CHINESISCHE DICHTERINNEN


Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit



1

Li Ching-Chao, 1084-1155

Der Wandersingvogel auf dem Ast mit dem Tau
Bringt Tränen in meine Augen mit seinem melodiösen Trillern.
Dieser frische Regenguss wäscht
Die Flecken von älteren Verschmutzungen.
Weitere Federn sind weg,
Und immer noch kein Wort von dir.


2

Li Ching-Chao, 1084-1155

In diesem Jahr am Ende des Herbstes
Ich finde in meinem Spiegel Grau an den Schläfen.
Jetzt, wo der Abendwind an Kraft gewinnt,
Was soll aus den Pflaumenblüten werden?


3

Tzu Yeh (Chin-Dynastie)

I

Ich werde meinen Mantel tragen und mich nicht setzen auf meinen Gürtel,
Mit ungeschminkten Brauen werde ich am Fenster stehen.
Mein lästiges Petticoat flattert,
Wenn ich es ein wenig öffne, ist schuld der Frühlingswind.

II

Ich hörte, mein Lieber würde nach Yang-chou gehen,
Und ich ging mit ihm bis Chu-shan.
Für einen Moment, als du mich in deinen Armen gehalten,
Ich dachte, der Fluss bliebe stehen und würde nicht mehr fließen.

III

Voll Sehnsucht, schaue ich aus dem offenen Fenster,
Meine Schärpe losgebunden, lange Ärmel fließen.
Diese Brise hebt die Gaze so leicht,
Wenn mein Rock sich öffnet, ist schuld der warme Frühlingswind.

IV

Die Winterhimmel sind kalt und tief
Mit rauen Winden und gefrorenem Reif.
Aber wenn wir Liebe machen unter unserer Steppdecke,
Wir haben drei Sommermonate Wärme.

V

Als Sie sich näherten auf der Straße,
Sie konnten unmöglich Nein sagen.
Aber Ihre Vernachlässigung ist für mich nichts Neues.
Scharniere bald hängen an einer leeren Tür:
Es wird nicht passen, eng wie zuvor.


4

Noch kommt er nicht
von Yau Ywe-Hwa (Tang Dynastie)

Ich bin hier eine lange Zeit gewesen,
Wartend
Mit Silber-Kerzen
Und Sekt,
Zu Fuß bis zu der Pforte
Und wieder zurück,
Gerade für ihn,
Bis es fast Tag war.

Jetzt ist der Mond untergegangen,
Die Sterne sind nur wenige,
Und immer noch kommt er nicht.

Plötzlich Flügelschläge, Trommeln,
In den nebligen Weiden,
Eine Elster fliegt fort.


5

Frühling in Wu-ling
von Li Ching-jau (Südliche Sung-Zeit, 1135 n.Chr.)

Der Wind war immer noch da,
Die Erde duftete,
Die Blumen alle haben hier gut gefallen.

Als es Abend ward,
Niedergeschlagen,
Ich kämmte mein Haar.

Seine Sachen blieben hier,
Aber er ist verschwunden.
Also ist alles vorbei.

Wenn ich versuche, zu sprechen,
Die Tränen strömen.

Ich höre, dass der Frühling
Immer noch auf dem Höhepunkt ist
Bei den Doppel-Hügeln.

Ich denke, zu gehen, zu segeln,
Die Lichter scheinen,
Aber ach, ich fürchte,
Die Heuschrecken-Boote
Bei den Doppel-Hügeln
Konnten nie ertragen
So großes Gewicht
An Trauer.


6

Nach der Melodie "Hochfliegende Wolken"
von Huang O (1498-1569)

Du hieltest meine Lotus-Blüte
An den Lippen und spieltest mit ihr.
Wir nahmen ein Stück
Vom magischen Rhinozeroshorn
Und konnten die ganze Nacht lang nicht schlafen.
Die ganze Nacht der herrliche Kamm des Hahnes
Stand aufrecht. Die ganze Nacht die Biene
Klammerte sich zitternd an der Blume
Staubblätter. Oh mein süßes duftendes
Juwel! Ich werde es ermöglichen,
Mein Herr, dass du meinen heiligen besitzt,
Meinen Lotus-Teich, und jede Nacht
Du kannst Blüten in mir machen,
Blumen aus Feuer.


7

Nach der Melodie "Der Fall einer kleinen Wildgans"
von Huang O (1498-1569)

Einst war ich
Schön und verführerisch,
Schwankend hin und her
In unserem Orchideenduft-Schlafzimmer.
Du und ich zusammen verheddert
Hinter unseren von Weihrauch gefüllten Gaze-
Bettvorhängen. Ich zitterte,
Hielt dich fest mit der Hand. Du gingst
Durch mein Herz, wo immer
Du gingst. Plötzlich
Eine Kugel schlug die weibliche
Mandarin-Ente. Die Musik
Der Jade-Zither war vergessen.
Die Phönixe wurden auseinandergetrieben.

Ich allein in einem Raume sitzend,
Gefüllt mit Lenz, und los geht es,
Liebe machen mit einem anderen,
Glücklich, wie zwei Fische im Wasser.

Die unerträgliche kleine Hündin
Mit ihren keuschen Tricks!
Sie würde besser nicht vergessen!
Diese alte Hexe kann immer noch
Eine furiose Szene machen!


8

Li Ching-Chao (1084-1155)

Rückwärts die Schaukel,
Träge sie glättet ihre weichen schlanken Hände,
Ihr fadenscheiniges Kleid nass von lichtem Schweiß,
Eine schlanke Blumen zitternd von schwerem Tau.

Der Lotus ist verwelkt, nur ein schwaches Parfüm bleibt.
Auf die Bambusmatte gibt es einen Hauch von Herbstfrost.
Sanft nehm ich mein Seidenkleid
Und schreite in meiner Orchideenkammer allein.
Wer schickt mir den Brief aus Brokat
Von jenseits der Wolken?
Wenn die Wildgänse zurückkommen,
Der Mond wird fluten durchs Westzimmer.
Blumen fallen und lassen sich treiben,
Wasser gleitet,
Alles nach seiner Natur.
Unser Wunsch ist die Art:
Beide Seiten weit auseinander gespreizt -
Ein melancholisches Gefühl gibt keinen Widerstand.
Sobald es die Augenbrauen verlässt,
Verursacht es Stöße in der Brust.

Ein Durcheinander von Gedanken des Abschieds,
Dennoch zögere ich am Rand der Äußerung
Aus Angst und Bitterkeit.
In der letzten Zeit bin ich dünn geworden,
Nicht, dass ich mich selbst über habe,
Noch von Lamentationen im Herbst.

Feiner Nebel, dicke Wolken:
Ein Tag der Trauer zieht dahin.
Der Weihrauch in dem vergoldeten Tier-Käfig wird knapp.
Noch einmal die festlichen Tage der doppelten Neun,
Und mein Gaze-Bettvorhang und die juwelenbesetzten Kissen
Werden in der Kälte der Mitternacht durchnässt.
Neben der östlichen Hecke trink ich nach Einbruch der Dunkelheit,
Eine subtiler Duft füllt meine Ärmel.
Sag nicht, man ist nicht schmerzlich weit entfernt!
Wenn der Westwind bläst die Vorhänge beiseite,
Ich bin zerbrechlicher als die Chrysanthemen.


9

Kummer des Abschieds
von Li Ching-Chao (1084-1151)

Der Lotus-Weihrauch verblasst, ein roter Fleck
Auf schimmernden Vorhängen.
Der Herbst kehrt zurück.
Freundlich lass ich mein Seidenkleid
Und schwimme, nackt, allein
Auf dem Orchideen-Boot.
Wer kann einen Brief von über den Wolken bringen?
Nur die Wildgänse antworten,
Schreiben ihrer rätselhaften Ideogramme
Auf den dunkler werdenden Himmel,
Unter dem Vollmond
Jetzt überschwemmen sie des Westens Kammer.
Blumen, nach ihrer Art, flattern
Und verstreuen sich.
Wasser,
Nach seiner Art,
Wir verteilt, endlich
Sammelt es sich an der tiefsten Stelle.
Kreaturen der gleichen Art
Leben lange für einander,
Aber du und ich
Bleiben weit auseinander
Und ich bin klug durch mein gebrochenes Herz geworden.
Nichts kann das Leid auflösen
Oder es verschwinden lassen.
In einem Moment ist es verbannt
Und alle Freude aus den Augen.
Der nächste Moment wiegt schwer in meinem Herzen.


10

Ein Lied vom Abschied
von Li Ching-Chao (1084-1151)

Warmer Regen und eine leichte Brise
Sind gerade angekommen
Und vergessen den Winterfrost.
Feucht wie die Weiden,
Blühend wie die Pflaumenblüten,
Ich fühle des Frühlings Geist sich erneuern.
Aber wer wird mit mir trinken
Die Freuden des Weines und der Poesie?

Tränen trüben mein Rouge,
Meine Spitze ist zu schwer.
Ich habe meine neuen Stepp-Robe an,
Mit hellen goldenen Faden genäht,
Und auf einen Haufen Kissen werf ich mich,
Durchwühlend mein Haar.

Allein, alles, was ich umarmen kann, ist mein Schmerz,
Welcher scheint unendlich.
Ich weiß, gute Träume sind mir ein Mysterium,
So bleibe ich wach bis Mitternacht
Und lass in der Lampe rauchen den Docht.


11

Nach der Melodie "Immerwährende Wonne"
von Li Ching-Chao (1084-1151)

Die Sonne geht unter, geschmolzenes Gold.
Die Abendwolken bilden eine Jade-Platte.
Wo ist er?
Ein dichter weißer Nebel umhüllt die Weiden.
Eine traurige Flöte spielt "Fallende Pflaumen-Blüten".
Wie viele Frühlingstage bleiben?
Dieses Fest der Laternen sollte fröhlich sein!
Das Wetter ist ruhig und schön.
Aber wer kann sagen,
Auch wenn er es wolle,
Wind und Regen zu beachten?
Eine Freundin schickt ihren parfümierten Wagen
Und hochgezüchtete Pferde, um mich abzuholen.
Ich lehne die Einladung ab.
Meine alter Poesie und junger Wein sind meine Begleiter.
Ich erinnere mich an die glücklichen Tage
In der seit dem verlassenen Hauptstadt.
Wir hatten unsere Leichtigkeit in den Frauengemächern.
Das Fest der Laternen wurde aufwendig gefeiert:
Goldener Anhänger, smaragdgrüne Haarnadeln, Brokatgürtel,
Neue Schärpen: Wir konkurrierten,
Wer am modischsten gekleidet...
Jetzt bin ich am Absterben:
Dünner werdendes Haar, graue Schläfen.
Ich schäme mich, hinzugehen heute Abend
Zu den Mädchen in der Blüte ihrer Jugend...
Ich bevorzuge es, hinter den Vorhängen zu bleiben,
Wo man Klatsch hört und Lachen
Ich kann mich nicht mehr mitteilen.


12

Herbst-Liebe
von Li Ching-Chao (1084-1151)

Suchen! Suchen! Suchen! Suchen!
Kalt! Kalt! Klar! Klar!
Misere! Misere! Schmerz auf Schmerz!
Hitzewallungen! Schauer der Angst!

Stiche der Reue! Plötzliche Qualen!
Hier heute Abend
Kann ich keine Freiheit finden.
Ich trinke zwei Becher und drei Becher
Von kristallinem Wein,
Und doch kann ich nicht finden
Die Stärke, fest zu stehen
Gegen den Windstoß:
Ich habe keinen Frieden.

Wildgänse steigen hoch über mir,
Ihre Schreie schrauben sich in mein Herz.
Sie waren gute Freunde in den alten Tagen,
Jetzt goldene Chrysanthemen liegen vor meinem Herd,
Hier aufgetürmt auf dem Boden:
Alle trocken, verblaßt und tot!
In dieser Jahreszeit hab ich sie nicht mehr ertragen können,
Allein in der Stille! Ich floh,
Um aus dem Fenster schauen,
Wo ich beobachtete die Versammlung der Schatten.

Feiner Regen sichtet den Wu-tung-Baum
Und tropft, Tropfen für Tropfen, durch die Dämmerung.
Was kann ich jetzt überhaupt tun?
Wie kann ich sagen dieses Wort:
Hoffnungslosigkeit!?


13

Einen Brief an Lady Tao Chiu
von Chiu Chin (1879 -1907)

Allein mit meinem Schatten,
Ich vertraue ih Geheimnisse an
Und zeichne seltsame Symbole in die Luft,
Die gefallen Yin Hao.
Es ist nicht Krankheit, noch der Wein,
Noch das Leid um die Verstorbene,
Um Li Ching-Chao,
Daß ein Reich des gebrochenen Herzens
Voller Ängste in meinem Herzen entsteht.
Es gibt niemanden, dem ich hier vertrauen kann;
Wer kann mich verstehen?
Meine Hoffnungen und Träume sind reicher
Als die der Menschen, die mich umgeben,
Aber die Wahrscheinlichkeit unseres Überlebens wird kleiner.
Was nützt das Herz eines Helden
In diesem femininen Kleid?
Mein Schicksal geht nach einem gefährlichen Plan.
Ich frage den Himmel:
Sind die Heldinnen der Vergangenheit
Zugrunde gegangen wie ich?


14

Neues Korn
von Tao Qian (372-427)

Fliehende Jahre, bleibend in der Erinnerung!
Feierlich die Stille dieses schönen Morgens!
Ich werde mich ins Lenzkleid hüllen
Und besuchen die Hänge der Hügel im Osten,
Wo ein Nebel schwebt über dem Berg-Strom.
Er schwebt für einen Moment, dann verstreut er sich.
Gibt es einen Wind, der kommt, der bläst aus dem Süden,
Dann rauschen die Felder des neuen Mais.


15

Wein trinkend
Tao Qian (372-427)

Ich baute meine Hütte an einer Durchgangsstraße,
Das Geräusch von Pferd oder Kutsche ist nie zu hören.
Wie kann das sein?
Ein entferntes Herz schafft eine Wüste um sich herum.
Ich pflücke Chrysanthemen unter den östlichen Hecken,
Dann schau ich eine lange Zeit zu den fernen Hügeln.
Die Bergluft ist frisch in der Abenddämmerung.
Die Vögel kommen zurück, zu zweit.
In solchen Dingen liegt eine tiefe Bedeutung,
Aber wenn ich versuche, sie auszudrücken,
Die Worte fehlen mir.


16

Wartend auf dich
Li Ching Chao (1084 - 1151)
Zur Melodie "Rote Lippen"

Einsam in meiner einsamen Kammer,
Tausend Sorgen füllen jeden Winkel
Meiner sensiblen Seele.

Bedauern darüber, dass der Frühling so schnell vergangen ist,
Dass die Regentropfen haben die fallenden Blätter ereilt,
Ich beuge mich über das Geländer,
Müde und deprimiert.

Wo ist mein junger Freund?

Nur das verblassende Grünland
Erstreckt sich endlos zum Horizont;
Ängstlich guck ich auf die Straße nach deiner Wiederkunft.



17

Wenn die Nacht kommt
Li Ching Chao (1084 - 1151)
Nach der Melodie "Aussprechend meine intimsten Gefühle"

Wenn die Nacht kommt,
Ich bin so überspült von Wein,
Ich kämme meine Haare langsam zurück:
Einer Pflaume Blütenkelch ist
An einem beschädigten Zweig hängend.
Ich wache benommen, weil der Rauch
Stört mir den ruhigen Schlaf.
Der Traum wird entfernt,
So sehr weit entfernt;
Und es ist ruhig, so sehr ruhig.
Der Mond dreht sich und dreht sich.
Die Eisvogel-Jalousien sind heraufgezogen;
Und doch reibe ich die verletzten Knospen,
Und doch habe ich in meinen Fingern diesen Duft,
Und doch besitze ich diese Momente der Zeit!


18

Wie im Traum
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Letzte Nacht im Licht so raue Regen-Winde wehten,
Mein betrunkener Schlaf ließ mir keine Ruhe.
Ich frage mich, und eine, die den Vorhang hob,
Antwortete: "Die wilden Quittenbäume sind, wie sie imer waren."
Aber nein, aber nein!
Ihre Rose ist im Schwinden begriffen und ihre grünen Blättern welken.


19

Trauer
Li Ching Chao
(1084 - 1151)

Ich in dem Spitzenkleid
Ruhelos suche
Und Trübsal blase zum Verweilen und schmachte,
Weiter zu wandern und sich zu fragen,
Geblendet, blickend, startend,
Mein Fleisch erstarrt,
Mein Geist ist begeistert
Von grimmigen Pfeilen,
Und scharfe Zungen
Bereiten mir nagende Angst.

Plötzlich ein Schimmer
Schönwetter,
Aber es floh so schnell!
Und die eiskalte Jahreszeit dauert an.
Wie schwer ist in diesen Tagen
Ruhe oder Erholung, Frieden oder Waffenstillstand.
Nippe einen Schluck vom geschmacklosen Wein,
Das ist der leichten Einsatz,
Um dem entgegenzuwirken oder zu unterdrücken
Die heftigen Hiebe, des Abends Spaß.

Die Wildgänse - siehe -
Fliegen über mir.
Ach, da ist die Trauer!
Das ist das Wichtigste - Trauer über das Bett!
Das Wildgeflügel weit ergeht sich,
In alten Tagen beschleunigt,
Bringen zarte Gedanken meiner wahren Liebe zu mir.
O, wie mein Rasen ist voll von goldenen Blüten
Der gebündelten Chrysanthemen!
Müde den Kopf verbeugen sie.
Wen kümmert es, sie jetzt zu pflücken?
Während ich die Flügel allein falte,
Muss ich warten, warten die ganze Nacht,
Und wie die Schatten fallen
Von breiten Blättern, tropfen spärliche Regen-Tropfen.
Ach, eine solche Not
Der Trauer!
Kummer, unerträglich, unsagbar!



20

Li Ching Chao (1084 - 1151)

Lüfte weich, Sonne gebrechlich, Frühling noch zu früh.
In einem neuen gesäumten Kleid mein Herz aufgefrischt,
Aber als ich aus dem Schlaf stieg, fühlte ich eine Erkältung.
Ich legte Pflaumenblüten ins Haar.
Jetzt sind sie verdorrt.
Wo ist meine Heimat?
Ich habe vergessen, weiß nur, wenn ich betrunken bin.
Der Sandelholz-Weihrauch brannte aus, während ich schlief.
Nun ist das Parfüm davongegangen,
Aber der Wein ist nicht davongegangen.


21

Er ist fortgegangen
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Der Wind legt sich auf den duftenden Staub
Mit den gefallenen Blumen.
Da es heute schon spät ist, ich bin zu müde,
Meine Haare zu machen.
Dinge bleiben wie eh und je, doch ist er nicht mehr da,
Und alles ist bereit.
Gerne würde ich reden, aber Tränen fließen.

Sie sagen, dass an den Zwillings-Teichen
Der Frühling ist immer noch schön.
Auch ich möchte ein Boot, dort zu rudern.
Aber ich fürchte, dass der kleine Nachen
Auf den Zwillings-Teichen
Könnte nicht ertragen die schwere Last meiner Trauer!


22

Seide waschend im Fluss
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Mein Hof ist klein, das Fenster leer,
Das Haar ist in die Jahre gekommen.
Schirme aufgespannt geben viel Schatten.
In meines oberen Stockwerks Kammer, sprachlos,
Ich spiele auf meiner Jaspis-Laute.

Wolken steigt vom fernen Berge
Und beschleunigen den Fall der Abenddämmerung.
Freundlicher Wind und Nieselregen
Verursachen eine durchdringende Düsterkeit.
Birnenblüten kaum sich des Welkens enthalten,
Sie sinken nieder.


23

Wie ein Traum
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Ich erinnere mich an den Sonnenuntergang
Über dem Pavillon am Fluss,
So beschwipst
Konnten wir unseren Weg nicht finden nach Hause.

Unser Interesse war erschöpft, der Abend spät,
Wir versuchten, das Boot nach Hause zu lenken.
Durch Irrtum, tief im Lotusbett versunken.

Rudere! Rudere das Boot!

Eine Herde von Reihern, erschrocken,
Plötzlich flog gen Himmel.


24

Ein Morgentraum
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Heute morgen habe ich geträumt, ich folgte
Weit voneinander entfernten Glocken, läutend im Wind,
Und durch den Nebel stieg ich zu rosige Wolken.
Ich erkannte meine Bestimmung
Mit Einem Chi-Spiel des alten Weisen.
Ich traf unerwartet
Die himmlische Jungfrau!

Gemeinsam haben wir gesehen Lotuswurzeln, so groß wie Boote.
Gemeinsam aßen wir Jujuben so groß wie Melonen.
Wir waren die Gäste, die auf schwankende Lotussitzen saßen.
Sie sprach eine herrliche Sprache,
Voll von subtilen Bedeutungen.
Sie argumentierte mit scharfen Worten über Paradoxien.
Wir tranken Tee auf lebendigem Feuer gebraut.

Obwohl dies dem Kaiser nicht helfen kann zu regieren,
Es ist doch die unendliche Glückseligkeit.
Das Leben der Menschen könnte so schön sein.

Warum musste ich zu meiner ehemaligen Heimat zurückkehren,
Aufwachen, bekleidet, sitzen in einsamer Meditation?
Schließe die Ohren vor den ekelhaften Schlägern!
Mein Herz weiß, nie wird mein Traum wahr.
Mindestens kann ich mich erinnern
An diese himmlische Welt und seufzen.


25

Lamentation
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Es war tief in die Nacht, als ich berauscht
Zog meine Ornamenten-Kleider an;
Die Pflaumenblüte in meinem Haar verdorrt.

Von Betrunkenheit erfrischt,
Der anhaltende Geruch des Weines
Brachte mir einen lieben Traum,
In meinen Träumen die Seele finden konnte
Den Weg nach Hause.

Alles ist ruhig.
Der Mond verweilt,
Und der Smaragd-Bildschirm hängt niedrig.
Ich streichle die verwelkte Blume,
Streichle die duftende Blütenblätter,
Das ist ein Versuch, die verlorene Zeit zurück zu bringen.


26

Der Hof gefüllt mit Duft
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Duftendes Gras neben dem Teich
Und grüne Schatten über der Halle.
Eine klare Kälte kommt
Durch die Fenstervorhänge.
Halbmond über den goldenen Balken
Und Flötenklänge,
Als ob jemand kommen würde.
Aber ich bin allein auf meiner Matte mit einer Tasse
Und traurig starre ich ins Nichts.
Ich möchte zurückrufen
Die Brombeerblüten,
Die gefallen sind,
Obwohl die Birnenblüten blieben.
Denn in diesem späten Jahr
Bin ich gekommen, um ihren frischen Duft zu lieben
Und zu parfümieren die Ärmel,
Wie Blütenblätter über dem Feuer.
So weit das Auge reicht,
Waren Drachenboote auf dem Fluss
Und anmutige Pferde und freundliche Karren.
Wenn ich nicht die irren Winde fürchten muss
Und die Gewalt des Regens,
Wie wir Freude tranken
Im warmem Brombeerwein.
Jetzt kann ich nicht begreifen,
Wie man von dieser Zeit abberufen wird.


27

Seide waschen im Fluss
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Tausende von Licht-Flocken von knisterndem Gold
Um duftende Blüten,
Getrimmte Jade die Schichten von Blättern.
Diese Blume hat die Art und Weise
Des Gelehrten Yen Fu.
Einfach genial!

Pflaumenblüten sind zu gemein,
Flieder zu grob im Vergleich.
Doch sein durchdringender Duft
Führt meine lieben Träume
Von weit entfernten Orten fort.
Gnadenlos!


28

Das Fest des neunten Monats
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Leichter Nebel und schwere Wolken,
Melancholie den langen trostlosen Tag.

Im goldenes Räuchergefäß
Der Weihrauch sterbend.

Es ist wieder Zeit
Für das schöne Fest des neunten Monats.

Die Kühle der Mitternacht
Durch meinem Schirm aus purer Seide dringt
Und Schüttelfrost schüttelt mein Kissen aus Jade.

Nach dem Trinken von Wein in der Dämmerung
Unter der Chrysanthemen-Hecke,

Meine Ärmel sind parfümiert
Vom Duft der Blumen.

Oh, ich kanns nicht sagen, es ist nicht liebenswert,

Nur, wenn der Westwind rührt den Vorhang,
Ich sehe, dass ich graziler bin
Als die weißen Lilien.


29

Bei einem Poeten-Wettbewerb
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Obwohl ich die Poesie seit dreißig Jahren studiere,
Ich versuche, meinen Mund zu halten
Und vermeide den Ruhm.
Nun, diese neugierigen Herren reden über meine Poesie
Wie Yang Ching-chih,
Als er über Hsiang Ssu sprach.


30

Unser Boot fährt um Mitternacht los
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Unser Boot fährt um Mitternacht los
Vom Strand von Yen Kuang.

Große Schiffe fahren nur für Profit,
Nur kleine Boote kommen hierher wegen deines Ruhms.
Die Passanten werden durch deine Tugend verlegen.
So in der Nacht, wir stehlen uns durch den Ort,
Wo du Fische gebraten.


31

Letzte Nacht
Li Ching Chao (1084 - 1151)

Letzte
Nacht war
Dünn
Der Regen,
Böig
Der Wind.

Dichter
Schlaf
Konnte nicht
Verblassen lassen
Vom Wein
Den Kater.

Ich rede
Zu ihr,
Die aufgerollt
Den Vorhang.

Bist du
Blind?
Ich frage.

Inzwischen
Ist sie
Fett geworden
Und scharlachrot.