EVA

Ein Epos in Vers und Prosa

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit



MOTTO

„Thus talking, hand in hand alone they passed
On to their blissfull bower. It was a place
Chosen by the sovran Planter, when he framed
All things to Man’s delightfull use. The roof
Of thickest covert was inwoven shade,
Laurel and myrtle, and what higher grew
Of firm and fragrant leaf; on either side
Acanthus, and each odorous bushy shrub,
Fenced up the verdant wall; each beauteous flower,
Iris all hues, roses, and jessamine,
Reared high their flourished heads between, and wrought
Mosaic; under foot the violet,
Crocus, and hyazinth, with richy inlay
Broidered the ground, more coloured than with stone
Of costliest emblem. Other creature here,
Beast, bird, insect, or worm, durst enter none;
Such was their awe of Man. In shadier bower
More sacred and sequestered, though but feigned,
Pan or Sylvanus never slept, nor Nymph
Nor Faunus haunted. Here, in close recess,
With flowers, garlands, and sweet-smelling herbs,
Espousèd Eve decked her first nuptial bed…………”

(Milton)


ERSTES BUCH

ERSTER GESANG
Im Anfang schuf Gott durch das Wort,
Da schwebte der Geist auf chaotischem Meere.
Muse, warest du auch denn dort?
Dies zu wissen, ich begehre.
Rein geordnet durch Gottes Kraft,
Spricht meine Huri in Knittelreimen.
Rein geordnet die Leidenschaft
Ist in Gemeinschaft mit dem Reinen.
Gott gebot: Es werde Licht!
Und er schied das Licht vom Dunkel.
Zur Abendstunde dein Angesicht
Ist so golden, der Blicke Gefunkel.
Siehe, Muse, am ersten Abend,
Den Gott im Weltall werden ließ,
Saßest du reimend, am Reim dich erlabend,
Und träumtest vom schönen Paradies.
Ich Kopfgeburt, ich war zu versunken
Allein in meine eignen Gedanken
Und sah nicht deiner Augen Seelenfunken
Und den Dattelmund und die Haare, die langen.
Ich sah dich überm Meere schweben,
O Muse, sah an der Urzeit Quell
Dich wandeln in wallenden Duftgeweben,
Dein perlmutterfarbener Schleier ist hell.
Du hieltest in Händen ewige Tafeln
Des göttlichen Schicksals, Gottes Gebot.
Die Nymphen und Tritonen schwafeln,
Du aber schweigst weise goldenrot.
Du schwebtest herbei auf deiner Muschel,
In der Muschel ein heimliches Rauschen,
Lispelnd dem Dichter ins Ohr Getuschel,
Er solle nur seiner Muse lauschen.
Siehe, im himmelblauen Linnen
Geht sie am Meere mit runden Armen.
O Lilienarmige! Dich zu minnen,
Macht weise den Minner. Hab Erbarmen!
Wende dich zu dem lauschenden Ohr
Des Poeten mit schönem Schall.
Er höre, er stoß aus dem Munde hervor
Der schöpferischen Liebe Gelall!
Ich lieg hier, Beine über Beine
Auf einem Diwan von grünem Moose,
Auf einem einsamen Felsensteine
Und schau in des Meeres Gischtgetose.
Du nahest in Perlmuttschleiern
Und hast Meeresschlangen umgewunden.
Nur deine Schönheit möge feiern
Die Liebesleier des Herzenswunden.
Du Schönheit auf dem Meere wandelnd,
Herrlich im lichtgrünen Schein der Frühe!
Keusch und voller Huld zu handeln
Kamest du – o ich glühe, glühe!
O lass mich dich auf Knieen anflehen
Hier in der Urzeit Meergetose:
Lass dich von trunkenen Augen ansehen
Und küss mich mit deines Mundes Rose!
O Muse, wie soll der Dichter singen,
Wenn die Muse nicht küssen mag?
Eile, Engel, gefalteter Schwingen,
Ihr mein heißes Verlangen sag!
Die Muse neigte sich hold an der See
Unter dem Monde in trunkener Nacht,
Sie in der Nacht mit dem Antlitz von Schnee
Reiche ihres Mundes volle Pracht.
O Muse, diese vollen Lippen,
Die jungen roten Rosenblätter!
Amor möchte daran nippen!
Dich küssen tausend Liebesgötter!
Schönstimmige, bist du Calliope?
Breites Epos willst du nicht singen,
Nicht den Krieg der Helden, das Weh
Der Mütter nicht, du willst Freude bringen.
An die uralten Zeiten erinnern
Kann nur die Muse Mnemosyne.
Himmlische, ohne dich will ich nicht beginnen,
Zu singen Wonne, Sünde und Sühne.
Lass deine weiße Seide rauschen
Und deine hennaroten Lockenfluten.
Ich will deiner leisen Weisheit lauschen
Und dein Lied zur Posaune tuten.
Nicht unterrichtet in Wissenschaft,
Wie denn schufest du, Herr, die Welten?
Du bist ewige Weisheit und Kraft!
Ob auch Mythen und Märchen vor dir gelten?
Sicher, die Wahrheit sagt der Prophet,
Der vom Heiligen Geist getrieben.
Träumerischbuntes singt der Poet,
Weiß nichts als seine Geliebte zu lieben!
Und nun gibt mir die Muse das Bild
Von Nüwa, der Göttin des Reiches der Mitte.
Hoheitsvoll und anmutmild
Erschien sie in seelenvoller Sitte.
Sie schwebte über die ersten Gräser,
Die da an schilfigen Teichen standen.
Schmetterlinge als Blütenleser
Flatterten fröhlich in allen Landen.
Einhörner sprangen im grünen Gras,
Es wehten transparente Feen,
Der Papagei geflügelt saß,
Die Nachtigall war bei der Rose zu sehen.
Rinder waren auf breiten Weiden,
Ziegen liefen an Bergeshängen.
Mutter Natur mit herrlichen Weiten
Lag da in Breiten und Längen.
Wolken zogen über die Erde,
Panther sprangen und starke Löwen,
Frei und stolz die wilden Pferde,
In den Lüften lachten die Möwen.
Tauben girren, schmelzen, kosen,
Lassen ihre Brüste wallen.
Um die purpurroten Rosen
Buhlen verliebte Nachtigallen.
Eiche rauscht im Wind und Buche,
In denen lassen Tauben Federn.
Meine Seele im Traume suche
Das Land von Zypressen und Zedern.
Olivenbäume mit kernigen Früchten
Bei Bergamottenorangenbäumen,
Früchte verschleiert in keuschen Züchten,
Nebelwogen um Bäume schäumen.
Weißer Nebel, kristallener Tau
Fällt und der Silberfaden-Regen
Auf die dunkle empfangende Au,
Goldregen wurde Danaes Segen.
Lämmlein unter Lilien weidet,
Poppie in Morgentaues Bade.
Alles lächelt, keiner leidet!
Blumen schön wie Lavendeljade.
Auf den Teichen schwarze Schwäne
Tragen ihre weiße Feder.
Die Zypresse weint eine Freudenträne
Und wonnevoll lacht die hohe Zeder.
Es jagt in Frieden die stolze Stute
In Ebnen unendlicher Freiheit.
Schaute Nüwa hinauf, die gute,
Grüßt die Gottheit, die Einige Dreiheit!
Nüwa nahm etwas gelben Schlamm
Aus der mittelchinesischen Ebene Xian
Und fügte ihn zum groben Klumpen zusamm
Und weiht ihn dem himmlischen Gotte Tian.
Modellierte, gestaltete fleißig,
Machte ein schönes Männer-Idol.
Den jugendlichen Schenken preis ich
Mehr nicht und mehr nicht den jungen Apoll.
Apoll von Belvedere nicht
Und David nicht von Michelangelo
Ihm gleichen. Vollkommen sein Gesicht,
Die Glieder machen die Göttin froh.
Ich will ihm, sagte die Göttin Nüwa,
Aus Adama-Erde den Adam-Mann,
Zur Freundin schaffen die schöne Eva,
Dass er Gott in ihr anschauen kann!
Wie eine Nymphe, wie eine Lilienblüte
War sie unendlich rein zu rühmen,
Vollkommen heilig im schönen Gemüte
Und von Liebe geheiligt ihr Hymen.
Pur aus dem Traum war sie aufgesprossen,
Erblüht aus des Mannes Mark und Gebein,
Von vollkommener Schönheit umflossen,
War sie von ganzem Herzen sein.
Sie schaute aus geliebten Augen-Juwelen
In seine Augen so sanft und süß!
Ineinander schmolzen die Seelen
Und waren vereinigt im Paradies.
Und die Göttin in rosiger Seide
Verließ für kurze Zeit die Erde,
Sie schwebte zur grünen Sternenweide
Mit der anmutvollsten Gebärde.
Sie schwebte beim Scheffel und beim Phönix
Und vorbei an der Weberin,
Trat in das Haus des Polarsternkönigs
Und sah des Himmels Kaiserin.
Des Mondes weiße Königin
Trat aus den silberkristallenen Hallen:
Heilig, o Nüwa, ist dein Sinn,
Ich hab an dir mein Wohlgefallen.
Siehe, du Göttin des Paradieses,
Hör, was mein Geist über dich bestimmt:
Geh zum Jaspishasen auf die Wiese
Und zum Baum von duftendem Zimt,
Tritt dann in die kristallene Halle,
Setz dich zu meinen Füßen nieder.
Lobpreis deiner Güte erschalle,
Deine Schönheit besingen himmlische Lieder.
Damit verlor sich des Mondes Schimmer
In Neumondnacht, tiefe, konfuse.
Der Dichter war allein in seinem Zimmer,
Allein ins Bett ging seine Muse.
ZWEITER GESANG
Die wunderschöne Chawa kam
Zum hingegossenen Adama.
Vulkanus wäre nicht lahm,
Wär solch eine Aphrodite ihm nah.
Weint, ihr Poeten, weint,
es ströme eurer Tränen Schauer,
Weil sie nicht bekleidet erscheint,
Jammert in unendlicher Trauer!
Wie wollt ihr singen um Gottes willen
Ein keusches züchtiges Lied der Tugend,
Da sie vor euch steht so ohne Hüllen
Und nichts verbirgt euch ihre Jugend?
Nun singt ihr nicht majestätische Roben
Und nicht den erbarmungsvollen Mantel.
Schaum um die Schultern seht ihr toben
Und fluten das lockige Haar an die Mandel.
Nackt wie Ischtar im Totenreiche,
Aber in Eden im Land des Lebens!
Eros, mit segnendem Flügel streiche
Über das Haupthaar ihr nicht vergebens.
Ihre Glieder wie Elfenbein!
Ihrer Glieder wie Ebenholz!
Und der Haare Morgenschein
Flattert wie ein Banner stolz!
Sie ging an des großen Meeres Strande,
Durch das Wildbachtal an den Strom,
Sie lebte in des Lebens Lande
Bei der Mango süßem Arom.
Meine Braune und meine Schöne!
Adama rief es ihr zu emphatisch.
Dass mich Bambus und Lorbeer kröne,
Sing ich die Wonnen der Liebe ekstatisch!
Ich wandle mit dir, du bist so süß,
Wir wandeln Hand in Hand zusammen,
Arm in Arm im Paradies,
Und sind einander Zunder und Flammen.
Geliebte, Geliebte, wir lieben einander!
Und über uns ist die Liebe Gottes!
Durch Freudengärten mit mir wander
Zum Blasen des Seraphen-Fagottes.
Oh, ich sehe durch alle Hüllen
Wie durch eine Silberzwiebel!
Lass meine Augen sich füllen
Mit der Sicht des Leibes ohne Übel,
Ohne Makel, in Perfektion!
Mischmischfrüchte deine Brüste,
Bergamotten im Sommer schon,
Verschleiern sie des Taues Düste.
Fällt der Nebel, fällt das Haar,
Fallen die wallenden Blütenglocken
Dir auf der Brüste Apfelpaar
Und der Pusteblume Samenflocken.
In deinem Paradies-Kostüm
Liegt vor mir die ganze Pracht der Natur.
Dich hüllt ein Hauch ein wie Parfüm,
Du seelenvollste Kreatur.
Und seien wir Poeten höflich
Und singen wir die Minnedame!
Ich preis der Geliebten Schönheit höchlich
Und löblich, Eva, prangt dein Name.
Chawa sing ich euch, die Schöne,
In Garten Edens dunkler Nacht.
Die Stute schüttelt ihre Mähne,
Die Flamme lodert roter Pracht.
Sie sprachen vom Feuer beim Trinken,
Lachten und schauten so schön verträumt.
Vögel in die Nacht versinken,
Der Abendstern feiertrunken säumt.
Da liegt des Leibes weiße Rose
Mit den roten Rosenblüten
Im blütenüberschneiten Moose
Und die Fingerspitzen glühten.
Chawa tauchte auf im Garten
Aus der schäumenden Blütenfülle.
Alle Nachtigallen erwarten
Ihre süße Stimme in der Stille.
Chawa sprach mit süßer Stimme:
Müde bin ich, geh zur Ruh,
Dass ich tief in Träumen schwimme
Zum geliebten göttlichen Du.
Gottversunken, liebestrunken
Will ich ruhen in der Stille,
Liebestrunken, gottversunken
Will ich leben in der Fülle!
O du schöner Adama, komm,
O komm in meinen bräutlichen Garten!
Ich will dich, mit vielerlei Künsten, fromm,
Mit meinem offenen Herzen erwarten.
Ich will dich an dies Herze drücken,
Das wir zusammen an Gottes Herz
Die Ewigkeit finden voll Entzücken,
Von Wonne Überwonnen-wärts!
Eja, eja, meine Seele
Ist voll von deinem warmen Umarmen,
Ich zittre wie die blühende Schmele,
Erfasst von Gottes großem Erbarmen.
Liebhaben, liebhaben will er uns,
Will uns lieben, ewiglich lieben,
Will uns küssen blühenden Munds,
Sieben Küsse und siebenmal sieben!
Adam ruhte in Chawas Arm,
Es blühte und bebte die Natur,
Der Sommer wogte am Abend warm,
Die Nacht war warm, von Frost keine Spur.
Adam tanzte sein Mark und Gebein
Und die Seele ließ sich nieder
Und es ruhte der Augenschein
Und zur Ruhe fanden die Glieder.
Der Abendstern taute Segen hernieder,
Die Mondin schaute so warm und schön.
Die Nachtigallen sangen Lieder,
Sangen zur Ruhe mit süßem Getön.
Er küsste ihrer Schultern Elfenbein,
Geschwungen wie Schultern von Delphinen,
Er hauchte dem Haare Küsse fein
Voll vom Segen der Seraphinen.
Und er legte ins weiche Gras,
Die fruchtbar reiche weiche Wiese,
Ihren Leib, voller Vorsicht, wie Glas,
Zur nächtlichen Ruh im Paradiese.
Schlafe und tauche in Gottes Welt
Innen in dir - wie außen so innen -
Sei ihm ganz anheim gestellt,
Er wird dich immer und ewig minnen.
So legte Adam zur Ruhe sich auch,
Er schlief unterm geistlichen Feigenbaum.
Er widmete seines Lebens Hauch
Gott, und trat zu ihm im Traum.
Adam stieg in die Märchenwelt
Durch das goldene Löwentor.
Halbmonde golden verzierten das Himmelszelt,
Sterne wie diamantener Flor.
Da saß an der rosenumrankten Pforte
Vor der Mauer die Huri schön:
Vollkommne Schönheit mit einem Worte,
Und hörte der Nachtigall Getön.
Himmlisches Flüstern, himmlisches Flüstern:
Lass uns zusammen kosen, wir beide
Sind Abendsterne im Abenddüstern
Und tauige Blumen auf Edens Weide.
Felsenfeste Männer lieb ich,
Treu in Liebe und Vertrauen.
Wie der geflügelter Hudhud piep ich.
Du siehst in mir die Schönste der Frauen.
Chawa werde ich wohl gleichen müssen,
Dass ich in Ewigkeit dir gefall.
Wir wollen küssen, wir wollen küssen,
Küssen wie Rose und Nachtigall!
Bin ich nicht schön? Mir fallen
Meine Strähnen am Ohr entlang.
Soll ich verwirren sie, lassen sie wallen?
Sollen sie fallen zum Schoße lang?
Bin ich denn immer noch nach der Mode,
Die sie alle auf Erden lieben?
Einzigartig sei in der Ode!
Werde Chawa von dir getreu beschrieben!
Darum, so sing ich in Knittelreimen,
Dass du nicht feilen musst, feilen,
Rechnen und zählen, zusammenleimen,
Sing du in altdeutschen Liebeszeilen.
DRITTER GESANG
Liebliche, liebliche Töchter gebar
Dem göttlichen Wassermann im Meer
Die Allschenkende mit dem schönen Haar,
Das unfruchtbares Meer ward fruchtbar sehr.
Du Göttin aus dem Ozean,
Du Nymphe aus dem breiten Strom,
Schwimmerin gleich dem weißen Schwan,
Es steigt zu dir unser Weihrauch-Arom!
Retterin wollen wir dich nennen.
Aus den rauschenden Meeresfluten
Lasse funkeln der Sterne Brennen,
Du gnädige Geberin alles Guten.
Meeresstille am Meere ganz.
In der lieben blauen Grotte
Bläulich schimmernder Meeresglanz.
Die Nymphe vereinigt dem Gotte!
Rauschende salzige Meeresflut
Brandet empor mit den weißen Wellen.
Allgegenwärtige! schön und gut
Du walte über die Wogen, die schnellen.
Aus Wassers weißen Gischtschaumflocken
Steigen die Nymphen auf und nieder,
Die da reizend zur Liebe locken,
Siegerinnen und rosige Glieder.
Holdseligkeit, Anmut, süße Huld
Und demütige Gnade und Gunst,
Ein Ruhehafen, ein Sternbild hold,
Plejaden nennt sie die Kunst.
Glorwürdig Leuchtende, hohe Erlauchte,
Geschenk der See, du Uranfängliche!
Vulkan in seiner Schmiede fauchte,
Diana floh verletzt als Bängliche.
Im Uranfänglichen mächtig Waltende,
Allschenkende mit dem umfassenden Blick,
Dich aus milchweißer Gischt Gestaltende,
Liebliches Ross, du stürmst vor und zurück.
Kluges Ross, du Rosengliedrige,
Mit schlanken Fesseln, Welle am Ufersaum,
Meeresvögelin, Taubenfiedrige,
Schönbekränzter Göttertraum!
Im bläulichen Schimmer des Meeres Badende,
Herrin über die Wogenflut,
Sanfte Balsamworte Redende,
Die du siegreich bist über der Völker Wut!
Erfahrene Weisheit und Wissen im Innern,
Erlöserin unserer Seelenfunken!
Ich will mich immer an dich erinnern,
Bin immer von Liebe zu dir so trunken!
Du liebliche Hüterin kleiner Lämmer,
Der kleinen Zicklein Wandergefährte,
Du schlanke Zypresse im Abenddämmer,
Du grünende Düne, du blühende Erde!
Rosse ruhen auf blauem Eiland.
Es hört der Gerechte, der wahrhaft Klügliche:
Evas Schoß entspringt der Heiland,
Jenes Geheimnis, jenes Untrügliche.
Wie Horazius sagt, sollen lehren
Und die Herzen erfreuen Poeten.
Singe darum den Fall im Begehren
Nach den Schriftrollen frommer Propheten.
Reich war der Garten an Apfelbäumen,
Birnenbäumen, alten und jungen,
Maulbeerbäumen mit Seidensäumen,
Pflaumenblüten vom Schaum umschwungen,
Goldzitrone, Bergamott
Und den vollen Jampusen.
Besteige die Palme flott,
Pflücke die Feige, küsse den Busen!
Majestätische Granatäpfel
Hingen blutend im Lebensbaum.
Weithin goldener Krone der Wipfel,
Grün und orange wie im süßen Traum.
Alle sollen sie dein sein, mein Kind,
Auch werd ich noch nie genannte dir nennen,
Aber eines, das nenn ich Sünd:
Gottes Gebot nicht bekennen.
Einen Baum für Jahwe spare,
Davon werde nicht genascht,
Weil sich dir sonst verfängt im Haare
Die Schlange, die dir nach der Seele hascht.
Die Schlange ist ein gefallener Engel,
Will zur Verlorenheit verlocken,
Er tritt schillernd zwischen die Lilienstängel,
Behangen mit Samen und Blütenglocken.
Luzifer lispelte, flüsterte, züngelte
Mit gespaltener Zunge fein,
Und gewaltig der Schwanz sich ringelte,
Er wollte der höchste Engel sein.
Mit eingeklemmtem Schwanz und blinzelnd
Kurzsichtig trat er zu Eva hin,
Ein wenig plaudernd, ein wenig witzelnd,
Schmeichelnd ihrem Frauensinn.
Hat Gott eine Frucht verboten?
Das wäre doch gegen die Freiheit!
Nimm dort die Früchte, die scharlachroten,
Kirschen der Sünde sind süß zur Freizeit!
Die verbotenen Früchte geben
Selbsterkenntnis, da wirst du Gott
Gleich sein an Weisheit und ewigem Leben,
Nicht leben in Krieg und Alltagstrott.
Chawa schaute mit schönen Augen
Nach den verlockenden Früchten hin:
Scharlachrot, oh, auszusaugen!
Weisheit und Wollust begehrte der Sinn!
Alles erkennen, alles benennen,
Alles zu sehen und alles zu wissen!
Ewig in glühender Liebe brennen
Und ewig so trunken zu küssen, küssen!
Ihre Sinne berauschten sie
Und sie griff die verbotene Gabe.
Gott im Himmel der Himmel schrie
Und Christus schlug auf mit dem Hirtenstabe!
Die Verlockung zur scharlachnen Sünde
War in die schöne Chawa gefahren.
Mit Barmherzigkeit, Muse, verkünde,
Wie sie versucht ward in diesen Gefahren.
Reizend trat sie zu Adam hin,
Der sich sehnte nach ihrer Glorie,
Anzuschauen Schönheit im Sinn,
Die Erste der Königinnen aller Historie.
Wollte die Nymphe aus den Meeren,
Die stille Eva fromm
Als Abbild des Schöpfers verehren.
In trunkener Liebe Adam glomm.
Es warf die Nacht ihre schwarze Netze,
Rosen schminkten mit Wein sich rubinen.
Amor nahte, der blinde Götze,
Evas Reizen verschönernd zu dienen.
Unter des Abendsternes Funken
Adam die schöne Chawa sah,
Da war er vor Wollust wonnetrunken,
Sie reichte die Scharlachfrucht da.
Ich hörte eines Engels Geständnis,
Verschweige, Adam, des Engels Beichte.
Diese Frucht ist reife Erkenntnis
Und Kraft des Lebens, die niemals erweichte.
Nun werden wir taumeln zu den Göttern
Und nennen Marduk Gottes Sohn
Und donnern mit Jupiter in den Wettern
Und treten trunken zu Gottes Thron!
Und Adam speiste. Da fielen die Schuppen
Von seinen Augen, er stierte blöde,
Ein glotzender Blick, und nicht mehr Schnuppen
Die Augen, sondern Höhlen leer und öde.
O wehe, o wehe, entsetzlicher Fall!
Da fiel aus dem Stand alles Reinen und Guten
In stürzendem Schaum wie ein Wasserfall
Adam, Gift und Galle zu bluten!
Alter Adam, da gärte das Fleisch,
Die Galle und die Leber Giftes voll,
Die Triebe tobten wild und nicht keusch,
Des Zornes Ader die Stirne schwoll.
Buhle, du tanztest den Tanz deiner Hur
Mit dem babylonischem Lotterweib.
Dich bringt die rebellische Kreatur
Um den Verstand mit ihrem reizenden Leib!
Ischtar wandert zum Totenreiche,
Die himmlische Göttin muss menschlich sterben!
Da stand sie mit nackter zitternder Weiche
Vor dem Gericht, um ganz zu verderben!
Die Netze Ägyptens und Lotterschlingen
Und scharlachne Wollust lockte Begier.
Du musst durch die Pforte des Feuers dringen
Und findest nicht Weiber und Götterbier!
Gespalten die Zunge im Scharlachmund,
Wollüstige Breite der Venus aus Stein,
Urweibes Schoß ein verschlingender Schlund,
Der Kelch der Liebe voll Schierlingswein!
Wir fühlen natürlich-elektrisches Zucken
Und schäumende Räusche gehen durchs Hirn,
Wir reizen die Unzucht, kommt uns ein Jucken,
Und danken dem Götzen der eigenen Stirn!
Vom ewigen Urquell der Liebe getrennt,
Wo Liebe nur Eine, nur Eine, nur Eine -
Eine Liebe, in der man brennt -
Die göttlich-lebendige Frau war Meine!
Nun werden sie Haremsmädchen haben
Und eifersüchtiger Weiber Gezank,
Zänkische Zungen, krächzende Raben,
Treulose Männer mit Bocksgestank!
Und Chawa packte der helle Zorn,
Sie rannte wie eine entbrannte Stute
Zum Schlammwasser, nicht mehr zum Lebensborn,
Mit giftigen Flammen im leidenden Blute!
O Eva, dein Leiden, o Eva, dein Leiden!
Du sahest, du hattest das Reich verloren!
An deiner Schande dürfen alle sich weiden,
Die nach dir in Sünde werden geboren!
Du erste Frau, geboren aus dem Traum,
Herzmuskel Adams, vom Leben der Lende,
Tauche herauf aus dem kosmischen Schaum
Und leg einen Schatten auf meine Hände!
Und eine Traurigkeit beschleicht mich,
Dass diese Welt ward so feindlich gesonnen.
In Chawa-Liebe aber erreicht mich
In Nächten die Einsicht in ewige Wonnen!
VIERTER GESANG
Ich bin so traurig, sagte Eva,
Wir waren unendlich reich wie Götter
Und haben nun kaum noch ein Röstkorn-Epha
Und stehn vor der Tür der Liebe als Bettler!
Wohin sind die ozeanischen Perlen?
Der diamantene Abendstern?
Wohin der Tau in den schattigen Erlen?
Haben die Tauben die Tauben noch gern?
Täuberich komm, ich will dich trösten,
Liebeskummer, sagst du, tut weh?
Ich hab hier vom Brot, vom größten,
Ich teils mit dir am Silbersee.
Ach Turteltäubchen, du tust mir leid.
Was ich mir wünsche von dir? Sei fröhlich!
Ich liebe dich noch, ich, die Maid,
Und wünsche dir Freuden hoch und höchlich!
Sollt Er nicht auch ein Spätzlein kennen,
Der rauscht da abends im Abendwind?
Er sieht Bulbul fürs Röschen brennen,
Hört traurige Worte und Worte lind.
Wie weh ist der Nachtigall doch im Busen,
Als die Lilie wollt nicht die Rose lieben.
So zürnen Poeten, schmäht man die Musen!
Die Mimose ist der Rose treu geblieben.
Traurig die Welt lässt nieder hängen
Den wirren Schädel, ergrauten Scheitel.
Die Traurigkeit will uns mit Tau besprengen.
Erbarmen! Alles scheint nichtig und eitel!
Die Herzen wie kalt, wie leer und öde,
Wie abgestumpft der ermattete Sinn!
Wie wenig blühend erscheint die Röte
Des Morgens, die strahlende Königin!
O Muse, an deine Worte denken
Will ich und deine Gedanken sagen.
Nymphen, kommt und lasst euch beschenken,
Gebt mir Trost in meinen Klagen!
Es wollen doch Paradiesesvögel
Evalein trösten mit heiterem Sang,
Mit gespitztem Schnabel, die Flügel
Gefaltet vor der Schönen bang.
O Königin des Paradieses,
Wie sitzt du in der Einsamkeit!
Ist denn dies alles, ist denn dieses
Nicht nur ein Tal der Traurigkeit?
Doch Vöglein sangen: Hoff-nung!
Beweine den Fall und lächle weise,
Eva ist immer noch blühend jung,
Einst naht der Engel des Todes ihr leise.
Und Chawa sprach mit traurig schimmernden Augen:
Liebt einander und habt euch lieb!
Geflügelte Liebesboten, ihr sollt saugen
Am Honigseim! Ich aber bin traurig und trüb!
Entkleidet meiner Herrlichkeit
Seh ich mich dreckig, unnütz, armselig.
Und wo ist der Glanz der glorreichen Maid
Von Eden, wo Wonnen waren unzählig?
Hier schatten die Erlen wie Todesbäume,
Das Meer rauscht in dunklen Träumen bang.
Nymphen streichen die Seidensäume
Begrabend über des Meeres Gesang.
Einen Wehesang und Klageton
Rauschen die Fluten zu des Felsens Füßen.
Trost ist der Tau von des Mondes Mohn.
Meeresstern, wir wollen dich grüßen!
Blaue Stunde des Abends du,
Der einzigen Liebe Vesperstern!
Wiege mich sanft in der Seele Ruh,
Des Staubes Mühsal sei mir fern!
Ich will in die Liebe Gottes versenken
Meinen letzten glimmenden Funken von Seelchen
Und all meine Herzenswunden schenken
Will ich dir, mein Gott, dein Evchen!
Mit der Schlange hab ich gehurt
Und sehe nun grässlich den alten Drachen,
Wie er des Paradieses Geburt
Fressen will mit stinkendem Rachen.
Die hornige warzige Haut der Schlange
Schlingt sich umher mit Klauen und Krallen,
Sie hat Evas Apfelwange
Wie eine Fruchtfliege angefallen.
Eklige Würmer, widerliches Gezücht,
Höllenratten und Schicksalsspinnen,
Euer wartet des Engels Gericht!
Chawa wollte nur das Leben minnen!

Chawa wollte nur das Leben minnen
Mag sein, durch der Minne rosige Pforte
Käme sie zurück mit den sieben Sinnen
Zu des Freudengartens Kinderhorte.
Ich will achten die Kreaturen,
Ob sie schön oder hässlich sind.
Lebenslinien, Schicksalsspuren...
Sei mir Gott, der die Liebe ist, lind!
Ich rufe an sein großes Erbarmen:
Gib Eden wieder für Adam und mich!
Jahwe steht mit offenen Armen
Und sagte: Sei selig und liebe mich!
Gehe durch Schmerzen kommender Wehen,
Es stehe Adam in Mühsal und Schweiß,
Keine Frucht soll der Acker sehen,
Die Gattin den Gatten als König preis.
Weib, dann soll aus deinem Schoße
Der Spross entspringen, Gottes Same,
Er wird den Wurm an der Wurzel der Rose
Vertilgen! Gepriesen sei sein Name!
Da nahte ein Engel mit Flammenschwert
Und stellte sich neben Eva hin,
Das Leben war Adam nicht mehr wert,
Sterben wäre ihm Gewinn.
Aus dem seligen Wonnejubel
Versetzt in der Mühsal Nesselland,
Unter der Völker abgöttischen Trubel,
Dämonisch-rebellischen Widerstand.
Gepriesen sei des Paradieses Pforte,
Wo der reine Engel wacht!
Gib Eva, mit des Jaworts segnendem Worte,
Eine ewige selige Liebesnacht!
FÜNFTER GESANG
Eva gebar den Ersten, Kain,
Und den drei Jahre jüngeren Abel:
Adams Samen, Evas Keim
Und von Gott der Seelenadel.
Kain wandte sich zur Erde,
Nahm die Hacke und den Spaten.
Abel weidete wilde Pferde,
Wandelte auf den Hirtenpfaden.
Die Schwestern waren um sie her
Und Vater und Mutter waren fromm:
Gott segne dich, Gott segne dich so sehr,
Zur göttlichen Liebe komm!
Seele, o Seele, du edler Smaragd,
Gib dich hin in der Liebe Glut,
Sei Sklavin, sei Dienerin, Magd
Und für Gott die Göttin auf der Flut!
So schwebe hinan, o Seele, in der Nacht,
Es wartet der göttliche Bräutigam,
Er erwartet dich bei Bienenwachskerzenpracht
Und schaut dich an, mal ein Löwe und mal ein Lamm.
Unaussprechlich schöner Mann
Jesus Christus, Gottes Sohn,
Nimm dich dieser Seele an,
Gib ihr im Paradies einen Thron!
Sei es ein Diwan aus Moos und Blättern,
Sei es ein Nachtigall-Liebesnest,
Sei es der Charis Bett mit Liebesgöttern,
Über Dämonen aber die Pest!
Gieriger böser Rachen drunten,
Hass und Ekel und Langeweile,
Öde und Pein und schmerzende Wunden,
Tränenstürze, wie Wasserfälle steile.
Ich sehe Kain immer blöde hämmern
In der Gold- und Edelsteinschmiede.
Ich sehe Abel liegen bei Lämmern.
Abel das fromme Opfer der Liebe entbiete!
Eva rühmte Abel, nicht lauter Stimme
Wie posaunende Seraphinen,
Leise die Liebe im Herzen schwimme,
Dass wir in Liebe einander dienen.
Und sie mühte sich, heilig zu leben,
Würdig dem hohen uralten Traum:
Liebe sei ewig! In reinen Geweben
Saß Eva da, mit Blüten am Saum.
Aber eure Opfergaben
Sind nur der Stiere Opferfett.
Ein Lamm soll Gott erlaben,
Das macht die Sünden alle wett.
Opfern, opfern! Fleisch und Blut!
Werdet selber zur Opfergabe,
Indem ihr Liebe geben tut
Zu Gottes ewiger Labe!
Nun bring den kleinen Kain zur Ruhe
Und hüll den jüngsten Abel ein,
O Mutter, und hole aus der Truhe
Den Schal für deiner Schultern Elfenbein.
Und trag das leichte Oberkleid
Mit den pelzgefütterten Säumen,
Linnen darunter, fallend weit,
Um auf den Schenkeln zu schäumen.
Abendsonniges Abendgold
Legt sich auf deine braunen Wangen,
Schauest so träumerisch in die Ferne, hold,
Ein holder Zauber ward eingefangen.
Magische Melodien ertönen,
Der Nachtigall Beschwörungskünste.
Rosen glühen schöner, die schönen,
Trunken, gehüllt in des Nebels Dünste.
Oh, feuchter Kuss, den sie Adam gab,
Er war trunken, sie war nüchtern,
Sie ward weich und er ward Stab,
Mädchenhaft keusch, so küsste sie, schüchtern.
Zauberblumen, blau und trunken,
Mohnkapseln schwollen, die Poppie blühte,
Feuerfliegen wie grüne Funken.
Weiß war Evas Seele mit schönem Gemüte.
Holde Pilgerin durch die Länder,
Da die Bären und Adler waren,
Schmetterlinge und Vierzehnender
Und Turteltauben immer in Paaren.
Indianerin, Inderin,
Mongolin und Pharaonentochter,
Sie saß da in ihrem reinen Sinn.
Adam in Träumen, den Leib umflocht er.
Sehnsucht nach des Paradieses Auen
War sie und Adam ihr treuer Trost.
Seelenvollste aller Frauen,
Man nannte sie Luna und war getrost.
Spricht die Huri in Knittelversen,
Gleicht sie Arabiens Rosenquarze.
Amor wollte an Evas Busen scherzen,
An der Brust mit Muttermal und Warze.
Woher kommt Evas Muttermal
Auf dem runden weißen Busen?
Folgende Verse las ich einmal
In der Bibliothek der Musen:
Indien trägt das Schönheitsmal,
Persiens Wange dasselbe auch.
Gott wollte das mütterliche Mal
Auf Evas Busen unter des Schleiers Hauch.
Mutter der Lebenden, Mutter des Lebens,
Mutter der Milchstraßen, Mutter der Sterne,
Sei unser Sündenfall nicht vergebens -
Komme der Retter aus höchster Ferne!
Kain aber fasste der blanke Neid
Über Abels heiligen Segen.
Kain mit übler Laune speit
Und wünscht den Schwefelregen.
Satan sandte die Satanisten,
Den reinen heiligen Abel zu quälen.
Kain mit übelersonnenen Listen
Wünschte Abel den Tod der sieben Seelen.
Abels Körper will ich zergliedern,
Abels Seele ewig verdammen,
Will in die Niederung ihn erniedern,
Ausliefern seine Seele den quälenden Flammen.
Und da schlug er zu mit dem Spaten
(Wie ein Mörder war der junge Mose),
Abel im eigenen Blute zu baden,
Das Täubchen im Tau der roten Rose.
Abel, Abel! mein Sohn, mein Sohn!
Wohin tragen die Raben dein Fleisch?
Bedeckt ihn mit Blüten von Mohn,
Orangenen Blüten, wie er so keusch!
Kommt herbei, ihr schwarzen Raben,
Hüllt den Leichnam mit des Staubes Schleier,
Sollen Hunde sich nicht an ihm laben,
Singe ihm Tubal zur Flöte und Leier!
Abel, Abel, du warst ein Hauch,
Du warst zu rein für diese Welt!
Abscheu und Weltekel füllte dich auch,
Du wolltest heim zum Himmelszelt,
Du wolltest zum Schoße des Vaters zurück,
Der Allebendige dir das Leben spendet!
Mir aber ist verschwunden all mein Glück,
Da dein holdes irdisches Leben geendet!
Gott, nimm zu dir den seligen Hauch,
Der voll Anmut im Innern und hold.
Hüte den wilden Kain bitte auch,
Überhäuf ihn mit Segensgold.
Zeichne ein Mal auf seine Stirn,
Evas Sohn sei ewig bewahrt.
Wende er sich aus dem kalten Hirn
In his very inner heart.
Städte soll er gründen und bauen
Und ein Geschlecht Kainiter begründen,
Soll sich nehmen sidonische Frauen
Und bei ihnen Frieden finden.
Werde er alt und werde er weise,
Muss er auch wandern durch Nächte der Reue.
Ich will beten für ihn leise, leise,
Dass Gott sich an seiner Umkehr erfreue.
Es sollen dann strömen seine Tränen
Und unter Tränen erscheinen ein Licht,
Ein süßes Licht, das lässt ihn sich sehnen
Nach des Lichtes sanftem Angesicht.
War es das Bildnis der Mutter Eva,
Keusch, vollkommen und voller Ruh?
Mütterlich schaute auf Kain Mutter Eva,
Im Herzen ein tiefes göttliches Du.
Wie ein blaumetallener Becher
Schaukelt am Stiele die Blumenglocke.
Neben dem weißen Jade-Becher
Liegt die grüne Artischocke.
Und sie empfing unterm Pflaumenbaume,
Der da mitten im Garten stand.
Von dem Baume fiel eine Pflaume,
Nicht weit vom Stamm, aufs grüne Land.
Und sie gebar unter Schreien und Wehen
Und Pressen und Wimmern und Stöhnen, die Frau,
Da war das goldige Kindlein zu sehen
Mit Sonnen im Auge himmelblau.
O strahlendes Kind von solcher Schöne!
Aquamarinblau der klare Blick!
Mit süßestem Munde lallend die süßesten Töne,
Ganz die Mutter! Da sind wir zurück:
Eva, sie lächelte voller Erbarmen,
Selber mädchenhaft selig beglückt,
Schaute aus vollem Auge, dem warmen,
Auf das Kind, das sie so sehr entzückt.
Seth, mein kleiner Seth, sei still,
Mama kommt mit ihrem Busen.
O des Busens trunknes Gequill!
Wie Granatäpfel oder Jampusen!
Der Säugling legte den süßesten Mund
An der süßen Mutter Mutterbrust.
O Muse, ich bin vor heißer Liebe wund
Und ersehne ewige himmlische Lust!
SECHSTER GESANG
Evas schmale Katzenaugen
Blitzten Adam in die Seele.
Adams alter Mund wollte saugen
Honig aus ihrem rotem Mundjuwele.
Adam war alt und musste sterben,
Eva war immer das junge Leben.
Pindars Knabe könnte so werben
Oder Abischag David umweben.
Halten wirs mit den Hebräern lieber.
Mose sah ins Gelobte Land.
Lieber bei Kanaans Hügeln blieb er,
Die da lagen unter der Hand.
Musste Mose doch ins Reich der Väter,
In die stille Versammlung der Ahnen.
Sah er die Seele steigen in den Äther,
Wie über Sphären von Sternenbahnen?
Er trat in eine andere Welt,
Wohl auf den glühenden Morgenstern?
Grün des Gartens Blätterzelt,
Granatäpfel Kern um Kern.
Alte sterben und rufen: Mehr Licht!
Bin erbötig, will die Fackel bringen:
Der Allgebenedeiten Angesicht
Soll deine Seele aufwärts schwingen.
Soll auch Freude geben das Gute,
Was wir auf Erden erfahren haben?
Dan wird der Prophet sich mit frohem Mute
An der schwarzen Katze erlaben.
So ist Adam gestorben, wenn wahr ist,
Was die Muse mir vor Augen malt.
Dunkle Nacht, da der Tau sehr klar ist,
Der Abendstern am Himmel strahlt.
Adam sank in tiefe Träume,
Drei Jahre lang in Einer Nacht,
Lilienblüten, Seidensäume,
Wonneleben in voller Pracht.
Adam sah die Meere schäumen,
Die Nymphen von Judäa glühen,
Mit Indiens Salben, Chinas Seidensäumen
Heilige Huris sich um ihn bemühen.
Eine schwebt aus dem Chor hervor,
Keuschblickendes Mädchen so sanft und süß,
Braune Locken ringeln sich ums Ohr,
Die ganze Gestalt aus dem Paradies.
Still und sanft und freudig schritt er
An ihrer Hand durch des Lebens Haine.
Erlöst waren da die traurigen Ritter,
Schritten nicht mehr die Straßen alleine.
Höher hinan! zum Morgensterne!
Fruchtbar grüne Wiesen sind da,
Engel kamen in Scharen von ferne,
Götter und Nymphen Adam sah.
Götter waren aber nicht Götter,
Waren kleine Amoretti,
Sorgten liebend für heiteres Wetter,
Allergoldigste Kinder, Putti.
Ein Engel wedelte mit der Hand
Und scheuchte die glühenden Feuerfliegen.
Reine Fülle das ganze Land,
Da Zweige schwanger von Frucht sich biegen.
Trunkene Überfülle all,
Überstürzendes Wonneschäumen,
Trunkener Hochzeit Jubelgelall,
Tritt ein die Nymphe in seidenen Säumen.
Und so träumte Adam von Eva
Selbstverloren vor sich hin,
Selbstvergessen, ganz in Eva
Aufgegangen war sein Sinn.
Trunken ließ er sich fallen, tief
Und immer tiefer in Blütenschoß,
Da der goldene Nektar schlief,
Des Taues Perle im weichen Moos.
In einen neuen Garten gesunken,
War ihm Unaussprechliches still begegnet.
Morgens erwachte er traumestrunken,
Da Gott der Vater ihn vom Himmel segnet.
Da schwebt von der Seite die Lilith herbei
In roten Lockenfluten, Kränze
In Haaren gewunden von glühendem Mai
Und süßes Antlitz gleich dem Lenze.
Lilith muss von Evas Reizen
Borgen, um holdselig zu sein.
Eva will nicht mit Schönheit geizen,
Des Lebens überflutendem Wein.
Eva ist überströmender Becher,
Wonnekelch voll der Fülle des Lebens.
Englein sieht Adam da, Mannabäcker,
Backen das Manna nicht vergebens.
Ceylons Bergesgipfel, da du,
Adam, lagest, um abzuscheiden!
Voller Träume war deine Ruh
Und erlöst waren deine Leiden.
Auf dem Felsen hart gebettet
Lag er mit dem morschen Gebein.
Der Mutter Gebet hat ihn gerettet,
So darf sie nun voller Hoffnung sein.
Nicht Gespenster und Wesenschatten
Sind des wirklichen Lebens Kern,
Sondern wo Licht und Schatten sich gatten,
Leben die Menschen wahrhaft dem Herrn.
Ihm, ihm leben sie alle, die schieden,
Er wird sie alle versammeln am Tag,
Wo er richtet über Krieg und Frieden.
Horch! die Zikade zirpt in Ziklag!
Da steht an der Rosenpforte nach Eden
Unter Magnolienblütenschauer
Eva, sie schreitet bei den Reseden,
Blumen schauern blaue Trauer.
Himmlische Trauer, Trauer von Eden,
O Jerusalems Tränenschauer!
Tauperlen tropfen die schönen Reseden
Und mancher Engel hüllt sich in Trauer.
Schöne Melancholie im Gesicht,
Anmutig hold die sanfte Gestalt,
So schwebt Eva zu ihm im Licht
Und führt ihn zu ihrem Aufenthalt.
Eva, Eva, im himmlischen Garten
Blühen die elfenbeinweißen Lilien
Und die Rosen aller Arten
Und Narzissen in großen Familien.
Aber Eine im Heiligtume
Ehr ich besonders: Die Dornenlose,
Die stachellose blaue Blume,
Chinas pfingstlich züngelnde Rose!
Ein edelsteinbuntes Lampion
Glitzert wie glitzernder Perlentau,
Ein blütenumstandener Pavillon
Und inmitten die Liebe Frau!
Dort ätherische Kinder flügeln,
Hudhud, Cupido oder der Genius,
Ähnlich Papageienvögeln,
Um die schaumbenetzte Venus.
Urania ging auf den Morgensternen
In wallenden langen Locken hin,
Die Seide bestickt mit Granatenkernen,
Alles liebreizend dem Augensinn.
Schleier wehen hin und Glut
Wird mit frischem Tau gestillt,
Und aufs neue entzündet, gut:
Jungfrau Urania selbst sich erfüllt
Wogenüberstürzende Flut
Lodernder wallender Liebeslust!
Wir ruhen ewig ruhig und gut
An des Vaters ewiger Mutterbrust!
Trunken zu stöhnen, so schönheitstrunken,
Von dem selig befriedigten Blick!
Vater der Liebe! Mein Götterfunken
Sei dir gedankt und mein ewiges Glück!
Muse, o Muse, wo führst du hin?
Siehe, ich bin dein Musenkind,
Musensohn mit berauschtem Sinn,
Aber, Muse, ich folge dir blind.
Führ mich in lebende Labyrinthe,
Lies mir schön und harmonisch vor,
Selige! Lichte grüne Minthe
Und Thymian blühen im Gartenflor.
Flora und Fauna voll Eintracht versammelt!
Und da spielten mit Honigbienen,
Die der Iris ihr Loblied gestammelt,
Seligste süßeste Seraphinen!
Engel der Liebe, flattert und fliegt,
Engel der Liebe, braust und stürmt,
Fruchtzweige schwer beladen nieder biegt,
Evas Haar in Henna türmt!
Niederfallen die braunen Strähnen,
Strähnen sich auf die Brüste senken,
Sie schaute süß mit seligen Tränen:
Mögest du mir doch Liebe schenken!
Ich bin in einem nur mir sicher:
In dir ist all mein Leben versammelt,
Alle Freude, königlicher:
Alle Liebe in dir versammelt!
Breite dich aus in weiten Ringen,
Dass ich vom Tau deiner Liebe trunken
Möge mich wie Hudhud schwingen,
Allen die Liebe zu bringen, den Götterfunken.
Unter dem Banner deines Namens,
Eva, himmlische Königin,
Beginnt der Friede des Menschensamens
Und voller trunkener Liebe wird der Sinn.
Und Eva trat vor einen Spiegel
Und sah im Spiegel die Königin
Des Himmels mit des Geistes Siegel,
Da blühte in holder Freude ihr Sinn.
Keuschblickende Jungfrau! Blicke keusch
Und blicke voll warmer Barmherzigkeit
Auf den Dichter aus Hauch und Fleisch
Und lehre ihn singen die Seligkeit.
Sieben Jahre Trauer und Klagen,
Sieben magere Jahre lang
Ging die Sonne nicht auf meinen dunklen Tagen
Und ich verbrachte die Nächte bang.
Beinah hätte mir Sehnsuchtshungersnot
Seele und Leib voneinander getrennt - -
Gib, dass ich speise des Lebens Brot,
Die Frucht der Liebe, dass sie in mir brennt.
Gib mir Speise des Lebens, o Leben,
Todüberwindendes Manna mir!
Ich liebe dich, Gott! Du all meinem Streben
Entgegenkommende Gnade und Zier!
Nicht muss bei meinen verdorbenen Sinnen,
Augenlust und Fleischeslust,
Ich einen Aufstieg steigend beginnen,
Dass mein Seelchen flügelt aus Staubes Dust,
Die Liebe von oben kommt mir entgegen,
Der Himmel gibt mir ein schönes Bild,
Übertaut von goldenem Segen,
Gnadenreich und anmutmild.
Woher hat Chawa das Wesen nur,
So meine Seele zu binden?
Seh ich die Seligkeit, seh ich nur
Evas Eden mit honigträufelnden Linden.
O ich sterbe - - sei Jesus mir gnädig!
Eva beugte sich über ihn,
Sah Adams Leib der Seele ledig,
Flüsterte: Gott hat ihm verziehn.
SIEBENTER GESANG
O Königin der Musen, spende
Einen Tropfen kastalischen Tau!
Ich danke dir, danke dir ohne Ende
Für dieses Bild der Lieben Frau!
Ich trete ein in Evas Garten,
Da sie selbst die Quelle ist,
Grund für Rosen aller Arten
And daffodillies dancing in the mist.
Falter flügeln und flattern flüchtig
Über der Blüte hingehauchten Saum.
Blumen blühen fleißig und tüchtig,
Sittig in Züchten und schwül wie ein Traum.
Reinste Nymphe des Himmels du,
Reine Gestalt in dem Hauch von Gaze,
Leinen war dir zu schwer, in Ruh
Versammelt warst du und in Ekstase!
Huld und Anmut ausgegossen
Über deine Dattellippen!
Von deinen Brüsten die Ströme flossen,
Die tränkten Geschlechter und Sippen.
Vom Urquell gespeiste Quelle im Garten,
Stoße hinauf die weiße Fontäne,
Sinke im Schwanenteiche zu smarten
Schwarzen Schwänen. Schöne Schwäne!
Goldenangesichtige Schöne,
Göttin der ewigen Ruh und Stille,
Schweigen sind deines Wesens Töne,
In der Tiefe welche Fülle!
In geheimnisvollen Nächten
Rauschen Brunnen, rauschen Bäume,
Die Kavaliere spiegelfechten,
Die Sänger sehen Seidensäume.
Tausende Grazien sitzen allein
Auf Einer der Wimpern Evas schon!
Hier aber bei Früchten und rotem Wein
Blüht auch poppig pupurner Mohn.
Tausende Grazien tanzen Tänze
Anmutvoll in ihren Schleiern.
Aus des Himmels blauem Lenze
Schauen Orpheus und die Leier.
Indische Täler und Wälder leben
In dem irdischen Paradies,
Sandelholzharfensaiten beben,
Wollen sie singen über alles dies.
Fruchtbarreiche Nardendolden
Geben vom Stempel süßen Duft.
Wiederkäuend der Hase golden
Stößt Zimt als Weihrauch in die Luft.
Blumen schauern in Locken der Frauen,
Rote Granatapfelblütenglocken
Schauern nieder zu abendblauen
Blumen zu Füßen fallender Locken.
Eva spielt mit dem Muschelohr,
Windet die braune Strähne darüber.
Ihre Brüste wallen hervor,
Ihre Lippen lächeln immer lieber.
Allen Honigs und Nektars Süße
Und Zuckerkand vom Zuckerbäcker,
Türkischen Honig im Paradiese
Schlürft Eva aus dem Jade-Becher!
Viva il Pappa! Evoe!
Hymnische Kelche angestoßen!
Ave! Balsam dem Seelenweh!
Wein in die Kelche der Hagerosen!
Im immerwährenden Maien, o Maid,
Als Maienkönigin blühest du,
So voll süßer Holdseligkeit,
Anmutig hold in der Seele Ruh.
So mit Augen tief und warm
Und versenkend in tiefste Nacht,
Deiner braunen Anmut Charme
Prangt in Granatenpracht!
O Madonna mit goldner Granate,
Mit des Granatapfels prangender Pracht!
Dein Antlitz fein wie chinesische Jade,
Augen Sterne, die Brauen Nacht.
Wollen in diese Nacht uns versenken,
Wo wir in tiefe Augen schauen.
Möge der Himmel eins mir schenken,
Immer möge mir Tau der Himmelskönigin tauen!
Von der kastalischen Quelle hab getrunken,
Da ward von der Muse ich angehaucht.
Sie brachte zum flammen den Götterfunken
Und der Dichter hat Weihrauch geraucht.
Wollen wir also die Freude singen,
Der Mehrerin aller Freuden die Freude mehren,
Selige Genien nehmen die Schwingen,
Sie tragen vor ihr starkes Begehren.
Echo aber ist nur ein Geist,
Eine Nymphe, eine geistige Braut,
Spirituelle Hochzeit nennen zumeist
Die Seher die Minne, die sie geschaut.
Eva kam zu dem Morgenstern.
Orangenhaine und Locken wogen,
Gemeinsam versammelt nah und fern
Sind die Genien lachend umhergeflogen.
Das Daimonion ihrer Seele
Stieg im verwandelten Leib hinan,
Sie hat nun Augen wie Juwele,
Abendstern-Augen, des Sehers Bann.
Kann mit Katzenaugen blitzen
Oder Botticellis Mandeln,
Sie tauen, wo die Grazien sitzen,
Unter den Wimpern, die lächelnd wandeln.
Wimpernschauer, flashes of light
And lashes of night! so voller Schöne,
Die Augen glühen in Lieblichkeit,
Die Stimme säuselt süßeste Töne.
O deiner Augen Blicke durchbohren
Und schreiben mit blitzenden Keilen die Schrift
In die Herzen der glühenden Toren,
Was die Passion der Herzen betrifft.
Herz, o Herz, du liebst so gerne!
Herz, o Herz, o lass dich lieben!
Sieh dich selbst in Äonenferne,
Bist doch im Traum mir nahgeblieben.
Nicht nur in scharfen Kristallen
Der Planeten der Galaxie,
Auch in Träumen und Schäumen und Blütenwallen
Lebt und webt die Allsympathie!
Sympathetische Sympathie!
Du bist meine ganze Wonne!
Sympathetische Sympathie!
Du bist meines Lebens Sonne!
Feuertrunken, flammentrunken
Trink ich deines Weines Becher,
Bin in deinen Schoß versunken,
Wachte auf als trunkener Zecher.
Fröhliche grüne Wiesen und Weiden
Und heitere goldene Schmetterlinge
Und Kinder klatschen die Hände mit beiden
Und Engel schatten mit segnender Schwinge.
Von den Felsen die Ströme rollen
Und die Bächlein spielen im Stein,
Blumen schöpfen aus dem Vollen,
Eva wandelt in Seide fein.
Ausbund an Güte und innerer Schönheit!
Stille bescheidene Königin!
Ruhm ihrer Anmut und Hoheit tönt weit!
Die Schöpfung gibt trunken sich hin!
O, wir wimmelnden Kreaturen
Legen uns zu deinen Füßen!
Du zertrittst die bösen Naturen,
Schmeicheln lässt du die Reinen, Süßen!
Eigentlich sind deine Füße zu rein,
Um von Würmern berührt zu werden!
Weiße Lotosblumen, Rosen in goldenem Schein,
Tau küss deine Füße auf Erden!
O Königin des Paradieses,
Tritt an die rosenumrankte Pforte,
Sprich als Heilige jenes und dieses
Zu deinem Dichter, nur schöne Worte!
Wie übel für die Poesie,
Wenn Sünde sie befleckt.
Mit dem Mantel der Liebe Eva, sie,
Hat alles in Blüten zugedeckt!
Holde Eva, du Spiegelbild
Der lebendigen Mutter des Lebens,
Deine Hoheit gnadenmild
Zu feiern ist keinem Poeten vergebens.
Gedenke, nie hat man gehört,
Dass dich ein Herz bat um Fülle des Lebens
Und hat in dir die Ewige Schönheit geehrt,
Nie rief ein solcher vergebens!
Du lässt den Kindern die Äpfel fallen
Und weiße Flocken auf braune Wimpern.
Gott hat an dir sein Wohlgefallen!
Reime will ich dir lässig klimpern.
Unaussprechliche, Einzigartige,
Perfekte Schöne über allen Begriff,
Holde, Reine, Kunstreich-Artige,
Gallionsfigur am trunkenen Schiff!
Wir wollen auf blauen Wogen schwanken
Und die Boote treiben lassen,
Bei Seerosen rot und Lotosblumen, blanken,
Der Freund und die Geliebte sich fassen.
Sie im Sternbild der Jungfrau oben,
Er im Sterngefilde des Phönix,
Sie hüllen sich beide in Meerschaumroben
Zum Lobpreis des ewigen Königs!


ZWEITES BUCH



ERSTER GESANG


1

Gott, den großen Vater in den Himmeln
Bet ich an, die Macht ob allen Mächten,
Er, der Ewige, er heißt der Alte,
Weißer als der Neuschnee ist sein Haupthaar.

Gott den Schöpfer will ich preisend singen,
Den Allmächtigen in seiner Allmacht,
Gott, creator ex nihilo, Schöpfer,
Voll Potenz und Akt ist Gott der Vater.

Allerhöchste Zeugungskraft der Vater,
Allerhöchste Zeugungskraft der Schöpfer,
Voll Potenz und Akt die Macht der Mächte,
Der in seinem Sohn die Welt erschaffen.

Der Allmächtige mit seiner Rechten
Sammelte den Staub der Mutter Erde,
Was er bildete, das war der Urmensch,
Geist ward in die Nase eingeblasen.

O wie herrlich ist der schöne Urmensch,
Ebenbild im Bild der Christ-Sophia,
Maskulin und feminin in einem,
Urbild für die Mannheit und die Weibheit.

Hebt sein Haupt der Urmensch in den Himmel,
Bilden seines Hauptes Haare Wolken,
Gleicht sein Antlitz einer zweiten Sonne,
Glühend ist und licht die Antlitz-Sonne.

Steht der Urmensch aufrecht unterm Himmel
Mit den nackten Füßen auf der Erde,
Ist sein Körper wie die Mittelsäule,
Die den Himmel an die Erde bindet.

Liegt der Urmensch eben hingelagert
In den weichen Schoß der Mutter Erde,
Ruhen seine Füße in dem Westen,
Ruht sein Schädel in dem fernen Osten.

Gott der Vater schaut voll Wohlgefallen,
Gott der Vater spricht mit leiser Stimme:
Urmensch, dich erzeugte ich, mein Kindlein,
Du bist meine Wonne, mein Ergötzen!


2

Alle Throne, Mächte und Gewalten,
Alle Herrlichkeiten, Fürstentümer,
Seraphim und Cherubim und Engel
Sangen: Urmensch, dir sei Ruhm und Ehre!

Dionysios, Athenas Seher,
Wird mich seine Weisheit wieder lehren
Von der Hierarchie der Engelschöre,
Von den Rädern, von den Loderflammen,

Von den Thronen, welche Gott so ähnlich,
Dass wir jene Götter nennen können.
Götter, Götter, siehe, welche Wonne,
Welch ein Urmensch aus der Hand des Schöpfers!

Steht der Urmensch auf der Mutter Erde,
Steht ihm Gabriel zur linken Seite,
Lehrt das Wort ihn, lehrt die Göttin Sprache,
Lehrt ihn mehr noch auch der Mystik Schweigen,

Steht ihm Michael zur rechten Seite,
Lehrt ihn Energie und Macht und Stärke,
Schützt ihn vor den Feinden seiner Seele,
Spricht ihm Mut zu, dem Begehrenswerten.

So der Urmensch wird geehrt von Engeln.
Doch die Kreaturen dieser Erde
Beten: Urmensch, Lobpreis und Anbetung
Werde dir von allen Kreaturen!

Wir sind Würmer, unsre Schwänze zucken,
Wir sind Hunde, die aufs Wort gehorchen,
Wir sind Pflanzen, die zur Speise dienen,
Wir sind Trauben, die den Geist erfrischen,

Wir sind Edelsteine, dich zu heilen,
Wir sind Gräser, deinen Leib zu betten,
Wir sind Energieen dieser Erde,
Dir zu dienen und dich anzubeten!

Doch der Urmensch sagt den Kreaturen:
Kreaturen, ich bin Mensch, nicht Gottheit,
Himmelt mich nicht an in der Anbetung,
Ich bin Staub und Hauch vor Gottes Allmacht!

Ewige Anbetung sei der Allmacht,
Sei der göttlichen Potenz des Vaters,
Sei der rechten Hand des Schöpfergottes!
Wir sind nichts als Gottes Samenfunken.


3

Aber Gott erhob das Wort: Mein Urmensch,
Kommen sollen menschliche Geschlechter,
Kommen sollen weise, starke Männer,
Kommen sollen freie, liebe Frauen!

Urmensch, Gott zerteilte deine Glieder
Und zerstreute dich an alle Enden
Dieser gottgeformten Mutter Erde,
Dich von Horizont zu Horizonten.

In Amerika die Glieder lagen
Und in Afrika, der schwarzen Mutter,
Und in Asia, der großen Mutter,
In Europa auch, der süßen Nymphe.

Und der Urmensch wurde tief erniedrigt
Von der Ähnlichkeit mit seinem Gotte
Und er glich mehr einem Weizensamen,
Eingesät in seine Mutter Erde.

Wer weiß aber, wo sein Haupt gelegen?
Wer weiß aber, wo sein Herz gelegen?
Wer weiß, wo die Arme und die Beine
Lagen in dem Schoß der Mutter Erde?

Eines weiß die Muse nur zu sagen,
Dass das doppelte Geschlecht der Urmensch
Niederlegte in den Garten Eden
Und befruchtete den Garten Eden.

Nämlich dieser androgyne Urmensch
Mit dem doppelt-einigen Geschlechte
Streute aus den Phallus mit der Vulva
In Verschmelzung in dem Garten Eden.

Wie ihr sehen könnt an Götterbildern,
Ist vereint der Phallus mit der Vulva.
Da vereint der Phallus mit der Vulva,
Fruchtbar wird die Lust im Garten Eden.

Denn der Phallus überschäumt von Samen
Und der Gischt des kochendheißen Blutes,
Und die Vulva in des Weibes Becken
Ist der Fruchtbarkeit geliebte Quelle.

Urmensch, eines ist dir nur geblieben
Von der Ähnlichkeit mit deinem Gotte,
Dir blieb als geheimnisvolle Freundin
Anvertraut das Buch der Christ-Sophia!


4

Gott der Schöpfer ewig sei gepriesen,
Der die freie Lilith-Frau erschaffen!
Ewige Anbetung sei der Gottheit
Für das Ebenbild der Lilith-Schöpfung!

Lilith ist die Nacht, sie ist der Schatten,
Feminine Göttin allen Dunkels,
Rabe sie der Nacht und allen Schicksals,
Eule sie der Nacht und aller Weisheit!

Reise durch die Nacht des Unbewussten
Zu der Morgenröte tiefer Weisheit!
Wandre durch die dunkle Nacht der Seele
Zu dem Gottesberg der Gottes-Ehe!

Lilith sah ich, ja, ich schaute Lilith,
Eine liebreizreiche süße Nymphe,
Die Verführerin voll Reiz und Schönheit
Kaum verhüllt im Spiegel sich beschaute,

Um den nackten wunderschönen Körper
Nur ein Hauch von transparentem Schleier,
Leicht umschlungen, einer Schlange ähnlich,
Sie bespiegelte sich in dem Spiegel.

Lilith in dem femininen Schleier,
Lilith vor dem femininen Spiegel!
O ich liebe, ich begehre Lilith,
Ich verlange nach dem Liebreiz Liliths!

Wahrlich, wahrlich, Lilith sah ich tanzen,
Um den nackten Körper sieben Schleier,
Tanzte sie den Tanz der sieben Schleier,
Tanzte sie den Tanz der Selbsterkenntnis!

Schleier fiel um Schleier von dem Körper,
Hülle fiel um Hülle ab von Lilith!
Lilith tanzte so den Tanz der Schleier,
So den Tanz der Schleier tanzte Lilith!


5

Adam war der erste Mann der Menschheit,
Lilith war die erste Frau der Menschheit.
Adam nackt und Lilith nackt auf Erden
Lagen in dem Bett des grünen Grases.

Adam wollte über Lilith liegen,
Dass von oben her der Mann eindringe
In die dunkle Nacht des Beckens Liliths,
Dass die starke Mannheit drinnen werke.

Adams Manneskraft war stark und mächtig,
Liliths Weiblichkeit war enge Pforte.
Adam pflügte wie ein Stier den Acker,
Liliths Acker wurde umgegraben.

Adams Same wurde ausgeschüttet,
Lilith sog den Lebenssaft des Samens
Auf durch ihre innerliche Schlange,
Schuf aus Lust die geistige Erleuchtung.

Lilith hob die Stimme froh in Freiheit:
Adam, Adam, ich will oben liegen,
Lilith will jetzt einmal Adam lieben,
Reiten will ich auf dem starken Hengste!

Adam sagte: Herrschaft ist des Mannes,
Sei das Weib die Dienerin des Mannes!
Abbild ist der Mann von Christi Antlitz,
Abbild ist das Weib der Kirche Christi.

Lilith flüsterte den Namen Gottes:
Jahwe ist die Gottheit der Befreiung!
Lilith machte frei sich von den Fesseln,
Aufflog Lilith in den lichten Äther.

Lilith ist das wahre Adlerweibchen,
Dieses Adlerweibchen liebt die Freiheit!
Dieses freie Adlerweibchen Lilith
Schaut als Sonne an den Namen Gottes!


6

Fort war Lilith! Adam war alleine!
Adam war allein in tiefstem Jammer
Und er jammerte vor seinem Gotte
Und er klagte Gott die schweren Leiden!

Meine Seele hast du mir genommen,
Gott, genommen meine zweite Seele!
Absolute Einsamkeit ist Adam,
Adam ist ein Ich, das sich verloren!

Aus der Seele Adams ist gewichen
Der geheimnisvolle Atem Liliths!
Atme wieder in mir, Atem Liliths,
Komm zurück, o Lilith, o mein Atem!

Hör die Feuersglut der Seufzerhauche
Flüstern, freie Frau, dass ich dich brauche!
Ach, wie Adam Lilith braucht zum Leben,
Wie der Körper braucht der Seele Atem!

Gott der Vater fühlte herzlich Mitleid
Mit des armen Adam Jammerelend,
Gott der Vater schickte Himmelsboten,
Schickte Lilith reine Himmelsgeister.

Diese reinen Himmelsgeister sprachen:
Lilith, Lilith, komm zurück zu Adam,
Gib du Adam seine Seele wieder,
Blase Adam wieder ein den Atem!

Lilith aber strengen Angesichtes
Und mit einem wilden freien Herzen
Schwieg die Himmelsgeister an, verstummte,
Wollte nicht zurück zu Adam kommen.

Ernsthaft sagte Lilith zu den Engeln:
Ich will nicht gebraucht sein, ich will frei sein!
Ich will nicht gebunden sein an Adam!
Mir genüge es, mich selbst zu lieben!


7

Adam lag in seiner Trance der Ohnmacht,
Da kam Gott mit einem scharfen Messer,
Wühlte in der Brust des Mannes Adam,
Schnitt die Rippe aus dem Busen Adams.

Manche sagen, das war Adams Rippe,
Andre sagen, das war Adams Flanke.
Ja, ich glaub, es war die Flanke Adams,
Eine Flanke kann allein nicht stehen!

Wars die Rippe, saß sie unterm Herzen,
Denn es war gewiss kein Schädelknochen,
Nicht der Stirn entsprungen die Geliebte,
Sondern aus dem Fleisch und Blut des Herzens.

Gott schuf Eva! Lobpreis sei dem Schöpfer,
Lobpreis und Anbetung sei des Schöpfers
Schönheit, deren Abglanz in der Schöpfung
Schönheit leuchtet, in der Schönheit Evas!

Heute morgen sah ich geistig Eva,
Eva nackend in dem Garten Eden,
Eva nackt im Freudengarten Eden
War die höchste Wonne meiner Seele!

Ihre makellosen vollen Brüste
Äpfel waren an dem Lebensbaume
Und der Becher ihres breiten Beckens
Feige war vom Baume der Erkenntnis.

Evas Körper war ein Freudengarten,
Evas Seele, inkarniert im Körper,
War Verheißung allerhöchster Wonne
In Vereinigung mit Gottes Schönheit!

Sagen selbst die Mystiker und Weisen,
Die Erleuchteten und Theologen:
Evas Nacktheit war von solcher Schönheit,
Dass die reinen Geister lüstern wurden!

Seraphim zu Feuerschlangen wurden,
Throne wurden nackte Liebesgötter,
Fürstentümer in dem Venushimmel
Brannten in wahnsinniger Begierde,

Gabriel erotischen Begehrens
Rührte mit des Zepters Spitze Eva,
Michael erotischen Verlangens
Stand als starke Säule da vor Eva.


8

Vor der einen, allerhöchsten Gottheit
Standen Adam und die schöne Eva,
Adam nackt im Freudengarten Eden,
Eva nackt im Freudengarten Eden.

Und der allerhöchsten Gottheit Segen
Ruhte über Isch und seiner Ischa.
Auf dem Mann lag ernst die Hand des Vaters,
Auf dem Weibe war der Hauch der Gottheit.

Gott sprach: Adam nackt und Eva nackend,
In Vereinigung der schönen Liebe
Eins seid in dem Paradies des Himmels
Auf der Erde in der Ehe Gottes!

Adam, angetraut von Gott dem Vater
Und dem Sohne und dem Geist der Liebe
Ist die schöne Eva dir zur Gattin,
Werdet eins, vereint zu Einem Fleische!

Adam lade ich mit seiner Eva
An den Tisch des Hochzeitsmahles Gottes.
Adam, liege du mit Gott zu Tische,
Eva, liege du mit Gott zu Tische!

Gürten wird sich Jesus wie ein Sklave
Und das Mahl bereiten für die Gatten.
Eva, speise du das Brot des Lebens,
Adam, trinke du den Wein des Heiles!

Adam, nimm dir von dem goldnen Tische
Lebensäpfel, der Erkenntnis Feige,
Eva, du empfang aus Jesu Händen
Süße Speise, schmelzend in dem Munde!

Eva nackend lag zu Tisch mit Adam,
Jesus lehrte sie die Weisheit Gottes,
Jesus lehrte sie des Geistes Freundschaft,
Eva lauschend hing an Jesu Lippen!

Engel standen um den Tisch der Hochzeit,
Cherubim wie nackte kleine Kinder,
Seraphim wie schöne Schmetterlinge
Flatterten um Evas lange Locken!

Alle Chöre priesen Evas Schönheit,
Alle Chöre lobten Evas Liebreiz,
Alle Chöre sangen Evas Seele,
Alle Chöre jauchzten froh um Eva!


9

Sammael war in dem Himmel Seraph,
In der Jugend gleich dem Morgensterne,
Residierend auf dem Berg der Götter,
Strahlend in Gottähnlichkeit der Schönheit.

Aber Sammael erhob in Hochmut
Wegen seiner Schönheit sich und sagte:
Ich bin schöner als die schöne Gottheit,
Ich will sitzen in dem Thron der Gottheit!

Sammael war voller Neid und Hochmut,
Als er sah, wie alle Engelchöre
Eva feierten in ihrer Schönheit,
Da beschloss er, Eva zu verführen.

Sammael kam in Gestalt der Schlange,
Schlang sich um den Feigenbaum von Eden,
Sprach: Ich bringe Eva die Erleuchtung,
Ich bin der geheimen Weisheit Schlange.

Lüstern lispelnd lockte so die Schlange
Eva und verführte die Geliebte,
Die verbotne Feige sich zu pflücken,
Eva pflückte die verbotne Feige.

Doch im gleichen Augenblick erschienen
Ist der Todesengel mit dem Namen
Azrael und sprach zur schönen Eva:
Eva, Eva, du musst einmal sterben!

Eva sich entsetzte vor dem Tode,
Nackte Todesangst befiel die Schöne
Und sie seufzte: Soll im Totenreiche
Ich denn ohne den Geliebten leben?

Wie soll ich das Totenreich ertragen
Ohne Adam, wie soll meine Seele
Ohne ihren Körper die Verdammnis
In des Todes Ewigkeit ertragen?

Eva also gab aus Liebe Adam
Die verbotne Feige der Erkenntnis,
Adam speiste die verbotne Feige
Wie ein süßes Sakrament der Sünde.


10

Gott der Ewige in seiner Schönheit
Mit dem göttlichen Messias Jesus
In der Energie des starken Geistes
Voller Männlichkeit vertrieb den Teufel

Sammael aus Gottes Königreiche,
Sammael dem Blitz gleich stürzte nieder.
Wehe aber euch, o Meer und Erde,
Sammael ist nun zu euch gekommen!

Gott der Ewige ist heilig, heilig,
Heilig Gott der Ewige der Scharen!
Eva hat beleidigt Gott den Vater,
Gott war voller Traurigkeit und Unglück,

Dass er Eva nun vertreiben musste,
Dass er Adam nun verjagen musste
Aus dem schönen Freudengarten Eden,
Diesem Paradies der schönen Liebe.

Eva musste nun hinab mit Adam
Auf die unterste der sieben Erden,
In die Finsternis der tiefsten Erde,
Doch das war noch nicht genug der Strafe.

Eva gab aus Liebe ja zu Adam
Adam die von Gott verbotne Feige,
Um im finstern Totenreich zusammen
Mit dem vielgeliebten Mann zu bleiben.

Darum züchtigte der Himmelsvater
Eva mit der Züchtigung der Rute,
Dass er Adam führte fort von Eva,
Eva blieb in Finsternis alleine.

Gott der Vater führte einsam Adam
Auf die Erde Adama, die zweite
Von den sieben Erden. Adam lebte
Auf der Mutter Adama alleine.

Aber wehe, Adams Buch Sophia
Flog gen Himmel auf mit Adlerflügeln!
Adam Wehe klagte: Buch Sophia,
Buch Sophia, du hast mich verlassen!


11

Hundertdreißig Jahre lebte Adam
Auf der Mutter Adama mit Lilith,
Der Verführerin, der Buhldämonin,
Adams Same in dem Schoße Liliths

Zeugte allerlei Dämonenkinder,
Große Riesen und monströse Wesen,
Voll die Fabeln und Altweibermärchen
Und die Mythen sind von den Dämonen,

Welche Adam zeugte mit der Lilith,
Koboldmutter wurde Mutter Lilith,
Ward Zyklopenmutter, Riesenmutter,
Zwergenmutter, Ungeheuermutter.

Lilith stand mit ihren Kindern Lilim
An dem Wasser im gelobten Lande
Und versteckte ihre Lilim-Kinder
Im Gebüsche, ohne sie zu taufen.

Diese ungetauften Lilim-Kinder
Sich verwandelten zu Feen und Elfen,
Zu Sirenen und zu Wassernymphen,
Zu Dryaden, in den Bäumen lebend.

Diese ungetauften Lilim-Kinder
Wurden Bocksdämonen und Satyre,
Wurden Faune mit den Ziegenfüßen,
Nachtgespenster, rabenschwarze Seelen.

Eva aber in der finstern Erde
Sich mit Sammael verband in Unzucht,
Nicht vereinte sie die Ehe Gottes,
Sie verbanden sich in freier Liebe,

In der Liebe, die mit Hass gemischt ist,
In der Süße, die mit Zorn gemischt ist,
In der Treue, die zugleich auch treulos,
In der Lust, die ist zugleich Verachtung.

Adams Schicksal war auch Evas Schicksal.
Adam schlief mit einer Buhldämonin,
Eva tat sich auf der Kraft des Teufels.
Diese Gegenhochzeit war nicht heilig,

Diese Gegenhochzeit war vom Feinde
Und die Kinder dieser Gegenhochzeit
Waren ungetaufte Monsterkinder,
Satanssöhne und Dämonenkinder.


12

Endlich, endlich hatte Gott Erbarmen
Nach der langen Züchtigung der Rute
Und den bitterlichen Reuetränen
Und den Sühneleiden der Verbannten!

Endlich holte Gott die schöne Eva
Aus der Finsternis der tiefsten Erde,
Führte Eva Adam zu, dem Gatten,
Der die Mutter Adama bewohnte,

Führte Adam dann mit seiner Eva
Wie auf einer Himmelstreppe Stufen
Sie von einer Erde zu der nächsten,
Bis zur siebenten, der Mutter Erde.

Unser aller große Mutter Erde,
Dieser bläuliche Planet im Meere,
Wurde Heimat nun des Ehepaares
Und sie lebten still in sanftem Frieden.

Ganz vertraute eheliche Liebe
Machte Adam zum Mitschöpfer Gottes,
Eva zur Mitschöpferin der Gottheit,
Eva so gebar den Erstgebornen.

Kain der Name war des Erstgebornen,
Kain war von Beruf ein Mann des Feldes,
Niemals schlachtete ein Tier der Landmann,
Kain trank nicht einmal die Milch der Kühe.

Eva aber wurde wieder schwanger,
Riesengroß die vollen Mutterbrüste
Strömten über schon von süßer Trostmilch,
Aus den Spitzen tropften süße Tropfen!

Eva brachte Abel auf die Erde,
Abel stammte aus dem Universum,
Wo er die galaktische Ernährung
Aus der Sonne Galaxie gesogen!

Abel aber wurde Lämmerhirte
Und er schlachtete dem Herrn ein Lämmchen!
Blut des Osterlammes an der Pforte!
Abel ward von Gott gerechtgesprochen.


13

Aber Adam war ganz trostlos traurig,
Dass das Buch Sophia blieb verschwunden.
Was ist alle Liebe dieser Erde
Ohne Vormundschaft der Weisheit Gottes?

Adam schaute Eva an, die Schöne,
Also dachte Adam schmerzlich seufzend:
Hätte ich doch noch das Buch Sophia,
Könnte ich der Gottheit Wort vernehmen.

Diese Schönheit Evas ist vergänglich
Und die Seele Evas ist nicht Gottheit,
Doch der Liebe Wort im Buch Sophia
Ist die Gottheit in dem Leib des Wortes.

O du vielgeliebtes Buch Sophia,
Reizend war dein Schmuck und deine Kleider,
Doch ich liebe mehr noch deine Nacktheit,
Ganz unwiderstehlich deine Seele

Und im Innern deiner Seele aufstrahlt
Gott, Gott strahlte dir aus deinen Augen,
Gott in dem Geheimnis deines Geistes,
Diese Gottheit hat mich nun verlassen!

In Verzweiflung Adam, trostlos traurig,
Ganz verstrickt in desolaten Wahnsinn,
Adam suchte selber sich zu morden
Und mit freiem Willen sich zu töten!

Da erbarmte sich der Herr im Himmel,
Jesus Adam gab das Buch Sophia
Wieder, Adams Lieblingsbuch Sophia
Kam mit Adlerflügeln von dem Himmel!

Adam liebevoll umschlang als Gatte
Dieses vielgeliebte Buch Sophia,
Immer tiefer drang er in den Schoß ein
Und erkannte die Geliebte mystisch.

Dieses Buch Sophia überliefert
Ward von Adam auf den Vater Abram,
Welcher stiftete den Ein-Gott-Glauben
Und das auserwählte Volk der Juden.

Meine Muse ist der Überzeugung,
Vater Abrahm sei in Wahrheit Brahma,
Das geheimnisvolle Buch Sophia
Sei nun Eigentum der Tantra-Meister!


14

Eva schließlich zählte tausend Jahre,
Da versetzte Gott sie in den Himmel.
Milton schaute Eva in Visionen,
Klopstock Eva sah in Morgenträumen,

Dante schaute Eva in dem Himmel
Rechts vom Throne Unsrer Lieben Frauen.
Aber Adam blieb allein auf Erden,
Tausend Jahre Einsamkeit auf Erden,

Bis sich Vater Noah sein erbarmte
Und ihn in den Schoß der Arche aufnahm
Und, nachdem die Sündflut abgelaufen,
Auf dem Ararat mit ihm vom Wein trank!

Nach Jerusalem zog Adam weiter,
Wo er auf dem Kreuzweg Christus schaute.
Vater Adam schaute Jesus Christus:
Ich bin du und du bist ich, mein Meister!

Christus ist der Neue und der Letzte
Adam an dem Lebensbaum des Kreuzes,
Christus ist die Schlange an dem Kreuze,
Frau der Schmerzen ist die Neue Eva.

O du vielgeliebte Frau der Schmerzen,
Neue Eva meines Paradieses,
Schaue auf zur Schlange an dem Kreuze,
Auf zur Schlange an dem Lebensbaume!

Neue Eva, führe Vater Adam,
Dass er ablegt seinen alten Adam,
Dass er anzieht nun den neuen Adam,
Dass er werde gleich dem Neuen Adam!

Ist der alte Adam erst geworden
Zu dem neuen Adam Jesus Christus,
Wird der neue Adam sich vermählen
Mit des Paradieses neuer Eva!

Wenn die alte Eva Edens Garten
Mir verscherzt mit Schlange und mit Feige,
Lädt mich in den Schoß die neue Eva,
Ihres Himmelsschoßes Wonnegarten!

Ein Lustgartenparadies der Wonne
Ist die neue Eva in dem Himmel,
Wo vom Lebensbaum des Heiles Schlange
Schenkt die Feige ewiger Erkenntnis!



ZWEITER GESANG


1

Ewiger, aus Überfluss der Liebe
Hast aus Nichts die Schöpfung du geschaffen,
Nicht weil einsam du gewesen, sondern,
Weil du die Geschöpfe lieben wolltest!

Gott der Vater schenkte ein den Rotwein,
Gott der Sohn war selber dieser Rotwein,
Gott der Geist war dieses Weines Becher,
Ausgegossner Wein ist Gottes Schöpfung!

Gott der Vater ist die Große Mutter
Mit der Fruchtbarkeit von Mutterbrüsten,
Gott der Sohn ist Muttermilch der Liebe,
Gott der Geist hat diese Milch gemolken!

Aus der Muttermilch des Schöpfergottes
Wurden Universums Galaxieen
Und der Sternenstrom, des Kosmos Milchweg,
Aus den Nebeln wurde Gottes Sonne,

Von der Sonne löste sich die Erde,
Nichts als Meer bedeckte Mutter Erde,
Berge wurden, grüne Wälder wuchsen,
Kleinste Wasserwesen wurden Fische,

Fische krochen auf die Mutter Erde,
Tiere wurden in den grünen Wäldern,
Dinosaurier der Urzeit wurden
Und die Menschenaffen auf den Bäumen.

Gott der Schöpfer schuf in seiner Weisheit
Durch den Schöpfergeist, die Liebe Gottes,
Aus den Steinen, Pflanzen, Tieren einen
Menschenkörper von der Mutter Erde.

Als die schöpferische Liebe Gottes
Schuf den Körper von der Mutter Erde,
Schuf aus der Materia, der Mutter,
Wunderschön den Körper eines Menschen,

Hauchte Gott in Weisheit und in Liebe
Reinen Atem von dem Atem Gottes
In den Menschenkörper durch die Nase,
Also ward der erste Mensch lebendig.

Er war Stoff vom Stoff der Mutter Erde
Und war Lebensgeist vom Geiste Gottes,
Ebenbild der schöpferischen Gottheit,
Ausgestattet mit Vernunft und Freiheit.


2

Ich, Maschiach, erstes Menschenwesen,
Klage aller Welt die Seelenschmerzen!
Hörst du mich, du Hierarchie der Engel?
Seraphim, beneidet ihr mein Leiden?

Was ist eine Seele doch alleine?
Bin ich selber mir allein genügend?
Wer bin ich, bin ich mit mir alleine?
Wer will einsam lachen, einsam weinen?

Soll ich Gott in Einsamkeit mir denken?
Doch die wahre Gottheit ist nicht einsam!
Gott ist Liebe, Gott ist drei Personen:
Liebender, Geliebter und die Liebe!

Ich allein bin einsam auf der Erde,
Ich allein bin einsam in dem Kosmos!
Willst du meine Einsamkeit verstehen,
O du Nachwelt meiner tausend Enkel?

Denke dir im Kosmos einen Menschen,
An das Nichts des Weltalls angenagelt,
Schreiend, doch auf Erden tönt kein Echo,
Schreiend, Gott verstopft sich seine Ohren!

Soll ich selbst mich selber einsam lieben?
Selbst am Schopf mich aus dem Sumpfe ziehen?
Lieb dich selber, hör ich Geister flüstern.
Liebt das Ich das Ich, das ist nicht Liebe.

Das vermag ich nicht, denn Sehnsucht, Sehnsucht
Wie ein Geisthauch brennt in meiner Seele,
Sehnsuchtsseufzer seufzen, Sehnsuchtsflammen
Zünden meine Seele an mit Feuer!

Enkel, wollt ihr meine Seele sehen?
Meiner Seele Glieder brennen lodernd,
In der Sehnsucht Gluthauch ich verbrenne,
Meine Seele sich verseufzt in Flammen!

Hoffnung nennt man eine Gottestugend,
Aber ich versterbe vor Verzweiflung!
Sehnsucht aber, stärker als Verzweiflung,
Sehnsucht ist noch ewiger als Hoffnung!

Aber Sehnsucht mich verbrennt zu Asche!
Gott spricht: Diese Seele mir verbrannte!
Aber aus der Sehnsucht Feuerasche
Aufersteht der Liebe Feuervogel!


3

Wollt ihr wissen, was Maschiach leidet
In der Erde grünem Freudengarten?
Freudengarten ist kein Freudengarten,
Erdengarten ist ein Jammergarten!

Die Natur ist eine liebe Mutter,
Hat mit Gott geschaffen alle Schöpfung,
Die Natur hat eine liebe Seele
Und ich schaute diese schöne Seele!

Ja, betörend dufteten Parfüme
Der geliebten Frau Natur, der Mutter,
Geistig zwischen rosa Pflaumenblüten
Sah ich lächeln süß ihr schönes Antlitz.

Meint ihr also, dass ich lieben könnte
Die Natur als bräutliche Genossin?
Ach, ihr kennt nicht eines Mannes Seele,
Was Natur ihn lehrt für Liebesschmerzen!

Lag ich doch im grünen Erdengarten
In dem Ehebett der grünen Gräser,
Schaute an die ersten Frühlingsblumen,
Offen ihre violetten Kelche,

In dem Schoß der violetten Kelche
Nektar und Ambrosia am Stempel
Und so eilten auch die Honigbienen,
Sie zu küssen mit dem spitzen Stachel.

Mach mich nicht verrückt, Natur, du Mutter,
Lehre mich nicht so die Lust der Liebe!
Gleich ich etwa weißem Schmetterlinge,
Der im Frühling in den Lüften tänzelt?

Seh ich doch beim weißen Schmetterlinge
Tanzen Hochzeitstanz das Falterweibchen!
Seh ich in den Gräsern die Insekten
Schamlos öffentlich das Bett besteigen!

Aber ich in diesen grünen Gräsern
Sehe eine Liebe vor den Augen
Meines Geistes, meines Herzens Augen
Sehen jene Liebe – die mir mangelt!


4

Gottheit! Nacht herrscht auf der Mutter Erde,
Einsam trinkt Maschiach seinen Rotwein.
Gott, ein Mann schärft eines Mannes Denken,
Sende einen Freund in meinen Garten,

Einen Zwillingsbruder, Doppelgänger,
Dass ein Denker mit mir diskutiere,
Die Mysterien ergründe sinnend
Und die Rätsel der Natur mir löse.

Gott ist Vater, Sohn und Geist, o Gottheit.
Sende zu dem Vater aller Menschen
Einen Sohn doch, den ich alles lehre,
Einen Geistlichen zum Streitgespräche.

Die Natur ist Wollust und Erotik,
Doch Maschiach ist Vernunft und Denken.
Schick zum Wein mir einen Knaben-Schenken,
Schick zum Wein mir einen Dichterbruder.

Lass mich doch nicht so allein auf Erden,
Einsam so im schwarzen Universum!
Ach, ich kann die Qual nicht mehr ertragen,
Hör doch meine schreienden Gebete!

Höre, Gott! Doch willst du mich nicht hören,
Muss ich alle Jammerqual ersäufen,
Muss ertränken meine Seelenwunden
In dem Kelch voll Rotwein des Vergessens!

Schon ich taumle, Gott, und tanze traurig,
Schon bin ich besoffen von der Schwermut,
Trunken von den Tränen, von der Trauer,
Schon ich taumle, torkle, stammle, lalle!

So Maschiach ist ins Gras gesunken,
In die Trance des Rausches des Vergessens!
Tot sein Leib in Ohnmacht seines Schlafes
Und betäubt die Seele durch Berauschung.

Da kam Gott der Vater von dem Himmel,
Gott kam, der allmächtige Erzeuger,
Gott der Vater, Zeugungskraft der Gottheit,
Schnitt die Rippe aus der Brust des Mannes!


5

Gott sprach: Schon schuf ich die Galaxieen,
Schuf des Kosmos neblige Spiralen,
Schuf die Zeit und schuf den Raum, geschaffen
Ist der Kosmos endlich und unendlich,

Schon erschuf ich schön die Schwester Sonne,
Schon erschuf ich Bruder Mond am Himmel,
Schon die liebevolle Mutter Erde
Und erschuf die keusche Schwester Wasser,

Schon erschuf ich Zedern und Zypressen
Und die Feige mit den Samen drinnen,
In den Meeren den Delphin und Walfisch,
Auf den Bergen schwarze Pantherweibchen,

In den Urwalddschungeln Menschenaffen,
Welche schamlos ihre Scham befingern,
Schuf den Bruder Esel, Bruder Körper
Schuf ich meinem einsamen Maschiach.

Aber noch ist nicht die Welt vollendet!
Künstler bin ich, künstlerische Gottheit,
Kreative Gottheit, ich erschaffe
Nun die Frau als Meisterwerk der Schöpfung!

Also aus der Rippe des Maschiach
Schaffe ich, aus seiner Herzensseite,
Schaffe ihm aus seinem Traum die Traumfrau,
Ebenbürtig ihm ein Gegenüber!

Schwer die Hand des Herrn liegt auf dem Manne,
Schwebt der Hauch der Gottheit überm Weibe!
Er soll schaffen schöpferische Werke,
Sie sei religiös die Nächste Gottes!

Ebenbürtig Fleisch von seinem Fleische,
Ebenbürtig Bein von seinem Beine,
Ebenbürtig Herz von seinem Herzen,
Ebenbürtig Traum von seinem Traume!

Wie der Kosmos reich sei ihre Seele,
Wie die Sonne strahle schön ihr Antlitz,
Wie die Erde mächtig sei ihr Körper,
Wie der Mann sei sie ein Abbild Gottes!

Gott in seiner mütterlichen Liebe
Mit der ehelichen Throngenossin
Weisheit und der femininen Ruach
Schuf als Schöpferliebe – Maschiana!


6

Gott der Vater, Schöpfer Maschianas,
An der Vaterhand hielt Maschiana:
Sei gesegnet, Erstgeborne Tochter,
Führen will ich dich zu deiner Hochzeit!

Gott der Vater legte seine Hände
Segnend auf die langen schwarzen Haare
Seiner Gottestochter Maschiana,
Küsste dreimal segnend ihr die Stirne.

Gott der Vater ging mit Maschiana
Heiter wandelnd in den Freudengarten:
O du meine dornenlose Rose,
Du bist selbst für mich ein Freudengarten!

Schön die Schritte deiner bloßen Füße
Mit den hennaroten Perlmuttzehen
In den goldenen Sandalen, Fürstin,
Klingeln Kettchen dir an deinen Knöcheln.

Gott der Vater führte Maschiana
Durch die Pforte in den Freudengarten,
Einer Süßmeerperle glich die Pforte,
War umrankt von dornenlosen Rosen.

Tochter, durch die Pforte deines Herzens
In den Freudengarten deiner Seele
Möchte ziehen ein die Liebe Gottes,
Dass sie sich in deinem Herzen freue!

Komm, dein Leib ist dieser Freudengarten,
Tempel ist dein Leib der Schönheit Gottes,
In dem Heiligtum des Frauenherzens
Will die königliche Liebe leben!

O du erstgeborne Tochter Gottes,
Die du bist der Gottesschönheit Tempel,
Liebe wohnen will in deinem Herzen
Nicht allein zu deiner eignen Wonne,

Sondern diese väterliche Quelle
Meiner Liebe möchte überströmen,
Dass dein Herz, empfangend meine Liebe,
Überströme und verschenke Liebe!

Gott der Vater sprach zur Tochter Gottes:
Siehe dort den Mann, den ich geschaffen,
Sei ihm Offenbarung meiner Schönheit,
Sei ihm Spenderin der Schönen Liebe!


7

Als Maschiach Maschiana schaute,
Wurde er ein Dichter in Verzückung:
Diese ist die Seele meiner Seele,
Diese Frau ist meiner Träume Traumfrau!

Ebenbürtig sie mein Gegenüber,
Dass ich mich in ihrem Spiegel schaue,
Dass ich schau in ihrer Seele Spiegel
Meiner schöpferischen Gottheit Schönheit!

Von der Schönheit schöpferischer Gottheit
Ist die überschöne Vielgeliebte
Menschengöttin aus der Hand der Gottheit,
Menschenschönheit von der Schönheit Gottes!

Schöner strahlend als die Himmelssonne,
Welche strahlt als Licht vom Lichte Gottes,
Strahlt mir an der Stirn der Vielgeliebten
Glanz und Gloria der Himmelsgottheit!

Übergossen ist die Vielgeliebte
Mit dem lichten Glanz der Schönheit Gottes!
Gottes Schöne Liebe, Mensch geworden,
Mir begegnet in der Vielgeliebten!

Diese Frau ist nicht von dieser Erde,
In dem Himmel Gottes ist ihr Ursprung.
Diese Frau, ein Himmel auf der Erde,
Lässt auf Erden schon mich in den Himmel!

Niemals schaut ich Gottes schönes Antlitz
In der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes
So gewaltig, übermächtig, herrlich,
Schön wie in dem Antlitz der Geliebten!

Ja, die Seligkeit des Paradieses
Wird mir schon zuteil auf dieser Erde!
In glückseliger Beschauung schaue
Ich das Antlitz von dem Antlitz Gottes!

Zur Anbetung reißt mich in die Kniee
Diese Schau der Überschönheit Gottes!
In der Schönheit Maschianas schau ich
Selig die Urschönheit der Urgottheit!


8

Singe mir, poetischer Maschiach,
Sing das Paradies des Freudengartens,
Nun, da Schöne Liebe eingezogen,
Nun, da lebt im Garten Maschiana!

Wonne alle Wonnen, Freudengarten,
Jauchze laut der Liebe, schöne Schöpfung!
Haucht der Schönen Liebe Gottes Gluthauch,
Ihr geliebten scharlachroten Rosen!

Ihr geliebten scharlachroten Rosen,
Haucht den Gluthauch ewig-schöner Liebe!
Glühend eure Schönheit, preist den Schöpfer,
Uns berauscht mit süßen Rosenölen!

Salben wollen wir uns als Gesalbte
Mit dem Salböl, wilder Rosen Öle,
Wollen uns berauschen am Parfüme
Der geliebten scharlachroten Rosen!

Aber preist mir auch den Mohn, den roten,
Jubele im Paradies, o Poppie!
Singt mir auch die heimliche Geliebte
Mit dem nektarsüßen Schoß der Iris!

Apfelbaum, wie prachtvoll deine Äpfel!
Aber deine Äpfel fallen nieder
Zur Anbetung deiner Apfelbrüste,
O Geliebte mit den nackten Brüsten!

Süße Pflaume pflück ich von dem Baume,
Liebend teile ich die süße Pflaume,
Schau, die nektarsüße Pflaumenhälfte
Ist so reizend wie dein Schoß, Geliebte!

Schau die Feige von dem Feigenbaume,
Die Erotischste der süßen Früchte,
Schau die süße Feige der Erkenntnis,
Schenk mir die Erkenntnis deiner Liebe!

O ihr Gräser voll des Lebenssaftes,
Fruchtbar schäumt in euch der Saft der Liebe,
Liebe voller Wonne, voller Wollust
Jauchzt und gießt sich durch den Wonnegarten!

Dieser Wonnegarten voller Wollust
Feiert die Vereinigung in Liebe!
Gottes Eros waltet in dem Garten,
Gottes Eros in den Vielgeliebten!


9

Komm, o Sankt Johannes Paul der Große,
Sprich von der Vereinigung der Liebe!
Ist Maschiach denn mit Maschiana
Eins geworden in dem Ehebette?

Stritten doch die alten Kirchenväter,
Ob sich beide sexuell vereinten
In dem Ehebett des Paradieses
Oder erst nach ihrem Sündenfalle?

Also sprach doch Hildegard von Bingen
Von der keuschen Weise der Vereinung,
Nicht im sexuellen Akt der Liebe,
Sondern wie sich Licht und Glas vereinen.

Hör mich, o Johannes Paul der Große,
Der die Sexualität geheiligt!
Ist die Sexualität geheiligt
Doch vom Schöpfergeist des Sexuellen!

Maschiana sagte zu Maschiach:
Stürmisch die Begierde ist des Mannes,
Seines Blutes Samen kocht und gischtet,
Ausgegossen schnell das Lustempfinden!

Aber meine weibliche Begierde
Langsam steigert sich zum Höhepunkte
Und dann währt das Lustempfinden lange,
Lehrt die Kirche und das Kamasutra.

Komm und liebe mich im Akt, Maschiach!
Nicht so schnell, du stürmischer Maschiach!
Nimm dir Zeit für unsre Liebesspiele,
Zeit für Vorspiel, Höhepunkt und Nachspiel!

Lass gemeinsam einen Rhythmus finden
Uns im gottgeschenkten Liebesakte,
Lass uns jauchzen auf dem Höhepunkte
In dem selben Augenblick der Wollust!

So wie Ei und Samen sich verschmelzen,
So im Akt verschmelzen unsre Seelen.
Ja, im Liebesakt ist Gott zugegen!
Gott ist Gegenwart im Akt der Einung!


10

Also wurde Maschiana schwanger,
Und Maschiach sah die Frucht des Leibes
Fruchtbar reifen in dem Mutterschoße,
In dem Bauche der Gebenedeiten.

Traube war das Kind und war ein Brotlaib,
Und die hochgebenedeiten Mutter
Schaukelnd wie ein Schiff auf Wogenbergen,
Imposante Majestät der Mutter!

In der höchsten Schwangerschaft der Mutter
In dem Augenblick vorm Niederkommen
Der Maschiach in der Maschiana
Sah die Gottheit an als Große Mutter!

Maschiana thronte auf dem Lager
Wie der Weltenberg der Mutter Erde
Im Imperium der benedeiten
Mutterschaft der schöpferischen Gottheit!

Majestät der imposanten Brüste!
Fruchtbarkeit des Bechers ihres Beckens!
Ja, der Schöpfergott als Große Mutter
Inkarniert in Mutter Maschiana!

So gebar die Hochgebenedeite
Hochgebenedeit die Frucht des Leibes
Und wie Gott von Gott und Licht vom Lichte
Lag das Kindlein an der Brust der Mutter!

Als Maschiach trat zu Maschiana
An das Lager ihres Niederkommens,
Gab er seinen väterlichen Segen
Jenem neugebornen Himmelsbürger.

Dieser Engel ihres Liebesbundes
In der Heiligkeit des reinen Kindes
War Verkörperung der Liebes-Einheit,
Menschgewordne eheliche Liebe.

Ihre Einheit aus den zwei Personen
Wurde zur Dreieinigkeit der Liebe.
Gott war gegenwärtig in der Einung,
Gott war gegenwärtig in dem Kinde!


11

Wie Maschiach von der Mutter Erde
Schöpferisch-jungfräulich ward geboren,
So gezeugt ward von dem Vatergotte
In der Ewigkeit der Sohn des Vaters,

Und wie aus Maschiach ward gebildet
Aus dem selben Stoff der Mutter Erde
Maschiana, also aus dem Vater
Und dem Sohne sich ergoss die Geistkraft.

Also sing ich des Maschiach Menschheit
Als ein Ebenbild des Gottessohnes
Und die schöne Menschheit Maschianas
Als das Ebenbild des Geistes Gottes.

Solches preist die Hymne der zwei-einen
Liebe in dem Reich der Einen Gottheit,
Aber größer noch ist das Geheimnis
Der Dreieinigkeit der Schönen Liebe!

Wie aus des Maschiach Rippe wurde
Maschiana wunderschön gebildet,
Aus dem Vater kam der Sohn des Vaters,
Eines Wesens in der Einen Gottheit,

Wie Maschiach liebend hingegeben
Sich an Maschiana, Maschiana
Liebend sich zurückgeschenkt Maschiach,
Aus der Liebes-Einheit ward das Kindlein,

So der Vater liebt den Sohn des Vaters
Und der Sohn des Vaters liebt den Vater,
Beider göttlichen Personen Liebe
Ist als göttliche Person die Geistkraft.

So Maschiach ist des Vaters Abbild,
Maschiana ist des Sohnes Abbild
Und das Kind des Heilgen Geistes Abbild,
Die Familie Ebenbild der Gottheit.

Salomo verkündet dies Geheimnis
In der salomonischen Beschauung
Voller Weisheit göttlicher Erotik
In der Sprache eines Liebesdichters:

Gott der Ewige liebt die Sophia,
Seine eheliche Throngenossin,
Aus der Ehe Gottes und Sophias
Sich ergießt der Geist, den Menschen freundlich.


12

Wahrlich, neunzig Thesen muss ich singen
Und so singe ich den menschgewordnen
Gottessohn im Menschen Jesus Christus,
Denn so lehrt es mich die Mutter Kirche.

Aber doch ich singe auch die Tochter
Gottes, singe auch die Mutter Gottes,
Singe auch die Braut des Heilgen Geistes,
Singe Unsre Liebe Frau Maria.

Gottes Sohn ward Mensch in Jesus Christus.
Gottes Geist als Mutterliebe Gottes
Sich verkörperte in Gottes Mutter,
Gottes Geist ist Mutter in Maria!

Und so sing ich Maschianas Liebe
Jesus, den Geliebten ihrer Seele,
Bräutigam der Seele Maschianas
Im Mysterium der Gottes-Ehe.

So auch sing ich des Maschiach Liebe,
Das ist Unsre Liebe Frau Maria,
Im Geheimnis der Marien-Ehe
Ist er eins mit ihr in Hoher Minne.

Jesus ist der Fürst des Paradieses,
König in dem Königreich der Himmel.
Königin des Himmels ist Maria,
Friedefürstin in dem Fürstentume.

Jesus trägt in Liebe Maschiana
In das Himmelreich des Paradieses
Und Maria trägt Maschiach liebend
In das Fürstentum des dritten Himmels.

Jesus als der König in den Himmeln
Ist der Himmelskönigin vereinigt,
In der Doppelherrschaft ihrer Herzen
Ewig ruhn die Himmelsparadiese.

Und wie Jesus und Maria eins sind
In dem höchsten Himmelsparadiese,
So Maschiach auch und Maschiana
Eins sind ewig in dem Garten Eden!


DRITTER GESANG


1

War die Mutter Erde Freudengarten
Und in Harmonie die ganze Schöpfung,
Unter sich versöhnt die Lebewesen
Unter der Verwaltung reiner Menschheit?

War die Menschheit an dem Anbeginne
In der Männlichkeit der Kraft und Stärke
Und der Weiblichkeit von zarter Liebe
Eine kleine Gottheit auf der Erde?

War die Liebe unter den Geschlechtern
Eine reine Liebe Herz zu Herzen,
Ohne Chaos brennender Begierde,
Die das Subjekt macht zu einem Objekt?

Waren Seelen noch dem Himmel nahe,
Ja, der Himmel nah der Mutter Erde,
Dass der erste Mensch nicht rebellierte
Gegen Gott, vielmehr die Gottheit liebte?

War vom hohen Himmelreiche Gottes
Eine Straße niederwärts aus Lichtglanz,
War der Regenbogen jene Brücke,
Drauf die Engel Gottes niederstiegen?

Standen Menschen unterm Schirme Gottes
Und erfreuten sich der Gnaden Gottes,
Nannten Gott den liebevollen Vater
Und die Liebe Gottes ihre Mutter?

Kamen nicht nur Gottes Himmelsengel
Nieder zu den Menschen auf der Erde,
Sondern Gott der Schöpfer stieg hernieder
Wie ein Engel zu den Menschenkindern?

Und wenn Eva abends in dem Garten
Schaute an die Blumen in dem Garten
Und dem Abendlied der Vögel lauschte
In der Abenddämmerung der Sonne,

Kam der Gott der Götter dann zu Eva,
Wandelte mit Eva in dem Garten,
Legte Eva auf das Haupt die Hände,
Küsste dreimal segnend ihr die Stirne?


2

Mensch, du wolltest Liebe nicht empfangen
Und der Weisung Gottes nicht mehr folgen,
Sondern nur das eigne Ich als Herrscher,
Ja, dein Ich als Gott inthronisieren.

Herrsche denn dein Ich als Ego-Gottheit!
Merkst du gar nicht, was du so verloren?
Ist dein Ich in irdischer Begrenzung
Abgeschnitten nicht vom Quell der Liebe?

Ist die Liebe aus der Welt verschwunden,
Die von oben liebend sich ergossen,
Bleibt dir dennoch die Begier nach Liebe,
Musst du saugen nun an leeren Quellen.

Bleibt Begierde nur und Lustverlangen,
Doch Befriedigung wird nicht gewonnen.
Nicht dein Ich befriedigt selbst sich selber,
Noch ein andres Ich erfüllt dich völlig.

Hat der Mensch sich abgewandt vom Schöpfer,
Hat der Schöpfer sich zurückgezogen,
Wird dir auch Natur, die Große Mutter,
Nicht die Liebe in die Seele gießen.

Nein, die Hasen spenden dir nicht Liebe,
Liebe nicht die Pferde auf den Weiden,
Liebe nicht die Blumen in dem Garten,
Wendest du dich ab von Gottes Liebe.

Gottes Liebe ist der Schöpfung Seele,
Gottes Liebe ist des Menschen Leben.
Wo du dich verschließt der Liebe Gottes,
Bleiben tot dir ewig Mensch und Schöpfung.

Nichts wirst finden du als tote Dinge,
Tote Körper wirst du nur begehren,
Werden und Vergehen wird enttäuschen,
Denn das letzte Wort ist Tod und Nichts nur.

Denn die Ewigkeit der Liebe Gottes
Hast du für dein eignes Ich verlassen
Und so sprechen Ich und Welt nichts andres
Als den Tod in allen Ewigkeiten.

Doch wer kann sich in den Tod bescheiden,
Ist der Mensch zum Leben doch geschaffen!
Und so sucht im Grunde seines Wesens
Jeder Mensch die Liebe, die ihn rettet!


3

Wo der Mensch entfremdet seinem Gotte,
Ist entfremdet er dem eignen Wesen,
Stehen leider fremd sich gegenüber
Alle Kreaturen dieser Erde.

Wo die Gottheit nicht im Menschen waltet,
Herrscht der Krieg als Vater aller Dinge.
Wo nicht ewig-schön die Liebe waltet,
Wird das Geld zur Wurzel allen Übels.

Wie geschändet ist die schöne Liebe
Doch im Menschenelend dieser Erde,
Sie, die ewig-schöne Liebe, welche
Würdig wär, im Paradies zu wohnen!

Eva, sag mir alle deine Leiden!
Warum leidest du an Gott dem Vater?
Welche falschen Gottesbilder haben
Dir entstellt das heilig-schöne Antlitz?

Eva, warum findest du nicht Jesus?
Welche dunklen Mächte dieser Erde
Wollen dich entfremden vom Gemahle,
Der den Liebestod für dich gestorben?

Eva, warum leidest du an Liebe?
Ist der Liebe Ursprung nicht im Himmel,
Ist dein Herz aus Liebe nicht geboren,
Lebt in dir die Liebe nicht als Gnade?

Eva, weißt du nicht um deine Schönheit?
Ist denn deine Seele nicht das Abbild
Schöner Liebe schöpferischer Gottheit,
Deine Seele nicht ein Licht vom Lichte?

Eva, warum leidest du am Werte
Und der Würde der Person auf Erden?
Ist der Gottmensch selbst nicht hingegangen,
Schrie am Kreuze er nicht deinen Namen?

Eva, warum leidest du am Alter?
Ob der äußre Mensch auch muss verwelken,
Jahr um Jahr blüht schöner noch die Seele
In dem Jugendreiz der schönen Weisheit!

Eva, warum leidest du am Tode?
Wird nicht deine makellose Seele
Angetan mit jugendlichem Lichtleib
Ganz glückselig sein im Paradiese?


4

Jesus redet also dies zu Eva:
Mutter Eva, meine Vielgeliebte,
Hausfrau bist du in dem Hause Gottes,
Christi Kreuz durchwaltet deinen Alltag.

Komme ich, an deine Tür zu klopfen,
Denke nicht, dass ich nicht sehen würde
Alle Not und Mühe deines Alltags
Und das Kreuz im Leben einer Hausfrau.

Eva, doch, ich seh die Wäscheberge,
Wäsche, die die Kinder schmutzig machten,
Die du waschen musst und musst sie trocknen,
Ordnen musst und immer wieder waschen.

Täglich musst du auch ein Essen kochen,
Nahrhaft und gesund für deine Kinder,
Dass du oft dich fragst: Was soll ich kochen?
Lieber mögen Kinder Süßigkeiten.

Sorgen kenn ich auch um die Gesundheit,
Deine eigene und die der Kinder,
Christus weiß es, wenn die Kleinen zahnen,
Christus kennt der Frauen Monatsblutung.

Mutter Eva, Sorgen der Erziehung
Kennt dein Vielgeliebter Jesus Christus,
Ob die Kinder auf die Mutter hören,
Ob die Kinderseelen glücklich werden,

Ob sie ihren Weg im Leben finden,
Ob die Engel allzeit sie beschützen,
Ob sie glücklich werden in der Liebe,
Ob bewahrt sie bleiben vor den Kriegen.

Mutter Eva, kannst du nachts nicht schlafen
Nach der schweren Arbeit deines Alltags,
Liegst du wach, weil deine Kinder kränkeln,
Weiß von deinen Leiden Jesus Christus.

Mutter Eva, vielgeliebte Hausfrau,
Christus will als Ehegatte Evas
Alle Lebenssorgen mit dir teilen
Und erfüllen dich mit seiner Liebe!


5

Christus sprach in seiner schönen Liebe
Zu der vielgeliebten Mutter Eva:
Ja, ich bin der Bruder aller Menschen
Und wer Jesus schaut, der schaut den Vater.

Mutter Eva, Rechnung über Rechnung
Sammelt sich bei dir, die unbezahlten
Warten noch auf deinen Fleiß und Arbeit,
Geld zu zählen und es wegzugeben.

Wenig Geld kommt nur in deine Kasse
Und so musst du immer überlegen,
Welche Rechnung du bezahlen könntest,
Welchen Gläubiger musst du vertrösten!

Wer soll alle diese Schuld bezahlen?
Wer hat soviel Lösegeld wie Schulden?
Kaum ist etwas Geld in deiner Kasse,
Frisst es die Notwendigkeit des Alltags.

Herrscht doch auch die Teurung auf dem Weltkreis,
Ja, der Reiter reitet auf dem Pferde,
Der Geheimen Offenbarung Reiter
Reitet mit der Waage in den Händen.

Kor man doch das Kapital zum König!
Heute nennt man das System der Wirtschaft
Mammonismus! Das hält man für Freiheit,
Doch die Armen Gottes müssen leiden!

Mutter Eva, zu den Armen Gottes
Zählst auch du. So höre meine Worte:
Gott der Vater liebt die Armen Gottes,
Die sich selber nicht zu helfen wissen!

Eva, bitte um das Brot des Tages.
Gott der Vater weiß, was du benötigst.
Gottvergessne fragen nur nach Dingen,
Gottes Kinder trauen auf den Vater.

Schau die Krokusblumen in dem Garten!
Sulamith in ihrem Reizgewande
War nicht schön gekleidet wie die Blümchen,
Die der Frühlingsregen doch zerschmettert!

Schau die Amseln in den Buchenhecken!
Amselmännchen müssen nicht zur Arbeit,
Gott vom Himmel doch versorgt die Amseln,
Weibchen füttert Gott und kleine Küken.


6

Jesus Christus redet zu Frau Eva:
Ich hab dir gesagt von meiner Liebe,
Dass du bist für mich der Schöpfung Krone,
Schöne Frau, das Meisterwerk der Schöpfung!

Ich hab dir gesagt, dass ich am Kreuze
Nur an dich gedacht bei jedem Nagel,
Dass ich leidenschaftlich dich begehrte,
Als ich schrie in der Passion: Mich dürstet!

Ich hab dir gesagt, dass meine Liebe
Meines Herzens ist wie eine Lampe,
Welche über deinem Haupte leuchtet,
Dich erleuchtet mit der Gnade Gottes,

Ja, mein Herz ist nicht Ein Herz alleine,
Meine Lampe nicht nur Eine Lampe,
Sondern an dem Rosenkranz für Eva
Hängen hundertfünfzig Lampenherzen!

Ich hab dir gesagt, dass ich schon schaue
Deinen Thron im Himmelsparadiese,
Dass vor deinem Thron die Engel knieen
Und dir huldigen als ihrer Fürstin!

Ich hab dir gesagt, das Reich der Liebe
Seh ich vor mir, wenn ich an dich denke,
In dem Reiche fühlen Würmer Wollust
Und die Cherubim erkennen Jahwe!

Jahwe! Unaussprechlich deine Gnade!
Deine Herrlichkeit ist heut gezogen,
Als ich stand in einer Felsenspalte,
Wie im Spiegelbild an mir vorüber!

Eva, Eva, nackt im Bade stehend,
Hinterm bläulich-transparenten Vorhang,
Eva, nackend steigend aus dem Bade!
Herrlichkeit des Herrn, die nackte Eva!

Unaussprechlich groß die Gnade Gottes!
Eva, offenbar von Gottes Gnaden!
Gottes Gnade offenbar in Eva!
Eva nackend wie im Paradiese!


7

Mutter Eva kommt aus ihrem Bade,
Feucht und lockig ihre langen Haare,
Setzt sie herrlich sich in ihren Sessel,
Spricht: Ich bete oft zu dir, o Jesus!

Als Hippokrates den Eid geschworen,
Galt den Medizinern noch das Leben
Als ein Heiligtum und die Gesundheit
War den alten Medizinern heilig.

Aber heut die Mediziner morden
Kleine Kindlein schon im Mutterschoße
Und Behinderte an Geist und Körper
Werden umgebracht von Medizinern!

Künstlich zeugen sie schon Menschenkörper,
Vergewaltigen mit einer Spritze
Voll des Samens irgendeines Mannes
In dem Reagenzglas eine Zelle!

Sonst das Ei des Weibes sucht in Liebe
Aus dem heißen Feuerstrom des Samens
Selbst sich aus die Eine Samenzelle,
Ihre auserwählte Samenzelle.

Aber heute teilen sie die Zellen,
Menschliche Materia betrachtend
Einfach als Produkt der Wissenschaftler,
Welche keine Menschenliebe kennen.

Ebenso sie spalten die Atome,
Sie errichten die Atomraketen,
Geben gar der atomaren Bombe
„Trinität“ als Namen, Gott zu lästern!

Televisionen und Computer
Sind das Spielzeug eines jeden Mannes,
Keiner liest mehr in dem Kamasutra
Und studiert der Liebeskünste Weisheit,

Wenn da nicht die frommen Dichter wären!
Aber was sich so in der Moderne
Dichter nennt und Lyriker, ach Jesus!
Wer singt noch wie Naso für Corinna?


8

Mutter Eva aber sprach zu Jesus:
Leihen will ich dir von meinem Gelde,
Denn ich weiß gewiss, gerechter Richter,
Du gibst wieder tausendfache Zinsen.

Leihen will ich Spenden an die Armen,
Leihen will ich ausgestoßne Seufzer,
Leihen dir Gebet in meinen Nöten,
Leihen dir die Speisung armer Kinder,

Leihen will ich dir Verzicht auf Freuden
(Ja, mein Jesus, das will ich dir leihen,
Diesen schmerzlichen Verzicht auf Freuden,
Die ich mir doch, ach, so sehnlich wünsche!)

Leihen will ich dir, o Herr, Ergebung
In den harten Felsen meines Schicksals,
Leihen will ich dir die Selbstverleugnung,
Leihen will ich dir die Nächstenliebe,

Leihen will ich dir der Engel Weisheit,
Leihen will ich dir der Engel Liebe,
Leihen will ich dir des Wurmes Wollust,
Leihen dir die Schlange meines Leibes,

Leihen will ich dir die dunklen Nächte,
Leihen will ich dir den Liebeshunger,
Leihen will ich dir die Seelenwunden,
Leihen dir des Nächsten Todesängste,

Leihen dir die Reize meines Körpers,
Leihen dir den Jubel meines Herzens,
Leihen dir die Träume meiner Seele,
Leihen dir die Weisheit meines Geistes.

Was ich war im Anbeginn der Schöpfung
Und im Augenblicke der Empfängnis,
Was ich bin in meiner Todesstunde
Und am Jüngsten Tag, will ich dir leihen.

Wenn ich dann vor deinem Throne stehe
An dem Jüngsten Tage des Gerichtes,
Wirst du sagen wohl in deiner Großmut:
Jetzt empfängst du tausendfache Zinsen!


9

Jesus redete zu Mutter Eva:
Liebe Eva, meine Vielgeliebte,
Ich bin ja der Frauen Schöpfergottheit
Und so kenne ich die Frauenherzen.

Ganz sich hinzugeben, wünschen Frauen,
Ganz sich einem Lebenden zu schenken,
Ganz den Lebenden auch zu empfangen
Und in schöner Liebe eins zu werden.

Ach, die Männer lieben tote Dinge,
Lieben die abstrakten Ideale
Und die Theorieen und die Dogmen
Oder auch nur eiserne Maschinen.

Aber Frauen lieben Lebewesen,
Ganz persönlich und konkret das Leben,
Individuell und auch in Ganzheit,
Sie sind vom lebendigen Geschlechte.

Wie sie vom lebendigen Geschlechte,
Sind sie auch vom liebenden Geschlechte.
Aber diese femininen Herzen
Neigen leider auch zum Götzendienste,

Beten einen Menschen an als Gottheit,
Ob er ihnen Lebensfülle schenke,
Schenke Segensfülle, Liebesfülle,
Ja, als wäre gar ein Mensch ihr Himmel.

Allzuliebende sind diese Frauen,
Aber wie auch schon mein Dichter sagte:
Allzu viel der Liebe ist gefährlich,
Wenn die Menschenliebe wird Anbetung.

Gott, o meine vielgeliebte Eva,
Gott nur weiß sich völlig hinzugeben,
In dem Innersten der Menschenseele
Ist das Brautgemach allein der Gottheit!

Diesen tiefsten Liebesdurst des Herzens,
Diesen schmerzensreichen Liebeshunger
In dem schwarzen Loch im Seelenkosmos
Kann die Liebe Gottes nur erfüllen!

Aber diese Wahrheit musst du wissen:
Gott befriedigt nicht auf dieser Erde,
Sondern Gottes Liebe, dich zu stillen,
Braucht die ganzen Ewigkeiten Gottes!


10

Mutter Eva ist die Große Mutter,
Hochgebenedeite Große Mutter,
Urgroßmutter aller Menschenkinder,
Gibt den Söhnen allen ihren Segen.

Du, mein Erstgeborner meines Schoßes,
Solltest unter allen deinen Brüdern
Sein der Hohepriester deines Gottes,
Aber, ach, du bist in Schuld empfangen

Und in Schuld geboren, in dem Bette
Lagest du bei deines Vaters Weibe,
Wie ein Ehemann bei deiner Mutter,
Und verwirktest deines Vaters Segen.

Du, der Zweitgeborne meines Schoßes,
Liebtest den Allmächtigen des Himmels,
Dich verführte deine Kraft und Stärke
Zu dem zornigen Gebrauch der Waffen.

Doch mein dritter Sohn ist wie ein Kaiser,
Herrlich wie der Pharao Ägyptens
Und der Cäsar Roms, er diene Jesus,
Dem Geheimen Kaiser von den Himmeln!

Meine lieben kleinen Zwillingssöhne
Saugen allzeit an der Brust der Mutter,
Segen komme über sie vom Busen,
Segen komme über sie vom Schoße!

Aber du, mein auserwählter Liebling,
Bist so schön wie der Messiaskönig
Und in deinen großen Fieberaugen
Sah ich Jesus Christus an dem Kreuze!

Möge Christus als der Kinderkönig
Allzeit segnend strecken seinen Zepter
Über meinen auserwählten Liebling!
Weiß wie Milch und rot wie Wein mein Liebling!

Die intimste Wonne meines Schoßes
Ist der auserwählte Gottverlobte.
Als er war in meinem Schoß gelegen,
Sang ich immer süße Hohelieder!

Gottverlobter, meines Schoßes Wonne,
Gottverlobter, Jauchzen meines Schoßes!
Gott liebt dich und nennt dich reines Muster
Eines Menschen, der den lieben Gott liebt!


11

Jesus Christus stand am Nachmittage
In dem Schlafgemach der Mutter Eva.
Mutter Eva aber war beim Arzte
Wegen eines Druckes in der Kehle.

Jesus sah mit liebevollen Augen
Das Piano seiner lieben Dame,
Schmachtend sah er ihre schwarzen Löckchen
Und den nackten weißen Hals der Schwanin.

Jesus schaute die kristallnen Engel
Und den Rosenquarzflakon Aleppos
Und das Fläschchen mit dem Wunderwasser
Von dem reinen Quell der Makellosen

Und das Fläschchen mit geweihtem Wasser
Und den Rosenkranz vom Schönen Berge
Und die Tänzerinnen oder Nymphen,
Charitinnen, tanzend für Madonna.

Jesus sah die heilige Ikone
Seiner Vielgeliebten Morenita,
Sah das Lächeln süß der Mona Lisa,
Schaute Eva an in einem Aktbild,

Maß die Größe ihrer schönen Brüste,
Sah das Aktbild auch der nackten Lilith,
Die umschlungen von der Schlange Eros
War Verkörperung der Wollust-Wonne.

Jesus Christus sah zum Bette Evas,
Sah im Bette Evas Bücher liegen,
Weißheit über Seraphim und Throne,
Lag dabei die Tafel Schokolade.

Jesus Christus roch am Kissen Evas,
Er sog ein den Duft der schönen Eva,
Jesus Christus legte sich aufs Lager
Und gedachte seiner schönen Eva.


12

Mutter Eva schlief auf einem Sofa
Unter einer Decke, Vlies des Lammes,
Jesus wachte über ihren Schlummer,
Sang ihr Lieder aus dem Morgenlande.

Als die Mutter Eva auferwachte,
Sprach sie über Kunst mit Jesus Christus.
Mutter Eva sagte: Botticellis
Venus schau ich an wie einen Engel.

Jesus Christus sagte: Botticelli
Malte Simonetta, seine Muse,
Nicht nur als die Große Göttin Venus,
Malte Simonetta als Madonna.

Die Madonna Botticellis aber
War der Priestern meiner Mutter Kirche
Allzu melancholisch und erotisch
Und zu ähnlich einer Göttin Venus.

Mutter Eva sagte: Leonardo
Malte schön die junge Gottesmutter
Mit entblößter Brust, am schönen Busen
Saugt das Jesuskind die Milch des Trostes.

Jesus Christus sprach zu Mutter Eva:
Die Gelehrten sagen von den Künstlern,
Botticelli wie auch Leonardo
Krankten an der Knabenliebe Unzucht

Wie auch Michelangelo der Große,
Welcher sah allein des Mannes Körper
Als vollkommnes Bild der Schönheit Gottes,
Mannweib jede seiner Seherinnen.

Aber Michelangelo Maria
Schön gestaltete als Schmerzensmutter
Mit dem toten Gott in ihrem Schoße,
Höchst vollkommnes Bild der Schönheit Gottes!

Aber Raffael verlor die Mutter
In der Kindheit, liebte viele Frauen,
Er vermochte nicht zu malen außer
In der Gegenwart der Vielgeliebten!

Unerreichbar seine große Liebe,
Seine Dame, eines Andern Gattin!
Und vermehrt vom innern Ideale
Er verklärte sie zu der Sixtina!

Denn Sixtina ist die Schöne Dame,
Jungfrau, Mutter, Königin und Göttin!
Aber dich, o vielgeliebte Eva,
Dich vergöttere ich auch zu einer Göttin!


13

Jesus, im persönlichen Gerichte
Richte mich doch nicht als einen Engel,
Jesus, richte mich als einen Menschen,
Mich als Fleisch und Blut von dieser Erde.

Engel schauen intellektuelle
Geistige Visionen von der Gottheit,
Reagieren dann als reine Geister
Auf den Liebeswillen ihrer Gottheit.

Hier in dem Bereich der Schwerkraft aber
Locken mich die fleischlichen Begierden
In der Zivilisation der Sünde
Unter Satans teuflischer Regierung.

Jesus, ich bin Mensch, bin von der Erde,
Jesus, du bist Gott und bist vom Himmel.
Du bist Gottes großer Bundes-Engel,
Engel von dem Angesichte Gottes,

Aber du bist wahrhaft Mensch geworden,
Hattest wirklich einen Menschenkörper,
Du, der Schöpfer kosmischer Gestirne,
Trankest Milch aus süßen Mutterbrüsten!

Hunger kanntest du und Durst, o Jesus,
Tränen kanntest du und Schweiß, o Jesus,
Konntest weinen, konntest lachen, Jesus,
Kanntest du erotische Erregtheit?

Wandelte Maria Magdalena
In den Reizen ihres Frauenkörpers
Neben dir, was fühltest du, o Jesus?
Was, als du Marias Lippen küsstest?

Du liebst alle Kreatur, o Jesus,
Die Getauften und die Ungetauften,
Doch Maria Magdalena küsstest
Du als deinem Liebling auf die Lippen.

Küsste dich Maria Magdalena,
Was empfandest du in deinem Fleische?
Deine Sexualität, o Jesus,
War ganz menschlich, aber ohne Sünde!

Auf die Waage des Gerichtes, Jesus,
Leg doch bitte keine Pfauenfeder,
Sondern einen Klumpen Lehm der Erde,
Denk daran, o Jesus, dass ich Fleisch bin!


14

Jesus sagte zu der Mutter Eva:
In dem Dornstrauch ist der Herr erschienen,
Ich bin, der ich war und bin und komme,
Ich bin da, im Feuer in dem Dornstrauch!

Eva, siehst du meine Dornenkrone?
Ja, ich bin, der Ich-bin-da im Dornstrauch!
Ich bin da in dem Gestrüpp des Alltags,
Ich bin da in allen deinen Schmerzen!

Mutter Eva, fragst du nach der Schlange?
Israel durchwanderte die Wüste,
Menschen starben da durch Schlangenbisse,
Durch das Todesgift der Feuerschlangen!

Moses richtete an einer Stange
Auf das Bildnis einer Kupferschlange.
Wer geschaut auf diese Kupferschlange,
Starb nicht an dem Gift der Schlangenbisse!

Eva, ich bin diese Kupferschlange,
Mich erhöhte Gott an meiner Stange,
Schaue immer auf die Schlange Jesus,
Immer auf die Schlange an dem Kreuze!

Denn zum Tode führt das Gift der Schlange,
Tödlich ist das Gift des alten Feindes,
Maßvoll aber bringt das Gift Gesundheit,
Heil will schenken dir die Schlange Jesus!

Jener bittet Jesus um die Weisheit,
Jener bittet Jesus um Gesundheit.
Mutter Eva, nenne mich den Heiland,
Suche du das Heil beim Heiland Jesus!

Heute kommt zu dir dein Heiland Jesus,
Jesus Christus kommt mit seinem Körper,
Mit dem Blut, der Seele und der Gottheit
Zur Vereinigung mit Mutter Eva.

Voller Staunen sprach die Mutter Eva:
Überraschend groß ist deine Liebe,
Jesus, o du Zauberer der Wunder,
Überwältigend ist deine Liebe!


15

Mutter Eva schaut mit großen Augen
In den magischen Kristall des Spiegels.
Ja, der magische Kristall des Spiegels
Offenbart ihr himmlische Visionen!

Sie sieht Unsre Liebe Frau entschlafen,
Sieht das Tor der Trinität, die Pforte
Des Erlösers auf dem Blute, siehe,
Evas Seele schwimmt im Gnadenstrome.

Manche sagen zu dem Strome Jordan,
Andre sagen zu dem Strome Lethe,
Eva aber nennt den Strom des Todes:
Mütterchen, du breiter Strom der Heimkehr!

Chöre hört sie Litaneien singen,
Auf der Chöre Stimme schwingt die Seele
Sich zur Gartenstadt des Paradieses,
Schließlich sie gelangt zu ihrem Lustschloss!

Über die gewundne Himmelstreppe
Kommt sie in die Halle ihres Schlosses,
Heilig schaut sie an das Antlitz Jesu,
Freundlichernst das Antlitz Jesu lächelt.

Süß und milde lächelt die Madonna,
Eva schaut bewundernd ihre Brüste,
Die Madonna ihrem Kinde bietet!
Körbchengröße B trägt die Madonna!

Eva schaut ihr Bett im Paradiese,
Nackt liegt Eva in dem Himmelsbette,
Lüstern ist die Fülle ihres Leibes,
Sie genießt die Wollust ihres Bettes!

In dem Speisesaal der goldnen Halle
Unter Marmor, Edelstein und Bernstein
Speist sie Edens Frucht von goldner Schale,
Trinkt das Wasser, das zu Wein geworden.

Dann tritt sie in ihren Himmelsgarten,
Siebenhundert Hektar groß der Garten!
In dem See des Himmelsgartens badet
Eva nackt im Glanz der Morgenröte!

Jesus, seufzt sie, das ist unser Lustschloss,
Jesus lebt mit Eva hier zusammen!
Ach, mein Jesus, wär ich schon im Himmel,
Du und ich in Paradieses Lustschloss!


16

Mutter Eva sprach zu Jesus Christus:
Einmal schaute ich in meinem Leben
Eine wundertätige Ikone
Auf dem Evangelium des Lebens.

Wie ein Gottesberg die Gottesmutter,
Lag sie in dem goldnen Haus der Weisheit
In dem Throne ihres Himmelsbettes,
Reines weißes Linnen war das Laken.

Drüber lagen himmelblaue Decken,
Drüber lagen rosenrote Decken.
In dem Bette lag die Gottesmutter
In dem himmlisch-reinen weißen Nachthemd.

Ebenholz die Pfosten ihres Bettes,
Zedern und Zypressen seine Latten,
Überm Bette hing ein blauer Schleier
Und auf ihrem Nachttisch lag die Bibel.

Lange schwarze seidenglatte Haare
Trug die Gottesmutter wie als Schleier
Und ihr Antlitz war von solcher Schönheit
Wie der lichte Mond am dunklen Himmel,

Ihre blauen Augen Abendsterne,
Ihre Nase stolze Adlernase,
Ihre Wange schöngewölbt, gerötet,
Ihre Lippen kusslich, süß ihr Lächeln,

Ihre hochgebenedeiten Brüste
Weiß sich wölbende Magnolienblüten,
Die erhabnen Spitzen ihrer Brüste
Wie Rosinen von dem Weinberg Gottes.

An dem hochgebenedeiten Busen
In dem warmen Arm der Gottesmutter
An dem Pochen ihres süßen Herzens
Neugeboren lag das Jesusbaby.


17

Mutter Eva feierte die Weihnacht,
Gut gelangen ihr die Weihnachtskekse.
Meine Kinder, in der Abendröte
Backen Gottes Engel süße Kekse.

Seht doch, meine vielgeliebten Kinder,
Schaut den Stall von Bethlehem, den trauten,
Schaut die Krippe mit dem Heu zum Futter,
Schaut den Ochsen an und schaut den Esel.

Kommen Magier vom Morgenlande,
Kommen auf den schaukelnden Kamelen.
Seht den Stern von Bethlehem, Kometen,
Jupiter erscheint so im Saturnus.

Schaut die Hirten mit den Mutterschafen,
Hirtenknaben mit den kleinen Lämmern,
Weiße Mutterschafe, weiße Lämmlein,
Aber da kommt auch ein schwarzes Lämmchen.

Weiße Turteltauben gurren oben
In dem hohen Baum beim Weihnachtsstalle.
Katzen streichen dort mit grünen Augen.
Was von all dem wusste wohl der Kater?

Unsre Liebe Frau Maria liebte
Und liebkoste gern den Perserkater,
Saß er auf dem Schoße der Madonna,
Strich sie seinen Schwanz mit sanften Händen.

Draußen vor dem Weihnachtsstalle aber
Stellten auf die Bäuerinnen Fallen,
Rattenfallen, dass nicht Satans Biester
Greifen an das neugeborne Kindlein!

Schillernd schleicht die Paradiesesschlange
Übern Felsen vor dem Weihnachtsstalle.
Wie der Weg der Schlange auf dem Felsen
Ist der Weg des Mannes bei dem Weibe.

In dem Stalle hoppeln die Kaninchen,
In den Winkeln huschen graue Mäuschen,
Draußen wippen Elstern auf und nieder
Und zur Nacht kommt leise auch der Igel.


18

Mutter Eva spricht zu ihren Kindern:
Kommt, ihr meine vielgeliebten Kinder,
Schaut das Prager Jesulein, den Kaiser,
Den Geheimen Kaiser in den Himmeln!

Dieses Prager Jesulein ist Kaiser
Über alle Kaiser dieser Erde,
Kaiser über Pharao und Cäsar,
Himmelskaiser über Chinas Kaiser.

Schaut die Krone eures Himmelskaisers,
Er will euch verleihen eure Kronen!
Ja, auch du, mein vielgeliebter Liebling,
Einmal doch erlangst den Kranz der Liebe!

Schaut den goldnen Mantel eures Kaisers,
Golden ist er wie die Sonne Gottes,
Goldnes liebt ihr doch, ihr reinen Kinder,
Jesus ist so treu wie Gold in Reinheit!

Schaut das weiße Kleid des Kinder-Kaisers,
Dieses Kleid ist weiß wie Schnee und weißer
Noch als Schnee. Ich selbst kann eure Wäsche
Nicht so waschen, dass sie also leuchtet!

Denn das Schneeweiß seines Kaiserkleides
Ist das Zeichen für des Kindes Unschuld,
Jesus liebt der Kinderherzen Reinheit,
Reine Herzen werden Jesus schauen!

In der Hand den Apfel seines Reiches
Schaut und schaut das Kreuz auf diesem Apfel,
Diese blaue Kugel ist die Erde,
Er ist Kaiser übers ganze Weltall!

Schaut die rechte Hand, der Kaiser segnet,
Jesus als der Kaiser aller Kinder
Segnet alle seine Menschenkinder,
Mütter, Onkel, Kinder und die Tiere!

Gott ist Kind und dieses Kind ist Kaiser,
Dieser kleine Kaiser ist der Gottmensch!
Aber nun will Jesus mit euch spielen,
Auf nun, meine Kinder, spielt mit Jesus!


19

Jesus, hör den heiligen Homeros
Von Odysseus und Athene singen,
O wie liebe ich der Weisheit Göttin,
Sie begleite mich an allen Tagen!

Jesus, höre den Propheten Pindar,
Seine dunklen mystischen Orakel
Künden die Geheimnisse der Gottheit.
Führe Gott mich in die Burg des Kronos!

Jesus, höre Sapphos schöne Oden!
Keine sang so schön von Mädchenschönheit,
Keine sang so schön die keusche Kypris.
Segne mich der Schönen Liebe Göttin!

Jesus, höre auch Horaz, den Weisen,
Höre du den trunknen Philosophen.
Trinken lass uns in der Freundschaft Garten
Und verehren allezeit die Tugend.

Jesus, höre auch Virgil, den Seher
Des Advent der Mutter Kirche Romas.
Seine keusche Venus ist die Vorsicht,
Sein Äneas Pius ist der Vater Romas.

Jesus, höre auch den weisen Platon,
Die Ideenharmonie des Himmels
Und die Seele in dem Dienst des Eros
Preisen ewig Gott als die Urschönheit!

Jesus, höre Diotimas Weisheit,
Sokrates empfing von ihr die Weisheit:
Euer Lebensweg sei nichts als Liebe!
Euer Lebensziel sei nichts als Schönheit!

Jesus, höre auch den weisen Plotin:
Die Weltseele lieb ich mit der Seele,
Die Weltseele meine große Liebe,
Die Weltseele, die Geliebte Gottes!

Jesus, alle Göttinnen von Hellas
Preisen Unsre Liebe Frau Maria,
Wie Minerva weise, groß wie Juno,
O so süß und o so sanft wie Venus!


20

Mutter Eva weiht sich ganz dem Heiland,
Übereignet Jesus alle Güter.
Herr, dir weih ich meinen kleinen Garten
Und die Wohnung auch mit all dem Chaos,

Weihe dir mein Schlafgemach, das Lager,
Weih dir meine und der Kinder Wäsche,
Weihe dir das Brot und alle Speise,
Weih dir grünen Tee und Saft von Äpfeln,

Weih dir alle Lampen, meine Heizung,
Television, Musikanlage,
Telephon und alles was elektrisch,
Weihe dir mein Auto und das Fahrrad,

Weihe dir die Räder meiner Kinder,
Weihe Schule dir und Kindergarten,
Weihe dir den bunten Einkaufsladen,
Jesus, weihe dir die Schokolade,

Weihe dir die Nudeln und Kartoffeln,
Weih die Früchte dir und das Gemüse,
Jesus, weih dir meine Arbeitsstelle,
Weihe dir den Staat und die Regierung,

Weihe dir Versicherung und Rente,
Weihe dir mein Sparbuch, meine Zinsen,
Weihe dir das Taschengeld der Kinder
Und die Münzen von der Apotheke,

Weihe dir die Medizin, die Salben,
Die Parfüme und die Badewanne
Und die Dusche, wo ich nackend dusche,
Wo ich nackend aus der Dusche trete,

Jesus, weih dir meinen ganzen Körper,
Weih dir meine Kehle, meinen Knoten,
Meinen Uterus und meine Brüste,
Herz und Nieren, alle Eingeweide.

Jesus, küsse segnend meine Stirne,
Küsse segnend meine Augenlider,
Jesus, küsse segnend meine Wangen,
Küsse mich mit deines Mundes Küssen!


21

Mutter Eva lächelt süß in Wehmut
Und sie seufzt vor dem Geliebten Jesus:
Ach, die Welt, die Straßen voller Autos,
Television und Kriegsnachrichten,

Die Computer und Atomraketen,
Diese Welt wollt gerne ich verlassen
Und im Griechenlande der Antike
Leben auf der Liebes-Insel Zypern.

Siebensaitig strich ich meine Lyra
Schönen Frauen und gelehrten Männern,
Sänge Oden an die Apfelblüte,
Sänge Oden an die keusche Kypris.

Ja, ich betete zur Liebesgöttin
Und gestände seufzend meiner Göttin
All mein unbefriedigtes Verlangen
Und die wehe Sehnsucht meiner Seele!

Und die Liebesgöttin tauchte nackend
Aus dem Bade, nackend trät die Göttin
An den Strand, es rauschten ihre Muscheln,
Tauben ruckten, Muschelmünder glänzten,

Leise flüsternd spräch die Liebesgöttin:
O du meine vielgeliebte Eva,
Wen ersehnst du schmachtender Begierde,
Wessen Liebeswollust soll dich stillen?

Meine Liebesbotin will ich senden,
Dass sie in dem Herz der lieben Seele
Lust entzünde, glühendes Verlangen,
Heiße Liebe zünde an im Herzen!

Dann wird dieses Menschenkindes Seele
Nicht mehr fliehn vor deinem heißen Werben,
Du schenkst dann umwerbende Geschenke
Und wirst selbst beschenkt mit süßem Lächeln,

Ja, mit mehr noch als mit süßem Lächeln!
Dieses Menschenwesen, dein Verlangen,
Wird umarmen dich und an sich pressen,
Heiße Liebe in dein Ohr dir flüstern!


22

Jesus spricht zur vielgeliebten Seele:
Ach, dein Herz ist randvoll von Begierde,
Eigenen Gedanken, wildem Wünschen,
Wildem Wollen, schmachtendem Verlangen!

Lass doch meine Liebe ein, o Seele,
Lass mein Herz in deinem Herzen wohnen,
Lass mein Herz in deinem Herzen bluten,
Lass mein Herz in deinem Herzen weinen!

So berühre meine Liebeswunde,
Seele, küsse meine Liebeswunde,
Fühle meine grenzenlose Sehnsucht
Nach dem Heil der vielgeliebten Seele!

Mutter Eva aber seufzt zu Jesus:
Ach, ich wollte schon im Paradiese
Der Glückseligkeit der Seele leben,
Nicht mehr in dem Jammertal der Tränen!

Da sprach Unsre Liebe Frau Maria:
Liebes Kind, du musst auf Erden bleiben,
Führe du die vielgeliebte Seele,
Die du innig liebst, zur Liebe Jesu!

Mutter Eva sprach zur Mutter Gottes:
Mutter, hör mein Rufen, hör mein Schreien,
Traurig bin ich, weine heiße Tränen,
Milde, gütige und süße Mutter!

Jesus sprach zur vielgeliebten Seele:
Gehe auf dem Weg, den ich gewiesen,
Meinem Weg, ich bin die Weisheit Gottes,
Bin die Auferstehung und das Leben!

Meine Liebe führt dich in den Himmel,
Ewige Glückseligkeit der Seele,
Zur ersehnten Einheit in dem Herzen
Ewig-Schöner Liebe! Halleluja!


23

Auferstehung singe ich des Fleisches,
Nicht allein Unsterblichkeit der Seele,
Auferstehen sollen Leib und Seele
Und vergöttert in der Gottheit werden!

Hörte Gott Gebete von der Erde:
Gott, ich liebe so den Körper Evas,
Gott, vergöttere den Körper Evas
Zu dem Himmelsleib des Paradieses!

Mitternachts erreichten mich Gesichte:
Oben auf der weißen Himmelstreppe
Mir erschien als eine Göttin Eva,
Gott verklärte sie zu einer Göttin!

Himmlische Musik ertönte lieblich,
Gnadenströme übergossen Eva,
Evas Antlitz schön wie einer Göttin
Antlitz, unaussprechlich diese Schönheit!

Unaussprechlich Gottes schöne Gnade,
Übermäßig übergießend Eva!
Sie erschien als eine Feuerflamme,
Als der Schönen Liebe Feuer-Schlange!

Sie glich einem schwarzen Pantherweibchen,
Hingelagert auf dem Berge Zion.
Sie glich einer hüpfenden Gazelle,
Braun und schlank, es zitterten die Flanken!

Feuer schien sie von dem Feuer Gottes,
Flamme von der Schönen Liebe Gottes,
Schönheit war sie von der Schönheit Gottes,
Liebeswonne von der Liebe Gottes!

Wonne aller Wonnen, Gottes Schönheit,
Wollust über Wollust, Gottes Liebe!
Wahre Lust sucht tiefe Ewigkeiten,
Lust begehrt die Ewigkeit der Gottheit!

Göttin Eva lag im Himmelsthrone,
Überschön der Göttin Himmelsschönheit!
Ja, ich lade dich in meinen Schoß ein,
Säuselte die Süße zu dem Seher!

Göttin Eva sang dies Wort zum Seher:
Welches Antlitz schaust du in dem meinen?
Schau, mein Bräutigam und wahrer Gatte
Ist die Gottheit mit dem Namen: Ich bin’s!


24

Komm, Sankt Evi, Evelin von Lüttich!
Führe mich zum Hochzeitsmahl des Lammes!
Kommunionen sind Vereinigungen,
O du Meisterin der Kommunionen!

Ja, Sankt Evi sprach zu ihrem Dichter:
Lieber Dichter, du bist eins und doppelt!
Deine Seele ist des Dichters Seele,
Deine Seele ist der Muse Seele!

So der Gottmensch auch ist eins und doppelt:
Denn es ist die göttliche Sophia
Mit dem Menschen Jesus ganz vereinigt,
Hochzeit ists in der Person des Meisters.

Also trete nun des Dichters Seele
Zu dem Thron der göttlichen Sophia
Und vereinige beim Hochzeitsmahle
Sich mit seiner göttlichen Geliebten!

Ebenso der Muse Seele trete
Zu dem Tisch des Bräutigams Messias,
Es vereinige der Muse Seele
Sich mit ihrem Bräutigame Jesus!

Also feiert ihr die Doppelhochzeit!
Du, mein Dichter, dich vermählst Sophia,
Und in dir die Seele deiner Muse
Sich vereinigt in der Gottes-Ehe Jesus!

Aber bei der Opferung der Gaben,
Frommer Dichter, opfre deine Liebe,
Weihe Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Gott dem Ewigen auf dem Altare!

Weihe Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Du dem Ewigen auf dem Altare,
Spendet Gott dir in dem Sakramente
Fleisch und Blut dir deiner Freundin Weisheit!



DRITTES BUCH



ERSTER AKT

ERSTE SZENE

ADAM

(allein in seinem eigenen Raum)

Ich, Adam, bin der Mensch in seiner Einsamkeit,
Ich tauchte auf den Abgrund meines Herzens
Und ging allein und einsam durch die Wüste,
Durchwanderte die Hölle meiner Ängste,
Das Fegefeuer meiner Leidenschaften
Und war auch in dem Himmel der Beschauung
Und schaute an die Ur-Idee der Schönheit,
Gott fand ich ewig, seiend, rein und geistig,
Vermisste Gott so schmerzlich auf der Erde,
Vermisste Gottes Liebe unter Menschen,
Dass ich mich eingrub in die Einsamkeit,
Mich eingrub in die Zelle, in den Sarg,
Und tausend Tode starb und lebend tot war!

(Eine Menschenmenge als Schattenwesen irrt durch den einsamen Raum. Adam nimmt die schattenhafte Menschenmenge nicht wahr.)

Da ist die Kauffrau an dem Ladentresen,
Anlächelnd mich aus großen schwarzen Augen,
Da sind die Arbeitslosen in der Schenke,
Sie saufen Bier wie Lästerung und Fluch,
Da sind die Kinder aus dem Kindergarten,
Großäugig lauern sie auf Schokolade,
Doch ich bin ganz allein auf dieser Welt!
Ich bin ein Mensch. Was kann ein Mensch nicht sein?
Der Mensch kann Heiliger der Liebe sein
Und Gottes Angesicht auf Erden spiegeln,
Der Mensch kann Instrument des Teufels sein
Und zeigen Satans widerliche Fratze.
Ich stand einst an der Wiege eines Kindes
Und dachte an den Tod und das Gericht,
Denn wer geboren wird, der wird auch sterben,
In der Geburt ist schon der Tod beschlossen,
Und an der Wiege stehen schon zwei Engel,
Der eine weist den Weg ins Paradies,
Der andre höhnisch lockt herab zur Hölle.


ZWEITE SZENE

ADAM

(allein in einer leeren Kirche)

Gott, woher kommt die tiefe Einsamkeit,
Die unaufhebbar mich in mir verschließt?
Wer machte mich so einsam? Warst das du,
War ich das selbst? In meiner Jugend nämlich,
Da suchte ich die Fruchtbarkeit der Liebe,
Da suchte ich Gemeinschaft mit den Menschen.
Doch habe ich die Liebe nicht gefunden
Und auch nicht die Erfüllung der Gemeinschaft.
Doch als du mich berührt, in jener Stunde,
Da ich ein Waise war im finstern All,
Da zogest du mich in die Einsamkeit.
Da dachte ich: Der Herr ist ganz allein,
Die absolute Einsamkeit des Herrn
Will ich in meinem Leben imitieren,
Ein Gleichnis und ein Spiegel Gottes sein.
Da hörte ich den weisen Meister lehren:
Steig immer tiefer in dein Herz hinab,
Denn auf des Herzens Grund wohnt Gott der Herr.
So stieg ich in mein Herz hinab und so
Verlor ich mich in meines Herzens Tiefe,
Versank im Abgrund meines Inneren,
Sank in die innerlichste Gottheit ein!
Doch tauchte ich nicht wieder auf und blieb
Versunken in den inneren Gemächern,
Allein mit dem Alleinigen, mit Gott,
Des Schweigens Gott in meiner Einsamkeit.
Die Menschen konnten mich nicht mehr ertragen,
Ich strahlte Einsamkeit und Sterben aus,
Ich strahlte Einsamkeit des Todes aus
Und Gottes absolute Einsamkeit.
Ich infizierte alle Menschen mit
Der Einsamkeit und Traurigkeit des Todes
Und darum mieden mich die Menschen alle.
Denn alle Menschen sind im Grunde einsam,
Doch suchen sie Geselligkeit der Menschen,
Die alle Einsamkeiten übertönen.
Sie fürchten sich vor Gottes Einsamkeit
Wie vor der Einsamkeit der Todesstunde
Und lieben mehr das Lärmen der Gemeinschaft,
Sie lieben die Musik der Menschenliebe
Und fürchten abgrundtief des Todes Stille,
Es könnte sein, dass Gott zu flüstern anfängt!

(Eine schattenhafte Menschenmenge nähert sich unheimlich still in der Kirche Adam, kommt seiner Aura nahe und entfernt sich gleich wieder.)

Ich leb doch nur des Menschen Einsamkeit
Als Ebenbild von Gottes Einsamkeit.


DRITTE SZENE

(Adam in der Kirche vor dem Marienbild Unserer Lieben Frau von Guadelupe. Die schattenhafte Menschenmenge nähert sich während Adams Gebet langsam wie in einer Prozession der Jungfrau.)

ADAM
Du aber, Gott, du wohnst noch einmal tiefer
Als meine abgrundtiefe Einsamkeit,
Denn unterm Abgrund meiner Einsamkeit
Bist du in meine Seele eingezogen
Als Liebe! Deine höchste Weisheit ist
Und deine letzte Offenbarung ist
Nicht Gottes Einsamkeit, ist Gottes Liebe!
Und mehr und mehr machst du, dass ich als Abbild
Der Liebe Gottes selber Liebe werde!
Und so bist heimlich du zu mir gekommen
In der Gestalt des kleinen lieben Kindes.
Drei Jahre jung der Knabe, voller Liebe
Und voll Verlangen auch nach meiner Liebe!
So bist du selbst zu mir gekommen, Gott,
Der Gott der Liebe, der im Kinde bittet
Um meine Liebe, Gott, der in mir liebt,
Gott, der im Kind gibt Antwort meiner Liebe,
Gott, zwischen Adam und dem Kinde Liebe!
So ist der Herr als Kind zu mir gekommen
Und zwar durch die Vermittlung seiner Mutter.

(Adam wendet sich an Maria. Die Schattenprozession huldigt Maria.)

Maria, Gott hat mich zu dir gebracht,
Zu dir, der Jungfrau, die alleine steht
Hoch überm Monde dieser Menschenwelt,
Kein kleines nacktes Kind auf deinem Arm,
Kein Papst, der dir zu deinen Füßen kniet,
Und keine Heilige, die dich verehrt,
Nur du in absoluter Einsamkeit!
Doch nein, Maria, schau ich nämlich tiefer,
So sehe ich das Kind in deinem Schoß,
Du, Jungfrau, bist die Gottgebärerin,
Du bist der Mutterschoß des großen Gottes,
Du, Gottes Mutter und der Menschen Mutter,
Du meine Mutter, der ich Waise war,
Doch Gott hat eine Mutter mir geschenkt,
Die schwanger ist, ist schwanger mit dem Sohn!
Ich will mich weihen deinem Mutterschoß
Und will dein makelloses Mutterherz
Zu diesem vielgeliebten Kinde tragen!


VIERTE SZENE

ADAM

(In der Kirche, allein, vor dem Kruzifix)

O Gott, gehört hab diese Lehre ich,
Dass ich nicht Vater eines Sohns sein kann,
Wenn ich nicht selber Sohn des Vaters bin.
Ich, Gottes Kind, und Gott mein lieber Vater?
Ich aber kann zu dir nicht Vater sagen,
Ich kann es nicht, so sehr ich mich bemühe.
Ich schaue deinen Sohn an seinem Kreuz:
In welche Finsternis stieg er herab!
Er stieg hinab in meine Höllenangst,
Er stieg hinab in meine Liebesschmerzen,
Er stieg hinab ins Loch der Einsamkeit,
Hinab in meine Qualen der Verzweiflung
Und füllte dies mit seinem Dasein aus
Und ward erneut gekreuzigt: Nun in mir,
Gekreuzigt Christus ward zum zweitenmal
In meinem Herzen, das gekreuzigt ward!
Da schrie mein Herz in seiner Kreuzigung:
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!

(Die Schattenmenge im hinteren Raum der Kirche murmelt.)

CHOR
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
ADAM
O Gott, da tat mir Christus auf die Augen,
Da sah ich Christus hungern in den Kindern,
Da Christus hungerte nach meiner Liebe!
Nun wollte Christus mir nicht Brot mehr geben,
Dass selber ich den Corpus Christi speise,
Nun wollte Christus selber von mir Speise,
Es hungerte der Herr nach meiner Speise!
O Gott, ich hielt in meinem Arm das Kind,
Das beinah ward im Mutterschoß ermordet,
Ich hielt in meinen Armen dieses Kind
Und liebte dieses Kind wie eine Amme
Und hätte ihm zu gerne doch gegeben
Die Mutterbrust mit süßer Milch des Trostes!
Ich weiß nur, Gott, die Liebe, die ich kenne,
Die Liebe, die allein ich geben kann,
Das ist die Mutterliebe einer Amme,
Großmutter bin ich jenes lieben Kindes.
Und so kann ich auch Gott nur Mutter nennen,
Dich, lieber Gott, kann ich nur Mutter nennen,
Und so bleib einsam ich auch in der Kirche.


FÜNFTE SZENE

(Adam in der Kirche, die Schattenmenge steht abseits)

ADAM
Gott, dich will ich als meine Mutter lieben,
Denn, weißt du, Gott, und ja, du weißt ja alles,
Wenn ich Maria sehe mit dem Kinde,
Seh, wie Marias Busen stillt ihr Kind,
Dann seh ich nicht Maria mehr und Jesus,
Dann seh ich Gott die Mutter und mich selbst,
Mich selbst gestillt an Gottes Mutterbrust!
Gott, wie mich deine Mutterliebe stillt!

(Maria erscheint, die Erscheinung ist ganz der Jungfrau von Guadelupe ähnlich.)

MARIA
Mein Sohn, den Schmerz der Liebe fürchte nicht!
Weißt du auch wie die Mütter vom Gebären,
Kennst du den Schmerz der Wehen und den Schrei,
Wenn dann zuletzt die Frau das Kind gebiert?
Mein Sohn, kennst du den Mutterschmerz der Liebe?
Ich selber leide Wehen der Geburt
Und große Mutterschmerzen meiner Wehen,
Bis du geboren bist, geliebter Sohn,
Bis du geboren bist als Andrer Christus,
Mein Adam, als ein Alter Ego Christi!
Erneut muss ich gebären Jesus Christus,
Gebären muss ich ihn in deinem Herzen!
Du selber musst auch eine Mutter sein,
Sei du wie ich und werde Gottes Mutter,
Empfange Christus und gebäre ihn,
Erleide Wehen der Geburt und Schmerzen
Der Mutterschaft und nähre Christus in dir
Und nähre Jesus Christus in der Welt
Mit Muttertränen und mit Mutterblut
Und mit der süßen Muttermilch des Trostes!
Die Welt braucht Mütter! Christus in der Welt,
Der Christus in dem Kind braucht Mutterliebe!
Geh, tröste Jesus Christus! Stille Jesus Christus,
Still Christus mit der Muttermilch des Trostes!
Geh, opfere dein Blut und deine Tränen
Und trage in die Welt mein Mutterherz,
Sei Gottes Mutter und der Menschen Mutter!

(Die Schattenmenge nähert sich Adam, der Glanz der Jungfrau ist wie Morgenröte und blendet die Schattenmenge. Adam steht dennoch allein, wie in einer Isolation.)

ADAM
Bricht auf mein Herz, Maria, für die Menschen!



ZWEITER AKT


ERSTE SZENE


(Adams Stube. An der Wand das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe. Bücherregale an den Wänden, unter anderem die gesammelten Werke von Goethe. Adam liegt auf seinem Sofa unter dem Kronleuchter seiner Großmutter und blättert in einem Bilderalbum.)

ADAM
Mein Liebling Milan! Hier im Bilde seh ich
Das Strahlen deiner Augen, deiner Seele,
Denn deine Augen sind der Seele Spiegel
Und offenbaren deine reine Liebe
Und deinen Ursprung: Unschuld ist dein Ursprung!
Zwei Jahre warst du alt, da waren wir
Zusammen in Berlin. Hier fütterst du
Die Enten, und ich sing dein Lieblingslied:
All mein Entchen schwimmen auf dem See.
Hier streichelst du zum ersten Mal ein Hündchen,
Das war der Schoßhund einer alten Dame,
Die hielt den Schoßhund schlafend in den Armen,
Da hast den Schoßhund zärtlich du gestreichelt.
Und hier seh ich dich nun vor deinem Haus,
Du spielst im Sand, du sammelst die Kastanien,
Da kräht der Hahn, herbei die Hennen eilen,
Die Glucke kommt mit ihren kleinen Küken.
Die weiße Katze spielt mit einer Maus,
Wie Frauen mit verliebten Männern spielen.
Mein Liebling Milan, wenn ich dann gekommen,
Dann riefst du voller Freude: Adam kommt!
Hört ihr es, Kinder? Adam ist gekommen!
Dann eiltest du zu mir mit offnen Armen,
Umklammertest voll Liebe meine Beine
Und sagtest: Adam, nimm mich auf die Arme!
Und nahm ich dich auf meine Arme, Milan,
Umschlangest du umarmend meinen Hals
Und küsstest voller Liebe meinen Mund!
Weil du so gerne und so zärtlich küsstest,
Pries ich dich großen Küsser vor dem Herrn!
Im Alter von zwei Jahren nanntest du
Mich Adam nicht, da nanntest du mich Mama!


ZWEITE SZENE


MILAN
Ich spielte mit den Hühnern in dem Garten
Und kämpfte mit den Stöcken gegen Nesseln,
Ich ging auch gern spazieren zum Kanal,
Da auf dem Deich die Schafe weideten.
Noch lieber ging spazieren ich den Waldweg
Zur Pferdeweide, Pferden Zucker geben.
Wenn ich einmal die Bilder meiner Kindheit
Betrachte, werde ich erkennen, dass
Mein Vater nicht zu sehen auf den Bildern,
Doch Adam ist zu sehen. Lieber Adam,
Du saßest lächelnd an der Badewanne,
Da ich mit meiner Spielzeug-Ente spielte.
Und wenn die Sonne schien im heißen Sommer,
Dann hast du meinen Leib gesalbt mit Salbe.
Wenn du nicht da bist, Adam, denk ich doch
An dich, ich trage dich in meinem Herzen.
Um dir zu senden einen lieben Gruß,
Mal ich mit Farben einen Regenbogen
Und schreib dir einen Brief: Komm doch bald wieder!
Dann trittst du eines Morgens vor die Tür,
Der Postmann überreicht dir meinen Brief,
Dann öffnest du den Brief und siehst das Bild
Und liest den Gruß: Ich will dich wiedersehen!
Dann weißt du, Adam, dass ich an dich denke,
Wenn du nicht da bist, dich im Herzen trage
Und sehne mich, bald wieder dich zu sehen.
Ich weiß, dass dich mein bunter Brief gefreut,
Weil du mir daraufhin den Becher schenktest
Mit jenen beiden kleinen Engelkindern,
Die vor Maria schauen aus den Wolken.
Ich habe ja auch einen kleinen Engel,
Den Liebes-Engel, wie du immer sagtest.
Weißt du das noch, mein Adam, wie wir spielten,
Ich bin der Liebes-Engel mit dem Pfeil
Und schieß den Liebespfeil dir in dein Herz,
Da warest du getroffen und verwundet
Und nahmst mich in den Arm: Ich liebe dich!
Nun ist es Abend und es kommt die Nacht,
Da bringst du singend, betend mich ins Bettchen.
Ich bitte dich: Sing wieder von Maria!
Du singst das Lied mir von Marias Mantel,
Dann stellst du Engel auf an meinem Bettchen
Und wünschst mir: Träume süß vom Paradies!
Dann küsst du mich, dann zeichnest du das Kreuz,
Dann schlaf ich bald an deinem Händchen ein.


DRITTE SZENE


ADAM
Ich war mit dir im Ort, da ich geboren,
Wir machten Urlaub dort in einem Sommer.
Du wecktest morgens früh mich zärtlich auf,
Wir sahn uns Bilder an der Muttergottes,
Der Großen Mutter, Schwarzen Muttergottes!
Ich fühlte mich als Mutter wie Maria,
Du aber warst mein kleines Jesuskind!
Wie der Prophet Jesaja einst gesungen:
Ein Kind geboren uns, ein Sohn geschenkt!
MILAN
Am Morgen, wenn noch alle Menschen schliefen,
Da waren wir schon beide auf dem Spielplatz.
Da gabest du mir in der Schaukel Schwung.
Dann haben wir das Frühstück eingenommen,
Da gab es Apfelsaft und weiße Brötchen.
ADAM
Den ganzen Tag dann waren wir am See
Und freuten uns der keuschen Schwester Wasser.
MILAN
Ein Augenblick, da waren wir allein.
ADAM
Da liebte ich dich mehr als eine Mutter,
Da wollt ich dich im Geiste neu gebären.
MILAN
Du wurdest feierlich und gossest lächelnd
Drei Tropfen Wasser auf mein blondes Haupt.
ADAM
Und stellvertretend habe ich für dich
Dem Bösen abgeschworen, deinem Feind,
Versprach, der Liebe Gottes nachzufolgen,
Der Liebe Gottes, die uns Jesus schenkt!
MILAN
Dann machtest wieder du das Kreuzeszeichen.
ADAM
Nun fragt mein Meister Jesus oft mich lächelnd:
Die Taufe des Johannes, sag mir doch,
War sie vom Menschen oder von dem Herrn?


VIERTE SZENE


MILAN
Und weißt du noch, als ich das Fieber hatte?
ADAM
Ach, aller Menschen war ich damals müde,
Ich fühlte ausgenutzt mich, ausgebeutet,
Da war ich ausgebrannt und völlig kraftlos.
Bonhoeffer hört ich da mir Predigt halten:
Nicht kreise um den eignen Schmerz der Christ,
Kreis um das Leiden Gottes in der Welt!
Dann sprach Teresa von Kalkutta noch:
Der Christus wartet in den Kinderseelen
Auf deine Liebe, wartet heißen Durstes!
MILAN
Ich brannte in dem Fieber, weinend rief ich:
Mein liebster Adam muss jetzt zu mir kommen!
ADAM
Mit letzter Kraft bin ich zu dir geeilt
Und sah dich fiebernd in dem Bettchen liegen
Und sah in deinen großen heißen Augen –
MILAN
Was sahest du in meinen Augen, Adam?
ADAM
Ich sah die Augen Christi voller Leiden!
In deinen Augen sah ich Christi Augen!
Da hielt ich Christus selbst in meinen Armen,
Da gab ich Jesus Christus Medizin
Und tröstete mit Mutterliebe Jesus!
MILAN
Das war doch in der schönen Weihnachtszeit.
ADAM
Zusammen schliefen wir in einem Bett,
Du schliefest schon, ich sprach noch mit Maria
Und bat Maria: Decke Milan zu
Mit deinem Sternenmantel, o Maria!
Und da erlebte ich die Weihnachtsgnade:
Als ich mit dir in einem Bette schlief,
Schlief ich mit Jesus Christus in der Krippe!


FÜNFTE SZENE


ADAM
Als eben ward der neue Papst gekrönt,
Da sprach der Papst in seiner Antrittsrede:
Sät euer Leben nicht in Eigentum,
Sät euer Leben nicht in Bücherwissen,
Sät eure Liebe in die Seelen ein,
Denn diese Saat bleibt in der Ewigkeit!
MILAN
Du hast ja deine Liebe eingesät
In meine Seele. Diese Saat wird bleiben.
ADAM
Es blieben viel Gedichte ungeschrieben
Bei all der Müh und Arbeit um dein Leben,
Doch mit der Schwanenfeder meiner Liebe
Und mit der schwarzen Tusche meines Blutes
Schrieb ich Gedichte einer schönen Liebe
Auf den Papyrus deiner weißen Seele!
MILAN
Und ahnst du überhaupt, was ich genommen
Aus jenem Schatz, der deine Seele ist,
Weißt du, was ich aus deinem Leben mir
Genommen hab als Nahrung meiner Seele
Und wie viel Glauben mich gelehrt dein Vorbild
Und wie zur Ahnung Gottes ward dein Antlitz?
ADAM
Mit Schmerzen und mit Blut muss ich begießen
Die Saat des Glaubens in der Kinderseele,
Muss meine Seelenleiden Jesus schenken!
Ich konnte legen nur ein Fundament,
Ein andrer muss errichten einst das Haus.
Ich konnte säen nur die Saat des Glaubens
In deinem Acker, einst ein andrer muss
Begießen, dass der Baum des Lebens wächst!
MILAN
Von allen Seiten stürmt heran die Welt,
Ich fürchte, Adam, dass ich unterliege!
ADAM
Freilassen muss ich dich, geliebter Knabe,
Freilassen selbst noch in die böse Welt!
Ich weiß, ein Schatzhaus ist in deiner Seele,
Denn du bist großgezogen worden mit
Der Muttermilch der Mutterbrust Mariens!
Wenn du einst hörst ein Wort von Jesus Christus,
Dann wird es dir wie Kindheitsheimat sein.
Ich lass dich fort, doch nicht aus meinem Herzen
Und nicht aus meinen weinenden Gebeten!
MILAN
Vertraue mir und glaube doch an mich!
Dich werd ich nie verlieren aus dem Herzen,
Die Liebe nie, die du in mich gegossen!



DRITTER AKT


ERSTE SZENE


(Maria, ganz in Weiß gekleidet, aber wie durchsichtig und von Licht durchstrahlt, ihr Haar wie Sonnenglanz, sie geht an einem lichten blauen Meer im weißen Licht der Sonne.)

DIE NEUE EVA
Verlass mich nicht, mein vielgeliebtes Kind,
In meinem Herzen bist du eingeschrieben,
In meiner Hand dein Name steht geschrieben,
Du bleibst in mir, ich bleibe deine Mutter!
Dich will ich immer wieder führen, Adam,
Von deiner Einsamkeit hinauf zur Liebe.
Du ziehst dich oft zurück in Einsamkeit,
Ich führe immer wieder dich zur Liebe.
Dein Herz verwandle ich in Mutterliebe.
Ich schenke dir die Wehen und die Schmerzen,
Ich schenke dir die Schmerzen der Geburt,
Ich schenke dir ein schmerzdurchbohrtes Herz,
So wird dein Herz geweitet für die Liebe,
So wirst du mütterlich die Seelen lieben.
Ich bin bei dir, die stille Magd der Demut,
Ich räum die Wohnung deines Herzens auf,
Bereite dir das Mahl der Kommunion,
Wasch deine Kleider in dem Bad der Tränen,
Ich bade dir den Staub von deiner Seele,
Ich schenke Ruhe dir, in meiner Nähe
Darfst ruhen du von allen deinen Leiden,
Dann sauge du den Frieden meiner Seele,
Dann labe dich an der Gestalt der Schönheit,
Erquicke dich am Antlitz meiner Anmut
Und lausche meiner Stimme voller Sanftmut,
Ich tröste dich als mütterliche Freundin
Und als die Braut in reiner Geistigkeit.
Dann wirst du Bräutigam, geliebter Adam,
Und deine Braut ist dann die Neue Eva!
Ich bin dann in dir, deine innre Klarheit,
Und meine innre Klarheit sich verbindet
Mit mühevoller Arbeit in dem Alltag.
Oft fliehst du noch die Arbeit in dem Alltag
Und flüchtest in den Schoß der Einsamkeit.
Ich will die Arbeit deines Alltags aber
Erfüllen mir der innerlichen Klarheit.
Mit dieser innern Klarheit lichtem Glanz
Will ich auch alle deine Seelenkinder
Bekleiden, sie sind ja noch nackt vor Gott,
Verstecken sich in Büschen, weil sie nackt sind,
Ich will sie kleiden mit der Neugeburt.
Mein allerliebstes kleines Jesuskind,
Dein Weinen und dein Jubel schallt im All,
Jetzt will ich sein die Gottgebärerin,
In Adams Herzen werde jetzt geboren!


ZWEITE SZENE


ADAM
Nun also glaub ich an den Bräutigam,
Gott selber ist der wahre Bräutigam,
Gott liebt als Bräutigam die Menschenseele
Ganz so wie ein Verliebter seine Freundin!
DIE NEUE EVA
Und bist du selber auch ein Bräutigam?
Willst du nun deine Einsamkeit verlassen
Und mich begrüßen, deine Schwester-Braut?
Du bist mein Kind und ich bin deine Mutter,
Ich bin noch mehr als das, bin deine Freundin
Und deine Schwester, ewig deine Frau!
Zur Kirche rede immer ich als Mutter,
Zu dir will aber ich als Freundin reden,
Als Braut, als die Vermählte deines Geistes!
Denn so ist deine Ansicht ja vom Leben:
Das Leben ist für dich die Große Mutter,
Das Leben ist für dich die schöne Braut!
Ich bin das Leben, bin die Mutter-Braut!
Die Mutter Christi ist nun Adams Braut!
Mein Kind soll dein Kind sein und alle Kinder,
Die ich gebäre als der Menschen Mutter,
Die Söhne deiner Seele sollen alle
Nun unsre Kinder sein, mein Ehemann!

(Maria präsentiert das Jesuskind. Alle Söhne Adams, Milan, Juri, Tom, Simon, Quentin, beten das Jesuskind auf dem Arm Mariens an.)

SÖHNE ADAMS
Du, lieber Jesus, du bist unser Gott!
ADAM
Die Liebe hab ich anders mir gedacht,
Ich dachte Liebe mir in Süßigkeit,
Du aber schenkst die Liebe mir als Kreuz!
DIE NEUE EVA
So lerne du nun meine Liebe kennen,
Die Liebe deiner Ehefrau in Gott
Geht über dein begrenztes Ich hinaus
Und führt dein Ich zum Tod des Bräutigams!
Weil ich den Tod des Bräutigams begehre,
Begreifst du meine Liebe nicht, Geliebter,
Begreifst du nicht den Tod des Bräutigams!
ADAM
Im Tod des Bräutigams erkenn ich Gott,
Die Mutter und die Weisheit und die Liebe,
Die Liebe, die der Welt zugrunde liegt!
CHOR DER FRAUEN
Die Schöne Liebe liegt dem All zugrunde!
DIE NEUE EVA
Der Weltgrund ist der Tod des Bräutigams.


VIERTES BUCH



ERSTES KAPITEL

Ich bin der Elohist und preise Elohim, die Gottheit! Denn Elohim schuf im Beginn, in der Weisheit, Himmel und Erde, Geist und Materie, Unsichtbares und Sichtbares, Engel und Kosmos. Am Anfang war die Erde ein Tohuwabohu, ein Chaos der Urflut, eine Urmaterie, ein Urchaos, ein Urmeer, eine Mutter Tiamat. Aber die schöpferische Liebe der Gottheit, die Taube des Friedens und der Liebe, schwebte über dem Urmeer, das Maria hieß. Die Liebe brütete das Urchaos aus und brachte die Ordnung des Kosmos hervor durch Amorisation der Urmaterie. Elohim sprach: Jehi Or! Fiat Lux! Es werde Licht! Und es ward Licht! Und Gott schied das Licht und die Finsternis. Licht und Finsternis sind geschieden, und es ist keine Finsternis im Licht, es sei denn bei Obskuranten. Nicht ist das Böse mit dem Guten gemischt und nicht ist das Böse ein Teil des Guten, sondern Gut und Böse sind geschieden, Licht und Finsternis von Elohim geschieden. So wurde der erste Tag. Und Elohim sprach: Es werde Festes zwischen den Wassern und die Wasser sollen sich scheiden und das Feste soll erscheinen. Hier beginnt das Licht des ersten Tages sich weiter zu entwickeln zu einer Ordnung des Kosmos, denn es wird der chaotische Abgrund des Urmeeres geschieden und es erscheint das Feste. Ein fester Grund wird gelegt, dem chaotischen Treiben und Wühlen der Masse wird eine Ordnung gegeben. Land ist in Sicht! Ein fester Boden unter unsern Füßen erscheint. Von den oberen und den unteren Wassern sind wir nicht mehr maßlos umgeben, sondern es ist ein fester Himmel, der die oberen Meere zurückhält. Es ist ein Himmel erschienen. Es hat sich der ewig strömende Dauerregen verzogen. Vielleicht schweben noch Wolken am Himmel, aber die Himmelsdecke reißt auf und ein Licht erscheint, das Licht durchdringt die Finsternis. Dies hat die Taube der Schönen Liebe gebracht, die Taube Elohims hat das Licht ausgebrütet, hat das feste Land gebracht! Die Wasser der Sintflut haben sich verzogen, die weiße Taube der Arche fand auf dem Gipfel des Ararat das Ölblatt! Hoffnung triumphiert über die Masse der Finsternis und des Chaos, Licht und feste Ordnung gewinnen an Raum. Das Licht ist erschaffen und der Himmel. Am Himmel ist Licht, der Himmel ist unser festes Fundament, der Himmel ist unsre Hoffnung, das Licht des Himmels gibt den schönen Glanz der Ordnung in die treibende Chaoswelt! Und Elohim gebietet dem Sturm und dem Meer: Sammle dich, Meer, zu einem Ozean und gebe die Erde frei! Deine Brandung soll nicht überfluten die Erde! Deiche baue ich am Rande der Erde und gebiete den Seebeben! Erde, Erde, du grüne, erscheine im Licht! Erde, du Hoffnungsraum, Erde, du fröhliches Grün, Erde, du blaue Blume im Ozean des Kosmos, Erde, du blauer Planet unter andern göttlichen Planeten, Erde, du einzigartiger göttlicher Planet, da die lebendige Vegetation lebt! Halleluja, Elohim schuf die Schöpfung im Frühling! Ein Garten erscheint die Erde mit den blühendsten Blumen, Lotosblumen und Lilien, Rosen und Tulpen, Nelken, Orchideen, Narzissen, Krokus und Vergissmeinnicht! Erde, du starke Mutter mit deinen kräftigen Bäumen! O du reiner Pflaumenbaum mit deinen süßen Pflaumen! O du Feigenbaum mit deinen leckeren Feigen! O du Dattelpalme mit deinen köstlichen Datteln! O du Apfelbaum mit deinen prangenden Äpfeln! O du Granatapfelbaum mit deinen glühenden Granaten! O du Pfirsichbaum mit deinen rosigen Pfirsichen! O du Orangenbaum mit deinen saftigen Orangen! O du Mischmischbaum mit deinen niedlichen Früchten! O du Bergamottenorangenbaum mit deinen goldenen Früchten! O du Limonenbaum mit deinen herben Früchten! O du Zitronenbaum mit deinen sonnigen Früchten! O du Mangobaum mit deinen prallen Mangofrüchten! Honigmelonen! Wassermelonen! Alle Früchte voll von klebrigen Samen voller Fruchtbarkeit, schwanger von Zeugungskraft! Elan vital! Lebenskraft der lebendigen Frühlingsnatur! Lenzlust in allem Grün! Grünkraft in der Mutter Natur! Ein Wonnegarten! Lenzlust im Lebensgarten! Lenzlust des Lebens! Wonne und Wollust! Fruchtbarkeit, Zeugungsfülle, Schwangerschaft! O du heiliges Leben von Gott! Elohim ist fruchtbar! Elohim sah die grüne Mutter Erde in ihrem Lenzgarten und sah, dass sie schön war! Und Elohim ausstreute in den Raum den strahlenden Sol, den Gott der Dichter und Seher, und die keusche Luna mit ihrer üblen Laune und ihrer fröhlichen Laune und ihren närrischen Grillen, und den Mars mit seinem Ehebruch und seinen Kämpfen, und den Merkur mit seinem Quecksilber und seiner Philosophie und seiner Heilkunst, und den Jupiter, den jovialen Gastgeber Xenius, und die überheiß glühende Venus mit ihrer brennenden Liebe, und den Saturn mit seiner philosophischen Schwermut, und Elohim schuf die Fixsterne und die Milchstraße und den Andromedanebel und den Pferdekopfnebel und den Carinanebel und die andern Spiralwirbel und Galaxien und Nebel, und Gott schuf den dritten Himmel, den Himmel aller Himmel, und Gott schuf das Weltall, ich weiß nicht, ob es sich ausdehnt oder zusammenzieht, den Hitzetod sterben wird oder den Kältetod sterben wird, ob es unendlich oder endlich ist, ich weiß nicht, ob das Weltall das unendliche Kleid des unendlichen Gottes ist oder wie viel Sandkörner in das Weltall passen, ich weiß nicht, ob neben diesem Weltall noch andre Weltalle existieren, ich weiß nicht, ob das Weltall dreidimensional unendlich und vierdimensional endlich ist, ich weiß nicht, wie viel Dimensionen existieren, ich hab noch nicht auf dem Monde gestanden, ich hab noch nicht den Mars auf Wasser untersucht, ich sah den Carinanebel und seine Weinberge, ich sah das Evische Sternbild über allem, ich kam an die Grenze des Universums und stieß die Tür auf zu Gott! Und ich sah am nächsten Tag die Walfische mit den Schiffen spielen in den Buchten des östlichen Meeres, und ich sah die Singschwäne singen der Unsterblichkeit der Seele und die Trauerschwäne sich den Heimgang wünschen zu Gott, und ich sah die Nymphensittiche spielen in den Schlafzimmern junger Mädchen und ich sah die Elstern den Damen Gäste verkünden und ich sah die brünstigen Turteltauben im Frühling in den Kronen der Kastanien beim Liebespiel, sie schlugen mit den Flügeln, sie spreizten die Flügel, sie girrten und gurrten und ruckten und kosten mit den Schnäbeln, sie nickten, sie pickten, bis sie fruchtbar wurden von der brünstigen Liebe, die Brut in ihrem Neste lag und sperrte die Schnäbel auf und schrie zu Gott, der Großen Taube Iahu! Und Elohim gebot den Tieren des Feldes, zu hüpfen und zu springen! Elohim befahl den Kitzen der Ricke, lustig zu sein! Elohim gebot dem Einhorn, den Schoß der Jungfrau zu suchen! Elohim gebot der Stute, die lockige Mähne zu schütteln! Elohim gebot dem Hengst, sein Hengstmaul schäumen zu lassen bei bebenden Flanken! Elohim gebot der heiligen Kuh, mit gütigen Augen das volle Euter zu schaukeln! Elohim gebot den schwarzen Pantherweibchen, zu ruhen auf den heißen Bergen des Libanon! Elohim gebot der Löwenmutter, ihre wilden Löwenjungen großzuziehen! Elohim gebot den Eseln, steif zu stehen! Elohim gebot dem Stier, die Kuh von hinten zu besteigen! Aber da machte Elohim einen Sprung in der Evolution! Es ging nicht von der Geschichte des Kosmos und der Kreaturen nahtlos zum Menschen über, sondern Gott beriet sich mit Gott im Geiste der Weisheit und sprach: Ich bin Elohim und flüstere meiner göttlichen Sophia in ihr Muschelohr: Komm, Geliebte und Throngenossin, Wir wollen Menschen machen nach Unserem Ebenbilde! Der Mann soll ein Bild sein des Vaters Elohim in Herrlichkeit und Macht und Majestät und Kraft, die Frau soll Ebenbild sein der göttlichen Sophia in Weisheit, Einsicht, Erkenntnis und göttlicher Vernunft, und zwischen ihnen soll die knisternde Erotik Ebenbild der göttlichen Liebe sein, jener lebendigen Liebesflamme, die Gott ist, jener lebendigen Liebesflamme, die Elohim mit seiner geliebten Sophia vereinigt in der ewigen Glut der göttlichen Erotik! Elohim zeugte in dem Schoß der göttlichen Sophia den Hauch der Liebe, und der Hauch der Liebe bildete in dem Geheimnis der Gottheiten das erste Menschenpaar, Mann und Frau in Vereinigung, Abbild der dreifaltigen Gottheit! Der Mann ein Abbild Gottes des Herrn, die Frau ein Abbild Gottes der Frau Weisheit, die Liebe zwischen ihnen ein Abbild des Eros Gottes! Und Gott sprach: Mann und Frau, seid fruchtbar und zeugt und gebärt Kinder und verwaltet die Erde liebevoll und speist vegetarische Speise! Die Kräuter und die Milch und den Käse und den Soya und den Salat und das Gemüse und die Nachtschattengewächse und das Brot und die Erdäpfel geb ich euch zur Speise! Adam, genieße, was Eva dir zur Speise bereitet, und liebt euch, wie ich euch liebe! Und Elohim sah, dass die Schaffung des Mannes und der Frau sehr gut war! Da ruhte Gott am Sonntag aus und dachte: Ich bin, Sum, ich bin das Sein, von meinem absoluten und ewigen Sein hat alles endliche Sein das Dasein und zu meinem ewigen Sein hat alles endliche Dasein seine Heimkehr! Ich bin das Leben in allem Leben, ich bin die Liebe in aller Liebe, ich bin die göttliche Schönheit in aller Schönheit der Schöpfung! Aber nun will ich ruhen. Und Elohim in seiner göttlichen Trunkenheit sank in seinen göttlichen Schlaf.


ZWEITES KAPITEL

Im Anfang schuf Gott Jahwe den Menschen, das heißt die Menschheit, Adam, aus Adama, der Mutter Erde, und in den Körper, den Jahwe von der Mutter Erde nahm, hauchte Jahwe den Lebensgeist ein, den Atem, der den Menschen Adam zu einem lebendigen Lebewesen machte, zu einem Abbild Gottes. Aber Gott schuf den Menschen Adam als ein männliches und ein weibliches Wesen, als Mann, das heißt als Isch, und als Frau, das heißt als Ischa. Isch war nämlich allein und lebte einsam in der Natur. Er schaute die Kirschblüte an und sah in der Kirschblüte das Angesicht einer schönen Frau aus Äther, die ihn anlächelte. Er schaute einen Fuchs an seiner Seite wandeln und dachte, dieser Fuchs bedarf der Katze, der schwarzen samtigen Katze, nach der der purpurrote Fuchs so hungert. Isch sah das Reh auf der Lilienweise weiden und dachte bei dieser zärtlichen femininen Anmut an eine feminine zärtliche Frau, die voller Anmut und Holdseligkeit ist, da hörte Isch den Hirsch aus dem Walde röhren, und es röhrte der Hirsch nach der Hindin, es röhrte Isch nach einer Geliebten. Und es lag Isch unter einem Lebensbaum und verglich sich selbst mit einem Lebensbaum, vom lichtblauen Himmel sah er das heitere schöne Antlitz einer Geliebten lächeln, und er fühlte sich einsam, wie die linke Seite des Lebensbaumes. Es floss durch seine Adern ein Schmerz und eine Sehnsucht nach der anderen Hälfte des Kosmos. Und Isch lag im grünen Garten auf der Wiese und sah die Honigbiene den Kelch der Krokusblume besuchen, und Isch erkannte sich in der Honigbiene mit dem saugenden Stachel und sehnte sich nach dem keuschen Kelch der Geliebten in ihrem weißen Blütenkleide, den süßen Samen der Fruchtbarkeit in ihrem Nektarschoße zu lecken. Und Isch sah in die himmelblauen Lüfte und schaute zwei weiße Zitronenfalter lustig ihre Hochzeitstänze in den Lüften feiern. Aber ach, er war kein Schmetterling, er hatte keine Frau, die tanzte den Hochzeitstanz mit ihm. Und Isch ging spazieren am Weiher und sah den schwarzen Schwan mit seiner schwarzen Schwanin majestätisch gleiten über den Weiher, Seite an Seite, in treuer ehelicher Liebesgemeinschaft, er sah wie sie ihre Hälse verflochten und mit den Flügeln schlugen und schrien brünstige Schreie der Wollust im Wasserbett, da wachte die Brunst in Isch auf und er fühlte die Trauer wie ein schwarzer Schwan. Vor Trauer und Kummer und Einsamkeit ist Isch im Garten eingeschlafen unter einer Blutbuche. Er lag unter der roten Krone der Blutbuche, und es verblutete sein Herz vor Sehnsucht, und er verseufzte seine Seele vor Schmachten, und er starb den kleinen Tod des Schlafes. Bist du überwältigt von Trauer, versinkst du in einem Meer der Trauer, stehst du allein in der finsteren Nacht, und ohne Hilfe gehst du durch die Finsternis, versinkt der Boden unter deinen Füßen, und alle Unwetter lasten auf deinem Haupte, schlafe, was willst du mehr, beim Saitenspiel der Sterne, schlafe, was willst du mehr? Es war nicht ein Schlaf der ruhigen Seele, sondern eine Trance, eine Ohnmacht, ein kleiner Tod. Isch war verrückt und verirrt im Wahnsinn in eine Ohnmacht gesunken und in eine Trance wie von berauschenden Efeublättern. So lag er in seiner Wahnsinnsumnachtung unter der Blutbuche und es verblutete sein Herz. Da trat Jahwe zu Isch in seiner tiefsten Umnachtung und schnitt ihm mit dem Schwert der Operation das Herz aus der Brust, er nahm den blutigen Fleischklumpen aus der linken Brust des halbtoten Isch und formte aus dem Fleisch und Blut des Herzens des Mannes die andre Hälfte des Universums, den Himmel zu der dürstenden Erde, die Hindin zum röhrenden Hirsch, das Falterweibchen zum Schmetterling, die Krokusblüte für die Honigbiene, die schwarze Schwanin für den schwarzen Schwan mit dem blutroten Tränen unterm Auge, er schuf die rechte Seite des Lebensbaumes. Jahwe nahm aus Isch das Unbewusste seiner Seele, er nahm die ganze Weiblichkeit der unbewussten Psyche und schuf sie aus dem Fleisch und Blut des Herzens als eine Frau, als einen Engel von Seele in dem Leib einer Aphrodite. Diese war nicht allein Fleisch vom Fleisch seines zuckenden Herzens, nicht allein Blut vom Blut seines verblutenden Herzens, diese war Seele von seiner Seele, sie war die weibliche Anima zu seinem männlichen Selbst, er aber war der männliche Animus zu ihrem weiblichen Selbst. Er war der Leib, aus dem ihr Leib geschaffen, sie war der Traum seines Fleisches, sie war die Seele seiner Seele, sie war der Hauch seiner Sehnsucht. Er war der Mann von Mutter Erde genommen, sie war die Frau, von Jahwe gehaucht und gebildet. Sie waren füreinander geschaffen. Sie gingen auseinander hervor. Sie stammten von Einem Urmenschen Adam ab. Sie stammten von Mutter Erde ab und stammten ab vom Hauch des Mundes des Gottes Jahwe. Jahwe schuf sie füreinander. Jahwe hatte seine große Hand geöffnet, in der die Samentropfen ihrer beider unsterblichen Seelen vereint und verschmolzen in seiner Hand gelegen. Jahwe hatte sie füreinander geschaffen, so wie er den Logos der Sophia zugeordnet, so wie er die rechte Seite des Lebensbaumes zur linken Seite des Lebensbaumes zugeordnet hatte, Jahwe hatte Isch und Ischa füreinander geschaffen, wie die Liebe Gottes mit dem Zorn Gottes sich vereinigt zur Barmherzigkeit Gottes, Jahwe hatte Isch geschaffen als Abbild des göttlichen Geistes und Ischa geschaffen als Abbild der göttlichen Natur. So wie Himmel und Erde im Schöpfungsfrühling Hochzeit feiern und der Himmel sich in glühender Liebesumarmung in den Schoß der blühenden Erde legt und keusche Blumen zeugt, so waren Isch und Ischa füreinander geschaffen. Jahwe hatte wie ein allmächtiger Vater und eine liebende Mutter Isch und Ischa gebildet, dass sie in ihrer einzigartigen mystischen Liebesvereinigung die totale Vollkommenheit Jahwes abbilden. Und so kam Ischa dem erwachenden Isch entgegen. Was rief er da? Rief er etwa erschrocken: Nein, sie ist es nicht!? Sie ist nicht die Frau meiner Träume!? Rief er dies bei der wahren Ischa? Nein, sondern er begann als der erste Liebesdichter eine jubelnde Hymne zu dichten über die Schönheit der Frau: Du bist es! Du bist der Traum meiner Seele, die Erkenntnis meines Blutes, die Inkarnation des Verlangens meines Fleisches, der Spiegel der göttlichen Schönheit und Liebe! Du bist meine Hilfe, denn du bist gesandt von Jahwe, meiner Hilfe! Jahwe ist meine Hilfe und Ischa ist meine Hilfe! Du bist nicht meine Herrin, die mich beherrschen will! Du bist nicht meine Sklavin, von der ich mich bedienen lassen will! Wir wandeln Seite an Seite, halten uns Hand in Hand und gehen spazieren in der Gegenwart Gottes! Du gehst an der rechten Seite Gottes und ich gehe an der linken Seite Gottes, und dann legt Gott unsre Hände ineinander und sagt: Liebet euch! Seid fruchtbar! Bevölkert den Garten Eden mit lachenden Kindern! Ja, geliebte Ischa, du sitzt mir gegenüber im Garten Eden, ich sitze dir gegenüber im Garten Eden, und zwischen uns liegt Jahwe, das Haupt auf deinem Schoße, Ischa, die Füße wie auf einem Fußschemel auf meinen Schenkeln. Du liebkost den heiligen Jahwe und näherst dich mir immer näher an! Jahwe ist die Liebe, die uns verbindet, Ischa und Isch sind eins und vereinigt, und im Innern unserer erotischen Liebesvereinigung ist Jahwe als die Liebe! Wenn sich mein Same mischt mit deinem Liebestau in der Grotte deines Schoßes, ist im Innern der Verschmelzung Jahwes Liebesglut, die fruchtbar wird! Gott der Schöpfer ist im Innern unsers Aktes der Liebesvereinigung! Darum schämen wir uns nicht, wenn wir nackt zusammen liegen im grünen Bett des Paradieses! Denn Jahwe ist inmitten der Vereinigung deiner und meiner Nacktheit! Ja, wenn sich das Sakrament der Zeugung mit dem Sakrament der Fruchtbarkeit vereinigt, ist Jahwe die göttliche Macht der glühenden Liebesflamme im Sakrament der Liebesvereinigung! Ich kann es nicht begreifen, dass wir vor Jahwe ganz nackt sein dürfen! Und weil ich ganz nackt sein darf vor Jahwe und du ganz nackt sein darfst vor Jahwe und Jahwe deine Nacktheit in der Umarmung und Begattung meiner Nacktheit segnet, darum dürfen wir nackt sein und uns unsrer Nacktheit freuen! Ja, ich nackt, du nackt, wir vereinigt nackt im Paradiese! So hat uns Gott gewollt! In der Nacktheit unsrer Leiber, in der Umarmung unsrer Seelen, in der Verschmelzung unsrer Genitalien sind wir Abbild der nackten Liebe Gottes! Aber Eva träumte einen Traum: Sie sah den Baum der Erkenntnis, aus dem Laub schlängelte sich eine schöne schillernde Schlange herab, vom Baum fiel eine überreife süße Feige und ging auf, die Schlange kroch in die Feige, Eva küsste den Kopf der langen Schlange und nahm den Schwanz der Schlange in den Mund. Da dachte Eva im Traum: Im Grunde meiner Seele bin ich allmächtig und allwissend! Da trat Adam zu Eva im Traum und speiste die Feige und sog den süßen Saft aus der Feige, er nahm die Schlange in die Hand und schüttelte sie und sprach: Ich bin der Herr! Da erwachte Eva von ihrem Traum und war schweißgebadet. Vor dem sündigen Traum bereitete Eva im Garten Eden das beste Mittagsmahl, sie kochte Erbsen und Möhren, kochte Kartoffeln, bereitete aus Tomaten die Sauce und briet Soya. Aus Eisbergsalat und Kürbiskernen und Walnussöl bereitete sie den leckersten Salat, sie machte Salat aus Tomaten und Käse. Zum Trinken gab es den Saft der Äpfel, gemildert mit frischem Felsquellwasser. Zum Abendbrot bereitete Eva das selbstgebackene dunkle Brot mit Sesamkörnern oder Sonnenblumensamen, sie reichte die Butter von der heiligen Kuh, sie reichte den Käse aus der Milch der Schafe und Ziegen und Kühe, alles ohne Lab, sie machte aus Tomaten und Paprika die köstlichsten Pasten, sie reichte Oliven und Creme aus Mandelöl oder aus Haselnüssen oder Erdnüssen, Eva trank zum Abendbrot den gesunden Kräutertee und Adam war dankbar über einen Becher roten Weines. Aber nun, im Zustand der Sünde, nahm Adam einen armen Hahn und schlachtete ihn und rupfte seine Flügel aus und briet ihn am Feuer, er zerriss ihn mit seinen Zähnen, das tierische Fett troff an seinem Maul entlang. Adam schlachtete Schweine und machte aus den Schweinen Braten, er aß nichts anderes mehr als Tiere. Ja, weil er nun fleischlich gesinnt war, aß er nur noch Fleisch. Er bekam manchmal sogar Appetit auf Menschenfleisch und begehrte Eva zu fressen! Eva erschrak jedes Mal zu Tode, wenn Adam sagte: Um meinen Hunger zu stillen, will ich dich fressen, geliebte Frau! Adam dachte, Eva die größte Lust zu bereiten, indem er ihr verhieß, er werde sich das Herz aus dem Busen reißen und es ihr roh zu fressen geben! Eva aber in dem Zustand der Sünde war erfüllt von Angst, von vielen Ängsten, sie hatte Angst zu altern, sie hatte Angst zu sterben, sie schien jede Krankheit anzuziehen, wirkliche und eingebildete, sie hatte schreckliche Angst vorm Tode und verbot Adam, den Tod auch nur einmal zu erwähnen. Die Katze fauchte Adam wütend an und das Entenweibchen lag tot auf dem Weg! Adam fand große Freude daran, die kleinen Frösche im Teich zu quälen und ihnen ihre Schenkel auszureißen, sie zu braten und zu fressen, das sei der höchste Genuss, sagte er, so esse nur ein Gott im Paradies! Eva und Adam verstanden sich auch nicht mehr ohne Worte, wie sonst, sie sprachen, aber keiner verstand die Sprache des andern. Missverständnisse führten zu Verletzungen, Verletzungen zu Rachegelüsten, Rache zu neuen Wunden. Immer wieder folgte eine Versöhnung, aber beim nächsten Missverständnis wurden alle vorigen Wunden dem Partner wieder vorgeworfen, und es gab eine Litanei der gegenseitigen Anklage. Schuld war immer der andere! Eva konnte sich nicht geliebt fühlen von diesem Adam, aber sie verachtete sich auch selbst! Und je mehr sie sich selbst verachtete, desto stärker wurde der Wunsch, sich selbst zu lieben, und zwar vor allem sich selbst zu lieben. Sie machte eine ganze Philosophie der Selbstliebe aus dieser Qual der Selbstverachtung. Adam aber liebte die Philosophie der Selbstliebe nicht, er dagegen entwickelte eine Philosophie der Begierde. Er meinte Gott sei ein Gott der Begierde, und er, Adam, sei Gott gleich, wenn er Eva begehrte. Er gab sich nicht selbstlos schenkend hin, sondern er evozierte Evas Leib in seinem Geist und stillte seine Begierde an seinem eigenen Fleisch. Dies tat er heimlich im Busch, als Gott ihn ansprach: Adam, wo bist du? Adam versteckte sich im Busch, wo er die Philosophie des Diogenes gefolgt war, denn er schämte sich vor Gott. Adam, wo bist du, rief der Herr. Adam sprach: Ich muss mich vor dir im Busch verstecken, denn ich stehe hier gerade nackt. Woher weißt du, dass du nackt bist, sprach Gott, hast du etwa die verbotene Feige gepflückt? Adam sagte: Eva hat mir die Feige gegeben! Da rief der Herr Eva: Eva, wo bist du? Eva sagte: Ich kann dich nicht hören, Herr, was willst du mir sagen? Der Herr sprach: Eva, tu dein Ohr auf, Effata! Eva begann den Herrn zu hören. Eva, wo bist du? Eva sprach: Ich habe mich vor dir versteckt, o Herr, denn ich schäme mich vor dir! Warum schämst du dich, sprach der Herr, hast du etwa auf das Flüstern der Schlange gehört mit deinem Muschelohr? Ja, sprach Eva, die Schlange hat sich mir in den Mund geschoben und mir ihre Worte in den Mund eingeflösst. Da sprach der Herr zur Schlange: Schlange, Schlange, auf deinem Bauch sollst du kriechen im Staube! Eva, Eva, du wirst dich nach deinem Ehemann sehnen, aber er wird zu dir sein wie ein harter Herr, aber wenn du gebären wirst, so wirst du bluten und schwere Schmerzen leiden. Du aber, Adam, sollst dich plagen auf Erden bis zur vollkommenen Erschöpfung! Aber der Garten Eden wird überwuchert werden von Brennnesseln und unfruchtbaren Dornen! Da machte sich Eva einen Lendenschurz aus feinziseliertem Feigenblatt. Süß sah sie aus, die nackte Eva, die nichts trug als dies feine grüne Feigenblatt! O wer dieses Feigenblatt der seligen Eva als Reliquie besitzen dürfte! Er würde es oftmals küssen und träumen von der Liebe der heiligen Eva im Garten Eden im Paradies!


DRITTES KAPITEL

Gott aber sprach zu Adam und Eva: Aber ich verheiße euch das Heil! Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau! Der Same der Frau wird der Schlange den Kopf zertreten, und die Schlange wird ihm in die Ferse stechen! Das sächliche Autos in der Septuaginta wird auf den männlichen Spermos bezogen, den verheißungsvollen Samen! Der Same wird der Schlange den Kopf zertreten! In der Vulgata, die nach dem Konzil von Trient als inspiriert gilt, ist es die Frau, sie wird der Schlange den Kopf zertreten! Es gibt ein Bild, da die Madonna mit ihrem nackten Knaben, der zehn Jahre zählt, zusammen der Schlange den Kopf zertritt! Madonna und Sohn stellen ihre Füße aufeinander und zertreten zusammen der Schlange den Kopf! Madonna beugt sich dabei vor und man kann im Ausschnitt ihres Kleides ihre Brüste erkennen. Darum gefiel dies Bild den keuschen Nonnen nicht. Die Dichter aber lieben dieses Bild. So gewiss die Madonna nicht allein der Schlange den Kopf zertritt, so gewiss zertritt der Spermos nicht ohne das Weib den Kopf der Schlange! Denn es ist gerade die vom Spermos oder der Gottheit Panspermia bestimmte Aufgabe des Weibes, der Schlange den Kopf zu zertreten! Man denke hier nur an die jüdische Frau, die sich schmückte mit reizenden Kleidchen und klingelndem Schmuck und betörender Schminke, um den betrunkenen Feind zu bezaubern. Er hatte soviel getrunken wie noch nie in seinem Leben, und die Frau, die Bibel nennt sie die Allgebenedeite unter allen Weibern, schlägt dem Haupt der Feinde den Schädel vom Rumpf! Dies ist die Aufgabe des Weibes nach dem Heilsplan des verheißungsvollen Samens, der von Gott gezeugt ist, der Gottheit Panspermia, der allmächtigen Potenz. Dieser Same nämlich ist der Neue Adam, der als der Sohn Davids, als Messiaskönig kommt, um die Werke des Teufels zu zerstören! Ja, komm, Sohn Davids, zerstöre die Werke der Mächte der Finsternis und aller okkulten Dämonen! Komm, Frau der Verheißung, Neue Eva, komm, Frau der Apokalypse, und vernichte die alte Schlange, den feurigen Drachen, der da heißt Satanas und Diabolos! Wer ist denn die Neue Eva, die Apokalyptische Frau? Siehe, es gibt eine Vision von der Apokalyptischen Frau! Die Neue Eva nannte sich Morenita, die Schwarze! Siehe, das Antlitz Morenitas! Ihre langen, glatten schwarzen Haare sind wie eine Herde schwarzer Ziegen, die vom Berge Gilead herabwallen. Ihre feinen Augenbogen sind wie die feine Waage der Maat, der Göttin der Wahrheit. Ihre Augen sind sanft wie die Augen der Turteltauben. Ein Mann ist in ihren Augen mit Liebe angeschaut. Ja, sie photographiert den Geliebten und bewahrt ihn als Idee in ihrem Geist, um ihn allzeit bei sich zu haben und lieben zu können. Ihre Nase ist die Nase des Adlers, der in die Sonne schaut. Ihr Mund ist geheimnisvoller als der lächelnde Mund der Mona Lisa. An ihrem Hals trägt sie um ein Silberkettchen ein grünes Kreuz, mit funkelnden Sternen besetzt. Sie steht als Makellose auf dem Mond, der Mond ist rund und vollkommen, um den makellosen Vollmond kreist ein kreisrunder Regenbogen, Frau Iris, als Zeichen der Hoffnung und des inneren Friedens. Morenita ist der Stern der Hoffnung und die Königin des Seelenfriedens! Sie liebt vor allem grüne Kleider, denn die Natur ist ihr Kleid. Ansonsten trägt sie auch nichts als das Licht der Sonne. Aber unsere liebe Eva stand vor einem Spiegel und schaute in den Spiegel und schöpfte aus dem Spiegel ein inneres Gesicht der Morenita, der schwarzen Nymphe Gottes, Mora nannte sie jene innere Nymphe, die im Innern unserer lieben Eva vor dem unbefleckten Spiegel ihrer makellosen Schönheit stand. Mora hatte lange, glatte schwarze Seidenhaare, schwarz wie Lack. Sie trug ein leichtes weißes Reizgewand, nur so leicht um ihren braunen Körper geworfen, dass sie unglaublich reizend und erotisch erschien. Diese innere Mora unserer lieben Eva aber empfing den inneren Jesus als ihren Bräutigam im Brautgemach und vereinigte sich in erotischer Mystik mit dem inneren Jesus. Morenita aber stand auf dem Berg der Großen Mutter und schaute einen armen Bauern. Die wilden Heiden schleppten auf ihre Götzenpyramide den armen Bauern, gaben ihm berauschenden Kakao zu trinken und schnitten ihm mit ihren Buschmessern bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust, um es ihrem steinernen Götzen zu opfern. Der Bauer opferte sein blutiges Martyrium der Morenita auf zur Bekehrung unserer lieben Eva und erlangte von Morenita den inneren Frieden, indem sie ihn in den Himmel entrückte und ihm die Hochzeit mit Morenita zeigte und den Garten des Paradieses, da die erlöste Eva sich mit Jesus vereinigt in himmlischer Hochzeit. Da sprach ein Mann zu einem Greis: Ach, ich denke ja wie Platon: Der Körper ist der Kerker der Seele! Ich weiß zwar, dass das nicht christlich gedacht ist, aber ich denke doch so: Der Körper ist der Kerker der Seele! Frei wird die Seele erst, wenn sie aus dem Kerker des Körpers ausbricht! Da sprach der Greis: Die Bibel kennt kein Wort für Seele. Wenn die Bibel vom Menschen spricht, spricht sie vom Fleisch, das bedeutet die Einheit von Leib und Seele. Wenn die Seele den Leib verlässt, ist der Mensch tot. Der Mann sprach zum Greis: Aber das Konzil von Trient bestätigte die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele. Ich weiß aber, der Mensch ist eine Einheit von Leib und Seele. Der Mensch ist nicht die Seele, die zufällig ein Kleid des Körpers trägt, der Mensch ist die Einheit von Leib und Seele. So lehrt es der engelgleiche Thomas. Aber Salomo schreibt auch im Buch der Weisheit: Der vergängliche Leib zieht den vielüberlegenden Geist herunter und beschwert ihn. Der Leib, den ich nicht liebe, das ist der sterbliche Leib. Man verwest ja bei lebendigem Leibe. Dieser Leib mit seinem Hunger und Durst und sexuellem Appetit, der ist mir zuwider. Aber ich liebe dennoch den Leib, aber einen andern. Denn ich bin begeistert von der Auferstehung der Toten, von der Auferstehung des Fleisches! Ich glaube an die Unsterblichkeit der Seele, aber nicht daran, dass die Seele allein verewigt wird und als eine Art Gespenst im Elysium flattert, sondern dass sie einen Körper bekommt, einen Lichtleib, einen Geistleib. Diesen pneumatischen Körper liebe ich besonders, weil ich es besonders liebe, dass meine Geliebte auch in der Ewigkeit einen Leib haben wird, denn ich liebe den Glanz ihres Leibes, in dem sie die Schönheit ihrer marianischen Seele ausdrückt und darstellt. Der Greis sprach zum Mann: Die Auferstehung des Fleisches bedeutet für mich, dass der Mensch im Himmel nicht eine bloße Seele ist, die mit allen Seelen in einem anonymen Meer verschwebt, sondern dass der Mensch in seiner einzigartigen Persönlichkeit im Himmel lebt, mit all seinen Eigenheiten und charakterlichen Besonderheiten. Ich hoffe, im Himmel die mir lieben Menschen persönlich wiederzufinden. Ja, rief der Mann begeistert, ich hoffe auch, die Geliebte im Paradies zu finden, sie möge ganz nah bei mir sein! Ohne die Frau, die ich liebe mit größerer Liebe, als sie einem Geschöpf angemessen ist, die Geliebte, die ich liebe wie eine zweite Menschwerdung Gottes, soll mit ihrer unsterblichen Seele in einem verklärten Leib aus Glanz im Paradiese bei mir sein und mich lieben mit der Liebe Gottes, wie ich sie hier schon liebe mit der Liebe Gottes! Der Greis lächelte. Ja, die Christen seufzen nach der Erlösung vom Todesleibe und seufzen, bis der Ruhm der Söhne und Töchter Gottes vollkommen ist und offenbar in aller Herrlichkeit! Ja, sagte der Mann, ich hätte Lust, rasch abzuscheiden und in Gott zu sein, aber ich muss noch auf Erden bleiben und viele Kreuzwege gehen und viele Leiden aufopfern, auf dass meine Geliebteste im Paradiese bei mir ist, im himmlischen Garten Eden! Ja, so soll es sein, sprach der Greis und drückte dem Mann die Hand. Friede sei mit dir, sprach der Greis. Und mit deinem Geiste, sprach der Mann und ging. Aber du Dichter, wie kommst du dazu, vom Paradies zu sprechen? Du bist doch ein Sünder und eine kranke Seele, was weißt du vom heilen Urzustand des Menschen? Ja, sprach der Dichter, ich würde nicht vom Paradiese sprechen, wenn ich nichts kennen würde als Maschinen und Straßenlaternen. Aber ich kenne die Geliebte, den Mai und ihr Paradiesgärtlein. Ich weiß, wie Eva im Paradiese schön war! Ich weiß, wie die Sonne die Erde liebkoste! Ich weiß, wie die Tiere in Harmonie lebten, denn alle Tiere werden selig, wenn meine Geliebte sie streichelt! Ich weiß, wie die Blumen die Sprache der Liebe gesprochen haben, denn im Paradiesgärtlein meiner Geliebten sprechen heute noch in jedem Mai die Blumen die Sprache der Liebe! Die Rosen glühen vor Schamröte, wenn der Lenzwind ihnen schmeichelt. Die Narzissen schauen immer noch so selig ihr Spiegelbild in den feuchten Tropfen, die im Grase schimmern. Die Vergissmeinnicht sind immer noch so treu und schauen aus so treuherzigen himmelblauen Augen ihrer feinen mädchenhaften Seele, sanft und zärtlich. Der Mohn ist immer noch so berauscht von der Liebe. Die Iris pflegt immer noch heimlich ihren Minnekult! Ich weiß, der Thymian durftet stark zum Erdbeerstrauch, und die Malve ist immer noch so treu dem Messias. Ich weiß, wie eine Welt beschaffen ist, die erfüllt ist von der göttlichen Liebe bis in die Ehe der Atome! Ich weiß, wie die Schöpfung beschaffen ist, die durchgottet wird vom göttlichen Eros! Ich weiß, wie Mann und Frau ein Abglanz Gottes sind, wenn sie in spiritueller Erotik ihre Düfte vermischen mit dem Duft des Gartens Eden! Nüchterne Weltmenschen sagen: Die Südseeinseln sind kein Paradies mehr, denn dort explodierte schon die atomare Bombe! Aber Mystiker tragen das Paradies im Herzen! Ja, und wenn ein Mystiker und seine mystische Freundin ihre mystische Brautschaft feiern im Monat der Hochzeit von Himmel und Erde, dann ist das Paradies herabgekommen vom Himmel und lässt sich nieder auf einer seligen Erde!


VIERTES KAPITEL

Eva ist allein im Garten Eden. Adam ist noch nicht geschaffen. Eva denkt an ihre Einsamkeit und redet mit sich selbst: Mutter Erde, ich Menschenwesen stamme von der Mutter Erde ab. Wer bist du, Mutter Erde mit den breiten Brüsten? Woher stammst du? Stammst du aus dem Chaos? Hast du dich von der Sonne losgelöst? Bist du ein totes Ding von Materie oder bist du ein lebendiges Wesen? Bin ich nicht berufen, ich, deine Tochter, dich zu pflegen und zu bewahren? Ich darf dich nicht beherrschen, ich darf dich nicht ausnutzen, ich darf dir keine Wunden schlagen. Ich will dich ehren und lieben, wie man eine Mutter ehren und lieben soll. Wie träge du doch bist, du uralte Mutter Erde mit den breiten Brüsten! Wie schleppt sich dein Gang durch die Jahrmillionen! Welch ein Geist der Schwere zieht alles an deine Brust! Siehe, ich sah den Apfel vom Baum der Erkenntnis fallen, er fiel herab zur Erde. Da fragte ich mich: Warum fällt der Apfel zur Erde, warum fliegt er nicht in den Himmel? Da erkannte ich, es müsse eine Schwerkraft im Busen der Mutter Erde wohnen, die alles an sich zieht wie ein großer Magnet. Wenn ich aber zur Venus schaue am Morgen und am Abend, wenn ich zur keuschen Luna schaue in der Nacht, am Tag zum strahlenden Sol, wenn ich den Jupiter sehe im Saturn erscheinen, o Mutter Erde, bist du einer von den göttlichen Planeten? Kreist du auch auf denselben elliptischen Bahnen durch den Kosmos wie die andern göttlichen Planeten? Und wenn ich dich ergründen will, o Mutter Erde, darf ich dann nach deinen Gesetzen fragen? Sind deine Gesetze logisch, erkennbar, berechenbar? O ich will die Frucht vom Baum der Erkenntnis pflücken und alles wissen, wie Gott! Siehe, ich fand das Gold im Erz des Gesteins. Warum gibt es das Gold? Soll es Schmuck sein am Busen eines Weibes? Soll es Ring sein am Finger einer Gattin? Oder soll es den Blutdurst und die Machtgier der Menschen wecken und die Erde in ein Leichenfeld verwandeln? Gold, was bist du? Bist du das schönste und reinste aller Metalle oder bist du die Wurzel allen Übels? Aber wie schön seid ihr andern Steine auch, besonders ihr Kristalle und ihr Amethyste! Ja, ich weiß, der Wein ist verlockend, und es wird mir noch ein Mann von Gott geschenkt zum Gefährten, der wird dem Wein zusprechen, aber er wird süchtig werden nach dem berauschenden Traubenblut. Dann will ich ihm dich zum Geschenk machen, du violetter Amethyst, denn Frau Weisheit lehrt mich, dass der violette Amethyst von Trunksucht heilt. Warum schweigst du, Mutter Erde? Bin ich nicht Stoff von deinem Stoff? Bist du nicht die Mater, die Materia, meine Mutter? Warum schweigst du, schwarze Mutter Erde mit den breiten Brüsten? Warum schweigst du, Gold, und du, Amethyst, warum schweigt ihr? Bin ich nicht ein Edelstein wie ihr? Bin ich nicht aus Mineralien aufgebaut? Stummer Stoff, ich bin deiner Art, doch meine Gedanken teilst du nicht mit mir! Ach, mit dir kann man nicht reden, du toter Stoff, du materielles Ding! Aber euch, ihr Sterne, kann ich euch anrufen? Gebt ihr Antwort? Kennt ihr mein Leben, meine Seele, mein Geschick? Hat eure Konstellation einen Einfluss auf die niedere Natur meines Herzens? Bestimmt ihr das Schicksal oder hab ich einen freien Willen? Entscheide ich selbst und bin meines eigenen Glückes Schmied oder ist Glück und Unglück mir vorherbestimmt von der Stellung der Sterne? Venus, wie heiß du bist! Du glühst so hitzig unter deinem roten Schleier! Heiße Venus, entzünde mich nicht mit deiner Hitze! Wie schwermütig bist du, Saturn! Ach, ziehe mich nicht nieder mit dem Blei deiner Melancholie! Keusche Luna, du regelst die Flut und die Ebbe des Meeres! Regulierst du auch die monatliche Blutung meines Schoßes? Luna, bist du die Königin meiner Menstruation? Heitere Sonne, wenn du lachst, so will es mir scheinen, Gottes Menschenfreundlichkeit lacht mir heiter ins Gesicht! Sonne, bist du ein Gott oder eines Gottes Abglanz? Sonne, bist du der Engel der Erde? Aber ihr kreist eure ewigen Bahnen, unbekümmert um meine Fragen, mein Leben, meine Seele, mein Geschick! Ihr tanzt eure Planetentänze, wie Gott geordnet euren Chor, ihr singt die Sphärenharmonien, wie Gottes Weisheit sie euch eingegeben, aber mein Geschick ist euch leider, leider, ganz gleichgültig! Seh ich aber das Sternbild des Skorpions, so scheint mir, ich weiß nicht, ist es Weisheit oder eines Spaßmachers Scherz, der Sündenfall ereignet sich im Platonischen Jahr des Skorpions! Der Erlöser aber kommt im Platonischen Jahr des Fisches! Wie lieb ich euch, ihr Blumen! Was wäre mein Garten Eden ohne euch, meine geliebten Blumen? Zuerst die Königin, die Rose! O ihr weißen Rosen aller Freuden, ihr seid alle wie meine Kinder, ich will euch großziehen, und ob ich euch auch entlassen muss, ich werdet mir doch wiedergeschenkt im nächsten Sommer! O ihr roten Rosen in eurem blutigen Passionsrot! Wie leidenschaftlich seid ihr! Ihr opfert euer Herzblut der Liebe! Ihr liebt ja fast noch mehr als den blutigen Kelch der roten Rose den scharfen Dorn! Blutstropfen um Blutstropfen bezeugt ihr die Liebe wie Märtyrer! O ihr goldenen Rosen, ihr strahlt wie die Sonne! Eure Herrlichkeiten sind wie der Glanz einer lichten Gottheit! Strahlt und leuchtet in eurer Reinheit und gleicht den Sternen, den goldenen Rosen am herrlichen Himmel, da Gott der Gärtner ist und Tausende und Zehntausende goldene Rosen zieht! Wie lieb ich dich, du violette Iris mit dem klebrigen Schoß! Wie Zungen sind deine lila Blütenblätter und lecken am klebrigen Samenstempel! Wer weiß schon, wie sehr du liebst? Keiner ahnt es, in welche Dimensionen deine heimliche Liebe reicht! Wie lieb ich dich, du orangener Mohn in deiner glühenden Pracht, in deinem glühenden Prunken! Poppie will ich dich nennen, weil du so glühst vor Sommerlust! Wie lieb ich dich, du weiße Malve! Ich sehe dich, du bist so weiß wie der weiße Busen Maria Magdalenas, du weiße Malve von Magdala! Wie lieb ich dich, du himmelblauer Blumenteppich der himmelblauen Vergissmeinnicht! Treuherziger kenn ich kein Gemüt, als deine himmelvollen Augen, voll von sanfter Seele, demütig, sanftmütig, keusch und im Herzen ein kleines Kind geblieben! Wie lieb ich dich, Krokus, du Frühlingsbote in deiner dreifarbigen Fahne von Lenzlust, du blauer Krokus, du weißer Krokus, du roter Krokus, der du die freie Liebe feierst mit jedem Schmetterling, der seinen Fühler in deinen Kelch will tauchen, den Samennektar zu saugen mit fühlenden Lippen! Wie lieb ich auch dich, du eitler Narziss! Nein, Narziss sollst du mir nicht mehr heißen! Denn Gottes Liebe gebot dir, den ganzen Frühling zu lieben! Nicht beschaust du dich eitel selbstverliebt in den Tautropfen, die auf das Gras getropft, sondern du liebst die alljährliche Auferstehung der Mutter Natur, darum nenn ich dich goldene Osterglocke! Läute das Fest der Auferstehung des ewigen Lebens ein! Wie lieb ich dich, Päonie! Ich will dich Goldenes Zeitalter nennen! Denn im Goldenen Zeitalter herrschte noch die göttliche Jungfrau und blühte noch die Päonie, die Pfingstrose, im Garten der göttlichen Jungfrau der Gerechtigkeit! Dich auch, Rose der Morgenröte will ich preisen, Rose der neuen Zeit, Rose der blutigen Maria, Rose der Freiheit! Euch lieb ich, ihr weißen Apfelblüten, ihr Pflaumenblüten und rosa Pfirsichblüten, euch Kirschblüten! Euch lieb ich besonders, ihr weißen Magnolienblüten, gewölbt wie weiße Brüste einer nackten Frau! O wenn ihr ins Gras fallt und wie ein weißes Bett euch im Garten ausbreitet! Wie wollt ich im weißen Bett aus Magnolienblüten liegen im Garten nackend und lieben! O dich lieb ich am allermeisten, du göttliche Grünkraft des Heiligen Geistes! Ich seh dich in den grünen Gräsern, in den Wiesen, in den Blättern der Blumen und in den Büschen und den Wipfeln der Bäume! Glühendes Grün der vitalen Grünkraft Gottes, wie hocherotisch spür ich dich in diesem Garten! Ich will mit dir schlafen, du Eros in der Natur! Ich will mich begatten lassen vom Eros der grünen Natur! Ach, bin ich denn eine Blume? Will ich geliebt sein, wie die Sonne die Luft liebt? Nein, ich will animalisch wild geliebt sein! In mir erwacht das Tier, des Tieres Brunst! O meine vielgeliebten Tiere, lehrt mich die Liebe! Ihr seid nicht frei, denn Gottes Liebe zwingt euch, ihr müsst einfach lieben! Zeigt mir, wie es ist zu lieben, wenn man von Gott gezwungen ist, lieben zu müssen! Plötzlich erscheint der göttliche Eros in meinem Garten, ein Knabe, vier Jahre alt, mit goldenen Locken, mit Flügeln an den nackten Schultern, und hetzt die Tiere aufeinander! Der Stier bespringt die Kuh von hinten! Die läufige Katze in brünstiger Hitze miaut! Die Turteltauben spreizen ihre Flügel und schlagen im Geäst mit den Flügeln beim Liebesspiel! Der Hahn bespringt die Henne, packt sie am Genick und besteigt sie! Der Gänserich besteigt die Gans und arbeitet sich hindurch! Die Falter tanzen Hochzeitstänze in der Luft! Die Insekten kopulieren sich in aller Öffentlichkeit schamlos auf dem Rand meines Bechers! Die Biene sticht den Stachel in den Schoß der Blume! Die Tauben sind ehelich treu, die Enten sind ehelich treu, und wenn die Ente stirbt, so lebt der Erpel als trauernder Witwe in monogamer Witwenschaft jungfräulich, die Singschwäne sind treu bis zum großer Tag, da ihre unsterbliche Seele in den Bädern von Elysium wieder Schwanenbrust an Schwanenbrust badet! Ja, animalisch wilde Lust, das kenne ich, ich bin auch so heiß wie mein Kater! Aber dennoch befriedigt meine Seele nicht die animalische Wollust! Meine Seele dürstet nach anderer Liebe, nach höherer Liebe! Ja, meine Seele ruft nach Seelenliebe! Meine Seele? Wer bist du, meine Seele? Tief in meiner Seele ist ein mir unbekannter Bereich, meinem Bewusstsein unzugänglich, der nur in kindlichen Träumen phantastisch aufsteigt. Tief in meiner Seele ist ein dunkler Wald, ein Wald voller Geheimnisse, da lebe ich mit meinem inneren Bruder. Wie ist dein Name, mein innerer Bruder? Willst du mich führen und beschützen? Oder soll ich dich führen und beschützen? Du bist aber immer innen in mir, in dem Meer des unbewussten Seelenreiches, in dem dunklen Wald meines Geheimnisses gibt mein innerer Bruder mir von innen Kraft. Doch darüber lebt eine ganze Geisterwelt von Seelengestalten. Wer bin ich und wie viele? Bin ich ein weibliches Geistwesen der Natur in einem langen Lichtkleid und transparenten Schleier, mit Flügeln, betaut von Tautropfen, die wie Diamanten glitzern? Bin ich eine Zauberin, die die geheime Sprache der Bäume und Vögel versteht und Regen machen kann? Bin ich eine Verführerin, die in nackter Wollust mit ihren erotischen Reizen jeden Mann in den Wahnsinn treiben kann? Bin ich eine Kindermörderin oder eine liebevolle Mutter? Lebt in mir eine bescheidene Dienerin Gottes oder gar die göttliche Weisheit in femininer Erscheinung selbst? Mein Motto, am Tor des Heiligtums meiner Seele angeschrieben, lautet: Erkenne dich selbst! Ich erkenne, wenn ich in der Macht meiner magischen Intuition in meine Seele mich einfühle, einen unerschöpflichen Reichtum meiner Seele! Ja, der Reichtum meiner tiefen Seele, das macht meinen Wert aus. Nicht, das, was ich tue oder schaffe, macht meinen Wert aus, sondern der abgründige Reichtum meiner Seele, das, was ich bin, macht meinen Wer aus. Wer oder was aber ruht auf dem Grunde meiner Seele wie eine ruhende Gottheit? Es ist die göttliche Weisheit, die ich in intuitiver Einsicht erahne! Dich will ich bewahren, hüten, pflegen, ernähren, großziehen, bis du mich ganz erfüllst, bis ich ganz zu einer Menschwerdung der göttlichen Weisheit geworden bin!


FÜNFTES KAPITEL

Adam ist allein im Garten Eden. Gott hat ihm Eva noch nicht zugeführt als Freundin seines Lebens, als Liebe seines Lebens. Er ist allein vor Gott. Adam spricht mit Gott allein, all sein Gefühl, all sein Wollen, all sein Denken richtet er auf Jahwe. Ob ihn andere Menschen hören, ihn verstehen, ihn akzeptieren, interessiert ihn nicht. Gott hat mit Adam einen Bund geschlossen. Gott, die Macht über allen Mächten, hat in göttlicher Weisheit und göttlicher Liebe einen Bund mit Adam geschlossen und gesprochen: Ich erwähle dich zum Partner des Absoluten! Adam spricht: Gott, ich staune über meinen Willen. Mein Wille allein ist die Ursache alles meines Wollens. Mein Wille ist nicht vorherbestimmt von den Dingen der Welt. Mein Wille ist frei. Meine Wille ist frei und wählt sich freiwillig das Objekt, auf das sich mein Wille richtet. Ich kann frei meinen Willen richten auf ein niederes Gutes und frei meinen Willen richten auf ein höheres Gutes. Ich kann frei meinen Willen richten auf die menschliche Liebe und frei meinen Willen richten auf die göttliche Liebe. Das höchste Gute ist für mein Wollen die Glückseligkeit! Aber meine unsterbliche Seele, die ich vom Hauch deines Mundes empfangen, meine unsterbliche Seele ist nicht zu befriedigen mit zeitlicher, irdischer Glückseligkeit. Nicht die irdische Lust ist das höchste Gute für mich. Meine unsterbliche Seele ist nur zu befriedigen mit ewiger Glückseligkeit! Ja, Ewigkeit um Ewigkeit in unbegrenzter Lust allein kann meine unsterbliche Seele wahrhaft befriedigen! Ich staune über mein Denken, Gott. Du hast mir die Vernunft gegeben, dass ich denken kann. Aber mein Denken muss denken, mein Denken kann nicht nicht denken. Die Gegenstände, über die ich nachdenke, bestimmen mein Denken. Und mein Wille, der das Denken richtet auf bestimmte Gegenstände, bestimmt mein Denken. Mein Denken ist bestimmt und nicht ganz frei. Mein Wille aber ist frei. Ist nicht der freie Wille höher als das Denken, als die Vernunft? Mein Denken will Wissen erlangen, mein Denken will die göttliche Weisheit erlangen. Mein Wille aber will lieben! Ich weiß nicht, warum mein Wille lieben will. Ist es, weil mein Wille sich nach deinem Willen richtet, Gott? Dein Wille ist keine Willkür, keine allmächtige Willkür eines Tyrannen, sondern in deinem Willen ist deine Liebe, deine Liebe bestimmt deinen Willen. Dein Wille ist die Liebe und zwar die ewige Liebe. Soll ich also die Liebe über die Weisheit stellen? Ist die Liebe der letzte, höchste Charakterzug der Gottheit? Vollendet sich die Weisheit in der Liebe? Allein die Liebe macht glücklich, allein die Liebe macht selig, allein die Liebe macht ewig glückselig! Die Liebe ist Gott und die Liebe ist der Weg zu Gott. Ich wähle also die Liebe als höchstes Gut, denn ich erwarte allein von der ewigen Liebe die ewige Glückseligkeit. Ich wähle die Liebe zum Weg zu Gott, die Liebe zum Weg zur ewigen Glückseligkeit. Allein die Liebe verdient die ewige Glückseligkeit. Wie aber lerne ich die Liebe? Und wie erfahre ich die göttliche Liebe? O Gott, ich liebe die ganze Schöpfung! O Gott, ich möchte die ganze Schöpfung umarmen! Mir scheint die ganze Schöpfung eine Frau zu sein! Die Idee der Schöpfung ist eine Frau, und ich möchte die ganze Schöpfung umarmen, indem ich die Idee der Schöpfung als Frau umarme! Wer ist diese Frau und wie ist ihr Name? Siehe, Gott, ich sehe, und was ich sehe ist ein Weltenbaum, der sich durchs ganze Universum erstreckt. Die Wurzel des kosmischen Baumes ist die Urmaterie, der Stamm des kosmischen Baumes ist der sichtbare Stoff, die Zweige des kosmischen Baumes sind die physischen Körper, die Blätter des kosmischen Baumes sind die lebendigen Organismen, die Blüten des kosmischen Baumes sind die menschlichen Seelen, ich sehe sie lächeln aus den Blüten des kosmischen Baumes, die Früchte des kosmischen Baumes sind die heiligen Engel. Heiliger Erzengel Michael, bitte für uns! Heiliger Erzengel Gabriel, bitte für uns! Heiliger Erzengel Raphael, bitte für uns! Gott, ich fühle meinen Körper. Ich habe erst gedacht, ich bin nur Seele, mein Körper ist nur ein Kerker meiner Seele. Aber jetzt ist ein Augenblick, da fühle ich, ich bin Körper. Ich habe das Bewusstein eines Körpers. Ich bin nicht nur Seele als Substanz, mein Körper ist nicht nur Körper als Akzidenz, sondern meine Seele drückt sich aus im Körper, der Körper ist die Gestalt meiner Seele. Jetzt gerade bin ich so sehr Körper, dass meine Seele sich ganz im Körper ausspricht. Ich habe dir gesagt, dass ich die Schöpfung liebe, die Idee der Schöpfung als Frau. Jetzt scheint mir diese Frau als Idee der Schöpfung selbst ein Körper zu sein. Aber ihr Körper ist ein phantastischer Körper. Ich habe nur in der Idee meiner Seele die Illusion ihres Körpers. Siehe, Gott, ich liege im Bett der Erde und die Erde duftet nach dem illusorischen Körper der Frau der Schöpfung. Ich presse mein Antlitz in das Kissen aus schneeweißen Blüten und rieche mit der Nase den Duft der phantastischen Frau. Ich wühle mich im Geist in den Geist des Körpers der Frau der Schöpfung. Ich denke an die Form ihres Stoffes, ich liege in den Armen ihrer Form, ich bette mich im Schoß ihrer Form. Es ist allein die Form ihres Leibes in meinem Geist gegenwärtig, der Stoff der Materie ihres Körpers ist abwesend, nur als phantastische Idee präsent. Aber da sehe ich die weibliche Idee. Die Idee ist feminin geworden. Ich sehe ihre feminine Gestalt vor mir im Thron der Schöpfung thronen als eine Geistfrau, auf ihrem Schoße die animalische Kreatur, die sich die Pfote leckt. Mir scheint die feminine Idee einen Schoß zu haben, einen Körper mit erotischer Süßigkeit, die animalische Liebe der Kreatur aber schmachtet nach dem Schoß der femininen Idee. Ich höre die Idee als Frau vor mir von ihrem Körper sprechen, von ihrer Gebärmutter. Der Uterus der Idee ist barmherzig und doch auch aller Leiden der Kreatur voll. Das höre ich, wie die feminine Idee vom Schleim ihres Uterus spricht, der gewandert ist in die andern Organe und dort Leiden verursacht. Ich höre die feminine Idee sprechen von der heftigen Blutung ihrer monatlichen Regel. Ich sehe den Brunnen ihres Blutes aufgetan. Dann spricht die weibliche Idee von einer Schwangerschaft, aber nicht von einer körperlich-wirklichen Schwangerschaft, sondern von der geistigen Schwangerschaft ihres Seelenschoßes, den Wehen ihren Seelenschmerzen, und wie sie sich verwandelt in eine orientalische Frau, eine Maske der Weisheit, wie sie Wort wird, Chiffre wird, ihr Name ist Eva, die Mutter der Lebens, die Mutter aller Lebendigen, die Mutter aller Lebewesen, die schöpferische Mutter. Mir begegnet in der weiblichen Idee, evoziert von meinem Körperbewusstsein, die Mutter allen Lebens, die Schöpferin, die Quelle des Lebens. So führt mich mein einsames Körperbewusstsein zur mütterlichen Gottheit allen Lebens, die mir erscheint als Jahwe-Eva, die Mutter des Lebens, die Quelle des Lebens, die Mutter der zehntausend Wesen, die Quelle allen Seins, der Ursprung alles Lebens, der Urgrund alles Seins, das ist Gott. So führte mich die Einsamkeit meines Körperbewusstseins zu Gott, meiner Freundin. Siehe, ich weihe mich dem Unbefleckten Schoß der Frau! Aber eine Stimme geht mir durch den Sinn: Feuchtigkeit steigt auf von der Erde und tränkt die Erde. Reine Geister mögen trunken vom heilignüchternen Wasser keusch reden von dem Eros Gottes. Aber Gott, wäge mich nicht wie einen Engel auf deiner Wage, sondern ich bin Lehm vom Ackerboden, ich bin Fleisch! Und fühle ich nicht den Eros in der Natur? Spüre ich nicht die schwüle Erotik der grünen Mutter Natur? Dampft nicht der Morgennebel in seiner schwülen Erotik? Ist nicht der Eros der Natur und der Eros des Menschen wie ein schwüler, dampfender, fruchtbarer Dschungel? O du heiliger Hain in deinem Sommermorgen, wie glitzern doch die Tautropfen auf dem Busch! Wie ist doch im Kelch der Blüte der klebrige Same so lecker! Wie brünstig kommt mir doch die grüne Mutter Natur entgegen! Wie beben ihre nackten Brüste vor Wollust! Wie lieg ich doch gebettet im grünen Bett der Mutter Natur! Wie gieße ich nicht meine seligen Freudentränen aus und schütte all meine Liebe in ihren Schoß! Wie lockt doch das Weib, die grüne Mutter Natur! Wie lockt mich doch der scharlachrote Rosenmund und die laszive Boa am Hals der grünen Mutter Natur! Ja, ich sehe, die grüne Mutter Natur lockt mich in ihre Venusfalle! Ich will schlafen mit der grünen Mutter Natur! Ich will ihre Palme besteigen und die Dattelfeigen pflücken! Ich will greifen nach ihren Traubenbrüsten! Ich will den Weizenbündel ihres Schoßes, bestickt mit Lilien, lieben mit aller Kraft, allem Gemüt, allem Herzblut, aller Seele! Berausche mich mit deiner schwülen Erotik, Mutter Natur, und lass mich berauscht von deiner schwülen Erotik in dampfender Wollust selig lieben im trunkenen Dschungel des Paradieses! Umarme mich mit den Lianen deiner Schlangen! Sauge mich in deinen Schoß und lass mich untergehen in deiner Fruchtbarkeit und auferstehen in paradiesischer Lust und ewigem Seelenfrieden, selig gebettet am Busen der Mutter Natur, schauen ins selig lächelnde Antlitz der seligen Mutter Natur! Nun will ich arbeiten! Nun will ich kultivieren die Gaben der Schöpfung! Nun will ich eine Kultur der Liebe schaffen! Liebe sei die Sprache des Volkes! Ich werde in den Erdboden die Furchen meiner Verse ziehen und den See durchrudern mit den Ruderschlägen meiner Jamben. Ich werde die Erde schmücken mit Schönheit. Ich werde den Menschen verklären in seine Gottesebenbildlichkeit und Gott preisen mit dreitausend Psalmen und viertausend Liebesliedern! Wohlan, Gott, zur Inspiration meiner Arbeit an der Kultur der Liebe schicke mir die Hilfe, die Frau!


SECHSTES KAPITEL

Ureinsamkeit, jetzt bin ich wieder in deinen Armen! Ureinsamkeit, jetzt ruh ich wieder in deinem Schoß! Ureinsamkeit, jetzt gurrst du mir wieder Muttertrost zu! Nun muss ich denken, Ureinsamkeit, nun, wo keiner mich stört, wo keiner mich unterbricht mit geistlosem Plappern. Was bist du, meine Seele, was bist du, mein Leib, was seid ihr zusammen, Seele und Leib? Ich bin ja geschaffen vom Ackerboden der Erde, Erde von der Erde der Mutter Erde Adama. Erde, meine Mutter, die du mich trägst, von deiner Materie stammt mein Stoff. Ich soll doch meine Mutter ehren? Wohlan, so ehre ich die Mutter Erde Adama! Aber Elohim blies Lebensatem in meine Nase! Meine Seele ist ein unsterblicher Hauch! Ja, was bin ich also? Staub vom Staube bin ich und ein Hauch, der verweht! Elohim blies Lebensatem in meine Nase, da erhob ich mich vom Staub und wurde ein lebendiges Wesen. Was ist der Lebensatem? Meine unsterbliche Seele? Ist meine Seele eine Geistperson? Ist meine Seele mit ihrer menschlichen Vernunft ein Ebenbild der göttlichen Vernunft? Ist meine Seele mit ihrem Sprachvermögen ein Ebenbild des göttlichen Wortes? Ist meine Seele mit ihrem Erkenntnisvermögen ein Ebenbild der göttlichen Weisheit? Und wessen Ebenbild ist mein Körper? Ist allein meine Seele ein Ebenbild Gottes oder bin ich als ganzer Mensch mit Leib und Seele Ebenbild Gottes? Red ich griechisch? Red ich griechisch von Geist und Materie, Seele und Leib, Unsterblichkeit der Seele und Hinfälligkeit des Leibes? Wie spricht der Grieche von Seele und Leib? Nun, da seh ich zwei Griechen, der eine weist mit dem Finger zur Natur hinab, der andere weist mit dem Finger zur Himmelsidee hinauf. Der eine sagt: Die Pflanze auch hat eine Seele, die Pflanze hat die Pflanzenseele, die als Form die Materie der Pflanze gestaltet, entwickelt. Die Form ist das Entwicklungsprinzip, das Entfaltungsprinzip der Materie. Die Pflanzenseele keimt und blüht, aber sie bewegt sich nicht aus ihrem Gartenbeet. Das Tier hat eine Seele. Zweifelt jemand daran, ob es Wahrheit ist, dass das Tier eine Seele hat? Das Tier hat eine Seele, aber gebt dem Tier nicht die menschliche Seele hinzu. Beruhigt euch aber, das Tier hat eine Seele, eine animalische Seele. Diese Seele ist die Form der Materie des Tieres, diese Form entwickelt und entfaltet die Materie des Tieres, die animalische Seele lenkt den Stoff des Tieres durch Triebe und Instinkte. Aber die animalische Seele ist nicht frei. Sie folgt dem Gesetz der Natur und dem Befehl des animalischen Triebes. Dieser Trieb will Zeugung und Fortpflanzung. Das ist die animalische Liebe. Das Tier ist nicht frei, nicht zu lieben mit animalischer Liebe. Die Mutter Natur gebot dem Tier: Du sollst deinen animalischen Trieben und Instinkten bedingungslos folgen! Aber die menschliche Seele, sie, die schöne Psyche, sie ist frei. Die schöne Psyche des Menschen ist die Form des leiblichen Stoffes des Menschen. In ihr ist Geist, dieser Geist stammt ab vom göttlichen Geist. Dieser Geist vom Geiste Gottes im Innersten der menschlichen Psyche allein ist unsterblich und des Himmels fähig. Der andere Grieche weist zur Idee und spricht: Was ist die schöne Psyche? Sie ist das Leben des Leibes. Wenn Psyche das Leben des Leibes ist, so ist es unlogisch, ein anderes Mal die schöne Psyche nicht Leben zu nennen, sondern Tod. Da Psyche aber Leben ist, so ist sie unsterblich. Wenn sie nicht mehr das Leben des Leibes ist, so ist der Leib tot, doch Psyche bleibt das Prinzip des Lebens und ist somit unsterblich. Wenn nun aber einer kommt und predigt von der Unsterblichkeit des Leibes? Dann sagen die einen Philosophen: Was ist das für ein Spermologos! Was ist das für ein Samenpicker! Die andern sagen: Nun, wir können uns nicht entscheiden, deiner Lehre zu glauben, aber es beginnt uns zu interessieren, darum komm ein anderes Mal wieder und rede erneut von deiner Lehre der Verewigung des Leibes. So reden also die Griechen. Wie aber spricht man hebräisch? Man spricht hebräisch nicht von Geist und Materie, nicht von Seele und Leib, man spricht von Körper und Leben. Körper ist Körper aus Lehm, vom Ackerboden genommen, von Adama, der Mutter Erde. Leben ist Lebensatem vom Munde Elohims! Und sind Körper und Leben wie Mann und Frau? Ist in der Schöpfung ein doppeltes Urprinzip, das Ewigweibliche und das Ewigmännliche? Und wer hat die Wahrheit erkannt von den Denkern? Denn der eine sagt: Natur und Leib und Stoff und Erotik, das ist das Ewigweibliche, das ist Eva. Geist und Seele und Atem und Logos, das ist das Ewigmännliche, das ist Adam. Das Weib steht dem Leibe nahe, der Mann steht dem Geiste nahe. Das Weib liebt die Erotik, der Mann liebt die Logik. Aber der andere sagt: Der Mensch besteht aus Körper und Leben. Der Körper ist Adam, das heißt rote Erde, Adam ist rote Erde vom Staub oder Lehm der Mutter Erde Adama. Eva aber heißt Leben, Eva ist die Lebendige, die Mutter allen Lebens. Eva ist der Lebensatem vom Munde Elohims! Adam ist der Körper des Menschen und Eva ist das Leben des Menschen. Wer weiß mehr? Gottes erstes Gebot lautet: Mann und Frau, macht euch die Erde untertan! Liebt euch und seid fruchtbar und bevölkert die Erde und herrscht über die Vögel des Himmels, die Tiere des Feldes und die Fische im Meer! Ja, wirklich, der Mensch ist berufen zur Herrschaft über die Schöpfung. Der Schöpfer ist der Herrscher der Schöpfung, aber der Mensch ist sein Stellvertreter in der Herrschaft über die Schöpfung. Wirklich soll der Mensch herrschen, nicht allein über Schafe und Ziegen und Rinder, die domestizierten Tiere, sondern auch über die wilden Tiere, die Raubtiere. Die Herrschaft des Menschen erstreckt sich bis zu den Vögeln des Himmels und bis zu den Lebewesen auf dem Grunde der Meere! Nicht aber soll herrschen der Mensch über den Menschen! Herrschen über die Schöpfung sollen auch nicht einige wenige Menschen, sondern alle Menschen, aber kein Mensch soll Objekt sein der Herrschaft eines andern Menschen. Kein Mensch darf einen andern Menschen unterdrücken und ausbeuten! Und alle Güter der Schöpfung sind für alle Menschen da. Die Schöpfung gehört nicht nur einer kleinen herrschenden Gruppe, sondern die Schöpfung ist für alle Menschen da. Aber wie soll der Mensch die Schöpfung beherrschen? Er soll sie beherrschen nach der Schöpfungsordnung. Er soll die von Gott in die Schöpfung hineingelegte Schöpfungsordnung beachten, soll auf die Sprache der Schöpfung lauschen, dann soll er in Verantwortung vor dem Schöpfer die Schöpfung verwalten und regieren und ihr das geben, was sie braucht. Er muss also der Sprache der Schöpfung lauschen. Was teilt ihm die Schöpfung mit? Wie teilt sie ihre Bedürfnisse ihm mit? Nicht soll er ihr ihre Geheimnisse gewaltsam und grausam entreißen, um die Schöpfung zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen! Sondern der Mensch soll lauschen auf die Stimme des Schöpfers, der durch die Sprache der Schöpfung dem Menschen mitteilt, wie er die Schöpfung bewahren und pflegen soll. Dazu muss der Mensch die von Gott gegebene Ordnung der Schöpfung erkennen. Wenn der Mensch aber meint, die Schöpfung sei nur ein seelenloses Material und auch der Mensch sei nur eine zufällige Entwicklung von totem Material, dann wird der Mensch die Schöpfung nicht liebevoll bewahren, sondern er wird sie ausnutzen, bis sie ausgeblutet ist! So beachte der Mensch die Schöpfungsordnung, dass Gott die Menschheit geschaffen als Mann und Frau. Gott bestimmt das Wesen des Männlichen und das Wesen des Weiblichen. Und Gott ordnet das Männliche dem Weiblichen zu, damit sie in Liebe sich vereinen und ihre Liebe fruchtbar werde. Was ist ein Mann? Nicht sein leibliches Urmaterial ist entscheidend und auch nicht die Gepflogenheiten der Kultur, sondern es gibt ein Wesen des Mannseins nach dem Herzen Gottes. Was ist Liebe? Liebe ist die Vereinigung von Mann und Frau mit der innewohnenden Fruchtbarkeit der Liebe. Nicht ist Liebe also die unnatürliche Liebe eines Mannes zu einem Mann, einer Frau zu einer Frau. Nicht ist Liebe die Vereinigung von Mann und Frau unter radikaler Verweigerung der Fruchtbarkeit. Personale Liebe zwischen Menschen ist von Gott gefordert. Aber den untergeordneten Kreaturen, wie den Tieren, soll der Mensch nicht die Liebe entgegenbringen, die allein der Mitmensch verdient. Der Mann liebe nicht seinen Hund genau so sehr wie seine Frau. Die Frau auch liebe die Katze nicht mehr als sie den Mann liebt. Die Frau erweise dem Mann die Ehre, die er braucht, der Mann erweise der Frau die Liebe, nach der sie sich sehnt. Aber den Tieren erweise dein Wohlwollen. Du darfst dich aber ernähren von dem Fleisch der Tiere. Du darfst dir Kleidung bereiten aus dem Fell der Tiere. Du darfst dir Tiere zähmen, damit sie dir bei der Arbeit helfen oder als Spielzeug deiner Kinder dienen. Du darfst an Tieren Medizin erproben, ob sie dem Menschen Gesundheit bringt. Du darfst Tiere jedoch nicht quälen und nicht grundlos töten. Bedenke, dass Gott in seiner Vorsehung auch um das Wohl der Tiere bekümmert ist. Was wäre aber von einem Menschen zu halten, der Tiere liebt, die Menschen aber hasst und tötet? Und was wäre von einem Mann zu halten, der seine Katze liebt, aber seine eigenen Söhne morden will? Denke an ein Kind, die schönste Krone der Schöpfungen Gottes, wie das Kind zu dir spricht mit der Sprache der Schöpfung und dich bittet: Herrsche über die Schöpfung, lausche auf ihre Sprache und gib ihr, was sie braucht! Wenn du dem nachkommst, so hast du das erste Gebot Gottes erfüllt. Wenn die Frau die grünen Blätter der Teepflanze in einen Becher legt und heißes Wasser darüber gießt, so hast sie das Gebot Gottes erfüllt. Wenn ein Mann seinen Griffel in die Hand nimmt und Liebesgedichte auf Papyrus ergießt, so hat er das Gebot Gottes erfüllt. Eva, wirst du deine geliebten Bäume im Himmel finden? Eva, wird deine Katze im Himmel auferstehen? Denk ich an den Leib, geliebtes Weib, so denk ich an deinen Leib! Mein Leib ist mir zur Last, aber, Geliebte, dein Leib ist all meine Wonne! Und ich sehe, siehe, was ich sehe, ist dein verklärter Leib! Dein verklärter Leib ist hocherhaben, ist hocherhaben über Schmerzen und Krankheit, Welken und Sterben, dein verklärter Leib ist selig und lustvoll und voller Wonne und in blühender Gesundheit und immerjung und unsterblich! Dein verklärter Leib ist fein, er glüht wie die Sonne, er sprüht wie Funken, er ist beweglich wie die Wolken, wie die Pusteblumensamen, wie die Schmetterlinge! Dein feiner Leib ist wie ein Hauch von Seide, wie ein transparenter Gazeschleier, wie ein Kleid aus allerreinstem Licht, und dein Leib zuckt wie Blitze und tanzt wie die Sonne und taumelt wie die Sterne und glüht wie die Zentrale Sonne des Kosmos! Und dein verklärter Leib ist ganz von deiner Seele erfüllt, dein verklärter Leib ist wie Kristall, wie Glas, wie ein fleckenloser Spiegel, indem sich die Schönheit deiner Seele, die voll Gott ist, wie in nackter Herrlichkeit offenbart! In der nackten Herrlichkeit deines verklärten Glanzleibes offenbart sich mir die deutlich sichtbare Ausstrahlung der göttlichen Schönheit! Gottes Schönheit wird offenbar in deinem Glanzleib! Um dich ist verklärter Kosmos! Die Schöpfung, die so lange nach Erlösung geschmachtet, geseufzt nach dem Offenbarwerden der Herrlichkeit der Tochter Gottes, die Schöpfung ist verklärt, verwandelt, verewigt, auferstanden mit deiner Auferstehung! Du hast die ganze Schöpfung mitgenommen zu Gott! Ein verklärter Kosmos offenbart um dich her die Herrlichkeiten Gottes! Du schaust die Ideen der Tiere und der Pflanzen, du schaust die Urpflanze in ihrer Schönheit herrlich in dem Geiste Gottes! Eva, fragst du mich, ob es im Himmel auch Kastanienbäume gibt und Apfelbäume und Päonien und rote Rosen? Ich will das am Jüngsten Tag den Messias fragen! Komm mit, geliebte Eva, am Jüngsten Tag den Messias mit mir zu fragen, ob er seiner geliebten Eva einen Rosengarten im Paradiese schenkt!


SIEBENTES KAPITEL

Adam war so entsetzlich einsam! Es traf ihn ein Schrecken von Gott! Vor Entsetzen, Schrecken und Furcht bebten alle seine Glieder, alle seine Seelenkräfte zitterten! Adam warf sich unter eine Korkeiche – gut, dass Gott den Kork erschaffen – und lag da besoffen von namenlosem Jammer! Seine Seele war so voll von einem schwarzen Meer des Jammers, dass sein Verstand keine Worte fand für seinen eigenen Schmerz! Er schrie zu Gott: Die schwarzen Tränen spritzen mir aus den Augen! Mein Herz ist über und über bedeckt von Wunden und aus tausend Wunden sprudelt das Blut! Sieh meine Seele, sie ist blutüberströmt! Da versetzte Gott Adams Seele in eine Trance, in eine Ekstase! Es war eine Ohnmacht, ein Tiefschlaf, der Adam an die Grenze des Nichtseins riss! Da riss Gott Adams Seele in den Himmel. Adam schaute das Antlitz des Messias wie ein unbeschreiblich blendendes Licht und sah im Spiegel des Antlitzes des Messias die Frau seiner Seele! Adam stand mit Eva vor dem Antlitz des Messias! Der Messias legte seine Hände auf das Haupt von Adam und das Haupt von Eva und traute sie vor aller Zeit im Himmel! Ihre Ehe wurde im Himmel geschlossen! Aber als Adam in seiner Ohnmacht war wie tot, da schuf Gott allein, ohne Mithilfe eines Mannes, die schöne Eva. Denn Gott sah: Es ist nicht gut für Adam, allein zu sein. Ich will ihm eine Freundin geben, die ihm ähnlich ist. Darum schuf Gott Eva in der Ähnlichkeit Gottes, wie er Adam in der Ähnlichkeit Gottes geschaffen hatte. Und Gott setzte Adam und Eva einander gegenüber von Angesicht zu Angesicht. Und Adam schaute das Gesicht der schönen Eva und erkannte, erfüllt vom Heiligen Geist, das Antlitz Gottes im Spiegel des Gesichtes Evas. Sie ist es! Sie ist es und keine andre, rief Adam immer wieder, sie ist die Liebe meines Lebens, die Seele meiner Seele! Sie ist menschliche Natur von meiner menschlichen Natur, sie ist Persönlichkeit von meiner Persönlichkeit, sie ist Sein von meinem Sein, sie ist mir ähnlich, von gleicher Würde wie ich, von Gott unmittelbar geschaffen. Gottes Hand liegt schwer auf mir, doch auf ihr ruht der Hauch Gottes. Ich bin Isch und du bist Ischa! Ich bin Yang und du bist Yin! Ich bin Mann und du bist Männin! Ich bin das A und du bist das B und zusammen sind wir ABBA, wir zusammen bilden einen Namen Gottes. Ich bin J und du bist H und zusammen sind wir JAH, du und ich vereint sind ein Name Gottes! Ich bin das A und du bist das O und zusammen sind wir die Krone der Schöpfung! Ich bin Weisheit und du bist Einsicht und zusammen spiegeln wir die Krone Gottes! Ich spiegle den Gottgeist und du spiegelst die Gottnatur und vereinigt spiegeln wir die Eine Gottheit! Ich bin ein Abglanz der väterlichen Transzendenz Gottes und du bist ein Abglanz der mütterlichen Immanenz Gottes und zusammen spiegeln wir das Absolute! Ich spiegle Abba und du spiegelst Imma und zusammen spiegeln wie die absolute Unendlichkeit des Seienden!

HYMEN HYMENÄUS HYMEN CARMEN

Eros Gottes von dem Himmel,
Von der Caritas Gezeugter,
Komm und gib das Weib dem Manne!
Hymen Hymenäus Hymen!

Winde Eva um die Stirne
Strahlendweiße Malvenblüten,
Küss den Fuß in der Sandale!
Hymen Hymenäus Hymen!

Singe deine Freudenlieder!
Tanze deine Freudentänze!
Hebe hoch die heiße Fackel!
Hymen Hymenäus Hymen!

Mater Caritas erschienen
Ist dem Hirten auf der Höhe,
So erscheint dem Adam Eva!
Hymen Hymenäus Hymen!

Sie erscheint wie eine Rose
An dem Herzen unsres Gottes,
Voll der Kelch von Tauestropfen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Lass den Phrat und lass den Pischon,
Lass den Hiddekel, den Gihon,
Eile in den Garten Eden!
Hymen Hymenäus Hymen!

Rufe Eva in den Garten,
Dass sie Adam so umschlinge
Wie den Eichenstamm der Efeu!
Hymen Hymenäus Hymen!

Alle Frauen dieser Erde,
Einmal sollt ihr Hochzeit feiern,
Darum singt zu Evas Hochzeit!
Hymen Hymenäus Hymen!

Hört dies Lied des Eros Gottes,
Von der Caritas Gezeugter,
Wird er diese Ehe stiften!
Hymen Hymenäus Hymen!

Gibt es einen Gott wie unsern,
Der da ist der Gott der Liebe?
Welcher Gott ehrt mehr die Liebe?
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva löse ihren Gürtel!
Adam glüht in heißer Sehnsucht!
Adam betet für die Menschheit!
Hymen Hymenäus Hymen!

Mutter Erde führt die Tochter
Eva zu dem Bräutigame
Und sie lüftet ihren Schleier!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wie kann Caritas beglücken
Ohne dich, den Eros Gottes?
Du schenkst alle Seligkeiten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Nie gebiert die Mutter Eva
Söhne ohne Gottes Eros,
Gottes Eros macht sie fruchtbar!
Hymen Hymenäus Hymen!

Gottes Eros, fehlt dein Segen,
Baut der Mann umsonst die Hütte,
Wacht umsonst zur Nacht der Wächter!
Hymen Hymenäus Hymen!

Offen steht die Gartenpforte!
Eva kommt! Ein Prachterscheinen!
Schamrot glüht auf ihren Wangen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Ohne Sorge sei, o Eva,
Nie wird eine Frau dir gleich sein,
Unvergleichlich deine Schönheit!
Hymen Hymenäus Hymen!

So wie Eva ist im Garten
Nur die dornenlose Rose
Mit dem Namen Morgenröte!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wandle mit dem Vielgeliebten,
Du Vermählte, in dem Garten!
Schau, wie hell die Fackel lodert!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wie sich Rebenranken ranken
Um den starken Stamm der Ulme,
Rankt sich Eva um den Gatten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Welche Lust erwartet Adam
In der Nacht im Ehebette!
An dem Tag im Ehebette!
Hymen Hymenäus Hymen!

O ihr nackten Engelskinder,
Tragt herbei die Liebesflammen,
Eva hebt die sieben Schleier!
Hymen Hymenäus Hymen!

Spotten sollen jetzt die Dichter:
Seine Milch in den Oliven
Melke Adam nicht mehr selber!
Hymen Hymenäus Hymen!

Was die Gnade dir erlaubte
Wegen deinem schwachen Fleische,
Das erlaubt nicht mehr die Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Frau, du sollst dich nicht versagen
Deinem Mann, wenn sein Begehren
Sucht die Wonnen deiner Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Schau, wie schön der Garten Eden!
Eva, Mutter allen Lebens,
Herrsche weise über alles!
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva, einst die schwarzen Haare
Werden dir zu grauen Haaren,
Dann wird Adam dich noch lieben!
Hymen Hymenäus Hymen!

Hebe deine bloßen Füße
Mit den hennaroten Zehen,
Schlüpfe in den Garten Eden!
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva, Adam liegt gebettet
In dem Moosbett grünen Grases
Und erwartet dich mit Schmachten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Adam brennt in seinem Busen
Eine heiße Liebesflamme,
Die verzehrt ihm seine Seele!
Hymen Hymenäus Hymen!

Kleiner nackter Liebesengel,
Führe Eva an den Händen
In den Arm des Gatten Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

O ihr Seraphim des Himmels,
Bettet Eva in dem Moosbett
Neben dem geliebten Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

Komm, Geliebter, komm zum Liebling!
Die Geliebte gleicht der Malve
Und dem feuerroten Poppie!
Hymen Hymenäus Hymen!

Bei den Seraphinen schwör ich:
Adam ist von eigner Schönheit!
Adam spiegelt Gottes Schönheit!
Hymen Hymenäus Hymen!

Dein Begehren sei nicht heimlich,
Offen darfst du sie begehren!
Gott versagt dir nicht die Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Der mag Schohamsteine zählen
Oder Gold im Paradiese,
Welcher messen kann die Wonnen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Spielt nur immer Liebesspiele!
Mutter Eva, schenke Adam
Bald ein kleines Kind der Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

So ein kleiner Adam möge
Von dem süßen Schoße Evas
Strecken Händchen aus zu Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

Und der kleine Adam möge
Fromm sein wie der Vater Adam
Und wie Adam voller Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Möge alle Welt ihn preisen,
Evas Sohn, den Vielgeliebten!
Engel segnen dieses Kindlein!
Hymen Hymenäus Hymen!

Nun zuende geht die Hymne,
Aber endlos ist die Liebe
Adams zur geliebten Eva!
Hymen Hymenäus Hymen!


ACHTES KAPITEL

Geliebte Eva, du sagst, du seiest eine Hirschkuh, du sagst, du wolltest gern einmal eine Katze sein. Süße Eva, du untertreibst! Du bist ein wahrer Mensch, du bist wahrhaft menschlich! Eva, ich denke, du bist vielleicht ein Engel oder gar eine Göttin! Aber ich übertreibe, Eva, du bist ein wahrer Mensch, wahrhaft menschlich! Eva, es wird Menschen geben im Tränental, die lieben die Tiere, aber hassen die Menschen, Eva, es wird Menschen geben im Jammertal, die lieben Gott, aber hassen die Menschen! Wir wollen so nicht lieben, Eva, sondern mit Wohlwollen betrachten wir die Tiere und mit zärtlicher Barmherzigkeit, und Gott wollen wir lieben mit allen Kraft, von ganzem Gemüt, von ganzem Herzen, mit der ganzen Seele, und den Menschen lieben, wie wir uns selber lieben. Eva, du sollst dich selber lieben, wie du den Menschen liebst, denn du bist wahrhaft menschlich. Eva, ich liebe dich noch mehr als mich selbst, denn du bist für mich der wahre edle Mensch. Es wird Menschen geben, deren Antlitz entstellt ist von Herzenshärte und Bosheit, so dass man verzagen könnte am Menschen, es wird Menschen geben von solch einem skrupellosen Egoismus, dass man fast zum Menschenfeind wird, wenn dann nicht der Gedanke an Eva wäre: Eva ist Mensch, wahrer Mensch, edler Mensch, wahrhaft menschlich, Eva offenbart die Güte des Menschen, das wesentliche Gutsein der Schöpfung des Menschen. Ja, als Gott die Frau geschaffen, sprach er: Siehe, es ist sehr gut! Über alle andere Kreatur sprach der Schöpfer: Siehe, es ist gut! Aber als wir erschaffen worden sind, du und ich, Adam und Eva, da sprach Gott: Sehr gut! Du bist von ausgezeichneter Qualität, außerordentlich gut und schön und wahrhaftig! Gott schaut mit Wohlgefallen auf dich! Wertschätzung für Eva! Ich will dir eine Litanei der Wertschätzung singen! Wertschätzung heißt Agape, die göttliche Liebe! Die göttliche Liebe heißt Wertschätzung! Wenn ich dich liebe mit Wertschätzung, lieb ich dich mit göttlicher Liebe! In Gottes Liebe ist keine Geringschätzung, keine Verachtung, kein Hohn, kein Spott, in Gott ist kein Fluch und kein böses Wort, in Gott ist kein Lästern und Schmähen! Gott hat solche Wertschätzung für den schönen Menschen Eva, dass er nichts kann als lieben und segnen! Ich habe solche Wertschätzung für dich, Eva, weil du groß bist wie die andere Hälfte des Universums! Ich habe solche Wertschätzung für dich, Eva, weil deine Seele mich die Weltseele ahnen lässt! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du für mich ein Gleichnis für das Leben, ja, für das ewige Leben bist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die Güte Gottes spürbar machst! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die Menschenfreundlichkeit Gottes abspiegelst! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du der Spiegel der göttlichen Schönheit bist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die außerordentliche Güte des Menschseins mir immer wieder darstellst, so dass ich an das Gutsein des Menschen immer wieder glaube, wenn ich manchmal daran verzweifle! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die hohe menschliche Würde der Frau verkörperst und den Genius der Frau! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du das Ewigweibliche bist, dass mich hinanzieht zur göttlichen Liebe! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein Antlitz von Anmut übergossen ist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil deine Lippen wie tropfender Balsam sind! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein lieber Leib ein Leib ist aus Glanz, an dem ich meine Himmel entzünde! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein geliebter Körper ein sichtbarer Ausdruck deiner vielgeliebten unsichtbaren Seele ist und mir Verheißung eines ewigen Paradieses im ewigen Leben ist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil ich in deinem Lächeln das charmante Lächeln der Himmelskönigin sehe! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein Antlitz ein Spiegel ist des femininen Antlitzes Gottes! Am Anfang war die Liebe! Aber welche Liebe, Eva? Siehe, es werden neunmalschlaue zerstreute Professoren kommen und dir erzählen, am Anfang lebten die Menschen fast wie Gorillas, sie lebten in einem urheidnischen Sexualkommunismus. Sie werden sagen, am Anfang war der Sexualkommunismus und am Ende der Zeiten wollen die Sexualrevolutionäre den Sexualkommunismus wieder herstellen. Was ist Sexualkommunismus? Der Mensch liebt nicht einen andern Menschen als Person in einzigartiger Persönlichkeit. Der Mann sagt nicht: Sie ists! Sie ist allein und für immer die Frau meines Lebens! Nein, im Sexualkommunismus bekennt der Mann: Ich will alle Leiber aller Weiber benutzen, um selbst meinen animalischen Trieb und sexuellen Appetit zu befriedigen! Ist das Liebe? Nein, das ist des Menschen nicht würdig! Siehe, wenn der Hahn in seinem Hühnerharem stolziert und ihn ein Trieb anfällt und es ihn juckt, dann bespringt er wahllos irgendeine von den Hennen, welche gerade da ist, und vögelt sie kurz durch, lässt sie mit zerrupftem Gefieder zurück und spaziert gleichgültig, eitel und selbstverliebt weiter durch den Garten, sich um die Henne nicht weiter kümmernd. Aber das ist in Ordnung. Gott hat sein Wohlgefallen an der Vögelei des Hahnes, der Hahn liebt so, wie Gott es ihm zugeteilt, er erfüllt das Gebot Gottes. Aber wenn ein Mann wie ein Hahn wahllos irgendwelche Weiber von hinten besteigt, sie packt am Genick und vögelt und dann weggeht und die Weiber vergisst, so versündigt sich der Mensch an seiner eigenen Menschenwürde und an der Menschenwürde des Weibes. Und wer sich an der Menschenwürde des Weibes versündigt, versündigt sich an Gott, dem Ursprung der Menschenwürde des Weibes! Was ist aber menschenwürdige Liebe? Siehe, diese war im Anfang. So steht es geschrieben: Am Anfang war menschenwürdige Liebe, nämlich Gemeinschaft von Personen. Gemeinschaft, das heißt Kommunion. Kommunion von zwei Personen ist nicht Kommunismus von zahllosen animalischen Trieben. Kommunion ist nicht Kommunismus! Kommunion ist Gemeinschaft von Person und Person, Kommunion ist Vereinigung von Person und Person. Person ist eben der ganze Mensch. Ich liebe nicht wahllos irgendwelche Leiber, die zur Selbstbefriedigung meines sexuellen Appetits dienen, sondern ich liebe einen einzigen Menschen und ausschließlich diesen einen Menschen und zwar für immer, ja, ich sage, bis in Ewigkeit! Denn dieser eine Mensch, diese eine Frau in ihrer Geistperson, in dem Reichtum und Wert ihrer Seele und in der Schönheit ihres Körpers ist die Person, die ich liebe! Es ist so, dass ich diese Frau liebe, mit Geist und Seele und Leib, mein Geist liebt ihren Geist, meine Seele liebt ihre Seele und mein Körper liebt ihren Körper. Meine menschliche Natur liebt ihre menschliche Natur. Meine Gottesebenbildlichkeit liebt ihre Gottesebenbildlichkeit. Ich dachte, Eva, es werden Menschen kommen, da sagt der Mann: Ich suche eine Frau, da hab ich einmal eine Frau geliebt, aber sie liebte mich nicht, es ist nichts aus uns geworden, darum hörte ich auf sie zu lieben und suchte mir eine andere Frau, die mich liebte, die liebte ich auch, da wurden wir ein Paar und bekamen Kinder. Ist das Liebe, Eva? Ist Liebe eines Mannes zu einer Frau, die aufhört, Liebe zu sein, wenn sie keine Gegenliebe findet, ist das dann wahre Liebe? Oder nannte der Mann das Liebe, was in Wahrheit nur Hunger nach Geliebtwerden war? Und als er geliebt wurde, da meinte er dann, die Liebe gefunden zu haben? Ich meine, Liebe ist Liebe und bleibt Liebe, auch wenn sie keine Gegenliebe findet! Das ist Liebe! O meine auserwählte Herrin Eva! Ich kam in den Garten Eden, da sagtest du scherzend: Ich bin wie eine Hirschkuh, voller Anmut und Schönheit und zärtlicher Mutterliebe! Aber in der Nacht bin ich eine aztekische Sexgöttin! Da bin ich eine nackte Göttin, die mit der Schlange tanzt! Es ist doch immer dasselbe! Dabei bin ich gar nicht sexbesessen und wie eine läufige Katze hinter dem Beischlaf her! Ich sagte: Meine auserwählte Herrin, deine Aura ist so geladen mit sublimer Erotik, dass alles knisternde Funken sprüht um dich! Du bist die Frau mit dem höchsten Grad von Sexappeal! Du bist so sexy, wie kein andres Weib es jemals sein wird! Du bist eine Mega-Sexbombe, und dein Feuer ist wie Napalm in meiner Seele, selbst der Pazifische Ozean kann das Feuer nicht löschen! Da sagtest du: Ich geh mal eben unter dem Wasserfall duschen, mach es dir gemütlich im Garten Eden! Da sah ich dich, Geliebteste, mehr als geliebte Eva, nackend unter dem Wasserfall duschen! Dein Leib war weiß wie eine Lilie! Deine Haare waren schwarz wie Ebenholz! Deine Augen waren Mandelaugen, Meteoriten, blaublitzende Abendsterne! Dein Lippen waren rosinenfarben! Deine Nase war die Nase eines stolzen Adlerweibchens! Mein Adlerweib, ich bin dein Adlermann, zusammen schauen wir in die Sonne des Antlitzes Gottes! Deine Wangen glühten rot wie wilder Mohn! Deine Brüste waren wie Magnolienblüten schön gewölbt! Das Muttermal auf deiner linken Brust war ein keusches Siegel Gottes! Deine Schenkel waren gebogen wie Juwelenspangen, Werke eines meisterlichen Goldschmieds! Deine Füße waren nackt und weiß wie Soyasprossen! Deine Perlmutterzehen waren rot wie Henna, die Blüte der Zypertraube! Da sah ich die aztekische Sexgöttin, da sah ich die Aphrodite nackt im Bade! Ich sagte: Du bist die Venus, aber nicht die Venus Frigida! Du tratest aus dem Wasserfall, deine langen schwarzen Haare waren gelockt, deine Wangen glühten wie der wilde Mohn, du reichtest mir die pralle Mangofrucht mit ihrem süßen Fleisch, und als du mir die pralle Mango reichtest, rührtest du zärtlich meine Finger an mit deinen zarten Fingern! O diese zarte Berührung deiner Finger, ich träume davon den Rest meines irdischen Lebens, wie deine Finger meine Finger berührt! Göttin in Menschengestalt, ich küsse die Spitze deines kleinen Fingers! Wenn ich aber reflektiere im Gebet, wer mir begegnet in dir, so ist es Gott als die Lebendige Liebesflamme! Ich stand vor der Lebendigen Liebesflamme, sie brennt in mir und doch verbrenn ich nicht zu Asche! Ich dachte: Gott ist die Weisheit, da dachte ich: Gott hat mir Weisheit gegeben! Doch nun scheint mir: Gott ist die Lebendige Liebesflamme und ich bin töricht vor Liebe wie ein Narr, der blutige Tränen weint und vor Seligkeit Freudentränen ausschwitzt! Ich bin sprachlos vor deiner allmächtigen Schönheit!


NEUNTES KAPITEL

Ich bin der Mensch. Ich bin allein vor Gott. Es werden Dichter und Denker kommen, die suchen die Urpflanze mitten in der Vielfalt der Pflanzenwelt, es werden Dichter und Denker kommen, die sagen: Die Urpflanze ist allein Idee. Es werden Dichter und Denker kommen, die suchen den Urmenschen mitten in der Vielfalt der Menschen, aber andre Dichter und Denker werden sagen: Es existiert der Urmensch allein in der Idee. Da werden Anhänger einer Geheimlehre sagen: Wir sahen den Urmenschen, wir nennen ihn Adam Kadmon. Der Lebensbaum steht nicht im grünen Garten Eden, der Lebensbaum ist im Innern des Urmenschen Adam Kadom, ja, Adam Kadmon ist der Lebensbaum der Selbstoffenbarung Gottes. Sein Scheitel ist die Krone der Selbstoffenbarung Gottes, Weisheit und Vernunft sind seine beiden Augen, Gnade und Kraft sind seine beiden Arme, die Schönheit ist seine Brust, Festigkeit und Pracht sind seine beiden Schenkel, das Fundament und das Reich sind seine Füße. Die Krone seines Scheitels reicht an das Unendliche, das Göttliche, das Reich aber ist das Himmelreich Gottes mitten in der Welt, ist die mütterliche Immanenz Gottes in der Schöpfung, das geheimnisvolle Königreich Gottes auf Erden. Dieses Reich nennt man auch die Einwohnung oder die Hütte, es ist die weibliche Nähe Gottes zu seinen Geschöpfen und Kindern. Adam Kadmon hat nämlich eine männliche rechte Seite und eine weibliche linke Seite, die sich verbinden zu einer kindlichen Mitte. Das linke Auge des Verstandes und das rechte Auge der Weisheit werden Vater und Mutter genannt und spiegeln Gottes Angesicht ab. Das Fundament wird allerdings auch das Geschlecht Adam Kadmons genannt in der Idee, das auch das Geschlecht des Menschen eine geheimnisvolle Selbstoffenbarung der Schöpferkraft Gottes ist. Adam Kadmon also, der einsame Urmensch, steht vor Gott als Gottes Ebenbild. Adam Kadmon als Idee des Menschen inkarniert nun auf doppelte Weise, nämlich im Geschlechtswesen der männlichen Leiblichkeit und im Geschlechtswesen der weiblichen Leiblichkeit, in Isch und Ischa, Mann und Frau. Isch und Ischa sind zwei Inkarnationen der einen Idee des Urmenschen. Zwischen ihnen besteht ein geheimnisvoller Magnetismus der Liebe. Diesen Magnetismus der Liebe nannte Empedokles Philia, die göttliche Freundschaftsliebe, die das All im Innern zusammenhält, dagegen der Streit die Elemente scheidet. Aber diese göttliche Philia oder Ewige Freundschaft ist wie eine Anziehungskraft des Magneten und verbindet Adam und Eva. Adam bekennt: Eva, dein weibliches Wesen und deine weibliche Erscheinung ziehen mich unwiderstehlich an wie ein Magnet das Eisen anzieht! Wie könnte ich widerstehen deiner unwiderstehlichen Anziehungskraft, dem Magnetismus deiner Schönheit, deiner Güte! Dieser unwiderstehliche Magnetismus ist die Anziehungskraft der Ewigen Freundschaft, sie zieht mich zu dir, sie reißt mich zu dir hin! In der Macht der Ewigen Freundschaft bist du attraktiv, anziehend, einfach hinreißend! Hinreißend schön bist du, Ischa Eva! Aber ich sehe einen Mann, der löst sich vom Vater und von der Mutter. Der Mann nimmt Abschied vom Vater: Unseren Vater nennen die Menschen den Geldgott. Sie verehren ihn in einer goldenen Säule, in einem Goldpokal von phallischer Form. Sie sagen Unser Vater zum Geldgott und preisen ihn als Seligmacher! Er allein erzeugt die Lust und den Genuss der Welt! Durch die Gnade des Geldgottes gewinnt der Mensch die ganze Welt, bis an die Enden der Erde! Der Vater Geldgott ist nach ihrer Weisheit der vollkommne Pädagoge, entzieht er seine Gnade, so straft er das Kind, und spendet er seinen Reichtum, so segnet er das Kind. Der Sohn, der reich geworden ist in dieser Welt ist offenbar gesegnet von Unserm Vater Geldgott. Die Armen aber und die Elenden und die Bettler leben als Verfluchte, angespieen vom Vater Geldgott! Schäme dich, du Armer in deinen Bettlerlumpen, der Vater Geldgott hat dir ins Angesicht geschlagen und ins Angesicht gespuckt. Freude dich, geliebter Sohn in deinem Reichtum dieser Welt, du bist der Liebling des heiligen Vaters Geldgott, du bist der Schatz seines goldenen Herzens und der Augapfel seines glänzenden Auges! Dieser Vater Geldgott regiert die Welt und ist der wahre Monarch der theokratischen Weltmonarchie, der oberste Weltkaiser von göttlicher Würde ist der heilige Geldgott selbst, er ist der Vater der Götter und Menschen, der goldenen Regen als Gnade sendet und die Erde fruchtbar macht an reichen Lüsten zum Genuss! Ich aber bin allein und sage mich als einsamer Frommer von diesem goldenen Stier los! Der goldene Stier, der goldene Phallus, der Geldgötze ist Staub vom Staub, ist eitel und nichtig! Ich glaube an den lebendigen Gott der ewigen Liebe! Stoßt mich nur aus aus euren Gemeinschaften und jagt mich wie einen Hund von euren Türen, treten mich mit Fäusten, verlacht, verspottet, verhöhnt, verschmäht mich, schlagt mir ins Gesicht, speit mir ins Gesicht, reißt mir bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust und opfert es eurem Götzen, aber ich allein bin übrig geblieben auf Erden, der den Gott der Liebe anbetet und neben dem Gott der Liebe keinen Gott bekennt! Wer ist der Gott der Liebe? Es ist der Herr! Der Herr ist der Gott der Liebe! Der Herr ist Gott, mein Gott! Ich bin zum Bettler geworden, zum Bettelmönch, ein Bettler bin ich, ja, ein Bettler um Gottes Liebe! Ich nehme Abschied von meiner Mutter. Heilige Mutter nennen sie die Hygienegöttin! Sie verachten die Unbefleckte Jungfrau und preisen lieber die Hygienegöttin. Mystiker nennen die Hygienegöttin Frau Saubermann und wählen sie zur mystischen Ehefrau! Die Hygienegöttin spricht: Ich bin Frau Saubermann und meine Weisheit ist: Halte den Becher von außen rein, ob er im Innern auch voll Geldgier, Fluch, Lästerung, Unzucht, Ehebruch, Kindermord und Götzendienst ist, du bist rein, wenn dein Becher von außen rein ist! Wasche dir die Füße, damit du rein bist, aber wasche dir auch die Hände! Lass deine Kleider immer sauber sein und dein Haar gesalbt, dann wirst du auch geliebt! Wenn dein Becher von außen sauber ist, wirst du eine Dame finden, die dich liebt und dir die Becher sauber hält. Wenn du aber von innerer Reinheit sprichst und prahlst mit deinen inneren Reinigungen, so halte ich dir vor: Was nützt dir all deine innere Reinheit, wenn du äußerlich schmutzig bist? Die Hygienegöttin spricht: Achte auf dein Essen, iss nur Gesundes, und pflege deinen Körper, denn der Mensch ist Körper und wenn der Körper verdirbt, ist der Mensch nicht mehr! Vor allem segne dich Gott mit Gesundheit, denn ohne Gesundheit ist alles nichts! Die Gesundheit ist das Höchste Gut! Mögest du lange leben auf Erden und glücklich sein in einer saubern Wohnung und in einem gesunden Körper, dann bist du schon auf Erden wie im Himmel. Füge deinem Körper keine Schmerzen zu durch Fasten und Opfer. Wenn du unbedingt fasten willst, dann faste für die Gesundheit deines Körpers. Iß Würmer aus dem Orient und kein Fleisch von Stieren und Böcken, dann wirst du tausend Jahre alt und siehst noch so blühend aus wie ein zweiundzwanzigjähriger Jüngling! Was kümmert dich Gott und Gottes Geist? Den Atem sollst du regulieren, dann wirst du als ein Greis von schneeweißen Haaren aussehen wie eine eben erblühte Pfirsichblüte! Aber vor allem ehre deine Mutter! Hebe die Hygienegöttin auf einen Thron und bete sie an! Aber ich bin eine eifersüchtige Muttergöttin! Wenn du neben oder über mir eine andre Mutter ehrst und meine Mutterliebe kalt wie Eis nennst und preist in höchsten Tönen die himmlische Mutterliebe der Großen Mutter Gottes, so nimm dich in Acht vor meiner Schlangenzunge und meinem Skorpionstachel, ich werde dich töten! Geh mit Gott, aber geh, Frau Saubermann, ich habe mich entschieden, kynischer Philosoph zu sein! Wie Sankt Diogenes wälz ich ohne Unterlass mein Fass! Aber nun, da der Mann Vater und Mutter verlassen, spricht er sein entschiedenes Ja zur Frau: Frau meines Herzens, die Frau bist du, die Frau an sich, die Frau an und für sich, zu dir allein sprech ich für immer mein Ja! Wer bist du, Frau? Du bist die Frau, die nichts trägt als die Strahlen der Sonne! Die makellose Jungfrau des Mondes! Das Weib im Sternenrock! Ich bin dein Adler, deine Feder, dein Schwanz! Was, o himmlische Frau, was ist mit den Sündern los? Du bist gekommen aus dem Himmel, um ein Ende zu machen mit den satanischen Götzen! Aber ich sehe die Weiber wieder beten zur satanischen Göttin der Scheiße! Ja, schreien sie, die heilige Hure lehrt uns die Unzucht der freien Liebe! Wir liebten einen Mann mit heißer Leidenschaft und großem Unglück, und er verließ uns, wir liebten viele Männer mit dem Körper, aber nicht mit dem Herzen und der Seele, wir liebten Männer, die uns gleichgültig waren, und haben sie alle verlassen, wir lebten mit Männern in Unzucht als Konkubinen zusammen und sie betrogen uns, dafür wählten wir uns neue Männer und lebten mit ihnen in Unzucht als Konkubinen zusammen und betrogen unsre Männer mit andern Männern, wir reisten von Land zu Land und ließen uns von wildfremden Stieren bespringen, jedem spreizten wir die Beine! Das ist freie Liebe, im Namen der heiteren Unzucht beten wir die Sexgöttin an, sie, die da heißt die Große Göttin der Scheiße! Ave Neue Eva! Doch du bist erschienen in immerwährender Jungfräulichkeit mit der Jungfräulichkeit vor und in und nach der Geburt des Sohnes Gottes, um die Herrschaft der satanischen Göttin der Scheiße und des satanischen Gottes der schwarzen Magie zu beenden, du bist erschienen, Neue Eva Morenita, um den Menschenopfern an die menschenfressenden Götter ein Ende zu machen und uns Christi vollkommenes Opfer an den Vater zu schenken und die eucharistische Speise des Leibes und Blutes Christi für die Erlösung der Menschen vom Tode! Völlige Verkehrung! Du, Neue Eva, Morenita, Frau im Kleid aus nichts als Licht, du bist die, die uns schenkt das Opfer Gottes für die Menschen! Aber die Neuen Heiden beten zur Anti-Frau! Die Anti-Frau ist die Göttin der Scheiße, die Göttin der Hurerei, die Göttin der blutigen Menschenopfer an die Götter, die geil sind, Menschenfleisch zu fressen! Hilf uns, Frau, hilf uns und erlöse uns von der Anti-Frau! Du hast gesagt, o Neue Eva: Mein reines Herz wird siegen! Ich werde euch führen ins Paradies! Darum vertraue ich mich dir an, o Frau, und widersage der Anti-Frau und all ihrer Pracht und Herrlichkeit! Ich sage mich los von der Anti-Frau und gelobe in einem Verlöbnis, der Frau allein ganz und gar zu gehören, als ihr geringster Sklave, als ihr Eigentum für Zeit und Ewigkeit! Heil Frau! Ich liebe dich, du Liebe Frau! Ich bin ganz dein und sage für immer dir und allein dir mein eheliches Ja-Wort, Amen!


ZEHNTES KAPITEL

Ich muss die armen Witwen trösten, den armen Waisenkindern ihr Recht verschaffen, ich muss den Sterbenden die Hand halten und die Gottlosen vor der Hölle retten, alles das muss ich, aber zuerst einen Gruß der nackten Eva im paradiesischen Garten Eden! Gruß zuvor und Liebe von Gott! O der Garten Eden, o das verwunschene Paradiesgärtlein! Sommer ist, Sankt Johannis, Hochsommer, Eva nackt und Adam nackt im Paradies! Eva wandelt wie eine Königin mit den Reichsäpfeln ihrer bebenden Brüste durch den Garten! Ihre Brüste beben und zittern, sie sind wie Bälle aus weißem Marmor, wie Zuckerberge, wie Milch und Honig! Wie presst sie mit den Armen die Brüste zusammen, dass sie noch voller und wollüstiger erscheinen! Wie liebt Adam das Muttermal auf der linken Brust Evas, das Zeichen Gottes! Wie liebt er ihre runden weißen Arme und die schlanken Schultern! Wie möchte er von diesen nackten Armen umfangen und gedrückt werden an den süßen Busen! O wie liebt er ihren schönen Rücken, wenn Eva sich nach vorne bückt, wie möchte er dann umfangen ihren schönen Rücken, sein Entzücken! Wie liebt er auch den schönen schlanken Schwanenhals, den langen schlanken Hals der weißen Singschwanin! Wie möchte er zärtlich berühren mit Küssen seiner Lippen den zärtlichen Hals! Wie liebt er ihren Bauchnabel, in welchem eine Perle ruht, wie möchte er Honig füllen in Evas Bauchnabel und schlecken den süßen Honig aus dem Kelch des Nabel, lecken an der Muschel voll Honig! Wie liebt er die Purpurmuschel in dem schwarzen Busch, der zwischen den Alabastersäulen ihrer kraftvollen Beine verborgen duftet! Wie liebt er ihre Nacktheit, wenn sie aus dem Wasserfall hervorkommt und ihre langen schwarzen Locken schüttelt, die sie mit Henna der Zypertraube rot gefärbt, wie liebt er es, wenn ihre langen schwarzen Haare auf ihre Brüste fallen und fallen bis zu ihrem Schoß! Wie liebt er es, wenn ihm ihre Brüste entgegenquellen und ihm wie heilige Kühe trösten, wie zwei Muttergöttinnen! Wie liebt er es, wenn ihre Schenkel sich biegen wie goldne Juwelenspangen, Meisterwerke des göttlichen Goldschmieds! Wie liebt er es, das göttliche Dreieck zu schauen, die Purpurmuschel im schwarzen Busch, das göttliche Dreieck der Liebe, das Delta der nackten Eva! Wie will er sie lieben und beschenken und beglücken! Wie will er sie betten im Thron des Gartens auf dem Lager von dunkelgrünem Moos aus Samt der Natur und salben mit dem Salböl Ylang-Ylang und lieben und beschenken und beglücken und sich ihr schenken zum wahren Genießen seiner Liebe! Wie will er sich schenken, hingeben, ganz verströmen in ihr Inneres und sie erfüllen mit all dem heißen Blut seiner inbrünstigen Ganzhingabe! Wie will er sie lieben, bis sie jauchzend auffährt in den dritten Himmel, das Reich der katholischen Venus, da die Liebenden leben in Palästen und in Orangenbaumgärten auf dem Morgenstern! Er will sie so lieben, bis sie jauchzend auffährt wie eine Lerche in den Himmel der Schönen Liebe Gottes, in diesem einen Augenblick der Verschmelzung, da nackte Lust mit nackter Lust verschmilzt in einem ewigen Augenblick der Ekstase und sie den Lebensbaum Gottes küssen und umfangen! Er will sie hinanlieben bis zur göttlichen Vereinigung, da im gemeinsam genossenen Wollustrausch der Ekstase ihr Jubelbaum im Himmelsparadiese Gottes steht und jauchzt! Eva, wenn ich dich nackt sehe, nackt bis auf die weiße Haut, nur bekleidet von deinem schwarzen Haupthaar und schwarzen Schamhaar, ganz ohne feigenblatttgrünen Evas-Slip, dann glaube ich, die Lust sei das Höchste Gut! Aber alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit! Eva, du bist mir von Gott geschenkt als eine Verheißung auf die Ewige Lust, die Ewige, Ewige Lust! Das ist deine Gnade, die Gott dir schenkt, du splitternackte Eva im verwunschenen Paradiesgärtlein, das du mir eine göttliche Verheißung bist auf Paradiesische Wollust und Lust in Ewigkeit! – Eva, warum folgst du nicht Gottes Wort? Warum verwirfst du Gottes Wort und lauschst lieber den okkulten Dämonen? Siehe, die okkulten Dämonen sagen: Eva, du bist eine Göttin! Aber, Eva, du wirst nicht Göttin sein, sondern Nichts, du wirst sterben den leiblichen und den ewigen Tod, wenn du Gottes Liebe verwirfst! Siehe, der Liebende ist ein Eifersüchtiger! Eifersüchtiger ist der Name des Herrn, der dich liebt, der dich begehrt und um deine Liebe bettelt! Tag um Tag schleicht der Herr liebeskrank vor die Tür deines Herzens und klopft schüchtern an und bittet: Eva, Eva, lass mich ein! Eva, Eva, nimm mich auf! Ach, Eva, warum ist dein Herz hart geworden wie Stein und warum ist dein Herz verschlossen dem Liebenden, der um deine Liebe wirbt, der um deine Liebe bettelt? Er wird sich noch aufhängen an einem Baum und sich selber bohren die Lanze in sein Herz und verblutend wird seine Seele schreien: Eva, Eva, ich liebe dich wahnsinnig! So stirbt er! Eva, du Mörderin des Herrn, kehre um, kehre um und widersage den okkulten Dämonen! Siehe, der Liebende ist erstanden und kommt, siehe, da ist er, Eva, jetzt tut ihm auf, Eva, jetzt ist er in dir drin, Eva, jetzt vereinigt er sich in dir mit deiner Seele wie ein Bräutigam mit seiner Braut im Brautbett deiner Seele! Halleluja, Eva und der Liebende sind vereinigt und eins! Wer ist der Eifersüchtige, wer ist der Liebende? Es ist der Herr, der Herr ist Gott! Gott ist ein wahrer Künstler und als seine beiden Meisterwerke schuf Gott der Künstler die nackte Frau und den nackten Mann. Am dritten Tag zur fünften Stunde nachmittags schuf am zweiten Tag des neunten Monats Gott der Künstler die schöne Venus von Florenz! Am siebenten Tag des neunten Monats schuf am ersten Tag der Woche zur fünften Stunde des Morgens Gott der Künstler den nackten David von Florenz! Die nackte Venus von Florenz und der nackte David von Florenz sind von Gott für einander geschaffen, für einander bestimmt, sie feierten Hochzeit im Frühling des Neuplatonismus! Doch Adam spricht: Mein Evalein, du hast dir aus grünen Feigenblättern einen grünen Slip gemacht, warum? Warum darf ich dich nur noch im Slip erblicken? Warum darf ich nicht mehr den schwarzen Busch mit der Purpurmuschel sehen, das Delta der Venus zwischen deinen blanken Schenkeln? Eva flüstert: Ich schäme mich vor dir! Mein Schoß ist unrein wie die Monatsblutung der Frau! Mein Schoß ist befallen von einer Krankheit! Ich kann das Wasser nicht mehr halten und es läuft mir der Urin mit Blut gemischt aus meiner Scheide, darum schäme ich mich vor dir. Aber, Adam, du bist ja noch viel schlimmer! Ich stehe immerhin bis auf den feigenblattgrünen Slip noch nackt vor dir, doch du! Du trägst immer einen Lammfellmantel, warum? Adam flüstert und errötet: Ich schäme mich vor dir! Denn seid wir nicht mehr deine vegetarischen Mittagsessen speisen im Garten Eden, schlacht ich mir täglich einen Hahn, vom tierischen Fett bin ich selber so fett geworden, ich schäme mich des fetten Bauches, du darfst mich nackt nicht sehen, du würdest mich gewiss verachten! Eva flüstert: Ich würde doch so gern im Sommer baden an den klaren Wassern im Süden des Paradieses! Was brauche ich dazu? Erlaubst du mir, nackt zu baden? Adam schaute Eva an und glühte: Oh, sie noch einmal nackt im Bade zu sehen! Aber er hauchte: Du brauchst Gottes Wort für dein Herz und deinen feigenblattgrünen Slip für deine Scham! Mehr brauchst du nicht! Nimm Gottes Wort und den Evas-Slip mit in den Süden des Paradieses und dann bade deinen schönen Leib in der Glut der Sonne! Eva sagte: Was ist Scham, wann ist sie entstanden, und ist die Schamlosigkeit ein Paradiesgefühl? Adam sagte: Ich habe mich im Paradiese nicht geschämt, mit dir nackt zu liegen im Garten Eden! Aber seid du den okkulten Dämonen gehorcht und ich dir geglaubt, du seiest eine Göttin, seitdem schämen wir uns voreinander und verhüllen unsre paradiesische Nacktheit! Ach, ich muss dir bekennen und dich um Verzeihung bitten: Verzeihe mir, dass ich dich begehre! Verzeih mir meine begierlichen Blicke! Verzeih mir meine begierlichen Träume! Verzeih mir, dass du mir ein Lustobjekt geworden bist, ein Sexidol für meine Selbstbefriedigung! Ach, ich kann nicht anders! Und Adam verschwand im Busch und verbarg sich, und seine Samen ließ er tropfen auf die Erde. Da rief ihn Gott! Und Gott sprach lange mit Adam über Eva, Gott verzieh Adam all seine Sünden und segnete Eva und verhieß Adam und Eva ein gemeinsames ewiges Leben! Da neigte sich vom Himmel eine selige Freundin und sprach: Je suis la Bienheureuse Evelyne de Liège! Siehe, ich liebte nur einen Geliebten, der war mein Bräutigam! Ich liebte ihn so sehr, dass ich mich einschloss in eine Kammer gleich neben dem Haus des Geliebten! Ich war Tag und Nacht für ihn da und stand allezeit für ihn bereit! Jeden Tag vereinigte ich mich mit ihm! Und wenn ich mich gerade nicht körperlich mit ihm vereinigte, so vereinigte ich mich in meinem Geist mit ihm! Aber allezeit starrte ich ihn an und betete seinen heiligen Körper an! Ja, ich beschwor das Oberhaupt der Menschheit, eine große Feier einzurichten, da die ganze Menschheit feiert den Körper meines Geliebten! Nun bin ich in Ewigkeit vermählt mit meinem Geliebten, ich bin ganz eins mit ihm! Er beglückt mich unendlich, er beglückt mich so sehr, dass ich die Seligkeit nicht mehr in menschlichen oder englischen Worten aussprechen kann! Du fragst, wie heißt dein Geliebter? Ich sage dir, sein Name ist: Der Neue Adam! Ich, Sankt Evelin, habe mich vermählt mit dem Neuen Adam! - Ach, Adam muss immer weinen! Heulen! Schreien in die Nacht! Auf dieser dunklen Erde, in dieser flüchtigen Zeit, in dieser schmutzigen Welt regiert der Hass! Sie hassen mich alle! Es hassen mich die Väter und die Mütter! Es hassen mich die Männer und die Frauen! Es hassen mich die Söhne und die Töchter! Es hassen mich die Reichen und die Armen! Es hassen mich die Klugen und die Dummen! Es hassen mich die Schönen und die Hässlichen! Es hassen mich die Kranken und die Gesunden! Genug, sie hassen mich alle, und die Hunde hassen mich und die Katzen hassen mich! Aber diese Zeit ist ein Augenblick! Am Morgen blüht das Gänseblümchen, am Mittag scheint es herrlich, am Nachmittag welkt es und am Abend ist es tot! Heil, mein Tod, mein Heiland! Dann bringt mich mein Heiland Tod in die Arme meiner einzigen Geliebten, in die Arme der Ewigkeit! Ich liebe allein die Ewigkeit! Die Ewigkeit ist ein Weib und wird mich lieben! Ja, Gott hat es mir verheißen: In der Auferstehung eurer Leiber wird die Ewigkeit dich lieben wie ein himmlisches Weib! Lass dich umarmen, geliebte Ewigkeit! Lass dich küssen, geliebte Ewigkeit! Lass mich ruhen in deinem Schoße, geliebte Ewigkeit! Komm, stöhnt die Ewigkeit, komm mit der Auferstehung des Fleisches in meinen Schoß, ich liebe dich, Geliebter! In meinem Herzen, bekennt die Ewigkeit, ist nichts als göttliche Liebe, ewige Liebe, bedingungslose Liebe, feurige Liebe, und mit meiner brennenden und grenzenlosen Liebe werde ich dich lieben! So sei doch lustig, denn der Tag des Todes ist gewiss! Die Welt ist nichts für dich, du liebe nur die Ewigkeit! Sage jetzt dein eheliches Ja zur Ewigkeit! Gib der Ewigkeit einen Kosenamen und nenne sie zärtlich: Ewi... Und Ewi flüstert: Ich bin ganz dein... Und da gab sie mir den Ring der Ringe, den Ring der mystische Vermählung mit ihr.

ELFTES KAPITEL

Eva spricht: Meine Scham, mein sexuelles Schamgefühl ist nur ein Schutz für meine schwache, liebesbedürftige Weiblichkeit. Ich bin feminin und möchte gerne geliebt sein. Aber was will der Mann? Er bedrängt mich, er umwirbt mich, er schmeichelt mir, er schenkt mir, ich aber fühle, er tut dies alles mit Hintergedanken. Warum ist er so nett? Weil er sich Gewinn erhofft, den Gewinn der Lust. Er will meinen Leib! Was interessiert ihn meine Seele, die eine, oder meine sieben Seelen? Was interessieren ihn die Wunden meiner Seele, die Traumata, die Schwächen, die Grenzen? Was kümmert ihn mein Geist mit seiner Frage nach Gott, was kümmert ihn mein Denken, mein Wollen, mein Fühlen, meine Erinnerung? All das kümmert ihn nicht. Er sieht meinen Leib mit all den Reizen, die Gott mir verliehen hat, und er begehrt meinen Leib. Er denkt sich: Wenn dieser Schoß doch buttern würde! Wenn diese Brüste doch sich berühren ließen! Wenn dieser Leib doch nackt auf meinem nackten Leibe liege! Was fragt er nach dem Geheimnis meiner Augen? Was fragt er nach den Träumen meiner Nächte? Was fragt er nach den Leiden meines Alltags? Was fragt er nach den Leiden und Schmerzen meines Schoßes? Mein Schoß ist nur für seine Wollust da, doch dass mein Leib auch blutet, das mein Schoß auch Schmerzen hat, doch dass ich noch gebären will, das kümmert ihn nicht. Meine Scham wehrt nur ab den Bedränger, den Zudringlichen, den Aufdringlichen, den Gierigen, den Geilen. Denn meine Scham, mein sexuelles Schamempfinden ist eine Schutzmauer für meine Seele. Ich lasse keinen an meinen Leib, bis ich den gefunden, der mehr als meinen Leib meine Seele liebt, der den Leib allein darum liebt, weil er sichtbarer Ausdruck der Seele ist. Ich verwehre meinen Leib, bis ich den finde, der nach meinen Gedanken fragt, der die geistige Würde der Frau respektiert, der vertraut auf den Genius der Frau, der meiner Intuition mehr vertraut als seinem Verstand, der meinem sechsten Sinn mehr traut als seinen Büchern, der den Reichtum meiner Seele wertschätzen kann und der die Wunden und Wonnen meines Herzens mehr liebt und ehrt als die Wunden und Wonnen seines eigenen Herzens. Ich bin eine Frau, das heißt, ich bin für die Liebe geschaffen. Alles in mir und an mir ist für die Liebe geschaffen. Und gerade weil ich für die Liebe geschaffen und zur Liebe berufen bin, darum wehre ich mich gegen alle allzu flüchtige Lust, jeden raschen Flirt, jeder vergängliche und vorüberrauschende Begier. Denn ich will geliebt werden und lieben. Ich will mich ganz öffnen können und mich ganz hingeben dürfen. Aber ich will als Person und als Persönlichkeit geliebt sein und nicht nur als ein Material und Stoff zur Selbstbefriedigung des Mannes. Ich bin nicht sein Sexobjekt, ich bin nicht seine Hure, ich bin nicht seine Venus Porné, nein, ich bin Eva, das heißt, ich bin das Leben, ich bin die Seele, ich bin ein komplizierter Organismus und eine vielschichtige Seele und ein unergründlicher Geist. Wenn aber der kommt, der zu mir sagt: O Frau, du bist mir ein verschleiertes Mysterium! Dann weiß ich, er schaut meine Seele. Wenn er mich verachtet, weil ich ein verschleiertes Mysterium bin, so hat er keine Liebe, weder zu Gott noch zu mir. Wenn aber der kommt, der mein verschleiertes Mysterium ehrfürchtig anstaunt, dem öffne ich meine Seele. Dir, Adam, wahrer Freund meiner Seele, öffne ich meine Seele. Ich lasse dich schauen in meine sieben Seelen und in die Gottheit meiner Seele. Und Adam sprach: Eva, bitte verstehe mich, denn wenn du mich verstehst, so wirst du mir auch verzeihen. Als der Sündenfall mich gezeugt hatte, dachte der Sündenfall: Hoffentlich wird kein Kind geboren in meiner Begierde! Und als die Sünde mich empfangen, dachte sie: Hoffentlich hab ich kein Kind empfangen! Und als die Sünde mich spürte unterm Herzen, dachte sie: Beim Teufel, ich bin krank! Ich will dies Kind nicht! Und als die Sünde schwanger war, da war sie traurig, dass sie schwanger war, so ward ich traurig schon im Schoß der Sünde. Und als die Sünde mich gebären sollte, da steckte ich im Geburtskanal und erlitt einen Horror von Todesangst! Es war, als würde ich durch den Muttermund der Hölle geboren! Der Schoß, aus dem ich austreten sollte, war der gefräßige und bissige Rachen einer Ratte! Und als ich geboren wurde von der Sünde, erstickte ich fast an der Nabelschnur der Sünde, neunmal wand sich die Nabelschnur der Sünde um meinen Hals. Und als die Sünde mich sah, da sagte sie: Beim Teufel, da ist ein hässliches Kind! Da gab mich die Sünde weg und legte mich in den eiskalten Schoß der Materie, und ob es dort auch so heiß war wie in der Hölle, so war es doch so kalt wie die kalte Hand des Todes. Eva, Geliebte, wenn ich darum der Ewig-Ungeliebte bin, der Ewig-Trauernde, der Ewig-Ängstliche, der Ewig-Abgelehnte, der Ewig-Gehasse, der Ewig-Verschmähte, der Ewig-Verachtete, der Ewig-Überflüssige, der lieber tot sein möchte als leben, der ertrinkt in namenlosem Jammer und unaussprechlichem Elend und ertrinkt in einem Meer der Trauer, der durchbohrt wird von sieben Pfeilen und wieder und wieder durchbohrt wird und schließlich zu Tode geprügelt wird und dann zuletzt geworfen wird in den Abfalleimer des Weltalls – Eva, wie soll ich glauben, dass die Mutter der Lebendigen mich liebt? Und Eva sprach: Ach, Adam, Sohn der Adama, als ich von der Sünde geboren wurde, da lernte ich kein Urvertrauen, da lernte ich die nackte Urangst! Mir entwickelte sich kein Urvertrauen zu einem personalen Vertrauen, sondern ich blieb allein, isoliert, vereinsamt, in mich selbst gefangen, ich lernte nicht von einem personalen Vertrauen ein gesundes Selbstvertrauen. Nein, ich bin zerfressen und zernagt wie von einem Nagetier von meinen gründlichen Selbstzweifeln. Ich hasse und verachte mich selbst! Ich bin nicht schön, nicht liebenswert, ich bin nichts wert, ich werde von allen gehasst, ich bin töricht und mein Leben ist ohne Sinn! So sage mir, Adam, Sohn der Mutter Adama, wie soll ich ohne ein gesundes Selbstvertrauen lernen ein begründetes Gottvertrauen? Adam sagte: Ob du Gott vertraust und glaubst an Gott, ist sekundär, primär aber ist der Glaube Gottes an dich! Eva aber sagte: Siehst du meine verschleierte Seele? Ja, sagte Adam, ich sehe wie ein anderer Mensch deine verschleierte Seele, aber jener andere Mensch verachtete dich, weil deine Seele verschleiert ist, ich aber verehre dich, weil deine Seele verschleiert ist. Ich aber habe zwei Seelen in meiner Brust, die eine sehnt sich nach der Lust der Erde und die andre sehnt sich nach Gott im Himmel. Zwei Seelen hast du in deiner Brust, mein Freund? Wie arm! Ich habe sieben Seelen in meiner Brust! Die eine heißt Eva, die andre Maria, die dritte Lilith. Sieben Geistpersonen tanzen in meiner Seele einen Schleiertanz! Sieben Seelen tanzen den Schleiertanz in meinem Innern und sieben Schleier fallen von meiner Seele und ich bin nackt, eine nackte Seele! Was siehst du nun in meiner Seele? Gott! sprach Adam, ich sehe Gott in deiner Seele! Und ich, sprach Eva, sehe Gott in deiner Seele, Adam, mein Freund. Da sagte Adam: So stehen sich nun Gott und Gott von Angesicht zu Angesicht gegenüber und Gott schaut Gott von Angesicht zu Angesicht und Gott liebt Gott mit der Liebe Gottes. So, sagte Eva, sind unsre Seelen nackt, weil in mir der Christus nackt ist und einwohnt meinem Seelengrund und weil in dir die Sophia nackt ist und einwohnt deinem Seelengrund. Ja, sagte Adam, weil Gott in uns nackt ist, darum ist es ganz natürlich, wenn ich auch deinen Körper nackt sehe. Ja, sagte Eva, meine Nacktheit vor dir ist nur der Ausdruck der Nacktheit Christi in dem Schoß meiner Seele!

ODE AN DAS FLEISCH

O mein Schöpfer! Allen Fleisches
Schöpfer, alles Fleisch kommt zu dir,
Denn du hörst des Fleisches Schreie,
Du erbarmst dich allen Fleisches!

O du fleischgewordne Weisheit,
Gottheit ist im Fleisch gekommen,
Leib-und-Blut-und-Seele-Gottheit,
Gottheit in Gestalt des Menschen!

Mein Erlöser Jesus Christus,
Komm, das Fleisch uns zu erlösen,
Alles Fleisch vom Tod erlöse,
Schenke allem Fleisch das Leben!

O! Des Fleisches Auferstehung,
Meine höchste Hoffnung, siehe,
Die Geliebte wird im Fleische
Auferstehn im Paradiese!

Gott der Schöpfer schuf als Fleisch mich,
Schuf als Atem und als Staub mich,
Schuf als Seele und als Leib mich,
Gott der Schöpfer schuf als Fleisch dich,

O Geliebte du im Fleische,
O Geliebte, Staub und Atem,
O Geliebte, Leib und Seele,
Nimm mich hin in meinem Fleische,

Nimm mich hin mit meiner Seele,
Nimm mich hin mit meinem Leibe,
Nimm mich als Person entgegen,
Nimm mich als Geschenk des Schöpfers,

Schenke du dich auch, Geliebte,
Schenk mir deine reiche Seele,
Lass mich deinen Leib erkennen,
Deinen Leib in seiner Schönheit!

Meine schöne Vielgeliebte,
Sahest du den Sternenhimmel,
Sahest du das Meer am Strande,
Sahest du die Schönheit Gottes!

In der Schöpfung zu erkennen
Ist die Schönheit ihres Schöpfers!
Doch der Schöpfung höchste Krone
Mann und Frau sind in Gemeinschaft!

Eva, vielgeliebte Eva,
Du Ikone meiner Gottheit!
Gottes Schönheit widerspiegelnd,
Offenbarst du Gottes Schönheit!

Ja, ich schaute Gottes Schönheit,
Als ich Evas Schönheit schaute!
Ich berührte Gottes Schönheit,
Als ich Evas Leib berührte!



ZWÖLFTES KAPITEL

Nein, Eva, mit den äußeren Augen schau ich nicht auf deine leibliche Nacktheit. Was erkennen denn schon die äußeren Augen? Wie verklebt sind unsere äußeren Augen, die wahre Schönheit zu erkennen! Adam, sprach Eva, mit den äußeren Augen auch erkenne ich nicht deine wahre Schönheit. Aber hast du mir nicht gestern in die Augen geschaut und habe ich dir nicht gestern in die Augen geschaut, und wir schauten uns lange und liebewarm in die Augen, nicht nur liebevoll, sondern auch wissbegierig, durch den Spiegel der Seele die Seele zu erkennen: Was ist das für eine Seele, die diesen Blick beseelt? Ist es wahre Liebe, ist es wirklicher Friede? Ist es ein hungriger und begieriger Blick oder ist es ein seeleausströmender schenkender Liebesblick? Und ich erkannte, wie du mich voller bewundernder Liebe mit deinen Seelenaugen liebkostest und schmeicheltest meiner verletzten Seele. Ach Eva, sprach Adam, wie blind wär ich doch, so blind wie ein Maulwurf, wenn ich des inneren Blicks ermangelte. Ich sehe mit meinem inneren Blick deine Seele und meine Seele und unserer Seelen Gemeinschaft und die Liebe und Freundschaft, die zwischen uns waltet, ich sehe dein mütterliches Herz und mein väterliches Herz, du musst mir Mutter sein und ich will dir Vater sein, du mir eine liebevolle zärtliche Mutter, und ich für dich ein Vater voller Wertschätzung und Ehrfurcht. Du, Eva, musst mir eine Seele sein, die sagt: Adam, es ist schön, dass du ein Mann bist, ein starker Charakter, ein Mann nach dem Vaterherzen Gottes! Und ich will dir mit meiner Seele sagen: Wie schön, o Frau, dass du Frau bist, wie gut, dass du das feminine Antlitz Gottes widerspiegelst! Mein innerer Blick sieht vor allem deine Seele nackt und bloß und offenbar vor meinen Herzensaugen liegen, aber nicht in einer Lichtaura oder einem Windhauch, sondern in einem paradiesischen Lichtleib voller Glanz! Ich liebe den Glanz deines nackten Leibes, der mir deine Seele sichtbar macht vor den inneren Augen meiner Seele! Wie schenkst du dich mir! Wie geb ich mich dir ganz hin! Wie verschmelzen wir miteinander, wie fließe ich in dich hinein und wie lebst du in mir! Du bist ja nicht mehr die Frau mir gegenüber, die Frau an meiner Seite. Du bist nicht die Herrin über mir und ich dein Sklave, du bist nicht die Magd zu meinen Füßen und ich der Herr, nein, Eva, du bist Seele in meiner Seele. Aber ach, ach weh, Eva, sag, lebt meine Seele auch in deiner? Hier schwieg Adam vor Schmerzen. Die allmächtige Liebe schuf die Schöpfung aus dem Nichts und schuf Eva aus dem Nichts, die Schöpfung Eva zu Füßen zu legen. Die allmächtige Liebe sah die Schöpfung: Siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild der Schlange, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild des Großen und des Kleinen Bären, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild des Hirsches vom Element der Schmetterlinge, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Element der Frösche, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Skorpion mit seinem Schwanz in trockener Wüste und großer Sonnenhitze, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den beruhigenden, gefühlvollen Krebs, der den Skorpion beruhigte, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den weißen Schnee in seinem keuschen kühlen weißen Linnenkleid, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Gerbera mit ihren roten Feuerzungenküssen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die weiße Narzisse, eben erblüht, und roch den betörenden Duft der Sexualität, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Pflaumenbaum im Winter erblüht, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die schwarze Katze, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Eichenbaum, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Ehepaar von schwarz-braunen Amseln, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Kastanienbaum, sah die stachligen Früchte, sah die Turteltauben ihre Flügel spreizen im Wipfel, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Universum, sah die kosmische Energie, sah die Gnome und die Nymphen und die Sylphen und die Salamander, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Wolken und den Regen spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Phönix mit dem Zaubervogel spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Hochzeit des Esels mit dem Drachen und die Liebe des Drachens zum Esel, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Tanzen der Zwerge und hörte das aufgeregte Lustgeschrei der Zwerge, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Najaden nackt baden im Wasserfall, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die festen Euter der Zicken, die großen Euter der Kühe, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die grüne Teepflanze, die Kakaobohne und die Kaffeebohne, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Brot und den Wein aus der Erde wachsen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den purpurnen Poppie blühen im goldenen Weizenbündel, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den fruchtbaren Weinberg mit seiner schwangeren Fruchtbarkeit und seinen Traubenbrüsten, lasziv und trunken, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe legte den Kosmos wie eine duftende Blume zu Evas Füßen. Eva, Eva, ich habe dich erschaffen als mein Abbild, sprach die allmächtige Liebe, und ich schenke dir den Kosmos, die grüne Mutter Natur als Geschenk, nimm es dankbar an, und rieche an der weißen Blume des Universums und lasse dich berauschen von dem erotischen Parfüm der weißen Frühlingsblume des Universums! Ich, die allmächtige Liebe, habe die Schöpfung im Frühling erschaffen, sie dir zum Geschenk meiner Liebe zu machen! Was ich will? Was sind meine Hintergedanken? Nimm nur mein Geschenk an und ergötze dich daran! Berausche dich am erotischen Parfüm der grünen Mutter Natur, dann lass dein Herz anschwellen und sage: Danke, allmächtige Liebe, für solche Liebe, für solch ein Geschenk als Ausdruck deiner Liebe! Danke, Liebe, danke, allmächtige Liebe, danke, schöne Liebe! Ich bin voll befriedigt von deiner Ganzhingabe! Ich bin erfüllt, gestillt, gesättigt, getränkt, berauscht, bin trunken von deiner Lust, du göttliche Liebe, ich bin selig! Adam bekennt: Eva, du bist ein Geschenk Gottes an mich! Aber ich gestehe, ich zweifle an der Güte und dem Ernst des Gebers und an dem Segen dieses Geschenkes. Ist da vielleicht eine göttliche Ironie verborgen? Denn ich muss denken, du bist die vollkommene Frau, ausgestattet mit allen Gaben der Götter. Die Göttin der Liebe und Schönheit gab dir deinen Körper mit aller Schönheit und allen Reizen. Die Göttin der Weisheit gab dir deine Einsicht und deine Erkenntnisse und deine Intuition, die mich inspirieren. Die Göttin der himmlischen Macht gab dir deine Hoheit und Würde und auch deine Macht über meine Seele. Die Göttin der Reinheit gab dir deine engelgleiche Seele voller Güte, Sanftmut und Demut. Die große Mutter gab dir deine übermächtige Mütterlichkeit und zugleich eine ekstatische Sexualität. Du bist mit allen Tugenden des Weibes ausgestattet. Aber die Götter gaben dir eine Büchse mit, aus der steigen alle Flüche, die auf der Erde und dem Menschen lasten: Herzzerreißender Kummer, seelenverstörender Schmerz, geistverstörender Wahnsinn, körpervernichtender Krankheit, Leib und Seele scheidender Tod! Aber aus der Büchse stieg auch die Hoffnung auf, als einzige gute Gabe, die göttliche Tugend der Hoffnung! Die Hoffnung ist eine schöne Frau, die verheißt die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben in paradiesischer Glückseligkeit! Die göttliche Hoffnung flüstert mir verheißungsvoll ins Ohr: Dort werdet ihr ewig vereint sein im Zyklus der göttlichen Liebe! Also du bist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, aber nicht als Besitz auf dieser Erde, nicht zum Genuss auf dieser Erde. Du bist ein Geschenk Gottes als eine Verheißung, ein Versprechen! Du bist gewissermaßen der Liebreiz Gottes, die verführerische Schönheit Gottes voller Charme und Reiz, die mich verführen will in die Ewigkeit, in der Schoß der göttlichen Liebe! Aber bist du wirklich eine sichtbar erschienene Gnade Gottes voller Charme und Liebreiz, oder bist du ein dunkles Verhängnis? Siehe, ich flüchtete mich in die Gedanken Gottes. Ich ging allein im friedlichen Ideenhimmel spazieren und schaute die Ideen in ihrer makellos glänzenden Schönheit und sah sie mit apathischer Seelenruhe. Aber da kamst du, das Weib! Du rissest mich aus meiner intellektuellen Einsamkeit und pflanztest mich als einen Lebensbaum in deinen Garten. Du grubest mich und wühltest mich in die schwarze Mutter Erde. Du lehrtest mich das wässrige Element der Frösche und das luftige Element der Schmetterlinge. Du lehrtest mich die Euter der Kühe zu bewundern und die Hörner der Stiere. Du lehrest mich das Maul des Hengstes zu feiern und die bebende Flanke der abgehetzten Stute! Du lehrtest mich das Gurren der Turteltauben zu lieben und das Spreizen und Schlagen ihrer Flügel und das Schnäbeln und Picken ihrer Schnäbel! Du lehrtest mich das lebendige Leben zu lieben, die reale Wirklichkeit. Für dich war die Erde nicht eine tote Materie, ein wesenloses Ding. Für dich war die Erde ein lebendiger Organismus, ein Lebewesen. Du sagtest: Die Mutter Erde lebt, die grüne Mutter Natur atmet ein und atmet aus, sie pulsiert, sie glüht, sie liebt! Du lehrtest mich die Sprache der Liebe hören aus dem Munde der Schöpfung. Meine Logik ergänztest du durch deine Erotik. Meine Geistigkeit ergänztest du durch deine Wirklichkeit. Meinen Himmel ergänztest du mit deiner Erde. So feiern wir eine heilige Hochzeit zwischen Männlichem und Weiblichem. Der Gott des Himmels und die Göttin der Erde, das sind wir. Der Geist bin ich und du die Materie, wir zelebrieren eine mystische Vermählung. Ich bin ein Abbild von Gottgeist und du bist ein Abbild von Gottnatur und zusammen in Vereinigung sind wir ein Abbild der Einen Einzigen Ewigen Gottheit. Ich verkörpere die väterliche Transzendenz Gottes und du verkörperst die mütterliche Immanenz Gottes, gemeinsam in mystischer Vereinigung spiegeln wir die absolute Gottheit, die Alleinheit. Siehe, so rissest du mich aus meiner Logik und Theorie Gottes, verführtest mich zur schwarzen Erde, zur grünen Natur und zum roten Eros, aber nicht, um darin stecken zu bleiben, sondern um ein vollkommneres Gottesbild zu erkennen, ja, nicht nur zu erkennen, sondern im eigenen Leben Seite an Seite mit dir abzubilden und zu verkörpern. So bist du ein Weg für mich geworden von dem Gott der Philosophen durch den Eros zum lebendigen Gott, der lebendigen Gottheit, die Eins und Alles ist.


DREIZEHNTES KAPITEL

Ich sehe eine Welt, ich weiß nicht, ob es im Indischen Ozean ist, oder in Afrika, da besteht die Gesellschaft aus Affen. All ihr Paviane und Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, Totenkopfäffchen und Menschenaffen! Unruhig ist das Herz des Affen! Die Menschenaffen befingern schamlos ihr Geschlecht und masturbieren in der Öffentlichkeit wie der kynische Philosoph. Die wilden Affenmenschen kommen aus den finsteren Wäldern hervorgejagt und rauben sich junge schwarze Mädchen und vergewaltigen sie zu Tode! Aber es gibt auch Gorillafamilien und Gorillasippen, da sitzen die Alten unter Bäumen, die Männchen furzen und die Weibchen schwatzen in ihrer törichten Affensprache von ihrer Affenmutterliebe und die kleinen Äffchen klettern auf den Kletterbäumen und schwingen sich lustig kreischend von Ast zu Ast. Liebe Freundin, du lachst, denn diese Gorillasippen verhalten sich so wie eine menschliche Sippe beim geselligen Kindergeburtstag. Aber vergewaltigt möchtest du nicht werden von solch einem Waldmenschen und zu Tode begattet? Du beruhigst dich, sie rauben ja nur blutjunge Afrikanerinnen? Aber wenn sie nun reife weißgesichtige Frauen besonders begehrenswert finden? Und die Affenweibchen, die die Schamlippen ihrer Klitoris mit dem Finger aufreizen, bis sie zum Orgasmus kommen? Und die Affenmännchen, die den Penis rubbeln, bis sie zum Orgasmus kommen? Können sie nicht anders oder wollen sie nicht anders? Stelle dir ein Affenmännchen vor, dem der Affenpapst verboten, sich selbst zu befriedigen, was er dann tut? Er wird der Erfinder der romantischen Liebe und verklärt von zurückgehaltener Erregung wird die geliebte Äffin ihm erscheinen wie die Affengöttin selbst, die aus einer Kokosnuss die Welt erschaffen hat? Oder wird der Affe zu seiner Äffin sagen: Geliebtes Affenweibchen, Gott Amon hat die Welt erschaffen, der eine einzige Gott im Himmel in seiner Einsamkeit, indem er masturbierte! Als die Samentropfen in die Büsche fielen, da wurde die Erde. Aber du und ich, geliebtes Affenweibchen, wir waren zwei verschmolzene Samentropfen in der Hand des masturbierenden Schöpfergottes Amon! Das ist der Monotheismus der Affenreligion. Jetzt sieht Adam, der Erste Mensch, aber einen Wahren Menschen, einen Edlen Menschen, einen Heiligen Menschen. Eva erscheint. Gott hat sie geschickt! Eva, ich stehe vor dem Tor zu Eden, in meinem Herzen ein Liebeslied. Über mir und unter mir und um mich ist dunkle Nacht. Da kommst du mir entgegen aus dem Garten Eden. Du trittst ans Tor von Eden. Ich kann es kaum glauben, dass du es wirklich bist. Träum ich oder wach ich? Du bist nicht eine irdische Frau, nicht Staub vom Staub. Du bist eine Erscheinung, eine Vision, ein Traum, eine Traumfrau, die schönste Fleischwerdung der Weltseele! Du bist ganz Seele, all deine Körperlichkeit ist ganz aus Seele! Deine Materie des Körpers ist kein toter Stoff, kein sterbliches Ding, deine Körpermaterie ist Energie und Licht, ist Kraft von Gott, ist Welle des schwarzen Lichtes Gottes! Du bist ganz schwarz, dein Leib ist schwarz, deine Beine sind schwarz, deine Füße sind schwarz und schweben auf den Wolken der dunklen Nacht. Dein Haar ist schwarz und fließt mit den Wolken, dein Antlitz ist schwarz und nur die beiden Spiegel der Seele strahlen wie blitzende Sterne. Du bist schwarzes Licht vom schwarzen Licht Gottes. Du erscheinst aus der Wolke. Danke, dass du deinen blendenden Glanz so gemildert hast, dass ich dich schauen kann! O du bist es, du bist Seele von meiner Seelenart, du bist Körperlichkeit von meiner Körperlichkeit, du bist spirituelle Schönheit nach dem Traumbild meiner Seele, du bist kosmische Erotik nach dem Traum meines blutigen Herzens! Du bist es, keine sonst, und du allein wirst immer es sein, die Eine, die Einzige, die mir von Gott gegeben ist zum Vis-à-vis, die Egalité für meine Seele! Wir stehen uns gegenüber und schauen einander von Angesicht zu Angesicht in einem flüchtigen Augenblick, doch in dem flüchtigen Augenblick verborgen ist die Ewigkeit, und durch dein Antlitz schaue ich schon Gottes Antlitz! Sprachlos vor der Schönheit reiche ich dir das Gestammel meines Liebesliedes, das Gestotter eines Idioten!

AN EVA

Eva, Eva, o du Baum des Lebens,
Mit den Wurzeln in der Erde
Kannst du durch den Himmel wandeln,
Eva, du bist meine Heimat,

Heimat meiner Seele, Eva,
Ist die Nähe deiner Seele,
Mein Zuhause in dem Himmel
Ist der Garten deiner Seele!

So zuhause wie bei Eva
Adam fühlt sich in der Seele,
So daheim ist nur ein Dichter
An dem Grabe seiner Oma.

Adam sagt zu Eva: Eva, Geliebte! Als ich noch allein war, schien mir Gottes großer Garten, die Mutter Natur, keines Interesses würdig. Das Grünzeug schien mir dumm, die Tiere fand ich ekelhaft, die Pflanzen und die Tiere hatten keine Seele, die Berge waren nur Grenzen, das Meer zeigte mir nur, wie einsam ich bin. Die Schöpfung lebte mir nicht, erst recht war sie kein Geschenk Gottes an mich zu meiner Seligkeit. Nein, ich sah die Welt, die Gott geschaffen hat, wie eine schreckliche Finsternis an, wie das Reich des ewigen Todes. Nur Jammer und schreckliche Schmerzen sah ich. Über mir der Himmel war eine festgegossene Wolkendecke wie aus Kupfer, verschlossen war mir der Himmel. Alles unter der Sonne war sinnlos. Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten, alles sinnlos, so seufzte ich immer wieder. Nur über dem Himmel, da lebten die lichten Ideen, die strahlenden Gedanken Gottes. Da tanzte die göttliche Schönheit, da tanzte die göttliche Weisheit, da tanzte die göttliche Liebe. Da waren morgenrötliche Gipfel und Spiegel aller Erkenntnis. In den Ideen lebte ich allein und ging spazieren mit den schönen Gedanken Gottes. Aber dann bist du mir erschienen, und siehe, durch dich ist mir die schöne Schöpfung Gottes zum Geschenk für meine Seligkeit geworden! Ich sehe nun die Gräser liebkost vom Zephyrlüftchen, ich sehe nun die Krokusblumen geliebt von der Honigbiene mit dem süßen Stachel, ich sehe nun den Schoß der Rose trunken vom Morgentau, ich sehe nun die Glut auf den Wangen des wilden Mohnes, ich sehe nun die heimliche Liebe der Iris, ich sehe nun die Wonnen der weißen Rosen und die Glorien goldener Rosen, ich sehe nun die Pflaumen sich spalten und überfließen von süßem Saft, ich küsse nun die Wange des Pfirsichs, ich rieche nun den Duft von Ylang-Ylang, sein sexuelles Parfüm, ich sehe nun die Lippen der Lilie überfließen von fließender Myrrhe, ich sehe nun die Aloe flirten mit dem Bambus, ich höre den Bambus seine goldne Leier vom Winde spielen lassen, ich hoffe nun auf die Rose der neuen Morgenröte, ich sehe tanzen die Rose der Freiheit im Winde, ich sehe die Äpfel und die Birnen und die Mangos und die Quitten wie Früchte des Lebens, wie paradiesische Wonnen, ich sehe nun die Turteltauben in ihrem Liebesakt, wenn sie mit gespreizten Flügeln sich picken in den Wipfeln der Bäume, ich liebe nun die Amsel-Eheleute, und ich liebe das nächtliche Quaken der Frösche, ich freue mich am Hoppeln der Kaninchen und am Lauf der Ponys, ich freue mich am heißen Hengst und an der bebenden Stute, ich freue mich und sauge am Euter der Kuh, die trächtig ist vom Horn des Stieres, ich sehe die Sterne nun wie lächelnde Blumen, wie Tiere des Himmels, ich freue mich am Stern der Schlange und am Stern der Jungfrau, ich freue mich am Stern des Hirsches und am Stern des Bären, ich freue mich, wenn das Element der Schmetterlinge spielt mit dem Element der Frösche, ich lache, wenn der Stern des Hirten den Stern der Weberin besucht und sie einander Geschenke machen, ich freue mich an den Schleiern der Nebelspiralen und an den kosmischen Galaxien mit ihren bunten Paradiesgärten und ihren verbotenen Weinbergen! Alles ist Sprache der Liebe geworden, alles ist erotisches Liebesflüstern geworden. Die Protonen und die Elektronen begehren einander. Der Magnetismus und die Elektrizität sind Erotik der Schöpfung. In den Kirschblüten sehe ich im Schleier ihres Duftes dein Antlitz! In dem Vollmond seh ich dein Antlitz liebevoll und selig vom Himmel lächeln! Ich sehe überall die Weltseele, ich sehe überall den göttlichen Eros, ich sehe überall, so wie Adam und Eva, Yin und Yang als Kräfte der kosmischen Erotik. Es ist die göttliche Liebe, die du mir offenbarst, die erotische Grünkraft, die erotische Vitalität des göttlichen Lebens in allem Leben. Deine Schönheit, Eva, meine Liebe zu dir, o Eva, sie machten mir die Schöpfung zur Sprache der Liebe, zum Geschenk der göttlichen Liebe, zum Ort der Glückseligkeit und himmlischen Wonne und paradiesischen Wollust! Erst durch dich hat mich Gott von meinem pessimistischen Idealismus zum optimistischen Idealismus geführt. Erst durch dich, Geliebte, hat Gott mir die Schöpfung geschenkt. Darum bist du die Mitschöpferin meiner Seligkeit! Halleluja, nun bin ich der Geliebte der Gottheit! El Shaddai, die nährende Brust, ist meine Gottheit! Ich bin der Geliebte der Gottheit! Zur Hochzeit macht mir die Gottheit ein Hochzeitsgeschenk, deinen Leib, Eva! Deinen Leib, den paradiesischen Weinberg, schenkt mir El Shaddai, die Gottheit mit der nährenden Brust, zur himmlischen Hochzeit! O Weinberg, ich komme als dein Gärtner! Breite deine schwangeren Rebzweige aus, Geliebte! Lass mich sehen die prahlende Pracht der Trauben deiner Brüste! Ich will deinen Weinstock besteigen und die Trauben pflücken! Dein Becken ist ein Becher voller Wein, Mischwein der Vereinigung! In deinem Schoß im tiefsten Innern will ich die Perle finden, die du mir schmelzen sollst in meinem Wein, den ich schlürfen will, und lecken will ich noch die Scherben! Pflegen will ich meinen Weinberg, eine Steinmauer bauen um den Weinberg, dass die wilden Eber nicht abweiden meinen Weinberg! Wachsen aber Brennnesseln und dürre Dornen, will ich sie alle ausreißen! Mein Weinberg soll fruchtbar sein und Frucht bringen dem Geliebten Gottes! Ich werde kommen und pflücken die Trauben und stampfen die Kelter, das Blut spritzt mir an die Schenkel! Und aussaufen will ich den Becher des Weines Gottes bis auf den Grund in Einem Zug! Berauschen will ich mich am Feuer Gottes! Berauschen will ich mich an der göttlichen Liebesglut, die glüht im Wein der Geliebten! Trunken will ich taumeln in dein Bett und dich erkennen in der Wahrheit, die im Weine wohnt! Denn auf dem Grunde des Bechers seh ich die nackte Wahrheit, die Geliebte! Jetzt, Geliebte, jetzt wollen wir uns vereinen! Halleluja, jetzt zeugt Herr Geist in Frau Schönheit schöne Kinder! Ich sehe, siehe, was ich sehe, ist dein glänzendes Ei, Eva, dein empfängliches Ei, dein feminines Ei, dein hingebungsvolles Ei. Ei Evas, ich sehe eine Schar von Samenzellen Adams tanzen und schwänzeln um Evas Ei. Da ist der Schnellste, er ist als Erster beim seligen Ei, doch er ist nicht der wahre Geliebte, er wird nicht erwählt! Da ist der Stärkste, er kommt in der Kraft, er drängt sich auf mit all seiner maskulinen Kraft, doch er wird nicht erwählt, er ist nicht der wahre göttliche Same! Da kommt die geliebte Zelle, da kommt der Geliebte Same Adams! Evas Ei erkennt in instinktiver Intuition oder Hellseherei der magischen Sympathie: Der ist es! In diesem Samen Adams seh ich den Logos Spermatikos! Hier erscheint Panspermia, die göttliche Potenz! Jetzt tut Evas Ei sich auf und lässt die geschwänzte Samenzelle Adams ein, sie umarmen sich, sie glühen ineinander, sie verschmelzen, der Funke des göttlichen Eros zuckt in ihnen auf in jähem Jubelschrei, Halleluja! Adam und Eva sind in Lust der Liebe vereinigt in himmlischer Hochzeit als Mitschöpfer und Mitschöpferin Gottes!


VIERZEHNTES KAPITEL

Adam sprach zu Eva: Schaue mein Ich! Ich bin geschaffen von Gott um meiner selbst willen! Ich! Ich habe drei Seelen, meine Liebe! Die oberste Seele ist die Seele meines Geistes. In ihr wohnt die Vernunft, das Denkvermögen. Die Krönung der Vernunft ist das Erlangen der Weisheit. Der Mensch ist fähig, weise zu werden. Allerdings habe ich erkannt, dass zum Erlangen der Ewigen Weisheit eine göttliche Erleuchtung durch das finstere Licht der Gottheit notwendig ist. Wenn allerdings in der dunklen Nacht des Verstandes die Ewige Weisheit unmittelbar eingegossen wird, dann erkennt man das absurde Paradox der Wahrheit, dass die Ewige Wahrheit sich offenbart in der Torheit Gottes! Aber meine zweite Seele ist die mittlere Seele, das ist die Seele meines Herzens. Hier wohnen alle meine Gefühle, meine Liebe, meine Freundschaft, meine Sympathie und mein Mitleid. Was aber ist die höchste Tugend dieser Seele des Herzens? Ich sage dir, geliebte Eva, wenn du Besitz verloren, so sorge dich nicht und erwirb dir neuen Besitz. Wenn du die Ehre verloren hast, ermanne dich und schaffe dir Ruhm. Aber wenn du den Mut verloren hast, dann wäre es besser, nie geboren zu sein. Der Mut des Herzens, der Starkmut des Herzens, der Lebensmut des Herzens, der Todesmut des Herzen ist die wahre Tugend der Seele des Herzens. Aber meine dritte Seele, die unterste Seele, ist die Seele meines Leibes. Eva, hier wohnt das Verlangen, die Wollust! Was aber ist die höchste Tugend der Wollust? Es ist das rechte Maß! Nicht zuwenig der Lust, denn sonst vertrocknest du und verwelkst vor der Zeit. Aber auch nicht zuviel der Lust, denn sonst verzehrst du dich und verbrennst zu einem Häufchen Asche. Begehre nicht zu wenig der Wollust, indem du dich zufrieden gibst mit der Wollust des Wurmes oder des Affen! Begehre aber auch nicht zuviel der Wollust, indem du die Wollust der seligen Götter und Göttinnen begehrst! Das rechte Maß der Wollust ist die Wollust des Menschen. Wenn aber die Wollust das menschengemäße Maß gefunden, wenn aber das Herz den Lebensmut gefunden und wenn das Denken die Weisheit gefunden, dann ist die Seele gerecht. Fragst du dich, was ein Gerechter sei? Ein Gerechter hat in seinem Denken die Weisheit erkannt, sein Herz gestärkt mit Mut und seinem Verlangen das rechte menschliche Maß gegeben. Und Eva sprach: Adam, ich bin als ein einzigartiges Ich von Gott geschaffen um meiner selbst willen! Ich bin Eva, ich bin Ich! Man sagt mir: Erkenne dich selbst! Erkenne den Reichtum der Seele, erkenne den Wert deiner Seele. Ich bin die Seele, das tiefe Gemüt. In mir sind innere Räume, innere Throne, innere Brautgemächer, innere Gärten, innere Burgen, innere Betten. Du sprichst von drei Seelen in deiner Brust, Adam? Ich schaue sieben Seelen in meinem lebendigen Busen! Die Seelen wandeln in inneren Wäldern, leben in inneren Hütten, reiten innere Seelenrosse, tragen innere Seelenwaffen, haben innere Seelenbrüder! Die Seele hat Kammern, Wohngemächer, Badezimmer, Schlafgemächer, Spiegel und Schleier und Betten! Meine Seele ist ein Lustschloss mit sieben Gemächern. Aber im Innersten Gemach ist mein Schlafgemach, im Zentrum meines Schlafgemaches steht das verschleierte Himmelsbett meines Seelenkernes, und in dem verschleierten Himmelsbett meines innersten Seelenbrautgemaches liegt mein Gott, nackt und zur Erkenntnis willig, dort vereinige ich mich mit meinem nackten Gott und erfahre die mystische Union und die ekstatische Verschmelzung mit meinem Gott und Herrn! Aber Adam begann zu philosophieren von der Liebe: Meine Göttin Pallas Athene mit den strahlenden Augen! Wenn das Ich voll Liebe ist, dann will das Ich sich schenken dem Du. Wo soll die Fülle bleiben? Es ist soviel Fülle der Liebe im Ich, solche Glut voll Saft und Kraft, sie muss sich verströmen! Sie will strömen über zum geliebten Du, sie will streicheln, die Fingerspitzen küssen, mit den Haaren spielen, die Brüste berühren, küssen die Brustspitzen, umfassen den vollkommenen Podex der Geliebten. O die Seele des Liebenden ist so voll, sie will zeugen in dem Schoß der Seele der Geliebten! Ich bin ganz Zeugen, sei du ganz Empfangen! Öffne den schweigenden Schoß deiner Seele, dass ich Geist zeugen kann im Schoße deiner Schönheit, dann brüte und hege meinen zeugenden Samen des Wortes und bewahre mein Wort in deinem Herzen und bewege den Samen meines Logos in deinem Herzen meditierend. Denke dir, das Ich des Liebenden ist die Thesis, die Thesis geht über in ihr Gegenüber, die Antithesis, das heißt, das liebende Ich verschenkt sich an das geliebte Du. Da wird das Ich begraben im geliebten Du. Das Ich ist gestorben den mystischen Egotod. Das Ich ist Nichts, ist Herr Niemand, es ist nur noch das Du. Alles ist das Du, das Ich hat sich ganz aufgelöst im Du, das Ich ist nicht mehr, es ist allein das Du. Allerdings, wenn der Zyklus der Liebe nicht gewaltsam unterbrochen wird, dann wird das Ich auferstehen im Du. Dann wird das Ich aufleben und wird nun leben im Du. Du, geliebtes Du, du wirst mein liebendes Ich in deinem Innern tragen und wirst selbst zum liebenden Ich, und dein liebendes Ich wird sich zurückschenken an das geliebte Du, nämlich an mein geliebtes Ich. Was ich aber empfange von dir, dem liebenden Du, das ist mein gekreuzigtes und auferstandenes Ich, verklärt durch deine Liebe. Du schenkst mich mir zurück, vermehrt, verklärt durch deine Liebe. So empfange ich mein Ich von deinem Du, und nun besitze ich mich erst selbst, denn ich bin nun ein geliebtes Ich. Diese Vereinigung im Schenken und Widerschenken ist die Synthesis, die mystische Ehe der Seelen, die mystische Vereinigung von Ich und Du im Zyklus der Liebe. Wehe aber dem Mann der Zukunft, der sein Ich voll Liebe überfließen lässt und schüttet in den empfangenden Schoß der geliebten Seele und wird gekreuzigt und begraben im Herzen der Geliebten, aber die Geliebte besitzt nicht die Kraft der Liebe, das Ich aus dem Nichtsein aufzuerwecken, sie besitzt nicht den Willen der Liebe, das Ich, das gestorben ist, aufzuerwecken und wieder zurückzuschenken, vermehrt und verklärt mit Liebe. Dieses Ich ist dann den zweiten Tod gestorben, den ewigen Tod, es ist vernichtet, ohne aufzuerstehen. In diesem Sinne wird der Gekreuzigte, der nicht aufersteht im Herzen der Geliebten, sagen: Du bist meines Lebens Mörderin! Hier ist der Zyklus der Liebe gewaltsam unterbrochen. Eva sprach: Adam, nimmst du mich auch an, so wie ich bin? Nimmst du mich an als ein von der Ewigen Liebe geschaffenes Ich, geschaffen um meiner selbst willen? Oder denkst du, ich sei für dich geschaffen? Oder denkst du, ich sei kein Ich, sondern ich sei nur ein anderes Du? Gestehst du mir zu, dass ich eine Person bin, eine eigenständige Persönlichkeit mit einer einzigartigen Intimität zu Gott? Gestehst du mir zu, dass ich nicht die Verkörperung deiner unbewussten Seele bin, nicht die Fleischwerdung deiner Traumfrau, sondern dass ich eine reale Existenz bin, ein wirkliches Wesen, mit einer selbstständigen Geistperson, gehaucht von Gott? Gestehst du mir zu, dass Gott mich liebt, mich selbst und mich allein, auch unabhängig von dir? Gestehst du mir zu, dass Gott einen Plan für mein Leben hat und einen individuellen Weg mit mir gehen will, und zwar nicht um deinetwillen, sondern um meinetwillen? Gestehst du mir zu, dass Gott mich nicht geschaffen hat, um deine Ergänzung zu sein, um deinen Hunger nach der göttlichen Liebe zu sättigen und deinen Durst nach der göttlichen Liebe zu stillen, gestehst du mir zu, dass Gott mich zuerst einmal geschaffen hat, damit Gott mir all seine Liebe in einzigartiger und individueller Intimität schenkt und spendet und eingießt? Gestehst du mir zu, dass Gott mir einen weißen Stein gibt mit einem Namen darauf, den niemand kennt als Gott und ich? Diesen Namen kennst du nicht, Adam, du wirst ihn in Ewigkeit nicht kennen! Ich nackt und Gott nackt und niemand drängt sich in meine Gottes-Ehe! Wenn du mich nämlich nur als Spiegel deiner Seele, als Verkörperung all deiner unbewussten Sehnsüchte ansiehst, als Fleischwerdung deiner süßesten Träume, dann liebst du nicht mich, dann liebst du nur deine eigene Seele. Dann ist all deine Verliebtheit zu mir nur eitle Selbstverliebtheit, Besessenheit von der eigenen Anima, Verfallensein an die eigene Anima. Wenn du mich aber annimmst als eigenständige Souveränin von Gottes Gnaden, als ein wirkliches Lebewesen, einen selbstständigen Geist, als eine einzigartige Geistperson von eigener Würde und mit eigenem Genius, dann kann ich für dich in all meiner Sympathie und Freundschaft zu einem Geschenk werden, zu einer Bereicherung deines Weltbildes, zu einer Bereicherung deines Gottesbildes. Dann kann ich dir die andere Hälfte des Universums offenbaren. Dann wird deine Logik mir die Tagseite des Kosmos erklären und meine magische Intuition wird dir die Nachtseite des Kosmos fühlbar machen. Eva und Adam saßen nebeneinander, Körper nahe bei Körper, Aura berührte Aura, die Seelen atmeten die gemeinsame Luft. Sie schauten die Schöpfung, die Bildung der Planeten, die Bildung der Sonne und der Erde, das Urmeer, die ersten Algen, die ersten Zellen im Meer, die ersten Amphibien und Fische, die ersten Kriechtiere an Land, riesige Drachen und Urvögel, Säugetiere, Schlangen, Primaten, Affen. Zwischen Adam und Eva saß der Amor Gottes. Eva umarmte den Amor Gottes und Adam berührte den Amor Gottes, und in der Berührung des Amor Gottes berührten sich Evas und Adams Fingerspitzen zärtlich, da zuckte ein elektrisches Feuer, ein knisternder Funken zwischen den Fingerspitzen hin und her. Am Abend aber lag Adam unter einer prallen Traube von roten Weinbergen und schaute in den gestirnten Himmel Gottes und sagte: Gott, was ich heute berührt, das war die Zärtlichkeit Gottes! Gott, du bist gewiss eine überseiende Gottheit, unaussprechlich, unbegreiflich! Alles, was ich von dir sagen könnte, trifft die Wahrheit nicht! Sage ich: Du bist Vater! So sagst du: Ich tröste wie eine Mutter! Sage ich: Du bist Geist! So sagst du: Doch kannst du mich körperlich berühren! Sage ich: Du bist Licht! So sagst du: Ich wohne im finsteren Licht! Sage ich: Du bist der Herr! So sagst du: Ich bin Frau Weisheit und komme zu dir wie eine liebende Mutter und eine junge Braut! Nenne du mich deine Schwester und Freundin! Sage ich: Du wohnst im Himmel der Himmel! So sagst du: Und ich lebe doch im allerkleinsten Quäntchen! Du bist also unbegreiflich! Du bist also nicht sagbar! Aber wie kommt es dann, dass ich zwar an eine überseiende Gottheit glaube, aber dennoch spüre, in der lieben Frau an meiner Seite bist du körperlich anwesend, kann ich dich körperlich schauen, ja, dich körperlich berühren! Wie komme ich dazu, dich, den nie ein Auge gesehen hat, zu sehen? Dich, der reiner Geist ist, zu berühren! Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Finger berührt? Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Zärtlichkeit leibhaftig begegnet? Und doch ist es so! So wird es auch dem Neuen Adam gehen und allen seinen jungfräulichen Brüdern: Sie berühren die Ewige Liebe leibhaftig in ihrem bräutlichen Körper, sie küssen den Körper Gottes, sie vereinigen sich in ihrer Einheit von Leib und Seele mit der leiblich-seelischen Gottheit! In der Freiheit von allem sexuellen Zwang entschieden sie sich, die Ewige Liebe zur göttlichen Braut zu erwählen, und die Ewige Liebe als göttliche Freundin berührt sie in ihrem bräutlichen Körper, und sei es auch nur an der Spitze ihres Fingers, aber ah, und oh, welch eine Berührung von kosmischer Elektrizität, elektrischer Erotik Gottes!


FÜNFZEHNTES KAPITEL


HYMNE AN DIE SCHÖNHEIT

Eva, du bist eine Schönheit!
Schönheit, das heißt Licht und Klarheit,
Transparenz dem klaren Lichte,
Schönheit, das heißt, Gott zu schauen!

Eva, du bist eine Forma,
Eine Forma voll der Schönheit!
Eva, du bist eine Gnade,
Eva, du bist eine Grazie!

Eva, Grazie voller Anmut,
Eva, Grazie voller Liebreiz,
Eva, Grazie voller Zauber,
Voll Magie und Charme und Zauber!

O Bellissima Bellezza,
Eva, wahre Belladonna!
Ma beauté très adorable!
You are beautiful, black beauty!

Du bist eine schöne Dirne,
Deine Schönheit, das heißt Yawfeh,
Deine Schönheit, schöne Dirne,
Reimt sich auf den Namen Yahweh!

Griechen nennen Schönheit Kallos,
Eva, du bist die Kallisto,
Du die Zeus-Geliebte Nymphe,
Die als Stern am Himmel leuchtet!

Der platonische Gelehrte
Nennt dich Himmels-Aphrodite,
Die Urania der Liebe,
Purer spiritueller Liebe!

Der gemeine Pöbel aber
Preist dich als Pandemos Porné,
Als die Kitzlerin, die Göttin
Der Hetären und der Hunde.

Aber mir bist du die Venus
Von dem dritten Himmel, Venus,
Himmelskönigin der Liebe,
Eva, o Divina Venus!

Schöner noch als Aphrodite,
Eva, bist du Aphroditissa!
Eva ist die Aphroditissa,
Adam ist Epaphroditos!

Eva, nenne mir den Namen
Für die Hypostase Gottes,
Die Person der Schönheit Gottes,
Wie soll beten ich zur Schönheit?

Ewige, o Schönheit Gottes!
Ewige, o Liebe Gottes!
Ewige, o Weisheit Gottes!
Ewige, o Eine Gottheit!

Aber Schönheit in der Bibel
Heißt die Herrlichkeit der Gottheit!
Eva, Eva, du bist herrlich,
Herrlich wie der Lichtglanz Gottes!

Eva, o du bist horaios,
Blühend deine Körperschönheit,
Eva, blühend ist dein Körper,
Dein Geschlecht ist eine Blüte!

Eva, du bist euprepeia,
Die Gestalt, von Gott gebildet,
Ist von graziöser Annmut,
Ist von Pracht und Prunk, ein Schmuckstück!

Eva, Gratia Divina,
Du bist wie die Charis Gottes!
Gottes Charme und Gottes Liebreiz!
Gottes Reiz und Gottes Zauber!

Charis du vom dritten Himmel,
Löse deinen Zaubergürtel,
Löse deinen Liebreizgürtel,
Löse deinen Keuschheitsgürtel!

Eva, du bist Maha-Devi,
Du bist meine Große Göttin!
O du Ewig-Feminine!
Zieh du mich hinan zur Gottheit!

Unsre Fraue Aphroditissa
Nenn ich dich in Paphos-Ktima,
Meine Venus auf der Muschel,
Venus mit den roten Haaren!

Isis bist du, die Geliebte
Aller Götter in den Himmeln!
Mir und Mery heißt du, Isis,
Die All-Liebende, Geliebte!

Eva, du bist Sankt Maria!
Die All-Liebende, Geliebte!
Sankt Maria ist die Schönheit!
Gottes Schönheit heißt MARIA!

Eva spricht: In mir ist das göttliche Leben. Aber wie seh ich das göttliche Leben in meiner Seele? Ich habe eine Vision, da seh ich am höchsten Himmeln den Herrn erscheinen, er ruft mich beim Namen: Ewige Frau, so ruft er mich, komm herauf zu mir! Da besteige ich Planetensphäre um Planetensphäre, sieben Planeten. Auf jeder Stufe begegnet mir eine der sieben Todsünden, und als Kraft der Überwindung eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes. Ich überwinde Versuchung um Versuchung, ich bin Überwinderin um Überwinderin und steige auf zum Empyreum über die Himmelstreppe der sieben Planeten, bis mich oben der Herr umfängt und mich küsst, wie er nie eine andre Frau wird küssen! Aber ich habe auch eine Vision, da seh ich meine Seele wie ein Lustschloss mitten im Paradies. Das Lustschloss hat sieben Gemächer. In jedes Gemach führt eine Pforte der Meditation. Um jedes Gemach ist eine Mauer, die bösen Blicke und die feurigen Pfeile des Bösen abzuwehren. In jedem Gemach begegne ich einer Ahnung Gottes, aber von Gemach zu Gemach wird die Liebe Gottes mir deutlicher, spürbarer. Im siebenten Gemach allerdings seh ich in der Mitte des Raumes wie einen lichten Kristall den Kern meiner Seele, transparent und klar, durchscheinend für das Licht der Liebe Gottes. Ich habe aber auch eine Vision, da sehe ich meine Seele wie sieben Psychen. Jede Psyche ist wie ein Schleier. Der göttliche Funke des göttlichen Eros in meiner Seele verschleiert sich mit sieben Psychen, sieben Schleiern. Jede Psyche ist eine Fee, eine Nymphe, ein Mädchen, eine Göttin. Aber Schleier um Schleier fällt von der Erzpsyche ab, sie entkleidet sich Schleier um Schleier und tanzt den Schleiertanz, den mystischen Striptease der sieben Schleier, bis sie nackt dasteht, und der göttliche Eros, das ist Christus, sich nackt mit seiner nackten Psyche mystisch-erotisch vereinigt. Adam sprach zu Eva: Ich habe in meiner Seele einen Berg. Siehe, es kann die ganze Seele in Nacht getaucht sein, in dunkle Nacht der Leiden, aber auf dem Seelengipfel ist Freude! Eva sprach: Wie das? Adam sprach: Die ganze Seele ist gemartert und wird am Holz zerrissen, aber auf dem höchsten Punkt der Seele bricht ein paradiesischer Frühling mit aller Lenzlust aus! Eva sprach: Und was fühlt die Seele dann, die Freude oder das Leiden? Adam sprach: Die Seele fühlt die Leiden, aber ist zugleich im Innern voller Freude, es ist in der Seele eine Glückseligkeit, die tiefer in der Seele lebt als die Gefühle reichen. Aber in meiner Seele ist nicht allein der Seelenberg mit dem Seelengipfel der paradoxen Wonne, sondern in meiner Seele ist auch ein verwunschenes Paradiesgärtlein mit all der erotischen Frühlingswonne und Lenzlust! Eine hochzeitlicher Liebesgarten ist in meiner Seele! Aber wenn ich die englische Speise empfange, dann sehe ich die Ewige Weisheit wie eine göttliche Herrscherin sich setzen auf ihren weißen Thron im Innern meiner Seele, ich knie vor der göttlichen Herrscherin und bete sie an! Aber wenn ich die englische Speise empfange... Eva sprach: Man hu?... Adam sprach: Wenn die leichtschmelzende himmlische Speise in meinem Innern sich auflöst, dann sehe ich die Ewige Weisheit wie eine bräutliche Freundin, wie eine Geliebte! In meiner Seele ist eben ein Brautgemach, ein verklärtes Schlafzimmer. Im Innern des verklärten Schlafzimmers ist ein verklärtes Bett, und im verklärten Bett liegt die verklärte Freundin, die Geliebte, und da wir uns vereinigen, sie nackt und ich nackt im paradiesischen Ehebett des himmlischen Brautgemachs im Innern der Seele, da durchströmt mich die Glückseligkeit, die göttliche Wonne! Eva sprach: Was ist das, die göttliche Wonne? Wonne, sprach Adam, ist Venus. Denn meine Geliebte, die Ewige Weisheit, ich nenne sie Sophie, sie ist die wahre Venus Divina, und wenn die Venus Gottes, das heißt, die Schönheit Gottes, sich mir ganz hingibt, dann schenkt mir die Venus Gottes die Wonne Gottes! Eva errötete und schwieg. Aber Adam sprach: Ich hörte die Stimme des Herrn, er sprach zu mir: Nimm dir Evas Slip, das grüne Feigenblatt, und geh zum Euphrat im Garten Eden und vergrabe Evas Slip in der Erde am Ufer des Euphrat. Dann geh nach einem Jahr wieder an den Euphrat und grabe nach Evas Slip. Da wirst du sehen, dass Evas Slip zerfallen ist, zu nichts mehr zu gebrauchen. Denn siehe, wie Eva sich den Slip anlegt, so will Gott sich die ganze Menschheit anlegen, aber die Menschheit wendet sich ab von Gott und will die Liebe Gottes nicht, sie wollen nicht einmal hören das Wort der Liebe Gottes! Eva sprach: Bist du dir sicher, dass das die Stimme Gottes war? Was weiß Gott von meinem Slip? Adam sprach: Er ist doch der Erfinder des Sex!
Eva sprach: Adam du bist ein wahrer Mann, ein Mann nach dem Herzen Gottes! Du bist der Gerechte! Du lebst im Stand der Gerechtigkeit! Ich bewundere die Weisheit deiner Vernunft! Du bist mir oft schon die Stimme, das Orakel der Ewigen Weisheit gewesen! Dein Geist ist eine Schatzkammer guter Gedanken, begeisternd sind deine Ideen, mit deiner Begeisterung entflammtest du oft schon meinen Geist! Ich bewundere die Stärke und Festigkeit deines Herzens! Wie oft, wenn ich niedergeschlagen und bedrückt war, hast du mich aufgerichtet, mir neuen Mut gemacht, mir neues Gottvertrauen geschenkt! Wie oft hast du mich ermutigt und auch mein Selbstvertrauen gestärkt! Wo nimmst du den Mut her, Adam? Wo nimmst du das Gottvertrauen und Selbstvertrauen deines Herzens her, Adam? Ich bin auch fasziniert von der Macht deiner Leidenschaft, von dem Feuer deines Verlangens, von dem Sturm und Drang deiner Wollust! O du hast die Macht der Schlange! Wie fühl ich mich als Weib begehrt! Wie fühl ich mich in meiner Weiblichkeit und Leiblichkeit gewollt, gewünscht, geliebt! Du bist ein wahrer Mann, Adam, weise im Geist, stark im Herzen und leidenschaftlich im Verlangen! Darum bist du der Gerechte, denn du bist wohlgeordnet vor Gott! Adam sprach: Eva, du bist eine wahre Frau, die wahre Frau nach dem Herzen Gottes, du bist die Frau an und für sich, die absolute Frau! Dein Herz ist rein wie das Herz eines kleinen Kindes, du bist von einer himmlischen Unschuld! Du bist voller Güte, ein Abbild der himmlischen Güte! Du bist voller Liebe zu allen Geschöpfen! Du bist voller intimer Vertrautheit mit Gott! Du bist demütig vor dem ewigen Gott und bist bescheiden, denn du weißt, was Gott dir zugemessen, dass du alles empfangen hast. Du bist nicht stolz, hochmütig, hoffärtig! Du bist nicht hartherzig, nicht verstockt, nicht starrsinnig! Du bist wie das fließende Wasser, das weiche Wasser, das den harten Stein zerbricht. Du bist von Demut und Güte und Sanftmut. Dein Herz ist von solcher Sanftmut wie ein Abbild der Zärtlichkeit Gottes! Du spiegelst die Zärtlichkeit Gottes zu allen Kreaturen! O wenn du hochthronend vor mir stehst, geliebte Herrin, die Füße auf den Wolken, zwei Seraphim zu deinen Füßen, zu deinen Seiten die himmlischen Götter, die dich anbeten, und du erscheinst als Himmelskönigin, ein kleines Lamm auf dem Arm, du liebkost und streichelst das kleine Lamm, als wäre es der Sohn Gottes selbst! Welche Zärtlichkeit Gottes ist in dir inkarniert! Welche Reinheit des Herzens, Eva, dass du wie ein reiner Kristall bist, der ganz transparent ist für die Schönheit und Güte Gottes! Welche Reinheit des Herzens, Eva, dass du zu einem Spiegel geworden bist für die Herrlichkeit des Herrn!


SECHZEHNTES KAPITEL


EVAS LIED

Du bist wie der sonnenlose
Graue Tag auf jungen Rosen,
Als ich lag an deiner Seite,
Blieb mein Herz mir stille stehen.

Purpurn küsst ich deine Wange,
Lächeln floss aus deinen Augen.
Meine Seele ist gestorben,
Du gingst wieder durch den Winter.

Deine sündigroten Lippen
Sind die Grube meines Todes,
Meine Tugend ist entschlafen
In dem Duften deines Atems.

Wie berauscht bin ich versunken,
Hab getrunken aus der Quelle,
Sinke in die Abgrundtiefe,
Sinke in das Reich Gehenna.

O mein weißer Blütenkörper
Ist erglüht von deinem Hauchen,
Meine Glieder zittern, beben
Wie die jungen Rosenbüsche.

Ja, ich folge dir ins wilde
Land der Sünde, in das Südland,
Pflücke Lilien auf den Wegen,
Und verlier ich auch die Heimat!

Weißt du nicht, dass du gefesselt
Liegst in meinen Phantasieen?
Du besiege mich mit Küssen
In den Nächten, bis zum Morgen.

Sieh die Anemonen glühen,
Rötlich wie ein Meer aus Feuer.
Ich hab in den Kelch gesehen
Allzu tief, den Kelch der Sünde.

Ist die Sünde reich an Tränen,
Stirbst du auch an meinen Gluten,
Meine Hölle ist dein Himmel
Und du schmilzt in meinem Blute.

Heiße Lenzgewalten treiben,
Ungezügelte Gefühle
Treiben mich und die Ideen,
Die mich greifen an wie Panther.

Ach, ich irr durch Sonnentage,
Nachts ertönen meine Schreie,
Meine Wollust stöhnt wie Marter,
Ich will lösen alle Fesseln.

Und ich schweb auf meinen Schwingen
In den Schoß des Sonnentales,
Mich bezwingt der Hauch des Maien,
Willenlos ist meine Liebe.

Liebster, bleib bei mir im Dunkeln,
Denn ich fürcht mich vor dem Nachtwind.
Ich hab solchen Schmerz durchlitten,
Leide an Erinnerungen.

Hörst du, wie die Stürme heulen,
Hörst du, wie die Glocken läuten?
Tausend Tränen strömen heimlich
Und benetzen meine Sehnsucht.

Deinen Arm um meine Hüfte!
Du umarm mich wie ein Kindlein.
Ach, ich bin ein junges Mädchen,
Junges Weib, von Gott verlassen!

Lieber, sage schöne Dinge,
Singe mir von Lenzlust Lieder!
Sage süße Schmeicheleien!
Und vertreib des Todes Krähen!

Liebster, siehst du die Gespenster?
Mitternachts auf Wolkenwagen
Nehmen Totenseelen Abschied.
Pflücke ihnen Lebensfrüchte!

Mein Geliebter, küsse, küsse
Mich mit heißen Feuerzungen,
Deinen Jubelquell ergieße,
Überflute mich mit Wollust!

Denn ich schlaf an einem Brunnen,
Träume nachts so schöne Träume,
Träum von Sternenlicht und Mondschein
Und von weißem Schaum des Meeres.

Träume von Zypressenschönheit,
Träume von den blauen Blitzen
Deiner heißen Augensonnen,
Hör dich mit den Faunen scherzen.

In dem Sonnentale blühen
Feuerheiße Purpurrosen.
Lilien, weiß wie Kirchenkerzen,
Die von Myrrhe überfließen.

Meine roten Lippen glühen,
Meine Arme sind wie Flammen.
Komm du mit mir in das Südland,
In die Sonne meiner Gluten!

Meine Ader schmerzt vor Wollust,
Von der Wildheit meiner Säfte.
Purpurne Granaten prangen
Wie die heißen Frauenlippen.

Purpurne Granaten prangen
Wie der rote Mund der Liebe,
Wie die Röte meiner Wangen,
Weißer Wangen heißes Schamrot!

Meine Haut, die südgebräunte,
Lässt die Perlmuttmuscheln schimmern,
Muscheln wie auf Perlenschnüren,
Und ich flechte meine Zöpfe.

O wie bebt die Mutter Erde,
Wie sich Mutter Erde auftut,
Wie sie dürstet nach dem Äther,
Nach dem Sturm der Himmelsfluten!

Heiße Wüstenwinde stöhnen
Wie der Atem meiner Sehnsucht,
Wie die heiße Qual der Sehnsucht!
Adam! Hörst du Evas Lockruf?

Zebaoth spricht aus dem Abend:
Du verschwende lauter Liebe!
Nimm die Perlen meiner Krone!
Lass dein Blut in Honig wandeln!

Tränke deine roten Lippen
Mit den Düften süßer Mandeln!
Du verschwende lauter Liebe,
Jubelnd schmücke meine Feiern!

Schwarze Schwermut sollst du kränzen
Mit dem Gold der Blütendolden.
O ein Garten wird dein Herz sein,
Garten, darin Dichter träumen.

Aller Sonnen Aufgangsheimat
Ist der Garten deines Herzens.
Sterne kommen nachts und flüstern
In den Nächten deines Gartens.

Du verschwende lauter Liebe!
Ranken tragen deine Arme,
Und Lianen werden trösten
Gottes Paradiesesheimweh!


EVAS LIED

Schwere aufsteigt aus der Erde,
Wir ersticken an dem Bleidunst.
Doch voll Sehnsucht reckt und streckt sich
Eine Feuersbrunst der Liebe!

Ah, es tönt aus allen Flüssen
Evas Hymne, Adams Hymne,
Reißen wir herab die Kleider:
Ich nackt, du nackt in dem Garten!

Hasche mich, ich bin der Frühling,
Fasse mich um meine Taille!
Über Hügel, über Klippen!
Sieh die Blüten in den Gräsern!

Blüten zwischen grünen Gräsern,
Gräsern, die von Tropfen glitzern!
Duft von Paradiesesäpfeln!
Süßer Duft wie Kinderatem!

O ich will die Sonne küssen
Dir von deinen lichten Lippen!
Sieh aus meinem Schoße steigen
Gottes Seele – Dura Mischa!

O wie zagt die Seele Gottes,
Ungestüm sich raffend, kraftvoll,
Selbst sich aus dem Nichts erschaffend,
Gottes Seele – Dura Mischa!

Kennst du diese heißen Ängste
Vor der unsichtbaren Gottheit,
Vor der rätselhaften Gottheit,
Vor der Seele dieser Gottheit?

Ach versteck mich, du Geliebter,
Meine wilde Angst und Bangnis
Wird auf meinen Wangen Schamrot,
Schamrot auf gewölbter Wange!

Ach versteck mich, du Geliebter,
In dem Auge dunkler Nächte.
Alle meine Tage tragen
Nachtschwarz meiner dunklen Nächte.

Gräber reißen auf die Höhlen,
Abgrund redet mit dem Abgrund!
O die Gräber voll Begierde
Sind begierig nach den Leibern!

Diese heiße Todesstille!
Diese Schreie stiller Leichen!
Vor dem Herzen harten Todes
Röcheln unsre Einsamkeiten.

Doch wie wächst die Seele Evas
Über alle Weltenalle!
Ihren Anbeginn verlierend
Vor der ersten Morgenröte,

Über alle Zeit-Äone
Und das große Welten-Ende
Überschweifend in die Wonnen:
Ewigkeiten – Ewigkeiten!

Siehst du, wie der Tod uns nachschaut?
So als ob er Augen habe,
Augen, die nicht weinen können!
Tränenmeere sind versteinert!

Schwarz versinkt des Todes Auge,
Schau, es schaut die Sonne Gottes,
Flammenzungen an den Ästen
Züngeln des Erkenntnisbaumes!

Flüchten wir aus unserm Garten?
Flüchten wir vor unsrer Liebe?
Haben wir uns selbst vertrieben
Aus dem Liebesparadiese?

Siehst du Gottes Seele lächeln?
Gottes Seele – Gottes Amor –
Gottes Amor – unser Kindlein!
In Vergissmeinnicht gebettet!

Siehst du deine Eva lächeln,
Lieber Adam, Eva lächeln
Über Gottes Kindlein Amor?
Siehst du mein verzücktes Lächeln?

Tanzen denn Kometensterne
Auf der Mutter Erde Rücken?
Diese wilden Feuerschweife,
Die mir meine Lenden peitschen!

Diese weiße Glut der Liebe,
Die mich sonnt, mir bräunt die Glieder!
Träum ich seeletrunken, Liebster?
Trunken von der Seele Gottes?

Sind in mir die Fiebergluten,
Die an meinem Marke zehren,
An dem Mark der Ewigkeiten,
An dem Saft der Auferstehung?

Wie verzeihend lächelt Amor –
Gottes Amor – unser Kindlein!
Gottes Sohn wird mit uns spielen
Wieder in dem Paradiese!


ADAMS LIED

Dunkel ist es auf der Erde,
Wie wenn Gott gestorben wäre!
Ich will mich in dir vergraben,
Eva, in dir untergehen!

Sag mir, liebst du mich, Geliebte?
Ja, ich liebe dich, Geliebte!
Ja, ich liebe dich, Geliebte!
Ja, ich liebe dich, Geliebte!

Über dieser schwarzen Erde
Wiegen sich die Morgensterne!
Du und ich vereint, Geliebte,
Auf dem Morgenstern der Liebe!


Siehe, da erschien die FRAU: Ich bin das ewige Paradies des Neuen Adam! In mir, dem ewigen Paradiese Gottes, dem Lustort Gottes, findet ihr mehr Schönheiten und Wonnen, als ihr im Garten Eden gefunden habt. Kommt zu mir, der FRAU, und schenkt euch mir, der FRAU, ich werde euch ein Paradies sein, ein ewiger Lustort!