien, wie Gottes Weisheit sie euch eingegeben, aber mein
Geschick ist euch leider, leider, ganz gleichgültig! Seh ich aber
das Sternbild des Skorpions, so scheint mir, ich weiß nicht, ist es
Weisheit oder eines Spaßmachers Scherz, der Sündenfall ereignet
sich im Platonischen Jahr des Skorpions! Der Erlöser aber kommt im
Platonischen Jahr des Fisches! Wie lieb ich euch, ihr Blumen! Was
wäre mein Garten Eden ohne euch, meine geliebten Blumen? Zuerst die
Königin, die Rose! O ihr weißen Rosen aller Freuden, ihr seid alle
wie meine Kinder, ich will euch großziehen, und ob ich euch auch
entlassen muss, ich werdet mir doch wiedergeschenkt im nächsten
Sommer! O ihr roten Rosen in eurem blutigen Passionsrot! Wie
leidenschaftlich seid ihr! Ihr opfert euer Herzblut der Liebe! Ihr
liebt ja fast noch mehr als den blutigen Kelch der roten Rose den
scharfen Dorn! Blutstropfen um Blutstropfen bezeugt ihr die Liebe wie
Märtyrer! O ihr goldenen Rosen, ihr strahlt wie die Sonne! Eure
Herrlichkeiten sind wie der Glanz einer lichten Gottheit! Strahlt und
leuchtet in eurer Reinheit und gleicht den Sternen, den goldenen
Rosen am herrlichen Himmel, da Gott der Gärtner ist und Tausende und
Zehntausende goldene Rosen zieht! Wie lieb ich dich, du violette Iris
mit dem klebrigen Schoß! Wie Zungen sind deine lila Blütenblätter
und lecken am klebrigen Samenstempel! Wer weiß schon, wie sehr du
liebst? Keiner ahnt es, in welche Dimensionen deine heimliche Liebe
reicht! Wie lieb ich dich, du orangener Mohn in deiner glühenden
Pracht, in deinem glühenden Prunken! Poppie will ich dich nennen,
weil du so glühst vor Sommerlust! Wie lieb ich dich, du weiße
Malve! Ich sehe dich, du bist so weiß wie der weiße Busen Maria
Magdalenas, du weiße Malve von Magdala! Wie lieb ich dich, du
himmelblauer Blumenteppich der himmelblauen Vergissmeinnicht!
Treuherziger kenn ich kein Gemüt, als deine himmelvollen Augen, voll
von sanfter Seele, demütig, sanftmütig, keusch und im Herzen ein
kleines Kind geblieben! Wie lieb ich dich, Krokus, du Frühlingsbote
in deiner dreifarbigen Fahne von Lenzlust, du blauer Krokus, du
weißer Krokus, du roter Krokus, der du die freie Liebe feierst mit
jedem Schmetterling, der seinen Fühler in deinen Kelch will tauchen,
den Samennektar zu saugen mit fühlenden Lippen! Wie lieb ich auch
dich, du eitler Narziss! Nein, Narziss sollst du mir nicht mehr
heißen! Denn Gottes Liebe gebot dir, den ganzen Frühling zu lieben!
Nicht beschaust du dich eitel selbstverliebt in den Tautropfen, die
auf das Gras getropft, sondern du liebst die alljährliche
Auferstehung der Mutter Natur, darum nenn ich dich goldene
Osterglocke! Läute das Fest der Auferstehung des ewigen Lebens ein!
Wie lieb ich dich, Päonie! Ich will dich Goldenes Zeitalter nennen!
Denn im Goldenen Zeitalter herrschte noch die göttliche Jungfrau und
blühte noch die Päonie, die Pfingstrose, im Garten der göttlichen
Jungfrau der Gerechtigkeit! Dich auch, Rose der Morgenröte will ich
preisen, Rose der neuen Zeit, Rose der blutigen Maria, Rose der
Freiheit! Euch lieb ich, ihr weißen Apfelblüten, ihr Pflaumenblüten
und rosa Pfirsichblüten, euch Kirschblüten! Euch lieb ich
besonders, ihr weißen Magnolienblüten, gewölbt wie weiße Brüste
einer nackten Frau! O wenn ihr ins Gras fallt und wie ein weißes
Bett euch im Garten ausbreitet! Wie wollt ich im weißen Bett aus
Magnolienblüten liegen im Garten nackend und lieben! O dich lieb ich
am allermeisten, du göttliche Grünkraft des Heiligen Geistes! Ich
seh dich in den grünen Gräsern, in den Wiesen, in den Blättern der
Blumen und in den Büschen und den Wipfeln der Bäume! Glühendes
Grün der vitalen Grünkraft Gottes, wie hocherotisch spür ich dich
in diesem Garten! Ich will mit dir schlafen, du Eros in der Natur!
Ich will mich begatten lassen vom Eros der grünen Natur! Ach, bin
ich denn eine Blume? Will ich geliebt sein, wie die Sonne die Luft
liebt? Nein, ich will animalisch wild geliebt sein! In mir erwacht
das Tier, des Tieres Brunst! O meine vielgeliebten Tiere, lehrt mich
die Liebe! Ihr seid nicht frei, denn Gottes Liebe zwingt euch, ihr
müsst einfach lieben! Zeigt mir, wie es ist zu lieben, wenn man von
Gott gezwungen ist, lieben zu müssen! Plötzlich erscheint der
göttliche Eros in meinem Garten, ein Knabe, vier Jahre alt, mit
goldenen Locken, mit Flügeln an den nackten Schultern, und hetzt die
Tiere aufeinander! Der Stier bespringt die Kuh von hinten! Die
läufige Katze in brünstiger Hitze miaut! Die Turteltauben spreizen
ihre Flügel und schlagen im Geäst mit den Flügeln beim
Liebesspiel! Der Hahn bespringt die Henne, packt sie am Genick und
besteigt sie! Der Gänserich besteigt die Gans und arbeitet sich
hindurch! Die Falter tanzen Hochzeitstänze in der Luft! Die Insekten
kopulieren sich in aller Öffentlichkeit schamlos auf dem Rand meines
Bechers! Die Biene sticht den Stachel in den Schoß der Blume! Die
Tauben sind ehelich treu, die Enten sind ehelich treu, und wenn die
Ente stirbt, so lebt der Erpel als trauernder Witwe in monogamer
Witwenschaft jungfräulich, die Singschwäne sind treu bis zum großer
Tag, da ihre unsterbliche Seele in den Bädern von Elysium wieder
Schwanenbrust an Schwanenbrust badet! Ja, animalisch wilde Lust, das
kenne ich, ich bin auch so heiß wie mein Kater! Aber dennoch
befriedigt meine Seele nicht die animalische Wollust! Meine Seele
dürstet nach anderer Liebe, nach höherer Liebe! Ja, meine Seele
ruft nach Seelenliebe! Meine Seele? Wer bist du, meine Seele? Tief in
meiner Seele ist ein mir unbekannter Bereich, meinem Bewusstsein
unzugänglich, der nur in kindlichen Träumen phantastisch aufsteigt.
Tief in meiner Seele ist ein dunkler Wald, ein Wald voller
Geheimnisse, da lebe ich mit meinem inneren Bruder. Wie ist dein
Name, mein innerer Bruder? Willst du mich führen und beschützen?
Oder soll ich dich führen und beschützen? Du bist aber immer innen
in mir, in dem Meer des unbewussten Seelenreiches, in dem dunklen
Wald meines Geheimnisses gibt mein innerer Bruder mir von innen
Kraft. Doch darüber lebt eine ganze Geisterwelt von Seelengestalten.
Wer bin ich und wie viele? Bin ich ein weibliches Geistwesen der
Natur in einem langen Lichtkleid und transparenten Schleier, mit
Flügeln, betaut von Tautropfen, die wie Diamanten glitzern? Bin ich
eine Zauberin, die die geheime Sprache der Bäume und Vögel versteht
und Regen machen kann? Bin ich eine Verführerin, die in nackter
Wollust mit ihren erotischen Reizen jeden Mann in den Wahnsinn
treiben kann? Bin ich eine Kindermörderin oder eine liebevolle
Mutter? Lebt in mir eine bescheidene Dienerin Gottes oder gar die
göttliche Weisheit in femininer Erscheinung selbst? Mein Motto, am
Tor des Heiligtums meiner Seele angeschrieben, lautet: Erkenne dich
selbst! Ich erkenne, wenn ich in der Macht meiner magischen Intuition
in meine Seele mich einfühle, einen unerschöpflichen Reichtum
meiner Seele! Ja, der Reichtum meiner tiefen Seele, das macht meinen
Wert aus. Nicht, das, was ich tue oder schaffe, macht meinen Wert
aus, sondern der abgründige Reichtum meiner Seele, das, was ich bin,
macht meinen Wer aus. Wer oder was aber ruht auf dem Grunde meiner
Seele wie eine ruhende Gottheit? Es ist die göttliche Weisheit, die
ich in intuitiver Einsicht erahne! Dich will ich bewahren, hüten,
pflegen, ernähren, großziehen, bis du mich ganz erfüllst, bis ich
ganz zu einer Menschwerdung der göttlichen Weisheit geworden bin!
FÜNFTES
KAPITEL
Adam
ist allein im Garten Eden. Gott hat ihm Eva noch nicht zugeführt als
Freundin seines Lebens, als Liebe seines Lebens. Er ist allein vor
Gott. Adam spricht mit Gott allein, all sein Gefühl, all sein
Wollen, all sein Denken richtet er auf Jahwe. Ob ihn andere Menschen
hören, ihn verstehen, ihn akzeptieren, interessiert ihn nicht. Gott
hat mit Adam einen Bund geschlossen. Gott, die Macht über allen
Mächten, hat in göttlicher Weisheit und göttlicher Liebe einen
Bund mit Adam geschlossen und gesprochen: Ich erwähle dich zum
Partner des Absoluten! Adam spricht: Gott, ich staune über meinen
Willen. Mein Wille allein ist die Ursache alles meines Wollens. Mein
Wille ist nicht vorherbestimmt von den Dingen der Welt. Mein Wille
ist frei. Meine Wille ist frei und wählt sich freiwillig das Objekt,
auf das sich mein Wille richtet. Ich kann frei meinen Willen richten
auf ein niederes Gutes und frei meinen Willen richten auf ein höheres
Gutes. Ich kann frei meinen Willen richten auf die menschliche Liebe
und frei meinen Willen richten auf die göttliche Liebe. Das höchste
Gute ist für mein Wollen die Glückseligkeit! Aber meine
unsterbliche Seele, die ich vom Hauch deines Mundes empfangen, meine
unsterbliche Seele ist nicht zu befriedigen mit zeitlicher, irdischer
Glückseligkeit. Nicht die irdische Lust ist das höchste Gute für
mich. Meine unsterbliche Seele ist nur zu befriedigen mit ewiger
Glückseligkeit! Ja, Ewigkeit um Ewigkeit in unbegrenzter Lust allein
kann meine unsterbliche Seele wahrhaft befriedigen! Ich staune über
mein Denken, Gott. Du hast mir die Vernunft gegeben, dass ich denken
kann. Aber mein Denken muss denken, mein Denken kann nicht nicht
denken. Die Gegenstände, über die ich nachdenke, bestimmen mein
Denken. Und mein Wille, der das Denken richtet auf bestimmte
Gegenstände, bestimmt mein Denken. Mein Denken ist bestimmt und
nicht ganz frei. Mein Wille aber ist frei. Ist nicht der freie Wille
höher als das Denken, als die Vernunft? Mein Denken will Wissen
erlangen, mein Denken will die göttliche Weisheit erlangen. Mein
Wille aber will lieben! Ich weiß nicht, warum mein Wille lieben
will. Ist es, weil mein Wille sich nach deinem Willen richtet, Gott?
Dein Wille ist keine Willkür, keine allmächtige Willkür eines
Tyrannen, sondern in deinem Willen ist deine Liebe, deine Liebe
bestimmt deinen Willen. Dein Wille ist die Liebe und zwar die ewige
Liebe. Soll ich also die Liebe über die Weisheit stellen? Ist die
Liebe der letzte, höchste Charakterzug der Gottheit? Vollendet sich
die Weisheit in der Liebe? Allein die Liebe macht glücklich, allein
die Liebe macht selig, allein die Liebe macht ewig glückselig! Die
Liebe ist Gott und die Liebe ist der Weg zu Gott. Ich wähle also die
Liebe als höchstes Gut, denn ich erwarte allein von der ewigen Liebe
die ewige Glückseligkeit. Ich wähle die Liebe zum Weg zu Gott, die
Liebe zum Weg zur ewigen Glückseligkeit. Allein die Liebe verdient
die ewige Glückseligkeit. Wie aber lerne ich die Liebe? Und wie
erfahre ich die göttliche Liebe? O Gott, ich liebe die ganze
Schöpfung! O Gott, ich möchte die ganze Schöpfung umarmen! Mir
scheint die ganze Schöpfung eine Frau zu sein! Die Idee der
Schöpfung ist eine Frau, und ich möchte die ganze Schöpfung
umarmen, indem ich die Idee der Schöpfung als Frau umarme! Wer ist
diese Frau und wie ist ihr Name? Siehe, Gott, ich sehe, und was ich
sehe ist ein Weltenbaum, der sich durchs ganze Universum erstreckt.
Die Wurzel des kosmischen Baumes ist die Urmaterie, der Stamm des
kosmischen Baumes ist der sichtbare Stoff, die Zweige des kosmischen
Baumes sind die physischen Körper, die Blätter des kosmischen
Baumes sind die lebendigen Organismen, die Blüten des kosmischen
Baumes sind die menschlichen Seelen, ich sehe sie lächeln aus den
Blüten des kosmischen Baumes, die Früchte des kosmischen Baumes
sind die heiligen Engel. Heiliger Erzengel Michael, bitte für uns!
Heiliger Erzengel Gabriel, bitte für uns! Heiliger Erzengel Raphael,
bitte für uns! Gott, ich fühle meinen Körper. Ich habe erst
gedacht, ich bin nur Seele, mein Körper ist nur ein Kerker meiner
Seele. Aber jetzt ist ein Augenblick, da fühle ich, ich bin Körper.
Ich habe das Bewusstein eines Körpers. Ich bin nicht nur Seele als
Substanz, mein Körper ist nicht nur Körper als Akzidenz, sondern
meine Seele drückt sich aus im Körper, der Körper ist die Gestalt
meiner Seele. Jetzt gerade bin ich so sehr Körper, dass meine Seele
sich ganz im Körper ausspricht. Ich habe dir gesagt, dass ich die
Schöpfung liebe, die Idee der Schöpfung als Frau. Jetzt scheint mir
diese Frau als Idee der Schöpfung selbst ein Körper zu sein. Aber
ihr Körper ist ein phantastischer Körper. Ich habe nur in der Idee
meiner Seele die Illusion ihres Körpers. Siehe, Gott, ich liege im
Bett der Erde und die Erde duftet nach dem illusorischen Körper der
Frau der Schöpfung. Ich presse mein Antlitz in das Kissen aus
schneeweißen Blüten und rieche mit der Nase den Duft der
phantastischen Frau. Ich wühle mich im Geist in den Geist des
Körpers der Frau der Schöpfung. Ich denke an die Form ihres
Stoffes, ich liege in den Armen ihrer Form, ich bette mich im Schoß
ihrer Form. Es ist allein die Form ihres Leibes in meinem Geist
gegenwärtig, der Stoff der Materie ihres Körpers ist abwesend, nur
als phantastische Idee präsent. Aber da sehe ich die weibliche Idee.
Die Idee ist feminin geworden. Ich sehe ihre feminine Gestalt vor mir
im Thron der Schöpfung thronen als eine Geistfrau, auf ihrem Schoße
die animalische Kreatur, die sich die Pfote leckt. Mir scheint die
feminine Idee einen Schoß zu haben, einen Körper mit erotischer
Süßigkeit, die animalische Liebe der Kreatur aber schmachtet nach
dem Schoß der femininen Idee. Ich höre die Idee als Frau vor mir
von ihrem Körper sprechen, von ihrer Gebärmutter. Der Uterus der
Idee ist barmherzig und doch auch aller Leiden der Kreatur voll. Das
höre ich, wie die feminine Idee vom Schleim ihres Uterus spricht,
der gewandert ist in die andern Organe und dort Leiden verursacht.
Ich höre die feminine Idee sprechen von der heftigen Blutung ihrer
monatlichen Regel. Ich sehe den Brunnen ihres Blutes aufgetan. Dann
spricht die weibliche Idee von einer Schwangerschaft, aber nicht von
einer körperlich-wirklichen Schwangerschaft, sondern von der
geistigen Schwangerschaft ihres Seelenschoßes, den Wehen ihren
Seelenschmerzen, und wie sie sich verwandelt in eine orientalische
Frau, eine Maske der Weisheit, wie sie Wort wird, Chiffre wird, ihr
Name ist Eva, die Mutter der Lebens, die Mutter aller Lebendigen, die
Mutter aller Lebewesen, die schöpferische Mutter. Mir begegnet in
der weiblichen Idee, evoziert von meinem Körperbewusstsein, die
Mutter allen Lebens, die Schöpferin, die Quelle des Lebens. So führt
mich mein einsames Körperbewusstsein zur mütterlichen Gottheit
allen Lebens, die mir erscheint als Jahwe-Eva, die Mutter des Lebens,
die Quelle des Lebens, die Mutter der zehntausend Wesen, die Quelle
allen Seins, der Ursprung alles Lebens, der Urgrund alles Seins, das
ist Gott. So führte mich die Einsamkeit meines Körperbewusstseins
zu Gott, meiner Freundin. Siehe, ich weihe mich dem Unbefleckten
Schoß der Frau! Aber eine Stimme geht mir durch den Sinn:
Feuchtigkeit steigt auf von der Erde und tränkt die Erde. Reine
Geister mögen trunken vom heilignüchternen Wasser keusch reden von
dem Eros Gottes. Aber Gott, wäge mich nicht wie einen Engel auf
deiner Wage, sondern ich bin Lehm vom Ackerboden, ich bin Fleisch!
Und fühle ich nicht den Eros in der Natur? Spüre ich nicht die
schwüle Erotik der grünen Mutter Natur? Dampft nicht der
Morgennebel in seiner schwülen Erotik? Ist nicht der Eros der Natur
und der Eros des Menschen wie ein schwüler, dampfender, fruchtbarer
Dschungel? O du heiliger Hain in deinem Sommermorgen, wie glitzern
doch die Tautropfen auf dem Busch! Wie ist doch im Kelch der Blüte
der klebrige Same so lecker! Wie brünstig kommt mir doch die grüne
Mutter Natur entgegen! Wie beben ihre nackten Brüste vor Wollust!
Wie lieg ich doch gebettet im grünen Bett der Mutter Natur! Wie
gieße ich nicht meine seligen Freudentränen aus und schütte all
meine Liebe in ihren Schoß! Wie lockt doch das Weib, die grüne
Mutter Natur! Wie lockt mich doch der scharlachrote Rosenmund und die
laszive Boa am Hals der grünen Mutter Natur! Ja, ich sehe, die grüne
Mutter Natur lockt mich in ihre Venusfalle! Ich will schlafen mit der
grünen Mutter Natur! Ich will ihre Palme besteigen und die
Dattelfeigen pflücken! Ich will greifen nach ihren Traubenbrüsten!
Ich will den Weizenbündel ihres Schoßes, bestickt mit Lilien,
lieben mit aller Kraft, allem Gemüt, allem Herzblut, aller Seele!
Berausche mich mit deiner schwülen Erotik, Mutter Natur, und lass
mich berauscht von deiner schwülen Erotik in dampfender Wollust
selig lieben im trunkenen Dschungel des Paradieses! Umarme mich mit
den Lianen deiner Schlangen! Sauge mich in deinen Schoß und lass
mich untergehen in deiner Fruchtbarkeit und auferstehen in
paradiesischer Lust und ewigem Seelenfrieden, selig gebettet am Busen
der Mutter Natur, schauen ins selig lächelnde Antlitz der seligen
Mutter Natur! Nun will ich arbeiten! Nun will ich kultivieren die
Gaben der Schöpfung! Nun will ich eine Kultur der Liebe schaffen!
Liebe sei die Sprache des Volkes! Ich werde in den Erdboden die
Furchen meiner Verse ziehen und den See durchrudern mit den
Ruderschlägen meiner Jamben. Ich werde die Erde schmücken mit
Schönheit. Ich werde den Menschen verklären in seine
Gottesebenbildlichkeit und Gott preisen mit dreitausend Psalmen und
viertausend Liebesliedern! Wohlan, Gott, zur Inspiration meiner
Arbeit an der Kultur der Liebe schicke mir die Hilfe, die Frau!
SECHSTES
KAPITEL
Ureinsamkeit,
jetzt bin ich wieder in deinen Armen! Ureinsamkeit, jetzt ruh ich
wieder in deinem Schoß! Ureinsamkeit, jetzt gurrst du mir wieder
Muttertrost zu! Nun muss ich denken, Ureinsamkeit, nun, wo keiner
mich stört, wo keiner mich unterbricht mit geistlosem Plappern. Was
bist du, meine Seele, was bist du, mein Leib, was seid ihr zusammen,
Seele und Leib? Ich bin ja geschaffen vom Ackerboden der Erde, Erde
von der Erde der Mutter Erde Adama. Erde, meine Mutter, die du mich
trägst, von deiner Materie stammt mein Stoff. Ich soll doch meine
Mutter ehren? Wohlan, so ehre ich die Mutter Erde Adama! Aber Elohim
blies Lebensatem in meine Nase! Meine Seele ist ein unsterblicher
Hauch! Ja, was bin ich also? Staub vom Staube bin ich und ein Hauch,
der verweht! Elohim blies Lebensatem in meine Nase, da erhob ich mich
vom Staub und wurde ein lebendiges Wesen. Was ist der Lebensatem?
Meine unsterbliche Seele? Ist meine Seele eine Geistperson? Ist meine
Seele mit ihrer menschlichen Vernunft ein Ebenbild der göttlichen
Vernunft? Ist meine Seele mit ihrem Sprachvermögen ein Ebenbild des
göttlichen Wortes? Ist meine Seele mit ihrem Erkenntnisvermögen ein
Ebenbild der göttlichen Weisheit? Und wessen Ebenbild ist mein
Körper? Ist allein meine Seele ein Ebenbild Gottes oder bin ich als
ganzer Mensch mit Leib und Seele Ebenbild Gottes? Red ich griechisch?
Red ich griechisch von Geist und Materie, Seele und Leib,
Unsterblichkeit der Seele und Hinfälligkeit des Leibes? Wie spricht
der Grieche von Seele und Leib? Nun, da seh ich zwei Griechen, der
eine weist mit dem Finger zur Natur hinab, der andere weist mit dem
Finger zur Himmelsidee hinauf. Der eine sagt: Die Pflanze auch hat
eine Seele, die Pflanze hat die Pflanzenseele, die als Form die
Materie der Pflanze gestaltet, entwickelt. Die Form ist das
Entwicklungsprinzip, das Entfaltungsprinzip der Materie. Die
Pflanzenseele keimt und blüht, aber sie bewegt sich nicht aus ihrem
Gartenbeet. Das Tier hat eine Seele. Zweifelt jemand daran, ob es
Wahrheit ist, dass das Tier eine Seele hat? Das Tier hat eine Seele,
aber gebt dem Tier nicht die menschliche Seele hinzu. Beruhigt euch
aber, das Tier hat eine Seele, eine animalische Seele. Diese Seele
ist die Form der Materie des Tieres, diese Form entwickelt und
entfaltet die Materie des Tieres, die animalische Seele lenkt den
Stoff des Tieres durch Triebe und Instinkte. Aber die animalische
Seele ist nicht frei. Sie folgt dem Gesetz der Natur und dem Befehl
des animalischen Triebes. Dieser Trieb will Zeugung und
Fortpflanzung. Das ist die animalische Liebe. Das Tier ist nicht
frei, nicht zu lieben mit animalischer Liebe. Die Mutter Natur gebot
dem Tier: Du sollst deinen animalischen Trieben und Instinkten
bedingungslos folgen! Aber die menschliche Seele, sie, die schöne
Psyche, sie ist frei. Die schöne Psyche des Menschen ist die Form
des leiblichen Stoffes des Menschen. In ihr ist Geist, dieser Geist
stammt ab vom göttlichen Geist. Dieser Geist vom Geiste Gottes im
Innersten der menschlichen Psyche allein ist unsterblich und des
Himmels fähig. Der andere Grieche weist zur Idee und spricht: Was
ist die schöne Psyche? Sie ist das Leben des Leibes. Wenn Psyche das
Leben des Leibes ist, so ist es unlogisch, ein anderes Mal die schöne
Psyche nicht Leben zu nennen, sondern Tod. Da Psyche aber Leben ist,
so ist sie unsterblich. Wenn sie nicht mehr das Leben des Leibes ist,
so ist der Leib tot, doch Psyche bleibt das Prinzip des Lebens und
ist somit unsterblich. Wenn nun aber einer kommt und predigt von der
Unsterblichkeit des Leibes? Dann sagen die einen Philosophen: Was ist
das für ein Spermologos! Was ist das für ein Samenpicker! Die
andern sagen: Nun, wir können uns nicht entscheiden, deiner Lehre zu
glauben, aber es beginnt uns zu interessieren, darum komm ein anderes
Mal wieder und rede erneut von deiner Lehre der Verewigung des
Leibes. So reden also die Griechen. Wie aber spricht man hebräisch?
Man spricht hebräisch nicht von Geist und Materie, nicht von Seele
und Leib, man spricht von Körper und Leben. Körper ist Körper aus
Lehm, vom Ackerboden genommen, von Adama, der Mutter Erde. Leben ist
Lebensatem vom Munde Elohims! Und sind Körper und Leben wie Mann und
Frau? Ist in der Schöpfung ein doppeltes Urprinzip, das
Ewigweibliche und das Ewigmännliche? Und wer hat die Wahrheit
erkannt von den Denkern? Denn der eine sagt: Natur und Leib und Stoff
und Erotik, das ist das Ewigweibliche, das ist Eva. Geist und Seele
und Atem und Logos, das ist das Ewigmännliche, das ist Adam. Das
Weib steht dem Leibe nahe, der Mann steht dem Geiste nahe. Das Weib
liebt die Erotik, der Mann liebt die Logik. Aber der andere sagt: Der
Mensch besteht aus Körper und Leben. Der Körper ist Adam, das heißt
rote Erde, Adam ist rote Erde vom Staub oder Lehm der Mutter Erde
Adama. Eva aber heißt Leben, Eva ist die Lebendige, die Mutter allen
Lebens. Eva ist der Lebensatem vom Munde Elohims! Adam ist der Körper
des Menschen und Eva ist das Leben des Menschen. Wer weiß mehr?
Gottes erstes Gebot lautet: Mann und Frau, macht euch die Erde
untertan! Liebt euch und seid fruchtbar und bevölkert die Erde und
herrscht über die Vögel des Himmels, die Tiere des Feldes und die
Fische im Meer! Ja, wirklich, der Mensch ist berufen zur Herrschaft
über die Schöpfung. Der Schöpfer ist der Herrscher der Schöpfung,
aber der Mensch ist sein Stellvertreter in der Herrschaft über die
Schöpfung. Wirklich soll der Mensch herrschen, nicht allein über
Schafe und Ziegen und Rinder, die domestizierten Tiere, sondern auch
über die wilden Tiere, die Raubtiere. Die Herrschaft des Menschen
erstreckt sich bis zu den Vögeln des Himmels und bis zu den
Lebewesen auf dem Grunde der Meere! Nicht aber soll herrschen der
Mensch über den Menschen! Herrschen über die Schöpfung sollen auch
nicht einige wenige Menschen, sondern alle Menschen, aber kein Mensch
soll Objekt sein der Herrschaft eines andern Menschen. Kein Mensch
darf einen andern Menschen unterdrücken und ausbeuten! Und alle
Güter der Schöpfung sind für alle Menschen da. Die Schöpfung
gehört nicht nur einer kleinen herrschenden Gruppe, sondern die
Schöpfung ist für alle Menschen da. Aber wie soll der Mensch die
Schöpfung beherrschen? Er soll sie beherrschen nach der
Schöpfungsordnung. Er soll die von Gott in die Schöpfung
hineingelegte Schöpfungsordnung beachten, soll auf die Sprache der
Schöpfung lauschen, dann soll er in Verantwortung vor dem Schöpfer
die Schöpfung verwalten und regieren und ihr das geben, was sie
braucht. Er muss also der Sprache der Schöpfung lauschen. Was teilt
ihm die Schöpfung mit? Wie teilt sie ihre Bedürfnisse ihm mit?
Nicht soll er ihr ihre Geheimnisse gewaltsam und grausam entreißen,
um die Schöpfung zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen! Sondern der
Mensch soll lauschen auf die Stimme des Schöpfers, der durch die
Sprache der Schöpfung dem Menschen mitteilt, wie er die Schöpfung
bewahren und pflegen soll. Dazu muss der Mensch die von Gott gegebene
Ordnung der Schöpfung erkennen. Wenn der Mensch aber meint, die
Schöpfung sei nur ein seelenloses Material und auch der Mensch sei
nur eine zufällige Entwicklung von totem Material, dann wird der
Mensch die Schöpfung nicht liebevoll bewahren, sondern er wird sie
ausnutzen, bis sie ausgeblutet ist! So beachte der Mensch die
Schöpfungsordnung, dass Gott die Menschheit geschaffen als Mann und
Frau. Gott bestimmt das Wesen des Männlichen und das Wesen des
Weiblichen. Und Gott ordnet das Männliche dem Weiblichen zu, damit
sie in Liebe sich vereinen und ihre Liebe fruchtbar werde. Was ist
ein Mann? Nicht sein leibliches Urmaterial ist entscheidend und auch
nicht die Gepflogenheiten der Kultur, sondern es gibt ein Wesen des
Mannseins nach dem Herzen Gottes. Was ist Liebe? Liebe ist die
Vereinigung von Mann und Frau mit der innewohnenden Fruchtbarkeit der
Liebe. Nicht ist Liebe also die unnatürliche Liebe eines Mannes zu
einem Mann, einer Frau zu einer Frau. Nicht ist Liebe die Vereinigung
von Mann und Frau unter radikaler Verweigerung der Fruchtbarkeit.
Personale Liebe zwischen Menschen ist von Gott gefordert. Aber den
untergeordneten Kreaturen, wie den Tieren, soll der Mensch nicht die
Liebe entgegenbringen, die allein der Mitmensch verdient. Der Mann
liebe nicht seinen Hund genau so sehr wie seine Frau. Die Frau auch
liebe die Katze nicht mehr als sie den Mann liebt. Die Frau erweise
dem Mann die Ehre, die er braucht, der Mann erweise der Frau die
Liebe, nach der sie sich sehnt. Aber den Tieren erweise dein
Wohlwollen. Du darfst dich aber ernähren von dem Fleisch der Tiere.
Du darfst dir Kleidung bereiten aus dem Fell der Tiere. Du darfst dir
Tiere zähmen, damit sie dir bei der Arbeit helfen oder als Spielzeug
deiner Kinder dienen. Du darfst an Tieren Medizin erproben, ob sie
dem Menschen Gesundheit bringt. Du darfst Tiere jedoch nicht quälen
und nicht grundlos töten. Bedenke, dass Gott in seiner Vorsehung
auch um das Wohl der Tiere bekümmert ist. Was wäre aber von einem
Menschen zu halten, der Tiere liebt, die Menschen aber hasst und
tötet? Und was wäre von einem Mann zu halten, der seine Katze
liebt, aber seine eigenen Söhne morden will? Denke an ein Kind, die
schönste Krone der Schöpfungen Gottes, wie das Kind zu dir spricht
mit der Sprache der Schöpfung und dich bittet: Herrsche über die
Schöpfung, lausche auf ihre Sprache und gib ihr, was sie braucht!
Wenn du dem nachkommst, so hast du das erste Gebot Gottes erfüllt.
Wenn die Frau die grünen Blätter der Teepflanze in einen Becher
legt und heißes Wasser darüber gießt, so hast sie das Gebot Gottes
erfüllt. Wenn ein Mann seinen Griffel in die Hand nimmt und
Liebesgedichte auf Papyrus ergießt, so hat er das Gebot Gottes
erfüllt. Eva, wirst du deine geliebten Bäume im Himmel finden? Eva,
wird deine Katze im Himmel auferstehen? Denk ich an den Leib,
geliebtes Weib, so denk ich an deinen Leib! Mein Leib ist mir zur
Last, aber, Geliebte, dein Leib ist all meine Wonne! Und ich sehe,
siehe, was ich sehe, ist dein verklärter Leib! Dein verklärter Leib
ist hocherhaben, ist hocherhaben über Schmerzen und Krankheit,
Welken und Sterben, dein verklärter Leib ist selig und lustvoll und
voller Wonne und in blühender Gesundheit und immerjung und
unsterblich! Dein verklärter Leib ist fein, er glüht wie die Sonne,
er sprüht wie Funken, er ist beweglich wie die Wolken, wie die
Pusteblumensamen, wie die Schmetterlinge! Dein feiner Leib ist wie
ein Hauch von Seide, wie ein transparenter Gazeschleier, wie ein
Kleid aus allerreinstem Licht, und dein Leib zuckt wie Blitze und
tanzt wie die Sonne und taumelt wie die Sterne und glüht wie die
Zentrale Sonne des Kosmos! Und dein verklärter Leib ist ganz von
deiner Seele erfüllt, dein verklärter Leib ist wie Kristall, wie
Glas, wie ein fleckenloser Spiegel, indem sich die Schönheit deiner
Seele, die voll Gott ist, wie in nackter Herrlichkeit offenbart! In
der nackten Herrlichkeit deines verklärten Glanzleibes offenbart
sich mir die deutlich sichtbare Ausstrahlung der göttlichen
Schönheit! Gottes Schönheit wird offenbar in deinem Glanzleib! Um
dich ist verklärter Kosmos! Die Schöpfung, die so lange nach
Erlösung geschmachtet, geseufzt nach dem Offenbarwerden der
Herrlichkeit der Tochter Gottes, die Schöpfung ist verklärt,
verwandelt, verewigt, auferstanden mit deiner Auferstehung! Du hast
die ganze Schöpfung mitgenommen zu Gott! Ein verklärter Kosmos
offenbart um dich her die Herrlichkeiten Gottes! Du schaust die Ideen
der Tiere und der Pflanzen, du schaust die Urpflanze in ihrer
Schönheit herrlich in dem Geiste Gottes! Eva, fragst du mich, ob es
im Himmel auch Kastanienbäume gibt und Apfelbäume und Päonien und
rote Rosen? Ich will das am Jüngsten Tag den Messias fragen! Komm
mit, geliebte Eva, am Jüngsten Tag den Messias mit mir zu fragen, ob
er seiner geliebten Eva einen Rosengarten im Paradiese schenkt!
SIEBENTES
KAPITEL
Adam
war so entsetzlich einsam! Es traf ihn ein Schrecken von Gott! Vor
Entsetzen, Schrecken und Furcht bebten alle seine Glieder, alle seine
Seelenkräfte zitterten! Adam warf sich unter eine Korkeiche – gut,
dass Gott den Kork erschaffen – und lag da besoffen von namenlosem
Jammer! Seine Seele war so voll von einem schwarzen Meer des Jammers,
dass sein Verstand keine Worte fand für seinen eigenen Schmerz! Er
schrie zu Gott: Die schwarzen Tränen spritzen mir aus den Augen!
Mein Herz ist über und über bedeckt von Wunden und aus tausend
Wunden sprudelt das Blut! Sieh meine Seele, sie ist blutüberströmt!
Da versetzte Gott Adams Seele in eine Trance, in eine Ekstase! Es war
eine Ohnmacht, ein Tiefschlaf, der Adam an die Grenze des Nichtseins
riss! Da riss Gott Adams Seele in den Himmel. Adam schaute das
Antlitz des Messias wie ein unbeschreiblich blendendes Licht und sah
im Spiegel des Antlitzes des Messias die Frau seiner Seele! Adam
stand mit Eva vor dem Antlitz des Messias! Der Messias legte seine
Hände auf das Haupt von Adam und das Haupt von Eva und traute sie
vor aller Zeit im Himmel! Ihre Ehe wurde im Himmel geschlossen! Aber
als Adam in seiner Ohnmacht war wie tot, da schuf Gott allein, ohne
Mithilfe eines Mannes, die schöne Eva. Denn Gott sah: Es ist nicht
gut für Adam, allein zu sein. Ich will ihm eine Freundin geben, die
ihm ähnlich ist. Darum schuf Gott Eva in der Ähnlichkeit Gottes,
wie er Adam in der Ähnlichkeit Gottes geschaffen hatte. Und Gott
setzte Adam und Eva einander gegenüber von Angesicht zu Angesicht.
Und Adam schaute das Gesicht der schönen Eva und erkannte, erfüllt
vom Heiligen Geist, das Antlitz Gottes im Spiegel des Gesichtes Evas.
Sie ist es! Sie ist es und keine andre, rief Adam immer wieder, sie
ist die Liebe meines Lebens, die Seele meiner Seele! Sie ist
menschliche Natur von meiner menschlichen Natur, sie ist
Persönlichkeit von meiner Persönlichkeit, sie ist Sein von meinem
Sein, sie ist mir ähnlich, von gleicher Würde wie ich, von Gott
unmittelbar geschaffen. Gottes Hand liegt schwer auf mir, doch auf
ihr ruht der Hauch Gottes. Ich bin Isch und du bist Ischa! Ich bin
Yang und du bist Yin! Ich bin Mann und du bist Männin! Ich bin das A
und du bist das B und zusammen sind wir ABBA, wir zusammen bilden
einen Namen Gottes. Ich bin J und du bist H und zusammen sind wir
JAH, du und ich vereint sind ein Name Gottes! Ich bin das A und du
bist das O und zusammen sind wir die Krone der Schöpfung! Ich bin
Weisheit und du bist Einsicht und zusammen spiegeln wir die Krone
Gottes! Ich spiegle den Gottgeist und du spiegelst die Gottnatur und
vereinigt spiegeln wir die Eine Gottheit! Ich bin ein Abglanz der
väterlichen Transzendenz Gottes und du bist ein Abglanz der
mütterlichen Immanenz Gottes und zusammen spiegeln wir das Absolute!
Ich spiegle Abba und du spiegelst Imma und zusammen spiegeln wie die
absolute Unendlichkeit des Seienden!
HYMEN
HYMENÄUS HYMEN CARMEN
Eros
Gottes von dem Himmel,
Von
der Caritas Gezeugter,
Komm
und gib das Weib dem Manne!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Winde
Eva um die Stirne
Strahlendweiße
Malvenblüten,
Küss
den Fuß in der Sandale!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Singe
deine Freudenlieder!
Tanze
deine Freudentänze!
Hebe
hoch die heiße Fackel!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Mater
Caritas erschienen
Ist
dem Hirten auf der Höhe,
So
erscheint dem Adam Eva!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Sie
erscheint wie eine Rose
An
dem Herzen unsres Gottes,
Voll
der Kelch von Tauestropfen!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Lass
den Phrat und lass den Pischon,
Lass
den Hiddekel, den Gihon,
Eile
in den Garten Eden!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Rufe
Eva in den Garten,
Dass
sie Adam so umschlinge
Wie
den Eichenstamm der Efeu!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Alle
Frauen dieser Erde,
Einmal
sollt ihr Hochzeit feiern,
Darum
singt zu Evas Hochzeit!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Hört
dies Lied des Eros Gottes,
Von
der Caritas Gezeugter,
Wird
er diese Ehe stiften!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Gibt
es einen Gott wie unsern,
Der
da ist der Gott der Liebe?
Welcher
Gott ehrt mehr die Liebe?
Hymen
Hymenäus Hymen!
Eva
löse ihren Gürtel!
Adam
glüht in heißer Sehnsucht!
Adam
betet für die Menschheit!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Mutter
Erde führt die Tochter
Eva
zu dem Bräutigame
Und
sie lüftet ihren Schleier!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Wie
kann Caritas beglücken
Ohne
dich, den Eros Gottes?
Du
schenkst alle Seligkeiten!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Nie
gebiert die Mutter Eva
Söhne
ohne Gottes Eros,
Gottes
Eros macht sie fruchtbar!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Gottes
Eros, fehlt dein Segen,
Baut
der Mann umsonst die Hütte,
Wacht
umsonst zur Nacht der Wächter!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Offen
steht die Gartenpforte!
Eva
kommt! Ein Prachterscheinen!
Schamrot
glüht auf ihren Wangen!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Ohne
Sorge sei, o Eva,
Nie
wird eine Frau dir gleich sein,
Unvergleichlich
deine Schönheit!
Hymen
Hymenäus Hymen!
So
wie Eva ist im Garten
Nur
die dornenlose Rose
Mit
dem Namen Morgenröte!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Wandle
mit dem Vielgeliebten,
Du
Vermählte, in dem Garten!
Schau,
wie hell die Fackel lodert!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Wie
sich Rebenranken ranken
Um
den starken Stamm der Ulme,
Rankt
sich Eva um den Gatten!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Welche
Lust erwartet Adam
In
der Nacht im Ehebette!
An
dem Tag im Ehebette!
Hymen
Hymenäus Hymen!
O
ihr nackten Engelskinder,
Tragt
herbei die Liebesflammen,
Eva
hebt die sieben Schleier!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Spotten
sollen jetzt die Dichter:
Seine
Milch in den Oliven
Melke
Adam nicht mehr selber!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Was
die Gnade dir erlaubte
Wegen
deinem schwachen Fleische,
Das
erlaubt nicht mehr die Liebe!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Frau,
du sollst dich nicht versagen
Deinem
Mann, wenn sein Begehren
Sucht
die Wonnen deiner Liebe!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Schau,
wie schön der Garten Eden!
Eva,
Mutter allen Lebens,
Herrsche
weise über alles!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Eva,
einst die schwarzen Haare
Werden
dir zu grauen Haaren,
Dann
wird Adam dich noch lieben!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Hebe
deine bloßen Füße
Mit
den hennaroten Zehen,
Schlüpfe
in den Garten Eden!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Eva,
Adam liegt gebettet
In
dem Moosbett grünen Grases
Und
erwartet dich mit Schmachten!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Adam
brennt in seinem Busen
Eine
heiße Liebesflamme,
Die
verzehrt ihm seine Seele!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Kleiner
nackter Liebesengel,
Führe
Eva an den Händen
In
den Arm des Gatten Adam!
Hymen
Hymenäus Hymen!
O
ihr Seraphim des Himmels,
Bettet
Eva in dem Moosbett
Neben
dem geliebten Adam!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Komm,
Geliebter, komm zum Liebling!
Die
Geliebte gleicht der Malve
Und
dem feuerroten Poppie!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Bei
den Seraphinen schwör ich:
Adam
ist von eigner Schönheit!
Adam
spiegelt Gottes Schönheit!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Dein
Begehren sei nicht heimlich,
Offen
darfst du sie begehren!
Gott
versagt dir nicht die Liebe!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Der
mag Schohamsteine zählen
Oder
Gold im Paradiese,
Welcher
messen kann die Wonnen!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Spielt
nur immer Liebesspiele!
Mutter
Eva, schenke Adam
Bald
ein kleines Kind der Liebe!
Hymen
Hymenäus Hymen!
So
ein kleiner Adam möge
Von
dem süßen Schoße Evas
Strecken
Händchen aus zu Adam!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Und
der kleine Adam möge
Fromm
sein wie der Vater Adam
Und
wie Adam voller Liebe!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Möge
alle Welt ihn preisen,
Evas
Sohn, den Vielgeliebten!
Engel
segnen dieses Kindlein!
Hymen
Hymenäus Hymen!
Nun
zuende geht die Hymne,
Aber
endlos ist die Liebe
Adams
zur geliebten Eva!
Hymen
Hymenäus Hymen!
ACHTES
KAPITEL
Geliebte
Eva, du sagst, du seiest eine Hirschkuh, du sagst, du wolltest gern
einmal eine Katze sein. Süße Eva, du untertreibst! Du bist ein
wahrer Mensch, du bist wahrhaft menschlich! Eva, ich denke, du bist
vielleicht ein Engel oder gar eine Göttin! Aber ich übertreibe,
Eva, du bist ein wahrer Mensch, wahrhaft menschlich! Eva, es wird
Menschen geben im Tränental, die lieben die Tiere, aber hassen die
Menschen, Eva, es wird Menschen geben im Jammertal, die lieben Gott,
aber hassen die Menschen! Wir wollen so nicht lieben, Eva, sondern
mit Wohlwollen betrachten wir die Tiere und mit zärtlicher
Barmherzigkeit, und Gott wollen wir lieben mit allen Kraft, von
ganzem Gemüt, von ganzem Herzen, mit der ganzen Seele, und den
Menschen lieben, wie wir uns selber lieben. Eva, du sollst dich
selber lieben, wie du den Menschen liebst, denn du bist wahrhaft
menschlich. Eva, ich liebe dich noch mehr als mich selbst, denn du
bist für mich der wahre edle Mensch. Es wird Menschen geben, deren
Antlitz entstellt ist von Herzenshärte und Bosheit, so dass man
verzagen könnte am Menschen, es wird Menschen geben von solch einem
skrupellosen Egoismus, dass man fast zum Menschenfeind wird, wenn
dann nicht der Gedanke an Eva wäre: Eva ist Mensch, wahrer Mensch,
edler Mensch, wahrhaft menschlich, Eva offenbart die Güte des
Menschen, das wesentliche Gutsein der Schöpfung des Menschen. Ja,
als Gott die Frau geschaffen, sprach er: Siehe, es ist sehr gut! Über
alle andere Kreatur sprach der Schöpfer: Siehe, es ist gut! Aber als
wir erschaffen worden sind, du und ich, Adam und Eva, da sprach Gott:
Sehr gut! Du bist von ausgezeichneter Qualität, außerordentlich gut
und schön und wahrhaftig! Gott schaut mit Wohlgefallen auf dich!
Wertschätzung für Eva! Ich will dir eine Litanei der Wertschätzung
singen! Wertschätzung heißt Agape, die göttliche Liebe! Die
göttliche Liebe heißt Wertschätzung! Wenn ich dich liebe mit
Wertschätzung, lieb ich dich mit göttlicher Liebe! In Gottes Liebe
ist keine Geringschätzung, keine Verachtung, kein Hohn, kein Spott,
in Gott ist kein Fluch und kein böses Wort, in Gott ist kein Lästern
und Schmähen! Gott hat solche Wertschätzung für den schönen
Menschen Eva, dass er nichts kann als lieben und segnen! Ich habe
solche Wertschätzung für dich, Eva, weil du groß bist wie die
andere Hälfte des Universums! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, Eva, weil deine Seele mich die Weltseele ahnen lässt! Ich habe
solche Wertschätzung für dich, weil du für mich ein Gleichnis für
das Leben, ja, für das ewige Leben bist! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du die Güte Gottes spürbar machst!
Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die
Menschenfreundlichkeit Gottes abspiegelst! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du der Spiegel der göttlichen
Schönheit bist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du
die außerordentliche Güte des Menschseins mir immer wieder
darstellst, so dass ich an das Gutsein des Menschen immer wieder
glaube, wenn ich manchmal daran verzweifle! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du die hohe menschliche Würde der
Frau verkörperst und den Genius der Frau! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du das Ewigweibliche bist, dass mich
hinanzieht zur göttlichen Liebe! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil dein Antlitz von Anmut übergossen ist! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil deine Lippen wie tropfender Balsam
sind! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein lieber Leib
ein Leib ist aus Glanz, an dem ich meine Himmel entzünde! Ich habe
solche Wertschätzung für dich, weil dein geliebter Körper ein
sichtbarer Ausdruck deiner vielgeliebten unsichtbaren Seele ist und
mir Verheißung eines ewigen Paradieses im ewigen Leben ist! Ich habe
solche Wertschätzung für dich, weil ich in deinem Lächeln das
charmante Lächeln der Himmelskönigin sehe! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil dein Antlitz ein Spiegel ist des
femininen Antlitzes Gottes! Am Anfang war die Liebe! Aber welche
Liebe, Eva? Siehe, es werden neunmalschlaue zerstreute Professoren
kommen und dir erzählen, am Anfang lebten die Menschen fast wie
Gorillas, sie lebten in einem urheidnischen Sexualkommunismus. Sie
werden sagen, am Anfang war der Sexualkommunismus und am Ende der
Zeiten wollen die Sexualrevolutionäre den Sexualkommunismus wieder
herstellen. Was ist Sexualkommunismus? Der Mensch liebt nicht einen
andern Menschen als Person in einzigartiger Persönlichkeit. Der Mann
sagt nicht: Sie ists! Sie ist allein und für immer die Frau meines
Lebens! Nein, im Sexualkommunismus bekennt der Mann: Ich will alle
Leiber aller Weiber benutzen, um selbst meinen animalischen Trieb und
sexuellen Appetit zu befriedigen! Ist das Liebe? Nein, das ist des
Menschen nicht würdig! Siehe, wenn der Hahn in seinem Hühnerharem
stolziert und ihn ein Trieb anfällt und es ihn juckt, dann bespringt
er wahllos irgendeine von den Hennen, welche gerade da ist, und
vögelt sie kurz durch, lässt sie mit zerrupftem Gefieder zurück
und spaziert gleichgültig, eitel und selbstverliebt weiter durch den
Garten, sich um die Henne nicht weiter kümmernd. Aber das ist in
Ordnung. Gott hat sein Wohlgefallen an der Vögelei des Hahnes, der
Hahn liebt so, wie Gott es ihm zugeteilt, er erfüllt das Gebot
Gottes. Aber wenn ein Mann wie ein Hahn wahllos irgendwelche Weiber
von hinten besteigt, sie packt am Genick und vögelt und dann weggeht
und die Weiber vergisst, so versündigt sich der Mensch an seiner
eigenen Menschenwürde und an der Menschenwürde des Weibes. Und wer
sich an der Menschenwürde des Weibes versündigt, versündigt sich
an Gott, dem Ursprung der Menschenwürde des Weibes! Was ist aber
menschenwürdige Liebe? Siehe, diese war im Anfang. So steht es
geschrieben: Am Anfang war menschenwürdige Liebe, nämlich
Gemeinschaft von Personen. Gemeinschaft, das heißt Kommunion.
Kommunion von zwei Personen ist nicht Kommunismus von zahllosen
animalischen Trieben. Kommunion ist nicht Kommunismus! Kommunion ist
Gemeinschaft von Person und Person, Kommunion ist Vereinigung von
Person und Person. Person ist eben der ganze Mensch. Ich liebe nicht
wahllos irgendwelche Leiber, die zur Selbstbefriedigung meines
sexuellen Appetits dienen, sondern ich liebe einen einzigen Menschen
und ausschließlich diesen einen Menschen und zwar für immer, ja,
ich sage, bis in Ewigkeit! Denn dieser eine Mensch, diese eine Frau
in ihrer Geistperson, in dem Reichtum und Wert ihrer Seele und in der
Schönheit ihres Körpers ist die Person, die ich liebe! Es ist so,
dass ich diese Frau liebe, mit Geist und Seele und Leib, mein Geist
liebt ihren Geist, meine Seele liebt ihre Seele und mein Körper
liebt ihren Körper. Meine menschliche Natur liebt ihre menschliche
Natur. Meine Gottesebenbildlichkeit liebt ihre
Gottesebenbildlichkeit. Ich dachte, Eva, es werden Menschen kommen,
da sagt der Mann: Ich suche eine Frau, da hab ich einmal eine Frau
geliebt, aber sie liebte mich nicht, es ist nichts aus uns geworden,
darum hörte ich auf sie zu lieben und suchte mir eine andere Frau,
die mich liebte, die liebte ich auch, da wurden wir ein Paar und
bekamen Kinder. Ist das Liebe, Eva? Ist Liebe eines Mannes zu einer
Frau, die aufhört, Liebe zu sein, wenn sie keine Gegenliebe findet,
ist das dann wahre Liebe? Oder nannte der Mann das Liebe, was in
Wahrheit nur Hunger nach Geliebtwerden war? Und als er geliebt wurde,
da meinte er dann, die Liebe gefunden zu haben? Ich meine, Liebe ist
Liebe und bleibt Liebe, auch wenn sie keine Gegenliebe findet! Das
ist Liebe! O meine auserwählte Herrin Eva! Ich kam in den Garten
Eden, da sagtest du scherzend: Ich bin wie eine Hirschkuh, voller
Anmut und Schönheit und zärtlicher Mutterliebe! Aber in der Nacht
bin ich eine aztekische Sexgöttin! Da bin ich eine nackte Göttin,
die mit der Schlange tanzt! Es ist doch immer dasselbe! Dabei bin ich
gar nicht sexbesessen und wie eine läufige Katze hinter dem
Beischlaf her! Ich sagte: Meine auserwählte Herrin, deine Aura ist
so geladen mit sublimer Erotik, dass alles knisternde Funken sprüht
um dich! Du bist die Frau mit dem höchsten Grad von Sexappeal! Du
bist so sexy, wie kein andres Weib es jemals sein wird! Du bist eine
Mega-Sexbombe, und dein Feuer ist wie Napalm in meiner Seele, selbst
der Pazifische Ozean kann das Feuer nicht löschen! Da sagtest du:
Ich geh mal eben unter dem Wasserfall duschen, mach es dir gemütlich
im Garten Eden! Da sah ich dich, Geliebteste, mehr als geliebte Eva,
nackend unter dem Wasserfall duschen! Dein Leib war weiß wie eine
Lilie! Deine Haare waren schwarz wie Ebenholz! Deine Augen waren
Mandelaugen, Meteoriten, blaublitzende Abendsterne! Dein Lippen waren
rosinenfarben! Deine Nase war die Nase eines stolzen Adlerweibchens!
Mein Adlerweib, ich bin dein Adlermann, zusammen schauen wir in die
Sonne des Antlitzes Gottes! Deine Wangen glühten rot wie wilder
Mohn! Deine Brüste waren wie Magnolienblüten schön gewölbt! Das
Muttermal auf deiner linken Brust war ein keusches Siegel Gottes!
Deine Schenkel waren gebogen wie Juwelenspangen, Werke eines
meisterlichen Goldschmieds! Deine Füße waren nackt und weiß wie
Soyasprossen! Deine Perlmutterzehen waren rot wie Henna, die Blüte
der Zypertraube! Da sah ich die aztekische Sexgöttin, da sah ich die
Aphrodite nackt im Bade! Ich sagte: Du bist die Venus, aber nicht die
Venus Frigida! Du tratest aus dem Wasserfall, deine langen schwarzen
Haare waren gelockt, deine Wangen glühten wie der wilde Mohn, du
reichtest mir die pralle Mangofrucht mit ihrem süßen Fleisch, und
als du mir die pralle Mango reichtest, rührtest du zärtlich meine
Finger an mit deinen zarten Fingern! O diese zarte Berührung deiner
Finger, ich träume davon den Rest meines irdischen Lebens, wie deine
Finger meine Finger berührt! Göttin in Menschengestalt, ich küsse
die Spitze deines kleinen Fingers! Wenn ich aber reflektiere im
Gebet, wer mir begegnet in dir, so ist es Gott als die Lebendige
Liebesflamme! Ich stand vor der Lebendigen Liebesflamme, sie brennt
in mir und doch verbrenn ich nicht zu Asche! Ich dachte: Gott ist die
Weisheit, da dachte ich: Gott hat mir Weisheit gegeben! Doch nun
scheint mir: Gott ist die Lebendige Liebesflamme und ich bin töricht
vor Liebe wie ein Narr, der blutige Tränen weint und vor Seligkeit
Freudentränen ausschwitzt! Ich bin sprachlos vor deiner allmächtigen
Schönheit!
NEUNTES
KAPITEL
Ich
bin der Mensch. Ich bin allein vor Gott. Es werden Dichter und Denker
kommen, die suchen die Urpflanze mitten in der Vielfalt der
Pflanzenwelt, es werden Dichter und Denker kommen, die sagen: Die
Urpflanze ist allein Idee. Es werden Dichter und Denker kommen, die
suchen den Urmenschen mitten in der Vielfalt der Menschen, aber andre
Dichter und Denker werden sagen: Es existiert der Urmensch allein in
der Idee. Da werden Anhänger einer Geheimlehre sagen: Wir sahen den
Urmenschen, wir nennen ihn Adam Kadmon. Der Lebensbaum steht nicht im
grünen Garten Eden, der Lebensbaum ist im Innern des Urmenschen Adam
Kadom, ja, Adam Kadmon ist der Lebensbaum der Selbstoffenbarung
Gottes. Sein Scheitel ist die Krone der Selbstoffenbarung Gottes,
Weisheit und Vernunft sind seine beiden Augen, Gnade und Kraft sind
seine beiden Arme, die Schönheit ist seine Brust, Festigkeit und
Pracht sind seine beiden Schenkel, das Fundament und das Reich sind
seine Füße. Die Krone seines Scheitels reicht an das Unendliche,
das Göttliche, das Reich aber ist das Himmelreich Gottes mitten in
der Welt, ist die mütterliche Immanenz Gottes in der Schöpfung, das
geheimnisvolle Königreich Gottes auf Erden. Dieses Reich nennt man
auch die Einwohnung oder die Hütte, es ist die weibliche Nähe
Gottes zu seinen Geschöpfen und Kindern. Adam Kadmon hat nämlich
eine männliche rechte Seite und eine weibliche linke Seite, die sich
verbinden zu einer kindlichen Mitte. Das linke Auge des Verstandes
und das rechte Auge der Weisheit werden Vater und Mutter genannt und
spiegeln Gottes Angesicht ab. Das Fundament wird allerdings auch das
Geschlecht Adam Kadmons genannt in der Idee, das auch das Geschlecht
des Menschen eine geheimnisvolle Selbstoffenbarung der Schöpferkraft
Gottes ist. Adam Kadmon also, der einsame Urmensch, steht vor Gott
als Gottes Ebenbild. Adam Kadmon als Idee des Menschen inkarniert nun
auf doppelte Weise, nämlich im Geschlechtswesen der männlichen
Leiblichkeit und im Geschlechtswesen der weiblichen Leiblichkeit, in
Isch und Ischa, Mann und Frau. Isch und Ischa sind zwei Inkarnationen
der einen Idee des Urmenschen. Zwischen ihnen besteht ein
geheimnisvoller Magnetismus der Liebe. Diesen Magnetismus der Liebe
nannte Empedokles Philia, die göttliche Freundschaftsliebe, die das
All im Innern zusammenhält, dagegen der Streit die Elemente
scheidet. Aber diese göttliche Philia oder Ewige Freundschaft ist
wie eine Anziehungskraft des Magneten und verbindet Adam und Eva.
Adam bekennt: Eva, dein weibliches Wesen und deine weibliche
Erscheinung ziehen mich unwiderstehlich an wie ein Magnet das Eisen
anzieht! Wie könnte ich widerstehen deiner unwiderstehlichen
Anziehungskraft, dem Magnetismus deiner Schönheit, deiner Güte!
Dieser unwiderstehliche Magnetismus ist die Anziehungskraft der
Ewigen Freundschaft, sie zieht mich zu dir, sie reißt mich zu dir
hin! In der Macht der Ewigen Freundschaft bist du attraktiv,
anziehend, einfach hinreißend! Hinreißend schön bist du, Ischa
Eva! Aber ich sehe einen Mann, der löst sich vom Vater und von der
Mutter. Der Mann nimmt Abschied vom Vater: Unseren Vater nennen die
Menschen den Geldgott. Sie verehren ihn in einer goldenen Säule, in
einem Goldpokal von phallischer Form. Sie sagen Unser Vater zum
Geldgott und preisen ihn als Seligmacher! Er allein erzeugt die Lust
und den Genuss der Welt! Durch die Gnade des Geldgottes gewinnt der
Mensch die ganze Welt, bis an die Enden der Erde! Der Vater Geldgott
ist nach ihrer Weisheit der vollkommne Pädagoge, entzieht er seine
Gnade, so straft er das Kind, und spendet er seinen Reichtum, so
segnet er das Kind. Der Sohn, der reich geworden ist in dieser Welt
ist offenbar gesegnet von Unserm Vater Geldgott. Die Armen aber und
die Elenden und die Bettler leben als Verfluchte, angespieen vom
Vater Geldgott! Schäme dich, du Armer in deinen Bettlerlumpen, der
Vater Geldgott hat dir ins Angesicht geschlagen und ins Angesicht
gespuckt. Freude dich, geliebter Sohn in deinem Reichtum dieser Welt,
du bist der Liebling des heiligen Vaters Geldgott, du bist der Schatz
seines goldenen Herzens und der Augapfel seines glänzenden Auges!
Dieser Vater Geldgott regiert die Welt und ist der wahre Monarch der
theokratischen Weltmonarchie, der oberste Weltkaiser von göttlicher
Würde ist der heilige Geldgott selbst, er ist der Vater der Götter
und Menschen, der goldenen Regen als Gnade sendet und die Erde
fruchtbar macht an reichen Lüsten zum Genuss! Ich aber bin allein
und sage mich als einsamer Frommer von diesem goldenen Stier los! Der
goldene Stier, der goldene Phallus, der Geldgötze ist Staub vom
Staub, ist eitel und nichtig! Ich glaube an den lebendigen Gott der
ewigen Liebe! Stoßt mich nur aus aus euren Gemeinschaften und jagt
mich wie einen Hund von euren Türen, treten mich mit Fäusten,
verlacht, verspottet, verhöhnt, verschmäht mich, schlagt mir ins
Gesicht, speit mir ins Gesicht, reißt mir bei lebendigem Leib das
Herz aus der Brust und opfert es eurem Götzen, aber ich allein bin
übrig geblieben auf Erden, der den Gott der Liebe anbetet und neben
dem Gott der Liebe keinen Gott bekennt! Wer ist der Gott der Liebe?
Es ist der Herr! Der Herr ist der Gott der Liebe! Der Herr ist Gott,
mein Gott! Ich bin zum Bettler geworden, zum Bettelmönch, ein
Bettler bin ich, ja, ein Bettler um Gottes Liebe! Ich nehme Abschied
von meiner Mutter. Heilige Mutter nennen sie die Hygienegöttin! Sie
verachten die Unbefleckte Jungfrau und preisen lieber die
Hygienegöttin. Mystiker nennen die Hygienegöttin Frau Saubermann
und wählen sie zur mystischen Ehefrau! Die Hygienegöttin spricht:
Ich bin Frau Saubermann und meine Weisheit ist: Halte den Becher von
außen rein, ob er im Innern auch voll Geldgier, Fluch, Lästerung,
Unzucht, Ehebruch, Kindermord und Götzendienst ist, du bist rein,
wenn dein Becher von außen rein ist! Wasche dir die Füße, damit du
rein bist, aber wasche dir auch die Hände! Lass deine Kleider immer
sauber sein und dein Haar gesalbt, dann wirst du auch geliebt! Wenn
dein Becher von außen sauber ist, wirst du eine Dame finden, die
dich liebt und dir die Becher sauber hält. Wenn du aber von innerer
Reinheit sprichst und prahlst mit deinen inneren Reinigungen, so
halte ich dir vor: Was nützt dir all deine innere Reinheit, wenn du
äußerlich schmutzig bist? Die Hygienegöttin spricht: Achte auf
dein Essen, iss nur Gesundes, und pflege deinen Körper, denn der
Mensch ist Körper und wenn der Körper verdirbt, ist der Mensch
nicht mehr! Vor allem segne dich Gott mit Gesundheit, denn ohne
Gesundheit ist alles nichts! Die Gesundheit ist das Höchste Gut!
Mögest du lange leben auf Erden und glücklich sein in einer saubern
Wohnung und in einem gesunden Körper, dann bist du schon auf Erden
wie im Himmel. Füge deinem Körper keine Schmerzen zu durch Fasten
und Opfer. Wenn du unbedingt fasten willst, dann faste für die
Gesundheit deines Körpers. Iß Würmer aus dem Orient und kein
Fleisch von Stieren und Böcken, dann wirst du tausend Jahre alt und
siehst noch so blühend aus wie ein zweiundzwanzigjähriger Jüngling!
Was kümmert dich Gott und Gottes Geist? Den Atem sollst du
regulieren, dann wirst du als ein Greis von schneeweißen Haaren
aussehen wie eine eben erblühte Pfirsichblüte! Aber vor allem ehre
deine Mutter! Hebe die Hygienegöttin auf einen Thron und bete sie
an! Aber ich bin eine eifersüchtige Muttergöttin! Wenn du neben
oder über mir eine andre Mutter ehrst und meine Mutterliebe kalt wie
Eis nennst und preist in höchsten Tönen die himmlische Mutterliebe
der Großen Mutter Gottes, so nimm dich in Acht vor meiner
Schlangenzunge und meinem Skorpionstachel, ich werde dich töten! Geh
mit Gott, aber geh, Frau Saubermann, ich habe mich entschieden,
kynischer Philosoph zu sein! Wie Sankt Diogenes wälz ich ohne
Unterlass mein Fass! Aber nun, da der Mann Vater und Mutter
verlassen, spricht er sein entschiedenes Ja zur Frau: Frau meines
Herzens, die Frau bist du, die Frau an sich, die Frau an und für
sich, zu dir allein sprech ich für immer mein Ja! Wer bist du, Frau?
Du bist die Frau, die nichts trägt als die Strahlen der Sonne! Die
makellose Jungfrau des Mondes! Das Weib im Sternenrock! Ich bin dein
Adler, deine Feder, dein Schwanz! Was, o himmlische Frau, was ist mit
den Sündern los? Du bist gekommen aus dem Himmel, um ein Ende zu
machen mit den satanischen Götzen! Aber ich sehe die Weiber wieder
beten zur satanischen Göttin der Scheiße! Ja, schreien sie, die
heilige Hure lehrt uns die Unzucht der freien Liebe! Wir liebten
einen Mann mit heißer Leidenschaft und großem Unglück, und er
verließ uns, wir liebten viele Männer mit dem Körper, aber nicht
mit dem Herzen und der Seele, wir liebten Männer, die uns
gleichgültig waren, und haben sie alle verlassen, wir lebten mit
Männern in Unzucht als Konkubinen zusammen und sie betrogen uns,
dafür wählten wir uns neue Männer und lebten mit ihnen in Unzucht
als Konkubinen zusammen und betrogen unsre Männer mit andern
Männern, wir reisten von Land zu Land und ließen uns von
wildfremden Stieren bespringen, jedem spreizten wir die Beine! Das
ist freie Liebe, im Namen der heiteren Unzucht beten wir die
Sexgöttin an, sie, die da heißt die Große Göttin der Scheiße!
Ave Neue Eva! Doch du bist erschienen in
immerwährender Jungfräulichkeit mit der Jungfräulichkeit vor und
in und nach der Geburt des Sohnes Gottes, um die Herrschaft der
satanischen Göttin der Scheiße und des satanischen Gottes der
schwarzen Magie zu beenden, du bist erschienen, Neue Eva Morenita, um
den Menschenopfern an die menschenfressenden Götter ein Ende zu
machen und uns Christi vollkommenes Opfer an den Vater zu schenken
und die eucharistische Speise des Leibes und Blutes Christi für die
Erlösung der Menschen vom Tode! Völlige Verkehrung! Du, Neue Eva,
Morenita, Frau im Kleid aus nichts als Licht, du bist die, die uns
schenkt das Opfer Gottes für die Menschen! Aber die Neuen Heiden
beten zur Anti-Frau! Die Anti-Frau ist die Göttin der Scheiße, die
Göttin der Hurerei, die Göttin der blutigen Menschenopfer an die
Götter, die geil sind, Menschenfleisch zu fressen! Hilf uns, Frau,
hilf uns und erlöse uns von der Anti-Frau! Du hast gesagt, o Neue
Eva: Mein reines Herz wird siegen! Ich werde euch führen ins
Paradies! Darum vertraue ich mich dir an, o Frau, und widersage der
Anti-Frau und all ihrer Pracht und Herrlichkeit! Ich sage mich los
von der Anti-Frau und gelobe in einem Verlöbnis, der Frau allein
ganz und gar zu gehören, als ihr geringster Sklave, als ihr Eigentum
für Zeit und Ewigkeit! Heil Frau! Ich liebe dich, du Liebe Frau! Ich
bin ganz dein und sage für immer dir und allein dir mein eheliches
Ja-Wort, Amen!
ZEHNTES
KAPITEL
Ich
muss die armen Witwen trösten, den armen Waisenkindern ihr Recht
verschaffen, ich muss den Sterbenden die Hand halten und die
Gottlosen vor der Hölle retten, alles das muss ich, aber zuerst
einen Gruß der nackten Eva im paradiesischen Garten Eden! Gruß
zuvor und Liebe von Gott! O der Garten Eden, o das verwunschene
Paradiesgärtlein! Sommer ist, Sankt Johannis, Hochsommer, Eva nackt
und Adam nackt im Paradies! Eva wandelt wie eine Königin mit den
Reichsäpfeln ihrer bebenden Brüste durch den Garten! Ihre Brüste
beben und zittern, sie sind wie Bälle aus weißem Marmor, wie
Zuckerberge, wie Milch und Honig! Wie presst sie mit den Armen die
Brüste zusammen, dass sie noch voller und wollüstiger erscheinen!
Wie liebt Adam das Muttermal auf der linken Brust Evas, das Zeichen
Gottes! Wie liebt er ihre runden weißen Arme und die schlanken
Schultern! Wie möchte er von diesen nackten Armen umfangen und
gedrückt werden an den süßen Busen! O wie liebt er ihren schönen
Rücken, wenn Eva sich nach vorne bückt, wie möchte er dann
umfangen ihren schönen Rücken, sein Entzücken! Wie liebt er auch
den schönen schlanken Schwanenhals, den langen schlanken Hals der
weißen Singschwanin! Wie möchte er zärtlich berühren mit Küssen
seiner Lippen den zärtlichen Hals! Wie liebt er ihren Bauchnabel, in
welchem eine Perle ruht, wie möchte er Honig füllen in Evas
Bauchnabel und schlecken den süßen Honig aus dem Kelch des Nabel,
lecken an der Muschel voll Honig! Wie liebt er die Purpurmuschel in
dem schwarzen Busch, der zwischen den Alabastersäulen ihrer
kraftvollen Beine verborgen duftet! Wie liebt er ihre Nacktheit, wenn
sie aus dem Wasserfall hervorkommt und ihre langen schwarzen Locken
schüttelt, die sie mit Henna der Zypertraube rot gefärbt, wie liebt
er es, wenn ihre langen schwarzen Haare auf ihre Brüste fallen und
fallen bis zu ihrem Schoß! Wie liebt er es, wenn ihm ihre Brüste
entgegenquellen und ihm wie heilige Kühe trösten, wie zwei
Muttergöttinnen! Wie liebt er es, wenn ihre Schenkel sich biegen wie
goldne Juwelenspangen, Meisterwerke des göttlichen Goldschmieds! Wie
liebt er es, das göttliche Dreieck zu schauen, die Purpurmuschel im
schwarzen Busch, das göttliche Dreieck der Liebe, das Delta der
nackten Eva! Wie will er sie lieben und beschenken und beglücken!
Wie will er sie betten im Thron des Gartens auf dem Lager von
dunkelgrünem Moos aus Samt der Natur und salben mit dem Salböl
Ylang-Ylang und lieben und beschenken und beglücken und sich ihr
schenken zum wahren Genießen seiner Liebe! Wie will er sich
schenken, hingeben, ganz verströmen in ihr Inneres und sie erfüllen
mit all dem heißen Blut seiner inbrünstigen Ganzhingabe! Wie will
er sie lieben, bis sie jauchzend auffährt in den dritten Himmel, das
Reich der katholischen Venus, da die Liebenden leben in Palästen und
in Orangenbaumgärten auf dem Morgenstern! Er will sie so lieben, bis
sie jauchzend auffährt wie eine Lerche in den Himmel der Schönen
Liebe Gottes, in diesem einen Augenblick der Verschmelzung, da nackte
Lust mit nackter Lust verschmilzt in einem ewigen Augenblick der
Ekstase und sie den Lebensbaum Gottes küssen und umfangen! Er will
sie hinanlieben bis zur göttlichen Vereinigung, da im gemeinsam
genossenen Wollustrausch der Ekstase ihr Jubelbaum im
Himmelsparadiese Gottes steht und jauchzt! Eva, wenn ich dich nackt
sehe, nackt bis auf die weiße Haut, nur bekleidet von deinem
schwarzen Haupthaar und schwarzen Schamhaar, ganz ohne
feigenblatttgrünen Evas-Slip, dann glaube ich, die Lust sei das
Höchste Gut! Aber alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe
Ewigkeit! Eva, du bist mir von Gott geschenkt als eine Verheißung
auf die Ewige Lust, die Ewige, Ewige Lust! Das ist deine Gnade, die
Gott dir schenkt, du splitternackte Eva im verwunschenen
Paradiesgärtlein, das du mir eine göttliche Verheißung bist auf
Paradiesische Wollust und Lust in Ewigkeit! – Eva, warum folgst du
nicht Gottes Wort? Warum verwirfst du Gottes Wort und lauschst lieber
den okkulten Dämonen? Siehe, die okkulten Dämonen sagen: Eva, du
bist eine Göttin! Aber, Eva, du wirst nicht Göttin sein, sondern
Nichts, du wirst sterben den leiblichen und den ewigen Tod, wenn du
Gottes Liebe verwirfst! Siehe, der Liebende ist ein Eifersüchtiger!
Eifersüchtiger ist der Name des Herrn, der dich liebt, der dich
begehrt und um deine Liebe bettelt! Tag um Tag schleicht der Herr
liebeskrank vor die Tür deines Herzens und klopft schüchtern an und
bittet: Eva, Eva, lass mich ein! Eva, Eva, nimm mich auf! Ach, Eva,
warum ist dein Herz hart geworden wie Stein und warum ist dein Herz
verschlossen dem Liebenden, der um deine Liebe wirbt, der um deine
Liebe bettelt? Er wird sich noch aufhängen an einem Baum und sich
selber bohren die Lanze in sein Herz und verblutend wird seine Seele
schreien: Eva, Eva, ich liebe dich wahnsinnig! So stirbt er! Eva, du
Mörderin des Herrn, kehre um, kehre um und widersage den okkulten
Dämonen! Siehe, der Liebende ist erstanden und kommt, siehe, da ist
er, Eva, jetzt tut ihm auf, Eva, jetzt ist er in dir drin, Eva, jetzt
vereinigt er sich in dir mit deiner Seele wie ein Bräutigam mit
seiner Braut im Brautbett deiner Seele! Halleluja, Eva und der
Liebende sind vereinigt und eins! Wer ist der Eifersüchtige, wer ist
der Liebende? Es ist der Herr, der Herr ist Gott! Gott ist ein wahrer
Künstler und als seine beiden Meisterwerke schuf Gott der Künstler
die nackte Frau und den nackten Mann. Am dritten Tag zur fünften
Stunde nachmittags schuf am zweiten Tag des neunten Monats Gott der
Künstler die schöne Venus von Florenz! Am siebenten Tag des neunten
Monats schuf am ersten Tag der Woche zur fünften Stunde des Morgens
Gott der Künstler den nackten David von Florenz! Die nackte Venus
von Florenz und der nackte David von Florenz sind von Gott für
einander geschaffen, für einander bestimmt, sie feierten Hochzeit im
Frühling des Neuplatonismus! Doch Adam spricht: Mein Evalein, du
hast dir aus grünen Feigenblättern einen grünen Slip gemacht,
warum? Warum darf ich dich nur noch im Slip erblicken? Warum darf ich
nicht mehr den schwarzen Busch mit der Purpurmuschel sehen, das Delta
der Venus zwischen deinen blanken Schenkeln? Eva flüstert: Ich
schäme mich vor dir! Mein Schoß ist unrein wie die Monatsblutung
der Frau! Mein Schoß ist befallen von einer Krankheit! Ich kann das
Wasser nicht mehr halten und es läuft mir der Urin mit Blut gemischt
aus meiner Scheide, darum schäme ich mich vor dir. Aber, Adam, du
bist ja noch viel schlimmer! Ich stehe immerhin bis auf den
feigenblattgrünen Slip noch nackt vor dir, doch du! Du trägst immer
einen Lammfellmantel, warum? Adam flüstert und errötet: Ich schäme
mich vor dir! Denn seid wir nicht mehr deine vegetarischen
Mittagsessen speisen im Garten Eden, schlacht ich mir täglich einen
Hahn, vom tierischen Fett bin ich selber so fett geworden, ich schäme
mich des fetten Bauches, du darfst mich nackt nicht sehen, du würdest
mich gewiss verachten! Eva flüstert: Ich würde doch so gern im
Sommer baden an den klaren Wassern im Süden des Paradieses! Was
brauche ich dazu? Erlaubst du mir, nackt zu baden? Adam schaute Eva
an und glühte: Oh, sie noch einmal nackt im Bade zu sehen! Aber er
hauchte: Du brauchst Gottes Wort für dein Herz und deinen
feigenblattgrünen Slip für deine Scham! Mehr brauchst du nicht!
Nimm Gottes Wort und den Evas-Slip mit in den Süden des Paradieses
und dann bade deinen schönen Leib in der Glut der Sonne! Eva sagte:
Was ist Scham, wann ist sie entstanden, und ist die Schamlosigkeit
ein Paradiesgefühl? Adam sagte: Ich habe mich im Paradiese nicht
geschämt, mit dir nackt zu liegen im Garten Eden! Aber seid du den
okkulten Dämonen gehorcht und ich dir geglaubt, du seiest eine
Göttin, seitdem schämen wir uns voreinander und verhüllen unsre
paradiesische Nacktheit! Ach, ich muss dir bekennen und dich um
Verzeihung bitten: Verzeihe mir, dass ich dich begehre! Verzeih mir
meine begierlichen Blicke! Verzeih mir meine begierlichen Träume!
Verzeih mir, dass du mir ein Lustobjekt geworden bist, ein Sexidol
für meine Selbstbefriedigung! Ach, ich kann nicht anders! Und Adam
verschwand im Busch und verbarg sich, und seine Samen ließ er
tropfen auf die Erde. Da rief ihn Gott! Und Gott sprach lange mit
Adam über Eva, Gott verzieh Adam all seine Sünden und segnete Eva
und verhieß Adam und Eva ein gemeinsames ewiges Leben! Da neigte
sich vom Himmel eine selige Freundin und sprach: Je suis la
Bienheureuse Evelyne de Liège! Siehe, ich liebte nur einen
Geliebten, der war mein Bräutigam! Ich liebte ihn so sehr, dass ich
mich einschloss in eine Kammer gleich neben dem Haus des Geliebten!
Ich war Tag und Nacht für ihn da und stand allezeit für ihn bereit!
Jeden Tag vereinigte ich mich mit ihm! Und wenn ich mich gerade nicht
körperlich mit ihm vereinigte, so vereinigte ich mich in meinem
Geist mit ihm! Aber allezeit starrte ich ihn an und betete seinen
heiligen Körper an! Ja, ich beschwor das Oberhaupt der Menschheit,
eine große Feier einzurichten, da die ganze Menschheit feiert den
Körper meines Geliebten! Nun bin ich in Ewigkeit vermählt mit
meinem Geliebten, ich bin ganz eins mit ihm! Er beglückt mich
unendlich, er beglückt mich so sehr, dass ich die Seligkeit nicht
mehr in menschlichen oder englischen Worten aussprechen kann! Du
fragst, wie heißt dein Geliebter? Ich sage dir, sein Name ist: Der
Neue Adam! Ich, Sankt Evelin, habe mich vermählt mit dem Neuen Adam!
- Ach, Adam muss immer weinen! Heulen! Schreien in die Nacht! Auf
dieser dunklen Erde, in dieser flüchtigen Zeit, in dieser
schmutzigen Welt regiert der Hass! Sie hassen mich alle! Es hassen
mich die Väter und die Mütter! Es hassen mich die Männer und die
Frauen! Es hassen mich die Söhne und die Töchter! Es hassen mich
die Reichen und die Armen! Es hassen mich die Klugen und die Dummen!
Es hassen mich die Schönen und die Hässlichen! Es hassen mich die
Kranken und die Gesunden! Genug, sie hassen mich alle, und die Hunde
hassen mich und die Katzen hassen mich! Aber diese Zeit ist ein
Augenblick! Am Morgen blüht das Gänseblümchen, am Mittag scheint
es herrlich, am Nachmittag welkt es und am Abend ist es tot! Heil,
mein Tod, mein Heiland! Dann bringt mich mein Heiland Tod in die Arme
meiner einzigen Geliebten, in die Arme der Ewigkeit! Ich liebe allein
die Ewigkeit! Die Ewigkeit ist ein Weib und wird mich lieben! Ja,
Gott hat es mir verheißen: In der Auferstehung eurer Leiber wird die
Ewigkeit dich lieben wie ein himmlisches Weib! Lass dich umarmen,
geliebte Ewigkeit! Lass dich küssen, geliebte Ewigkeit! Lass mich
ruhen in deinem Schoße, geliebte Ewigkeit! Komm, stöhnt die
Ewigkeit, komm mit der Auferstehung des Fleisches in meinen Schoß,
ich liebe dich, Geliebter! In meinem Herzen, bekennt die Ewigkeit,
ist nichts als göttliche Liebe, ewige Liebe, bedingungslose Liebe,
feurige Liebe, und mit meiner brennenden und grenzenlosen Liebe werde
ich dich lieben! So sei doch lustig, denn der Tag des Todes ist
gewiss! Die Welt ist nichts für dich, du liebe nur die Ewigkeit!
Sage jetzt dein eheliches Ja zur Ewigkeit! Gib der Ewigkeit einen
Kosenamen und nenne sie zärtlich: Ewi... Und Ewi flüstert: Ich bin
ganz dein... Und da gab sie mir den Ring der Ringe, den Ring der
mystische Vermählung mit ihr.
ELFTES
KAPITEL
Eva
spricht: Meine Scham, mein sexuelles Schamgefühl ist nur ein Schutz
für meine schwache, liebesbedürftige Weiblichkeit. Ich bin feminin
und möchte gerne geliebt sein. Aber was will der Mann? Er bedrängt
mich, er umwirbt mich, er schmeichelt mir, er schenkt mir, ich aber
fühle, er tut dies alles mit Hintergedanken. Warum ist er so nett?
Weil er sich Gewinn erhofft, den Gewinn der Lust. Er will meinen
Leib! Was interessiert ihn meine Seele, die eine, oder meine sieben
Seelen? Was interessieren ihn die Wunden meiner Seele, die Traumata,
die Schwächen, die Grenzen? Was kümmert ihn mein Geist mit seiner
Frage nach Gott, was kümmert ihn mein Denken, mein Wollen, mein
Fühlen, meine Erinnerung? All das kümmert ihn nicht. Er sieht
meinen Leib mit all den Reizen, die Gott mir verliehen hat, und er
begehrt meinen Leib. Er denkt sich: Wenn dieser Schoß doch buttern
würde! Wenn diese Brüste doch sich berühren ließen! Wenn dieser
Leib doch nackt auf meinem nackten Leibe liege! Was fragt er nach dem
Geheimnis meiner Augen? Was fragt er nach den Träumen meiner Nächte?
Was fragt er nach den Leiden meines Alltags? Was fragt er nach den
Leiden und Schmerzen meines Schoßes? Mein Schoß ist nur für seine
Wollust da, doch dass mein Leib auch blutet, das mein Schoß auch
Schmerzen hat, doch dass ich noch gebären will, das kümmert ihn
nicht. Meine Scham wehrt nur ab den Bedränger, den Zudringlichen,
den Aufdringlichen, den Gierigen, den Geilen. Denn meine Scham, mein
sexuelles Schamempfinden ist eine Schutzmauer für meine Seele. Ich
lasse keinen an meinen Leib, bis ich den gefunden, der mehr als
meinen Leib meine Seele liebt, der den Leib allein darum liebt, weil
er sichtbarer Ausdruck der Seele ist. Ich verwehre meinen Leib, bis
ich den finde, der nach meinen Gedanken fragt, der die geistige Würde
der Frau respektiert, der vertraut auf den Genius der Frau, der
meiner Intuition mehr vertraut als seinem Verstand, der meinem
sechsten Sinn mehr traut als seinen Büchern, der den Reichtum meiner
Seele wertschätzen kann und der die Wunden und Wonnen meines Herzens
mehr liebt und ehrt als die Wunden und Wonnen seines eigenen Herzens.
Ich bin eine Frau, das heißt, ich bin für die Liebe geschaffen.
Alles in mir und an mir ist für die Liebe geschaffen. Und gerade
weil ich für die Liebe geschaffen und zur Liebe berufen bin, darum
wehre ich mich gegen alle allzu flüchtige Lust, jeden raschen Flirt,
jeder vergängliche und vorüberrauschende Begier. Denn ich will
geliebt werden und lieben. Ich will mich ganz öffnen können und
mich ganz hingeben dürfen. Aber ich will als Person und als
Persönlichkeit geliebt sein und nicht nur als ein Material und Stoff
zur Selbstbefriedigung des Mannes. Ich bin nicht sein Sexobjekt, ich
bin nicht seine Hure, ich bin nicht seine Venus Porné, nein, ich bin
Eva, das heißt, ich bin das Leben, ich bin die Seele, ich bin ein
komplizierter Organismus und eine vielschichtige Seele und ein
unergründlicher Geist. Wenn aber der kommt, der zu mir sagt: O Frau,
du bist mir ein verschleiertes Mysterium! Dann weiß ich, er schaut
meine Seele. Wenn er mich verachtet, weil ich ein verschleiertes
Mysterium bin, so hat er keine Liebe, weder zu Gott noch zu mir. Wenn
aber der kommt, der mein verschleiertes Mysterium ehrfürchtig
anstaunt, dem öffne ich meine Seele. Dir, Adam, wahrer Freund meiner
Seele, öffne ich meine Seele. Ich lasse dich schauen in meine sieben
Seelen und in die Gottheit meiner Seele. Und Adam sprach: Eva, bitte
verstehe mich, denn wenn du mich verstehst, so wirst du mir auch
verzeihen. Als der Sündenfall mich gezeugt hatte, dachte der
Sündenfall: Hoffentlich wird kein Kind geboren in meiner Begierde!
Und als die Sünde mich empfangen, dachte sie: Hoffentlich hab ich
kein Kind empfangen! Und als die Sünde mich spürte unterm Herzen,
dachte sie: Beim Teufel, ich bin krank! Ich will dies Kind nicht! Und
als die Sünde schwanger war, da war sie traurig, dass sie schwanger
war, so ward ich traurig schon im Schoß der Sünde. Und als die
Sünde mich gebären sollte, da steckte ich im Geburtskanal und
erlitt einen Horror von Todesangst! Es war, als würde ich durch den
Muttermund der Hölle geboren! Der Schoß, aus dem ich austreten
sollte, war der gefräßige und bissige Rachen einer Ratte! Und als
ich geboren wurde von der Sünde, erstickte ich fast an der
Nabelschnur der Sünde, neunmal wand sich die Nabelschnur der Sünde
um meinen Hals. Und als die Sünde mich sah, da sagte sie: Beim
Teufel, da ist ein hässliches Kind! Da gab mich die Sünde weg und
legte mich in den eiskalten Schoß der Materie, und ob es dort auch
so heiß war wie in der Hölle, so war es doch so kalt wie die kalte
Hand des Todes. Eva, Geliebte, wenn ich darum der Ewig-Ungeliebte
bin, der Ewig-Trauernde, der Ewig-Ängstliche, der Ewig-Abgelehnte,
der Ewig-Gehasse, der Ewig-Verschmähte, der Ewig-Verachtete, der
Ewig-Überflüssige, der lieber tot sein möchte als leben, der
ertrinkt in namenlosem Jammer und unaussprechlichem Elend und
ertrinkt in einem Meer der Trauer, der durchbohrt wird von sieben
Pfeilen und wieder und wieder durchbohrt wird und schließlich zu
Tode geprügelt wird und dann zuletzt geworfen wird in den
Abfalleimer des Weltalls – Eva, wie soll ich glauben, dass die
Mutter der Lebendigen mich liebt? Und Eva sprach: Ach, Adam, Sohn der
Adama, als ich von der Sünde geboren wurde, da lernte ich kein
Urvertrauen, da lernte ich die nackte Urangst! Mir entwickelte sich
kein Urvertrauen zu einem personalen Vertrauen, sondern ich blieb
allein, isoliert, vereinsamt, in mich selbst gefangen, ich lernte
nicht von einem personalen Vertrauen ein gesundes Selbstvertrauen.
Nein, ich bin zerfressen und zernagt wie von einem Nagetier von
meinen gründlichen Selbstzweifeln. Ich hasse und verachte mich
selbst! Ich bin nicht schön, nicht liebenswert, ich bin nichts wert,
ich werde von allen gehasst, ich bin töricht und mein Leben ist ohne
Sinn! So sage mir, Adam, Sohn der Mutter Adama, wie soll ich ohne ein
gesundes Selbstvertrauen lernen ein begründetes Gottvertrauen? Adam
sagte: Ob du Gott vertraust und glaubst an Gott, ist sekundär,
primär aber ist der Glaube Gottes an dich! Eva aber sagte: Siehst du
meine verschleierte Seele? Ja, sagte Adam, ich sehe wie ein anderer
Mensch deine verschleierte Seele, aber jener andere Mensch verachtete
dich, weil deine Seele verschleiert ist, ich aber verehre dich, weil
deine Seele verschleiert ist. Ich aber habe zwei Seelen in meiner
Brust, die eine sehnt sich nach der Lust der Erde und die andre sehnt
sich nach Gott im Himmel. Zwei Seelen hast du in deiner Brust, mein
Freund? Wie arm! Ich habe sieben Seelen in meiner Brust! Die eine
heißt Eva, die andre Maria, die dritte Lilith. Sieben Geistpersonen
tanzen in meiner Seele einen Schleiertanz! Sieben Seelen tanzen den
Schleiertanz in meinem Innern und sieben Schleier fallen von meiner
Seele und ich bin nackt, eine nackte Seele! Was siehst du nun in
meiner Seele? Gott! sprach Adam, ich sehe Gott in deiner Seele! Und
ich, sprach Eva, sehe Gott in deiner Seele, Adam, mein Freund. Da
sagte Adam: So stehen sich nun Gott und Gott von Angesicht zu
Angesicht gegenüber und Gott schaut Gott von Angesicht zu Angesicht
und Gott liebt Gott mit der Liebe Gottes. So, sagte Eva, sind unsre
Seelen nackt, weil in mir der Christus nackt ist und einwohnt meinem
Seelengrund und weil in dir die Sophia nackt ist und einwohnt deinem
Seelengrund. Ja, sagte Adam, weil Gott in uns nackt ist, darum ist es
ganz natürlich, wenn ich auch deinen Körper nackt sehe. Ja, sagte
Eva, meine Nacktheit vor dir ist nur der Ausdruck der Nacktheit
Christi in dem Schoß meiner Seele!
ODE
AN DAS FLEISCH
O
mein Schöpfer! Allen Fleisches
Schöpfer,
alles Fleisch kommt zu dir,
Denn
du hörst des Fleisches Schreie,
Du
erbarmst dich allen Fleisches!
O
du fleischgewordne Weisheit,
Gottheit
ist im Fleisch gekommen,
Leib-und-Blut-und-Seele-Gottheit,
Gottheit
in Gestalt des Menschen!
Mein
Erlöser Jesus Christus,
Komm,
das Fleisch uns zu erlösen,
Alles
Fleisch vom Tod erlöse,
Schenke
allem Fleisch das Leben!
O!
Des Fleisches Auferstehung,
Meine
höchste Hoffnung, siehe,
Die
Geliebte wird im Fleische
Auferstehn
im Paradiese!
Gott
der Schöpfer schuf als Fleisch mich,
Schuf
als Atem und als Staub mich,
Schuf
als Seele und als Leib mich,
Gott
der Schöpfer schuf als Fleisch dich,
O
Geliebte du im Fleische,
O
Geliebte, Staub und Atem,
O
Geliebte, Leib und Seele,
Nimm
mich hin in meinem Fleische,
Nimm
mich hin mit meiner Seele,
Nimm
mich hin mit meinem Leibe,
Nimm
mich als Person entgegen,
Nimm
mich als Geschenk des Schöpfers,
Schenke
du dich auch, Geliebte,
Schenk
mir deine reiche Seele,
Lass
mich deinen Leib erkennen,
Deinen
Leib in seiner Schönheit!
Meine
schöne Vielgeliebte,
Sahest
du den Sternenhimmel,
Sahest
du das Meer am Strande,
Sahest
du die Schönheit Gottes!
In
der Schöpfung zu erkennen
Ist
die Schönheit ihres Schöpfers!
Doch
der Schöpfung höchste Krone
Mann
und Frau sind in Gemeinschaft!
Eva,
vielgeliebte Eva,
Du
Ikone meiner Gottheit!
Gottes
Schönheit widerspiegelnd,
Offenbarst
du Gottes Schönheit!
Ja,
ich schaute Gottes Schönheit,
Als
ich Evas Schönheit schaute!
Ich
berührte Gottes Schönheit,
Als
ich Evas Leib berührte!
ZWÖLFTES
KAPITEL
Nein,
Eva, mit den äußeren Augen schau ich nicht auf deine leibliche
Nacktheit. Was erkennen denn schon die äußeren Augen? Wie verklebt
sind unsere äußeren Augen, die wahre Schönheit zu erkennen! Adam,
sprach Eva, mit den äußeren Augen auch erkenne ich nicht deine
wahre Schönheit. Aber hast du mir nicht gestern in die Augen
geschaut und habe ich dir nicht gestern in die Augen geschaut, und
wir schauten uns lange und liebewarm in die Augen, nicht nur
liebevoll, sondern auch wissbegierig, durch den Spiegel der Seele die
Seele zu erkennen: Was ist das für eine Seele, die diesen Blick
beseelt? Ist es wahre Liebe, ist es wirklicher Friede? Ist es ein
hungriger und begieriger Blick oder ist es ein seeleausströmender
schenkender Liebesblick? Und ich erkannte, wie du mich voller
bewundernder Liebe mit deinen Seelenaugen liebkostest und
schmeicheltest meiner verletzten Seele. Ach Eva, sprach Adam, wie
blind wär ich doch, so blind wie ein Maulwurf, wenn ich des inneren
Blicks ermangelte. Ich sehe mit meinem inneren Blick deine Seele und
meine Seele und unserer Seelen Gemeinschaft und die Liebe und
Freundschaft, die zwischen uns waltet, ich sehe dein mütterliches
Herz und mein väterliches Herz, du musst mir Mutter sein und ich
will dir Vater sein, du mir eine liebevolle zärtliche Mutter, und
ich für dich ein Vater voller Wertschätzung und Ehrfurcht. Du, Eva,
musst mir eine Seele sein, die sagt: Adam, es ist schön, dass du ein
Mann bist, ein starker Charakter, ein Mann nach dem Vaterherzen
Gottes! Und ich will dir mit meiner Seele sagen: Wie schön, o Frau,
dass du Frau bist, wie gut, dass du das feminine Antlitz Gottes
widerspiegelst! Mein innerer Blick sieht vor allem deine Seele nackt
und bloß und offenbar vor meinen Herzensaugen liegen, aber nicht in
einer Lichtaura oder einem Windhauch, sondern in einem paradiesischen
Lichtleib voller Glanz! Ich liebe den Glanz deines nackten Leibes,
der mir deine Seele sichtbar macht vor den inneren Augen meiner
Seele! Wie schenkst du dich mir! Wie geb ich mich dir ganz hin! Wie
verschmelzen wir miteinander, wie fließe ich in dich hinein und wie
lebst du in mir! Du bist ja nicht mehr die Frau mir gegenüber, die
Frau an meiner Seite. Du bist nicht die Herrin über mir und ich dein
Sklave, du bist nicht die Magd zu meinen Füßen und ich der Herr,
nein, Eva, du bist Seele in meiner Seele. Aber ach, ach weh, Eva,
sag, lebt meine Seele auch in deiner? Hier schwieg Adam vor
Schmerzen. Die allmächtige Liebe schuf die Schöpfung aus dem Nichts
und schuf Eva aus dem Nichts, die Schöpfung Eva zu Füßen zu legen.
Die allmächtige Liebe sah die Schöpfung: Siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah das Sternbild der Schlange, siehe, es war gut!
Die allmächtige Liebe sah das Sternbild des Großen und des Kleinen
Bären, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild
des Hirsches vom Element der Schmetterlinge, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah das Element der Frösche, siehe, es war gut!
Die allmächtige Liebe sah den Skorpion mit seinem Schwanz in
trockener Wüste und großer Sonnenhitze, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah den beruhigenden, gefühlvollen Krebs, der den
Skorpion beruhigte, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
weißen Schnee in seinem keuschen kühlen weißen Linnenkleid, siehe,
es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Gerbera mit ihren roten
Feuerzungenküssen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die
weiße Narzisse, eben erblüht, und roch den betörenden Duft der
Sexualität, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
Pflaumenbaum im Winter erblüht, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah die schwarze Katze, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah den Eichenbaum, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe
sah das Ehepaar von schwarz-braunen Amseln, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah den Kastanienbaum, sah die stachligen Früchte,
sah die Turteltauben ihre Flügel spreizen im Wipfel, siehe, es war
gut! Die allmächtige Liebe sah das Universum, sah die kosmische
Energie, sah die Gnome und die Nymphen und die Sylphen und die
Salamander, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Wolken
und den Regen spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah
den Phönix mit dem Zaubervogel spielen, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah die Hochzeit des Esels mit dem Drachen und die
Liebe des Drachens zum Esel, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah das Tanzen der Zwerge und hörte das aufgeregte
Lustgeschrei der Zwerge, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe
sah die Najaden nackt baden im Wasserfall, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah die festen Euter der Zicken, die großen Euter
der Kühe, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die grüne
Teepflanze, die Kakaobohne und die Kaffeebohne, siehe, es war gut!
Die allmächtige Liebe sah das Brot und den Wein aus der Erde
wachsen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den purpurnen
Poppie blühen im goldenen Weizenbündel, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah den fruchtbaren Weinberg mit seiner
schwangeren Fruchtbarkeit und seinen Traubenbrüsten, lasziv und
trunken, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe legte den Kosmos
wie eine duftende Blume zu Evas Füßen. Eva, Eva, ich habe dich
erschaffen als mein Abbild, sprach die allmächtige Liebe, und ich
schenke dir den Kosmos, die grüne Mutter Natur als Geschenk, nimm es
dankbar an, und rieche an der weißen Blume des Universums und lasse
dich berauschen von dem erotischen Parfüm der weißen Frühlingsblume
des Universums! Ich, die allmächtige Liebe, habe die Schöpfung im
Frühling erschaffen, sie dir zum Geschenk meiner Liebe zu machen!
Was ich will? Was sind meine Hintergedanken? Nimm nur mein Geschenk
an und ergötze dich daran! Berausche dich am erotischen Parfüm der
grünen Mutter Natur, dann lass dein Herz anschwellen und sage:
Danke, allmächtige Liebe, für solche Liebe, für solch ein Geschenk
als Ausdruck deiner Liebe! Danke, Liebe, danke, allmächtige Liebe,
danke, schöne Liebe! Ich bin voll befriedigt von deiner Ganzhingabe!
Ich bin erfüllt, gestillt, gesättigt, getränkt, berauscht, bin
trunken von deiner Lust, du göttliche Liebe, ich bin selig! Adam
bekennt: Eva, du bist ein Geschenk Gottes an mich! Aber ich gestehe,
ich zweifle an der Güte und dem Ernst des Gebers und an dem Segen
dieses Geschenkes. Ist da vielleicht eine göttliche Ironie
verborgen? Denn ich muss denken, du bist die vollkommene Frau,
ausgestattet mit allen Gaben der Götter. Die Göttin der Liebe und
Schönheit gab dir deinen Körper mit aller Schönheit und allen
Reizen. Die Göttin der Weisheit gab dir deine Einsicht und deine
Erkenntnisse und deine Intuition, die mich inspirieren. Die Göttin
der himmlischen Macht gab dir deine Hoheit und Würde und auch deine
Macht über meine Seele. Die Göttin der Reinheit gab dir deine
engelgleiche Seele voller Güte, Sanftmut und Demut. Die große
Mutter gab dir deine übermächtige Mütterlichkeit und zugleich eine
ekstatische Sexualität. Du bist mit allen Tugenden des Weibes
ausgestattet. Aber die Götter gaben dir eine Büchse mit, aus der
steigen alle Flüche, die auf der Erde und dem Menschen lasten:
Herzzerreißender Kummer, seelenverstörender Schmerz,
geistverstörender Wahnsinn, körpervernichtender Krankheit, Leib und
Seele scheidender Tod! Aber aus der Büchse stieg auch die Hoffnung
auf, als einzige gute Gabe, die göttliche Tugend der Hoffnung! Die
Hoffnung ist eine schöne Frau, die verheißt die Auferstehung des
Fleisches und das ewige Leben in paradiesischer Glückseligkeit! Die
göttliche Hoffnung flüstert mir verheißungsvoll ins Ohr: Dort
werdet ihr ewig vereint sein im Zyklus der göttlichen Liebe! Also du
bist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, aber nicht als Besitz auf
dieser Erde, nicht zum Genuss auf dieser Erde. Du bist ein Geschenk
Gottes als eine Verheißung, ein Versprechen! Du bist gewissermaßen
der Liebreiz Gottes, die verführerische Schönheit Gottes voller
Charme und Reiz, die mich verführen will in die Ewigkeit, in der
Schoß der göttlichen Liebe! Aber bist du wirklich eine sichtbar
erschienene Gnade Gottes voller Charme und Liebreiz, oder bist du ein
dunkles Verhängnis? Siehe, ich flüchtete mich in die Gedanken
Gottes. Ich ging allein im friedlichen Ideenhimmel spazieren und
schaute die Ideen in ihrer makellos glänzenden Schönheit und sah
sie mit apathischer Seelenruhe. Aber da kamst du, das Weib! Du
rissest mich aus meiner intellektuellen Einsamkeit und pflanztest
mich als einen Lebensbaum in deinen Garten. Du grubest mich und
wühltest mich in die schwarze Mutter Erde. Du lehrtest mich das
wässrige Element der Frösche und das luftige Element der
Schmetterlinge. Du lehrtest mich die Euter der Kühe zu bewundern und
die Hörner der Stiere. Du lehrest mich das Maul des Hengstes zu
feiern und die bebende Flanke der abgehetzten Stute! Du lehrtest mich
das Gurren der Turteltauben zu lieben und das Spreizen und Schlagen
ihrer Flügel und das Schnäbeln und Picken ihrer Schnäbel! Du
lehrtest mich das lebendige Leben zu lieben, die reale Wirklichkeit.
Für dich war die Erde nicht eine tote Materie, ein wesenloses Ding.
Für dich war die Erde ein lebendiger Organismus, ein Lebewesen. Du
sagtest: Die Mutter Erde lebt, die grüne Mutter Natur atmet ein und
atmet aus, sie pulsiert, sie glüht, sie liebt! Du lehrtest mich die
Sprache der Liebe hören aus dem Munde der Schöpfung. Meine Logik
ergänztest du durch deine Erotik. Meine Geistigkeit ergänztest du
durch deine Wirklichkeit. Meinen Himmel ergänztest du mit deiner
Erde. So feiern wir eine heilige Hochzeit zwischen Männlichem und
Weiblichem. Der Gott des Himmels und die Göttin der Erde, das sind
wir. Der Geist bin ich und du die Materie, wir zelebrieren eine
mystische Vermählung. Ich bin ein Abbild von Gottgeist und du bist
ein Abbild von Gottnatur und zusammen in Vereinigung sind wir ein
Abbild der Einen Einzigen Ewigen Gottheit. Ich verkörpere die
väterliche Transzendenz Gottes und du verkörperst die mütterliche
Immanenz Gottes, gemeinsam in mystischer Vereinigung spiegeln wir die
absolute Gottheit, die Alleinheit. Siehe, so rissest du mich aus
meiner Logik und Theorie Gottes, verführtest mich zur schwarzen
Erde, zur grünen Natur und zum roten Eros, aber nicht, um darin
stecken zu bleiben, sondern um ein vollkommneres Gottesbild zu
erkennen, ja, nicht nur zu erkennen, sondern im eigenen Leben Seite
an Seite mit dir abzubilden und zu verkörpern. So bist du ein Weg
für mich geworden von dem Gott der Philosophen durch den Eros zum
lebendigen Gott, der lebendigen Gottheit, die Eins und Alles ist.
DREIZEHNTES
KAPITEL
Ich
sehe eine Welt, ich weiß nicht, ob es im Indischen Ozean ist, oder
in Afrika, da besteht die Gesellschaft aus Affen. All ihr Paviane und
Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, Totenkopfäffchen und
Menschenaffen! Unruhig ist das Herz des Affen! Die Menschenaffen
befingern schamlos ihr Geschlecht und masturbieren in der
Öffentlichkeit wie der kynische Philosoph. Die wilden Affenmenschen
kommen aus den finsteren Wäldern hervorgejagt und rauben sich junge
schwarze Mädchen und vergewaltigen sie zu Tode! Aber es gibt auch
Gorillafamilien und Gorillasippen, da sitzen die Alten unter Bäumen,
die Männchen furzen und die Weibchen schwatzen in ihrer törichten
Affensprache von ihrer Affenmutterliebe und die kleinen Äffchen
klettern auf den Kletterbäumen und schwingen sich lustig kreischend
von Ast zu Ast. Liebe Freundin, du lachst, denn diese Gorillasippen
verhalten sich so wie eine menschliche Sippe beim geselligen
Kindergeburtstag. Aber vergewaltigt möchtest du nicht werden von
solch einem Waldmenschen und zu Tode begattet? Du beruhigst dich, sie
rauben ja nur blutjunge Afrikanerinnen? Aber wenn sie nun reife
weißgesichtige Frauen besonders begehrenswert finden? Und die
Affenweibchen, die die Schamlippen ihrer Klitoris mit dem Finger
aufreizen, bis sie zum Orgasmus kommen? Und die Affenmännchen, die
den Penis rubbeln, bis sie zum Orgasmus kommen? Können sie nicht
anders oder wollen sie nicht anders? Stelle dir ein Affenmännchen
vor, dem der Affenpapst verboten, sich selbst zu befriedigen, was er
dann tut? Er wird der Erfinder der romantischen Liebe und verklärt
von zurückgehaltener Erregung wird die geliebte Äffin ihm
erscheinen wie die Affengöttin selbst, die aus einer Kokosnuss die
Welt erschaffen hat? Oder wird der Affe zu seiner Äffin sagen:
Geliebtes Affenweibchen, Gott Amon hat die Welt erschaffen, der eine
einzige Gott im Himmel in seiner Einsamkeit, indem er masturbierte!
Als die Samentropfen in die Büsche fielen, da wurde die Erde. Aber
du und ich, geliebtes Affenweibchen, wir waren zwei verschmolzene
Samentropfen in der Hand des masturbierenden Schöpfergottes Amon!
Das ist der Monotheismus der Affenreligion. Jetzt sieht Adam, der
Erste Mensch, aber einen Wahren Menschen, einen Edlen Menschen, einen
Heiligen Menschen. Eva erscheint. Gott hat sie geschickt! Eva, ich
stehe vor dem Tor zu Eden, in meinem Herzen ein Liebeslied. Über mir
und unter mir und um mich ist dunkle Nacht. Da kommst du mir entgegen
aus dem Garten Eden. Du trittst ans Tor von Eden. Ich kann es kaum
glauben, dass du es wirklich bist. Träum ich oder wach ich? Du bist
nicht eine irdische Frau, nicht Staub vom Staub. Du bist eine
Erscheinung, eine Vision, ein Traum, eine Traumfrau, die schönste
Fleischwerdung der Weltseele! Du bist ganz Seele, all deine
Körperlichkeit ist ganz aus Seele! Deine Materie des Körpers ist
kein toter Stoff, kein sterbliches Ding, deine Körpermaterie ist
Energie und Licht, ist Kraft von Gott, ist Welle des schwarzen
Lichtes Gottes! Du bist ganz schwarz, dein Leib ist schwarz, deine
Beine sind schwarz, deine Füße sind schwarz und schweben auf den
Wolken der dunklen Nacht. Dein Haar ist schwarz und fließt mit den
Wolken, dein Antlitz ist schwarz und nur die beiden Spiegel der Seele
strahlen wie blitzende Sterne. Du bist schwarzes Licht vom schwarzen
Licht Gottes. Du erscheinst aus der Wolke. Danke, dass du deinen
blendenden Glanz so gemildert hast, dass ich dich schauen kann! O du
bist es, du bist Seele von meiner Seelenart, du bist Körperlichkeit
von meiner Körperlichkeit, du bist spirituelle Schönheit nach dem
Traumbild meiner Seele, du bist kosmische Erotik nach dem Traum
meines blutigen Herzens! Du bist es, keine sonst, und du allein wirst
immer es sein, die Eine, die Einzige, die mir von Gott gegeben ist
zum Vis-à-vis, die Egalité für meine Seele! Wir stehen uns
gegenüber und schauen einander von Angesicht zu Angesicht in einem
flüchtigen Augenblick, doch in dem flüchtigen Augenblick verborgen
ist die Ewigkeit, und durch dein Antlitz schaue ich schon Gottes
Antlitz! Sprachlos vor der Schönheit reiche ich dir das Gestammel
meines Liebesliedes, das Gestotter eines Idioten!
AN
EVA
Eva,
Eva, o du Baum des Lebens,
Mit
den Wurzeln in der Erde
Kannst
du durch den Himmel wandeln,
Eva,
du bist meine Heimat,
Heimat
meiner Seele, Eva,
Ist
die Nähe deiner Seele,
Mein
Zuhause in dem Himmel
Ist
der Garten deiner Seele!
So
zuhause wie bei Eva
Adam
fühlt sich in der Seele,
So
daheim ist nur ein Dichter
An
dem Grabe seiner Oma.
Adam
sagt zu Eva: Eva, Geliebte! Als ich noch allein war, schien mir
Gottes großer Garten, die Mutter Natur, keines Interesses würdig.
Das Grünzeug schien mir dumm, die Tiere fand ich ekelhaft, die
Pflanzen und die Tiere hatten keine Seele, die Berge waren nur
Grenzen, das Meer zeigte mir nur, wie einsam ich bin. Die Schöpfung
lebte mir nicht, erst recht war sie kein Geschenk Gottes an mich zu
meiner Seligkeit. Nein, ich sah die Welt, die Gott geschaffen hat,
wie eine schreckliche Finsternis an, wie das Reich des ewigen Todes.
Nur Jammer und schreckliche Schmerzen sah ich. Über mir der Himmel
war eine festgegossene Wolkendecke wie aus Kupfer, verschlossen war
mir der Himmel. Alles unter der Sonne war sinnlos. Sinnlosigkeit der
Sinnlosigkeiten, alles sinnlos, so seufzte ich immer wieder. Nur über
dem Himmel, da lebten die lichten Ideen, die strahlenden Gedanken
Gottes. Da tanzte die göttliche Schönheit, da tanzte die göttliche
Weisheit, da tanzte die göttliche Liebe. Da waren morgenrötliche
Gipfel und Spiegel aller Erkenntnis. In den Ideen lebte ich allein
und ging spazieren mit den schönen Gedanken Gottes. Aber dann bist
du mir erschienen, und siehe, durch dich ist mir die schöne
Schöpfung Gottes zum Geschenk für meine Seligkeit geworden! Ich
sehe nun die Gräser liebkost vom Zephyrlüftchen, ich sehe nun die
Krokusblumen geliebt von der Honigbiene mit dem süßen Stachel, ich
sehe nun den Schoß der Rose trunken vom Morgentau, ich sehe nun die
Glut auf den Wangen des wilden Mohnes, ich sehe nun die heimliche
Liebe der Iris, ich sehe nun die Wonnen der weißen Rosen und die
Glorien goldener Rosen, ich sehe nun die Pflaumen sich spalten und
überfließen von süßem Saft, ich küsse nun die Wange des
Pfirsichs, ich rieche nun den Duft von Ylang-Ylang, sein sexuelles
Parfüm, ich sehe nun die Lippen der Lilie überfließen von
fließender Myrrhe, ich sehe nun die Aloe flirten mit dem Bambus, ich
höre den Bambus seine goldne Leier vom Winde spielen lassen, ich
hoffe nun auf die Rose der neuen Morgenröte, ich sehe tanzen die
Rose der Freiheit im Winde, ich sehe die Äpfel und die Birnen und
die Mangos und die Quitten wie Früchte des Lebens, wie paradiesische
Wonnen, ich sehe nun die Turteltauben in ihrem Liebesakt, wenn sie
mit gespreizten Flügeln sich picken in den Wipfeln der Bäume, ich
liebe nun die Amsel-Eheleute, und ich liebe das nächtliche Quaken
der Frösche, ich freue mich am Hoppeln der Kaninchen und am Lauf der
Ponys, ich freue mich am heißen Hengst und an der bebenden Stute,
ich freue mich und sauge am Euter der Kuh, die trächtig ist vom Horn
des Stieres, ich sehe die Sterne nun wie lächelnde Blumen, wie Tiere
des Himmels, ich freue mich am Stern der Schlange und am Stern der
Jungfrau, ich freue mich am Stern des Hirsches und am Stern des
Bären, ich freue mich, wenn das Element der Schmetterlinge spielt
mit dem Element der Frösche, ich lache, wenn der Stern des Hirten
den Stern der Weberin besucht und sie einander Geschenke machen, ich
freue mich an den Schleiern der Nebelspiralen und an den kosmischen
Galaxien mit ihren bunten Paradiesgärten und ihren verbotenen
Weinbergen! Alles ist Sprache der Liebe geworden, alles ist
erotisches Liebesflüstern geworden. Die Protonen und die Elektronen
begehren einander. Der Magnetismus und die Elektrizität sind Erotik
der Schöpfung. In den Kirschblüten sehe ich im Schleier ihres
Duftes dein Antlitz! In dem Vollmond seh ich dein Antlitz liebevoll
und selig vom Himmel lächeln! Ich sehe überall die Weltseele, ich
sehe überall den göttlichen Eros, ich sehe überall, so wie Adam
und Eva, Yin und Yang als Kräfte der kosmischen Erotik. Es ist die
göttliche Liebe, die du mir offenbarst, die erotische Grünkraft,
die erotische Vitalität des göttlichen Lebens in allem Leben. Deine
Schönheit, Eva, meine Liebe zu dir, o Eva, sie machten mir die
Schöpfung zur Sprache der Liebe, zum Geschenk der göttlichen Liebe,
zum Ort der Glückseligkeit und himmlischen Wonne und paradiesischen
Wollust! Erst durch dich hat mich Gott von meinem pessimistischen
Idealismus zum optimistischen Idealismus geführt. Erst durch dich,
Geliebte, hat Gott mir die Schöpfung geschenkt. Darum bist du die
Mitschöpferin meiner Seligkeit! Halleluja, nun bin ich der Geliebte
der Gottheit! El Shaddai, die nährende Brust, ist meine Gottheit!
Ich bin der Geliebte der Gottheit! Zur Hochzeit macht mir die
Gottheit ein Hochzeitsgeschenk, deinen Leib, Eva! Deinen Leib, den
paradiesischen Weinberg, schenkt mir El Shaddai, die Gottheit mit der
nährenden Brust, zur himmlischen Hochzeit! O Weinberg, ich komme als
dein Gärtner! Breite deine schwangeren Rebzweige aus, Geliebte! Lass
mich sehen die prahlende Pracht der Trauben deiner Brüste! Ich will
deinen Weinstock besteigen und die Trauben pflücken! Dein Becken ist
ein Becher voller Wein, Mischwein der Vereinigung! In deinem Schoß
im tiefsten Innern will ich die Perle finden, die du mir schmelzen
sollst in meinem Wein, den ich schlürfen will, und lecken will ich
noch die Scherben! Pflegen will ich meinen Weinberg, eine Steinmauer
bauen um den Weinberg, dass die wilden Eber nicht abweiden meinen
Weinberg! Wachsen aber Brennnesseln und dürre Dornen, will ich sie
alle ausreißen! Mein Weinberg soll fruchtbar sein und Frucht bringen
dem Geliebten Gottes! Ich werde kommen und pflücken die Trauben und
stampfen die Kelter, das Blut spritzt mir an die Schenkel! Und
aussaufen will ich den Becher des Weines Gottes bis auf den Grund in
Einem Zug! Berauschen will ich mich am Feuer Gottes! Berauschen will
ich mich an der göttlichen Liebesglut, die glüht im Wein der
Geliebten! Trunken will ich taumeln in dein Bett und dich erkennen in
der Wahrheit, die im Weine wohnt! Denn auf dem Grunde des Bechers seh
ich die nackte Wahrheit, die Geliebte! Jetzt, Geliebte, jetzt wollen
wir uns vereinen! Halleluja, jetzt zeugt Herr Geist in Frau Schönheit
schöne Kinder! Ich sehe, siehe, was ich sehe, ist dein glänzendes
Ei, Eva, dein empfängliches Ei, dein feminines Ei, dein
hingebungsvolles Ei. Ei Evas, ich sehe eine Schar von Samenzellen
Adams tanzen und schwänzeln um Evas Ei. Da ist der Schnellste, er
ist als Erster beim seligen Ei, doch er ist nicht der wahre Geliebte,
er wird nicht erwählt! Da ist der Stärkste, er kommt in der Kraft,
er drängt sich auf mit all seiner maskulinen Kraft, doch er wird
nicht erwählt, er ist nicht der wahre göttliche Same! Da kommt die
geliebte Zelle, da kommt der Geliebte Same Adams! Evas Ei erkennt in
instinktiver Intuition oder Hellseherei der magischen Sympathie: Der
ist es! In diesem Samen Adams seh ich den Logos Spermatikos! Hier
erscheint Panspermia, die göttliche Potenz! Jetzt tut Evas Ei sich
auf und lässt die geschwänzte Samenzelle Adams ein, sie umarmen
sich, sie glühen ineinander, sie verschmelzen, der Funke des
göttlichen Eros zuckt in ihnen auf in jähem Jubelschrei, Halleluja!
Adam und Eva sind in Lust der Liebe vereinigt in himmlischer Hochzeit
als Mitschöpfer und Mitschöpferin Gottes!
VIERZEHNTES
KAPITEL
Adam
sprach zu Eva: Schaue mein Ich! Ich bin geschaffen von Gott um meiner
selbst willen! Ich! Ich habe drei Seelen, meine Liebe! Die oberste
Seele ist die Seele meines Geistes. In ihr wohnt die Vernunft, das
Denkvermögen. Die Krönung der Vernunft ist das Erlangen der
Weisheit. Der Mensch ist fähig, weise zu werden. Allerdings habe ich
erkannt, dass zum Erlangen der Ewigen Weisheit eine göttliche
Erleuchtung durch das finstere Licht der Gottheit notwendig ist. Wenn
allerdings in der dunklen Nacht des Verstandes die Ewige Weisheit
unmittelbar eingegossen wird, dann erkennt man das absurde Paradox
der Wahrheit, dass die Ewige Wahrheit sich offenbart in der Torheit
Gottes! Aber meine zweite Seele ist die mittlere Seele, das ist die
Seele meines Herzens. Hier wohnen alle meine Gefühle, meine Liebe,
meine Freundschaft, meine Sympathie und mein Mitleid. Was aber ist
die höchste Tugend dieser Seele des Herzens? Ich sage dir, geliebte
Eva, wenn du Besitz verloren, so sorge dich nicht und erwirb dir
neuen Besitz. Wenn du die Ehre verloren hast, ermanne dich und
schaffe dir Ruhm. Aber wenn du den Mut verloren hast, dann wäre es
besser, nie geboren zu sein. Der Mut des Herzens, der Starkmut des
Herzens, der Lebensmut des Herzens, der Todesmut des Herzen ist die
wahre Tugend der Seele des Herzens. Aber meine dritte Seele, die
unterste Seele, ist die Seele meines Leibes. Eva, hier wohnt das
Verlangen, die Wollust! Was aber ist die höchste Tugend der Wollust?
Es ist das rechte Maß! Nicht zuwenig der Lust, denn sonst
vertrocknest du und verwelkst vor der Zeit. Aber auch nicht zuviel
der Lust, denn sonst verzehrst du dich und verbrennst zu einem
Häufchen Asche. Begehre nicht zu wenig der Wollust, indem du dich
zufrieden gibst mit der Wollust des Wurmes oder des Affen! Begehre
aber auch nicht zuviel der Wollust, indem du die Wollust der seligen
Götter und Göttinnen begehrst! Das rechte Maß der Wollust ist die
Wollust des Menschen. Wenn aber die Wollust das menschengemäße Maß
gefunden, wenn aber das Herz den Lebensmut gefunden und wenn das
Denken die Weisheit gefunden, dann ist die Seele gerecht. Fragst du
dich, was ein Gerechter sei? Ein Gerechter hat in seinem Denken die
Weisheit erkannt, sein Herz gestärkt mit Mut und seinem Verlangen
das rechte menschliche Maß gegeben. Und Eva sprach: Adam, ich bin
als ein einzigartiges Ich von Gott geschaffen um meiner selbst
willen! Ich bin Eva, ich bin Ich! Man sagt mir: Erkenne dich selbst!
Erkenne den Reichtum der Seele, erkenne den Wert deiner Seele. Ich
bin die Seele, das tiefe Gemüt. In mir sind innere Räume, innere
Throne, innere Brautgemächer, innere Gärten, innere Burgen, innere
Betten. Du sprichst von drei Seelen in deiner Brust, Adam? Ich schaue
sieben Seelen in meinem lebendigen Busen! Die Seelen wandeln in
inneren Wäldern, leben in inneren Hütten, reiten innere
Seelenrosse, tragen innere Seelenwaffen, haben innere Seelenbrüder!
Die Seele hat Kammern, Wohngemächer, Badezimmer, Schlafgemächer,
Spiegel und Schleier und Betten! Meine Seele ist ein Lustschloss mit
sieben Gemächern. Aber im Innersten Gemach ist mein Schlafgemach, im
Zentrum meines Schlafgemaches steht das verschleierte Himmelsbett
meines Seelenkernes, und in dem verschleierten Himmelsbett meines
innersten Seelenbrautgemaches liegt mein Gott, nackt und zur
Erkenntnis willig, dort vereinige ich mich mit meinem nackten Gott
und erfahre die mystische Union und die ekstatische Verschmelzung mit
meinem Gott und Herrn! Aber Adam begann zu philosophieren von der
Liebe: Meine Göttin Pallas Athene mit den strahlenden Augen! Wenn
das Ich voll Liebe ist, dann will das Ich sich schenken dem Du. Wo
soll die Fülle bleiben? Es ist soviel Fülle der Liebe im Ich,
solche Glut voll Saft und Kraft, sie muss sich verströmen! Sie will
strömen über zum geliebten Du, sie will streicheln, die
Fingerspitzen küssen, mit den Haaren spielen, die Brüste berühren,
küssen die Brustspitzen, umfassen den vollkommenen Podex der
Geliebten. O die Seele des Liebenden ist so voll, sie will zeugen in
dem Schoß der Seele der Geliebten! Ich bin ganz Zeugen, sei du ganz
Empfangen! Öffne den schweigenden Schoß deiner Seele, dass ich
Geist zeugen kann im Schoße deiner Schönheit, dann brüte und hege
meinen zeugenden Samen des Wortes und bewahre mein Wort in deinem
Herzen und bewege den Samen meines Logos in deinem Herzen
meditierend. Denke dir, das Ich des Liebenden ist die Thesis, die
Thesis geht über in ihr Gegenüber, die Antithesis, das heißt, das
liebende Ich verschenkt sich an das geliebte Du. Da wird das Ich
begraben im geliebten Du. Das Ich ist gestorben den mystischen
Egotod. Das Ich ist Nichts, ist Herr Niemand, es ist nur noch das Du.
Alles ist das Du, das Ich hat sich ganz aufgelöst im Du, das Ich ist
nicht mehr, es ist allein das Du. Allerdings, wenn der Zyklus der
Liebe nicht gewaltsam unterbrochen wird, dann wird das Ich
auferstehen im Du. Dann wird das Ich aufleben und wird nun leben im
Du. Du, geliebtes Du, du wirst mein liebendes Ich in deinem Innern
tragen und wirst selbst zum liebenden Ich, und dein liebendes Ich
wird sich zurückschenken an das geliebte Du, nämlich an mein
geliebtes Ich. Was ich aber empfange von dir, dem liebenden Du, das
ist mein gekreuzigtes und auferstandenes Ich, verklärt durch deine
Liebe. Du schenkst mich mir zurück, vermehrt, verklärt durch deine
Liebe. So empfange ich mein Ich von deinem Du, und nun besitze ich
mich erst selbst, denn ich bin nun ein geliebtes Ich. Diese
Vereinigung im Schenken und Widerschenken ist die Synthesis, die
mystische Ehe der Seelen, die mystische Vereinigung von Ich und Du im
Zyklus der Liebe. Wehe aber dem Mann der Zukunft, der sein Ich voll
Liebe überfließen lässt und schüttet in den empfangenden Schoß
der geliebten Seele und wird gekreuzigt und begraben im Herzen der
Geliebten, aber die Geliebte besitzt nicht die Kraft der Liebe, das
Ich aus dem Nichtsein aufzuerwecken, sie besitzt nicht den Willen der
Liebe, das Ich, das gestorben ist, aufzuerwecken und wieder
zurückzuschenken, vermehrt und verklärt mit Liebe. Dieses Ich ist
dann den zweiten Tod gestorben, den ewigen Tod, es ist vernichtet,
ohne aufzuerstehen. In diesem Sinne wird der Gekreuzigte, der nicht
aufersteht im Herzen der Geliebten, sagen: Du bist meines Lebens
Mörderin! Hier ist der Zyklus der Liebe gewaltsam unterbrochen. Eva
sprach: Adam, nimmst du mich auch an, so wie ich bin? Nimmst du mich
an als ein von der Ewigen Liebe geschaffenes Ich, geschaffen um
meiner selbst willen? Oder denkst du, ich sei für dich geschaffen?
Oder denkst du, ich sei kein Ich, sondern ich sei nur ein anderes Du?
Gestehst du mir zu, dass ich eine Person bin, eine eigenständige
Persönlichkeit mit einer einzigartigen Intimität zu Gott? Gestehst
du mir zu, dass ich nicht die Verkörperung deiner unbewussten Seele
bin, nicht die Fleischwerdung deiner Traumfrau, sondern dass ich eine
reale Existenz bin, ein wirkliches Wesen, mit einer selbstständigen
Geistperson, gehaucht von Gott? Gestehst du mir zu, dass Gott mich
liebt, mich selbst und mich allein, auch unabhängig von dir?
Gestehst du mir zu, dass Gott einen Plan für mein Leben hat und
einen individuellen Weg mit mir gehen will, und zwar nicht um
deinetwillen, sondern um meinetwillen? Gestehst du mir zu, dass Gott
mich nicht geschaffen hat, um deine Ergänzung zu sein, um deinen
Hunger nach der göttlichen Liebe zu sättigen und deinen Durst nach
der göttlichen Liebe zu stillen, gestehst du mir zu, dass Gott mich
zuerst einmal geschaffen hat, damit Gott mir all seine Liebe in
einzigartiger und individueller Intimität schenkt und spendet und
eingießt? Gestehst du mir zu, dass Gott mir einen weißen Stein gibt
mit einem Namen darauf, den niemand kennt als Gott und ich? Diesen
Namen kennst du nicht, Adam, du wirst ihn in Ewigkeit nicht kennen!
Ich nackt und Gott nackt und niemand drängt sich in meine
Gottes-Ehe! Wenn du mich nämlich nur als Spiegel deiner Seele, als
Verkörperung all deiner unbewussten Sehnsüchte ansiehst, als
Fleischwerdung deiner süßesten Träume, dann liebst du nicht mich,
dann liebst du nur deine eigene Seele. Dann ist all deine
Verliebtheit zu mir nur eitle Selbstverliebtheit, Besessenheit von
der eigenen Anima, Verfallensein an die eigene Anima. Wenn du mich
aber annimmst als eigenständige Souveränin von Gottes Gnaden, als
ein wirkliches Lebewesen, einen selbstständigen Geist, als eine
einzigartige Geistperson von eigener Würde und mit eigenem Genius,
dann kann ich für dich in all meiner Sympathie und Freundschaft zu
einem Geschenk werden, zu einer Bereicherung deines Weltbildes, zu
einer Bereicherung deines Gottesbildes. Dann kann ich dir die andere
Hälfte des Universums offenbaren. Dann wird deine Logik mir die
Tagseite des Kosmos erklären und meine magische Intuition wird dir
die Nachtseite des Kosmos fühlbar machen. Eva und Adam saßen
nebeneinander, Körper nahe bei Körper, Aura berührte Aura, die
Seelen atmeten die gemeinsame Luft. Sie schauten die Schöpfung, die
Bildung der Planeten, die Bildung der Sonne und der Erde, das Urmeer,
die ersten Algen, die ersten Zellen im Meer, die ersten Amphibien und
Fische, die ersten Kriechtiere an Land, riesige Drachen und Urvögel,
Säugetiere, Schlangen, Primaten, Affen. Zwischen Adam und Eva saß
der Amor Gottes. Eva umarmte den Amor Gottes und Adam berührte den
Amor Gottes, und in der Berührung des Amor Gottes berührten sich
Evas und Adams Fingerspitzen zärtlich, da zuckte ein elektrisches
Feuer, ein knisternder Funken zwischen den Fingerspitzen hin und her.
Am Abend aber lag Adam unter einer prallen Traube von roten
Weinbergen und schaute in den gestirnten Himmel Gottes und sagte:
Gott, was ich heute berührt, das war die Zärtlichkeit Gottes! Gott,
du bist gewiss eine überseiende Gottheit, unaussprechlich,
unbegreiflich! Alles, was ich von dir sagen könnte, trifft die
Wahrheit nicht! Sage ich: Du bist Vater! So sagst du: Ich tröste wie
eine Mutter! Sage ich: Du bist Geist! So sagst du: Doch kannst du
mich körperlich berühren! Sage ich: Du bist Licht! So sagst du: Ich
wohne im finsteren Licht! Sage ich: Du bist der Herr! So sagst du:
Ich bin Frau Weisheit und komme zu dir wie eine liebende Mutter und
eine junge Braut! Nenne du mich deine Schwester und Freundin! Sage
ich: Du wohnst im Himmel der Himmel! So sagst du: Und ich lebe doch
im allerkleinsten Quäntchen! Du bist also unbegreiflich! Du bist
also nicht sagbar! Aber wie kommt es dann, dass ich zwar an eine
überseiende Gottheit glaube, aber dennoch spüre, in der lieben Frau
an meiner Seite bist du körperlich anwesend, kann ich dich
körperlich schauen, ja, dich körperlich berühren! Wie komme ich
dazu, dich, den nie ein Auge gesehen hat, zu sehen? Dich, der reiner
Geist ist, zu berühren! Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Finger
berührt? Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Zärtlichkeit
leibhaftig begegnet? Und doch ist es so! So wird es auch dem Neuen
Adam gehen und allen seinen jungfräulichen Brüdern: Sie berühren
die Ewige Liebe leibhaftig in ihrem bräutlichen Körper, sie küssen
den Körper Gottes, sie vereinigen sich in ihrer Einheit von Leib und
Seele mit der leiblich-seelischen Gottheit! In der Freiheit von allem
sexuellen Zwang entschieden sie sich, die Ewige Liebe zur göttlichen
Braut zu erwählen, und die Ewige Liebe als göttliche Freundin
berührt sie in ihrem bräutlichen Körper, und sei es auch nur an
der Spitze ihres Fingers, aber ah, und oh, welch eine Berührung von
kosmischer Elektrizität, elektrischer Erotik Gottes!
FÜNFZEHNTES
KAPITEL
HYMNE
AN DIE SCHÖNHEIT
Eva,
du bist eine Schönheit!
Schönheit,
das heißt Licht und Klarheit,
Transparenz
dem klaren Lichte,
Schönheit,
das heißt, Gott zu schauen!
Eva,
du bist eine Forma,
Eine
Forma voll der Schönheit!
Eva,
du bist eine Gnade,
Eva,
du bist eine Grazie!
Eva,
Grazie voller Anmut,
Eva,
Grazie voller Liebreiz,
Eva,
Grazie voller Zauber,
Voll
Magie und Charme und Zauber!
O Bellissima Bellezza,
Eva,
wahre Belladonna!
Ma beauté très adorable!
You are beautiful, black
beauty!
Du
bist eine schöne Dirne,
Deine
Schönheit, das heißt Yawfeh,
Deine
Schönheit, schöne Dirne,
Reimt
sich auf den Namen Yahweh!
Griechen
nennen Schönheit Kallos,
Eva,
du bist die Kallisto,
Du
die Zeus-Geliebte Nymphe,
Die
als Stern am Himmel leuchtet!
Der
platonische Gelehrte
Nennt
dich Himmels-Aphrodite,
Die
Urania der Liebe,
Purer
spiritueller Liebe!
Der
gemeine Pöbel aber
Preist
dich als Pandemos Porné,
Als
die Kitzlerin, die Göttin
Der
Hetären und der Hunde.
Aber
mir bist du die Venus
Von
dem dritten Himmel, Venus,
Himmelskönigin
der Liebe,
Eva, o Divina Venus!
Schöner
noch als Aphrodite,
Eva,
bist du Aphroditissa!
Eva
ist die Aphroditissa,
Adam
ist Epaphroditos!
Eva,
nenne mir den Namen
Für
die Hypostase Gottes,
Die
Person der Schönheit Gottes,
Wie
soll beten ich zur Schönheit?
Ewige,
o Schönheit Gottes!
Ewige,
o Liebe Gottes!
Ewige,
o Weisheit Gottes!
Ewige,
o Eine Gottheit!
Aber
Schönheit in der Bibel
Heißt
die Herrlichkeit der Gottheit!
Eva,
Eva, du bist herrlich,
Herrlich
wie der Lichtglanz Gottes!
Eva,
o du bist horaios,
Blühend
deine Körperschönheit,
Eva,
blühend ist dein Körper,
Dein
Geschlecht ist eine Blüte!
Eva, du bist euprepeia,
Die
Gestalt, von Gott gebildet,
Ist
von graziöser Annmut,
Ist
von Pracht und Prunk, ein Schmuckstück!
Eva, Gratia Divina,
Du
bist wie die Charis Gottes!
Gottes
Charme und Gottes Liebreiz!
Gottes
Reiz und Gottes Zauber!
Charis
du vom dritten Himmel,
Löse
deinen Zaubergürtel,
Löse
deinen Liebreizgürtel,
Löse
deinen Keuschheitsgürtel!
Eva, du bist Maha-Devi,
Du
bist meine Große Göttin!
O du Ewig-Feminine!
Zieh
du mich hinan zur Gottheit!
Unsre
Fraue Aphroditissa
Nenn
ich dich in Paphos-Ktima,
Meine
Venus auf der Muschel,
Venus
mit den roten Haaren!
Isis
bist du, die Geliebte
Aller
Götter in den Himmeln!
Mir
und Mery heißt du, Isis,
Die
All-Liebende, Geliebte!
Eva,
du bist Sankt Maria!
Die
All-Liebende, Geliebte!
Sankt
Maria ist die Schönheit!
Gottes
Schönheit heißt MARIA!
Eva
spricht: In mir ist das göttliche Leben. Aber wie seh ich das
göttliche Leben in meiner Seele? Ich habe eine Vision, da seh ich am
höchsten Himmeln den Herrn erscheinen, er ruft mich beim Namen:
Ewige Frau, so ruft er mich, komm herauf zu mir! Da besteige ich
Planetensphäre um Planetensphäre, sieben Planeten. Auf jeder Stufe
begegnet mir eine der sieben Todsünden, und als Kraft der
Überwindung eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes. Ich
überwinde Versuchung um Versuchung, ich bin Überwinderin um
Überwinderin und steige auf zum Empyreum über die Himmelstreppe der
sieben Planeten, bis mich oben der Herr umfängt und mich küsst, wie
er nie eine andre Frau wird küssen! Aber ich habe auch eine Vision,
da seh ich meine Seele wie ein Lustschloss mitten im Paradies. Das
Lustschloss hat sieben Gemächer. In jedes Gemach führt eine Pforte
der Meditation. Um jedes Gemach ist eine Mauer, die bösen Blicke und
die feurigen Pfeile des Bösen abzuwehren. In jedem Gemach begegne
ich einer Ahnung Gottes, aber von Gemach zu Gemach wird die Liebe
Gottes mir deutlicher, spürbarer. Im siebenten Gemach allerdings seh
ich in der Mitte des Raumes wie einen lichten Kristall den Kern
meiner Seele, transparent und klar, durchscheinend für das Licht der
Liebe Gottes. Ich habe aber auch eine Vision, da sehe ich meine Seele
wie sieben Psychen. Jede Psyche ist wie ein Schleier. Der göttliche
Funke des göttlichen Eros in meiner Seele verschleiert sich mit
sieben Psychen, sieben Schleiern. Jede Psyche ist eine Fee, eine
Nymphe, ein Mädchen, eine Göttin. Aber Schleier um Schleier fällt
von der Erzpsyche ab, sie entkleidet sich Schleier um Schleier und
tanzt den Schleiertanz, den mystischen Striptease der sieben
Schleier, bis sie nackt dasteht, und der göttliche Eros, das ist
Christus, sich nackt mit seiner nackten Psyche mystisch-erotisch
vereinigt. Adam sprach zu Eva: Ich habe in meiner Seele einen Berg.
Siehe, es kann die ganze Seele in Nacht getaucht sein, in dunkle
Nacht der Leiden, aber auf dem Seelengipfel ist Freude! Eva sprach:
Wie das? Adam sprach: Die ganze Seele ist gemartert und wird am Holz
zerrissen, aber auf dem höchsten Punkt der Seele bricht ein
paradiesischer Frühling mit aller Lenzlust aus! Eva sprach: Und was
fühlt die Seele dann, die Freude oder das Leiden? Adam sprach: Die
Seele fühlt die Leiden, aber ist zugleich im Innern voller Freude,
es ist in der Seele eine Glückseligkeit, die tiefer in der Seele
lebt als die Gefühle reichen. Aber in meiner Seele ist nicht allein
der Seelenberg mit dem Seelengipfel der paradoxen Wonne, sondern in
meiner Seele ist auch ein verwunschenes Paradiesgärtlein mit all der
erotischen Frühlingswonne und Lenzlust! Eine hochzeitlicher
Liebesgarten ist in meiner Seele! Aber wenn ich die englische Speise
empfange, dann sehe ich die Ewige Weisheit wie eine göttliche
Herrscherin sich setzen auf ihren weißen Thron im Innern meiner
Seele, ich knie vor der göttlichen Herrscherin und bete sie an! Aber
wenn ich die englische Speise empfange... Eva sprach: Man hu?... Adam
sprach: Wenn die leichtschmelzende himmlische Speise in meinem Innern
sich auflöst, dann sehe ich die Ewige Weisheit wie eine bräutliche
Freundin, wie eine Geliebte! In meiner Seele ist eben ein
Brautgemach, ein verklärtes Schlafzimmer. Im Innern des verklärten
Schlafzimmers ist ein verklärtes Bett, und im verklärten Bett liegt
die verklärte Freundin, die Geliebte, und da wir uns vereinigen, sie
nackt und ich nackt im paradiesischen Ehebett des himmlischen
Brautgemachs im Innern der Seele, da durchströmt mich die
Glückseligkeit, die göttliche Wonne! Eva sprach: Was ist das, die
göttliche Wonne? Wonne, sprach Adam, ist Venus. Denn meine Geliebte,
die Ewige Weisheit, ich nenne sie Sophie, sie ist die wahre Venus
Divina, und wenn die Venus Gottes, das heißt, die Schönheit Gottes,
sich mir ganz hingibt, dann schenkt mir die Venus Gottes die Wonne
Gottes! Eva errötete und schwieg. Aber Adam sprach: Ich hörte die
Stimme des Herrn, er sprach zu mir: Nimm dir Evas Slip, das grüne
Feigenblatt, und geh zum Euphrat im Garten Eden und vergrabe Evas
Slip in der Erde am Ufer des Euphrat. Dann geh nach einem Jahr wieder
an den Euphrat und grabe nach Evas Slip. Da wirst du sehen, dass Evas
Slip zerfallen ist, zu nichts mehr zu gebrauchen. Denn siehe, wie Eva
sich den Slip anlegt, so will Gott sich die ganze Menschheit anlegen,
aber die Menschheit wendet sich ab von Gott und will die Liebe Gottes
nicht, sie wollen nicht einmal hören das Wort der Liebe Gottes! Eva
sprach: Bist du dir sicher, dass das die Stimme Gottes war? Was weiß
Gott von meinem Slip? Adam sprach: Er ist doch der Erfinder des Sex!
Eva
sprach: Adam du bist ein wahrer Mann, ein Mann nach dem Herzen
Gottes! Du bist der Gerechte! Du lebst im Stand der Gerechtigkeit!
Ich bewundere die Weisheit deiner Vernunft! Du bist mir oft schon die
Stimme, das Orakel der Ewigen Weisheit gewesen! Dein Geist ist eine
Schatzkammer guter Gedanken, begeisternd sind deine Ideen, mit deiner
Begeisterung entflammtest du oft schon meinen Geist! Ich bewundere
die Stärke und Festigkeit deines Herzens! Wie oft, wenn ich
niedergeschlagen und bedrückt war, hast du mich aufgerichtet, mir
neuen Mut gemacht, mir neues Gottvertrauen geschenkt! Wie oft hast du
mich ermutigt und auch mein Selbstvertrauen gestärkt! Wo nimmst du
den Mut her, Adam? Wo nimmst du das Gottvertrauen und Selbstvertrauen
deines Herzens her, Adam? Ich bin auch fasziniert von der Macht
deiner Leidenschaft, von dem Feuer deines Verlangens, von dem Sturm
und Drang deiner Wollust! O du hast die Macht der Schlange! Wie fühl
ich mich als Weib begehrt! Wie fühl ich mich in meiner Weiblichkeit
und Leiblichkeit gewollt, gewünscht, geliebt! Du bist ein wahrer
Mann, Adam, weise im Geist, stark im Herzen und leidenschaftlich im
Verlangen! Darum bist du der Gerechte, denn du bist wohlgeordnet vor
Gott! Adam sprach: Eva, du bist eine wahre Frau, die wahre Frau nach
dem Herzen Gottes, du bist die Frau an und für sich, die absolute
Frau! Dein Herz ist rein wie das Herz eines kleinen Kindes, du bist
von einer himmlischen Unschuld! Du bist voller Güte, ein Abbild der
himmlischen Güte! Du bist voller Liebe zu allen Geschöpfen! Du bist
voller intimer Vertrautheit mit Gott! Du bist demütig vor dem ewigen
Gott und bist bescheiden, denn du weißt, was Gott dir zugemessen,
dass du alles empfangen hast. Du bist nicht stolz, hochmütig,
hoffärtig! Du bist nicht hartherzig, nicht verstockt, nicht
starrsinnig! Du bist wie das fließende Wasser, das weiche Wasser,
das den harten Stein zerbricht. Du bist von Demut und Güte und
Sanftmut. Dein Herz ist von solcher Sanftmut wie ein Abbild der
Zärtlichkeit Gottes! Du spiegelst die Zärtlichkeit Gottes zu allen
Kreaturen! O wenn du hochthronend vor mir stehst, geliebte Herrin,
die Füße auf den Wolken, zwei Seraphim zu deinen Füßen, zu deinen
Seiten die himmlischen Götter, die dich anbeten, und du erscheinst
als Himmelskönigin, ein kleines Lamm auf dem Arm, du liebkost und
streichelst das kleine Lamm, als wäre es der Sohn Gottes selbst!
Welche Zärtlichkeit Gottes ist in dir inkarniert! Welche Reinheit
des Herzens, Eva, dass du wie ein reiner Kristall bist, der ganz
transparent ist für die Schönheit und Güte Gottes! Welche Reinheit
des Herzens, Eva, dass du zu einem Spiegel geworden bist für die
Herrlichkeit des Herrn!
SECHZEHNTES
KAPITEL
EVAS
LIED
Du
bist wie der sonnenlose
Graue
Tag auf jungen Rosen,
Als
ich lag an deiner Seite,
Blieb
mein Herz mir stille stehen.
Purpurn
küsst ich deine Wange,
Lächeln
floss aus deinen Augen.
Meine
Seele ist gestorben,
Du
gingst wieder durch den Winter.
Deine
sündigroten Lippen
Sind
die Grube meines Todes,
Meine
Tugend ist entschlafen
In
dem Duften deines Atems.
Wie
berauscht bin ich versunken,
Hab
getrunken aus der Quelle,
Sinke
in die Abgrundtiefe,
Sinke
in das Reich Gehenna.
O
mein weißer Blütenkörper
Ist
erglüht von deinem Hauchen,
Meine
Glieder zittern, beben
Wie
die jungen Rosenbüsche.
Ja,
ich folge dir ins wilde
Land
der Sünde, in das Südland,
Pflücke
Lilien auf den Wegen,
Und
verlier ich auch die Heimat!
Weißt
du nicht, dass du gefesselt
Liegst
in meinen Phantasieen?
Du
besiege mich mit Küssen
In
den Nächten, bis zum Morgen.
Sieh
die Anemonen glühen,
Rötlich
wie ein Meer aus Feuer.
Ich
hab in den Kelch gesehen
Allzu
tief, den Kelch der Sünde.
Ist
die Sünde reich an Tränen,
Stirbst
du auch an meinen Gluten,
Meine
Hölle ist dein Himmel
Und
du schmilzt in meinem Blute.
Heiße
Lenzgewalten treiben,
Ungezügelte
Gefühle
Treiben
mich und die Ideen,
Die
mich greifen an wie Panther.
Ach,
ich irr durch Sonnentage,
Nachts
ertönen meine Schreie,
Meine
Wollust stöhnt wie Marter,
Ich
will lösen alle Fesseln.
Und
ich schweb auf meinen Schwingen
In
den Schoß des Sonnentales,
Mich
bezwingt der Hauch des Maien,
Willenlos
ist meine Liebe.
Liebster,
bleib bei mir im Dunkeln,
Denn
ich fürcht mich vor dem Nachtwind.
Ich
hab solchen Schmerz durchlitten,
Leide
an Erinnerungen.
Hörst
du, wie die Stürme heulen,
Hörst
du, wie die Glocken läuten?
Tausend
Tränen strömen heimlich
Und
benetzen meine Sehnsucht.
Deinen
Arm um meine Hüfte!
Du
umarm mich wie ein Kindlein.
Ach,
ich bin ein junges Mädchen,
Junges
Weib, von Gott verlassen!
Lieber,
sage schöne Dinge,
Singe
mir von Lenzlust Lieder!
Sage
süße Schmeicheleien!
Und
vertreib des Todes Krähen!
Liebster,
siehst du die Gespenster?
Mitternachts
auf Wolkenwagen
Nehmen
Totenseelen Abschied.
Pflücke
ihnen Lebensfrüchte!
Mein
Geliebter, küsse, küsse
Mich
mit heißen Feuerzungen,
Deinen
Jubelquell ergieße,
Überflute
mich mit Wollust!
Denn
ich schlaf an einem Brunnen,
Träume
nachts so schöne Träume,
Träum
von Sternenlicht und Mondschein
Und
von weißem Schaum des Meeres.
Träume
von Zypressenschönheit,
Träume
von den blauen Blitzen
Deiner
heißen Augensonnen,
Hör
dich mit den Faunen scherzen.
In
dem Sonnentale blühen
Feuerheiße
Purpurrosen.
Lilien,
weiß wie Kirchenkerzen,
Die
von Myrrhe überfließen.
Meine
roten Lippen glühen,
Meine
Arme sind wie Flammen.
Komm
du mit mir in das Südland,
In
die Sonne meiner Gluten!
Meine
Ader schmerzt vor Wollust,
Von
der Wildheit meiner Säfte.
Purpurne
Granaten prangen
Wie
die heißen Frauenlippen.
Purpurne
Granaten prangen
Wie
der rote Mund der Liebe,
Wie
die Röte meiner Wangen,
Weißer
Wangen heißes Schamrot!
Meine
Haut, die südgebräunte,
Lässt
die Perlmuttmuscheln schimmern,
Muscheln
wie auf Perlenschnüren,
Und
ich flechte meine Zöpfe.
O
wie bebt die Mutter Erde,
Wie
sich Mutter Erde auftut,
Wie
sie dürstet nach dem Äther,
Nach
dem Sturm der Himmelsfluten!
Heiße
Wüstenwinde stöhnen
Wie
der Atem meiner Sehnsucht,
Wie
die heiße Qual der Sehnsucht!
Adam!
Hörst du Evas Lockruf?
Zebaoth
spricht aus dem Abend:
Du
verschwende lauter Liebe!
Nimm
die Perlen meiner Krone!
Lass
dein Blut in Honig wandeln!
Tränke
deine roten Lippen
Mit
den Düften süßer Mandeln!
Du
verschwende lauter Liebe,
Jubelnd
schmücke meine Feiern!
Schwarze
Schwermut sollst du kränzen
Mit
dem Gold der Blütendolden.
O
ein Garten wird dein Herz sein,
Garten,
darin Dichter träumen.
Aller
Sonnen Aufgangsheimat
Ist
der Garten deines Herzens.
Sterne
kommen nachts und flüstern
In
den Nächten deines Gartens.
Du
verschwende lauter Liebe!
Ranken
tragen deine Arme,
Und
Lianen werden trösten
Gottes
Paradiesesheimweh!
EVAS
LIED
Schwere
aufsteigt aus der Erde,
Wir
ersticken an dem Bleidunst.
Doch
voll Sehnsucht reckt und streckt sich
Eine
Feuersbrunst der Liebe!
Ah,
es tönt aus allen Flüssen
Evas Hymne, Adams Hymne,
Reißen
wir herab die Kleider:
Ich
nackt, du nackt in dem Garten!
Hasche
mich, ich bin der Frühling,
Fasse
mich um meine Taille!
Über
Hügel, über Klippen!
Sieh
die Blüten in den Gräsern!
Blüten
zwischen grünen Gräsern,
Gräsern,
die von Tropfen glitzern!
Duft
von Paradiesesäpfeln!
Süßer
Duft wie Kinderatem!
O
ich will die Sonne küssen
Dir
von deinen lichten Lippen!
Sieh
aus meinem Schoße steigen
Gottes
Seele – Dura Mischa!
O
wie zagt die Seele Gottes,
Ungestüm
sich raffend, kraftvoll,
Selbst
sich aus dem Nichts erschaffend,
Gottes
Seele – Dura Mischa!
Kennst
du diese heißen Ängste
Vor
der unsichtbaren Gottheit,
Vor
der rätselhaften Gottheit,
Vor
der Seele dieser Gottheit?
Ach
versteck mich, du Geliebter,
Meine
wilde Angst und Bangnis
Wird
auf meinen Wangen Schamrot,
Schamrot
auf gewölbter Wange!
Ach
versteck mich, du Geliebter,
In
dem Auge dunkler Nächte.
Alle
meine Tage tragen
Nachtschwarz
meiner dunklen Nächte.
Gräber
reißen auf die Höhlen,
Abgrund
redet mit dem Abgrund!
O
die Gräber voll Begierde
Sind
begierig nach den Leibern!
Diese
heiße Todesstille!
Diese
Schreie stiller Leichen!
Vor
dem Herzen harten Todes
Röcheln
unsre Einsamkeiten.
Doch
wie wächst die Seele Evas
Über
alle Weltenalle!
Ihren
Anbeginn verlierend
Vor
der ersten Morgenröte,
Über
alle Zeit-Äone
Und
das große Welten-Ende
Überschweifend
in die Wonnen:
Ewigkeiten
– Ewigkeiten!
Siehst
du, wie der Tod uns nachschaut?
So
als ob er Augen habe,
Augen,
die nicht weinen können!
Tränenmeere
sind versteinert!
Schwarz
versinkt des Todes Auge,
Schau,
es schaut die Sonne Gottes,
Flammenzungen
an den Ästen
Züngeln
des Erkenntnisbaumes!
Flüchten
wir aus unserm Garten?
Flüchten
wir vor unsrer Liebe?
Haben
wir uns selbst vertrieben
Aus
dem Liebesparadiese?
Siehst
du Gottes Seele lächeln?
Gottes
Seele – Gottes Amor –
Gottes
Amor – unser Kindlein!
In
Vergissmeinnicht gebettet!
Siehst
du deine Eva lächeln,
Lieber
Adam, Eva lächeln
Über
Gottes Kindlein Amor?
Siehst
du mein verzücktes Lächeln?
Tanzen
denn Kometensterne
Auf
der Mutter Erde Rücken?
Diese
wilden Feuerschweife,
Die
mir meine Lenden peitschen!
Diese
weiße Glut der Liebe,
Die
mich sonnt, mir bräunt die Glieder!
Träum
ich seeletrunken, Liebster?
Trunken
von der Seele Gottes?
Sind
in mir die Fiebergluten,
Die
an meinem Marke zehren,
An
dem Mark der Ewigkeiten,
An
dem Saft der Auferstehung?
Wie
verzeihend lächelt Amor –
Gottes
Amor – unser Kindlein!
Gottes
Sohn wird mit uns spielen
Wieder
in dem Paradiese!
ADAMS
LIED
Dunkel
ist es auf der Erde,
Wie
wenn Gott gestorben wäre!
Ich
will mich in dir vergraben,
Eva,
in dir untergehen!
Sag
mir, liebst du mich, Geliebte?
Ja,
ich liebe dich, Geliebte!
Ja,
ich liebe dich, Geliebte!
Ja,
ich liebe dich, Geliebte!
Über
dieser schwarzen Erde
Wiegen
sich die Morgensterne!
Du
und ich vereint, Geliebte,
Auf
dem Morgenstern der Liebe!
Siehe,
da erschien die FRAU: Ich bin das ewige Paradies des Neuen Adam! In
mir, dem ewigen Paradiese Gottes, dem Lustort Gottes, findet ihr mehr
Schönheiten und Wonnen, als ihr im Garten Eden gefunden habt. Kommt
zu mir, der FRAU, und schenkt euch mir, der FRAU, ich werde euch ein
Paradies sein, ein ewiger Lustort!