AUS HOMERS ODYSSEE

Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTER GESANG

Sag mir, o Muse, von diesem genialen Helden, dem Wandrer,
Weit gereistem, nachdem er entlassen wurde aus Troja.
Viele Städte hat er besucht und viele der Völker,
Deren moralische Sitten und Gebräuche er kannte,
Außerdem litt er viel beim Versuch, sein Leben zu retten
Auf dem Seeweg und seine Männer nach Hause zu bringen,
Aber er konnte nicht retten seine Männer, sie kamen
Durch die eigene Torheit um, denn sie fraßen die Rinder
Von Hyperion, darum der Gott hat sie daran gehindert,
Jemals nach Hause zu kehren. Sag mir all diese Dinge,
Tochter Zeus', aus welcher Quelle auch immer du schöpfest!

Alle, die dem Tod in der Schlacht und durch Schiffbruch entkommen,
Kamen sicher nach Hause, außer dem Dulder Odysseus,
Der, obwohl er sich sehnte, zur Heimat, zur Gattin zu kommen,
Ward von der Göttin Kalypso festgehalten, die lebte
In einer Höhle, weil die Göttin ihn heiraten wollte!
Aber die Jahre vergingen, und die Götter beschlossen,
Dass er zurück kommen soll in die Heimat Ithaka. Aber
Selbst als er zu seinen eigenen Leuten gekommen,
Waren seine Probleme noch nicht vorüber. Und dennoch
Hatten alle Götter begonnen, Mitleid zu haben,
Außer Poseidon, der ihn ohne Unterlass jagte
Zornig und ließ den Dulder Odysseus nicht kommen nach Hause.

Jetzt war Poseidon gegangen nach Äthiopien an dem
Ende der Welt, dort wohnen die einen und schauen nach Westen
Und die anderen schauen nach Osten. Er hatte als Opfer
Schafe und Rinder angenommen, vergnügte sich feiernd,
Aber die anderen Götter im Haus des olympischen Zeus sich
Trafen. Es sprach zuerst der Vater der Götter und Menschen,
Denkend an Ägisthos, von Agamemnons Orestes
War der ermordet worden. Zeus sprach zur Sammlung der Götter:

Seht jetzt, wie die Menschen die Schuld geben heiligen Göttern
Für die eigene Torheit! Das sieht man klar an Ägisthus.
Musste er Liebe machen mit Agamemnons Gemahlin
Ungerecht und dann töten Agamemnon, obwohl doch
War zum Tode bestimmt Ägisthus selber? Ich sandte
Hernes, ihn zu warnen, nichts eins dieser beiden Vergehen
Zu verüben, Orestes würde sich sicherlich rächen,
Wenn er erwachsen wäre, zurückkehren würde nach Hause.
So hab ich Hermes geschickt, der sagte ihm gutwillig alles,
Aber er wollte nicht hören, so muss er bezahlen die Schulden!

Da sprach Athene: Vater! Sohn des Vaters Kronion!
Es geschah dem Ägisthus recht, und wärs auch ein andrer,
Der wie Ägisthus tut, doch er ist hier nicht und dort nicht.
Es ist wegen Odysseus, das mein Herz blutet, Vater,
Denk ich an seine Leiden auf dieser einsamen Insel,
Dieser arme Mann, weit weg von all seinen Freunden.
Es ist die Insel mit Wald bedeckt, in der Mitte des Meeres,
Und eine Göttin lebt dort, die Tochter des Zauberers Atlas,
Der nach dem Grund des Meeres sieht, trägt die Säulen des Himmels,
Diese Tochter des Atlas hält gefangen Odysseus,
Diesen armen unglücklichen Mann, und immer versucht sie,
Ihn durch Schmeicheleien vergessen zu lassen die Heimat,
Dass er müde des Lebens ist und denkt an nichts andres,
Als noch einmal den Rauch des eigenen Schornsteins zu sehen.
Herr, beherzige dies! Denn als Odysseus vor Troja
War, hat er dich besänftigt mit vielen Brandopfern, Vater,
Also warum zürnst du dem armen Dulder Odysseus?

Zeus sprach: Mein Kind, was redest du? Wie denn kann ich vergessen,
Dass es einen Mann wie Odysseus gibt bei den Menschen?
So einen gibt es nicht noch mal, der so freigebig wäre
Mit den Gaben an die unsterblichen Götter im Himmel!
Denke jedoch daran, dass Poseidon immer noch wütend
Ist auf Odysseus, weil er das einzige Auge geblendet
Hat von Polyphem, dem König der furchtbarn Zyklopen.
Polyphem ist Poseidons Sohn von der Nymphe Thoosa,
Tochter des Meereskönigs Phorkys. Und darum, obwohl er
Nicht geradezu tötet Odysseus, quält er ihn immer
Und verhindert, dass er nach Hause kommt. Aber nun lasst uns
Unsere Köpfe beratend zusammenstecken und sehen,
Wie wir ihm helfen können. Poseidon ist dann befriedigt.
Sind wir nur alle einer Meinung, ist er nicht dagegen.

Sprach Athene: Sohn Kronions, König der Könige, Vater,
Wenn die Götter Odysseus kommen lassen nach Hause,
Mein ich, wir sollten senden nach Ogygia Hermes,
Und Kalypso sagen, dass wir befragt unsern Geist und
Dass er zurückkehren soll. In der Zwischenzeit werde ich gehen
Eilig nach Ithaka, mich ans Herz des Sohns des Odysseus
Setzen, ich werde Telemach ermutigen, werde
Die Achäer zu einer Versammlung berufen und werde
Sprechen mit den Freiern der Mutter Penelope, welche
Fortfahren, eine beliebige Anzahl von Tieren zu fressen,
Schafen und Rindern. Ich werde ihn führen nach Sparta und Pylos,
Ob er etwas über die Rückkehr des Vaters erfahre
Und zu sehn, wie die Menschen Gutes reden vom Vater.

Also sprach sie in ihren glitzernden goldnen Sandalen,
Unvergänglichen, darin sie fliegt wie der Wind über Länder
Oder Meere, und sie ergriff die bronzene Lanze,
Dick und robust und stark, so leert sie die Reihen der Helden,
Die ihr missfallen, und stürzt sich vom olympischen Gipfel,
Unverzüglich war sie in Ithaka, war vor der Pforte
Von Odysseus' Haus, verkleidet als fremder Besucher,
Mentes, der Häuptling der Taphier. Und sie hielt ihre Lanze
In der Hand. Dort fand sie die herrlichen Freier auf Fellen
Sitzen von Ochsen, die sie getötet und die sie gegessen,
Sitzen beim Brettspiel auch vorm Haus. Und Knechte und Mägde
Waren geschäftig, ihnen aufzuwarten, so manche
Gossen eine Mischung von Wasser und Wein in die Becher,
Andere reinigten Schüsseln mit nassen Schwämmen und andre
Schnitten große Mengen von Fleisch in essbare Stücke.

Telemach sah sie lang schon, bevor ein andrer sie schaute.
Er ward mürrisch und grimmig, saß mitten unter den Freiern,
Dachte über seinen tapferen Vater nach, wie er
Ihm die lästigen Fliegen könnt aus dem Haus scheuchen, wenn er
In sein Eigenes wieder kommen wird, wie in vergangnen
Glücklichen Tagen geehrt zu werden von Sohn und Gemahlin.
Also grübelte er, wie er unter den Freiern gesessen,
Da erblickt er Athene und ging auf das Tor zu, voll Ärger,
Dass ein Fremder ward festgehalten, zu warten auf Einlass.
Er nahm ihre Rechte in seine eigene Rechte,
Bat sie, ihm ihren Speer zu reichen. Willkommen, so sprach er,
Sei willkommen in unserem Hause, und wenn du gegessen
Von den Lebensmitteln, sag uns, warum du gekommen.

Und er tat, wie er sagte, und es folgt ihm Athene.
Als sie drinnen waren, nahm er die Lanze und legte
Sie zu den Lanzen, zusammen mit den anderen Lanzen
Seines unglücklichen Vaters, und führt sie zum zierlichen Sessel,
Warf ein Tuch aus Damast darüber. Da war auch ein Schemel
Für die Füße, er stellt einen anderen Stuhl in die Nähe
Für sich selbst, fern den Freiern, dass nicht genervt sei die Göttin
Während des Essens von dem Lärm und der Frechheit der Freier,
Dass er frei mit ihr könnt sprechen über den Vater.

Und ein Mädchen brachte ihr Wasser in goldener Kanne,
Goss es in eine silberne Schale, die Hände zu waschen,
Deckte einen sauberen Tisch. Ein höherer Diener
Brachte ihr Brot und bot ihr Gutes, das gab es im Hause,
Holte ihr Platten von Fleisch und stellte goldene Becher
Vor ihr auf, ein Knecht brachte Wein und schenkt in den Kelch ein.

Und die Freier kamen herein und nahmen den Platz ein
Auf den Bänken und Sitzen. Unverzüglich die Knechte
Gossen Wasser über die Hände, es gingen die Mädchen
Mit dem Brotkorb herum, sie füllten die Becher mit Wein und
Wasser, und sie legten die Hände auf all diese Gaben,
Die da vor ihnen waren. Sobald sie genug nun zu essen
Und genug nun zu trinken hatten, wollten Musik sie
Hören und Tänze sehen zur Krönung des schönen Bankettes,
Also brachte ein Diener die Leier dem Phemios, den sie
Zwangen, vor ihnen zu singen. Sobald er die Leier berührte
Und zu singen begann, sprach Telemach leis zu Athene,
Mit dem Kopf ihr nah, kein Mensch konnt etwas vernehmen.

Herr, ich hoffe (sprach er) dass dich nicht kränken wird, was ich
Sagen werde. Gesang ist recht für die, die nicht zahlen
Müssen. Und dies geschieht hier alles auf Kosten des Mannes,
Der in irgendeiner fernen Wüste verrottet
Oder zermalmt von der Brandung. Wenn diese Genossen
Aber sehen meinen Vater heimkommen, werden
Sie um längere Beine beten, wenn beten sie können,
Statt um größere Geldbeutel. Geld kann sie dann nicht retten!
Aber ach er ist gefallen durchs schreckliche Schicksal!
Selbst wenn Leute manchmal sagen, heimkehren wird er,
Wir beachten sie nicht, wir werden ihn nie wieder sehen.
Herr, nun sag mir und sag mir die Wahrheit, sag mir, wer bist du
Und woher? Erzähl mir von deiner Heimat, den Eltern,
Was für ein Schiff dich und die deinen nach Ithaka brachte,
Welcher Nation du entstammst. Du kamst ja nicht auf dem Landweg.
Sags mir wahrhaftig, ich will es wissen. Bist du ein Fremder
Hier oder bist du schon hier gewesen zur Zeit meines Vaters?
In den alten Zeiten hatten wir viele Besucher,
Weil mein lieber Vater sehr die Gastfreundschaft schätzte.

Und Athene gab die Antwort: Ich werde dir sagen
Wirklich und besonders alles von mir. Ich bin Menthes,
Sohn von Anchialus, ich bin König des Taphier-Volkes.
Ich bin hierher mit dem Schiff und der Besatzung gekommen
Auf der Reise, um meinen Leuten Eisen zu b ringen,
Menschen mit fremder Zunge in Temessa das Kupfer.
Drüben liegt mein Schiff am offenen Lande, der Stadt fern,
Unterm Hafen Rheitron unter dem Neritum-Berge.
Unsere Väter waren Freunde, das sagt dir Laertes,
Wenn du gehst und ihn fragst, doch kommt er jetzt nie zu dem Stadttor,
Und sein Tag auf dem Land vergeht mit dem ältlichen Weibe,
Die nach ihm sieht und bereitet ihm sein Abendmahl einfach,
Wenn er müde heimkehrt von der Arbeit im Weinberg.
Mir ward gesagt, dein Vater wäre wieder zu Hause,
Das wars, warum ich kam, doch halten die Götter zurück ihn,
Denn er ist nicht tot, nicht auf dem Festland, wahrscheinlich
Ist er auf seeumfangenen Inseln inmitten des Meeres
Oder gegen seinen Willen Gefangner von Wilden.
Ich bin kein Prophet, weiß wenig von Vorzeichen, aber
Doch ich spreche, wie es mir zugetragen vom Himmel,
Und ich kann dir versichern, dass er nicht lange mehr weg ist,
Denn er ist stark, und wenn er in eisernen Ketten auch läge,
Wüsste er einige Mittel, um nach Hause zu finden,
Und er wäre zurück. Doch sag mir und sag es wahrhaftig,
Hat Odysseus zum Sohn einen solchen herrlichen Jüngling?
Du bist schön, und ich mag seinen Kopf und mag seine Augen,
Denn wir waren enge Freunde, bevor er die Segel
Hisste nach Troja, wohin der Kranz der Argeier gegangen.
Seit der Zeit haben wir einander nicht mehr gesehen.


FÜNFTER GESANG

Eos erhob sich von ihrem Bett, von Tithonus’ Seite,
Sie bringt Licht den unsterblichen Göttern und sterblichen Menschen.
Alle Götter saßen im Rat und Zeus war der Größte,
Zeus, der Donnergott, er saß unter ihnen. Athene
Sprach von den vielen Leiden Odysseus’, die Götter erinnernd,
Wie der Leidende immer noch war der Kalypso Gefangner.

Vater Zeus und alles was jemals die Götter gesegnet,
Zeptertragende Könige können nie sanft sein und zärtlich,
Oder denken an die Gerechtigkeit, aber von heut an
Lass du sie willkürlich sein und grausam, da keiner der Herren
Sich erinnert, dass der fromme Odysseus verbannt ist,
Wenn er auch zart war wie ein Vater. Er leidet im Elend
Auf der Insel, der Heimat der göttlichen Nymphe Kalypso,
Die ihn gefangen hält. Er kann nicht fahren nach Hause
Ohne Schiff und ohne Besatzung, die über des Meeres
Breiten Rücken ihn tragen könnte, dass heimkehren endlich
Er als ein Mann zu seinem geliebten Sohn könnte, welcher
Reiste bereits nach Hause aus dem heiligen Pylos
Und dem edlen Sparta, da er die Nachricht vernommen,
Dass sein geliebter Vater Odysseus schon ward ermordet.

Zeus, der Wolkenversammler, gab der Tochter die Antwort:
Meine Tochter, was für Worte entfliehn deinen Lippen?
War dies nicht deine Konzeption? Sonst könnte Odysseus
Heimkehren, Rache nehmen! Wie Telemachus, so richte
Auch Odysseus auf mit Bedacht, denn du hast die Vollmacht,
Also dass er sicher nach Hause kommt, während den Freiern
Seine Rückkehr wird vereiteln all ihre Pläne.

Dann wies er Hermes an, seinen getreuesten Sprössling:
Da du für immer unser Bote bist, Hermes, so sage
Du der schöngelockten Nymphe, dass wir entschlossen,
Dass der Dulder Odysseus wird ohne Hilfe von Göttern
Oder sterblichen Menschen heimkehren, aber mit Leiden,
Nur auf einem schmalen Floß, am zwanzigsten Tage,
Auf Scherias reichen Boden, das Land der Phäaken
Wird er erreichen, der Freund der Götter. Sie ehren von Herzen
Ihn, als ob er göttlich wäre. Und schicke an Bord ihn
Eines Schiffes in seine Heimat, gebend ihm Haufen
Reinen Goldes und Bronze und Kleider, so viel er nicht hätte
Sich gewonnen in Troja, wär er nach Hause gekommen
Sicher mit seinem schönen Teil an der Beute des Krieges.
Dies ist die Art, die ihm beschieden ist, wiederzusehen
Seine Leute, den gewölbten Palast und die Insel.
 
Sprachs, und der Bote Gottes, der Totengeleiter von Argus,
Unverzüglich befolgte er alles. Er zog an die Füße
Seine schönen unvergänglichen goldnen Sandalen,
Die ihn trugen schnell wie der fließende Wind über Wellen
Schäumenden Ozeanes und die unendliche Erde.
Er nahm den Zauberstab, mit dem er Menschen in Schlaf wiegt
Oder weckt sie auf vom Schlaf. Der starke Bezwinger
Flog mit ihm in seiner Hand. Er trat aus dem Äther
An die pierische Küste, dann stürzte er über das Wasser,
Stieß durch die Wellen wie ein Kormoran, welcher die Federn
Mit der Salzflut durchnässt, wenn er nach Fischen im Abgrund
Der unruhigen Meere sucht. So reiste nun Hermes
Über die endlosen Ebenen, bis er die Insel erreichte,
Dann verlassend die violetten Meere, durchquerte
Er das Land und kam zu der Höhle, da wo die Nymphe
Mit den schönen Locken lebte, und fand sie zuhause.

Feuer brannte auf dem Herde, das Zedernholz duftend
Und Wacholder verbreitete weit sich über die Insel.
Die süßstimmige Göttin Kalypso sang ihre Lieder,
Hin und her bewegend sich bei der Arbeit am Webstuhl,
Denn sie wob einen Teppich mit dem goldenen Webschiff.
Um die Höhle herum ein dichtes Gebüsch war von Erlen,
Duftenden Pappeln und Zypressen, da wohnten die Vögel,
Eulen und Falken und Kormorane mit länglichen Hälsen,
Deren Geschäft des Fischens täglich war auf dem Meere.
Schwer mit reifen Trauben kultivierteste Reben
Hingen über dem hohlen Eingang zur heimlichen Höhle.
Vier benachbarte Bäche, kanalisiert, flossen leise
Mit kristallklarem Wasser. Alles in lieblichen Wiesen
Blühte farbig, Iris und wilde Sellerie-Pflanzen.
Selbst den unsterblichen Tod mit Macht anhaltend, und staunend,
War der Bote im Geist erfreut, der Totengeleiter,
Stand da und staunte. Aber bei allem, was er da schaute,
Staunte er schnell mit offenem Munde über Kalypso,
Und er wusste, ihn würde erkennen die reizende Göttin,
Wenn sie sein Gesicht sah, da die unsterblichen Götter
Sind einander nicht unbekannt. Vom Menschen Odysseus
Gab es kein Zeichen, da er wie immer elend gesessen
An dem Ufer, das Herz voll Tränen und Seufzer und Trauer!
Über die Wellen schweiften seine tränenden Augen.

Als die reizende Göttin Kalypso Hermes gesehen
Hatte sitzend auf einem hellen glänzenden Stuhle,
Fragte sie ihn: Warum bist du hier, o göttlicher Hermes
Mit dem goldenen Stab, Geehrter und gerne gesehen?
Du besuchst mich selten. Rede, was steht im Sinn dir?
Denn mein Herz sagt mir: Ich tu es, wenn ich es tun kann.
Aber folg mir, ich will dir süße Erfrischungen geben.

Und die Göttin tat auf den Tisch Ambrosia-Speise
Und sie mischte einen Becher mit rötlichem Nektar.
Und der Boten-Gott, der Totengeleiter von Argos,
Aß und trank, und als er mit Befriedigung satt war,
Gab er Antwort auf ihre Frage: Den Gott fragt die Göttin,
Warum ich hier bin, und da du mich fragst, so sag ich’s dir deutlich.
Zeus wars, der mich gesandt hat, wenn er auch ungern mich sandte.
Wer denn würde selber entscheiden, über den weiten
Raum des salzigen Meeres zu fliegen, unsagbar großen?
Und zu keinen Städten! Keine Sterblichen opfern
Hier den Göttern und bringen Opfergaben den Göttern.
Aber kein Gott kann sich verwehren dem Willen des Vaters
Zeus, des Ägis-Trägers. Er sagt, dass du hier bist mit einem
Mann, dem unglücklichsten aller jener herrlichen Krieger,
Welche kämpften neun Jahre rund um Priamos’ Troja,
Und gewannen die Stadt im zehnten Jahre des Krieges,
Dann sind alle die Krieger nach Hause gegangen, gemeinsam
Mit der beleidigten Jungfrau Athene. Die hob einen Sturm an,
Einen heftigen Sturm auf dem hohen wogenden Meere.
All der Rest seiner edlen Freunde ertrank in den Wogen,
Aber der Wind und die Wogen trugen ihn hierher, o Nymphe.
Zeus befiehlt dir, schnell ihn zu senden heimwärts die Wege,
Denn es ist nicht sein Schicksal, hier in der Fremde zu sterben,
Weit entfernt von den Freunden. Vielmehr ist sein Schicksal,
Seine Freunde wiederzusehen und einst zu erreichen
Sein gewölbtes Haus und die Insel, die Heimatgefilde.

Nun erschauderte sehr die süße Göttin Kalypso,
Und sie sprach zu Hermes diese geflügelten Worte:
Ihr seid grausam, ihr Götter, und seid auch sehr zu beneiden,
Denn ihr seid eifersüchtig, wenn eine liebende Göttin
Offen verkehrt mit einem Mann und nimmt einen Menschen
In ihr Bett! So eifersüchtig waret ihr Götter,
Als mit der rosenfingrigen Eos lebte Orion,
Bis die Jungfrau Artemis auf dem goldenen Throne
Ihn mit schmerzlichen Pfeilen in Ortygia angriff
Und ihn tötete. Eifersüchtig wart ihr desgleichen,
Als Demeter mit den schönen Locken sich hingab
Ihrer Leidenschaft, und sie lag mit Jasion in dem
Dreimal gepflügten Feld. Zeus hörte davon und erschlug ihn
Mit dem hellen Blitz. Und eifersüchtig seid jetzt auch
Ihr auf mich, ihr Götter, weil ich den Sterblichen liebe,
Den ich gerettet, als er allein geritten die Planke,
Zeus nämlich hatte gestrahlt und sein schnelles Schiff ihm zertrümmert
Mit dem hellen grellen Blitz. Auf dem weinroten Meere
Hab ich mich mit ihm angefreundet. Dort waren verloren
Alle seine edlen Freunde. Aber die Wellen
Trugen ihn hierher. Ich begrüßte ihn großzügig, nährte
Ihn und versprach, ihn unsterblich zu machen in ewiger Jugend!
Aber kein Gott kann verwehren den Willen des himmlischen Vaters
Zeus, des Ägis-Trägers. Ich muss ihn freilassen leider,
Wenn es Zeus so befiehlt, Odysseus segeln zu lassen
Über das ruhlose Meer. Ich will ihn nicht fortschicken aber
Ohne Schiff und Besatzung, über den Rücken des Meeres.
Doch ich werde ihm freundlich raten und offen ihm helfen,
So kann er wieder kehren heim ins Heimatgefilde.

Also sende ihn jetzt, wie du vorgeschlagen, sprach Hermes,
Sprach der Bote Gottes, der Totengeleiter von Argos,
Und sei vorsichtig, denn der Zorn des Höchsten ist schrecklich,
Wenn er provoziert wird, und im Grimme dich heimsucht!
 
So ist abgereist der starke Bezwinger von Argos,
Und die süße Nymphe, eingedenk des Befehles des Vaters,
Suchte den tapfern Odysseus. Sie fand ihn sitzen am Strande,
Seine Augen waren wie immer feucht von den Tränen,
Da die Süße des Lebens ablief von ihm, und die Sehnsucht
Nach der Heimat war mächtig, da die reizende Nymphe
Ihn nicht mehr befriedigte! Also ward er gezwungen,
Nachts mit ihr in der hohlen Höhle Liebe zu machen,
Wenn er es auch nicht wollte. Sondern Stunde um Stunde,
Tag für Tag saß er bei den Felsen oder im Sande,
Quälte sich selber nur mit Angst und Seufzen und Tränen,
Blickte mit feuchten Augen auf die ruhlose Meersflut.

So sprach die reizende Göttin, als sie ihm sich genähert:
Sei nicht mehr traurig, du unglücklicher Mensch, und vergeude
Nicht dein Leben im Schmachten. Ich bin bereit und bin willig,
Dich zu schicken auf deinen Weg. So fälle nun Bäume
Mit der Axt, ein wesentliches Floß dir zu bauen
Und befestige Planken daran. So kannst du dich tragen
Lassen über das Nebelmeer. Ich geb dir Brot, geb dir Wasser,
Rotwein auch nach Herzenslust, dir zur Stillung des Durstes,
Und ich gebe dir Kleidung dazu. Den Wind will ich stärken,
So erreichst du sicher das heimatliche Gefilde,
Wenn dies der Wille der Götter ist, die den Himmel regieren,
Da sie mehr Macht als ich haben, ihren Plan zu erfüllen.

Bei den Worten schauderte sehr der Dulder Odysseus,
Und er sprach mit der Göttin die geflügelten Worte:
Heilige Göttin, das muss etwas andres bedeuten,
Wenn ich über die Kluft des gefährlichen schwierigen Meeres
Kommen soll auf dem Floß, wo nicht einmal feine und schnelle
Segelschiffe fahren, zu genießen die Winde.
Nein, ich trau mich nicht auf ein Floß, es sei denn, o Göttin,
Du gibst mir dein Wort, dass du mir nicht Schaden ersonnen.

Schöne Göttin Kalypso, sie lächelte über die Worte,
Streichelte seinen Arm und gab dem Edlen zur Antwort:
Was für ein Schelm bist du, mit hinterhältigem Geiste,
So zu sprechen, über mich so zu denken? So soll nun
Mutter Erde mit dem unterirdischen Wasser
Styx mein Zeuge sein, bei dem die seligen Götter
Ihren größten schrecklichsten Eid stets schwören, beim Styx denn,
Nein ich plane nichts Neues, dir zuzufügen ein Übel.
Sondern meine Gedanken und Ratschläge sind wie der Ratschlag,
Den ich mir selber geben würde, wenn ich ihn bräuchte.
Meine Absichten sind ganz ehrlich mit dir, mein Geliebter,
Und mein Herz ist nicht steinern, es kann auch Barmherzigkeit fühlen.
 
Damit ist die reizende Göttin Kalypso gegangen,
Und er folgte ihren Fußstapfen. Mensch nun und Göttin
Kamen zur Höhle, er setzte sich auf den Sessel des Hermes.
Nun die Nymphe setzte ihm Speisen vor und Getränke,
Sachen, wie sie konsumieren die sterblichen Menschen.
Aber bevor sie die Mägde gerufen, Ambrosia, Nektar
Ihr zu bringen, saß sie vor dem großen Odysseus.
Nun erreichten sie die vorbereiteten Dinge.
Als sie gegessen und getrunken hatten, Kalypso,
Diese reizende Göttin sprach: O Sohn des Laertes,
Spross des Zeus, Odysseus von vielen männlichen Kräften,
Musst du mich so bald verlassen? Doch Glück soll dir folgen!
Wenn dein Herz aber kennte die Tiefen der Angst und der Schrecken,
Die dein Schicksal zu leiden hat, bevor du nach Haus kommst,
Würdest du bleiben und hier im Haus mit mir wohnen, unsterblich,
Wie du auch immer dich nach deiner Frau sehnen würdest.
Ich bin sicherlich nicht geringer als deine Gemahlin,
So behaupte ich, in der Form und Größe des Leibes,
Keine Sterbliche kann sich doch mit Göttinnen messen!

Dann der weise Odysseus gab der Göttin zur Antwort:
Große Göttin, sei nicht wütend über mein Schwatzen,
Ich weiß wohl, die kluge Penelope ist nicht so herrlich
Von Figur und Aussehen, ist ein sterbliches Weibchen,
Du aber bist unsterblich und ewigjugendlich, Göttin!
Trotzdem sehn ich mich Tag für Tag mit verzehrender Sehnsucht
In die Heimat und erhoffe den Tag meiner Heimkehr.
Wenn ein Gott mich schlagen sollt auf dem weinroten Meere,
Will ich’s ertragen, den Herzschmerz ungerecht zu erleiden!
Denn ich habe sehr viel gelitten, tat Arbeit die Menge
In dem Krieg um Troja und auf dem weinroten Meere.
Füg dies Leiden dann hinzu zur Summe der Leiden!

Während er sprach, die Sonne tauchte hinunter und Nacht kam.
Und die beiden fanden die tiefste Vertiefung der Höhle
Und dort freuten sie sich gemeinsam an Liebesspiel-Wonnen!

Da die rosenfingrige Eos erschien, war Odysseus
Schon in Tunika und in Mantel gekleidet, die Nymphe
War bekleidet mit einem langen schneeweißen Kleide,
Schön und fein, und befestigte einen goldenen Gürtel
Um die Taille, bedeckte den Kopf mit wallendem Schleier.
Dann begann sie des tapfern Odysseus Abreise tätig
Vorzubereiten. Sie gab ihm eine Doppelaxt bronzen,
Gut für die Hände, mit Schneiden geschärft, vom Holz der Oliven
War der Griff fixiert, und gab eine Axt ihm, die glänzte.
Und nun führte sie ihn an den Rand der seligen Insel,
Erlen standen da, Pappeln und Fichten, die stiegen gen Himmel,
Trockenes, würziges Holz das gut war, zu fahren zu Wasser.
Als sie ihm gezeigt hatte, wo sich befanden die Bäume,
Ging Kalypso, die schöne reizende Göttin, nach Hause,
Während er Holz zu schlagen begann. Er schnitt sich wohl zwanzig
Bäume aus dem gesamten Bestand, es trimmte die Axt sie,
Und er glättete sie und machte glatt ihre Kanten.
Und Kalypso, die reizende Göttin, brachte ihm Bohrer,
Und er ging und bereitete Hölzer, zusammen sie fügend,
Und er hämmerte die verzapften Gelenke zusammen.
So Odysseus machte sein Floß, so breit wie ein weiser
Schiffsbauer macht den Rumpf weitstrahlenden Schiffes zum Handel.
Und er legte den Belag drauf, verschraubte die Bretter
Mit eng stehenden Hölzern, so werkte er an der Vollendung
Seines Floßes mit langen Dollborden, richtend den Mast auf
Und das Steuerruder. Dann kleidete er alle Seiten
Von dem Bug bis zum Heck aus miteinander verschlungnen
Weiden, als Verteidigung gegen die stürmische Meersflut,
Und bedeckte das Deck mit Reisig. Inzwischen Kalypso
Brachte ihm Stoff für ein Segel, die schöne reizende Göttin,
Und er hat es gekonnt gestaltet. Dann schlug er die Klammern
Und die Schoten mit Kraft und stemmte das Floß auf das Wasser.

An dem vierten Tag war all seine Arbeit vollendet
Und am fünften die schöne Kalypso wusch ihn im Bade
Und sie zog ihm duftende Kleider an. Und sie beschaute
Wie er da lag. Die Göttin füllte den Schlauch mit dem Weine,
Einen Schlauch mit Wasser, und einen Beutel mit Speise,
Voll von vielen guten Dingen zur Freude des Herzens,
Und sie schickte eine sanfte Brise, die warm war.
Und Odysseus breitete seine Segel im Winde
Voller Freude und steuerte dann das Floß mit dem Ruder,
Als er drauf saß. Nachts hatte er nie die Augen geschlossen
In dem Schlaf, sondern er beschaute die lichten Plejaden
Und die Stellung des Großen Bären, den nennt man den Pol-Stern,
In der Stellung gegenüber dem Sternbild Orion,
Der nie badet im Meer. Kalypso, die reizende Göttin,
Hatte ihm gesagt, die Konstellation zu Backbord zu halten,
Wenn er die Gewässer kreuzt. Und siebenzehn Tage
Segelte er auf dem Meer, am achtzehnten schattige Gipfel
Des phäakischen Landes zeichneten ab sich im Nebel.

Aber jetzt der Herr Poseidon, der Schüttler der Erde,
Kam zurück von seinem Besuch bei Äthiopiens Menschen,
Sah ihn, wie er über das Wasser kam. Der Gott war verärgert
In dem Geiste, schüttelte seinen Schädel und sagte
Zu sich selber: Während ich war bei äthiopische Menschen,
Haben die Götter durchaus ihre Meinung über Odysseus
Anders gestimmt. Hier ist er, in der Näh der Phäaken,
Wo er dem Schicksal seines Irrens sucht zu entkommen.
Aber ich werde ihm viele Schwierigkeiten bereiten.

Damit sammelte er die Wolken, nahm seinen Dreizack
In die Hände, rührte das Meer auf, wühlte den Sturm auf,
Explosionen des Windes, versteckte das Meer und die Erde
In dem Nebel, und Dunkelheit stürzte herab von dem Himmel.
Ostwind und Südwind prallten zusammen, der stürmische Westwind
Und der Nordwind wurden am hohen Himmel geboren,
Und sie fuhren auf eine große Flut vor Odysseus.
Seine Knie wurden weich, sein Herz schmolz und mächtig erschüttert
Hielt er Zwiesprache mit dem eigenen tapferen Geiste:
Elender, Elender, der ich bin, was soll aus mir werden?
Ach, ich fürchte, die Göttin sprach wahr, als sie sagte, ich würde
Volles Maß des Leidens erleiden auf stürmischem Meere,
Bis ich mein eigenes Land zu erreichen wisse. Jetzt ist es
Alles so gekommen. Zeus hat die Himmel mit Wolken
Dicht bedeckt, beunruhigt das Meer, des Sturms Explosionen
Fegen über mich hin. Jetzt bin ich zum Scheitern verurteilt.
Dreimal gesegnet, viermal gesegnet die Danaer, welche
Schon vor langer Zeit auf der Ebene Trojas
Ihre Arbeit taten und nach dem Beschluss der Atriden
Starben! Ich wünschte, ich hätte ein Schicksal wie sie und wär tot schon,
Wär gestorben an jenem Tag, als das Heer der Trojaner
Seine Bronzespieße schleuderte gegen die Brust mir,
Während wir gekämpft um die Leiche des Heros Achilles,
Sohnes des Peleus. Dann hätt ich ein angemessnes Begräbnis
Und die Achäer würden meinen Ruhm ausposaunen,
Jetzt bin ich bestimmt, jammervollen Todes zu sterben.



SECHSTER GESANG

Also Odysseus schlief, von Arbeit und Schlaf überwunden,
Aber Athene ging an das Land, in die Stadt der Phäaken,
Die in Hypereia lebten, nah den Zyklopen.
Jetzt die Zyklopen, stärker als jene, hatten geplündert,
Und ihr König Nausithoos ließ sie dort in Scheria,
Weit weg von allen anderen sterblichen Menschen der Erde.
Er umgab die Stadt mit einer Mauer und baute
Häuser und Tempel und teilte das Land unter all seinem Volke,
Aber er starb und war in das Haus des Hades gegangen,
König Anthinous wurde jetzt der amtierende König,
Dessen Ratschlüsse wurden inspiriert von dem Himmel.
In sein Haus ging Athene, die Heimkehr Odysseus’ zu fördern.

Sie ging direkt in das wunderschön eingerichtete Zimmer,
Darin schlief ein Mädchen, so lieblich wie eine Göttin,
Tochter Königs Alkinoos'. Zwei Mägde ruhten ihr nahe,
Beide Mägde sehr hübsch, auf jeder Seite der Türe,
Die war mit gutgemachten Flügeltüren verschlossen.
Und Athene nahm die Form an der weithin berühmten
Kapitänstochter Dymas, Nausikaas herzlicher Freundin,
Die gerade in ihrem Alter war, kam zu dem Mädchen
In der Nacht wie ein Windhauch, schwebte über ihr, sagte:

O Nausikaa, was soll deine Mutter denn sagen,
Dass ihre Tochter so faul ist? Hier sind all deine Kleider,
Aber du wirst bald verheiratet sein und solltest dann reine
Kleider nicht nur für dich selbst haben, sondern für alle,
Die dich besuchen. So machst du dir selbst einen ruhmreichen Namen,
Vater und Mutter werden stolz auf dich sein, meine Freundin.
Nehmen wir also an, dass wir einen Wäschetag machen
Morgen und beginnen beim Anbruch des kommenden Tages.
Ich werde kommen und dir helfen, damit du es alles
Schnell beendest, für den besten der Jünglinge, nämlich
Deine eigenen Leute umwerben dich, du wirst nicht lang mehr
Jungfrau bleiben. Bitte deinen herrlichen Vater,
Dass du einen Wagen bekommst und Maultiere gleichfalls
Für den Weg bei Tagesanbruch, um Teppiche, Kleider,
Gürtel nehmen zu können, und du kannst reiten zu Rosse,
Das wird angenehmer sein als zu Fuße zu gehen,
Denn die Waschzisternen sind weit entfernt von der Hauptstadt.

Als sie dies gesagt, ging Athene weg zum Olympos,
Der, wie sie sagen, ist die ewige Heimat der Götter.
Hier stürmt kein Wind und weder Regen noch Schnee fallen nieder,
Aber es ist ewiger Sonnenschein, Ruhe des Lichtes,
Da die seligen Götter leben ewig erleuchtet.
Dies war der Ort, an den gegangen die Göttin Athene,
Da sie ihre Anweisungen hatte dem Mädchen gegeben.

Nach und nach kam der Morgen und das Mädchen erwachte
Und Nausikaa fragte sich, was das ein Traum war gewesen,
Und sie ging daher an das andere Ende des Hauses,
Ihren Traum zu erzählen beiden, Vater und Mutter,
Und sie fand die Eltern in ihrem eigenen Zimmer.
Ihre Mutter saß am Kamin, die Wolle zu spinnen,
Mit den Mägden um sie herum. Auch fand sie den Vater,
Wie er vornehm ausging zu des Stadtrates Sitzung,
Einberufen von den Stadträten edler Phäaken.
Und Nausikaa hielt ihn an und sagte zum Vater:

Lieber Papa, könnt es dir gelingen, so lass mich
Einen guten großen Wagen bekommen. Ich möchte
Alle unsere schmutzige Wäsche tragen zum Flusse
Und sie waschen. Du bist der Herr hier, so ist es nur richtig,
Dass du ein sauberes Hemd hast, wenn du sitzt mit dem Stadtrat.
Darüber noch hinaus hast du fünf Söhne zu Hause,
Zwei von ihnen vermählt, die anderen Jünglingsgesellen,
Gut aussehende Junggesellen, du weißt, dass sie gerne
Saubere Wäsche haben, wenn sie gehen zum Tanze,
Und ich habe über all das nachgedacht, Vater.

Aber sie sprach nicht ein Wort über ihre eigene Hochzeit,
Weil sie nicht wollte, dass ihr Vater es wüsste, er sagte:
Du sollst die Maultiere haben, meine liebliche Tochter,
Und was du sonst noch im Sinn hast. Du sollst alles das haben,
Und die Männer müssen arbeiten mit ihren Körpern,
Welche alle deine Kleidung dahin tragen werden,
Darum erhältst du auch einen guten kräftigen Wagen.

Darauf gab er seine Befehle den willigen Dienern,
Die den Wagen brachten, sie spannten die Maultiere an und
Die Prinzessin setzte sich auf den kräftigen Wagen,
Während die Mägde brachten die Kleider herauf aus der Kammer
Und sie auf den Wagen legten. Es hatte die Mutter
Ihr bereitgestellt einen Korb mit allerlei guten
Essenssachen und einen Ziegenhautschlauch voll von Süßwein,
Das bekam das Mädchen in den Wagen geliefert,
Und die Mutter gab ihr einen goldenen Ölkrug,
Dass das Mädchen und ihre Mägde sich könnten auch salben.
Dann nahm Nausikaa Peitsche und Zügel, die Maultiere peitschend,
Und so machte sie sich auf den Weg. Die klappernden Hufe
Zogen die Straße. Sie zogen und trugen Nauikaa nicht nur
Und die Wäsche, sondern auch die helfenden Mägde.

Als sie die Wasserseite erreichten, gingen sie zu den
Wasch-Zisternen, durch die lief reichlich reinliches Wasser,
Jede Menge Wäsche zu waschen, gleichgültig wie schmutzig.
Hier spannten sie die Maultiere aus und ließen sie gehen,
Um sich von den saftiger Kräutern am Ufer zu nähren.
Und sie nahmen die Kleidung vom Wagen, ins Wasser sie legend,
Und wetteiferten dann im Treten des Haufens der Kleider,
Um den Schmutz rauszuwaschen. Nachdem sie alles gewaschen,
Alles ganz sauber war, sie legten die Wäsche ans Ufer,
Wo die Wellen hatten erhöht einen höheren Sandstrand,
Um nun sich selber zu waschen, zu salben mit Öl der Olive.
Dann bekamen das Abendmahl sie an der Seite des Baches,
Warteten, dass die rötliche Sonne trockne die Kleidung.
Als sie das Mahl beendet, warfen sie ab ihre Schleier,
Die die Köpfe umhingen, und fingen an, zu spielen mit Bällen,
Während Nausikaa für sie sang. Wie Artemis wandert
Auf Taygetos oder Erymanthus zu jagen
Wildschweine oder Hirsche, mit den Waldnymphen, also
Trieben sie ihren Sport zusammen. Wie stolz ist Latona
Auf die Tochter, größere als die anderen Schönen,
Artemis, die verdunkelt selbst die Schönsten der Schönen,
So auch das reine Mädchen überstrahlte die Mägde.

Als es Zeit für die Mädchen war, nach Hause zu kehren,
Falteten sie die Kleider und taten sie in den Wagen,
Da begann Athene zu prüfen, wie könnte Odysseus
Aufwachen von dem Schlaf und sehen die lieblichen Mädchen,
Welche ihn führen sollten dann in die Stadt der Phäaken.
Darum die Jungfrau warf einen Ball zu einem der Mädchen,
Die ihn verfehlte, so fiel er tiefer hinab in das Wasser.
Daraufhin schrieen alle, der Lärm ließ Odysseus erwachen,
Der in dem Blätterbett lag und begann sich zu fragen: Was ist das?

Ach, sprach er zu sich selber, wohin bin ich gekommen,
Unter was für Leute? Sind sie etwa Barbaren,
Wilde, Grausame? Oder aber gastfreundlich, menschlich?
Hör ich die Stimmen von jungen Mädchen oder von Nymphen,
Nymphen von Berggipfeln oder von Quellen oder von Auen?
Ich bin wohl bei einer Rasse von Männern und Frauen.
Lass mich versuchen, ob ich nicht vielleicht es noch schaffe,
Einen Blick zu erhaschen auf die lieblichen Mädchen.

Als er das sagte, kroch er hervor unterm bergenden Busche,
Brach einen Zweig mit dichten Blättern, das Glied zu verhüllen.
Er sah aus wie ein Löwe der Wüste, frohlockender Stärke,
Trotzend dem Wind und Regen, pirschend, blendend die Augen,
Wie er steif auf der Suche nach Schafen, Rindern und Rehen,
Die er begehrt, und wagt es, einzubrechen in Höfe,
Gutumzäunte Gehöfte, versuchend, Schafe zu kriegen.
So erschien Odysseus den jungen lieblichen Mädchen,
Als er näher kam, die waren so nackig wie er war.
Bei dem Anblick eines so Ungepflegten, bedeckt mit
Salzwasser, flüchteten alle Mägde die Wege zum Wasser,
Aber Alkinoos’ Tochter stand fest, Athene gab Mut ihr
In das Herz, nahm alle Furcht von Nausikaas Herzen.
Sie stand direkt vor Odysseus, und er zweifelte etwas,
Ob er auf sie zugehen solle, sich niederzuwerfen
Und zu umarmen die Knie als Bittsteller, oder verharren,
Wo er war, und sie bitten, ihm ein paar Kleider zu geben,
Und ihm zu zeigen den Weg in die Stadt. Zuletzt ists am besten,
Sie von ferne anzusprechen, falls sie sich ärgern
Sollte über sein Nähern, wenn er umklammre die Kniee.
Und er sprach sie an in süß überzeugender Weise:

O Prinzessin, sieh mich zu deinen nackichten Füßen,
Bist du sterblich, sag, oder eine himmlische Göttin?
Wenn du eine Göttin bist, eine vom Himmel,
Scheinst du mir Artemis ähnlich, Zeus' Tochter, in strahlender Schönheit
Und in Form und Figur. Doch wenn du ein irdischer Mensch bist,
Seien dreimal gesegnet die Eltern, Vater und Mutter,
Dreimal selig dein Bruder. Wie muss das Herz ihnen glühen
Voller Wonne, wenn sie sehen so süß eine Blume
Tanzen. Aber der Mann am seligsten ist von den Männern,
Der dich erobert mit seinen Geschenken und führt dich nach Hause.
Meine Augen haben noch niemals gesehn eine solche
Frau oder solchen Menschen wie dich. Nur einmal in Delos
Sah ich dergleichen, opfernd an Apollons Altären,
Denn ich bin dort gewesen und ein Heer war dort mit mir,
Wo ich mir große Sorgen machte wegen des Bösen.
Und ich staunte und sah, ein solcher Baum stand auf Erden.
Und jetzt staun ich dich an, o Frau, verwundert, und zittre
Und ich will dir die Knie umklammern, hab ich auch schwere
Leiden bestanden. Gestern wars, am zwanzigsten Tage,
Da ich dem weinroten Meer entkommen, den wirbelnden Winden,
Da von der Insel Ogygia trugen die Wogen mich hierher.
Jetzt das Schicksal trieb an die Küste mich, dass ich hier leide.
Ohne Zweifel, meine Leiden sind lang nicht beendet.
Wenn die Zeit kommt, senden die Götter noch vielerlei Leiden.
Aber du, o Prinzessin, hab Erbarmen und Mitleid,
Da ich zu dir gekommen nach meiner mühseligen Arbeit,
Und ich kenne in diesem Lande keinerlei Menschen.
Zeig mir den Weg in die Stadt und gib mir einige Lumpen,
Dass ich über mich werfe die Kleidung, die du gewaschen.
Mögen die Götter dir alles gewähren nach Herzenslust reichlich,
Einen Mann und ein Haus und eine harmonische Ehe,
Eine Ehe in all ihrer Schönheit. Nichts ist doch besser,
Als wenn ein Herz und eine Seele der Mann und die Frau sind,
Haben gemeinsam Freunde und Freude, Kummer und Feinde.

Und Nausikaa hob die nackichten Arme und sagte:
Fremder, du scheinst nicht unwissend und auch nicht übelgesonnen.
Der olympische Zeus ist den Tugendhaften ein Heiland,
Und was Gott dir geschickt, das musst du geduldig ertragen.
Aber jetzt bist du hierher gekommen in unser Gefilde.
Du wirst Kleidung bekommen und was ein Bettler verdient von
Seinen Nächsten. Ich zeig dir den Weg in die Stadt und ich sag dir,
Wer wir sind. Dies ist das Land und die Stadt der Phäaken,
Und ich bin die Tochter des Alkinoos, welcher
Der Phäaken Fürst ist von majestätischer Ehre.

Damit rief sie ihr schönes Dienstmädchen: Mädchen, warum denn
Scheust du dich vor dem Anblick eines nackichten Mannes?
Sicherlich stellst du dir vor, der Mann sei unfreundlich, Mädchen?
Nie wird ein Feind seinen Fuß stellen auf phäakischen Boden,
Denn wir sind Lieblinge Gottes! Wir leben fern von den Rassen,
Welche sind weit verstreut im turbulenten Gewässer,
Wir befassen mit keinem uns der anderen Völker.
Diesen Mann muss man wohl einen glücklosen Wanderer nennen,
Hier gestrandet. Wir kümmern uns um den glücklosen Mann, denn
Alle Fremdlinge, alle Bettler kommen vom Höchsten,
Und sogar ein kleines Geschenk ist willkommen dem Bettler.
Also bring ihm zu essen und zu trinken, o Mädchen,
Und geschützt vor dem Wind dann bade du ihn im Flusse.

Und sie riefen einander zu. Nausikaa, Tochter
Des Alkinoos, sie befahl, da fanden sie eine
Windgeschützte Stelle für Odysseus. Sie gaben
Ihm einen Mantel, ihm eine Tunika, dass er sie trage,
Salbten ihn mit Olivenöl aus glänzendem Horne,
Luden ihn ein zu baden in dem fließenden Strome.
Aber der edle Odysseus sprach zu ihnen und sagte:
Meine Damen, bleibt da drüben bitte doch stehen,
Bis ich des Meeres Salz von meinen Schultern gewaschen
Und mich mit Öl gesalbt, der lang nicht Öl mehr gesehen.
Aber nun will ich mich bade, und ich schäme mich, Mädchen,
Vor so wunderschönen Mädchen zu stehen als Nackter.

Und da gingen sie, und sie sagten das der Prinzessin,
Während der edle Odysseus mit frischem Wasser gewaschen
Sich das Salz von den breiten Schultern und rieb sich den Kopf frei
Von dem Schorf des kargen Meeres, und als er mit Salböl
Sich gesalbt, da legte er an die Kleidung der Jungfraun,
Die ihm die Mädchen gegeben. Und Athene, die Tochter
Gottes, ließ ihn erscheinen größer und stärker und machte
Seine Locken wie Hyazinthenblüten des 'Frühlings.
Wie ein geschickter Künstler, der gelernt hat sein Kunstwerk
Von Hephästos und Pallas Athene, Silber mit Gold ziert,
So zu produzieren ein ordnungsgemäßes Gebilde,
Also die Göttin zierte ihm den Kopf und die Schultern.
Dann ging er in kurzer Entfernung und setzt sich ans Ufer, Und das Mädchen sah ihn voller Bewunderung an und
Da sprach die staunende Jungfrau zum schönen Dienstmädchen also:

Höre, was ich dir sage, mein Mädchen mit nackichten Armen.
Dieser Mann ist nicht ohne die Vorsicht der Götter gekommen
Zu den göttergleichen Phäaken. Zwar schien er rau mir,
Aber jetzt erscheint er wie einer der himmlischen Götter.
Ach, ich wünscht, ein solcher Mann könnt mein Ehegemahl sein,
Wenn er nur bliebe. Aber komm, weißarmiges Mädchen,
Gib dem göttergleichen Fremden zu essen und trinken.

Und das Mädchen gehorchte und tat gleich, was ihr geboten,
Stellte Essen und Trinken vor den edlen Odysseus,
Und es aß der edle Dulder Odysseus und trank viel,
Weil er seit langen schon keine Nahrung hatte geschmeckt mehr.

Jetzt Nausikaa mit den weißen nackichten Armen
Hatte eine andre Idee. Sie faltet die Kleidung,
Sie belud den Wagen damit und spannte die starken
Maultiere an und stieg auf den Wagen selber. Dann rief sie
Zu Odysseus und sagte zu ihm: O heiliger Fremdling,
Jetzt bereite dich, diesen Ort für die Stadt zu verlassen,
Und ich werde dir weisen das Haus meines heiligen Vaters,
Da er, ich sags dir, gerecht beherrscht die edlen Phäaken.
Tu was ich sage. Du scheinst ein intelligenter Genosse.
Während wir auf dem Land und den Feldern sind, folge
Du zu Fuß den Maultieren und den Wagen mit meinen
Mägden mit weißen Armen. Ich werde den Weg dir voraus gehn.
Aber nahe der Stadt, die umringt wird von schützenden Mauern,
Gibt es einen Hafen auf beiden Seiten, der Damm ist
Eng dazwischen, die krummen Schiffe stehn auf der Straße,
Jeder Mann hat da seine eigene Anlegestelle.
Es ist ein Ort der Begegnung, neben dem Tempel Poseidons,
Und mit Steinen gepflastert tief in die Erde gebettet.
Hier ist die Crew beschäftigt mit den schwärzlichen Schiffen
Und hier kämpfen mit Tauen und Segeln sie, schnitzen sie Ruder.
Denn den Phäaken sind gleichgültig Bogen und Köcher und Pfeile,
Einzig fürsorglich sind sie für die herrlichen Schiffe
Und allein begeistert sie die Schönheit der Schiffe,
Dass sie mit ihnen segeln über des Ozeans Fläche.

Bösen Klatsch will ich vermeiden oder dass jemand
Später stichelt, denn es gibt freche Menschen in Menge,
Einer der gröberen Art könnte sagen, wenn er uns sähe:
Wer ist der große und schöne Fremde, Nausikaa folgend?
Wo hat sie ihn gefunden? Er ist ihr künftiger Gatte,
Ohne Zweifel. Sie muss den schiffbrüchigen Reisenden nehmen,
Muss den Fremden gefunden haben, wir haben nicht Nachbarn.

Oder vielleicht ist ein Gott herab vom Himmel gekommen,
Ihren endelosen Gebeten Antwort zu geben,
Dass sie seine Liebe besser doch lerne noch kennen!
Gut dass sie gegangen und nahm einen Mann aus dem Ausland,
Da sie hier verachtet unsre phäakischen Männer,
Das ist klar, und alle ihre adligen Freier!
So wohl werden sie schwätzen und schwärzen an meinen Namen.
Ich auch würde jedes andere Mädchen verklagen,
Welche schuldig wäre des Umgangs schon vor der Ehe.
Nun, du hörst meine Worte, o Fremder. Mein Vater wird helfen,
Dass du bald wirst die rechtliche Heimat wiedergewinnen.

Du wirst finden einen heiligen Hain in der Nähe
Dieser Straße, ein Wäldchen von Pappeln, geweiht der Athene,
Eine Quelle inmitten und ringsum blühende Wiesen.
Dort hat mein Vater seinen fruchtbaren Weinberg, der Stadt nah.
Setze dich dort und warte, bis wir erreichten die Stadtburg
Und das Schloss meines Vaters. Wenn du denkst, dass wir da sind,
Geh in die phäakische Stadt und frag nach des tapfern
Vaters Alkinoos Schloss. Es ist sehr leicht zu erkennen.
Ja, ein Kind, ein reines Kind kann dir zeigen die Halle,
Denn des Alkinoos Schloss ist nicht wie phäakische Häuser.

Wenn du Hof und Schloss siehst, gehe zur herrlichen Halle,
Komm zu meiner Mutter, die sitzt am Herd vor dem Feuer,
Wo sie purpurnes Garn spinnt, wunderschön zu betrachten,
Komm zu ihrem Stuhl an der Säule, wo Mägde ihr dienen.
Meines Vaters Thron steht an der selbigen Säule,
Wo er thront wie ein Gott und trinkt seinen köstlichen Rotwein.
Kniee vor ihr und wirf deinen Arm um das Knie meiner Mutter,
Dann wird schnell der Tag deiner Heimkehr kommen und Freude,
Gleich, wie weit von zu Hause du auch entfernt bist, o Fremder.
Wenn du gewonnen ihre Gnade, dann kannst du hoffen,
Deine Freunde zu sehen und in dein Heim zu gelangen.

Und mit diesen Worten ließ sie die Maultiere laufen
Unter der Peitsche, und sie verließ das Flussufer, trabte
Munter, fuhr vorsichtig, so dass der Mägde Schar und Odysseus
Konnten folgen zu Fuß. Als nun die Sonne gesunken,
Sie erreichten den heiligen Hain, geweiht der Athene.
Dort Odysseus setzte sich schnell und betete innig
Zu der Tochter des mächtigen Zeus: O hör mich, Athene,
Kind des Ägide-tragenden Zeus, erhöre mein Bitten,
Denn der Erderschütterer ruinierte das Floß mir.
Lass mich bei den Phäaken Hilfe finden und Mitleid.

Also betete er und Pallas Athene erhörte
Sein Gebet, doch zeigte sie sich nicht selber, aus Ehrfurcht
Und Respekt vor ihrem Onkel Poseidon, der wütend
War, bis der gottgleiche Dulder Odysseus die Heimat erreichte.