BABYLONISCHER GESANG

Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTER GESANG
ADAMA UND DIE SPEISE DES LEBENS

1

Der erste Mensch besaß die Weisheit Gottes,
Sein Wort war wie das Wort von Vater Anu.
Und Ea ihm gewährt ein offnes Ohr,
Des Reiches Schicksal so zu offenbaren,
Und Ea ihm gewährte Gottes Weisheit,
Doch er gewährt ihm nicht das ewge Leben.
In jenen Tagen und in jenen Jahren
Der weise Mensch war da in Eridu.
Den hatte Ea als das Haupt geschaffen,
Das Haupt der ganzen menschlichen Gemeinde,
Ein weiser Mann, dem keiner widersprach,
Er war der Weise unter all den Göttern,
War makellos, gesalbt die reinen Hände,
Der er beachtet göttliche Gesetze.
Und mit dem Bäcker backte er das Brot,
In Eridu der Bäcker backte Brot,
Er machte täglich Eridu die Speise,
Er machte täglich Eridu das Wasser,
Mit reinen Händen deckte er den Tisch
Und ohne ihn der Tisch war nicht befriedigt.
Das Schiff hat er gesteuert, Fischerei
Und Jagd geübt hat er für Eridu,
Dann Adama sah Ea, Gott der Weisheit,
Der Gott lag in der Kammer auf dem Bett…
Und Adama besuchte Eridu,
Stets wenn die Tore in der Stadt man schloss.
Am Deiche unterm Neumond er begann
Im Schiff, der Wind blies, war sein Schiff verloren,
Das Ruder fort, mit dem das Schiff gelenkt ward,
Das Schiff verloren im empörten Meer!


2

Der Südwind hat mich aus dem Haus des Herrn
Getrieben, sagte ich, o heißer Südwind,
Ich gehe auf dem Weg zu dir und alles
Und deine Flügel will ich dir zerbrechen!
Und wie er dieses sprach, da war
Des Südwinds Flügelpaar auch schon zerbrochen,
Und sieben Tage blies der Südwind nicht.
Und Anu sprach zum Engel Ilebrat:
Was brennt der Südwind nicht seit sieben Tagen?
Der Engel Ilebrat gab Antwort: Herr,
Durch Adama, den Sohn der Gottesweisheit,
Des Südwinds Flügel sind kaputt gegangen.
Als Anu hörte dieses Wort des Engels,
Rief Gott um Hilfe: Der den Thron bestiegen,
Den lasse einen von den Engeln bringen!
Und Ea, Gott der Weisheit, kennt den Himmel.
Er weckte Adama und ließ ihn bringen.
Er hat ein Trauerkleid ihm angezogen
Und gab den Ratschlag ihm: O Adama,
Geh zu zum Angesicht des Königs Anu,
Des Vaters, der im höchsten Himmel herrscht!
Und wenn du kommst zum Vater in den Himmel,
Und wenn du anklopfst an die Himmelstür,
Dann stehen Tammuz und Gischzida da,
Sie sehen dich und werden dich befragen:
Vor wem willst du erscheinen, Adama?
Für welchen Geist trägst du dein Trauerkleid?
Dann sage du: In unserm Lande sind
Zwei gute Götter aus der Welt verschwunden.
Und wenn sie fragen: Wer sind diese Götter?
Dann sage: Tammuz und Gischzida sinds!
Dann schauen sie dich an und wundern sich.
Und gute Worte sprechen sie zu Gott dann.
Das Angesicht von Anu wirst du sehen.
Und wenn du stehst vorm Vater in dem Himmel,
Man setzt vor dich des Todes schlechte Speise,
Die esse nicht! Man zeigt des Todes Trank dir,
Den trinke nicht! Man gibt dir weiße Kleider,
Die ziehe an! Mit Öl wird man dich salben.
Vergiss den Rat nicht, den ich dir gegeben.
Halt fest die Worte, die ich dir gesagt.
Da kam der Engel von dem Vatergott:
Des Südwinds Flügel Adama zerbrach,
So bringt nun Adama zu Gott im Himmel!
Er nahm ihn mit, den Weg ins Himmelreich,
Und er ist aufgefahren in den Himmel.
Und als er in den dritten Himmel kam
Und als er an die Himmelspforte klopfte,
Da standen Tammuz und Gischzida da,
Und als sie sahen Adama, sie riefen:
Gott helf uns, Herr! Vor wem willst du erscheinen?
Für welchen Geist trägst du das Trauerkleid? -
Zwei Götter sind aus unserm Land verschwunden
Und darum trage ich das Kleid der Trauer. -
Wer sind die beiden Götter, die verschwunden? -
Gischzida sinds und Tammuz, diese zwei. -
Sie sahn einander an und staunten sehr.
Und Adama dem Vater Anu nahte,
Und Vater Anu sah ihn an und sprach:
Komm, Adama! Was brachen deine Flügel
Vom Südwind? Da sprach Adama: O Herr,
Ist Gottes Haus doch in des Meeres Mitte,
Da fing ich Fische, um sie dann zu braten.
Das Meer war wie ein unbefleckter Spiegel,
Der Südwind blies und da bin ich gekentert.
Zum Hause Gottes wurde ich getrieben,
Da war mein Herz voll Zorn und Achtsamkeit.
Gischzida sprach und Tammuz sprach zu ihm:
Da bist du endlich nun in Gottes Haus.
Sie sprachen zu dem Herrn, dem Vater Anu.
Und Gott beruhigte sich, sein Herz war stille.
Warum hat Ea denn dem schlimmen Menschen
Das liebe Herz des Himmels offenbart?
Gott schuf dich, und der Herr gab dir den Namen.
Was machen wir mit diesem Adama?
Des Lebens Speise bringt ihm, dass er esse!
Sie brachten ihm des Lebens Speise, aber
Er aß sie nicht. Sie brachten ihm den Trank
Des Lebens, doch er hat ihn nicht getrunken.
Sie brachten Kleider ihm, er zog sie an.
Sie brachten Öl zu ihm, er salbte sich.
Und Vater Anu sah ihn fragend an.
Komm, Adama! Was hast du nicht gegessen,
Was hast du nicht getrunken? Du sollst leben! -
Weil Ea sprach: Du iss und trinke nichts,
Drum hab ich nicht gegessen und getrunken. -
Sie nahmen ihn und brachten ihn zurück
Zur Erde. Und der Vater sah ihn an.


3

Als Gott der Vater hörte all das Unheil,
Im Zorne seines Herzens schickte er
Den Engel, der das Herz der Götter kennt.
Der Engel kam zu Ea, zu dem Weisen,
Und Gottes Worte trug er zu dem Weisen,
Zum Gott der Weisheit, zu dem König Ea.
Gott Vater schickte einen Engel, der
Das Herz der großen Himmels-Götter kannte.
Der Himmel war fixiert von Gottes Wort.
Zerrissne Lumpen sollst du tragen schmutzig,
Du sollst nun tragen schwarze Trauerkleider!
So sprach zu Adama der Engel Gottes.
Du, Adama, sollst vor den Vater treten,
Halt Gottes Worte du der Reihe nach.
Und wenn du in den Himmel kommst zu Gott,
Dann klopfe dreimal an die Himmelspforte,
Dann wird dir Tammuz öffnen, Gottes Sohn.


ZWEITER GESANG
DIE SIEBEN BÖSEN GEISTER

1

Die Stürme brüllen, das sind böse Götter,
Dämonen unterm himmlischen Gewölbe,
Die Arbeiter des bösen Geistes sinds,
Die stehen jeden Tag zum Bösen auf
Und tun die schlechte Arbeit der Zerstörung.
Der Erste ist der überheiße Südwind,
Der Zweite ist der Drache offnen Rachens,
Der Dritte ist der Panther mit den Jungen,
Der Vierte ist die Schreckensherrin Shibbu,
Der Fünfte ist der Wolf, der niemals flieht,
Der Sechste ist die Seuche, die grassiert,
Der Siebte ist der böse Sturm der Rache.
Die Sieben sind die Todesengel Gottes,
Sie arbeiten in jeder Stadt im Dunkeln,
Orkane sind sie, die gewaltig jagen,
Und dicke Wolken bringen sie am Himmel,
Windböen, die nur Finsternisse bringen,
Die mit dem bösen Wind Imkullu kommen,
Die überquellenden Zerstörer sinds,
Die auf der rechten Seite Adads gehen,
In Himmelshöhen blinken sie wie Blitze,
Die Schadenstifter und Zerstörer sinds,
In König Anus Himmel tun sie Böses,
Und keiner kann den Teufeln widersprechen.
Wenn Vater Enlil diese Worte hört,
Den Plan in seinem Herzen er bedenkt,
Mit Ea in der Himmelsgötter Rat,
Mit Mondgott und mit Sonnengott im Himmel,
Mit Göttin Ishtar in dem dritten Himmel,
Mit Anu teilt die Herrschaft er im Himmel,
Drei Himmelsgötter herrschen, ihre Kinder
Sind ordiniert und wirken Tag und Nacht.
Als nun die sieben bösen Geister stürmten
Und wollten Gottes Königreich erobern,
Sie setzten wütend sich vor Sin, den Mondgott,
Sie setzten sich vor Schamasch, Gott der Sonne,
Und saßen vor dem starken Krieger Adad,
Die alle brachten sie auf ihre Seite,
Nur Göttin Ishtar herrschte mit dem Vater,
Die Jungfrau übte aus des Himmels Herrschaft.
Und Tag und Nacht war dunkel Sin, der Mondgott,
In seiner Herrschaft Wohnung saß er unten.
Die bösen Götter sind die Todesengel
Des Königs Anu, Vater in den Himmeln,
Sie heben ihre bösen Köpfe hoch
Und schütteln ihre Köpfe in der Nacht.
Nur schlechte Menschen suchen ihren Einfluss,
Wie Stürme wehn sie über alle Länder.
Und Vater Enlil sah den dunklen Mond,
Sah die Verdunkelung des Sin am Himmel,
Da sprach der Herr zu seinem Diener Nusku:
Mein Knecht, bring meine Botschaft zu den Meeren,
Das Wort von meinem Sohne Sin, der dunkel ward,
Verkünd es Ea in dem Ozean. -
Und Nusku hörte auf das Wort des Herrn,
Zu Ea ging er schnell, zum Ozean.
Und Nusku sprach die Worte seines Herrn
Zu Ea, der das Wort im Meer gehört.
Er biss sich auf die Lippen mit den Zähnen
Und füllte seinen Mund mit Jammerheulen.
Und Vater Ea rief den Sprössling Marduk
Und gab dem Gottessohne diese Botschaft:
Geh, Marduk, geh, mein göttergleicher Sohn,
Denn Sin am Himmel ward verdunkelt, traurig,
Ich schaute die Verdunkelung des Mondes,
Die sieben Todesengel, ohne Furcht,
Die sieben bösen Götter sind die Sintflut,
Sie stürzen strömend auf die Länder alle,
Sie steigen stürmend gegen Länder auf,
Sie sitzen wütend vor dem Mond, der trauert,
Die Sonne brachten sie auf ihre Seite.


2

Zerstörerische Stürme, böse Winde,
Ein Sturm des Bösen, Engel des Verderbens,
Gewaltige und starke Söhne sinds,
Die Todesboten sie der Todesgöttin!
Die Fluten durch die Lande strömen sie,
Die sieben Götter durch den weiten Himmel,
Die sieben Götter auf der breiten Erde,
Die sieben Götter, sieben Diebe sinds,
Die sieben Götter allgemeinen Schwankens,
Die sieben bösen Götter und Dämonen,
Gewaltsam, böse sind sie, die Dämonen,
Vom Himmel kommend, gehn sie auf der Erde.

Sie sind nicht Männer und sind keine Frauen.
Sie sind die destruktiven Wirbelwinde,
Die haben keine Frauen, keine Kinder,
Die kennen nicht Barmherzigkeit und Mitleid,
Die hören nicht Gebet und Weheflehen.

Die Pferde sind gezüchtet in den Bergen,
Thronträger sinds der Götter in den Himmeln,
Sie stehen auf den Straßen, auf den Wegen,
Sie sind das Böse, sie sind schlecht und schlimm,
Sind sieben, sieben sinds und zweimal sieben.


3

Die hohen Häuser und die breiten Häuser
Die Geister überfluten mit der Sintflut,
Von Haus zu Haus die hohen Wogen stürzen,
Die Türen wissen sie nicht auszusperren,
Die Schrauben können sie zurück nicht drehen,
Sie gleiten durch die Tür wie eine Schlange,
Sie stürmen längs den Angeln wie der Wind.
Die Frau sie reißen aus des Mannes Armen,
Die Knaben reißen sie vom Vaterschoß,
Den Mann entfremden der Familie sie.

4

Sie sind die sieben, sind die sieben Geister,
Im Abgrund des Kanals sind sieben Geister,
Im Glanz des Himmels sind die sieben Geister,
In des Kanals Palast sie wuchsen auf,
Sind männlich nicht und sind auch weiblich nicht,
Ihr Weg ist in der Mitte und der Tiefe,
Sie haben keine Frau und keine Söhne,
Sie kennen Ordnung nicht und Freundlichkeit,
Sie hören nicht Gebet und Weheflehen,
Die Höhlen in den Bergen sie betreten,
Dem höchsten Himmelsvater sind sie feindlich,
Thronträger sind sie für die Himmelsgötter,
Sie stören gern die Lilien in den Bächen,
Sie sind sehr ekelhaft, sehr widerlich,
Sind sieben, sieben sinds und zweimal sieben,
Die Götter in den hohen Himmelreichen
Erinnern sich an diese bösen Teufel,
An diese bösen Teufel sich erinnern

Die Göttinnen der schwarzen Mutter Erde.