FRANZÖSISCHE BALLADEN


von Josef Maria von der Ewigen Weisheit nach Francois Villon



BALLADE VOM GIFTTOPF



Nimm dir Arsen und harten Stein dabei
Und nimm dir bleichen Kalk und nimm Salpeter
Und koche das zu einem dicken Brei
Und nimm dir Talg und Pech und Rabenfeder
Und Unterwäsche nimm und Pisse, Scheiße,
Den Topf mit Huren-Schamhaar anzufüllen,
Nimm dir den Saft von altem Achselschweiße
Und Schlangenblut und Stoff von Drogen-Pillen,
Von Wölfen, Füchsen, Dachsen nimm die Galle
Und schmor darin die Lästerzungen alle!



Nimm das Gehirn von Fischen und von Katzen
Und faules Zahnfleisch nimm und schwarze Zähne,
Dem alten Hund aus seinem Maul zu kratzen,
Und Hundespeichel nimm, Urin der Schwäne,
Den Samen eines alten Eselsgatten,
Das Glied sollst du mit einer Schere töten,
Nimm Schimmelfleisch, das angefressen Ratten,
Nimm Bestien, welche bissig sind, und Kröten,
Nimm Schlangen dir und Salamander-Jungen
Und dann frittier darin die Lästerzungen!



Sublime Dinge nimm, die explodieren,
Beim Nabel einer Schlange sollst du schwören,
Nimm trocknes Blut von abgestorbnen Tieren
Und Frauenhaar verschaff dir von Friseuren
Und Frühlingszwiebeln soll im Topf man finden
Und Krebsgeschwüre aus den prallen Eutern
Und von den Krankenschwestern Monats-Binden
Und junger Mädchen Blut, das sollst du läutern,
Dann gieße auf den ganzen Sud Bordeaux
Und dann frittier die Lästerzungen so!



Mein Prinz! Zum Leckerbissen eine Rose,
Das Monatsblut der Mädchen nimm, das reine,
Den braunen Boden jeder Unterhose
Und nimm den Mist dazu der reinen Schweine
Und sprich zuletzt noch einer Hexe Witz,
Die Zungen dann frittier wie Pommes frites!






BALLADE VON DER CARITAS



Kommt teuer mir zu stehn die falsche Schöne,
Ich bin sehr roh in heuchlerischer Trauer.
Die Liebe dauert nicht wie Eisen, jene,
O Schwester schrecklich, o mein Tränenschauer!
Ich schenke dir den Tod des armen Herzens,
Der Mensch zum Tod verurteilt, Fleisch ist Gras!
Erbarmungslose Augen, kalten Scherzens,
Doch besser das als schlechte Caritas!



Ich kannte bessre Fraun voll Leidenschaft,
Auch ihnen half ich gern in jedem Lande,
Nichts konnte mir zerstören meine Kraft,
Als Vagabund ich lebte in der Schande
Der große und der kleine Mann ist kühl.
Die allzu schnell errungne – willst du das?
Was willst du weiter noch? Mein Mitgefühl?
Doch besser das als schlechte Caritas!



Kommt eine Zeit, da ist es alles trocken,
Die Blumen deiner Schönheit welken herrisch,
Das Süßholz ist verzehrt und grau die Locken,
Ach ja, auch noch im Alter bin ich närrisch!
Ich bin gealtert, du bist kalt, mein Herz,
Geliebte, du bist hässlich, weißt du das?
Im Rotwein aber wird ersäuft der Schmerz!
Was besser ist als schlechte Caritas.



Prinz Amor ist noch immer voll der Hulden!
Nur widerwillig wird die Wollust nass!
Ein jeder Mann muss dies vom Herrn erdulden!
Doch besser dies als schlechte Caritas!






BALLADE GEGEN DIE FEINDE FRANKREICHS



Wirf Feuer auf das Tier, das schlimm gehandelt,
Das Goldne Vlies schon Jasons Augen sahn,
Für sieben Jahre in ein Tier verwandelt
War Nebukadnezar in seinem Wahn,
Verluste sind und Kriege sind auf Erden,
Trojaner kämpfen hart um Helena,
Mit Tantalus wirst du verschlungen werden,
Im Hades wartet schon Proserpina,
Du wirst dem Dädalus im Turme gleich.
Wer will das Böse in der Franken Reich?



Vier Monde lang im Lied und in dem Bade,
Das Bitterwasser und herab die Leiter,
Die Bank verkauft das Silber ohne Gnade,
Die Ströme reißen wütend immer weiter,
Und dreißig Jahre wie bei Magdalene,
Kein Tuch, kein Kleid, kein Linnen immerdar,
Und du bist wie Narzissus war, der Schöne,
Und wie bei Absalom ist lang dein Haar,
Im Sturze bist du Simon Magus gleich.
Wer will das Böse in der Franken Reich?



Und nach Oktavian kommt neue Zeit,
Der seinen Schatz saugt in des Magens Kühle,
Den Mühlstein um den Hals in Ewigkeit,
Und wie Sankt Viktor hangend an der Mühle,
Ersaufen ohne Odem in dem Meer,
Wie Jona oder wie im Wein Silenus,
Verbrannt von Phöbus und dem Himmelsheer,
Getröstet nur noch von der nackten Venus,
Sardanapal, dem König, wirst du gleich.
Wer will das Böse in der Franken Reich?



O Prinz, des Zephyr Sklave du hienieden,
Von Glaukos dominiert, dem Walde gleich,
Gut ist die Tugend, Hoffnung oder Frieden.
Wer will das Böse in der Franken Reich?



BALLADE VOM GUTEN RATSCHLAG



Die Männer sind gesunken auf den Grund,
Verzerrt die Leute, welche sonst verwandt,
Und sinnlos sinken sie in Wahnsinn und
Sind blinde Narren voller Unverstand!
Was hackst du gegen deiner Mutter Schoß?
Was suchst du dir die schlimmsten Todesarten?
Die Reue groß und auch die Feigheit groß,
Auf schreckliche Beschämung musst du warten.
Wie viele sind gestorben von den Frommen!
Wer mich beleidigt – Rache wird genommen!



Auf eigne Weise jeder eingeschlossen,
Noch räche ich mich nicht, ich üb Geduld.
Die Welt ist ein Gefängnis, ihr Genossen,
Man will mich plagen bis zur Ungeduld.
Nun auf zum Kampf! Zu rosten ist nicht weise!
Raub, Plünderung und Blutvergießen, Krämpfe!
Zu viel ist falsch an meines Körpers Speise.
Schon in der Jugend kämpft ich solche Kämpfe.
Die Faust geballt bin ich zum Kampf gekommen.
Wer mich beleidigt – Rache wird genommen!



Der Flötenspieler spottet der Verräter,
Wir liegen bettelnd, betteln voll Vertrauen,
Wir mischen Gift für Mütter und für Väter,
Die Existenz ist schuldhaft anzuschauen.
Und wir vertrauen nicht einmal den Freunden,
Nur mühsam wird das Gute je erreicht.



O Herz, getrost in Gott, trotz all den Feinden,
Ein Tag der Woche schon dem Himmel gleicht.
Uns sind die Eltern gar nicht gut bekommen!
Wer mich beleidigt – Rache wird genommen!






Und ohne Zwietracht leben wir im Frieden,
Vereint sind jung und alt im Gnadenstrom,
So sagte der Apostel es hienieden
Und schrieb es der Ecclesia von Rom.
Wie sind wir doch im Gnadenstrom geschwommen!
Wer mich beleidigt – Rache wird genommen!






BALLADE VON DEN TAVERNEN UND JUNGEN MÄDCHEN



Für Borstenvieh und die Trompetenbläser,
Für trunkne Meister bei dem Würfelspiel,
Für schlechte Schneider, ungelehrte Leser,
Für die Verbrannten, die gebrannt zu viel,
Für die Verräter, die den Herrn verraten,
Für Diebe, welche plünderten das Städtchen,
Für Profiteure aller reichen Staaten
Sind die Tavernen und die jungen Mädchen!



Für schlechte Reimer und für fette Spötter,
Für die Verrückten, welche schamlos sind,
Für Flötenbläser und für Tänzer-Götter,
Für Täter, die in Städten tätig sind,
Für Possenreißer, Spieler, Moralisten,
Für Sieger aus Verdun und andern Städtchen,
Für taube Ottern und für laue Christen
Sind die Tavernen und die jungen Mädchen!



Für Leute, welche schleudern Mist und Dreck,
Für alte Gärtner und für alte Bauern,
Für Pferdereiter, die da reiten weg,
Für die nicht lesen können, darum trauern,
Für die nicht dauerhaft wie Erz und Stein,
Für hanfberauschte Männer in dem Städtchen
Und für die Alkoholiker vom Wein
Sind die Tavernen und die jungen Mädchen!



Für Taugenichtse und für Doppelgänger
Und für die Hurenböcke aus dem Städtchen,
Für Dichter und für Kirchenliedersänger
Sind die Tavernen und die jungen Mädchen!






BALLADE VON DEN SCHÖNEN HUREN



So liebe immer, schöne Claudia,
Du Schülerin der älteren Sabine,
Du strahlendweiße Evi auch bist da,
Nimm dir für deine Fotze Vaseline,
Jetzt ist die Zeit, dass ich dich kennen lerne,
Nimm jeden Mann, ob Heide oder Christ,
Ob aus der Nähe oder aus der Ferne.
Ich klage, dass das Geld so wertlos ist.



Du Soßenköchin voller Freundlichkeit,
Wer, sag mir, ist dein Meister in dem Tanz?
Martina, sei zum table-dance bereit,
Versteh mich richtig, ich bin auch ein Schwanz,
Martina, du wirst schließen bald das Fenster,
Wenn alte Männer nahen voll Gelüst,
Ob Priester oder andere Gespenster.
Ich klage, dass das Geld so wertlos ist.



O Julie, Mannequin von frischer Jugend,
Halt deinen lieben Freier fest, du Perle!
Und Silke mit der alten Hexen-Tugend,
Ist grade gut genug für alte Kerle.
Doch wer so schön wie Julie, wird begehrt,
Begierde jeden trunknen Freier frisst,
Doch alter Weiber Liebe ist nichts wert.
Ich klage, dass das Geld so wertlos ist.



Fürsprecherinnen seid mir, junge Mädchen,
Und weint und schreit nicht, dass ihr mich vermisst,
Ich komm zu jeder Hure und zu Käthchen.
Ich klage, dass das Geld so wertlos ist.






BALLADE VON DER VOLLBUSIGEN KARINE



Ich will dich lieben und das Heil erharren,
Ich halte dich, nicht nur gemeine Narren,
Den Handel sollst auf meinen Wunsch beenden,
Für deiner Liebe Schild und Schirm und Lenden,
Wenn Männer kommen, schnapp ich mir den Topf,
Du weine, um zu sehen meinen Kopf,
Ich geb dir Wasser, Käse, Brot und Frucht,
Die Männer zahlen gut für deine Zucht,
Wir werden wohlig wohl im Wohlstand schweben
In diesem Freudenhaus, in dem wir leben.



Ja, es war toll und es war wirklich nett,
Und war kein Geld da, ging mein Weib ins Bett,
Sie nicht zu sehen, hasst ich wie den Bock,
Schon war sie halb umkreist vom Waffenrock,
Er schwor, er werde sich dem Preise neigen,
Den Arsch tat sie dem Antichristen zeigen,
Sie schwor jedoch auf Jesu Christi Tod.
Das geht nicht gut, mein Weib, in dieser Not,
Er wird als Narr nach Narren-Nachruhm streben
In diesem Freudenhaus, in dem wir leben.



Wir machen Frieden und ich furze toll,
So wie ein Butterkäse schwanger schwoll,
Ich setz mich lachend auf die Wirtin drauf,
Komm, sag ich, sie bewegt sich ab und auf,
Betrunken waren wir und kreiselnd schliefen,
Und morgens ihre großen Brüste triefen,
Ich sacht, dass nicht verdirbt die Leibesfrucht,
Doch werde steif ich unter ihrer Zucht,
Wir in zerstörerischer Unzucht beben
In diesem Freudenhaus, in dem wir leben.



Bei Frost und Hagel habe ich mein Brot,
Die Hure geht mit mir durch jede Not,
Es ist nicht schlecht, die Katze jagt die Ratte,
Wie süchtig sich berauscht der Hure Gatte,
Entjungferung, o Jungfrau, wird es geben
In diesem Freudenhaus, in dem wir leben.



BALLADE DES DANKS AN DIE MENSCHEN

Ein Karmeliter und Karine,
Der Bettelmann und die Beguine,
Ein Penner, Säufer aus dem Städtchen,
Ein Knecht und hübsche junge Mädchen,
Ein Waffenrock und ein Jackett,
Die Blinden finden Taube nett,
Und hohe Stiefel, will ich meinen,
Ich dank den Menschen! Ich muss weinen!

Ein Mädchen zeigt der Brüste Schwere,
Im Staub marschieren große Heere,
Ein Bauer und ein Zimmermann,
Jongleure, Murmeltiere dann,
Verrückte, die dem Geiste lauschen,
Sechshundertsechsundsechzig rauschen,
Ein Blasen will mir süß erscheinen,
Ich dank den Menschen! Ich muss weinen!

Sonst nur Verräter, sonst nur Hunde,
Wir nagen am Baguette zur Stunde,
Man kaut am Abend und am Morgen,
Sonst Kot nur, finanzielle Sorgen,
Den Hund als Haustier muss ich halten,
Ich kann nicht wehren den Gewalten,
Kaum kann ich schützen die Gemeinen,
Ich dank den Menschen! Ich muss weinen!

Da kränkeln ihre fünfzehn Rippen,
O Manneskraft, o große Sippen,
Die Bomben allzu schlimm erscheinen,
Ich dank den Menschen! Ich muss weinen!


BALLADE VON DEN SCHLECHT BERATENEN LIEBHABERN

Gebt acht, wenn ihr zu hungern meint,
Dann ist aktiv der Menschen Feind,
Zu kauen nicht ein Bissen Fleisch,
Zu schauen schwer der Schläfer keusch,
Das Kapitalverbrechen schwer,
Gewiss ist nur, die Angst herrscht sehr,
Gott wird geleugnet in den Staaten,
Liebhaber sind nicht gut beraten!

Von Spielern ist das ein Geschlecht,
Das klingt doch gut, o Mann, und recht,
Nach einem Faustschlag nicht zu lachen,
Die Schulden, die sich wichtig machen,
Und nichts als Schmeichelei die Liebe,
Die unerwidert-gro0e Liebe,
Beziehungslose Kameraden,
Liebhaber sind nicht gut beraten!

Und ruhig mit den Sorgen leben,
Und Ehre nehmen, Ehre geben,
So prahlt doch nicht, ihr stolzen Nasen,
Gesund sind Menschen aufgeblasen,
Und manche wollen hoch hinaus,
Kein Rat von Kriegern in dem Haus,
Wie reizend ist die Frau geraten,
Liebhaber sind nicht gut beraten!

Willst du denn Wirbelkörper schlank?
Der Spieler ist, der Mann ist krank.
Und tragisch kommen Briefe an
Und höflich ist der feige Mann,
Zum Horror die Musik geraten,
Liebhaber sind nicht gut beraten!


BALLADE VON DEN FRAUEN DER VERGANGENEN ZEIT

So sagt mir nun, in welchem Land sie lebt,
Die einst die schöne Flora war von Rom.
Und wo ist Thais, wo ihr Busen bebt,
Wo meine Nichte, duftend wie Arom.
Wo redet Echo hallendes Getön,
Die bei dem Fluss im weißen Kleide war?
Sie waren wahrlich übermenschlich schön!
Doch wo ist nun der Schnee vom letzten Jahr?

Wo ist die weise Heloise hin,
Für welche ward kastriert und ward ein Mönch
Der weise Abälard mit klugem Sinn,
Den Penis opferte der weise Mensch!
Und als die Königin mit großem Wissen
Es so gebot, ward Einer wunderbar
In einem Sacke in die Seine geschmissen!
Doch wo ist nun der Schnee vom letzten Jahr?

Wo ist die Heroine, weiße Lilie,
Die sang mit der Sirenen-Stimme stark,
Wo ist Alice, die Luna der Vigilie,
Und wo um Gottes Willen ist Jeanne d'Arc,
Die von der falschen Kirche ward verbrannt,
Wo ist Virginia, die wunderbar
Bewahrte die Jungfräulichkeit im Land?
Und wo ist nun der Schnee vom letzten Jahr?

Mein Prinz! Mein Bester! Wer hat uns gestohlen
Die schönen Frauen all mit langem Haar?
Wir können nur mit Trauer wiederholen:
Wo ist denn nun der Schnee vom letzten Jahr?


BALLADE VON DEN FRAUEN VON PARIS

Was immer wir für schöne Frauen minnen,
Die aus Florenz, die Venetianerinnen,
Genug, wir lieben sie und wir sind Boten
Der Lust an Jugendlichen und an Toten,
Wir lieben Römerinnen ohne Fehle,
Und die aus Genf, gefährlich meiner Seele,
Und die aus der Toskana tun wir minnen.
Die schönsten Fraun sind die Pariserinnen!

Chérie, Chérie, wir wollen singen, minnen!
Die heißen Neapolitanerinnen
Geeignet sind sehr gut zum Kokettieren,
Die Deutschen, ach, die Preußinnen sich zieren,
Die Griechinnen und die Ägypterinnen
Wir wollen und Zigeunerinnen minnen.
Die Spanierinnen sind sehr schön zu schauen.
Die schönsten aber sind Pariser Frauen!

Die Frauen der Gascogne, die der Schweiz,
Die Frauen aus Toulouse sind voller Reiz,
Fischweiber lieben wir aus Hafenstädtchen,
Aus Lothringen die reinen Wundermädchen,
Die Frauen aus Britannien unermessen,
Und sagt mir, habe ich ein Land vergessen?
Das Baskenland ist fast ein Paradies!
Am schönsten sind die Frauen in Paris!

Mein Prinz, mein Lieber! Die Pariser Damen
Besitzen allesamt der Schönheit Namen,
Ist die Provence auch wie das Paradies,
Das schönste Liebchen sah ich in Paris!


BALLADE VOM PLAUDERER

Ich kenne ihn sehr gut, er schwimmt in Milch,
Ich kenn das schöne Kleid von diesem Knilch,
Kenn gutes Wetter und kenn schlechtes Wetter,
Kenn Edens Apfel und den Menschheitsretter,
Ich kenn den Baum, der ist an Baumharz reich,
Ich kenn den Mann, und mir ist alles gleich,
Ich kenn des Mannes Pflicht, wie ich es nenne,
Ich freue mich, doch nicht, dass ich ihn kenne.

Ich kenne ihn an seinem steifen Kragen,
Ich kenn die Mönchslegenden und die Sagen,
Ich kenn den Meister und ich kenn den Schüler,
Den Mönch, der schwärmt für Nonnen immer schwüler,
Ich finde seine Gossensprache stark,
Er ist verrückt, er liebt den Knoblauch-Quark,
Den Wein der Tonne und das Brot der Tenne,
Ich freue mich, doch nicht, dass ich ihn kenne.

Ich kenn die Esel und ich kenn die Stuten,
Ich kenne die Verwandten auch, die guten,
Ich kenne Beatrice, kenn Anais,
Ich kenne Diotima, kenne Thais,
Ich kenn Visionen, bin mit Geld bekannt,
Kenn die Bohème und das Böhmenland,
Ich kenn den Vatikan, wie ich bekenne,
Ich freue mich, doch nicht, dass ich ihn kenne.

Mein lieber Prinz! Ich kenne ihn, ich weiß,
Ich kenne Rot und Gelb und Schwarz und Weiß,
Ich kenn die Todin, die ich Schwester nenne,
Ich freue mich, doch nicht, dass ich ihn kenne.


BALLADE UND FÜRBITTGEBET

O Vater Noah, der den Weinberg baute,
O Lot, der hob den Rock und sich vertraute
Den Töchtern, welche waren in der Nähe!
Ich will nicht schelten solche Inzest-Ehe,
Das waren Männer, die die Menschen liebten!
Die Patriarchen auch, die sehr beliebten,
Die bitte ich, dass sich im Fegefeuer
Die Seele Vater Eberhards erneuer!

In frühern Zeiten warst du sportlich schlank,
Der immer nur vom besten Weine trank,
Und wenn dein Pinienzapfen war geschwellt,
Der beste Bogenschütze du der Welt,
Du zogest deine Hände aus dem Topfe,
Der Spiritus stieg abends dir zu Kopfe,
Die Geister bitt ich, dass im Fegefeuer
Der Geist sich Vater Eberhards erneuer!

Du wanktest als ein Greis, der Karten sammelt,
Der selten faul in seinem Bett gegammelt,
Und manchmal gab es Birnen in dem Trubel,
Wie aufgeregt die Elster war vom Jubel,
Kurz, wenn wir weg von dieser Welt versinken,
Sag, gibt es dann noch guten Wein zu trinken?
Euch Engel bitt ich, dass im Fegefeuer
Der Geist sich Vater Eberhards erneuer!

Mein Prinz! Wie unersättlich seine Seele,
Noch, als es ihm zuletzt ging an die Kehle!
Ihr Götter, sagt mir, gibt es auch noch Eier
Geschwollen droben in dem Fegefeuer?


FINALE BALLADE

Hier schließt den letzten Willen, ihr Gelichter,
Maria Josef Mayer ab, der Dichter.
Kommt zur Beerdigung mit armen Leuten,
Nur, wenn ihr liebt das fromme Glockenläuten.
In Purpur tragt zu Grabe seine Sinne,
Er starb als Märtyrer der heißen Minne.
Er schwor zuletzt auf seinen Schwanz: Der steht!
Wenn diese Erde aus den Fugen geht.

Es macht doch keinen Sinn die Erdenpampe,
Verachtet der Poet wie eine Schlampe!
Von seiner Liebe hasserfülltem Schrein
War er besoffen wie von schlechtem Wein.
Nicht Schwamm noch Seife hat ihm je behagt,
Und keiner hörte, was er weisgesagt
Von Evas Slip, der an der Leine weht,
Wenn diese Erde aus den Fugen geht.

Es ist nun einmal so und leer der Humpen,
Er hatte schließlich nur noch schlechte Lumpen,
Normalerweise in dem Tode nicht
Ein Schmerz so wie der Liebe Stachel sticht
So scharf wie Rattenzähne in dem Pfühl.
Die Liebe war ein Joch für sein Gefühl,
Und ihr bewundert, was geschrieben steht,
Wenn diese Erde aus den Fugen geht.

Mein Prinz! Ein Gentleman geht in die Nacht,
Was er euch zur Beerdigung vermacht,
Ist Rotwein und gebratne Ente, seht,
Wenn diese Erde aus den Fugen geht.


BALLADE UND GEBET ZU UNSERER LIEBEN FRAU

Des Himmels Kaiserin, der Erde Königin,
Der grausen Unterwelt gestrenge Herrscherin!
O nimm mich Christin an, ich komm bescheidner Demut,
Mit Zähnen weiß und rein ich komm und stiller Wehmut,
Ich bin zwar gar nichts wert und tauge wenig, schau,
Doch groß ist dein Verdienst, o Königin, o Frau,
Und größer dein Verdienst als alle meine Fehle.
Den Himmel kann man nicht besitzen ohne Seele,
Erbarmungswürdig bin ich nichtige Gestalt.
In diesem Glauben leb ich und ich sterbe alt.

Sag deinem Sohn, ich bin als Fleisch ihm doch verwandt,
Und meine Sünden hab im Beichtstuhl ich bekannt.
Wie der Ägypterin Maria mir verzeihe,
Wie Bischof Theophil den Pakt, die Satansweihe.
Durch dich bin ich erlöst und völlig absolviert.
Was schloss er auch den Pakt? Der nur dabei verliert!
Bewahre immer mich, den Teufelspakt zu schließen,
O Jungfrau, denn ich will das Paradies genießen
So wie das Sakrament in beiderlei Gestalt.
In diesem Glauben leb ich und ich sterbe alt.

Ich bin ein altes Weib, bin arm und krumm und schief,
Mit schlechten Augen kann ich lesen keinen Brief,
Sieh die Kapelle, wo ich zähle zur Gemeinde,
Die Hölle ist gemalt und Feuer für die Feinde
Und auch das Paradies, ich will dahin zurück,
Das Feuer macht mir Angst, der Himmel ist mein Glück,
Ich habe große Lust, o Göttin in dem Himmel!
Was soll der Sünder Schar, das sündige Gewimmel?
Mein Glaube ist doch fest und ist mein letzter Halt.
In diesem Glauben leb ich und ich sterbe alt.

Du Himmelspforte, Frau, wie man die Herrin nennt,
Im Himmel herrscht der Herr, der keine Ruhe kennt,
Der Herr der Heere, ach, da unsre Schwäche zittert,
Wenn der Allmächtige in seinem Thron gewittert,
Dann lass den Himmel du und komm im Jugendreiz,
Der sich geopfert hat für uns am schlimmen Kreuz,
Denn Jesus ist mein Herr, ich singe stets den Psalter.
In diesem Glauben leb ich, sterb in hohem Alter.