GESCHICHTE CHINAS


Studie von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

China, du Heimat meiner unsterbliche Seele.. ich weihe
Dich dem „Eiskristall in jadener Vase“: Maria!


ERSTES KAPITEL
HUANG DI, DER GELBE KAISER

Huang Di, den Gelben Kaiser, belehrte vorzeiten
Über die Künste der Liebe weise das Einfache Mädchen.

Huang Dì wird zur Gruppe der chinesischen Urkaiser gerechnet, gehört dabei zur Gruppe der fünf Kaiser und soll von 2696–2598 vor Christus regiert haben; ursprünglich ist Huáng Dì jedoch eine göttliche und mythische Gestalt, die erst während der Zhou-Zeit historisiert wurde.
Er gehört zu den wichtigsten Gestalten der chinesischen Mythologie. Ursprünglich ein Kriegsgott, der in den frühen Traditionen eine geringere Rolle spielte, wandelte er sich dann jedoch zum Hochgott und erleuchteten Unsterblichen des Taoismus. Er wird als Eroberer, Richter, Unsterblicher, Gott des Weltenberges Kunlun und des Zentrums der Erde dargestellt.
Von seiner Geburt wird berichtet, seine Mutter sei von Blitzen am nächtlichen Himmel schwanger geworden und nach 20 Jahren Schwangerschaft sei Huang Dì geboren worden. Er soll sofort gesprochen haben.
Die Gemahlin des Huang Dì ist Lei Zu (die Donnerahnin); seine Tochter ist Niuba, die Trockenheit. Berichtet wird auch von einem Kampf zwischen Huang Dì und seinem Bruder Yan Di und von einer durch ein Ungeheuer entfesselten Sintflut, die Huang Dì besiegte. Gleichfalls wird berichtet, Huang Dì habe sich aus der Haut des Kui, eines mythischen Wesens, das Regen, Wind und Dürre erzeugen konnte, eine Trommel gefertigt.
Die Taoisten sagten ihm nach, das Buch „Die Medizin des Gelben Kaisers“ geschrieben zu haben. Das Buch enthielt das damalige Wissen über Akupunktur, Akupressur und andere Teilbereiche der traditionellen chinesischen Medizin. Dieses Werk umfasst eine Sammlung von 81 Abhandlungen, die in zwei Büchern zusammengefasst sind, Fragen organischer und grundlegender Art, und dem „Göttlichen Angelpunkt“, mit eher technischen Aspekten der Akupunktur. Im ersten Buch finden sich Dialoge des Gelben Kaisers mit den Gelehrten seines Hofes, in denen er die Fragen über Physiologie, Morphologie, Pathologie, Diagnose und Krankheitsprävention erläutert. Im zweiten Buch wird die klinische Anwendung der Akupunktur und Moxibustion, sowie die Lage der Akupunkturpunkte und der Meridiane beschrieben.
In dem Hauptwerk lassen sich Ideen sowohl aus dem Taoismus wie auch aus dem Konfuzianismus finden. Heute gilt das Buch als eine Kompilation aus der Zeit um 300 v. Chr.


ZWEITES KAPITEK
DIE XIA-DYNASTIE

Wenn wir den Frauen glauben dürfen, so war in der Urzeit
China ein Matriarchat, ein Reich der göttlichen Mutter.

Nach der Beschreibung in antiken Texten reichte das Territorium der Xia nach Osten bis zu den Grenzen zwischen den heutigen Provinzen Henan, Hebei und Shandong, nach Süden bis Hubei, nach Westen bis zum südlichen Teil von Henan und nach Norden bis Hebei. Es konzentrierte sich im mittleren Lauf des Gelben Flusses und reichte teilweise bis zum Jangtsekiang. Ihre Hauptstadt wurde mehrfach verlegt, wobei mindestens eine der beschriebenen Stellen in der Nähe der Stadt Anyang in der Provinz Henan als eine relativ große, zeitgenössische Siedlung angesehen werden kann.
Vermutlich handelt es sich bei der Xia-Dynastie um einen Stammesverband unter Führung eines Königshauses. So befand sich die Gesellschaftsentwicklung zwischen frühem lockerem Stammesverband mit wechselndem Führer und späterem zentralistischen Staat.
Über das Leben, die Organisation, den Tageslauf der Menschen jener Zeit ist bislang nichts bekannt. Die antiken Textüberlieferungen begrenzen sich auf Aufzählungen der Ereignisse im Königshaus. Die Auswertungen der Ausgrabungen sind noch nicht besonders weit fortgeschritten.
Landwirtschaft wurde zur Xia-Zeit bereits intensiv betrieben. Der Sage nach wurden zu dieser Zeit auch alkoholische Getränke gebraut. Um die Produktion der Landwirtschaft zu steigern, wurden die ersten Kalender angefertigt. In antiken Texten wurde der Ursprung des traditionellen chinesischen Kalenders auf das Kalenderwesen der Xia-Zeit zurückgeführt.
Ebenfalls betrieben wurde Viehwirtschaft. Angeblich wurde Pferdezucht besondere Bedeutung beigemessen.
Es gab wahrscheinlich bereits ausdifferenzierte Handwerksberufe für die Ton- und Bronzebearbeitung.
Der Gründer der Xia-Dynastie war König Yu. Vor Yu wurde der Königstitel nicht dynastisch weitergereicht. Der neue König wurde vom alten König ernannt und von den Stämmen bestätigt. König Yu tat sich durch die Bekämpfung einer großen Überschwemmung hervor und erlangte so das Vertrauen des alten Königs Shun und der Stämme. Nach Yus Tod jedoch ließ sein Sohn Qǐ sich zum König ausrufen, der so das alte Empfehlungssystem außer Kraft setzte. Dies erregte den Widerstand unter den Stämmen, den Qǐ jedoch militärisch niederschlagen konnte. Danach ließ er die Stammesfürsten versammeln um sein neues dynastisches System zu bestätigen.
Nach Qis Tod wurde sein Sohn Tai Kang König. Da Tai Kang ein sehr luxuriöses Leben führte und das Staatsgeschäft vernachlässigte, wurde ihm sein Königstitel von seinen fünf Brüdern streitig gemacht. Schließlich konnte sein Bruder Zhong Kang den Titel für sich gewinnen. Der Bruderkampf hatte jedoch das Xia-Haus geschwächt, so dass Zhong Kangs Sohn Xiang von einem Usurpator entmachtet werden konnte. Erst Xiangs Sohn Shao Kang konnte die Rebellion niederschlagen und die Dynastie wiederherstellen. Shao Kangs Sohn Zhu konnte wieder erfolgreich und dauerhaft die Dynastie stärken. Am Ende der Dynastie jedoch, ab König Kong Jia, wurde die Dynastie abermals von inneren Kämpfen geschwächt.
Der letzte Xia-König Jie wurde als besonders brutal beschrieben. Seine Gewaltherrschaft entzog der Xia-Dynastie jede Unterstützung aus der Bevölkerung und in den Stämmen, so dass der Führer Tang des Stammes Shang in eine Rebellion ziehen konnte und so die Xia-Dynastie beendete. Bis heute gilt der Name Jie in China als Synonym für Gewaltherrschaft und Tyrannei.


DRITTES KAPITEL
DIE SHANG-DYNASTIE

Einst ein Chinese sprach zu mir vom Erhabenen Herrscher,
Gott Shang Di, verehrt in protestantischen Bibeln.


Die Shang-Dynastie wurde von einem Stammesführer begründet, der erfolgreich gegen den letzten Xia-Herrscher rebelliert hatte. Seine Hauptstadt hieß Hao und lag in der heutigen Shandong-Provinz. Spätere Dokumente sprechen dafür, dass die Shang-Herrscher insgesamt sechsmal ihre Hauptstadt verlagerten. das letzte Mal von König Pan Geng nach Yin.
Die Yin-Zeit gilt als der Höhepunkt der Shang-Dynastie, so dass diese gelegentlich auch die Yin-Dynastie genannt wird.
Der letzte König der Shang-Dynastie Dì Xīn (auch bekannt unter dem Namen Zhou) galt als besonders verschwenderisch und sadistisch. Er nahm sich das Leben, als in einer Entscheidungsschlacht seine Armee zu den Rebellen überlief. Der Name Zhou gilt bis heute in China als Synonym für Tyrannei und Gewaltherrschaft.
Nach dem Untergang der Shang-Dynastie schworen die Angehörigen des Königshauses den neuen Zhou-Königen die Treue. Sie nahmen den Familiennamen Yin an. Sie wurden Vasallen der Zhou-Könige und dienten ihnen auch als Minister in hohen Ämtern. Nach späteren Berichten siedelte sich ein Yin-Prinz mit seiner Gefolgschaft in der Nähe des heutigen Pjöngjang an und gründete dort den ersten koreanischen Staat. Aus einem Ableger des Yin-Clans entstand die Familie Kong, welcher Konfuzius entstammte und die heute noch in der 75. Generation weiterbesteht.
Yinxu, die Überreste der Hauptstadt der späteren Shang-Dynastie, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in der Nähe der Stadt Anyang in der Provinz Henan entdeckt. Neben Fundamenten von Palästen und Tempeln wurden dort unter anderem elf Königsgräber gefunden. Über zehntausend Gegenstände aus Bronze, Jade, Stein, Knochen und Keramik wurden ausgegraben. Dazu kommen noch 20 000 Orakelknochen, die Einblicke in Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion, Geographie, Astronomie, Kalender, Kunst und Medizin jener Zeit gewähren.
Das Territorium von Shang erstreckte sich von der Küste des Ostchinesischen Meeres bis zur Westgrenze der heutigen Shaanxi-Provinz, nach Süden erstreckte es sich bis an den Yangtsekiang, nach Norden bis zur heutigen Liaoning-Provinz. Damit umfasste es den mittleren und unteren Lauf des Gelben Flusses und Teile des Yangtsekiang-Laufs.
Die Könige der Shang-Dynastie galten als Repräsentanten Gottes auf der Erde und genossen damit nicht nur die höchste weltliche Macht, sondern auch die höchste geistliche Autorität. Die ausgegrabenen Königsgräber sind reich an Beigaben für die Toten, so dass man davon ausgehen kann, dass die Shang-Menschen an ein Leben nach dem Tod glaubten. Unter den Grabbeigaben waren auch Hunderte von Sklaven, die allem Anschein nach lebendig begraben wurden. Sie sollten wahrscheinlich den toten Königen nach ihrem Leben weiterhin dienen.
Die Beamtenschaft wurde in weltliche Verwaltungsbeamte und geistliche Beamte unterteilt. Geistliche Beamte waren für Opfer und Orakel zuständig. Belegt ist auch, dass der Schamanismus verbreitet war und zur Religion der Shang gehörte. Das religiöse Leben war zur Shang-Zeit sehr wichtig. Auch die ersten schriftlichen chinesischen Dokumente, die Orakelknochen, dienten vor allem dem Befragen der Gottheit. Verehrt wurden auch Geister und Ahnen.
Frauen genossen anscheinend eine hohe Stellung in der Gesellschaft. So kamen viele Orakelknochen von ranghohen Edelfrauen. Eine dieser Edelfrauen war die Heerführerin Fu Hao, Frau des Königs Wu Ding.
Auffallend ist, dass an allen Ausgrabungsorten in Yin Überreste von Waffen gefunden wurden. Die Orakelknochen berichten von Auseinandersetzungen mit den Nomaden aus dem Norden und Westen.
Verbrechen wurden mit Gefängnis oder mit körperlichen Strafen geahndet.
Die Landwirtschaft stellte den wichtigsten Wirtschaftszweig dar. Sie wurde großflächig und organisiert betrieben. Nachweisbar ist das Brauen von alkoholhaltigen Getränken mit Getreide. Ebenfalls nachweisbar ist die Nutzung von Seide.
In der Viehwirtschaft wurden alle gängigen Tiere gehalten. Es gibt sogar einen Bericht über das Halten von Elefanten.
Mit angrenzenden Völkern und Stämmen wurde intensiver Handel getätigt. Ein gutes Straßennetz begünstigte den Verkehr und die Bildung von ersten chinesischen Städten.
Aus der Shang-Zeit sind die ersten chinesischen Schriftzeugnisse überliefert worden. Viele der auf den Orakelknochen gefundenen Schriftzeichen haben bis heute überlebt. Da das Schriftsystem auf den Orakelknochen bereits recht ausgereift war, wird angenommen, dass das Schriftsystem bereits einen langen Entwicklungsprozess hinter sich hatte.
Ausgegrabene Figuren stellten Musiker und Tänzer dar. Ob Musizieren und Tanzen als religiöse Zeremonie oder nur zum Vergnügen ausgeführt wurde, ist nicht mehr zu überprüfen.
Auf den Orakelknochen sind Aufzeichnungen über Kometen gefunden worden. Es wurden auch Bewegungen des Planeten Mars identifiziert.


VIERTES KAPITEL
DIE ZHOU-DYNASTIE

Mein chinesischer Freund war des Konfuzius Schüler,
Ich las Lao Tse und liebte die Tao, die Mutter.

Eine traditionelle Einteilung bezieht sich auf die Existenz von Reichsannalen im Herzogtum Lu für die Jahre 722–481, nach denen man in eine Periode der Frühlings- und Herbstannalen (770–476 vor Christus) und in die nachfolgende Zeit der Streitenden Reiche (476–221 vor Christus) unterscheidet.
Die historische Datierung ist bis 841 unklar. Erst für die folgende Zeit beginnt der Historiker Sima Qian (145–84 vor Christus) mit einer allgemein akzeptierten Datierung. Aus diesem Grunde gibt es beispielsweise heute noch verschiedene Jahresangaben für die Errichtung der Westlichen Zhou. Die beiden traditionellen Daten dafür sind 1122 und 1111.
Die Abstammung der Dynastie wird auf einen Ackerbauminister des mythologischen Kaisers Shun zurückgeführt, der ein Lehen in Shaanxi erhielt. Sein Nachkomme Dan-Fu wurde Herzog von Zhou, und dessen Urenkel Fa alias König Wu stürzte die Shang-Dynastie.
Der letzte Shang-König Zhouxin war ein Tyrann, dem allerlei Grausamkeiten nachgesagt werden. Darüber hinaus sperrte er den Zhou-Herzog Chang (Wen Wang) zwei Jahre lang ein, bis dessen Verwandten mit allerlei Geschenken die Freilassung erwirken konnten. In der Gefangenschaft soll Chang die Trigramme Fu Xi's studiert und mit dem I-Ging begonnen haben. Nachdem Chang aufgrund der schwierigen Lage wieder in sein Amt eingesetzt wurde, hinterließ er seinem Sohn Fa die Weisung zum Sturz der Shang.
Der König Zhouxin verlor unterdessen viele Anhänger und musste sich mit den Huai-Barbaren auseinandersetzen, was Fa zum Einmarsch in Henan ausnutzte. Er schlug Rebellen in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt, was jedem die Machtverhältnisse im Reich offenbarte und zum allgemeinen Aufstand führte. In der Schlacht von Muye wurde König Zhouxin von Herzog Fa alias König Wu geschlagen, woraufhin er in seinem Palast Selbstmord beging, indem er sich mitsamt dem Palast in Brand setzte.
Die Zhou-Herrschaft blieb zunächst unsicher. Diverse Barbarenstämme unterwarfen sich, und zwar die I-Barbaren an der Küste im Osten, die unter dem Begriff Man-Barbaren zusammengefassten Leute im Süden und die Lü-Barbaren im Westen. Zongzhou im Wei-Tal wurde zur Hauptstadt. Zahlreiche Erben von namhafter Herkunft wurden als Lehnsherren eingesetzt, und erhoben sich bei erster Gelegenheit. Der neue Zhou-König Cheng blieb jedoch mit Hilfe des Regenten Dan (seines Onkels) und seines Sohnes Bo-Kin siegreich. Unter König Cheng wurde eine Reichsverfassung eingeführt, auch soll das erste Kupfergeld gegossen worden sein.
König Chao führte wiederholt Kriegszüge gegen die Barbaren im Yangtse-Gebiet und scheint auf dem letzten ertrunken zu sein. König Mu führte ein neues Strafgesetzbuch ein, in dem man sich von Leibesstrafen loskaufen konnte. König Mu setzte sich zudem mit den Hunde-Barbaren im Nordwesten auseinander und bemühte sich, bis zum Tarimbecken vorzustoßen. Es handelt sich hier um eine Zeit der Expansion und Kolonisation in alle Richtungen. König Mu soll auch die Königinmutter Hsi Wang Mu besucht haben.
Aus der Zeit der folgenden vier Herrscher wird nichts Wesentliches berichtet, abgesehen von der Gründung des Herzogtums Qin.
Der fünfte Nachfolger von König Mu, König Li war ein Tyrann, der auch erfolglos vierzehn Armeen gegen die Barbaren im Süden und Südosten führte. Als Li von einer Revolte aus der Hauptstadt gejagt wurde, rettete der Herzog von Zhao seinen Sohn. Dieser, König Xuan, wurde im Exil zum König gemacht und musste die Nachbarn im Norden zurückhalten. Dem gegen Ende seines Lebens bösartig und lasterhaft gewordenen Xuan folgte sein Sohn You, der durch eine ebensolche Haltung sämtliche Unterstützung im Reich verlor.
König You fand keine Hilfe, als die Barbaren aus dem Nordwesten angriffen. Er wurde getötet und die Hauptstadt geplündert.
Ein Heer der Lehnsherren vertrieb dann die Barbaren und der neue König Ping (Sohn des Königs You) verlegte die Hauptstadt nach Chengzhou bei Luoyang, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen. Der Herr von Qin deckte seinen Rückzug und wurde dafür von König Ping mit den alten Kernländern der Zhou belehnt. An diesem Punkt begann der Aufstieg der späteren Qin-Dynastie, als Grenzschützer im Nordwesten.
In der Zeit der östlichen Zhou-Dynastie griff die Auflösung des alten Lehnsreiches immer mehr um sich. Die königlichen Rechte wurden von den großen Lehnsherren beansprucht, die sich gegenseitig mit allen Mitteln befehdeten. Wechselnde Bündnisse, Verrat, Meuchelmord, Bürgerkriege und Verwahrlosung der Sitten waren an der Tagesordnung, dazu kamen Angriffe von Barbaren.
Der Zhou-König Huan wollte die königliche Autorität gegenüber Zhuang, dem Lehnsherren in Zheng, wiederherstellen, wurde aber geschlagen und dabei verwundet. Danach nahmen große Lehnsherren, allen voran der Herzog von Chu ebenfalls den Titel "Wang" ("König") an. In der Folge wurde die Geschichte in erster Linie von Herzögen und Königen wie Huan von Qi, Wen von Jin und anderen bestimmt und die Zhou waren nur noch ein Machtfaktor unter mehreren.
Die längst entmachtete östliche Zhou-Dynastie wurde 256 vor Christus durch die Qin beseitigt, welche dann auch die Zeit der Streitenden Reiche beendete.
Das Reich teilte sich in neun Provinzen und 1700 Lehen. Es gab fümf Rangklassen von Lehnsherren, eine Hofhaltung mit königlichen Inspektionsreisen und ein diplomatisches Protokoll für den Umgang zwischen dem König und seinen Lehnsherren. Drei Großherzöge und sechs Minister fungierten als Staatsverwaltung.
Die Macht der Lehnsherren richtete sich nach der Anzahl ihrer Streit-Wagen, ihren religiösen Privilegien (Opfer, Tänze, Hymnen), dem Alter ihrer Traditionen, ihrer Beziehung zum Königshaus und ihrem Reichtum. Bronzegefäße dienten dem Ahnenkult, ihre Inschriften enthielten Hinweise auf den Rang der betreffenden Familie. Insgesamt kann man sagen, dass ein komplexes System der Kulthierarchien und Riten den Zusammenhalt des Staates bestimmte.
Die Gesetze wurden in Bronze geschrieben, allerdings hatte man nur wenige Beamte zu ihrer Überwachung. Man begnügte sich mit der Statuierung von Exempeln.
In der Philosophie verzeichnet man Lao Tse, Konfuzius, Mencius, Mo Ti. Besonders zur Zeit der Frühlings- und Herbstannalen und der Zeit der Streitenden Reiche blühte die Philosophie. Wandernde Berater (allein Konfuzius hatte 72 bedeutende Schüler) versuchten die Teilstaaten effektiver zu organisieren und den inneren Frieden zu festigen.
Die straffere Organisation der Herzogtümer führte im dritten Jahrhundert auch zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und technischen Neuerungen. Die Landwirtschaft wurde intensiviert, man verwendete Dünger, gegossene Eisenwerkzeuge und das Brustgurtgeschirr, was den Zugtieren nicht mehr die Luftröhre abdrückte. Ferner unterschied man mehrere Bodenarten, bewässerte in großen Anlagen, deren Konstrukteure auch namentlich überliefert sind.
Infolgedessen nahm die Bevölkerungszahl im Gegensatz zur frühen Zhou-Zeit zu. Auch die Art der Kriegsführung wandelte sich vom ritualisierten Privileg des Adels zum Einsatz großer Bauernheere, die mehr als 100 000 Mann umfassen konnten. In diesem geänderten Umfeld formten sich die Machtgrundlagen der künftigen Qin-Dynastie.


FÜNFTES KAPITEL
DIE QIN-DYNASTIE

Ach, vergeblich suchte der strahlend-erhabene Kaiser
Peng-lai-shan, die Insel der Seligen, ewiges Leben!

Die Ursprünge der Qin liegen in der Zhou-Dynastie. Die Zhou-Könige vergaben Lehen an Verwandte, Verbündete oder Mitglieder des gestürzten Hauses Shang, um sich ihre Treue zu sichern. Diese Aufteilung des Landes führte nach und nach zur politischen Zersplitterung des Reiches. So gab es während der Frühlings- und Herbstperiode etwa 170 Staaten, die ihrerseits wieder in Lehen aufgeteilt waren. Die Zhou-Herren verloren indes ihre Bedeutung. Diese Zersplitterung konsolidierte sich bis zur Zeit der Streitenden Reiche, in der sich sieben Staaten gegenseitig bekämpften. Diese Staaten waren voneinander unabhängig und lebensfähig. Sie hatten zwar weitgehend eine gemeinsame Sprache und Kultur, jedoch gab es Grenzen, Zölle, wechselnde Allianzen, Intrigen und Kriege.
Im Jahre 897 vor Christus bekam Fei-zi vom Zhou-König ein Lehen in der Nähe des heutigen Tianshui in der Provinz Gansu, um dort Pferde für den Königshof zu züchten. Die Nachkommen des Fei-zi nahmen nicht lange danach den Herzogstitel an und gewannen an Einfluss; im Jahre 770 war der Zhou-König gar gezwungen, den Schutz dieses neuen Geschlechts vor einem Angriff der Rong zu suchen. Im Gegenzug wurde Qin auch von Seite des Königs zum Herzogtum erhoben. Aufgrund seiner Lage waren die Einwohner und das Herrschergeschlecht von Qin von nicht sesshaften innerasiatischen Völkern beeinflusst oder stammten sogar von ihnen ab, wenngleich sich der Staat bis in das 5. Jahrhundert vor Christus in ständigen Kämpfen mit genau diesen nomadischen Nachbarn befand. Gleichzeitig wurden die chinesische Kultur und ihre Bräuche schrittweise übernommen.
Während des Aufstiegs und des Wachstums von Qin wurde die Hauptstadt mehrmals verlegt; ab etwa 350 vor Christus lag sie im heutigen Xianyang nahe Xian; die als Gebiet innerhalb der Pässe bezeichnete Region um Xian sollte danach für Jahrhunderte das Zentrum der chinesischen Reiche bleiben. Bis dahin wurde Qin aufgrund seiner Lage, aber auch aufgrund seiner niedrigen kulturellen Entwicklung von seinen Rivalen als Außenseiter und barbarisch betrachtet. Unter der Herrschaft von Herzog Xiao und seinem Berater Shang Yang wurden zwischen 361 und 338 jedoch tiefgreifende Reformen im Sinne der philosophischen Strömung des Legalismus durchgeführt, die Qin gegenüber seinen Nachbarn besonders in Landwirtschaft, Verwaltung und Wirtschaftspolitik Vorteile verschafften. Im Jahre 325 nahmen die Qin-Herrscher schließlich den Königstitel an, wie es die Monarchen der anderen Staaten bereits getan hatten.
Seit seiner Entstehung war das Qin-Königreich stetig gewachsen und hatte sich vornehmlich in Richtung Westen und Nordwesten ausgedehnt. Die eigentliche militärische Expansion des Staates Qin begann 316, als man Shu und später Ba (heutiges Sichuan) eroberte und damit den Rivalen Chu an seiner Südgrenze entscheidend schwächte. Im Jahre 256 war es wiederum Qin, das die Zhou-Dynastie auslöschte, auch wenn dies damals aufgrund deren Schwäche keine große politische Bedeutung mehr hatte. Die Nachbarmächte versuchten indes, der Expansion Qins entweder durch Allianzen gegen Qin oder durch Beschwichtigung Einhalt zu gebieten.
So sind drei Mordanschläge auf den Qin-König Zheng überliefert. Eines dieser Attentate wurde im Jahre 227 durch den Gesandten des Staates Yan ausgeübt, der mit einer Unterwerfungsurkunde, einer Landkarte von Yan und dem Kopf eines übergelaufenen Qin-Generals zum Qin-König gereist war. Eine weitere Aktion, die den Vormarsch von Qin stoppen sollte, war der Bau des 120 km langen Zheng-Guo-Kanals nördlich der Hauptstadt Xianyang, der durch den aus Han gekommenen Zheng Guo geplant wurde. Angeblich war es das Ziel der Anstifter dieses Planes, der Wirtschaft Qins durch dieses Riesenprojekt Ressourcen zu entziehen und den Staat so zu schwächen. Obwohl diese Verschwörung aufgedeckt wurde, baute man den Kanal fertig; der wirtschaftliche Nutzen durch das Projekt stärkte Qin zusätzlich.
Für die letzten Jahre vor der Einigung der Reiche berichten die Chroniken von einer großen Anzahl militärischer Auseinandersetzung mit astronomischen Heeresstärken und Opferzahlen. Die sechs Reiche, die neben Qin existierten, wurden schließlich in schneller Folge erobert: Han, Chao und Wei, die östlich von Qin gelegen waren, dann Chu im Süden, und schließlich Yan und Qi im Nordosten.
Warum ausgerechnet ein Staat, der ursprünglich kulturell am wenigsten entwickelt und am Rande des chinesischen Territoriums lag, die Stärke entwickeln konnte, um das Reich zu vereinigen, ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Eine ganze Reihe von Faktoren hat zu dieser Entwicklung beigetragen: Erstens, der Aufbau einer effizienten Verwaltung. Reformen, die unter Fürst Xiao und dessen Berater Shang Yang begonnen wurden und die die Theorien der philosophischen Strömung des Legalismus umsetzten, führten dazu, dass Qin unter allen damaligen chinesischen Reichen über das effizienteste Staatswesen verfügte. Auf Basis des Legalismus, der das Regieren durch Gesetz anstatt des konfuzianistischen Regieren durch Tugend betonte, entstanden Gesetze, wurden bestimmte Handlungen mit Strafen oder auch mit Belohnung belegt, und es wurden zahlreiche Durchführungsverordnungen und Normen erlassen. Ein Bericht beschreibt die Beamten von Qin als gefürchtet, aber unbefangen. Eine weitere bedeutende Innovation war die Einführung zweier Kanzlerämter, nämlich eines Kanzlers zur Linken und eines Kanzlers zur Rechten. Für die Regierungsform des Qin-Königreiches wurde der Begriff des bürokratischen Staatszentralismus geprägt. Auch die Nachbarstaaten Qins waren von legalistischem Gedankengut beeinflusst; Qin war jedoch am konsequentesten in der Umsetzung seiner Ideen. Zweitens, die militärische Stärke. Durch die ständige Auseinandersetzung mit den Nomaden durch die Reformen von General Wei Ran verfügte Qin über ein ausgebildetes und schlagkräftiges Heer. Außerdem ermöglichte die damals gerade eingeführte Registrierung aller Haushalte eine effiziente Rekrutierung von Soldaten. Da in die Zeit des Aufstieges des Qin-Staates auch der Übergang von Streitwagen- zu massiven Infanterieheeren kombiniert mit dem Einsatz von Armbrustschützen als dominierende Form der Kriegsführung fiel, war die Fähigkeit der Verwaltung, kurzfristig Streitkräfte zu rekrutieren, entscheidend. Drittens, die Konzentration aller Macht und Autorität auf einen Herrscher, anstatt sie wie bis dahin auf Vasallen zu verteilen. Diese Neuerung geht auf den Philosophen Fan Sui zurück. Viertens, Verbesserungen in der Landwirtschaft. Das bis dahin dominierende Brunnenfeldsystem wurde abgeschafft und die landwirtschaftlich genutzte Fläche ausgeweitet. Bauern aus anderen Staaten wurden im bis dahin dünn besiedelten Qin-Territorium angesiedelt. Fronarbeit wurde durch Steuern ersetzt und Land kauf- und verkaufbar gemacht. Die Erträge steigerten sich dadurch, weil das Einkommen der Bauern direkt mit den Erträgen wuchs. Zusätzlich machten Kanalbauten ausgedehnte Ländereien nutzbar; der Effekt dieser Bauten trat jedoch erst ein, als Qin in seiner Expansion bereits weit fortgeschritten war. Die effizientere Landwirtschaft ermöglichte das Wachstum der Städte und die Abstellung von Arbeitskräften für den Bau von Straßen und Brücken. Fünftens, die Bereitschaft, Ausländer in hohen Positionen zu akzeptieren. Persönlichkeiten wie Shang Yang, Lü Bu-wei, oder Li Si stammten alle nicht aus Qin, sondern kamen aus rivalisierenden Staaten, wo sie nicht in die von ihnen angestrebten Positionen gelangen konnten. Die Umsetzung ihrer Ideen war jedoch maßgebend für die Staatsorganisation von Qin und letzten Endes für dessen Durchbruch. Lediglich bei Heerführern benötigte Qin keine Ausländer. Sechstens, die Lage von Qin, das von Gebirgszügen und dem Gelben Fluss geschützt wurde. Es war somit von Angriffen der rivalisierenden Nachbarreiche geschützt und konnte aus dieser Deckung heraus agieren. Siebtens, eine Serie kompetenter und langlebiger Herrscher, die Kontinuität und Stabilität mit sich brachte.
Das Herzland der Qin-Dynastie lag im Tal des Wei-Flusses und am Oberlauf des Gelben Flusses, an dessen Lauf neunzig Prozent der Bevölkerung der Region lebten. Es bestand aus einem bergigen und trockenen Teil im Nordwesten und einem Lößplateau. Dieses Gebiet hatte einen weichen und fruchtbaren Boden, genug Feuchtigkeit für den Anbau von Weizen und Hirse, weiter war es vor Hochwassern relativ sicher. Die Aufschüttungsebene des Gelben Flusses wurden durch die Eroberung der Nachbarstaaten Teil des Qin-Reiches. Diese Region verfügt zwar über fruchtbare Böden, wird jedoch häufig überschwemmt und ist einem Monsunklima ausgesetzt, was das Anlegen von Brunnen und die Feldbewässerung notwendig macht.
Das Herrschaftsgebiet der Qin-Dynastie zerfällt somit in zwei Teile, die durch den Hangu-Pass voneinander getrennt werden. Das westlich dieses Passes gelegene Gebiet wird auch als Guanzhong bezeichnet und hat die Hauptstadt Xianyang als Zentrum. Das Gebiet westlich dieses Passes, dessen Zentrum die alte Hauptstadt des Staates Qi, Linzi, war, hatte zwar eine deutlich höhere Bevölkerungszahl, galt jedoch als militärisch schwächer als das Gebiet des gebirgigen Ostens. Somit war während der Qin-Dynastie die Situation gegeben, dass der weniger dicht besiedelte und kulturell weniger fortgeschrittene Westen des Landes über den bevölkerungsreicheren Osten herrschte.
Der Jangtsekiang stellte während der Qin-Dynastie eher eine Grenzregion dar. Zwar war der Oberlauf des Jangtsekiang bereits lange vor der Reichseinigung Teil Qins geworden, der Mittellauf des Flusses sowie sein Unterlauf blieben jedoch wirtschaftlich schwach und relativ unbedeutend. Südchina war zur Zeit der Qin-Dynastie zu sumpfig für den Ackerbau und lag außerhalb des chinesischen Kulturraums. Es galt bis zur Tang-Dynastie als Ort, wo Sümpfe, Dschungel, Krankheiten, Giftpflanzen, wilde Tiere und wilde Stämme herrschten und als ein Ort der Verbannung. Gleichwohl versuchte Qin, seinen Herrschaftsanspruch über den Süden geltend zu machen, indem man im nördlichen Vietnam militärische Präsenz zeigte.
Einige Regionen waren unerforscht oder unbekannt, dazu gehören das heutige Nordostchina (Mandschurei) und der größte Teil der Inneren Mongolei, der Südwesten znd die westlichen Regionen Tibet.
Nachdem das Reich 221 vereinigt war, wurde die dahin gültige Aufteilung des Landes in Königreiche und Lehen komplett abgeschafft. Es kam an ihrer Stelle zur Unterteilung des Territoriums in 36 Kommandanturen, die ihrerseits wieder in Kreise unterteilt wurden. An der Spitze jeder Kommandantur stand ein dreiköpfiges Gremium bestehend aus einem Gouverneur, einem Militärkommandanten und einem kaiserlichen Inspektor. Den Kreisen standen Magistrate vor. Alle diese Positionen wurden zentral besetzt; ihre Inhaber konnten jederzeit abberufen werden. Auch waren diese Titel nicht vererbbar. Bis zum Ende der Qin-Dynastie wurden vier bis sechs weitere Kommandanturen geschaffen, während die Anzahl der Kreise auf etwa 1000 stieg. Dieses System wurde von allen späteren Dynastien weitergeführt.
Dieses Verwaltungssystem war im Jahre 221 nicht neu, und es wurde auch nicht in Qin erfunden. Es wurde wahrscheinlich ursprünglich in Chu eingeführt, um neu eroberte oder kolonisierte Ländereien zu verwalten. Qin war jedoch jener Staat, der dieses System am konsequentesten umsetzte. Später diente es dazu, den Einfluss der lokalen Machthaber zu begrenzen. Neu war jedoch, dass der Vorschlag des damaligen Kanzler Wang Kuan, das Reich nach Vorbild der Zhou-Könige in Lehen aufzuteilen und diese Lehen an Verwandte des Kaisers zu vergeben, auf Betreiben von Li Si abgelehnt wurde. Dies bedeutete einen scharfen Bruch mit der Vergangenheit, den Beginn der kaiserlichen Bürokratie und das Ende des Feudalismus. Somit hatte der Kaiser eine direkte Verwaltung über das gesamte Reich zur Verfügung.
Die aristokratischen Familien, die bis dahin über Königreiche und Fürstentümer geherrscht hatten, und deren Gefolge, wurden in die Hauptstadt umgesiedelt und kamen unter Aufsicht der Zentralregierung. Zu diesem Zweck wurden genaue Kopien der Paläste ihrer Herkunftsorte in der Hauptstadt erbaut. Chinesische Chroniken sprechen von 120 000 Familien, die auf diesem Weg in neuerbaute Paläste in Xianyang kamen und dort bis zum Sturz der Qin-Dynastie blieben.
Parallel zur Zwangsumsiedelung der früheren Elite wurden Waffen eingesammelt, in die Hauptstadt gebracht und eingeschmolzen. Aus ihnen wurden Glocken und zwölf riesige Statuen gegossen, die in der Palastanlage aufgestellt wurden. Außerdem veranlasste der Erste Kaiser, dass zahlreiche Stadtmauern und andere militärische Anlagen abgerissen wurden.
Zu den ersten politischen Aktivitäten nach der Reichseinigung gehörte, dass der König seine Minister um Vorschläge für einen neuen Herrschertitel bat. Der neue Titel sollte den Königstitel ablösen und den Status des Herrschers über das gesamte Reich ausdrücken. Er entschied sich für den Titel Huangdi, der nur sehr inadäquat als Kaiser übersetzt wird, und wählte für sich selbst den Herrschernamen Shi Huangdi, also Erster Erhabener Kaiser, weil er sich als erster einer unendlichen Herrscherdynastie sah. Der Kaisertitel Huangdi blieb bis zum Ende des chinesischen Kaisertums erhalten. Huang bedeutet leuchtend oder erhaben, speziell der Begriff Di erwies sich jedoch als kluge Wahl, denn er stammte aus der Shang-Dynastie und bezeichnete die Gottheit, von der die Shang abstammten. Daneben wurde die vier obersten Gottheiten des in Qin am weitesten verbreiteten Glaubens als Di bezeichnet. Er wurde während der Zhou-Dynastie als Bezeichnung für die legendären Weisen, die die menschliche Zivilisation begründet haben sollen, eingeführt. Als 221 das Reich geeinigt wurde, war Di schon ein Begriff, der das Übermenschliche des neuen Herrschers vermittelte.
Die Große Siegelschrift, die zu Beginn der Zhou-Dynastie in Gebrauch war, hatte sich im Laufe der Zeit verändert und es hatten sich regionale Unterschiede herausgebildet. Die Folge war, dass das gleiche Zeichen an verschiedenen Orten unterschiedliche Schreibweisen haben konnte.
Eine Reform, die in den Chroniken direkt Li Si zugeschrieben wird, leitete die folgenden Maßnahmen ein: Erstens, Vereinfachung und Rationalisierung der teils sehr komplexen Schreibweisen, wodurch die Kleine Siegelschrift entstand. Dabei wurden Zeichen auch strukturell stark geändert, wiederum andere Zeichen entfielen ganz. Zweitens, Abschaffung lokaler Varianten und Einführung von alleingültigen Schreibweisen, wobei wahrscheinlich zumindest teilweise die im Staat Qin üblichen Formen als Standards beibehalten wurden. Drittens, Durchsetzung dieser neuen Schreibweisen im ganzen Reich.
Die Vereinfachung der Schrift kam zunächst den Bedürfnissen der zentralen kaiserlichen Verwaltung, die das Anfertigen zahlreicher Schriftstücke bedingte, entgegen. Insgesamt wurde im Zuge dieser Vereinheitlichung etwa ein Viertel der Zeichen abgeschafft. Diese Reform legte den Grundstein für weitere Vereinfachungen während der unmittelbar folgenden Han-Dynastie, wonach die Schrift bis zur Einführung von Kurzzeichen durch die Kommunisten unverändert blieb.
Die Gesetze der Qin-Dynastie gehen im Wesentlichen auf den bedeutenden Legalisten Shang Yang zurück. Es werden ihnen zwei Prinzipien zugeschrieben: Erstens, die Gruppenverantwortung für Vergehen in Familien und in Einheiten von fünf oder zehn Familien, in welche die Bevölkerung aufgeteilt wurde. Zweitens, die Androhung und Anwendung von besonders grausamen Strafen, um Straftaten vorzubeugen. Zu den Strafen gehörten neben der Todesstrafe durch Köpfen das Kochen in einem Kessel, das Zerschneiden an der Hüfte, das Zerreißen durch zwei Streitwagen oder die besonders schweren Fünf Strafen, also Verstümmelung durch Abschneiden von Körperteilen vor der eigentlichen Hinrichtung.
Obwohl Qin für grausame Strafen bekannt ist, sind die gleichen Strafen auch aus anderen Staaten der Zeit der Streitenden Reiche belegt und sie fanden auch nach dem Fall der Qin-Dynastie Anwendung.
Die Gesetze der Qin boten jedoch auch Anreize für gewünschtes Verhalten. Bereits unter Shang Yang war eine Rangordnung mit 17 Stufen geschaffen worden, auf der man durch lobenswerte Taten emporsteigen konnte. Dies betraf ursprünglich nur Verhalten im Militär, später auch andere Aktivitäten, etwa das Abliefern von Getreide an die Regierung in Notzeiten. Hatte man eine bestimmte Rangstufe erreicht, wurde man von Arbeits- und Militärdienst ausgenommen, ab einer weiteren Rangstufe wurde man mit Land belohnt. Die Rangstufe war nicht vererbbar, der mit der Rangstufe verbundene Landbesitz schon. Dieses Rangstufensystem wurde in der Qin-Dynastie auf das gesamte Reich ausgeweitet und von der Han-Dynastie beibehalten. Das ursprüngliche Ziel dieser Rangordnung war, die traditionelle Aristokratie in ihrer Macht zu beschränken, sie förderte jedoch gleichzeitig auch die soziale Mobilität: Für die Zeit kurz nach der Reichseinigung sind deutlich mehr Würdenträger nicht-aristokratischer Herkunft nachweisbar als zur Zeit des frühen Qin-Staates.
Die Gesetze wurden ausschließlich im Interesse des Staates erlassen; das Individuum hatte sich, gemäß der Philosophie des Legalismus, dem Ziel des mächtigen Staates unterzuordnen. Ein weiteres Merkmal der legalistischen Denkweise war ein Egalitarismus, also dass die Gesetze auf alle Mitglieder der Gesellschaft, die Kaiserfamilie eingeschlossen, anzuwenden seien. Als Interesse das Staates wurden zwei "primäre" Aktivitäten definiert, nämlich Landwirtschaft und Militär. Alle anderen Aktivitäten, wie Handel, Kunst oder die Herstellung von Luxusgütern sollte geächtet werden. Ziel der Legalisten war eine stabile Gesellschaft, die auf einer zufriedenen Bauernschaft beruhte. Wenngleich die folgenden Dynastien den Legalismus nicht annahmen wie die Qin-Dynastie, so konnten Händler und Gewerbetreibende nie eine dominante Stellung in der chinesischen Gesellschaft einnehmen.
Gesetzestexte deuten darauf hin, dass während der Qin-Zeit viel Wert auf genaue Verwaltung, standardisierte Berichte und Abläufe gelegt wurde. Dazu gehörten, wie und wann die Berichte zu erstellen und zu versenden seien, oder auch Verbote, zu gewissen Zeiten Holz zu schlagen, Vogelnester zu räubern oder Fische zu vergiften. Im ganzen Reich vereinheitlicht wurden zudem Maße und Gewichte; Maßgefäße aus dem Jahre 221 mit den Insignien Shang Yangs wurden sogar außerhalb des damals von Chinesen bewohnten Territoriums gefunden.
Die Währung war ein weiteres Feld, bei dem während der Qin-Dynastie eine Reform und Vereinheitlichung herbeigeführt wurde. Während der Zeit der Streitenden Reiche hatte jeder Staat seine eigenen Münzen, die die verschiedensten Formen hatten. In Qin wurden Münzen erst relativ spät eingeführt; gemäß den Chroniken kamen die ersten Metallmünzen in Qin 356 in Umlauf. Die neuen Münzen, die kurz nach der Reichseinigung eingeführt wurden, waren rund mit einem quadratischen Loch in der Mitte; auch die folgenden Dynastien behielten diese Form bei. Mit diesem Schritt verloren andere Güter wie Jade, Perlen, Silber und Zinn ihre Funktion als Tauschobjekt.
Bereits kurz nach der Einigung des Reiches begannen im Auftrag des Ersten Kaisers unter dem bedeutenden General Meng Tian militärische Aktionen zur Vergrößerung des Reiches. In nördlicher Richtung gab es mehrjährige Kampagnen gegen die Xiongnu, in deren Verlauf die Ordos-Region, Teile der heutigen Inneren Mongolei und das heutige Gansu bis etwa Lanzhou an das Reich angegliedert wurden. Bedeutender als die Expansion nach Norden war jedoch die Ausdehnung des Reiches in Richtung des fruchtbaren und regenreichen Südens. Drei neue Kommandanturen wurden in den heutigen Provinzen Fujian, Guangdong und Guangxi errichtet; in diesen Regionen lebten damals nicht-chinesische Völker mit hoher kultureller Verschiedenheit, die erst in den folgenden Jahrhunderten assimiliert wurden. Die neuen Kommandanturen gingen mit dem Fall der Qin-Dynastie zunächst auch wieder verloren.
Die neu eroberten Gebiete wurden durch Ansiedlung von Bauern aus dem Kernland des Reiches erschlossen. Die erste dieser Umsiedelungsaktionen ist für das Jahr 219 dokumentiert, als Qin Shi Huangdi nach einem längeren Aufenthalt an der Südseite der Shandong-Halbinsel entschied, 50 000 Haushalte in diese Region zu transportieren und dort anzusiedeln. Weitere Umsiedlungen folgten im Zuge der Süd- und Nordexpansion des Reiches. Zu den Personen, die umgesiedelt wurden, gehörten einerseits verurteilte Straftäter, Schuldsklaven und Militärs oder Männer des Arbeitsdienstes, die sich vor ihren Verpflichtungen gedrückt hatten. Auch Beamte, die im Dienst nicht aufrecht gewesen sind, sowie Händler, deren Aktivitäten im Qin-Reich geächtet werden sollten, konnten mit Umsiedlung bestraft werden. Schließlich wurden normale Haushalte, die bereit waren, sich in zu kolonisierenden Gebieten niederzulassen, mit der Ausnahme vom Arbeitsdienst oder mit dem Aufstieg in der Rangordnung belohnt.
Für größere Bauprojekte wurden im vorkaiserlichen China Bauern zum Frondienst herangezogen. Durch die Vereinigung des Reiches und den gleichzeitig besseren Zugriff der Bürokratie auf die Bevölkerung hatte die Qin-Dynastie die Fähigkeit, Arbeitskräfte viel massiver zu mobilisieren, als es davor möglich war.
Ab 220 begann man mit dem Bau von kaiserlichen Fernstraßen, welche von der Hauptstadt Xianyang aus vor allem in Richtung Norden und Osten führten. Die bedeutendste davon war die 800 km lange, von Meng Tian errichtete Gerade Straße, die bei Xianyang beginnt und bis in die Nähe von Baotou führt. Sie war zwar noch nicht fertiggestellt, als die Qin-Dynastie unterging, jedoch sind Reste davon bis heute erhalten. Die Straßen hatten in flachem Terrain eine Breite von bis zu 24 Metern. Insgesamt wird das Straßennetz, das während der Qin-Dynastie existierte, auf etwa 7000 Kilomete Länge geschätzt. In der Nähe der Hauptstadt Xianyang besaßen die Straßen eine mittlere Spur, die für den Kaiser und hohe Beamten freizuhalten war.
Derselbe Meng Tian, der mit dem Straßenbau betraut war, hatte auch mit 300 000 Mann die Xiongnu zu bekämpfen und eine Mauer zu bauen. Die Chroniken berichten, dass er eine Mauer schuf, die 10 000 Li lang war und sich von Lintao bis Liaodong erstreckte. Die von den Qin gebaute Mauer verlief jedoch weiter nördlich als die heute noch sichtbare Mauer, die aus der Ming-Dynastie stammt. Meng Tian konnte auch auf Mauerabschnitte zurückgreifen, die von den einzelnen Streitenden Reichen ab 300 vor Christus gebaut worden waren. Die logistischen Anstrengungen wie auch die Opferzahlen waren kolossal.
Im Jahre 212 ließ der Erste Kaiser den Bau einer neuen Thronhalle südlich des Wei-Flusses beginnen. Dieser Palast bekam später den Beinamen Epang-Palast. Für dasselbe Jahr erwähnen die Chroniken die damals im Bau befindliche riesige Grabstätte. Für diese beiden Vorhaben wurden 700 000 Männer, also mehr als das Doppelte wie für den Mauerbau, eingesetzt.
In Verbindung mit der Südexpansion steht ein Kanalbauprojekt, neben dem Zhengguo-Kanal und dem Dujiangyan-Bewässerungssystem das dritte große Kanalprojekt, das unter Qin Shi Huangdi verwirklicht wurde. Mit dem Lingqu-Kanal wurde der Xiang, ein Nebenfluss des Jangtsekiang, mit dem Li Jiang, einem Nebenfluss des Westflusses, verbunden. Dies bedeutete, dass ein Wasserweg geschaffen werden konnte, mit dem man Getreide und anderes Material ohne Unterbrechung auf dem Wasserweg von Nordchina bis nach Guangzhou befördern konnte. Dieser Kanal wird heute noch befahren. Für ein Land, das keine natürliche Nord-Süd-Wasserstraße hatte, die Geographie für die Küstenschifffahrt ungünstig war und der Landtransport teuer war, ist die Bedeutung dieses Wasserweges kaum zu unterschätzen.
Der Erste Kaiser der Qin-Dynastie unternahm insgesamt fünf ausgedehnte Inspektionsreisen durch sein Reich, die ihn und seinen Kanzler Li Si an alle Orte von Bedeutung brachten. Wenngleich dies andere Herrscher auch taten, so wurde Qin Shi Huangdi, was die Häufigkeit und die Dauer seiner Reisen betrifft, von keinem anderen Monarchen Chinas übertroffen. Neben seinem Interesse, sein Reich zu besichtigen, war auch sein Glaube an das Elixir der Unsterblichkeit Triebkraft für die Reisen. Da er dieses Elixier im Neer zu finden hoffte, reiste er mehrmals zu und entlang der ostchinesischen Küste, und hielt sich dort auch längere Zeit lang auf.
Auf seiner ersten Reise an die chinesische Ostküste traf der Kaiser auf einen Zauberer namens Xu Fu, der ihn um Erlaubnis bat, das Meer erkunden zu dürfen. Er versprach, drei Berginseln suchen zu wollen, auf denen die Unsterblichen leben sollten. Der Kaiser entsandte ihn mit einer Flotte und zahlreichen Jungen und Mädchen, diese Flotte kehrte jedoch nie wieder zurück. Auf diese Weise wurde Japan besiedelt.
Auf den Inspektionsreisen ließ der Erste Kaiser insgesamt sechs große Tafeln mit Inschriften aufstellen, deren Texte Li Si zugeschrieben werden und die die Errungenschaften und die Glorie der Qin-Dynastie preisen. Weiter wurden, speziell auf bedeutenden Bergen wie dem Tai Shan, Zeremonien durchgeführt, die das Ziel hatten, den Ruhm Qins im Himmel bekanntzumachen. Auf seiner fünften Reise starb der Erste Kaiser unerwartet im August 210 im südlichen Hebei. Seine Reise hatte bis dahin schon zehn Monate gedauert.
Zwei Episoden, die in den Chroniken erwähnt sind, haben das Ansehen der Qin-Dynastie bis heute geprägt. Sie sind in China unter dem Begriff Bücherverbrennung und Gelehrtenbegrabung bekannt.
Anlässlich eines Empfangs im Kaiserpalast im Jahre 213 wurde der Erste Kaiser von zahlreichen Gelehrten dafür gepriesen, den Frieden hergestellt zu haben, indem er das Land in Kommandanturen und Kreise aufteilte, anstelle das Land in Königtümer und Herzogtümer zu zerteilen, wie es die Vorgängerdynastien getan hatten. Gelehrte aus dem früheren Staate Qi, einem Kernland des Konfuzianismus, erklärten jedoch, dass die Herrscherdynastien vor Qin gerade deshalb so lange Bestand hatten, weil die Herrscher ihre Verwandten und verdiente Minister mit Lehen belohnten. Die Reaktion des legalistischen Kanzlers Li Si war heftig; er empfahl, dass alle Bücher, die geeignet waren, die Gegenwart mit Hilfe der Vergangenheit zu kritisieren, verbrannt werden sollten. Dazu gehörten Werke anderer philosophischer Strömungen als dem Legalismus, die Chroniken anderer Staaten und speziell das Buch der Lieder und das Buch der Urkunden. Die Werke in der kaiserlichen Bibliothek sowie alle Bücher über Medizin, Land- und Forstwirtschaft sowie Astrologie sollten von diesem Dekret ausgenommen sein. Außerdem sollten alle, die die Gegenwart mit Hilfe der Vergangenheit kritisierten, hingerichtet werden.
Der Vorschlag wurde von Kaiser Qin Shi Huangdi genehmigt; das Dekret wurde erst im Jahre 191 vor Christus durch die Han-Dynastie zurückgenommen. Die Bücherverbrennung der Qin-Dynastie hatte nicht zum Ziel, den gesamten Bestand an Büchern zu verbrennen. Es ist nicht geklärt, wie viele Bücher tatsächlich verbrannt wurden und wie viele Schriftstücke aus der Zhou-Dynastie durch diese Aktion verlorenging. Es ist anzunehmen, dass die Schäden, die das Niederbrennen des Kaiserpalasts durch Rebellen im Jahr 206 anrichtete, viel höher waren, und dass in späteren Jahrhunderten weitere Schriftstücke verlorengingen. Dieses absichtliche Zerstören von Literatur hatte jedoch zur Folge, dass die konfuzianistisch geprägten Historiker der folgenden Dynastien über Qin ein tendenziell negatives Bild zeichneten.
Eine zweite Episode wird dem Jahr 212 zugeschrieben. Ein gewisser Meister Lu, ein Magier von der ostchinesischen Küste, riet dem Ersten Kaiser, sich von anderen Männern fernzuhalten, denn so wäre es ihm möglich, das Elixier der Unsterblichkeit zu entdecken. Der Kaiser ließ in der Folge zahlreiche Paläste umbauen, dekorieren und jeden hinrichten, der sich während seiner Anwesenheit in diesen Palästen zeigte. Als er einmal von einem Hügel aus das Gefolge seines Kanzlers Li Si erblickte, ärgerte er sich über die hohe Zahl der Begleitung. Li Si reduzierte sein Gefolge entsprechend, da erkannte der Kaiser, dass es in seinem eigenen Gefolge eine undichte Stelle gab. Da niemand zugeben wollte, Li Si informiert zu haben, ließ er alle jene, die zu besagtem Zeitpunkt bei ihm waren, hinrichten. Außerdem erfuhr der Kaiser von Schmähreden, in denen er als grausam und machthungrig bezeichnet wurde. Er ließ dafür persönlich ausgesuchte Gelehrte hinrichten. Seinen Sohn Fu-su, der ihn für die Hinrichtungen kritisierte, schickte er an die Nordgrenze seines Reiches, um die Militär- und Bautätigkeiten von Meng Tian zu überwachen.
Diese Episode hat viel dazu beigetragen, dass der Erste Kaiser traditionell als grausame Schreckgestalt dargestellt wird. Sie ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach eine Erfindung, die Sima Qian beim Zusammenstellen seiner Chronik entweder unkommentiert von einer anderen Quelle übernommen hat, oder die später von Unbekannten in die Chronik eingefügt wurde. Die verwendeten Schriftzeichen lassen zudem die Interpretation zu, dass die Gelehrten bei lebendigem Leibe begraben wurden, was die Dramatik, die diese Geschichte der Figur von Qin Shi Huangdi verliehen hat, weiter erhöht.
Die Qin-Dynastie wird als reinste Verkörperung der Philosophie des Legalismus gesehen und in der Tat wurde der Legalismus von keinem späteren Herrscher so umgesetzt, wie dies in Qin geschah. Das Reich und sein Kaiser, der den Legalismus wohl als politische Notwendigkeit akzeptierte, waren jedoch von weiteren bedeutenden Wert- und Denkrichtungen beeinflusst. Es ist überdies anzunehmen, dass die Gelehrten in ihrer Zeit sich nicht bewusst einer Schule anschlossen, und dass die Einteilungen erst zu viel späterer Zeit erfolgten.
Der Legalismus zerfällt grob in zwei Strömungen, wovon eine auf dem Denken von Shang Yang beruht und strenge Gesetze, Gruppenverantwortung sowie Belohnung und Strafe als Werkzeuge zum Staatsaufbau vorsieht. Die Lehren von Shen Bu-hai betonen jedoch die Methoden und Techniken, die ein Staat zum Aufbau einer bürokratischen Verwaltung anwenden muss. Obwohl Shen Bu-hai Kanzler des Staates Han war, wurden seine Theorien auch in Qin angewandt, dies zeigen Schriften von Li Si und auch Gesetzestexte, die bei Ausgrabungen zum Vorschein gekommen sind und die von einer bemerkenswert hohen Entwicklung der quantitativen Techniken des Qin-Reiches zeugen.
Der Konfuzianismus war eine weitere einflussreiche Philosophie des Qin-Reiches. Auch wenn die Zentren des Konfuzianismus ursprünglich nicht in Qin, sondern in anderen Staaten lagen, so finanzierte Qin Shi Huangdi ein Institut von Akademikern, dem 70 Mitglieder angehörten. Diese wurden zu zahlreichen Fragen wie Formulierung von Riten, Zeremonien, Opferungen oder Traumdeutungen herangezogen. Die konfuzianistischen Institutionen waren von den berüchtigten Bücherverbrennungen ausgenommen. Die Bedeutung konfuzianistischer Ideen wird weiters durch die Steininschriften des Ersten Kaisers illustriert und überlieferte Straffälle demonstrieren, dass die Gesetze Qins die Missachtung von konfuzianistischen Werten, etwa die Kindespflichten, unter Strafe stellte. Somit waren der Konfuzianismus und der Legalismus der Qin-Dynastie, anders als häufig dargestellt, keine entgegengesetzten, sondern sich ergänzende Denkströmungen.
Der Fünf-Elemente-Lehre wurde wahrscheinlich durch den Ersten Kaiser ebenso eine große Beachtung geschenkt. Diese Philosophie besagt, dass die Elemente Erde, Metall, Holz, Feuer und Wasser in einer ständig wiederkehrenden und unabänderlichen Reihenfolge auftreten. Dem Hause Zhou war das Element Feuer zugeordnet. Die Qin-Herrscher hatten Kosmologen, die sie dabei berieten, wie man am besten die Unterstützung der Kräfte des Elementes Wasser für sich erlangen könnte; die Farbe schwarz (die Entsprechung des Wassers unter den Farben) war somit die bevorzugte Farbe für Kleidung und Flaggen; der Zahl sechs (die Entsprechung des Wassers in der Zahlenwelt) wurde bei Vorschriften über Wagenlänge und Huthöhe Rechnung getragen und gewisse Zeremonien oder Hinrichtungen fanden vorwiegend im Winter, der Entsprechung des Wassers unter den Jahreszeiten statt.
Der Taoismus in seiner Ausprägung der Qin-Zeit sowie Hexerei und Schamanismus fanden großes Interesse des Ersten Kaisers, der an die Existenz des Elixiers der Unsterblichkeit glaubte und hoffte, dies mit Hilfe von Magiern zu finden.
Der Erste Kaiser starb auf seiner fünften Inspektionsreise, im Jahr 210 im südlichen Hebei, im 49. Lebensjahr. Mit ihm auf dieser Reise befanden sich unter anderem sein Lieblingssohn Hu-hai, Kanzler Li Si und der Eunuch Zhao Gao. Zhao Gao war Lehrer von Hu-hai, vor allem in rechtlichen Angelegenheiten, und er hatte das wichtige Amt inne, den Ein- und Ausgang von kaiserlichen Dokumenten zu überwachen. Kurz vor seinem Tod verfasste Qin Shi Huangdi ein Papier, in welchem er seinen ältesten Sohn Fu-su, den er an die Nordgrenze des Reiches zu Meng Tian geschickt hatte, in die Hauptstadt Xianyang rief, damit er dort die Thronfolge antreten konnte. Zhao Gao hinterging den Kaiser nun, indem er das Schreiben zurückhielt und anstelle dessen einen kaiserlichen Brief fälschte, in welchem er Fu-su und Meng Tian der Untreue gegenüber dem Hof bezichtigte und sie zum Selbstmord aufforderte.
Qin Shihuangdi wurde in einem Mausoleum, das sich damals schon mehrere Jahre in Bau befand, beerdigt. Mit ihm wurden zahlreiche Konkubinen, Schätze und Soldaten aus Terrakotta begraben; jene Arbeiter, die die Arbeiten am Mausoleum ausführten, begleiteten den Kaiser ebenfalls ins Grab, um das Geheimnis der Anlage zu bewahren.
Hu-hai bestieg somit als Zweiter Kaiser den Thron. Auch er führte, gleich seinem Vater, eine Inspektionsreise durch und verewigte sich in einer der Steintafeln, die der Erste Kaiser aufstellen lassen hatte. Gleichzeitig übernahm Zhao Gao jedoch die Macht. Im Jahre 208 ließ er den alternden Li Si mitsamt seiner Familie hinrichten; Li Si starb auf dem Marktplatz von Xianyang den grausamen Tod durch die Fünf Strafen und anschließendes Zertrennen des Körpers an der Hüfte. Wenig später übernahm Zhao Gap das Kanzleramt und trieb den Zweiten Kaiser in den Selbstmord. Neuer Kaiser wurde ein Enkel von Qin Shi Huangdi, Zi-ying. Dieser ließ Zhao Gao kurz nach seiner Thronbesteigung erstechen.
Im Jahre 209 brach im Qin-Reich die erste größere Rebellion aus. Die Chroniken berichten von zwei Landarbeitern namens Chen She und Wu Guang aus dem früheren Staate Chu, die die Aufgabe bekommen hatten, 900 zwangsverpflichtete Arbeiter zur Großen Mauer zu bringen. Starker Regen verzögerte die Ankunft der Arbeiter; nach Qin-Recht hätten die beiden Männer dafür zum Tod verurteilt werden sollen. Sie entschieden sich zur Rebellion und es gelang ihnen, ein gewisses Territorium unter ihre Kontrolle zu bringen. Chen She nahm in der Folge den Titel Großer Chu an und schaffte es im Winter 208 sogar, eine Stadt unweit der Hauptstadt Xianyang zu belagern. Die Truppen von Chen She wurden jedoch von einer Armee des Qin-Generals Zheng Han besiegt; Chen She wurde kurz darauf von einem seiner Gefolgsleute ermordet.
Für das militärisch starke Qin-Reich war die Niederschlagung dieser Rebellion keine Schwierigkeit. Sie löste jedoch zahlreiche Revolten vor allem in Gebieten aus, die früher zu anderen Staaten gehört hatten und wo nach wie vor Treue zu den alten Herrscherhäusern vorherrschte. So kam es zu einer Serie von Morden an kaiserlichen Beamten in verschiedenen Kommandanturen; die Zentralregierung hatte indes nicht die Fähigkeit, auf diese Vorkommnisse schnell zu reagieren. Inspiriert von der Rebellion Chen Shes organisierten 209 zwei Mitglieder des ehemaligen Chu-Königshauses, Xiang Liang und Xiang Yu, einen Aufstand, ermordeten den Gouverneur Kuai Chi und stellten das Chu-Königreich wieder her, indem sie einen Enkel des früheren Königs als Herrscher einsetzten. Ähnliches geschah in Yan, Han, Wei, Zhao und Qi. Ebenfalls im ehemaligen Chu ermordete der Bauernführer Liu Bang den Gouverneur von Pei und nahm ab dann den Titel Herzog von Pei an.
Qin entsandte eine Armee in Richtung Osten, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Es kam zu einer Belagerung einer strategisch wichtigen Stadt im Staate Zhao, die die Rebellen unter Xiang Yu für sich entscheiden konnten. In der Folge etablierte Xiang Yu sich als fähiger Heerführer, während zahlreiche altgediente Qin-Generäle besiegt wurden oder sich ergeben mussten. Parallel zu dieser Belagerung entsandte der neu eingesetzte Chu-König Liu Bang mit einem Heer in das Herzland von Qin, nämlich in die Region Guanzhong. Nachdem es ihm gelungen war, bei Lantian ein Qin-Heer zu besiegen, hatte er freien Weg zur Qin-Hauptstadt Xianyang. Dort ergab sich Zi-ying, der Dritte Kaiser, dem Bauernführer Liu Bang, nur 46 Tage nach seiner Thronbesteigung.
Gemäß einer Abmachung mit dem König von Chu hätte Liu Bang somit neuer König von Qin werden sollen. Die Chroniken berichten, dass er die Staatsdokumente von Qin beschlagnahmen, den Palast und die Waffenkammern abriegeln und das harte und unpopuläre Strafgesetzbuch abschaffen ließ. Etwa zwei Monate später erreichte Xiang Yu mit seinen Truppen die Stadt Xianyang, ließ Zi-ying und seine Familie hinrichten und den Palast plündern und niederbrennen. Somit endeten die Qin-Dynastie und die 700jährige Existenz des Staates Qin.
Xiang Yu hatte vor, aus dem ehemals vereinigten Reich eine Föderation von 18 Königreichen zu machen, die von einem 19. Reich angeführt werden sollte. Als König dieses 19. Reiches sah er sich selbst. Er ließ den König von Chu ermorden und machte Liu Bang zum König des abgelegensten Teiles von Qin namens Hanzhong. Dieser Verrat führte zu einem Krieg, den Liu Bang mit Unterstützung der Heerführer Xiao He und Han Xin im Jahr 202 in einer Entscheidungsschlacht in Anhui für sich entschied. Er rief sich zum ersten Kaiser der Han-Dynastie aus. Als Mann aus dem Volk schuf er einige der unpopulärsten Gesetze der Qin-Dynastie ab, versorgte seine Gefolgsleute mit Lehen, führte im Allgemeinen jedoch die Politik der Qin-Dynastie weiter.



SECHSTES KAPITEL
DIE HAN-DYNASTIE

In den Zeiten der Han ward im fernen Ju-te-a geboren
Ye-su Ji-du, der wahre Himmelssohn, heilige Gottmensch.

Der Sturz der vorangegangenen Qin-Dynastie geschah durch mehrere gleichzeitige Bauernaufstände, die sich gegen Unterdrückung richteten. Den Anlass bildete der Befehl, eine Gruppe von 900 Arbeitern hinzurichten, die aufgrund starker Regenfälle zu spät zur Arbeit an der Großen Mauer gekommen waren. Die Betroffenen erhoben sich und versammelten sich innerhalb weniger Tage zu einer Armee von 300 000 Mann.
Unter den Anführern dieser Aufstände setzte sich der niedere Beamte Liu Bang durch. Sein Gegenspieler auf kaiserlicher Seite war der Adlige Xiang Yu aus Chu, gegen den er umsichtig und letztlich erfolgreich kämpfte. Als Xiang Yu fiel, wurde Liu Bang Kaiser. Er ließ den Verwaltungsapparat der Qin-Dynastie weiterbestehen und hielt an der Mehrzahl ihrer Gesetze und Verordnungen fest.
Die Bevölkerung wurde in 24 Rangstufen eingeordnet. Man konnte gegen besondere Leistungen befördert, aber auch als Strafe degradiert werden. Die Leistungen an den Staat bestanden aus Kopfsteuer, Fronarbeit und Militärdienst. Es kam zu Bevölkerungsumsiedlungen, um die Grenze zu verteidigen, Land urbar zu machen und die Ballungsgebiete zu entlasten.
Der Verwaltungsapparat war wie zuvor dreigeteilt: zivile Angelegenheiten, militärische Angelegenheiten und Inspektion. Das betraf sowohl die Hauptstadt Tschang-an, die Provinz als auch die Lehen, die zunächst noch der kaiserlichen Familie und verdienten Generälen überlassen wurden.
Zur Zeit der Qin- und der Han-Dynastie wurde im Kaiserreich China die Macht der Lehnsträger, also des Adels beseitigt und das Lehnswesen abgeschafft. Das Reich wurde endgültig zentralisiert, in Provinzen gegliedert und durch einen Beamtenapparat verwaltet. Eine dagegen aufbegehrende Revolte der Sieben Königreiche wurde zerschlagen.
Dazu kam die Abwehr der Gefahr durch die Xiongnu unter Kaiser Wu. Ferner erweiterte sich China südwärts durch Unterwerfung der Yue-Volksgruppen, wodurch auch die Bevölkerung anwuchs. Der Kurs der Han-Politik war damals eindeutig auf Expansion ausgerichtet.
Die Han-Dynastie verzeichnet auch eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte. Die Lehren des Konfuzius wurden staatlich anerkannt, auch wenn zunächst der Taoismus dominierte. Ferner hielt der aus Indien stammende Buddhismus seinen Einzug in China. Man bemühte sich mit beachtlichen Teilerfolgen um die Wiederherstellung der verbrannten und verlorengegangenen Literatur.
Die Wirtschaft erlebte einen Aufschwung, erkennbar durch explodierenden Seiden-, Lack- und Jadehandel und eine Vielzahl von Erfindungen: Stahlerzeugung, Schiffsruder, Handkurbel, Messschieber, Schubkarre, Kettenpumpe, Hängebrücke, Bohrung nach Sole, Rotationsworfelmaschine, Drillmaschine, Papier, Seismoskop und anderes Viele der genannten Erfindungen waren allerdings schon zuvor den alten Griechen und Römern bekannt, so dass es sich hierbei um chinesische Parallelerfindungen handelt, was die Leistung des Han-zeitlichen Erfindergeists allerdings nicht schmälert.
Die wichtigen Wirtschaftszweige Eisen und Salz waren gut ein Jahrhundert lang Staatsmonopole. Es gab allerdings auch private Unternehmen von reichen Kaufmannsfamilien, etwa auf dem ebenso bedeutsamen Gebiet der Seidenproduktion. Die chinesischen Beamten bemühten sich ferner, die Anbauflächen zu vergrößern, intensiver zu bewirtschaften und die Nomadenstämme an den Grenzen zum Ackerbau zu animieren.
Die wachsende Wirtschaftskraft Han-Chinas und seine politisch-militärische Expansion begünstigten den Handelsverkehr zwischen den chinesischen Ländern und diversen Regionen Asiens. Konkret breitete sich Han-China im Rahmen des Krieges mit den Xiongnu und ihren Vasallen enlang der Seidenstraße aus. Dem folgte eine Ansiedlung chinesischer Soldaten und ein Strom von Zwischenhändlern in diese Region. Die Loyalität der besiegten Nomaden erkaufte man sich mit umfangreichen Geschenken.
Eine ähnliche Expansion vollzog sich in den subtropischen Gebieten, wo man über Kanton und Nordvietnam die Anbindung an den indo-iranischen Seehandel schaffte. Es entstanden erste Kontakte Han-Chinas nach Persien und indirekt sogar zum Römischen Reich. So tauchten laut chinesischen Berichten Gesandte der Römer erstmals zur Zeit von Marc Aurel in China auf. Indische Gesandtschaften erreichten den Hof, es entstanden offizielle Beziehungen nach Java.
Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Erfolge wurden im Laufe der Zeit reiche Provinzfamilien immer einflussreicher, insbesondere wenn sie die Landwirtschaft mit industriellen Unternehmungen und Handel kombinieren konnten.
Dieser wirtschaftliche Erfolg führte über Darlehen und Wucherzinsen zur Enteignung der kleinen Bauern, was auch die hohe Zahl von Sklaven erklärt. Kaufleute stellten ihren Reichtum offen zur Schau, so dass es zeitweise Verbote hagelte. Als das nichts half, erhob man Abgaben auf Schiffe und Wagen und führte Staatsmonopole ein. Trotzdem geriet das gesellschaftliche Gleichgewicht durcheinander, was sich zur Regierungszeit des Wang Mang im Bürgerkrieg entlud.
Der Sturz der Frühen Han-Dynastie vollzog sich durch die Familie Wang, das heißt die einer Kaiserin. Deren Neffe Wang Mang riss mit ihrer Erlaubnis die Regierung an sich und ernannte sich schließlich selbst zum Kaiser. Er wurde durch den gleichzeitigen Bauernaufstand der „Roten Augenbrauen“ und dreier Han-Prinzen wieder gestürzt. Von den Han-Prinzen bestieg Liu Xiu (Kaiser Guang Wu) in mehreren Kämpfen den Thron und begründete die Östliche, Späte Han-Dynastie.
Die Thronbesteigung der Späten Han löste die angesammelten Probleme nicht. Im Prinzip waren es die Großgrundbesitzer, welche die Späten Han-Kaiser unterstützten, während die Frühen Han noch die Kleinbauern als Gegengewicht zu den Lehensträgern und reichen Familien benutzt hatten.
Zur Zeit der Späten Han kam es zu zunehmenden Bevölkerungsverschiebungen von Norden nach dem Roten Becken in Sichuan und dem Jangtsekiang. Der Grund waren die Unruhen unter den ehemaligen Nomaden. Man erwog schon einen allgemeinen Rückzug aus dem Nordwesten. Die so entwurzelten Bauern und ehemaligen militärischen Siedler waren auf Landsuche, vermehrten die Arbeitskräfte im Süden und wurden von den reichen Großgrundbesitzern abhängig, die riesige Vermögen anhäuften und eigene Milizen aufstellten.
Der Untergang der Späten Han-Dynastie kam zur Regierungszeit von Kaiser Ling zunächst mit Unruhen und Banditenumtrieben. Dann brach unter den Zhang-Brüdern der religiös-soziale Bauernaufstand der Gelben Turbane aus, der bald das ganze Reich erfasst hatte. Um der Lage Herr zu werden, versah der Kaiser die Provinzgouverneure und Generäle mit weitreichenden Befugnissen und beseitigte damit den Einfluss der Zentralregierung. Dazu gesellte sich die sozial-religiöse Bewegung Fünf-Reisscheffel des Zhang Daoling und seines Enkels Zhang Lu, die ein unabhängiges Territorium um Hanzhong kontrollierte. Nach Kaiser Lings Tod brach in der Hauptstadt ein Streit um die Nachfolge aus, bei dem sich der General Dong Zhuo durchsetzte. Er lenkte den letzten Han-Kaiser Xian, bis er einer Verschwörung zum Opfer fiel und ermordet wurde.
Zu dieser Zeit befand sich das Land im Bürgerkrieg. Im Jahr 196 nach Christus bemächtigte sich der General Cao Cao der Person des Kaisers und versuchte, das Reich wieder zu vereinen. Er scheiterte jedoch in der Schlacht von Chibi und musste den Jangtsekiang als Südgrenze seines Machtbereichs akzeptieren. Anschließend formierten sich südlich des Jangtsekiang die Reiche der Kriegsherren Liu Bei und Sun Quan. Cao Cao starb im Frühjahr 220, und sein Sohn Cao Pi, der zunächst für den Kaiser regierte, setzte ihn noch im selben Jahr ab und ernannte sich selbst zum Kaiser der Wei-Dynastie. Damit begann in China die Zeit der Drei Reiche.
Die Kaiser der Han-Dynastie erhoben den Anspruch, Herrscher über Tianxia, also die gesamte damals bekannte Welt, zu sein.



SIEBENTES KAPITEL
DIE DREI REICHE

Im heroischen Zeitalter, des beim Volke beliebten,
Nach den Gelben Turbanen kamen buddhistische Mönche.

Die Östliche Han-Dynastie war bereits kurz nach ihrer Gründung von inneren Schwächen geplagt. Die sozialen Probleme, die bereits zum Sturz der Westlichen Han-Dynastie geführt hatten, blieben ungelöst, innerhalb der höchsten Regierungsschicht fehlte es an einer starken Führungspersönlichkeit. Fast alle Kaiser der Dynastie bestiegen den Thron als Minderjährige, der jüngste im Alter von drei Monaten. So blieben sie Marionetten der Kaiserwitwen, mächtiger Eunuchen oder machthungriger Minister.
Die Gelben Turbane waren ein Geheimbund mit taoistischer Färbung. Sie appellierten an den Unmut der Unterschicht – der Bauern und Handwerker – und propagierten eine gerechtere Sozialordnung. Der Bund war dabei so erfolgreich und gut organisiert, dass, als er zum Aufstand rief, binnen kürzester Zeit überall im Land Aufstandszellen aktiv wurden und das Reich in eine ernste Krise stürzten. Um der Situation Herr zu werden, war die schwache Zentralregierung gezwungen, die Provinzgouverneure sowie lokale paramilitärische Streitkräfte, die von den Großgrundbesitzern zum eigenen Schutz organisiert worden waren, um Hilfe zu bitten. Dabei stattete der Kaiserhof diese Lokalmächte mit weitreichenden militärischen und zivilen Rechten aus. Zwar zeigte die Maßnahme insoweit Wirkung, als der Aufstand schnell zusammenbrach, jedoch blieben nun halbautonome regionale Mächte zurück, die der Zentralregierung militärisch weit überlegen waren.
Zur gleichen Zeit spitzten sich auch die Machtkämpfe am kaiserlichen Hof zu. Zu den streitenden Parteien zählten die Eunuchen, deren Macht auf ihrer Nähe zum Kaiser und den Kaiserwitwen beruhte, die Verwandten der Kaiserfamilie, dabei hauptsächlich die Verwandten der Kaiserin und der Kaiserwitwen, sowie die Minister und Generäle innerhalb der Zentralregierung. Diese Auseinandersetzungen waren bezeichnend für die gesamte Östliche Han-Dynastie.
Kaiser Ling war gestorben und die Frage der Thronfolge lieferte den Anlass zur blutigen Auseinandersetzung. General He Jin, der Halbbruder der Kaiserwitwe, griff die zehn mächtigsten Eunuchen an, die bis dahin die Politik der Zentralregierung bestimmt hatten. Zwar konnte He Jin einige von ihnen töten, verlor selbst aber im Kampf das Leben. Im Gegenzug wollten die Eunuchen He's Adjutanten Yuan Shao absetzen, aber der kam ihnen zuvor, steckte entschlossen den Kaiserpalast in Brand und massakrierte den Großteil von ihnen. Einige entführten jedoch kurzerhand die beiden Thronanwärter Liu Bian und Liu Xie und flüchteten. Yuan Shao rief deshalb den mächtigsten der Provinzgouverneure, Dong Zhuo, zu Hilfe. Damit gab er einem Lokalfürsten die Möglichkeit, selbst seine Interessen bei Hof zu vertreten. Zugleich brach er das Tabu, dass lokale Militärmachthaber ihre Armeen nicht in die Nähe der Hauptstadt bringen durften.
Dong Zhuo folgte dem Ruf nur allzu willig. Er konnte die flüchtigen Eunuchen schnell fassen und den Kaiser retten, dachte jedoch nicht daran, die nun gewonnene Machtstellung aufzugeben. Die offensichtliche Schwäche der Zentralregierung steigerte seine Machtgelüste nur noch mehr. Er setzte den 13-jährigen Kaiser kurzerhand ab, ließ ihn später töten und setzte einen neuen Kaiser ein, den erst neunjährigen Xian. Dass er allzu gern selbst den Thron bestiegen hätte und dies über kurz oder lang auch getan hätte, war offenkundig. Doch Dong Zhuo wurde schließlich von seinem Gefolgsmann Lü Bu ermordet.
Mit der Machtergreifung Dong Zhuos hatte die zentrale Han-Regierung de facto zu existieren aufgehört. Die lokalen Machthaber, die bislang zumindest dem Anschein nach kaiserlichen Befehlen gehorchten, sagten sich nun offen von der Zentralregierung los. Allianzen wurden geschmiedet, um gegen Dong zu opponieren. Es kam aber auch zu örtlichen Kämpfen zwischen den Kriegsherren. Das Buch der Späteren Han dokumentiert: „Namhafte Metropolen sind leer und ohne Einwohner. Landstriche, die über hunderte von Meilen menschenleer sind, davon gibt es unzählige“!
Dong wurde durch Intrigen innerhalb seines eigenen Machtblocks getötet. Doch sein Tod brachte dem Land keinen Frieden, denn der Kampf um das noch nicht völlig zerfallene Han-Reich hatte erst richtig begonnen. Von den Kriegsherren, die das Geschehen dieser Zeit bestimmten, waren einige frühere Provinzgouverneure, andere hatten erst durch den Kampf gegen die Gelben Turbane Macht und Ansehen erlangt. Wieder andere waren selbst Aufständische gewesen und konnten sich nun vor allem in den Randgebieten etablieren.
Cao Cao war ein Emporkömmling, der seinen Aufstieg dem Kampf gegen die Gelben Turbane verdankte. In seiner Armee dienten auch zahlreiche ehemalige Turbankämpfer. Nach dem Tod von Dong Zhuo nahm er Kaiser Xian unter seinen Schutz und konnte dadurch seinen Taten einen Hauch von Legitimation geben. Auch verfügte er über mehr Weitsicht als sein ärgster Konkurrent Yuan Shao. So betrieb er beispielsweise eine aktive Politik der Landerholung, um die wirtschaftliche Grundlage für seine Feldzüge zu schaffen.
In der Schlacht von Guandu konnte Cao Cao des Yuan Hauptstreitkraft vernichtend schlagen, obwohl Yuans Armee in zehnfacher Überzahl war. Cao jedoch erwies sich als der brillantere Taktiker und Stratege. Mit lediglich 5000 Mann startete er einen risikoreichen Überraschungsangriff, setzte unbemerkt über den Gelben Fluss und griff das schwach verteidigte Hauptlager von Yuan Shaos Truppen an. Durch diesen Angriff wurde die Hauptversorgung von Yuans Armee vernichtet und seine Armee völlig demoralisiert. Mit hunderttausend Mann ausgezogen, um das Land zu einigen, kehrte Yuan mit lediglich 800 Männern in seine Hauptstadt zurück. Er verfiel in Depressionen und starb im darauffolgenden Jahr. Cao Cao wurde der unangefochtene Herrscher über das Kernland. Er konnte auch den Rest von Yuans Söhnen und Generälen besiegen und so den gesamten Norden einigen.
Dann begann Cao Cao, nach Süden vorzustoßen. Sein erstes Opfer sollte Liu Biao werden, der die Provinz Hubei regierte. Er gehörte der kaiserlichen Familie an und war schon von jeher der Provinzgouverneur der Region, strebte jedoch nicht nach Machterweiterung. An den Umstürzen in der Hauptstadt nahm er weder teil noch zeigte er ein Interesse daran. Er war vornehmlich auf den Erhalt seiner eigenen lokalen Macht bedacht; zudem war er alt und kränklich. Dass er der Armee von Cao Cao nicht standhalten würde, war offensichtlich. Liu Bei, angeblich ebenfalls ein Angehöriger der kaiserlichen Familie und zu dieser Zeit unter dem Schutz von Liu Biao, wollte sich Cao Cao nicht kampflos ergeben. Von seinem Berater Zhuge Liang dazu angehalten, beschloss Liu Bei, selbst das Heft in die Hand zu nehmen und Cao Widerstand zu leisten.
Er hatte jedoch keinen Erfolg. Nachdem Cao Cao mit Leichtigkeit Liu Biao vernichtet hatte, flüchtete Liu Bei nach Wuhan und bat Sun Quan um Hilfe.
Sun Quan hatte das fruchtbare Gebiet südlich des Jangtsekiang unter seine Kontrolle gebracht und gehörte zu den stärksten verbliebenen Widersachern von Cao Cao. Zwar erreichte ihn ein Unterhändler von Cao Cao, der ihn unverhohlen davor warnte, Liu Bei zu helfen. Aber Sun Quan war klar, dass Cao Cao vorhatte, einen Kriegsherrn nach dem anderen zu vernichten. Wenn er jetzt untätig bliebe, würde auch er am Ende an die Reihe kommen. Um das Bündnis mit Liu Bei zu besiegeln, gab er ihm seine Schwester zur Frau. Cao Cao beschloss daraufhin, den Jangtsekiang zu überqueren und Sun Quan anzugreifen.
Dazu musste er zuerst seine an Landoperationen gewöhnten Streitkräfte für die Überquerung des Jangtsekiang vorbereiten. Bei Chibi errichtete er einen Stützpunkt, der ihm als Basis für seine Wasserstreitkraft dienen sollte. Damit seine Landstreitkraft ihre gewohnte Taktik auch auf dem Wasser anwenden und somit der Marine von Sun Quan Paroli bieten konnte, ließ er die Schiffe zu überdimensionalen Flößen zusammenbinden, damit der Wellengang vermindert würde. Über diese Flöße wurden Holzpaletten gelegt, so dass selbst seine Kavallerie darauf operieren konnte. Sun Quan jedoch nutzte die Schwäche dieser Riesenflöße aus: ihre Unbeweglichkeit und die Tatsache, dass die Schiffe aus Holz gebaut waren. Mit zehn kleinen Schiffen, die als Deserteure getarnt und mit Brennstoff voll beladen waren, zündete er die gesamte Flotte von Cao Cao an. Zur gleichen Zeit fiel die Armee von Liu Bei auf dem Land über Cao Caos Truppen her. Nur mit Not konnte er sich retten.
Die Schlacht von Chibi stoppte Cao Caos Vorstoß nach Süden und besiegelte die Dreiteilung des Landes. Mit der Schlacht von Guandu gehört sie zu einer der wichtigsten Schlachten in diesem Abschnitt der chinesischen Geschichte.
Nach dem Debakel von Chibi kehrte Cao Cao nach Norden zurück, um sich zu erholen und neue Kraft zu sammeln.
Liu Bei konnte die Zeit nutzen, um sich Sichuans und der Hunan-Provinz zu bemächtigen.
Ohne die Bedrohung von außen zerfiel das Bündnis zwischen Liu Bei und Sun Quan jedoch schnell. Liu Bei scheiterte gegen Sun Quan, der seinem Schwager Hunan und Hubei wieder abnahm. Außerdem konnte Sun Quan sein Reich weiter nach Süden in Richtung Fujian und Guangdong ausdehnen, Gebiete, die bis dahin zum Randgebiet von China zählten.
220 nach Christus starb Cao Cao, sein Sohn Cao Pi folgte ihm nach. Er zwang den Han-Kaiser Xian, zu seinen Gunsten abzudanken und errichtete die Wei-Dynastie. Ein Jahr darauf rief sich Liu Bei, der sich für den rechtmäßigen Erben hielt, in Sichuan zum Han-Kaiser aus. Sein Reich wurde in der Geschichte deshalb Shu Han genannt. Im nächsten Jahr versuchte Liu Bei erfolglos, in einem großen Feldzug die verlorenen Provinzen Hunan und Hubei zurückzuerobern. Kurz darauf starb er. Sun Quan nannte sich König von Wu und Kaiser der Wu-Dynastie.
Darauf kam es in Wei zum Staatsstreich durch den Oberbefehlshaber Sima Yi. Zwar wurde der Wei-Kaiser offiziell als Staatsoberhaupt belassen, die Sima-Familie wurde jedoch die tonangebende Familie im Staat.
So nutzte Sima Yis Sohn Sima Zhao die innere Zerstrittenheit von Shu Han aus und fiel in Sichuan ein. Shu Han brach binnen kürzester Zeit zusammen. Da setzte Sima Zhaos Sohn Sima Yan den letzten Wei-Kaiser ab und errichtete die Jin-Dynastie. Gleichzeitig wurden erste Vorbereitungen gegen Wu getroffen. Nach jahrelanger Vorbereitung schließlich konnte Jin mit einer eigenen Marine auf dem Yangtse aufwarten. Die Jin-Armee setzte über den Strom. Fünf Monate später kapitulierte Wu. Damit war die Zeit der drei Reiche zu Ende.
Der Konfuzianismus erlebte in dieser Epoche eine Zeit des Niedergangs. Er verlor sich in starren Lehrsystemen und endlosen Kommentaren. Da er in dieser Form die Bedürfnisse der Menschen nach spekulativ-philosophischen Ideen nicht mehr befriedigen konnte, kam es zu einem Aufleben alter Volksreligionen, die sich mit Elementen des Taoismus verband, und einem Erstarken des Buddhismus. Unter dem Einfluss des Buddhismus, der schon in der Han-Dynastie in ersten Ansätzen eingeführt wurde, sich aber nicht nennenswert ausbreitete, ging in dieser Epoche eine wesentliche Umformung der chinesischen Geistigkeit und Zivilisation vonstatten. Der Buddhismus wurde in der Zeit der drei Reiche von chinesischen und nicht-chinesischen Missionaren in Wort und Schrift verkündet. In der Breite konnte sich der Buddhismus dann allerdings erst mit Beginn der Tang-Dynastie in China durchsetzen.
In der allgemeinen chinesischen Wahrnehmung wurde die Zeit der drei Reiche später zur heroischen Zeit schlechthin. Auch heute noch sind Chinesen aller Volksschichten mit den Personen dieser Epoche meist besser vertraut als mit denen der übrigen Epochen.
Der Roman Die Geschichte der Drei Reiche vermischt historische Begebenheiten mit literarischen Erfindungen und beschreibt die Abenteuer dreier an der Niederschlagung der „Gelben Turbane“ beteiligter Generäle. Dank vieler Fassungen der Geschichte der Drei Reiche in Dichtung und Drama ist diese Periode allen Chinesen vertraut. Die beliebtesten Helden dieser Geschichten sind Guan Yu, der spätere Kriegsgott, der für Treue und Aufrichtigkeit steht, und außerdem Zhuge Liang, der sich durch Weisheit und Intellekt auszeichnet.


ACHTES KAPITEL
DIE TANG-DYNASTIE

Li Tai-Bo hat den Kummer ersoffen in Strömen des Weines
Und betrunken Yang Gue-Fe besungen, die schönste Chinesin.

Die Dynastie wurde von dem chinesischen General Li Yuan gegründet, der inmitten zahlreicher Rebellionen Tschang-an eroberte, woraufhin der Sui-Kaiser Yang-di von seinen Ratgebern erdrosselt wurde. General Li Yuan nahm als Kaiser den Namen Gao-zu an. Er galt als unentschlossener Herrscher, der stets im Schatten seines Sohnes Li Shi-min stand und schließlich abdanken musste.
Li Shi-min verbuchte als Kaiser Tai-zong einen entscheidenden Sieg über die Osttürken, was der Tang-Dynastie die Ausbreitung entlang der Seidenstraße ermöglichte und auch China dem Ausland öffnete. Viele fremde Kaufleute und Krieger strömten in der Folge ins Land und prägten die Stadtkultur jener Zeit. Mit ihnen kam Neues, zum Beispiel spielte die chinesische Aristokratie damals Polo, ein Spiel aus dem Iran, was nur aufgrund des verbreiteten Pferdebesitzes durch die Kontrolle der Zuchtgebiete in Gansu möglich wurde. Iranische, indische und türkische Verzierungen fanden sich auf jedem Haushaltsgegenstand, Ausländer wurden mit Vorliebe in Zeichnungen karikiert, Frauen traten unverhüllt und auch in Männerkleidung zu Pferde in der Öffentlichkeit auf. Der Prinz Li Cheng-qian benahm sich sogar wie ein Khan der Türken.
Chinas Hauptstadt zur Tang-Zeit wurde Tschang-an (heute Xian, eine Million Einwohner); aber auch Luoyang war bedeutende Nebenhauptstadt der Dynastie.
Die Beamtenschaft wurde in neun Rangklassen untergliedert, unabhängig von der tatsächlich ausgeübten Funktion. Tai-zong erneuerte auch die staatlichen Beamtenprüfungen (Geschichte, konfuzianische Klassiker, Lyrik und Verwaltung), um sich bessere Verwaltungsbeamte heranzuziehen. In der Praxis bestimmten aber Geld und Herkunft, wer Beamter wurde, so dass die höchsten Posten weiterhin dem Adel vorbehalten blieben.
Die Strafgesetze wurden vereinfacht und gemildert, das Schulwesen gefördert. Der Gesetzkodex der Tang-Zeit ist vollständig überliefert. Er war sehr umfangreich und besticht durch lückenlose Logik. Man bewertete sowohl die Schwere beziehungsweise das Wesen der Straftat als auch die gesellschaftliche Stellung des Opfers. Zusätzlich zum Strafrecht entstanden auch erste Umrisse eines Beamtenrechts.
Gegen Ende seines Lebens stürzte sich Kaiser Tai-zong aber in einen belastenden Krieg gegen Korea, was ihn zuletzt sogar innerhalb der eigenen Regierung isolierte. Für das Jahr 651 nach Christus wird die erste arabische Gesandtschaft am Tang-Hofe vermerkt, gesendet von Kalif Uthman, 643 erreichte sogar eine Gesandschaft aus Byzanz den Hof. Weitere Kriege Chinas gegen die Türken verliefen zwar erfolgreich – es wurden auch die Westtürken unterworfen, ein persischer Prinz namens Peroz forderte chinesische Unterstützung gegen die Araber an – aber die Erfolge waren nicht von Dauer.
Der Kaiser Gao-zong litt an Schwindelanfällen und Kopfschmerzen. Man nahm an, dass er von seiner Frau, der späteren „schrecklichen Kaiserin“ Wu Zhao (einer ehemaligen Konkubine), bis zu seinem Tod langsam vergiftet wurde. Wu Zhao ermordete ihren erstgeborenen Sohn und sperrte zwei weitere ihrer Söhne ein. Dann nahm sie den Kaisertitel an und regierte (trotz ihrer zahlreichen Morde) mit der Unterstützung der Buddhisten, der Geheimpolizei und großer Teile des Volkes. Um nicht auf die revoltierende Militäraristokratie des Nordens zurückgreifen zu müssen, förderte sie durch ihre Beamtenprüfungen neue Leute, speziell aus dem Süden Chinas.
Die aus Chroniken übernommenen Schilderungen der Kaiserin sind jedoch auch mit kritischem Abstand zu betrachten, traditionell wurden Frauen auf dem Herrscherthron immer und zu jeder Zeit von chinesischen Chronisten verunglimpft, keine einzige Herrscherin Chinas wurde in positivem Licht dargestellt.
Nach Wu Zhaos Sturz fiel die Herrschaft nach zwei Morden und einer Abdankung schließlich an Kaiser Xuan-zong
Unter Xuan-zong erlebte Tang-China zunächst ein Goldenes Zeitalter des Friedens, der Kultur und Gelehrsamkeit und anschließend einen jähen Absturz. Die Reichspolitik leitete zunächst Kanzler Zhang Jiu-ling, ein Dichter und Mann des Südens. Der Kaiser verfiel aber bald der Trägheit und wurde willenloses Werkzeug zweier Günstlinge – Li Lin-fu und Yang Guoz-hong – und einer Nebenfrau namens Yang Gui-fei. Li Lin-fu leitete bald die Reichspolitik und konnte sogar die Hinrichtung dreier Söhne Xuan-zongs erwirken.
Inzwischen machten sich die erhöhten Militärausgaben ständiger Kriege entlang der Seidenstraße in erhöhten Steuern bemerkbar. Analog dazu schwand die Balance der staatlichen Institutionen: In der Regierung herrschte Streit zwischen den adligen Beamten und den durch staatliche Prüfungen gewonnenen Beamten, während sich der alte Kaiser vollständig ins Privatleben zurückzog. In der Armee hatten sich Berufssoldaten breitgemacht, und die Generäle hatten zu große Kompetenzen bekommen, da der erste Minister Li Lin-fu der Zivilverwaltung in den Provinzen misstraute und mit den Militärs ein Gegengewicht schaffen wollte. Trotz seiner Verdrängung der Literaten-Beamten und seiner Förderung der Militärs, ist es aber unzulänglich, ihm alle Schuld zuzuschieben. Die Expansion der Tang hatte schon länger dazu geführt, dass die Befugnisse der Militärs vergrößert wurden, zunächst in den Militärbezirken an den Grenzen und auch zunehmend im Landesinneren. Die Militärgouverneure kontrollierten schließlich die Zivil-Verwaltungen in ihrem Zuständigkeitsbereich mitten in China, und das war die wahre Ursache für den Verfall der Dynastie in der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts.
Das Gleichgewicht kippte, als die Truppen an der Nordgrenze die kaiserlichen Truppen in der Hauptstadt übertrafen und Li Lin-fu sie zwei Cousins unterstellt hatte, von denen der eine, der türkischstämmige An Lu-shan einen besonderen Ehrgeiz entwickelte. Als An Lu-shan am Hofe den Machtkampf gegen den neuen ersten Minister Yang Guo-zhong verlor, zettelte er einen Aufstand an, die An-Lu-shan-Rebellion. An Lu-shan eroberte Luoyang und Tschang-an, wurde aber im Folgejahr ermordet. Kaiser Xuan-zong floh nach Chengdu und dankte zugunsten seines Sohnes Su-zong ab. Der holte die Hauptstädte zwar mit Hilfe der Uiguren zurück, aber die Situation blieb wechselhaft, denn ein General namens Shi Si-ming setzte den Aufstand fort. Während des Aufstandes sollen 36 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein, fast drei Viertel der damaligen Bevölkerung. Sicher ist, dass die An-Lu-shan-Rebellion weite Landesteile verheerte und die Tang-Dynastie auf Dauer schwächte.
Die Uiguren und die Tibeter mischten sich nun wiederholt in China ein. Ehrgeizige Militärgouverneure vererbten ihre Ämter und widersetzten sich ununterbrochen der Zentralgewalt, die nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Bei Hofe regierten oftmals schwache Kaiser, Eunuchen oder einflussreiche Generäle. Der Kaiser De-zong musste aus der Hauptstadt fliehen, als er versuchte, die Macht einiger Militärgouverneure durch militärisches Vorgehen zurückzudrängen. Es gelang ihm zwar, einige Gegenspieler zu beseitigen, aber an den Verhältnissen konnte er nichts mehr ändern und musste sich daher mit Kompromissen begnügen, um den Frieden wieder herzustellen.
Der endgültige Untergang der Tang kam aber erst im Aufstand des Huang Chao. Dieser Aufstand kostete noch mehr Menschenleben als der Aufstand des An Lu-shan. Und zwar hatte der Bandenführer Huang Chao zunächst die Südprovinzen verwüstet und sich dann nach Norden gewandt. Der Kaiser Xi-zong floh nach Chengdu und musste beide Hauptstädte Huang Chao überlassen, der diverse Tang-Prinzen umbrachte und erst später von einem türkischen Kavalleriekorps geschlagen werden konnte. Da kehrte der Kaiser nach Tschang-an zurück und starb bald darauf.
Die Eunuchen bemächtigten sich der Person des Kaisers, wurden aber von einem General namens Zhu Wen (einem Überläufer Huang Chaos) beseitigt. Nach den nötigen Vorbereitungen wurden alle Tang-Prinzen von Zhu Wen umgebracht, womit die Dynastie endete.
In der Tang-Epoche erlebte China eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Die Großstädte wuchsen, mit ihnen die Stadtkultur und auch die Kriminalität. Dichtkunst (Li Tai-Bo, Du Fu), Malerei, Musik (Pipa), keramische Produktion erreichten ein hohes Niveau, auf technischem Gebiet entwickelte sich der Buchdruck, und die Herstellung von Schießpulver gelang. Einige chinesische Erfindungen und Entdeckungen jener Zeit: Buchdruck mit Stempeln, tickende Wasseruhr, Kometenschweif, Hartporzellan, Streichhölzer und die Zeitung.
Neben der Binnenschifffahrt waren der Bergbau und die Weberei von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.
Ein weiterer Aspekt war die Weltoffenheit jener Zeit. Der Buddhismus, insbesondere die Chan-Schule, stand noch immer in voller Blüte, man verzeichnete viele Pilgerreisen nach Indien. Ein Exemplar des Diamant-Sutra gilt als erstes Buch-Druckerzeugnis der Menschheitsgeschichte, hergestellt nach dem Abklingen der großen Buddhistenverfolgung im Holzdruckverfahren. Gebildete Chinesen richteten ihr soziales Verhalten nach den Lehren des Konfuzius, ihre Stellung in der Natur erklärte ihnen der Taoismus und für die spirituelle Kultivierung des Geistes war Buddha zuständig. Diese drei Philosophien und Religionen wurden staatlich gefördert. Aber auch der syrische Bischof Alopen aus Persien wurde 635 nach Christus von Kaiser Tai-zong in der Hauptstadt Tschang-an offiziell empfangen und mit der Übersetzung christlicher Schriften und der Errichtung von Klöstern in zahlreichen Städten des Reiches beauftragt. Durch ausländische Kaufleute und Krieger fanden auch Islam und Manichäismus Eingang in China. Fremde Kaufleute sorgten für den Transithandel über Land und See, unterhielten in den schnell wachsenden Großstädten wie Kanton eigene Handelskontore. Haupthandelsprodukte waren Tee, Porzellan und Seide.
Nach der An-Lu-shan-Rebellion wurden die Ausländer allerdings für die Lage im Land verantwortlich gemacht. Daher kam es zu einer Art intellektueller Wende im Land, einer Rückbesinnung auf traditionelles Gedankengut, welche sich in der Vereinfachung als simpler Nationalismus äußerte. Der Vorwurf lautete, die reine und einfache chinesische Kultur sei vom Buddhismus und den fremden Einflüssen korrumpiert und geschwächt worden. Man verbot den Umgang mit „farbigen Menschen“ (Iranern, Arabern, Indern), dann ihre Religionen, und befahl zudem, dass sich die Ausländer wie Chinesen zu kleiden hätten. Viele Ausländer wurden bei den Unruhen in den Städten erschlagen.
Der Kontrollverlust an der Seidenstraße schnitt zudem den Buddhismus von seinen Ursprungsregionen im Südwesten ab und leitete so seinen Niedergang im Land ein.


NEUNTES KAPITEL
DIE SONG-DYNASTIE

Auch die chinesischen Frauen schrieben schöne Gedichte,
Aber in freien Versen, nicht in klassischen Formen.

Die Nördliche Song-Dynastie wurde von General Zhao Kuang-yin (Tai-zu) begründet, der den siebenjährigen Thronerben der Späten Zhou-Dynastie stürzte und den Thron in Kaifeng usurpierte. In mehreren Feldzügen einigten er und sein Nachfolger China weitgehend und beendeten die Zeit der Fünf Dynastien und Zehn Königreiche. Kaifeng wurde die Hauptstadt.
Die Grundlagen des Staates waren schon zur Späten Zhou-Zeit gelegt worden: Wiedervereinigung der Provinzen, Ordnung der Steuerlast, Kanal- und Dammbau, Bepflanzung von Brachland, Anlage von Militärkolonien. Der unruhige türkische Militäradel hatte sich aufgerieben. Die buddhistischen Tempel und Klöster waren größtenteils konfisziert und der Mönchsstand starken Beschränkungen unterworfen worden. Der erste Song-Kaiser konnte sich auf dieses Staatsfundament stützen. Er unterstellte zudem die Militär- der Zivilverwaltung und schaffte das System der Militärgouverneure ab, das zum Untergang der Tang geführt hatte. Potentielle Rivalen pensionierte er oder setzte sie auf zivile Posten.
Große Teile Nordchinas waren zum Zeitpunkt der Dynastiegründung bereits in der Gewalt der Liao-Dynastie, welche das Land in mehreren Siegen und im Frieden von Shanyuan behaupteten. Die Song zahlten ihnen Tribut in Silber und Seide, was die Staatsfinanzen belastete, aber angesichts der hohen Kosten für das Militär immer noch die billigere Variante war. Die Armee vergrößerte sich ständig, war aber qualitativ nicht sehr hochwertig.
Weiterhin war die Existenz des Tanguten-Reiches in Gansu und die des Staates Nanzhao (Tibeter, Chinesen mit Hauptstadt Dali) in Yunnan zu verzeichnen. Dem Tangutenreich musste Song-China ebenfalls Tribut zahlen, wenn auch weniger als der Liao-Dynastie. Dazu kam die Loslösung des jahrhundertelang angegliederten Vietnam: das Land schlug einen Angriff der Song zurück.
Die Zeit der Song-Dynastie sicherte China ein schnelles wirtschaftliches Wachstum und im Zusammenhang damit eine damals einzigartige gesellschaftliche Blütezeit.
Die einzelnen Regionen waren wirtschaftlich nicht mehr autark, bestimmte Regionen standen nun für bestimmte Produkte (Zucker, Reis, Tee), und das beeinflusste Binnenhandel und -verkehr positiv. Dazu kam der Aufstieg der Städte unabhängig von ihrer politischen Bedeutung, ausgelöst durch die Landflucht und das Bevölkerungswachstum. Einzelne Stadtteile trennende Mauern verschwanden und Läden, Werkstätten und Märkte waren nicht mehr an vorgeschriebene Orte gebunden. Es gab eine soziale Gesetzgebung, was die Wohlfahrt begünstigte (Amt für Altersheime, Krankenpflegeamt). Eine weitere Voraussetzung für den Erfolg der chinesischen Wirtschaft zur Song-Zeit war eine wachsende Nachfrage im Inneren. Das städtische Bürgertum wurde wohlhabend und wünschte seinen Anteil am Luxus, egal ob es nun um Möbel, Kleidung oder Küche ging.
Wir verzeichnen eine Zunahme des Buchdrucks, Einführung des Papiergelds, eine Weiterentwicklung der Schifffahrt und bessere Militärtechnik (Schießpulver). Die Literatur blühte auf vielen Gebieten (Enzyklopädien, Medizin, Romane, Architektur, Religion, fremde Länder), und analog dazu gab es eine Zunahme öffentlicher wie privater Schulen und Bibliotheken.
Die Handelsbeziehungen nach Japan, Südostasien und Indien wurden mit der Entwicklung der Wirtschaftskraft und Hochseeschifffahrt intensiver, der bisher im Wesentlichen den Muslimen überlassene Überseehandel wirkte sich wirtschaftlich aus. Ferner vermerkte man eine vage Kenntnis europäischer Örtlichkeiten, vermittelt durch arabische Seefahrer.
Die Song-Zeit gilt als bürokratisch, aber verhältnismäßig liberal. Der Staat stützte sich auf die Klasse der Großgrundbesitzer, die gehobene Beamtenschaft rekrutierte sich fast ausschließlich aus ihr. Der kaiserliche Umgang mit den Ministern war vertrauter als zuvor, und es konnte vorkommen, dass ein Minister dem Kaiser auf die Schulter klopfte oder bei ihm einschlief. Der Kaiser betitelte sich selbst nur als Administrator und bekam für seine Ausgaben ein Budget und Sonderzuwendungen für Feiern zugewiesen. Die Rolle des Kanzlers war dabei stets bedeutend. Andererseits war die Zentralregierung im Hinblick auf die Anzahl und Verbreitung der Behörden so stark vertreten wie noch nie, und die Tendenz war steigend.
Kanzler Cai Jing führte den Staat in der Tradition, aber das endete im Fall der Nördlichen Song-Dynastie, weswegen er schlecht bewertet wird. Er hatte künstlerische Neigungen, war aber kein Wirtschaftsfachmann.
Entscheidend für den Untergang der nördlichen Song-Dynastie war die Gefangennahme des Kaisers Hui-zong und seines Sohnes bei der Eroberung von Kaifeng durch die Jurchen. Der gesamte Hof wurde in die Mandschurei deportiert. Gao-zong, ein anderer Prinz, entkam und gründete südlich des Jangtsekiang die südliche Song-Dynastie. Ein Sieg über den Jurchen-General Wu-chu am Jangtsekiang sicherte den Fortbestand der Dynastie.
Innenpolitisch änderte sich wenig, es war nur die Fortsetzung des alten Staates im Süden, mit einem verkleinerten Staatsgebiet. In dem neuen Staat war der Großgrundbesitz allenfalls stärker vertreten
Da marschierte der chinesische Volksheld Yue Fei auf Kaifeng zu, als der kriegsmüde Kaiser Gao-zong einen Tribut-Frieden schloss, der auch eine Vasallenstellung der Song beinhaltete. Yue Fei wurde durch den Hof verhaftet und hingerichtet. Song-China hatte in Zukunft zwar die Macht, aber nicht den Willen, die Jurchen aus Nordchina zu vertreiben, und sicherte den Frieden stattdessen durch hohe Tribute. Da scheiterte ein erneuter Angriff der Jurchen auf Südchina am Jangtsekiang. Bei den Kämpfen der kaiserlichen Truppen mit den Jurchen sowie mit Piraten wurde übrigens eine Flotte von Schaufelradbooten auf dem Jangtsekiang und seinen Nebenflüssen eingesetzt, ebenso wie Gas- und Explosivwaffen, Vorläufer der Kanonen.
Veruntreuung und Vetternwirtschaft in der Mandarin-Verwaltung waren die Schattenseite des Song-Staates. Möglichkeiten dazu gab es verschiedene; sie reichten von der einfachen Unterschlagung von Steuergeldern bis zur unternehmerischen Betätigung von Beamten über Strohmänner, unter Ausnutzung ihrer Stellung. Die Steuerflucht der Großgrundbesitzer nahm zu, was Zahlungsschwierigkeiten des Schatzamtes zur Folge hatte. Gleichzeitig zogen gescheiterte Kleinbauern aus den Grenzregionen als Pächter in die Ackerbauzentren, wodurch sich die die soziale Lage verschärfte. Es kam ferner zu einer nicht zu bremsenden Inflation.
So wurde die innenpolitische Lage in den Ackerbauzentren südlich des Jangtsekiang derart prekär, dass das Einziehen der Steuern schwierig wurde: Reformen wurden unumgänglich. Zwangsmaßnahmen des Kanzlers Jia Si-dao waren die Folge. Des Kanzlers Schwester war eine kaiserliche Nebenfrau. Er wollte den Großgrundbesitz beschränken, das überschüssige Land aufkaufen und mit dessen Einkünften die Steuerausfälle und Kriegskosten decken. Jia Si-dao erwies sich dabei als rücksichtsloser Intrigant. Die resultierenden Auseinandersetzungen in der Zentralverwaltung und dem Staatsrat untergruben die Loyalität der Beamtenschaft und schließlich der Armeeführung am Vorabend des Mongolen-Angriffs.
Die Mongolen hatten inzwischen ihre Herrschaft über Nordchina etabliert, die Hauptstadt nach Peking verlagert, und nun wurde die Eroberung Südchinas das Ziel. Nach dem Fall der Festungen am Han-Fluss drangen die Mongolen nach Hangzhou vor. Die Hauptstadt Hangzhou kapitulierte, letzte Anhänger der Song hielten sich noch einige Jahre. Nach Verlust der Schlacht von Yamen, einer der größten Seeschlachten in der Weltgeschichte, ertränkte Premierminister und Kaiserberater Lu Xiu-fu den achtjährigen Thronerben Bing und sich selbst durch einen Sprung in den Perlfluss. Damit fand die Südliche Song-Dynastie ihr Ende, und die Herrschaft der Yuan-Dynastie begann.


ZEHNTES KAPITEL
DIE YUAN-DYNASTIE

Marco Polo kam zum mongolischen Kaiser in Peking
Mit den Grüßen des Papstes an den Kaiser von China.

Die Dynastie wurde durch Dschingis Khans Enkel Kublai Khan proklamiert. Übersetzt bedeutet Yuan "Ur-Anfang". Sie löste nach der Kapitulation Hangzhous und der Niederlage der letzten Song-Anhänger die Song-Dynastie ab. Ihre Hauptstadt war Peking, damals Dadu genannt. Shangdu (das Xanadu der Dichtung) war die Sommerresidenz und Karakorum gab der Herrschaft die Legitimation.
Innen- und außenpolitisch wurde die Yuan-Dynastie nur formal anerkannt. Es folgten wiederholte Konfrontationen mit den in der Steppe verbliebenen Mongolen. Dazu kam, dass die Mongolenregenten im Westen, die Goldene Horde, ihre eigene Politik betrieben und den Islam annahmen.
Die mongolischen Garnisonen konzentrierten sich besonders um die Hauptstadt, während in den reichen Gegenden am Jangtse sehr bald chinesische Truppen unter mongolischen Befehlshabern den Frieden zu wahren versuchten. Die chinesischen Soldaten wurden alle zwei Jahre ausgetauscht und in eine entfernte Provinz verlegt. Auch ihre Offiziere wurden zur Vermeidung von Rebellionen regelmäßig versetzt.
Mit der Mongolenherrschaft wurde China zum ersten Mal in seiner Geschichte Teil eines Weltreiches, das von Russland bis in den Fernen Osten reichte. Anscheinend hat jedoch Kublai Khan China als das Herzstück seines Reiches angesehen und seine Regierung folgte eher chinesischen als mongolischen Traditionen. In diesem Sinne kann man auch die Verlegung der Hauptstadt nach Peking als Abkehr von der Steppe verstehen.
Da die Mongolen nomadische Viehzüchter waren, wurden sie schnell zu Minderheiten in ihrem eigenen Territorium, da sie mit wenigen Menschen ihre vielen Weidetiere auf teilweise wechselnden und sehr großen Arealen versorgen mussten. Dies führte dazu, dass sie auf Angehörige fremder Völker angewiesen waren, um ihre Herrschaftsansprüche zu sichern. Dies ist auch einer der Gründe für die Intensivierung des Kulturaustausches zwischen dem Osten und dem Westen, der während der Yuan-Dynastie stattfand. Dabei spielte besonders der Iran eine wichtige vermittelnde Rolle.
Die Bevölkerung Chinas zählte um damals offiziell sechzig Millionen Südchinesen, zehn Millionen Nordchinesen und zwei Millionen Mongolen.
Kublai Khan ließ noch vor seinem Tod die Bevölkerung Chinas in vier Gruppen einteilen und dies im Gesetzbuch festschreiben, auch wenn es in der Praxis eine schwer einzuhaltende Einteilung war.
Die höchste Gruppe bildeten die sogenannten Weißen Mongolen ("echte Mongolen"). Nur diese allein durften die höchsten Posten des Reiches besetzen. Die Schwarzen Mongolen waren die Völker, die die Mongolen bei der Eroberung Chinas unterstützt hatten. Dazu zählten verschiedene Turkvölker und die Tataren, aber auch ausgesiedelte Russen. Die Schwarzen Mongolen durften Handel treiben, Steuern erheben, Geld verleihen und die mittleren Beamtenebenen besetzen.
Die dritte Gruppe bildeten die Nordchinesen, Han-Menschen genannt. Sie durften ein Kleingewerbe betreiben und die niederen Beamtenstellen besetzen, aber keine höheren Offiziersstellen.
Die Südchinesen bildeten die vierte, die rechtlose Gruppe. Sie durften sich nicht einmal gegen Schläge wehren und mussten die meisten Steuern tragen. Allerdings hüteten sich die Mongolen davor, in Südchina den privaten Grundbesitz zu konfiszieren und erlangten so die Neutralität der reichen Südchinesen. Stattdessen beschlagnahmten sie das unter dem Song-Kanzler Jia Si-dao verstaatlichte Land, was die Lage für die einfachen Bauern nicht verbesserte. Chinesen durften keine Waffen und Pferde besitzen, Berufswechsel und Heiraten zwischen den Gruppen waren verboten.
Ein großes Problem der Mongolenherrschaft in China liegt in der Prüfung der Staatsbeamten. Das war in China seit der Tang-Dynastie üblich und ein wichtiges Legitimationsmittel einer jeden Dynastie. Die Mongolen hatten sie durchgeführt und sofort wieder abgeschafft. Erst später ließ sie der Kaiser wieder einführen. Allerdings wurden Nord- und Südchinesen dabei nur zur Hälfte zugelassen, so dass die Mongolen trotzdem die Mehrheit aller Posten besetzten.
Schon Dschingis Khan hatte einen gerühmten Gesetzeskanon in Kraft gesetzt, die innovative Rechtspraxis der Mongolendynastie insgesamt war für das spätere China weiter bedeutend und folgenreich.
Untergang
Es gelang den Chinesen nun erstmals, Aufständische zu organisieren. Bald brachen in Zentralchina mehrere Aufstände unter diversen Anführern aus, die wichtigste Gruppierung bildeten dabei die Roten Turbane. Da setzte sich Zhu Yuan-zhang als künftiger Kaiser der Ming-Dynastie gegen seine Rivalen durch. Er entschied die Flottenschlacht auf dem Poyang-See gegen den "Han"-Prinzen Chen You-liang für sich, daraufhin verjagte seine Armee den Khan Timur aus Peking. Damit endete die Mongolenherrschaft.

ELFTES KAPITEL
DIE MING-DYNASTIE

Jesuiten und Franziskaner kamen nach Peking
Und versuchten, den Kaiser von China zum Herrn zu bekehren.

Als erster Kaiser der Ming-Dynastie wählte sich Zhu Yuan-zhang die Regierungsdevise „Hong-wu“. In seiner Regierungszeit stand der wirtschaftliche Wiederaufbau im Mittelpunkt der Bemühungen. Es kam zu unzähligen Bebauungs- und Bewässerungsprojekten, durch die fünf Millionen Hektar Land pro Jahr erschlossen wurden. Die Einnahmen aus der Getreidesteuer verdreifachten sich in sechs Jahren. Man schätzt, dass in zwanzig Jahren eine Milliarde Nutzbäume gepflanzt wurden (Obstbäume, Bäume für die Flotte, Maulbeerbäume für die Seidenherstellung).
In der Ming-Zeit kam es auch zu gewaltigen bürokratischen Anstrengungen. Diese liefen auf eine absolutistische Regierung hinaus. So kam es zu einem Prozess des Kaisers gegen einen ehemaligen Vertrauten, in den 15 000 Personen verwickelt wurden. Das führte dazu, dass sich alle Macht auf den Kaiser konzentrierte, dem nun alle Ministerien direkt unterstellt wurden. Das Amt eines Großkanzlers wurde für die Zukunft verboten. Hong-wu war zum Ende seiner Amtszeit kaum noch zugänglich, er regierte unter Zuhilfenahme geheimer Beamter und der Geheimpolizei („die Garden mit den Brokatkleidern“). Außerdem ließ er zahlreiche Beamte und Militärs aus bloßem Misstrauen hinrichten.
Dennoch legte der erste Ming-Kaiser das Fundament für einen stabilen Staatsapparat, der immerhin zweieinhalb Jahrhunderte mit Bevölkerungswachstum und starken ökonomischen Veränderungen überstand und noch bis 1911 mit nur marginalen Änderungen als Vorbild diente.
Zu Verwaltungsproblemen gesellte sich im 15. Jahrhundert die Herrschaft der Palasteunuchen und der Haremsdamen, welche großen Einfluss auf den allmächtigen Privatrat und bald auch über die Geheimpolizei bekamen. Anders als bei den Staatsbeamten gab es bei Eunuchen keine geregelte Karriereleiter mit Prüfungen, sondern sie waren völlig abhängig von der persönlichen Laune des Kaisers und wurden von diesem als ein Werkzeug des Absolutismus gegen die Staatsbeamten ausgespielt. Nicht wenige Kaiser zogen sich sogar weitestgehend aus der Politik zurück, und im daraus resultierenden Spannungsfeld zwischen den Eunuchen und den hohen Beamten kam es ununterbrochen zu Intrigen und Willkür, was den Staat innerlich zersetzte.
Erschwerend für den wirtschaftlichen Fortschritt war die traditionelle Verachtung der Konfuzianer gegenüber dem Handel und den Händlern, die in der Ming-Zeit einen Höhepunkt erreichte. Aber China stellte seinen Außenhandel nicht ein und gab sich auch keinem Isolationismus hin, wie dies im Japan der Tokugawa praktiziert wurde. Die Ming konnten das Reich der Mitte als bedeutendste See- und Wirtschaftsmacht in Ostasien behaupten. Allerdings erfolgte unter den Ming eine geistige Wendung nach innen. Damit verbunden war eine konservativere Haltung in der Politik, in der Gesellschaft und dem Geistesleben.
Aber das 16. Jahrhundert steht trotz der konservativen Haltung der Beamtenschaft auch für einen enormen Höhepunkt in Wirtschaft und Kultur. Als eine Ursache kann man die neuen europäischen Kolonien in Amerika betrachten. Der Großteil des dort abgebauten Silbers wurde von Portugal und Spanien in China ausgegeben, um Waren für den europäischen Markt zu erstehen. Das Silbergeld ersetzte parallel dazu wieder das Papiergeld, was die Währung stabilisieren sollte.
Die Große Mauer wurde zur Ming-Zeit auf ihre heutige Länge ausgebaut
Die größte außenpolitische Belastung der Ming waren die wechselvollen Kämpfe mit den Mongolen in der Mongolei.
Eine ernste Niederlage erlitten die Ming, als die Westmongolen bei Tumu siegten und den unerfahrenen Kaiser Zheng-tong gefangen nahmen. Im 16. Jahrhundert erneuerte sich der Druck der Mongolen, als die Ming Dayan Khan und Altan Khan mit Handelsboykotten provozierten. Gegen die mongolischen Überfälle agierte die Armee zunehmend defensiv, so dass zum Schutz vor Überfällen die berühmte Chinesische Mauer auf den heutigen Stand ausgebaut wurde.
Einmalig wie die Mauer sind auch die Seereisen unter dem muslimischen Groß-Eunuchen und Admiral Zheng He. Derartige Reisen waren schon zur Song-Zeit üblich gewesen, aber nun wurden sie offiziell und ausschließlich vom Staat finanziert durchgeführt. Sie dienten hauptsächlich dazu, der Welt anzuzeigen, dass wieder Chinesen in China regierten. Als die Portugiesen 1557 mit Erlaubnis des Kaiserhofs Macau übernahmen, unterlag China gerade den Edikten des Kaisers Jia-jing, weshalb von der chinesischen Seemacht nichts zu bemerken war, stattdessen beherrschten japanische Piraten die Küsten.
Bezüglich der Kultur sind einige große Romane jener Zeit zu nennen: Die Reise nach Westen, Geschichte vom Flussufer, Die Geschichte der Drei Reiche und der Kin Ping Mei. Zu verzeichnen ist eine Weiterentwicklung des Theaters (Oper und Dramen) und der Malerei. Auf dem Bereich der Gebrauchskunst ist das Ming-Porzellan zu erwähnen.
Die Religion war ein wichtiger Bestandteil im Leben der Chinesen während der Ming- Dynastie. Die dominierenden Religionen waren der Buddhismus, der Taoismus und die Anbetung von einer Vielzahl von Volksgottheiten. Der Kaiser ließ als frommer und ergebener Anhänger der Tao-Schule drei berühmte Tempel in Peking bauen: den Sonnentempel, den Erdtempel und den Mondtempel.
Im Laufe der Zeit hat das Christentum eine spezielle Rolle in China bekommen. Während sich in Europa die Reformation mit Luther an ihrer Spitze ausbreitete, versuchten römisch-katholische Missionare ihre Religion in Asien sowie China auszubreiten. Unter den Missionaren waren Franziskaner und Dominikaner und Jesuiten. Sie versuchten Zugang zu den Chinesen über die westliche, fortgeschrittene Wissenschaft und Kultur zu bekommen. Viele Chinesen waren beeindruckt von dem Wissen über Astronomie, Kalender, Mathematik, Hydraulik und Geographie. Allen Missionaren waren die Jesuiten voran. An ihrer Spitze war Matteo Ricci, der versuchte die buddhistische und taoistische Lehre mit dem Christentum in Einklang zu bringen. Viele Chinesen waren jedoch skeptisch. Erst lange nach Matteo Riccis Tod, 1610, fasste die Jesuiten-Mission richtig Fuß und wurde ein wichtiger Bestandteil des Chinesischen Staats.
Die sozialen Ungleichgewichte führten schließlich zum Zusammenbruch des Staates, als sich die Bauern in zentralen Provinzen erhoben und die Dynastie nicht mehr die finanziellen Mittel besaß, um die Truppen zu bezahlen, zu versorgen und die Ordnung wieder herzustellen.
Den Untergang der Dynastie läuteten Angriffe der Mandschu ein, zu denen sich heftige Bauernaufstände gesellten. Als die Ming-Armee Familienmitglieder des Mandschu-Fürsten Nurhaci tötete, wandelte sich dieser zum Feind der Ming. Er schlug vier gleichzeitig gegen ihn vorrückende Ming-Armeen am Berg Sarhu bei Mukden. Zudem hatten wiederholte Missernten eine Hungersnot ausgelöst. Es kam zu Bauernaufständen, die schließlich den Sturz der Dynastie zum Ziel hatten. 1644 zog der Rebellenführer Li Zi-cheng in Peking ein und erklärte sich zum Kaiser, der letzte Ming-Kaiser Chong-zhen erhängte sich.
Li Zi-cheng unterlag allerdings Fehleinschätzungen bezüglich der finanziellen Lage in Peking. Er konnte deswegen die Ordnung in der Hauptstadt nicht aufrechterhalten und ging zudem unter fragwürdigen Umständen gegen den General Wu San-gui vor, der die letzte verbliebene Ming-Armee an der Nordgrenze befehligte. Wu San-gui schloss sich daraufhin den Mandschu an, wodurch deren Regent Prinz Dorgon im Namen des damals sechsjährigen Mandschu-Kaisers Shunzhi nach Peking vorrücken, Li Zi-cheng vertreiben und die Qing-Dynastie begründen konnte.

ZWÖLFTES KAPITEL
DIE QING-DYNASTIE

Nach den abgeschnittenen Zöpfen kam die Tyrannis,
Nach der Tyrannis aber die Ausgießung Heiligen Geistes.

Unter Nurhaci und dessen achtem Sohn Huang Taiji erlangten die Jurchen einen großen Machtzuwachs. Ihre militärische Macht stützte sich zunächst auf die mandschurisch geprägten Acht Banner, später ergänzt um die eher aus Han-Chinesen bestehende Armee der Grünen Standarte. Der erste Kaiserpalast stand in Shenyang, wo sich auch das Grab Nurhacis befindet.
Während des Krieges gegen Ligdan Khan, der mit der Übergabe des Reichssiegels an Huang Taiji endete, schlossen sich die Chahar-Mongolen den Jurchen an. Da unternahmen die Mandschu einen großen Einfall in das China der Ming-Dynastie, bei dem sie viele Städte eroberten, weitere Städte übernahmen und bis zur Halbinsel Liaodong vordrangen. Nun ging die Ming-Dynastie durch innere Aufstände unter, der Mandschu-Regent Dorgon und der einstige Ming-General Wu San-gui vertrieben daraufhin den Rebellenführer Li Zi-cheng aus Peking und verfolgten diesen bis nach Hunan, wo er umkam. Peking wurde nach der Einnahme durch Dorgon neue Hauptstadt der jungen Qing-Dynastie.
Die Regierung des Qing-Kaisers Shunzhi wurde von den beiden Prinzregenten Dorgon und Dsirgalang geführt. Schon bald änderten sie die chinesische Kleidung und Haartracht und zwangen den Han-Chinesen unter Androhung von Todesstrafe den mandschurischen Zopf auf. Ansonsten wurden Ehen zwischen Han-Chinesen und Mandschu verboten. Die Hauptstadt Peking wurde zweigeteilt, in eine Teilstadt für Mandschu im Norden und eine für Chinesen im Süden. Die Mandschurei wurde für Han-Chinesen gesperrt.
Der Zorn der Han-Bevölkerung gegen die Fremdherrschaft der Mandschu und speziell auch gegen den „Zopf-Zwang“ entlud sich in mehreren Aufständen. Die Niederschlagung endete unter anderem in Massakern.
Das Verbot der Mischehe wurde jedoch insbesondere von der Mandschu-Elite missachtet. Selbst die Qing-Kaiser nahmen Han-Chinesinnen als kaiserliche Nebenfrauen an, bereits Kaiser Kangxi hatte eine solche zur Mutter. Auch die Zweiteilung Pekings war höchst durchlässig, da die Innere (nördliche) Stadt genau genommen den Acht Bannern vorbehalten war. Die meisten Bannerleute waren aber Han-Chinesen und keine Mandschu. Bald wohnten in der Nordstadt Pekings bereits über siebzig Prozent Han-Chinesen, und die Mandschu bildeten eine deutliche Minderheit, soweit man durch die Einheirat der Han-Chinesen überhaupt noch von echten Mandschu sprechen konnte.
Mit dem Tode Dorgons, eines konservativen Mandschu, erlangten die chinesischen Literaten und Beamten einen größeren Einfluss auf den jungen Kaiser Shunzhi. Das äußerte sich darin, dass man nun bei Hofe die Bündnisbeziehungen zu den mongolischen Fürsten in Tributbeziehungen umdeutete. Die gesamte Palastdienerschaft wurde wieder von Chinesen gestellt und Chinesisch zur offiziellen Hofsprache erhoben, wobei die mandschurische Sprache zunehmend verdrängt wurde. Im Laufe der Zeit beschäftigte sich Kaiser Shunzhi immer stärker mit religiösen Ideen, trat in ein buddhistisches Kloster ein und starb mit 23 Jahren.
Ihm folgte sein dritter Sohn Kangxi, einer der bekanntesten Herrscher Chinas. Er reorganisierte das Reich mit der Entmachtung der Drei Feudalfürsten, beendete den Widerstand an der Küste und in Taiwan (womit Taiwan erstmals von China einverleibt wurde), kämpfte zum Schutz der Chalcha-Mongolen und dann gegen die Oiraten, wobei er nach dem Tod König Lhabzangs auch das Protektorat über Tibet einrichtete.
Kaiser Kangxi nahm bei den Jesuiten nicht nur Unterricht in Kriegsführung, sondern auch in Astronomie, Mathematik und Anatomie. Er galt als Gelehrter. Kurz nach seinem Tod wies man die europäischen Missionare nach Macau aus, da man sie als Mitglieder verbotener politischer Geheimbünde betrachtete, das Christentum wurde verboten.
Dagegen nahm man das alte chinesische Prüfungssystem für Staatsbeamte wieder auf und band so die alte Führungsschicht der Ming-Zeit an sich. Nach der Befriedung des Südens kamen kostspielige Inspektionsreisen in die Städte am Jangtse dazu, dem Zentrum der chinesischen Intelligenz. Die Mandschu waren zwar lediglich aufgeklärte Despoten, aber der Gegensatz zwischen ihnen und den Chinesen verringerte sich und flammte erst im ausgehenden 19. Jahrhundert wieder auf.
Die Mandschu beschlagnahmten bevorzugt im Norden Land, wo sie Kriegsgefangene und enteignete Bauern wie Sklaven arbeiten ließen. Kangxi begriff allmählich die Notwendigkeit einer Änderung, die dann radikal erfolgte. Die Qing-Dynastie hatte danach die mildeste Agrarbesteuerung der ganzen chinesischen Geschichte. Angesichts der weit entwickelten Ackerbautechniken und neuen Anbaukulturen stand der chinesische Bauer seinem europäischen Pendant an Wohlstand sicher in nichts nach.
Die Techniken des vorindustriellen Zeitalters wurden zur Qing-Zeit vollständig ausgereizt. Nahrungsmittelproduktion, Textilindustrie, Teeernte, Porzellanherstellung, Papier- und Zuckerproduktion erreichten Rekorde.
Man schätzt, dass von vielen Hundert Millionen Silber-Dollar aus den amerikanischen Kolonien die Europäer die Hälfte für den Ankauf chinesischer und anderer ostasiatischer Waren ausgegeben haben, vornehmlich für Luxusartikel wie Porzellan, Seide und Tee. Dieses Problem führte zum Ersten Opiumkrieg, denn die Chinesen bestanden staatlicherseits auf Silberzahlung. Die chinesische Kultur strahlte im 18. Jahrhundert in einer verspielten Form auch nach Europa aus (Chinoiserie).
Ein anderes Problem war der Wunsch nach Errichtung einer sittlichen Ordnung, in der die Mandschu-Herrschaft nicht in Frage gestellt würde. Zu diesem Zweck förderte man den Konfuzianismus in nie gekannter Weise. So wirkte sich das auch auf das Prüfungssystem für Beamte aus, jeder Kandidat musste die Mandschu-Herrschaft ausführlich rechtfertigen. Verderbliche Romane wurden auf einen Index gesetzt, und man suchte zum Zweck von Zensur und Vernichtung systematisch nach Schriften, die die Mandschu als Barbaren auch nur andeutungsweise kritisierten.
Bekannt wurde Kaiser Kangxi nicht nur als Gelehrter, sondern auch als Förderer der Kunst und Wissenschaften. Er ließ sich in Peking prächtige Residenzen bauen und umfangreiche wissenschaftliche Werke ausarbeiten (unter anderen eine Riesen-Enzyklopädie). Sein Sohn und Nachfolger Yong-zheng und auch Qian-long tat es ihm nach. Beide waren Gelehrte und Förderer der Literatur, Qian-long hinterließ 30 000 Gedichte.
Zu Qian-longs Zeit erlebte Qing-China eine äußere Machtentfaltung. Das Land der Dsungaren im Ili-Gebiet und der Dsungarei wurde besetzt, das Tarimbecken auch. In Tibet, nach Lhasa, verlegte man eine chinesische Garnison.
Als Reaktion auf das aggressive Vorgehen der europäischen Handelskompanien begann die Qing-Dynastie den Überseehandel für die Europäer noch strenger zu reglementieren, bald war nur noch der Hafen in Guangzhou (Kanton) für den Seehandel zwischen China und Europa zugelassen.
Wirtschaftlich und militärisch wurde die zunehmende europäische Überlegenheit nicht wahrgenommen. Man bestand gegenüber den Europäern auf der sinozentrischen Weltordnung, die keine Freiheit des Handels kannte und Staaten danach einordnete, wie nah sie der chinesischen Kultur standen. Formell waren dabei alle Szaaten nur chinesische Vasallen.
Der innere Frieden und die gute wirtschaftliche Situation führten zu einem bisher ungekannten Bevölkerungswachstum. Es stieg die Bevölkerung von 150 Millionen auf 450 Millionen Einwohner an und überforderte bald die Verwaltung. In verschiedenen Gebieten des Riesenreiches gab es Spannungen mit den unterworfenen Völkern, die gegen Ende der Qianlong-Ära kulturell bedrängt wurden. Ein einziger Feldzug gegen die Tibeter in Sichuan kostete zum Beispiel siebzig Millionen Silber-Liang. Die Situation in diesen Gebieten begünstigte Straßenraub und Korruption.
Ein Bannergeneral namens He-shen beeinflusste Kaiser Qian-long, spann ein Korruptionsnetz und massakrierte Bauern, die sich unter der Sekte mit dem Namen Weißer Lotus zum Teil gegen seine Geldforderungen erhoben. Die Korruption und die Bekämpfung der Bauern- und Minderheitenaufstände vergrößerten das Defizit der Staatsfinanzen, so dass man sogar bei Hof sparen und die Hofjagden einstellen musste.
Die Aufstände unter den Bauern fanden in der ganzen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kein Ende, auch die Minderheiten erhoben sich ununterbrochen. Es stieg der Opiumschmuggel schlagartig an, der Opiumkonsum breitete sich in dieser Krisenzeit trotz staatlichen Verbots immer weiter aus. Das hatte auch schwerwiegende Auswirkungen auf die öffentliche Moral und die Wirtschaft. Durch den Opiumhandel entstand ein Außenhandelsdefizit, wodurch das Silber wieder aus China abfloss. Die Regierung konnte das nicht verhindern, da sie die Opiumkriege gegen die Europäer verlor.
Es bestand ein Gegensatz zwischen der sinozentrischen Weltordnung und der von den Europäern vertretenen formellen Gleichheit aller souveränen Staaten und (im Zuge der industriellen Revolution) ihrem Freihandel. Der Gegensatz führte zum Ersten Opiumkrieg, der mit dem Vertrag von Nanking endete, dem ersten der sogenannten Ungleichen Verträge.
Die Krise des Kaiserreiches entlud sich im Taiping-Aufstand, der die chinesische Gesellschaft in ihren Grundfesten erschütterte. Während in Europa Dampfschiffe das Bild bestimmten, sich gleichzeitig die Eisenbahn ausbreitete, die Stahlproduktion stieg, die Baumwollproduktion mechanisiert und damit kostengünstiger wurde, hatte China mit inneren Schwierigkeiten zu kämpfen, die jeden Fortschritt behinderten, wie dem Taiping-Aufstand oder dem Nian-Aufstand. Viele Chinesen verließen ihr Land und wurden als Kulis verkauft.
Infolgedessen stieg der europäische Einfluss im Zweiten Opiumkrieg und insbesondere nach dem Vertrag von Tian-jin immer weiter. So verlor China die Zollkontrolle, und ausländische Gesellschaften rissen profitable Geschäftszweige an sich. Jeder europäische Staat versuchte die gleichen Konzessionen und Rechte wie sein Rivale zu erhalten. Die Folge waren unablässige Machtdemonstrationen, sogar kleine Geschäftsträger konnten mit Kanonenbooten kommen und die gewaltsame Öffnung von Vertragshäfen erzwingen.
Trotzdem bemühte man sich um die Modernisierung Chinas, auch wenn der Fortschritt der Europäer ihre halbkoloniale Herrschaft über China begründete. So stellte man bald das erste chinesische Dampfschiff fertig, gründete eine Dampfschifffahrtsgesellschaft und schickte Studenten nach Europa. Es folgte die erste Eisenbahn, die erste Telegraphenlinie, die erste Eisenbahngesellschaft, die erste Eisenbahnlinie und so weiter. Alles in allem baute man eine Industrie auf, die der in Japan jedoch nicht ebenbürtig war. Mit technischen Belangen mussten Ausländer beauftragt werden.
Dabei war man aber aufgrund des äußeren und inneren Drucks gezwungen, sich nur um das Notwendigste zu kümmern. Wegen der Zerstörungen, des Preisanstiegs, der Hungersnöte und Überschwemmungen nach dem Taiping-Aufstand verfügte die Regierung weder über eine starke Zentralgewalt, noch hatte sie regelmäßige Einnahmequellen.
Schließlich lag die Qing-Dynastie in Trümmern, die gerade mühsam aufgebaute Kriegsflotte wurde im Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg von den Japanern zerstört, wobei Formosa, Korea und andere Gebiete verlorengingen. China wurde in Einflusssphären aufgeteilt, die Europäer und Japaner unterhielten nun dort Kriegsflotten und Truppen.
Das Kaiserhaus wurde von der Kaiserinwitwe Cixi dominiert, die die meiste Zeit für den minderjährigen Kaiser Tongzhi und später für den von ihr eingesetzten Neffen Guangxu regierte. Laut damaliger westlicher Meinung widersetzte sie sich Reformen, wenn diese ihrer Macht gefährlich werden konnten und stand inoffiziell hinter dem Boxeraufstand.
1911 kam es im Zuge der Xinhai-Revolution zum Sturz des letzten Kaisers Puyi durch Yuan Shi-kai und Sun Yat-sen. Dieser rief am 1. Januar 1912 die Republik China aus.

Komm, o Heiliger Geist, erwecke das Volk der Chinesen
Und erschaffe von Gottes Gnaden ein christliches China!