DER KAISER

Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


Durch Mich regieren die Könige!“
(Sophia, Sprüche Salomos 8)



KARL DER GROSZE

Karl stammte aus der heute als Karolinger bezeichneten Familie, die zwar erst seit 751 die fränkische Königswürde innehatte, aber bereits in den Jahrzehnten zuvor die bestimmende Macht am Königshof war. Ihr Aufstieg begann im 7. Jahrhundert und resultierte aus der zunehmenden Schwäche des Königtums der Merowinger, wobei die wahre Macht zunehmend in die Hände der Hausmeier überging. Diese waren ursprünglich nur Verwalter des Königshofes gewesen, gewannen aber im Laufe der Zeit immer mehr Einfluss. Eine wichtige Rolle spielten bereits im 7. Jahrhundert die Arnulfinger und Pippiniden, die Vorfahren der späteren Karolinger. Ihre Machtbasis lag im östlichen Reichsteil Austrasien. Seit der Zeit Pippins des Mittleren und von dessen Sohn Karl Martell bestimmten sie endgültig die fränkische Reichspolitik. Auf Karl Martell geht auch die spätere Bezeichnung der Familie als „Karolinger“ zurück.
Karl der Große war der älteste Sohn Pippins des Jüngeren, des fränkischen Hausmeiers und seit 751 Königs, und seiner Frau Bertrada. Als Tag seiner Geburt steht der 2. April fest, der in einem aus dem 9. Jahrhundert stammenden Kalender des Klosters Lorsch festgehalten wurde. Als das Geburtsjahr wird aufgrund einer genaueren Quellenauswertung für das Jahr 747 plädiert. Der Geburtsort ist hingegen völlig unbekannt, alle Bestimmungsversuche sind spekulativ.
751 kam Karls Bruder Karlmann zur Welt, 757 folgte seine Schwester Gisela, die 788 Äbtissin von Chelles wurde. Auffallend sind die Namen, die Pippin seinen Söhnen gab. Wenngleich sie auf die Namen von Pippins Vater Karl und Bruder Karlmann zurückzuführen sind, standen sie ansonsten isoliert in der Namensgebung der Arnulfinger-Pippiniden. Sie waren auch nicht an der merowingischen Namensgebung orientiert wie die Namen späterer karolingischer Könige. Vermutlich wollte Pippin so das neue Selbstbewusstsein seines Hauses illustrieren.
Die von Karls Vertrautem Einhard verfasste Biographie – als Vita Karoli Magni bezeichnet – stellt neben den sogenannten Annales regni Francorum (den Reichsannalen) die Hauptquelle für Karls Leben dar, doch übergeht sie die Kindheit, über die fast nichts bekannt ist.
Zu Beginn des Jahres 754 überquerte Papst Stefan II die Alpen und begab sich ins Frankenreich. Grund für diese Reise waren die zunehmenden Übergriffe des Langobardenkönigs Aistulf, der 751 das Exarchat von Ravenna erobert hatte. Formal unterstand dieser Raum der Herrschaftsgewalt des byzantinischen Kaisers, doch Konstantin V, der militärisch erfolgreich an der byzantinischen Ostgrenze gegen die Araber kämpfte und dort gebunden war, verzichtete zu dieser Zeit auf ein Eingreifen im Westen. Daraufhin wandte sich Stefan an den mächtigsten westlichen Herrscher und versuchte Pippin zu einem Eingreifen zu überreden.
Die Anwesenheit des Papstes nördlich der Alpen erregte Aufsehen, denn es war das erste Mal, dass sich ein Bischof von Rom ins Frankenreich begab. Beim Treffen in der Pfalz von Ponthion trat der Papst als Hilfesuchender auf. Pippin ging mit ihm ein Freundschaftsbündnis ein und sagte ihm Unterstützung gegen die Langobarden zu. Von dem Bündnis profitierte auch Pippin, der erst seit 751 die fränkische Königswürde bekleidete, nachdem er den machtlosen letzten Merowingerkönig Childerich III entthront hatte. Das Bündnis mit dem Papst half Pippin bei der Legitimierung seines Königtums, gleichzeitig wurden die Frankenkönige zu den neuen Schutzherren des Papstes in Rom, was für die weitere Entwicklung weitreichende Folgen hatte. Bei einem weiteren Treffen mit dem Papst zu Ostern 754 in Quierzy konnte Pippin das fränkische Eingreifen in Italien verkünden und garantierte dem Papst mehrere Territorien in Mittelitalien, die Pippinische Schenkung, welche die Grundlage für den späteren Kirchenstaat bildete. Eine konkrete päpstliche Gegenleistung folgte bereits kurz darauf, denn noch im Jahr 754 wurden Pippin sowie seine beiden Söhne von Stefan II in Saint-Denis zu Königen der Franken gesalbt, womit das neue karolingische Königtum einen sakralen Charakter erhielt. Alle drei erhielten zudem vom Papst den hohen römischen Ehrentitel Patricius. Kurz darauf intervenierte Pippin erfolgreich in Italien zugunsten des Papstes, was allerdings auf den Widerstand der Byzantiner traf, da sie dies als Eingreifen in ihren Herrschaftsraum betrachteten.
In den Quellen finden sich vereinzelte Hinweise auf Karls Jugend. Neben Erwähnungen in Fürbitten für die Familie im Namen Pippins wird Karl in den Urkunden seines Vaters zweimal namentlich genannt, wobei es um seine amtliche Handlungsfähigkeit geht. 763 hatte Pippin seinen Söhnen zudem mehrere Grafschaften übertragen.
Es ist davon auszugehen, dass bei Karls Erziehung nicht nur auf die übliche fränkische Kriegerausbildung, die für einen König als Heerführer essentiell war, sondern auch auf Bildung Wert gelegt wurde. Ob ihm damals das volle Programm der sieben freien Künste vermittelt wurde, um dessen Wiederherstellung er sich später im Rahmen seiner Bildungsreform bemühte, ist unklar. Karl sprach von Hause aus Fränkisch, er erhielt jedoch Lateinunterricht. Bereits in der Merowingerzeit war eine gewisse Bildung für hochstehende Adelige keineswegs ungewöhnlich gewesen. Obwohl das Bildungsniveau im 8. Jahrhundert gesunken war, war Latein am Hof, in der Verwaltung und im Gottesdienst allgegenwärtig. Einhard zufolge sprach er Latein wie seine Muttersprache. Er dürfte zudem über Lesekenntnisse des Lateinischen verfügt haben. Karl war jedenfalls ein gebildeter Herrscher und sein Leben lang an Bildung interessiert.
König Pippin verbrachte die letzten Jahre seiner Regierungszeit damit, die Randgebiete des Frankenreichs zu sichern. Er führte Feldzüge in das ehemals westgotische Septimanien und eroberte 759 Narbonne, den letzten arabischen Vorposten nördlich der Pyrenäen. Pippins Neffe Tassilo III bewahrte sich in Baiern eine gewisse Eigenständigkeit. Aquitanien hingegen wurde 768 nach mehreren Feldzügen in das Frankenreich eingegliedert.
Auf dem Rückweg aus Aquitanien erkrankte Pippin im Juni 768 ernsthaft, woraufhin er sein Erbe zu regeln begann. Am 24. September 768 verstarb er in Saint-Denis. Kurz vor seinem Tod hatte er verfügt, dass das Reich unter seinen Söhnen Karl und Karlmann aufgeteilt werden sollte. Einhard zufolge orientierte sich die Teilung an der vorherigen Teilung von 741 zwischen Karl Martells Söhnen. Karl erhielt Austrasien, den Großteil Neustriens und den Westen Aquitaniens, Karlmann das restliche Aquitanien, Burgund, die Provence, Septimanien, das Elsass und Alamannien. Baiern war von der Erbteilung ausgeschlossen und blieb faktisch selbstständig. Damit umschloss Karls Reich das seines Bruders halbkreisartig im Westen und Norden. Am 9. Oktober 768, dem Gedenktag des heiligen Dionysius von Paris, wurde jeder der Brüder in seinem Reichsteil zum König gesalbt, Karl in Noyon und Karlmann in der alten merowingischen Residenz Soissons.
Karl und Karlmann übten keineswegs eine gemeinsame Herrschaft über das Frankenreich aus, sondern regierten in ihren jeweiligen Reichen unabhängig voneinander. Ihr Verhältnis scheint von Beginn an angespannt gewesen zu sein. Es gibt zwar Hinweise auf eine punktuell beschränkte Kooperation, so hinsichtlich einer römischen Synode im März 769, doch war dies die Ausnahme. Beide handelten machtbewusst und traten in eine Konkurrenz zueinander. Beide wurden wohl im gleichen Jahr 770 Väter und benannten ihren Sohn jeweils nach ihrem Vater Pippin. Offensichtlich wurde der Bruch, als Karlmann seinem Bruder 769 die Unterstützung gegen das aufständische Aquitanien verweigerte, wo sich Hunold gegen die karolingische Herrschaft erhoben hatte. Karl warf den Aufstand schließlich allein nieder, wobei Hunold in Gefangenschaft geriet, und zog anschließend auch den Teil Aquitaniens ein, der formal Karlmann unterstand.
In der Folgezeit nahmen die Spannungen zu. Bertrada versuchte zwar zwischen den verfeindeten Brüdern zu vermitteln, doch verlor sie bald ihren Einfluss auf Karl. Dieser hatte zunächst in eine von seiner Mutter arrangierte Ehe mit einer Langobarden-Prinzessin eingewilligt, wofür er sich von seiner ersten Frau trennte. Bertrada scheint ein umfassendes Bündnissystem angestrebt zu haben: Neben dem durch die Eheschließung bekräftigten Bündnis mit dem ehrgeizigen Langobardenkönig Desiderius umfasste ihr Plan auch Tassilo, der bereits mit einer anderen Tochter des Desiderius verheiratet war. Die Bedenken Papst Stefans III, der von der plötzlichen fränkisch-langobardischen Annäherung zutiefst beunruhigt war, versuchte sie zu entkräften. Möglicherweise war auch Karlmann in das von Bertrada und wohl auch einigen fränkischen Großen forcierte neue Bündnissystem eingebunden; seine Ehefrau ist vielleicht eine Verwandte des Desiderius gewesen.
Karl änderte jedoch im Frühjahr 771 seine politischen Pläne und brach mit der Konzeption seiner Mutter. Seine langobardische Gemahlin sandte er zu Desiderius zurück, was für diesen ein Affront war. Stattdessen nahm Karl nun eine Alamannin namens Hildegard zur Frau. Dies musste Karlmann beunruhigen, denn Alamannien gehörte zu seinem Herrschaftsbereich, wo Karl nun offenbar Einfluss gewinnen wollte. Indem Karl alle Pläne seiner Mutter verwarf, handelte er erstmals erkennbar eigenständig.
Eine offene Konfrontation zwischen Karl und Karlmann, die immer wahrscheinlicher geworden war, wurde durch den überraschenden Tod Karlmanns am 4. Dezember 771 verhindert. Karl übernahm unverzüglich die Macht im Reich des Verstorbenen, dessen Große ihm im Dezember 771 in Corbeny huldigten. Karl herrschte nun uneingeschränkt im Frankenreich. Karlmanns Witwe floh mit ihren Kindern zu Desiderius nach Italien.
Nach Karlmanns Tod hatte Karl seine Position im Reich gefestigt, doch die beiden Söhne seines Bruders, die mit ihrer Mutter und einigen fränkischen Großen ins Langobardenreich geflohen waren, bildeten eine potentielle Bedrohung. In Ober- und Mittelitalien spitzte sich die politische Lage zu. Desiderius hatte sich Gebiete angeeignet, auf die die römisch-katholische Kirche Anspruch erhob. Gesandte Papst Hadrians baten daher im Frühjahr 773 am Hof Karls um die Unterstützung der päpstlichen Schutzmacht gegen die Langobarden. Karl zögerte nicht und entschloss sich zu einem großangelegten Langobardenfeldzug, ähnlich wie ihn sein Vater zwei Jahrzehnte zuvor unternommen hatte. Anders als Pippin plante Karl jedoch, das gesamte Langobardenreich zu erobern und in das Frankenreich zu integrieren.
Karl zog Ende 773 mit zwei großen fränkischen Heeresaufgeboten von Genf aus nach Italien. Eines führte er selbst über den Mont Cenis, das andere führte sein Onkel Bernhard über den Großen Sankt Bernhard. Desiderius sah sich in einer unhaltbaren Position und zog sich nach Pavia zurück. Karl ließ die stark befestigte Stadt belagern. Erst nach neun Monaten kapitulierte Pavia Anfang Juni 774 und wurde von den Franken geplündert. Karl besetzte das gesamte Langobardenreich und gliederte es in das Frankenreich ein. Er nannte sich fortan ohne neue Krönung König der Franken und der Langobarden. Desiderius, seine Frau und seine Tochter wurden in die Abtei Corbie in Klosterhaft gesteckt. Der langobardische Königssohn Adelchis konnte nach Konstantinopel entkommen. Als es 788 zu einem Konflikt zwischen den Franken und den Langobarden-Fürsten in Spoleto und Benevent kam, brachten die Byzantiner Adelchis ins Spiel. Dies blieb aber nur eine kurze Episode; die langobardischen Fürsten akzeptierten doch wieder die fränkische Oberherrschaft und gingen gegen die Byzantiner vor, worauf Adelchis alle Pläne aufgeben musste. Die langobardischen Fürstentümer in Unteritalien blieben Karls Zugriff faktisch entzogen, Oberitalien und Teile Mittelitaliens hingegen gehörten fortan zum Frankenreich und sollten später als Reichsitalien auch Bestandteil des römisch-deutschen Reiches sein.
Zu Ostern 774 erschien Karl plötzlich mit Gefolge vor Rom, während sein Heer noch Pavia belagerte. Papst Hadrian war davon völlig überrascht. Den Langobardenkönigen hatten die Päpste den direkten Zugang zur Stadt stets verweigert, doch den fränkischen Herrscher und neuen Schutzherren des Papsttums wollte Hadrian offenbar nicht verärgern. Dreißig Meilen vor der Stadt empfing man den Frankenkönig in ritueller Weise, wobei sich das Protokoll am Empfang des byzantinischen Exarchen orientierte, des obersten militärischen und zivilen Verwalters des byzantinischen Kaisers in Italien. Karl wurde zur Kirche Sankt Peter begleitet, wo Hadrian ihn mit einem großen Anhang feierlich empfing. Der Papst und der König begegneten einander ehrenvoll und versicherten sich ihrer gegenseitigen Freundschaft. So zog der Frankenkönig und römische Patricius in die ehemalige Kaiserstadt am Tiber ein, die im Mittelalter zwar nur einen Bruchteil der antiken Bevölkerungszahl aufwies, deren Monumentalbauten aber auf Besucher immer noch eindrucksvoll wirkten. Offenbar war Karl bestrebt, die Position und die Autorität des Papstes auch symbolisch zu achten. Realpolitisch bedeutsam war die bei diesem Anlass vorgenommene Erneuerung des Pactum, der von Pippin geschlossenen Übereinkunft mit dem Papsttum hinsichtlich der päpstlichen Gebietsansprüche. Geistliche und weltliche Gewalt, die beiden Universalgewalten des Mittelalters, schienen harmonisch zusammenzuwirken. Karl nahm in den folgenden Tagen an allen religiösen Kulthandlungen in Rom teil, bevor er die Stadt verließ.
Im Sommer 772 begannen die mit Unterbrechungen bis 804 andauernden Sachsenkriege. Die immer noch heidnischen Sachsen kannten keine zentralen Herrschaftsinstitutionen und lebten nicht wie die Franken und Langobarden in einem geschlossenen Reichsverband, sondern in nur locker organisierten Stammesverbänden (Westfalen, Ostfalen, Engern und Nordalbingier). Die Sachsen waren bereits zuvor wiederholt in Konflikt mit den Franken geraten, da ihr Stammesgebiet direkt an das nordöstliche fränkische Herrschaftsgebiet angrenzte.
Einhard bezeichnete Karls Feldzüge gegen die Sachsen als die bislang längsten, grausamsten und anstrengendsten Kampfhandlungen für die Franken. Er verurteilte die Sachsen als Götzendiener und Feinde des Christentums, nannte als Ziel für Karls Feldzüge aber nicht die Christianisierung der Sachsen, sondern die Beseitigung dieser militärischen Bedrohung an der fränkischen Grenze. Schon Karl Martell und Pippin hatten begrenzte Feldzüge gegen die Sachsen unternommen, ohne deren Bekehrung anzustreben. Sicher ist, dass dieser „dreißigjährige Krieg“ fast jährliche Kriegszüge erforderte. Auch für eine militärisch geprägte Gesellschaft wie die fränkische, in der sich der König stets als Heerführer beweisen musste und in der Beute sowie erzwungene Tribute wirtschaftlich von Bedeutung waren, stellte dies eine enorme Belastung dar.
Der Krieg begann 772 mit einem fränkischen Vorstoß tief ins sächsische Stammesgebiet. Karl stieß von Worms aus auf die Eresburg vor und eroberte sie. Anschließend gelangten die Franken zum zentralen sächsischen Kultheiligtum, der sogenannten Irminsul, die Karl zerstören ließ. Die Zerstörung der Irminsul passt durchaus in das Bild eines schon 772 beabsichtigten Missionswerks. Der fränkische Vorstoß, der wohl auch Spannungen zwischen einigen fränkischen Großen und dem König abbauen sollte, war jedenfalls vorerst erfolgreich verlaufen. Doch war dies nur ein scheinbarer Sieg, zumal die dezentrale Stammesorganisation der Sachsen den Franken die Kontrolle erheblich erschwerte. Die Sachsen nutzten die Abwesenheit des Königs, der sich 774 in Italien aufhielt, und verheerten fränkisches Gebiet im heutigen Hessen, wobei mehrere christliche Kirchen und Klöster überfallen wurden. Karl drang 775 mit einem großen Heer in Sachsen ein und erzwang die Unterwerfung der Engern und der Ostfalen, auch die Westfalen wurden geschlagen. Die Reichsannalen berichten zum Jahr 775 von drei Blutbädern, die Karl anrichten ließ. Karls Reaktion auf den Vertragsbruch durch die Sachsen war die Losung, dass es nur noch Taufe oder Tod für die Sachsen geben könne. Karl betrachtete die Sachsenfeldzüge auch als Missionierungswerk, denn in der überarbeiteten Fassung der Reichsannalen, den sogenannten Einhardsannalen, ist vermerkt, dass der Krieg gegen die Sachsen so lange andauern werde, bis sie sich dem christlichen Glauben unterworfen hätten oder ausgerottet seien.
776 kam es zu einem erneuten Sachsenaufstand, der ebenfalls niedergeschlagen wurde. Die Eresburg wurde wiedererrichtet und die Sachsen mussten Geiseln stellen. Karl ließ in Sachsen weitere Stützpunkte anlegen, darunter die sogenannte Karlsburg, die aber später zerstört und dann als Paderborn neu aufgebaut wurde. In der Folgezeit wurden Kirchen und Klöster gegründet, um die Missionierung Sachsens zu forcieren und die fränkische Herrschaft zu festigen. 777 schien die Lage in Sachsen so weit unter Kontrolle zu sein, dass der König in Paderborn eine Reichsversammlung abhalten konnte. Dies war eine spektakuläre Demonstration der fränkischen Herrschaft, die erste Reichsversammlung außerhalb des fränkischen Kernlands. Zu diesem Zeitpunkt wähnten sich die Franken offenbar als vollständige Sieger. Noch im selben Jahr kam es wiederholt zu Massentaufen. 778 erscheint das erste Mal der Sachse Widukind als ein neuer Anführer der Aufständischen, die sich weiterhin gegen die fränkische Herrschaft stellten; beteiligt waren in erster Linie nicht Adelige, sondern Freie und Halbfreie, während Teile des sächsischen Adels sich mit den Eroberern arrangierten. Der Zeitpunkt für eine abermalige Erhebung schien günstig, denn Karl hatte im selben Jahr in Spanien eine herbe Niederlage erlitten. Den sächsischen Widerstand betrachtete Karl jetzt auch als Abkehr vom christlichen Glauben, die daran beteiligten Sachsen waren für ihn Hochverräter. Umso härter reagierte er. Bereits 778 zog er Truppen zusammen, im Sommer 779 besiegte er die Sachsen bei Bocholt in einer der seltenen offenen Schlachten dieses Konflikts. Karl drang in Sachsen weiter vor und empfing wieder die Unterwerfung mehrerer Aufständischer, die wieder Geiseln stellen mussten.
780 und 782 hielt Karl erneut Reichsversammlungen in Sachsen ab. Der sächsische Widerstand schien gebrochen zu sein. Sächsische Adelige wurde in die fränkische Herrschaft eingebunden und belohnt und es sollte sogar ein fränkisch-sächsisches Truppenaufgebot gegen die Slawen zum Einsatz kommen. Da erhoben sich 782 erneut große Teile der Sachsen unter Führung Widukinds. Am Süntel im Weserbergland schlugen sie ein fränkisches Truppenaufgebot vernichtend. Karl marschierte eiligst an die Weser, um den Aufstand zu ersticken. Ein Teil der Rebellen unterwarf sich erneut, aber bei Verden an der Aller kam es noch 782 zum sogenannten Blutgericht von Verden: Den Reichannalen zufolge wurden 4500 Sachsen auf Befehl Karls getötet. Die Zahl 4500 ist deutlich übertrieben. Da eine ähnliche Aktion später nicht mehr stattfand, wird das „Blutgericht“ vor allem der Abschreckung gedient haben. Im selben Jahr wurde die fränkische Grafschaftsverfassung in Sachsen eingeführt, es wurden wieder Geiseln gestellt und Sachsen deportiert. Ebenso wurde die sogenannte Capitulatio de partibus Saxoniae erlassen, die für Abweichungen vom christlichen Glauben, Übergriffe auf christliche Würdenträger oder Einrichtungen sowie für heidnische Kulthandlungen harte Strafen vorschrieb.
783 besiegten die Franken in zwei Gefechten die Sachsen. Ende 784 zog Karl im Winter wieder nach Sachsen, um seine Herrschaft abzusichern. Im folgenden Jahr wurden weitere Feldzüge durchgeführt, der sächsische Widerstand war nun brutal gebrochen worden, und Karl bot Widukind Gespräche an. Widukind stimmte zu und unterwarf sich dem Frankenkönig; er ließ sich sogar zu Weihnachten des Jahres 785 in der Pfalz Attigny taufen, wobei Karl als sein Taufpate fungierte. Der sächsische Widerstand flackerte die folgenden Jahre zwar noch teilweise auf, erreichte aber nicht mehr das Ausmaß der ersten Phase der Sachsenkriege. 792 kam es erneut zu Unruhen und zwischen 793 und 797 mussten regelmäßig fränkische Heeresaufgebote ausrücken, doch fanden diese Kämpfe vor allem im nordöstlichen Sachsen im Elberaum statt. Die Franken konsolidierten ihre Herrschaft in Sachsen, Christianisierung und Kirchenorganisation wurden vorangetrieben. Die fränkische Herrschaft war nun weitgehend abgesichert. Der von Alkuin kritisierte „herrschaftliche Terror“, der offenbar zielgerichtet betrieben worden war, konnte daher abgemildert werden. 797 wurde die Capitulatio de partibus Saxoniae durch eine mildere Verordnung ersetzt. 802 wurde mit der Lex Saxonum geschriebenes Recht für die Sachsen erlassen, das auch Elemente ihres Stammesrechts aufnahm. 802 und 804 kam es zu weiteren fränkischen Feldzügen im nördlichen Elberaum. Sächsische Einwohner wurden von dort ins östliche Frankenreich deportiert, statt ihrer wurden im Elberaum Franken angesiedelt. Die Sachsenkriege waren nun endgültig beendet.
Während Karls frühe Expansionspolitik zwar wie in Sachsen hart erkämpft, aber insgesamt betrachtet überaus erfolgreich war, war 778 ein Krisenjahr seiner Herrschaftszeit. Bei der Reichsversammlung von Paderborn im Jahr 777 erschienen unerwartet hochrangige Gesandte aus der arabisch beherrschten Iberischen Halbinsel (Andalusien). Der Umayyade Rahman I, der dem Umsturz durch die Abbasiden entkommen und nach Spanien geflüchtet war, hatte dort eine vom neuen Kalifen in Bagdad unabhängige Herrschaft etabliert, das Emirat von Cordoba. In diesem Reich gab es starke Spannungen zwischen Arabern und Berbern. Zur Opposition gehörte unter anderem der arabische Suleiman al-Arabi. Er bat zusammen mit zwei weiteren Gesandten in Paderborn Karl um Beistand gegen Rahman. Als Gegenleistung unterwarfen sich die drei arabischen Großen dem Frankenkönig. Karl bot dies Anlass für eine weitere Expansion, zumal die Franken früher bereits mehrfach in Kämpfe mit arabischen Truppen verwickelt gewesen waren. Bereits 759 hatte ein arabischer Statthalter König Pippin seine Unterwerfung angeboten.
Bereits im folgenden Jahr unternahm Karl einen Feldzug nach Nordspanien. Als Begründung dienten ihm arabische Überfälle, so formulierte er es in einem Brief an den Papst; außerdem trat er als Schützer der spanischen Christen auf. Das Heer teilte er in zwei Abteilungen: Eine stieß zunächst auf Pamplona vor, die andere auf Saragossa. Pamplona, die Hauptstadt der christlichen Basken, wurde erobert, doch der Vorstoß auf Saragossa, wo sich das fränkische Heer wieder vereinigte, blieb erfolglos. Rahmans Machtstellung erwies sich als gefestigt und die gegen ihn gerichtete Opposition als nicht ausreichend stark. Suleiman al-Arabi stellte Geiseln und Barcelona und andere Städte wurden Karls Herrschaft unterstellt. Als Karl die Nachricht von dem erneuten Aufstand in Sachsen erhielt, brach er den Feldzug ab und trat den Rückzug an.
Auf dem Rückzug ließ Karl noch die Mauern von Pamplona zerstören, doch die Basken rächten sich für sein hartes Vorgehen. Im August 778 lauerten sie dem fränkischen Heer auf und fügten der Nachhut in der Schlacht von Roncesvalles erhebliche Verluste zu. Neben anderen fränkischen Adligen fiel auch Roland, der Befehlshaber der bretonischen Grenzmark. Sein Tod diente als Stoff für das im 12. Jahrhundert aufgezeichnete Rolandslied.
Karl sollte später erneut in Nordspanien aktiv werden, diesmal mit mehr Erfolg. 793 kam es zu arabischen Einfällen ins Frankenreich, woraufhin die Franken Feldzüge nach Nordspanien unternahmen. Mehrere befestigte Städte konnten eingenommen werden, darunter Barcelona und Pamplona. Im eroberten Gebiet wurden Christen angesiedelt. Die Franken hatten damit eine strategisch wichtige Pufferzone errichtet.
Im Südosten grenzte das Frankenreich an das Awarenreich. Die Awaren waren Reiternomaden aus dem asiatischen Steppenraum, die im späten 6. Jahrhundert im Blickfeld der Byzantiner aufgetaucht waren und bis ins frühe 7. Jahrhundert ein mächtiges Reich im Balkanraum etabliert hatten. Obwohl das Awarenreich im späten 8. Jahrhundert seinen Zenit längst überschritten hatte, unternahmen die Awaren im Jahr 788 Einfälle in das Frankenreich, so nach Oberitalien und Bayern. Der awarische Vorstoß scheiterte, und bei den folgenden Verhandlungen in Worms konnte keine Einigung erzielt werden.
Da nun Karl die Grenze im Südosten stabilisieren wollte, begann 791 eine großangelegte fränkische Invasion des Awarenreichs. Einhard beschreibt den folgenden Krieg als den größten Krieg Karls neben den Sachsenkriegen. Der Awarenkrieg war auch deshalb von großer Bedeutung, weil er gegen Heiden geführt wurde und sich Karl so ganz als christlicher Herrscher erweisen konnte. Beim Feldzug von 791 wichen die Awaren den Franken aus, die zur Versorgung des Heeres eine große Flussflotte auf der Donau einsetzten. In den folgenden Jahren plante Karl einen weiteren Feldzug. Zunächst verhinderten jedoch erneute Sachsen-Aufstände das Vorhaben. 795 kam es im Awarenreich zu internen Machtkämpfen, die den Tod des regierenden Khans zur Folge hatten. Völlig unerwartet erschien darauf eine Delegation einer awarischen Gruppe an der Elbe und bot Karl die Unterwerfung ihres Anführers an. Dieser akzeptierte Karl als Oberherrn und ließ sich im folgenden Jahr taufen.
796 marschierte ein fränkisches Heer erneut ins Awarenreich ein; der neue Khan unterwarf sich den Franken. Die Macht der Awaren war damit gebrochen und ihr Reich zerfiel. Christianisierung und Neubesiedlung wurden im Grenzraum vorangetrieben. Die Franken zogen den Grenzraum nun direkt in das Reich ein und organisierten eine Grenzmark, diesmal zur Abwehr der Bulgaren, die im Balkanraum ein neues Reich errichtet hatten.
Nachdem Karl Ende 771 den Reichsteil seines Bruders Karlmann übernommen hatte und 774 erfolgreich in Italien interveniert hatte, blieb nur eine Leerstelle im karolingischen Reichsverband: Bayern, wo Tassilo III, ein Neffe König Pippins, als Herzog regierte. Tassilo hatte Pippin Gefolgschaft geleistet und sich 756 an einem Feldzug gegen die Langobarden beteiligt. Anschließend übernahm er jedoch seit 757 die eigenständige Herrschaftsgewalt im Herzogtum Bayern. In den Aufzeichnungen der karolingischen Reichsannalen wird berichtet, der Herzog habe 757 König Pippin einen Vasalleneid geleistet und diesen 763 gebrochen, indem er während eines Feldzugs in Aquitanien Fahnenflucht begangen habe.
Tassilo stammte aus der alten und vornehmen Familie der Agilolfinger. Bayern genoss schon seit der Merowingerzeit eine Sonderrolle im Reich. Als Herzog trat Tassilo selbstbewusst auf. Er heiratete die Langobarden-Prinzessin Liutberga und unterhielt sehr gute Beziehungen zum Papst. Seine Herrschergewalt in Bayern übte er umfassend aus, nicht zuletzt im kirchlichen Bereich. Damals entfaltete sich in Bayern auch eine rege kulturelle Aktivität. Tassilo genoss in seinem Herzogtum faktisch eine königsähnliche Stellung. Karl duldete jedoch keine politischen Konkurrenten. Daher lag sein Vorgehen gegen den Agilolfinger, zu dem er sich relativ spät entschloss, in der Konsequenz seiner Politik.
Im Jahr 787 wurde Tassilo nach Worms vorgeladen, wo er sich dem Frankenkönig unterwerfen sollte. Der Bayernherzog erschien jedoch nicht und bemühte sich um päpstliche Vermittlung. Bald schon musste er jedoch erkennen, dass nicht nur der Papst ganz auf die Linie Karls einschwenkte und ihn zur vollständigen Unterwerfung aufforderte, sondern dass er nun auch im eigenen Herzogtum über wenig Rückhalt verfügte. Als Karl noch 787 militärisch gegen Tassilo vorging, traten mehrere bayerische Große auf die fränkische Seite über. Tassilo war isoliert und unterwarf sich im Oktober 787 Karl, dem er nun auch einen Gefolgschaftseid leistete. Dennoch blieben Spannungen bestehen und Karl sah nun offenbar eine günstige Gelegenheit, die Lage zu bereinigen. Im Juni 788 wurde Tassilo nach Ingelheim vorgeladen und dort zusammen mit seiner Familie festgesetzt. Ihm wurde vorgeworfen, mit den Awaren paktiert zu haben; hinzu kam der Vorwurf der Fahnenflucht. Pro-fränkische bayerische Adelige sagten gegen den Herzog aus, der zum Tode verurteilt wurde. Karl wandelte das Urteil in lebenslange Klosterhaft um. 794 wurde Tassilo kurzzeitig aus der Klosterhaft entlassen, um auf der Synode von Frankfurt noch einmal öffentlich Reue zu bekunden und auf seine Ansprüche urkundlich zu verzichten.
Bayern behielt in der Folgezeit dennoch eine gewisse Sonderstellung: Kirchlich blieb es eine Einheit und auch in der Verwaltung wurde nicht die Grafschaftsverfassung eingeführt, sondern die Regierung einem königlichen Präfekten übergeben. Politisch wurde es nun aber endgültig Teil des Reiches.
Seit 795 fungierte Leo III als Papst in Rom. Leo III wurde unter anderem ein unwürdiger Lebenswandel vorgeworfen, vor allem aber verfügte er beim stadtrömischen Adel über keinerlei politischen Rückhalt, seine Lage wurde immer prekärer. Ende April 799 spitzte sich die Konfrontation zwischen dem Papst und dem Adel so zu, dass auf Leo III ein Attentatsversuch unternommen wurde, hinter dem Vertraute des vorherigen Papstes Hadrian I standen. Leo III überlebte und flüchtete zu Karl nach Paderborn. Diese Vorgänge schildert das Paderborner Epos.
Karl leistete Leo militärische Unterstützung und ließ ihn Ende 799 nach Rom zurückführen. Im Spätsommer des Jahres 800 begab sich Karl selbst nach Italien, Ende November erschien er in Rom. Dort kam es am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember 800, in Sankt Peter zur Kaiserkrönung Karls des Großen durch den Papst. Damit wurde eine äußerst wirkungsmächtige Entwicklung für das gesamte weitere Mittelalter in Gang gesetzt: die Übertragung der römischen Herrschaft auf die Franken. Das römische Kaisertum im Westen, wo 476 der letzte Kaiser in Italien abgesetzt worden war, wurde durch die Krönung Karls erneuert. In diesem Zusammenhang spielten heilsgeschichtliche Aspekte eine wichtige Rolle; das römische Imperium galt als das letzte Weltreich der Geschichte. Nun existierte ein neues „römisches Kaisertum“, das an den Herrschaftsanspruch der antiken römischen Kaiser anknüpfte und in der Folgezeit erst von den Karolingern, dann seit Ottonen von den römisch-deutschen Königen beansprucht wurde. Ohne die Tragweite abschätzen zu können, legte Karl somit auch den Grundstein für das römisch-deutsche Kaisertum.
In der Geschichtsschreibung wird die Schutzfunktion Karls gegenüber der Kirche und dem Papst gelobt. Das Volk sei begeistert gewesen und die Kaiserkrönung eher als spontane Handlung erfolgt.
Die Schaffung des westlichen Kaisertums wurde von mehreren Faktoren begünstigt. Im Osten existierte weiterhin das Reich der Byzantiner, die sich Römer nannten und auf eine ununterbrochene staatliche Kontinuität zum spätantiken Römerreich zurückblicken konnten. Im Jahr 800 herrschte dort jedoch mit Kaiserin Irene eine Frau, die mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen hatte. Aus karolingischer Perspektive wurde das sogenannte „Kaisertum der Griechen“ – eine für die Byzantiner provozierende Bezeichnung – berücksichtigt, aber abwertend beurteilt; es wurde sogar eine Übertragung des Kaisertums von Byzanz auf Karl konstruiert. In Byzanz hingegen betrachtete man Karl schlicht als Usurpator und hielt den exklusiven Anspruch auf das römische Kaisertum aufrecht. Erst 812 kam es zu einer Verständigung hinsichtlich des Zweikaiserproblems.
Die Kaiserkrönung des Jahres 800 war auch heilsgeschichtlich bedeutsam, da Endzeiterwartungen verbreitet waren, die mit dem römischen Reichsgedanken verbunden waren. In einer Zeit, in der das Religiöse ganz entscheidend das Denken bestimmte, erhielt die Kaiserkrönung eine eschatologische Komponente.
Karl unterhielt weitreichende auswärtige Beziehungen, die von England bis in den östlichen Mittelmeerraum reichten.
Das angelsächsische England war in mehrere konkurrierende Reiche geteilt, zu denen die Franken traditionell gute Beziehungen unterhielten. Karl stand unter anderem im Kontakt mit dem mächtigen König Offa von Mercien, der zeitweise die Vorherrschaft in England errang. Der spätere König Egbert von Wessex hielt sich einige Zeit an Karls Hof auf. Sogar die schottischen Herrscher haben Oberherrschaft anerkannt.
Im Osten und nach der Eroberung Sachsens auch im Nordosten grenzte das Frankenreich an das Gebiet der Slawen. Diese bildeten keine geschlossene Einheit, sondern waren in Einzelstämme zersplittert. Da waren die Abodriten, Wilzen, Sorben und Böhmen. Zu Beginn der 780er Jahre sind slawische Angriffe auf fränkisches Gebiet belegt, so etwa ein sorbischer Einfall im Jahr 782. In der Folgezeit kam es immer wieder zu einzelnen fränkischen Feldzügen in slawisches Stammesgebiet. Hervorzuheben ist die größere fränkische Offensive unter Karls Befehl im Jahr 789, die sich gegen die Wilzen unter Dragowit jenseits der Elbe richtete, wobei Dragowits Hauptburg belagert wurde und er sich schließlich unterwerfen musste. Andererseits fungierten einzelne slawische Stämme auch als fränkische Verbündete; die wichtigsten waren die Abodriten. 808 griffen die Wilzen im Bündnis mit den Dänen die Abodriten und den Osten Sachsens an, wurden aber 812 geschlagen. In diesem Bereich erstrebte Karl keine territoriale Expansion, sondern wollte nur die Reichsgrenze sichern und die angrenzenden Herrschaftsräume befrieden. Zum Zweck der Grenzsicherung wollte er eine formale Unterwerfung der Slawen und lockere Abhängigkeiten der betreffenden Stammesgebiete erreichen, ähnlich wie es Römer und Byzantiner an den Grenzen ihrer Reiche anstrebten.
804 wurde die von der sächsischen Bevölkerung geräumte Region nördlich der Elbe den Abodriten zugewiesen. Sie war bald darauf von Angriffen der Dänen betroffen, die in den Jahren 782 und 798 Gesandtschaften zu den Franken entsandt hatten. Unter Gudfred unternahmen die Dänen 804 und 808 per Schiff Vorstöße im nördlichen Grenzraum, 810 überfiel eine große Flotte die friesische Küste. Die Franken sahen sich gezwungen, den Grenzschutz in diesem Gebiet wieder selbst zu übernehmen. Diesem Zweck diente die von Karl angeordnete Errichtung der Burg Esesfeld. 811 und 813 wurden Friedensverträge mit den Dänen geschlossen.
Zum Kalifat unterhielt das Frankenreich seit der Zeit König Pippins lockere Kontakte. Ein Aspekt war dabei der Wunsch der fränkischen Herrscher, den Zugang christlicher Pilger zu den heiligen Stätten zu sichern. 797 nahm Karl Kontakt mit Harun ar-Raschid auf, dem Kalifen von Bagdad aus dem Geschlecht der Abbasiden. Einhard gibt den Namen des Kalifen korrekt als Aaron wieder und betont, er beherrsche den gesamten Osten außer Indien. Harun ar-Raschid beherrschte tatsächlich ein gewaltiges Gebiet, das sich von Nordafrika über den Nahen Osten bis nach Zentralasien erstreckte. Der Kalif schenkte Karl einen asiatischen Elefanten, den der jüdische Fernhändler Isaak 801 ins Frankenreich brachte. Die Pilgerfahrten und der Schutz der Christen im Kalifat waren Gegenstand der Verhandlungen. 802 wurde eine zweite fränkische Gesandtschaft nach Bagdad entsandt. Diesmal war Karls Selbstverständnis als Kaiser und Schutzherr der christlichen Heiligtümer wie in Jerusalem entscheidend. Es folgte 807 eine Gegengesandtschaft aus dem Kalifat, die Karl reiche Geschenke brachte. Das Verhältnis des Kaisers zum Kalifen war gut. Nach dem Tod des Kalifen verschlechterte sich jedoch die Lage der Christen im Kalifat und die Beziehungen zwischen beiden Reichen ebbten ab.
Im Zuge der Kontakte Karls zu den weiterhin unabhängigen langobardischen Fürstentümern Süditaliens wurde ein lockerer Kontakt zu den muslimischen Aghlabiden in Tunesien aufgenommen. Intensivere Beziehungen unterhielt Karl nach Spanien, so zu muslimischen Teilherrschern und zum asturischen König Alfons II.
Die Beziehungen des Frankenreichs zu Byzanz waren intensiv, wenngleich das Verhältnis seit der Kaiserkrönung Karls im Jahr 800 mehrere Jahre schwer belastet war, denn nun ergab sich das sogenannte Zweikaiserproblem: Beide Seiten beanspruchten, in der Nachfolge der römischen Kaiser zu stehen, und erhoben einen damit verbundenen universalen Geltungsanspruch. Nikephoros I, seit 802 byzantinischer Kaiser (Basileus), empfand die Kaiserwürde Karls als Anmaßung und verweigerte deren Anerkennung. Der Konflikt verschärfte sich noch, als Karl die von Byzanz beanspruchten Regionen Dalmatien und Venetien seinem Machtbereich einverleibte. Es kam zu begrenzten Kampfhandlungen, beide Seiten waren aber im Grundsatz an einem Ausgleich interessiert: Karl war noch immer an den Grenzen gebunden, während die Byzantiner im Westen von Bulgaren und im Osten vom Kalifat bedroht wurden. Bereits im Jahr 811 hatte Karl einen Brief nach Konstantinopel gesandt, doch wurde Nikephoros kurz darauf getötet. Im Frieden von Aachen 812 wurde ein tragfähiger Ausgleich mit dessen Nachfolger Michael I erzielt. An ihn schickte Karl 813 einen neuen Brief, in dem er ihn als seinen ehrwürdigen Bruder anredete.
Der Hof war das Zentrum des herrschaftlichen Handelns. Die frühmittelalterlichen Könige waren Reisekönige, die von Pfalz zu Pfalz reisten und unterwegs die Regierungsgeschäfte regelten, so dass auch der Hof mobil war. Karl unterhielt eine Vielzahl von Pfalzen, die über das Reich verstreut waren, zeitweise als königliche Residenzen fungierten und der Versorgung des Königshofes dienten. Zu den besuchten Orten zählten solche, die bereits in früherer Zeit von fränkischen Königen favorisiert wurden, doch kamen unter Karl auch neue Orte hinzu, so in den eroberten Gebieten. Der Schwerpunkt seiner Reiserouten lag im Nordosten, vor allem in der Region zwischen der Maas und dem Rhein-Main-Gebiet. Die Anzahl der jeweiligen Aufenthalte variiert stark und reicht von einem einzigen Aufenthalt in Frankfurt am Main bis zu 25 Aufenthalten in Aachen. Aachen war aufgrund der nahen Waldgebiete, in denen der König seiner Jagdleidenschaft nachgehen konnte, und wegen der heißen Quellen Karls Lieblingsresidenz. Aachen fungierte nun als königliche Hauptresidenz und vor Ort wurden umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt, zu denen vor allem die Errichtung der prächtigen Aachener Königspfalz gehörte.
Der Hof war nicht nur politischer Mittelpunkt, sondern auch ein wichtiges kulturelles Zentrum. Karl der Große selbst war kulturell interessiert und versammelte an seinem Hof gezielt mehrere Gelehrte aus dem lateinischsprachigen West- und Mitteleuropa. Der angesehenste von ihnen war der Angelsachse Alkuin. Alkuin war zuvor Leiter der berühmten Kathedralschule in York gewesen; er besaß eine umfangreiche Bibliothek und genoss einen herausragenden Ruf. Er begegnete Karl in Parma und folgte 782 dem Ruf an dessen Hof, wo er nicht nur als ein einflussreicher Berater wirkte, sondern auch zum Leiter der Hofschule aufstieg. Hinzu kam eine Reihe anderer Gebildeter wie Einhard. Dieser war zunächst Schüler Alkuins, später Leiter der Hofschule, Vertrauter Karls und als dessen Baumeister tätig. Nach dem Tod Karls verfasste er seine berühmte Biographie des Kaisers, die an antiken Vorbildern orientiert war. Petrus von Pisa war ein lateinischer Grammatiker, der ebenfalls an den Karlshof berufen wurde und Karl Lateinunterricht erteilte. Der langobardische Gelehrte Paulus Diaconus hatte in Italien im Königsdienst gestanden und war 782 an den Hof Karls gekommen, wo er vier Jahre blieb und wirkte. Der Patriarch Paulinus II von Aquileia verfügte über ein breit gefächertes Wissen. Theodulf von Orleans war ein überaus belesener und gebildeter gotischer Theologe und Dichter. Aus Irland stammten die Gelehrten Dungal und Dicuil, die sich mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigten. Karl konnte sich bei seinen kulturellen Bestrebungen noch auf weitere Personen in seinem Umfeld stützen, darunter Arn von Salzburg, Angilbert, die mit dem Herrscher verwandten Brüder Adalhard und Wala sowie seine Schwester. Der Hof und die Hofschule gaben Impulse für eine kulturelle Erneuerung, wobei auch die karolingische Kirche als zentraler Kulturträger reformiert wurde.
Zweimal im Jahr wurden Hoftage als Versammlungen des Königs und der Großen des Reiches einberufen, um anstehende politische Fragen zu klären oder Streitigkeiten zu schlichten. Karl beseitigte die letzten Reste der älteren Stammesherzogtümer, mit Tassilo III war 788 der letzte Herzog abgesetzt worden. Die Verwaltung im Reich lag nun vor allem in den Händen der Grafen. Das Karolingerreich war ein Vielvölkerreich, über das die Franken nicht alleine herrschten, sondern in das auch andere ethnische Gruppen eingebunden waren. Karl war bestrebt, die Loyalität seiner Untertanen weiter zu sichern.
Eine herausragende Rolle bei der Neuordnung und Festigung im Innern spielte die Kirche, die über eine zusätzliche, sich über das gesamte Reich erstreckende Infrastruktur verfügte. Bereits die Merowinger hatten die Kirche in ihre Herrschaftskonzeption eingebunden und daran hatten die frühen Karolinger angeknüpft. Karl forcierte diesen Prozess aber zusätzlich durch den massiven Ausbau der klerikalen Infrastruktur. So wurden zahlreiche neue Klöster gegründet und Bistümer eingerichtet, wobei sich Karl das Recht vorbehielt, die Bischöfe selbst zu ernennen. Des Weiteren ließ Karl der Kirche umfangreiche Schenkungen und Begünstigungen zukommen, ebenso wurden kirchliche Reformen durchgeführt. Die regelmäßige Abhaltung von Synoden im Beisein des Königs und die Durchführung von Visitationen stärkten das Band zwischen König und Kirche. Die umfassende Bildungsreform Karls betraf vor allem die Kirche, die von der Hebung des Bildungsstandes und von den Maßnahmen zur Beseitigung kirchlicher Missstände profitierte.
Karl verstand sich nicht nur als Förderer der Kirche, sondern durchaus auch als Herr des Reichsepiskopats. In kirchlichen Fragen hatte er großen Einfluss. Allgemein konnte er sich auf die Bischöfe stützen, die überwiegend aus den lokalen Adelsfamilien stammten und sowohl im geistlichen wie im weltlichen Bereich eine wichtige Rolle spielten. Karl, der auch den Titel „Verteidiger der Kirche“ trug, war nicht nur gläubig, er war auch bestrebt, seine Rolle als christlicher Herrscher in reale Politik umzusetzen. Dies spiegelt sich in zahlreichen Erlassen des Kaisers wider, so etwa im Rahmen der Verlautbarungen zur Bildungsreform, wo die Anwendung des geschriebenen Wortes bei der Gottesverehrung von zentraler Bedeutung war. In einem wohl im Auftrag Karls geschriebenen Briefs Alkuins an Papst Leo III aus dem Jahr 796 wird deutlich, dass der Kaiser der Bekämpfung der Ungläubigen im Ausland und der Festigung des Glaubens im Inneren hohe Priorität einräumte. Karl setzte auf eine aktive Missionierungspolitik, so vor allem in Sachsen. Diese wurde teils mit erheblicher Gewalt durchgeführt, was Alkuin, der auf der Freiwilligkeit des Glaubens beharrte, explizit kritisierte. Im Inneren drang Karl auf eine christliche Lebensführung seiner Untertanen, eine stärkere Verchristlichung der Gesellschaft, so hinsichtlich der Einhaltung der zehn Gebote.
Zentrum der karolingischen Kirchenpolitik war seit Ende des 8. Jahrhunderts Aachen, wenngleich sich dort kein Bischofssitz befand. Nach 794 fanden Synoden im Beisein des Königs nur noch in Aachen statt. In den folgenden Jahren kümmerte sich Karl immer wieder auf Synoden um kirchliche Probleme. Während in Byzanz im 8. und 9. Jahrhundert der Bilderstreit entbrannte, beschäftigte man sich im Frankenreich auf der Synode von Frankfurt 794 mit der religiösen Bilderverehrung, die man schließlich ablehnte. Die von Pippin in die Wege geleitete Reform der Liturgie nach römischem Vorbild wurde weitergeführt. Auf dem Konzil von Aachen 809 wurde die Filioque-Formel für verbindlich erklärt. Karls Sohn und Nachfolger Ludwig der Fromme knüpfte an diese Tradition an und hielt weitere Synoden in Aachen ab.
Die seit der Königszeit Pippins praktizierte Kooperation mit dem Papsttum wurde fortgesetzt, von der beide Seiten stark profitierten. Papst Stefan II hatte das neue fränkische Königsgeschlecht legitimiert, während die Franken als neue weltliche Schutzmacht des Papstes fungierten.
Die grundsätzliche Frage, wie das Verhältnis zwischen dem fränkischen König und dem Papst ausgestaltet war, gewann nach der Kaiserkrönung zu Weihnachten 800 neue Aktualität. Kaisertum und Papsttum waren beide Universalgewalten und keine Seite konnte eine formale Unterordnung unter die jeweils andere unwidersprochen akzeptieren. Doch zur Zeit der Kaiserkrönung war Karl in einer politisch weitaus günstigeren Position, während Papst Leo III aufgrund seiner schwachen Stellung in Rom faktisch vom Kaiser abhängig war.
Im Frankenreich war die lateinische Sprache im 7. und 8. Jahrhundert zunehmend verwildert, das proto-romanische Vulgärlatein hatte sich sowohl in der Morphologie als auch in der Syntax weit vom klassischen antiken Latein entfernt. Auch die kirchlichen Bildungseinrichtungen verfielen. Griechischkenntnisse waren im Westen kaum noch vorhanden, aber auch korrektes Latein musste von Romanen neu erlernt werden. Der sprachliche Verfall wurde im Karolingerreich seit Ende des 8. Jahrhunderts durch gezielte Maßnahmen der Kulturförderung aufgehalten und umgekehrt. Diese neue Aufschwungphase wird oft als karolingische Renaissance bezeichnet. Es ging darum, die Weisheit der Alten zu erneuern, wobei die Grundlage der frühmittelalterlichen Bildung im Westen die aus der Spätantike bekannten sieben freien Künste bildeten. Den Anstoß für die Bildungsreform gab wohl die Reform der fränkischen Kirche durch Bonifatius Mitte des 8. Jahrhunderts. Diese kulturelle Erneuerung wurde auch durch externe Impulse gefördert, da das geistige Leben in England und Irland schon zuvor eine Wiederbelebung erfahren hatte und die Schriftkultur zunehmend erstarkte, wie etwa das Wirken des Beda Venerabilis im frühen 8. Jahrhundert zeigt. Angelsachsen wie der gebildete Alkuin spielten denn auch im Gelehrtenzirkel der Hofschule eine Rolle.
Karl selbst war gebildet und interessierte sich sehr für Kultur. Er förderte die Bildungsreform nach Kräften, die Umsetzung aber war maßgeblich Alkuins Verdienst. Die lateinische Schrift und Sprache, also die Grundlage für den kulturellen und geistlichen Diskurs im lateinischen Westen, sowie der Gottesdienst waren zu berichtigen. Das vorhandene Bildungsgut sollte systematisch gesammelt, gepflegt und verbreitet werden. Dazu diente auch die Einrichtung einer stetig erweiterten Hofbibliothek. Die Klöster wurden unter anderem ermahnt, Schulen einzurichten, auf die Bildung der Priester und auf die korrekte Wiedergabe der Texte beim Kopieren zu achten. Die Reform der Kloster- und Domschulen war auch aus religiösen Gründen von Bedeutung, da der Klerus auf möglichst genaue Sprach- und Schriftkenntnisse angewiesen war, um die Vulgata, die lateinische Bibelfassung, auslegen und theologische Schriften erstellen zu können. Dies ist ein zentraler Gedanke der Reform: Eindeutigkeit des geschriebenen und gesprochenen Wortes waren für eine wirksame Gottesverehrung unerlässlich. Damit wurde die Wissenschaft in den Dienst des Glaubens gestellt. Die lateinische Schriftsprache wurde bereinigt und verbessert. Es wurde sehr auf eine nach antikem Maßstab korrekte Grammatik und Schreibweise Wert gelegt, wodurch das stilistische Niveau angehoben wurde.
Im kirchlichen Bereich wurde unter anderem die Liturgie überarbeitet, Homiliensammlungen wurden erstellt, und die Beachtung der kirchlichen Regeln wurde eingefordert. Die kirchlichen Bildungseinrichtungen wurden verstärkt gefördert. Außerdem wurde eine revidierte Fassung der Vulgata angefertigt, die Alkuin-Bibel. Ältere Schriften wurden durchgesehen und korrigiert, Kopien erstellt und verbreitet. Die Hofschule wurde zum Lehrzentrum, was auf das gesamte Frankenreich ausstrahlte. Mehrere Klöster wurden neu gegründet oder erlebten einen erheblichen Aufschwung. Sie waren Hauptträger der Bildungsreform und wurden deshalb vielfach erweitert. Im Kloster Fulda beispielsweise entwickelte sich unter Alkuins Schüler Rabanus Maurus eine ausgeprägte literarische Kultur. So kam neben dem Königshof mehreren Klöstern und Bischofssitzen eine zentrale Rolle bei der Bildungsreform zu.
Die Bildungsreform sorgte für eine deutliche Stärkung des geistigen Lebens im Frankenreich. Die literarische Produktion stieg nach dem starken Rückgang seit dem 7. Jahrhundert spürbar an, auch Kunst und Architektur profitierten davon. Noch erhaltene antike lateinische Texte sowohl von vorchristlichen als auch von christlichen Verfassern wurden nun wieder zunehmend herangezogen, gelesen, verstanden und vor allem kopiert, wobei der Aufwand für die Buchproduktion nicht unerheblich war. Wichtige kirchliche Texte wurden von sprachlichen Verwilderungen gereinigt und in Musterexemplaren zur Vervielfältigung bereitgestellt. Von der Hofbibliothek aus wurden seltene Texte den Kathedral- und Klosterbibliotheken zur Abschrift zur Verfügung gestellt. Buchbestände wurden gesichtet und schriftlich in Katalogen erfasst, neue Bibliotheken eingerichtet. Besonders beliebt waren Ovid und Vergil, daneben wurden unter anderem Sallust, Sueton und Horaz wieder zunehmend gelesen. Die karolingische Bildungsreform hatte somit für die Überlieferung antiker Texte eine große Bedeutung. Diese sind zu einem großen Teil nur deshalb erhalten geblieben, weil sie im Rahmen der Bildungsreform neu kopiert und damit gerettet wurden. Die Kopiertätigkeit schärfte gleichzeitig die Lateinkenntnisse, so dass es auch zu einem qualitativen Anstieg der Latinität kam. Des Weiteren ließ Karl „barbarische“ (germanische, volkssprachliche) „alte Heldenlieder“ aufschreiben. Die Bildungsreform stärkte auch die Entwicklung der volkssprachigen Literatur, so des Althochdeutschen. Zentren altdeutscher Überlieferung waren später unter anderem die Klöster Fulda, Reichenau, St. Gallen und Murbach. Fragmentarisch erhalten ist das Hildebrandslied, ein althochdeutsches Heldenlied.
Die Zeit der karolingischen Bildungsreform war auch eine Blütezeit der Kunst, vor allem der Goldschmiedearbeiten und der Buchkunst. Der hohe Stellenwert von Kultur und Kunst am Hof Karls des Großen, wo diese Entwicklung stark gefördert wurde, drückte sich in zahlreichen Werken aus. In mehreren Werkstätten des Reiches entstanden wertvolle und meisterhaft illuminierte Bilderhandschriften, so an der berühmten Hofschule Karls des Großen in Aachen, auch als Ada-Schule bekannt, die insbesondere durch das Ada-Evangeliar Berühmtheit erlangte. An der Hofschule entstanden unter anderem der Dagulf-Psalter und sehr wahrscheinlich auch das Lorscher Evangeliar. Einen starken Impuls gab die einige Zeit in Aachen arbeitende Gruppe von Künstlern, die das eine eigene Gruppe begründende Wiener Krönungsevangeliar schuf. Der Stil der karolingischen Buchkunst variiert, immer wieder treten Reminiszenzen an Werke der spätantiken und byzantinischen Buchmalerei auf. Daneben wurden kunstvolle, edelsteinbesetzte und häufig mit elfenbeinernen Reliefschnitzereien geschmückte Prachteinbände für die Handschriften angefertigt.
Am 28. Januar 814 starb Karl der Große in Aachen. Einhard berichtet, dass sich der ansonsten gute Gesundheitszustand des Kaisers in seinen letzten Jahren verschlechtert habe. Ende Januar 814 litt Karl plötzlich unter einem hohen Fieber, hinzu kamen Schmerzen in der Seite. Karl fastete und glaubte, so die Krankheit auskurieren zu können, doch verstarb er kurz darauf und wurde in der Pfalzkapelle beigesetzt.



OTTO I

Otto wurde 912 als Sohn des Sachsenherzogs Heinrich I, der kurz nach der Geburt Ottos König des Ostfrankenreiches wurde, und dessen Ehefrau Mathilde in Wallhausen geboren. Mathilde war eine Tochter des sächsischen Grafen Dietrich aus der Familie Widukinds. Aus der annullierten ersten Ehe Heinrichs I hatte Otto den Halbbruder Thankmar. Ottos jüngere Geschwister waren Gerberga, Hadwig, Heinrich und Brun. Erste Erfahrungen als Heerführer sammelte Otto an der Ostgrenze des Reiches im Kampf gegen slawische Stämme. Mit einer vornehmen Slawin zeugte Otto als Sechzehnjähriger den Sohn Wilhelm, der später Erzbischof von Mainz wurde.
Nach dem Tod Konrads I, dem es nicht gelang, die Großen des Reiches in seine Herrschaft einzubinden, war 919 die Königswürde erstmals nicht an einen Franken, sondern an einen Sachsen übergegangen. Zwar war Heinrich nur von den Franken und Sachsen gewählt worden, doch durch eine geschickte Politik der Freundschaftsbindung samt zahlreichen Zugeständnissen (amicitia und pacta) verstand er es, die Herzogtümer Schwaben und Bayern an sich zu binden. Außerdem gelang es Heinrich, Lothringen, das sich zu Zeiten Konrads dem Westfrankenreich angeschlossen hatte, dem ostfränkischen Königreich wieder anzugliedern.
Um seiner Familie die durch ihn erlangte Herrschaft über das Ostfrankenreich und diesem zugleich die Einheit zu sichern, wurde 930 eine Vorentscheidung zugunsten der alleinigen Thronfolge Ottos getroffen. Der jüngste Sohn Brun wurde Bischof Balderich von Utrecht zur Erziehung übergeben und damit auf eine geistliche Laufbahn vorbereitet. In einem Memorialbuch des Klosters Reichenau wird Otto bereits 929 als König bezeichnet, nicht aber seine Brüder Heinrich und Brun.
Heinrichs Nachfolgeregelung schloss nicht nur die nicht-sächsischen Anwärter, sondern auch die Brüder Ottos aus. Sie war bedeutsam, da Heinrich das Prinzip der karolingischen Herrschaftsteilung aufgab, die jedem Mitglied des Königshauses eine Anwartschaft zuerkannt hatte. Er begründete damit die Individualsukzession, die Unteilbarkeit des Königtums und damit des Reiches, die auch seine Nachfolger beibehalten sollten.
Gleichzeitig zu den Krönungsvorbereitungen warben die Ottonen beim englischen Königshaus um eine Braut für Otto. Heinrich bemühte sich auf diese Weise, Dynastien außerhalb seines Reiches an sein Haus zu binden. Auch brachte die Braut den Ruhm mit, aus der Familie des als Märtyrerkönig gestorbenen Heiligen Oswald zu stammen. Nachdem die zwei Halbschwestern Edgith und Edgiva des englischen Königs Äthelstan an den Hof Heinrichs I gereist waren, wurde Edgith als Braut für Otto ausgewählt. Nach der Heirat Ottos erhielt seine angelsächsische Gemahlin Edgith Magdeburg als Morgengabe. Zu Pfingsten 930 stellte Heinrich den designierten Thronfolger in Franken und in Aachen den Großen der jeweiligen Region vor, um deren Zustimmung für seine Thronfolgeregelung einzuholen. Otto wurde bereits 930 in Mainz zum König gesalbt. Im Frühsommer 936 wurde in Erfurt über den Bestand des Reiches beraten. Heinrich empfahl den Großen nochmals eindringlich Otto als seinen Nachfolger.
Nach dem Tod Heinrichs I 936 wurde die Nachfolge seines Sohnes Otto innerhalb weniger Wochen realisiert. Otto wurde von Franken und Sachsen zum Oberhaupt gewählt und die Pfalz Aachen als Ort einer allgemeinen Wahl bestimmt. Am 7. August 936 setzten die Herzöge, Markgrafen und übrigen weltlichen Großen Otto in der Vorhalle des Aachener Münsters auf den dortigen Thron und huldigten ihm. Mitten in der Kirche wurde die Zustimmung des Volkes zur Erhebung des Königs eingeholt. Es folgte die Insignien-Übergabe (Schwert mit Schwertgurt, Armspangen und Mantel, Zepter und Stab) durch den Mainzer Erzbischof Hildebert von Mainz. Otto wurde von den Erzbischöfen Hildebert von Mainz und Wichfried von Köln in der Stiftskirche zum ostfränkischen König gesalbt und gekrönt. Der Salbungsakt bildete den Anfang einer Vielzahl geistlicher Akte, die dem Königtum jene sakrale Würde verliehen, auf die sein Vater noch verzichtet hatte.
Otto knüpfte durch die Wahl des Krönungsortes und bewusstes Tragen fränkischer Kleidung bei der Zeremonie an die fränkisch-karolingische Tradition des Königtums an. Der Wahl- und Krönungsort im lothringischen Reichsteil sollte nicht nur die neue Zugehörigkeit Lothringens zum ostfränkischen Reich betonen, vielmehr war Aachen als Grabstätte Karls des Großen auch ein Symbol der Kontinuität und der Legitimation. Die Königserhebung gliederte sich in geistliche und weltliche Akte. Die Bedeutung der sakral-göttlichen Legitimierung und der gesteigerte Herrschaftsanspruch gegenüber seinem Vater wird auch in der Veränderung der Herrschaftszeichen deutlich. Den ostfränkischen Typus des Siegels, der einen von Gott begnadeten Heerführer zeigt, führte er fort. Ab 936 wird jedoch die Gottes-Gnaden-Formel in die Umschrift des Königssiegels eingefügt.
Otto trat seine Herrschaft nicht einvernehmlich und harmonisch an; bereits vor der Krönung war die Herrscherfamilie zerstritten, da Ottos Bruder Heinrich ebenfalls die Königswürde beansprucht hatte. Auch bildete sich Heinrich als Königssohn viel darauf ein, dass die Urkunden ihn bereits kurz nach der Geburt sowie seinen Vater „Träger des gleichen Namens“ bezeichneten. Das Verhältnis zwischen Otto und seiner Mutter war ebenfalls gespannt. Mathilde war bei der Königserhebung ihres Sohnes Otto nicht anwesend. Von Mathilde wird überliefert, dass Ottos Mutter die Thronfolge durch ihren jüngeren Sohn Heinrich bevorzugt hatte.
Ottos Herrschaftsbeginn war von einer schweren Krise begleitet. Der Chronist stützte sich auf am Hof kursierende Gerüchte und Anekdoten, die die Gegner Ottos bloßstellten. Er nennt zum einen die Herrschaftssucht des Bruders Heinrich, der sich durch die alleinige Nachfolge seines Bruders benachteiligt fühlte, zum anderen die Ambitionen des Herzogs Eberhard. Der hatte seinerseits nach Ausschaltung Ottos und seiner Verbündeten die Königswürde erlangen wollen.
Ebenfalls im Jahre 937 starb der Bayernherzog Arnulf, der mit Heinrichs I Billigung nahezu königsgleich in Bayern geherrscht hatte. Seine Söhne verschmähten es aus Hochmut, sich auf des Königs Befehl in dessen Gefolgschaft zu begeben. Der von seinem Vater designierte und von den bayerischen Großen zum neuen Herzog erwählte Eberhard weigerte sich 937, Otto zu huldigen, nachdem Otto Eberhard nur hatte anerkennen wollen, wenn dieser bereit gewesen wäre, auf die Investitur der Bischöfe in Bayern zu verzichten. Nach zwei Feldzügen konnte Otto Eberhard verbannen.
Unterdessen hatte im sächsisch-fränkischen Grenzbereich Herzog Eberhard von Franken, Bruder des früheren Königs Konrad I, eine Fehde mit dem sächsischen Vasallen Bruning siegreich bestanden. In ihrem Verlauf hatte er die gegnerische Burg Helmern niedergebrannt. Diese Burg lag im Hessengau, wo Eberhard die Grafengewalt ausübte. Da Otto Eberhard nicht als autonome Zwischengewalt duldete, belegte er Eberhard mit der Buße, Pferde im Wert von hundert Pfund zu liefern. Eberhards Helfer wurden zur Schmach-Strafe des Hundetragens auf einer Strecke bis zur königlichen Stadt Magdeburg verurteilt.
Ottos Politik brüskierte gleich zu Beginn seiner Herrschaft mächtige Adlige in Sachsen, Franken, Lothringen und Bayern, die sich bald gegen den Herrscher auflehnten: Die Sachsen verloren jede Hoffnung, weiter den König stellen zu können.
Der Frankenherzog Eberhard und Graf Wichmann der Ältere aus dem Geschlecht der Billunger verbündeten sich mit Thankmar. Dieser zog gegen die Burg Belecke bei Warstein im Arnsberger Wald und lieferte dort den gefangengesetzten Halbbruder Heinrich an Herzog Eberhard aus. Doch der Kampf ging für die Aufständischen unglücklich weiter. Herzog Hermann von Schwaben, einer der Aufständischen, lief zu König Otto über. Nachdem Wichmann sich mit dem König ausgesöhnt hatte und Thankmar nach der Befreiung Heinrichs in der Kirche der Eresburg getötet worden war, war Eberhard isoliert und selbst innerhalb seiner eigenen Sippe nicht mehr der unangefochtene Führer, so dass er sich dem König unterwarf. Nach kurzer Verbannung nach Hildesheim wurde er begnadigt.
Bereits vor seiner Unterwerfung hatte Eberhard ein neues Bündnis gegen Otto vorbereitet, indem er dessen jüngerem Bruder Heinrich versprach, ihm zur Krone zu verhelfen. Als dritter Verbündeter kam Herzog Giselbert von Lothringen dazu, der mit Ottos Schwester Gerberga verheiratet war. Otto errang zwar zunächst in einer Schlacht bei Birten nahe Xanten einen Sieg, der seinem Gebet vor der Heiligen Lanze zugeschrieben wurde, konnte aber die Verschwörer nicht gefangen nehmen und belagerte erfolglos die Festung Breisach. Ruthard von Straßburg versuchte zwischen Eberhard und dem König zu vermitteln; als Otto den Vorschlag des Vermittlers nicht annahm, schloss dieser sich den Gegnern an. Währenddessen verheerten Giselbert und Eberhard die Ländereien königstreuer Adliger. Die Erhebung brach aber zusammen: Eberhard und Giselbert wurden 939 nach einem Plünderungszug in die Gebiete zweier Gefolgsleute Herzog Hermanns von Schwaben von einem Heer unter der Führung der Konradiner Udo und Konrad beim Überqueren des Rheins bei Andernach überrascht und in der Schlacht von Andernach am 2. Oktober 939 vernichtend geschlagen. Eberhard starb. Gegen dieses offensichtliche Gottesurteil hatten es die Gegner des Königs schwer, den Konflikt fortzuführen. Heinrich unterwarf sich. Otto behielt das vakant gewordene Herzogtum Franken unter direkter königlicher Herrschaft. Franken und Sachsen bildeten von nun an das Kerngebiet des Reiches.
Markgraf Gero hatte in der Zwischenzeit die Grenze gegen die Slawen unter Inkaufnahme zahlreicher Opfer verteidigt und das Gebiet bis zur Oder unterworfen. Die Slawen planten einen Anschlag auf den Markgrafen; der kam ihnen allerdings zuvor und ließ 30 Slawenfürsten nach einem Festmahl im weinschweren Schlaf umbringen. Da die sächsischen Fürsten angesichts der hohen Verluste durch die lang andauernden Kriegszüge eine zu geringe Beute und zu geringe Tribute beklagten, gerieten sie in Konflikt mit dem Markgrafen. Ihr Unmut richtete sich auch gegen Otto, der den Markgrafen unterstützte. Ottos Bruder Heinrich machte sich diese Stimmung im sächsischen Adel zunutze, so dass sich viele von ihnen an der Verschwörung gegen den König beteiligten. Anfang des Jahres 939 veranstaltete er ein großes Gelage oder Festmahl im thüringischen Saalfeld, dort beschenkte er viele mit großen Gütern und gewann dadurch eine Menge zu Genossen seiner Verschwörung. Otto sollte am Osterfest 941 in der königlichen Pfalz Quedlinburg am Grabe des gemeinsamen Vaters ermordet werden, und eine mächtige Schwur-Einung stand bereit, seinem jüngeren Bruder anschließend die Krone aufzusetzen. Doch der König erfuhr von diesem Vorhaben rechtzeitig, schützte sich während der Festlichkeiten, indem er sich Tag und Nacht mit einer Schar treuer Vasallen umgab, und holte danach unvermittelt zum Gegenschlag aus. Heinrich wurde in der Pfalz Ingelheim festgesetzt, seine Verbündeten wurden verhaftet und hingerichtet. Heinrich konnte jedoch aus der Haft entkommen und unterwarf sich Weihnachten 941 in der Frankfurter Pfalzkapelle seinem Bruder. So erhielt er erneut Vergebung, um die er barfuß und fußfällig bat.
Bei der Neubesetzung von Ämtern und Besitzungen wollte Otto seine herrscherliche Entscheidungsgewalt durchsetzen und suchte bei seinen Entscheidungen nicht den Konsens mit den Großen. Er missachtete die Ansprüche der Herzöge und enger Familienangehöriger auf bestimmte Herrschaftspositionen. Otto beförderte hingegen die ihm ergebenen Mitglieder insbesondere auch des niederen Adels in Schlüsselpositionen, um in Sachsen den Status quo zu sichern, und ließ die Getreuen seiner Mutter sich benachteiligt fühlen. Unterordnung verlangte der neue König schließlich auch von den Freunden des Vaters, der diesen nie etwas verweigert hatte.
Zu den weiteren Gründen für die Adelserhebungen zählten die noch ungewohnte Individualsukzession oder Einzelthronfolge, aus der sich die anfangs ungeklärte Frage ergab, wie die Brüder des Königs zu versorgen seien, sowie Ottos selbstherrlicher Regierungsstil. Heinrich hatte auf die Salbung verzichtet, die ihn symbolisch über die Reichsgroßen erhoben hätte, und seine Regierung auf Freundschaftspakte mit wichtigen Personen gestützt. Diese Pakte waren eine wesentliche Grundlage der Herrschaftskonzeption Heinrichs I gewesen, der dafür auf königliche Prärogative verzichtet hatte, um so im Einvernehmen mit den Herzögen eine Konsolidierung im Inneren zu erreichen. Der gesalbte Otto glaubte, seine Entscheidungen ohne Rücksicht auf Ansprüche und unabhängig von der internen Hierarchie der Adelssippen treffen zu können, da seine Auffassung des Königtums ihn weit über den übrigen Adel erhob.
Nur die Gegner des Königs aus der adligen Führungsschicht und seiner eigenen Familie, die ihre Schuld öffentlich eingestanden und sich bedingungslos unterwarfen, konnten auf Begnadigung hoffen. Die dem König anheimgestellte Strafe fiel dann regelmäßig so milde aus, dass der Bußfertige bald wieder in Amt und Würden war. So wurde vor allem dem Königsbruder Heinrich zunächst in Lothringen, dann in Bayern die Herzogsstellung übertragen. Gewöhnliche Verschwörer wurden im Gegensatz dazu hingerichtet.
Das darauf folgende Jahrzehnt war durch eine unbestrittene königliche Machtausübung bestimmt. Ottos Urkunden aus dieser Zeit erwähnen immer wieder Belohnungen, die treue Vasallen für ihre Dienste empfingen oder die der Versorgung ihrer Hinterbliebenen dienten. Durch die gefestigte Königsherrschaft entwickelten sich auch feste Gewohnheiten der Herrschaftsrepräsentation.
Otto änderte nach diesen Adelserhebungen zwar nicht seine Praxis, Herzogtümer als Ämter des Reiches nach seinem Gutdünken zu besetzen, verband sie jedoch mit dynastischer Politik. Hatte Ottos Vater Heinrich noch auf die Freundschaftsbindung als wichtiges Instrument zur Stabilisierung seiner Königsherrschaft gesetzt, so trat nun die Heirat an ihre Stelle. Otto lehnte es ab, ungekrönte Herrschaftsträger als gleichberechtigte Vertragspartner zu akzeptieren. Die Integration bedeutender Vasallen vollzog sich nun durch Heiratsverbindungen: Der westfränkische König Ludwig IV heiratete Ottos Schwester. Die Tochter Ida des Herzogs Hermann von Schwaben, des Anführers der ihm treu gebliebenen Konradiner, verheiratete er mit seinem Sohn Liudolf. Dadurch wertete er Hermann auf und sicherte seinem eigenen Haus die Nachfolge im Herzogtum, da Hermann keine Söhne hatte. Den Salier Konrad den Roten setzte Otto als Herzog in Lothringen ein und band diesen durch die Heirat mit seiner Tochter Liudgard enger an die Königsfamilie. Den Anspruch seines Bruders Heinrich auf eine Teilnahme an der Macht stellte er dadurch zufrieden, dass er ihn mit Judith von Bayern aus der Herzogsfamilie der Luitpoldinger verheiratete und, nachdem dieses Herzogtum frei geworden war, als Herzog in Bayern einsetzte. Die Verleihung der bayerischen Herzogswürde an Ottos zuvor aufständischen Bruder Heinrich markierte dessen endgültigen Verzicht auf die Königswürde.
Kurz nach dem Tod Edgiths am 29. Januar 946, die in Magdeburg ihr Grab fand, begann Otto die eigene Nachfolge zu regeln. Er ließ die bereits 939 ausgehandelte Ehe Liudolfs mit Ida, der Tochter des schwäbischen Herzogs, wohl im Spätherbst 947 schließen und erklärte Liudolf zu seinem Nachfolger als König. Alle Großen des Reichs wurden aufgerufen, seinem damals gerade volljährig gewordenen Sohn einen Treueid zu leisten. In bindender Form erhielt Liudolf damit die Zusage, Nachfolger seines Vaters werden zu können.
Ottos Entscheidung für Aachen als Krönungsort warf bereits das Problem der Beziehungen zum Westfrankenreich auf. Aachen lag im Herzogtum Lothringen, auf das die westfränkischen Könige, die noch immer Karolinger waren, Anspruch erhoben. Allerdings war das Herrscherhaus im Westfrankenreich durch die Macht des Hochadels bereits stark geschwächt. Indem Otto sich als legitimer Nachfolger Karls des Großen darstellte, sah er seinen Anspruch auf Lothringen legitimiert. Während Heinrichs Aufstand sowie später versuchte der westfränkische König Ludwig IV, sich in Lothringen festzusetzen, scheiterte aber an Ottos militärischer Stärke. Ludwig konnte seine Ansprüche auf Lothringen zwar noch dadurch geltend machen, dass er Ottos Schwester, die Witwe des gefallenen aufständischen Herzogs Giselbert, heiratete. Da diese eine Schwester Ottos war, wurde er damit allerdings zugleich ein Schwager Ottos. Otto betrieb also dem Westfrankenreich gegenüber eine ähnliche Heiratspolitik wie gegenüber den Herzögen im Ostfrankenreich. Ludwig IV musste auf jegliche Ansprüche auf Lothringen verzichten.
Auf der Universalsynode von Ingelheim wurden die Bischöfe von Ripen, Schleswig und Aarhus ordiniert. Alle drei Bistümer wurden Erzbischof Adaldag von Hamburg-Bremen unterstellt. Diese Bistumsgründungen und die im gleichen Jahr erfolgten Gründungen weiterer Bistümer in Brandenburg und Havelberg bedeuteten eine intensivierte Christianisierung.
Zum Königreich Burgund hatte das Ostfrankenreich gute Beziehungen, seitdem Heinrich I von dessen König Rudolf II die Heilige Lanze erworben hatte. Als Rudolf 937 starb, holte Otto dessen minderjährigen Sohn Konrad an seinen Hof. Nach dem Tod des italienischen Königs Hugo am 10. April 947 sorgte Otto außerdem dafür, dass Niederburgund und die Provence an seinen Schützling Konrad fielen, was sein Verhältnis zum burgundischen Königshaus weiter festigte. Otto respektierte die Eigenständigkeit von Burgund und griff nie nach der burgundischen Krone.
Enge Kontakte bestanden auch zwischen Otto I und dem byzantinischen Kaiser Konstantin VII Porphyrogennetos. Anlässlich des Osterfestes 949 überbrachten Gesandte der Griechen unserem König zweimal Geschenke ihres Kaisers, die beide Herrscher ehrten.
Und nun Adelheid, sie war nicht nur Witwe des italienischen Königs, sondern auch Nichte der Ida von Schwaben, der Gemahlin von Ottos Sohn Liudolf. Vor allem aber war Otto selbst sehr daran interessiert, in Italien einzugreifen. Da er selbst Witwer war, hatte er die Möglichkeit, Adelheid zu ehelichen und damit seine Herrschaft nach Italien auszudehnen. Zudem bot sich damit die Perspektive auf die Kaiserwürde. Nach der Festsetzung Adelheids entschloss sich Otto, nach Italien zu ziehen.
Adelheid wurde von ihrer Fluchtburg Canossa nach Pavia geführt, wo sich Otto im Oktober mit ihr vermählte.
Die Ehe mit Adelheid führte zu Spannungen zwischen dem König und seinem Sohn und designierten Nachfolger Liudolf, da sich die Frage stellte, welche Rechte den dieser Ehe entstammenden Söhnen zustanden. Auch misstraute Liudolf dem wachsenden Einfluss seines Onkels, des ehemaligen Rebellen Heinrich. Wahrscheinlich war Heinrich anderer Ansicht darüber, wer die Position des Zweiten nach dem König einnehmen sollte: der Bruder oder der Sohn. Liudolf verließ jedenfalls im November in demonstrativem Unmut und ohne Abschied seinen Vater, was einem Affront gleichkam.
Zu Weihnachten 951 veranstaltete Liudolf in Saalfeld ein Gelage, bei welchem er Erzbischof Friedrich von Mainz und alle anwesenden Großen des Reiches um sich versammelte. Dieses Gelage war bereits vielen Zeitgenossen verdächtig und erinnerte an jenes Gelage, das Heinrich ein gutes Jahrzehnt zuvor gefeiert hatte, um eine bewaffnete Erhebung gegen Otto einzuleiten. Mit dem Festmahl wurden Bindungen aktiviert, um Widerstand gegen den König zu sammeln. Als Reaktion darauf kehrte Otto mit Adelheid nach Sachsen zurück und verweigerte dem Sohn demonstrativ seine Huld. Den Osterhoftag als das wohl wichtigste Ereignis des Jahres beging Otto in Sachsen zur Repräsentation herrscherlicher Macht und göttlicher Legitimation.
Liudolf gewann in seinem Schwager Konrad dem Roten einen mächtigen Verbündeten. Konrad hatte in Italien durch Verhandlungen Berengar, den König von Italien, dazu gebracht, Otto in Magdeburg aufzusuchen, und Berengar dabei offensichtlich verbindliche Zusagen zum Ausgang dieses Treffens gemacht. Eine Gruppe von Herzögen, Grafen und Hofleuten, mit den Herzögen Konrad und Liudolf an der Spitze, erkannte Berengar als König an und brachte dies in einem Empfang ostentativ zum Ausdruck. Am Hof angekommen, ließ Otto Berengar jedoch zunächst drei Tage lang warten, gestattete von den Versprechungen Konrads nichts und gewährte Berengar nur den freien Abzug. Da Herzog Konrad und die weiteren Fürsprecher Berengars Ottos Antwort als persönliche Beleidigung empfanden, schlossen sie sich den Gegnern des Königs an.
Trotz des sich so formierenden Widerstands wurde in der Frage der Stellung Berengars noch ein Kompromiss erreicht.
Nachdem Adelheid mit Heinrich einen ersten Sohn zur Welt gebracht hatte, soll Otto ihn statt Liudolf als Nachfolger gewollt haben. Da brach in Mainz der Aufstand aus. Als Otto in Ingelheim das Osterfest begehen wollte, zeigten ihm Konrad und Liudolf offen die Zeichen des Aufstandes (rebellionis signa). Liudolf und Konrad hatten inzwischen eine große Schar Bewaffneter zusammengebracht, vor allem junge Leute aus Franken, Sachsen und Bayern waren darunter. Der König konnte deshalb weder in Ingelheim noch in Mainz oder Aachen das Osterfest als wichtigsten Akt der Herrschaftsrepräsentation feiern. Immer mehr Adelsgruppen verbündeten sich mit Liudolf. Als Otto hörte, dass Mainz in die Hände seiner Feinde gefallen war, zog er in größter Eile dorthin und begann im Sommer mit der Belagerung der Stadt. Schon zu Beginn des Aufstandes hatte Erzbischof Friedrich von Mainz zu vermitteln versucht, aber der König befahl seinem Sohn und Schwiegersohn, die Urheber des Verbrechens zur Bestrafung auszuliefern, andernfalls werde er sie als geächtete Feinde betrachten. Diese Forderung war für Liudolf und Konrad unannehmbar, da sie ihre eigenen Bundesgenossen hätten verraten müssen.
Das Zentrum des Konflikts verlagerte sich nach Bayern. Dort hatte Liudolf mit Unterstützung Arnulfs, eines der Söhne des verstorbenen Bayernherzogs, Regensburg eingenommen, sich der dort angesammelten Schätze bemächtigt und sie als Beute unter seine Gefolgschaft verteilt. Auf Drängen Heinrichs begab sich das Heer des Königs umgehend auf den Weg nach Süden, um Regensburg zurückzugewinnen, doch zog sich die Belagerung bis Weihnachten hin.
Die Heilige Lanze war für Otto von besonderer Bedeutung. In der Schlacht von Birten, bei der Otto ein bedeutender Erfolg gegen seine reichsinternen Gegner glückte, betete er vor den siegbringenden Nägeln, mit denen die Hände des Herrn Erlösers Jesus Christus befestigt und die in seine Lanze eingesetzt waren. Otto ging bei seinem Sieg über die Ungarn mit der Heiligen Lanze seinem Heer in der Schlacht voran. Die Heilige Lanze befindet sich heute in der Schatzkammer Wien.
Als Liudolf sich gegen Otto erhob, bedrohten auch die Ungarn das Reich. Obwohl die Ostmarken zur Sicherung gegen heidnische Slawen und Magyaren eingerichtet worden waren, blieben die Ungarn an der Ostgrenze des Ostfrankenreiches eine dauerhafte Bedrohung. Die Ungarn kannten das Reich und dessen innere Schwäche, die ihnen Anlass gab, im Frühjahr 954 mit einer großen Streitmacht in Bayern einzufallen. Zwar war es Liudolf und Konrad gelungen, ihre eigenen Gebiete zu schonen, indem sie den Ungarn Führer in den Westen mitgaben, die sie östlich des Rheins durch Franken geleiteten. Außerdem hatte Liudolf am Palmsonntag des Jahres 954 in Worms ein großes Gastmahl zu Ehren der Ungarn veranstaltet und sie mit Gold und Silber überhäuft. Aber Liudolf sah sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, mit den Feinden Gottes paktiert zu haben, und verlor schlagartig Anhänger an Otto. Die Bischöfe Ulrich von Augsburg und Hartpert von Chur, die engste Vertraute des Königs waren, vermittelten ein Treffen zwischen den Konfliktparteien am 16. Juni 954 auf einem Hoftag in Langenzenn. Verhandelt wurden nicht so sehr die Ursachen des Konfliktes zwischen Vater und Sohn, sondern vielmehr allein die Verwerflichkeit des Paktes Liudolfs mit den Ungarn.
Als Ergebnis dieser Verhandlungen trennten sich Erzbischof Friedrich und Konrad der Rote von Liudolf, der dennoch nicht bereit war, sich zu unterwerfen, sondern alleine gegen den Vater weiterkämpfte, der wieder Regensburg belagerte. Zweimal kam der Sohn persönlich aus der Stadt heraus, um Frieden beim Vater zu erbitten. Erst beim zweiten Mal erhielt er ihn durch Vermittlung der Fürsten. Die endgültige Beilegung des Streites wurde auf einen Hoftag in Fritzlar vertagt. Der Konflikt wurde durch die rituelle Unterwerfung beigelegt. Noch innerhalb der Frist warf er sich im Herbst 954 während der Königsjagd nahe Weimar barfuß vor dem Vater zu Boden und flehte um Gnade, die ihm gewährt wurde. So wurde er in väterlicher Liebe wieder zu Gnaden angenommen und gelobte zu gehorchen und in allem den Willen des Vaters zu erfüllen.
Die Ungarn waren unterdessen vor Augsburg aufgehalten worden, da Bischof Ulrich die Stadt zäh verteidigen ließ. Er verschaffte so Otto Zeit, ein Heer zu sammeln und zum Entsatz Augsburgs zu eilen. Die Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955 beseitigte die Ungarngefahr dauerhaft. Der triumphale Sieg festigte Ottos Macht und Ansehen. Otto wurde noch auf dem Schlachtfeld vom siegreichen Heer zum Imperator ausgerufen. Otto gelobte vor der Lechfeldschlacht im Falle eines Sieges dem Tagesheiligen Laurentius, in seiner Pfalz Merseburg ein Bistum zu dessen Ehren zu errichten.
Nach dem Sieg ließ Otto in allen Kirchen des Reiches Dankesgottesdienste feiern und führte den Sieg auf die Hilfe Gottes zurück, die das Gottesgnadentum des Herrschers habe sichtbar werden lassen. Auch fasste er konkrete Pläne zur Errichtung eines Erzbistums in Magdeburg. Dem Gotteshaus, in dem Königin Edgith bestattet wurde, folgte ein stattlicher, mit Marmor und Gold geschmückter Neubau. Im Sommer 955 schickte er den Fuldaer Abt Hademar nach Rom, wo dieser bei Papst Agapet II für den König die Erlaubnis bewirkte, Bistümer nach Belieben zu gründen.
Die Lechfeldschlacht gilt als eine Wende in der Regierung des Königs. Nach 955 kam es im ostfränkisch-deutschen Reich bis zu Ottos Tod nicht mehr zu Erhebungen der Großen gegen den König, wie sie in der ersten Hälfte seiner Herrscherzeit wiederholt aufgeflammt waren. Ferner blieb Ottos Herrschaftsgebiet fortan von den Einfällen der Ungarn verschont. Sie gingen nach 955 zur sesshaften Lebensweise über und nahmen bald das Christentum an.
Im selben Jahr drangen slawische Abodriten in Sachsen ein. Als Reaktion zog König Otto mit einem Heer nach dem Sieg über die Ungarn in den Osten. Als die Abodriten die Tributzahlung und Unterwerfung verweigerten, mussten sie in der Schlacht an der Recknitz eine weitere militärische Niederlage hinnehmen. Nach der Schlacht wurde der Anführer Stoinef enthauptet und 700 Gefangene getötet. Mit dem Ende der Kämpfe im Herbst 955 endete auch die unruhige Periode um den Aufstand Liudolfs.
Nicht nur der Aufstand seines Sohnes schwächte zeitweise die Herrschaft Ottos, sondern es verstarben auch innerhalb kürzester Zeit wichtige Akteure, etwa Ottos Bruder Heinrich von Bayern. Konrad der Rote, der zwar nicht mehr Herzog, aber immer noch eine der bedeutendsten Personen des Ostfrankenreiches war, fiel in der Schlacht auf dem Lechfeld. Liudolf wurde nach Italien geschickt, um dort Berengar zu bekämpfen, doch erlag er einem Fieber und wurde bei Mainz begraben.
Damit waren Otto kurz nach seinem Triumph über den Aufstand plötzlich wichtige Strukturen des Reiches weggebrochen. Hinzu kam, dass die beiden ersten Söhne seiner zweiten Ehe jung gestorben und der dritte Sohn Otto erst Ende 955 zur Welt gekommen war.
Otto hatte nach der Lechfeldschlacht einen zweiten Versuch unternommen, das Reich zu konsolidieren, indem er die Reichskirche für seine Zwecke gegen die weltlichen Großen nutzbar gemacht hat. Besonders Ottos jüngerer Bruder Brun, der Erzbischof von Köln war, soll in der Hofkapelle Kleriker auf ihre spätere Tätigkeit als Reichsbischöfe vorbereitet haben. Der König konnte aber keineswegs allein über die Besetzung bischöflicher Ämter entscheiden. In die Hofkapelle wurden bevorzugt Söhne aus adligen Familien aufgenommen. Als kirchliche Würdenträger waren sie durch das Kirchenrecht geschützt und dem königlichen Einfluss größtenteils entzogen.
Die Reichskirche erhielt zahlreiche Schenkungen. Diese Schenkungen verpflichteten jedoch die Beschenkten zu erhöhtem Dienst für König und Reich. Neben der Versorgungsfunktion dienten die Reichsklöster und Bistümer dazu, die gottgewollte religiöse Ordnung zu verwirklichen, Gebetshilfe zu leisten und den christlichen Kult zu mehren.
Eine schwere Krankheit Ottos im Jahr 958 trug neben dem Aufstand des Liudolf zur schweren Krise des Reiches bei. Berengar II. nutzte sie, um die Festigung seiner Macht weiter zu betreiben und auch Rom und das Patrimonium Petri unter seinen Einfluss zu bringen. Er geriet dabei in Konflikt mit Papst Johannes XII, der Otto um Hilfe ersuchte.
Seinen Romzug bereitete der inzwischen wieder genesene König sorgfältig vor. Auf dem Hoftag zu Worms im Mai 961 ließ er seinen minderjährigen Sohn Otto II zum Mitkönig erheben. Zu Pfingsten 961 wurde Otto II in Aachen von den Lothringern gehuldigt und von den rheinischen Erzbischöfen zum König gesalbt.
Im August 961 brach Ottos Heerzug von Augsburg nach Italien auf und überquerte den Brennerpass nach Trient. Ziel war zunächst Pavia, wo Otto das Weihnachtsfest feierte. Berengar II und seine Anhänger zogen sich in Burgen zurück und mieden den offenen Kampf. Ohne sich aufhalten zu lassen, zog Otto nach Rom weiter.
Am 31. Januar 962 erreichte das Heer Rom. Am 2. Februar wurde Otto von Papst Johannes XII zum Kaiser gekrönt. Mit der Kaiserkrönung wurde eine Tradition für alle künftigen Kaiserkrönungen des Mittelalters begründet. Auch Adelheid wurde gesalbt und gekrönt und erhielt so den gleichen Rang. Dies war ein Novum: Keine einzige Gemahlin eines Karolingers war je zur Kaiserin gekrönt worden.
Eine Synode dokumentierte die Zusammenarbeit von Kaiser und Papst. In der Urkunde hob Papst Johannes XII nochmals die Verdienste Ottos hervor, die seine Erhebung zum Kaiser rechtfertigten: den Sieg über die Ungarn, aber auch die Bemühungen um die Bekehrung der Slawen. Einen Tag später stellte Otto das so genannte Ottonianum aus. Durch das Ottonianum wurde die Papstwahl geregelt; sie sollte dem Klerus und Volk von Rom obliegen. Geweiht werden durfte der Papst aber erst nach Ableistung eines Treueids auf den Kaiser. Nach der Kaiserkrönung begab sich Otto zurück nach Pavia, von wo aus er den Feldzug gegen Berengar leitete, der sich in die uneinnehmbare Burg San Leo bei San Marino zurückzog.
Offenbar über Ottos Machtwillen verstimmt, vollzog Johannes XII eine unerwartete Kehrtwende. Er empfing Berengars Sohn Adalbert in Rom und schloss mit ihm ein Bündnis gegen den Kaiser. Infolgedessen musste Otto im Oktober 963 die sich über den ganzen Sommer hinziehende Belagerung Berengars abbrechen und nach Rom eilen, um seinem Anspruch wieder Geltung zu verschaffen. Zum Kampf kam es jedoch nicht, Johannes und Adalbert flohen. Otto ließ sich gleich bei seinem Einzug von den Römern eidlich versichern, niemals einen Papst zu wählen oder zu weihen, bevor sie nicht die Zustimmung oder das Votum des Kaisers eingeholt hätten.
In Rom saß eine Synode im Beisein des Kaisers über den Papst zu Gericht. Papst Johannes XII antwortete brieflich mit der Androhung des Bannes gegen alle, die es wagen sollten, ihn abzusetzen. Als Reaktion ließ die Synode Johannes tatsächlich absetzen und erhob Leo VIII zum neuen Papst. Doch dem abgesetzten Papst gelang es, einen Aufstand der Römer gegen Otto und Leo VIII zu entfesseln, dessen der Kaiser zunächst Herr werden konnte. Nach seiner Abreise aus Rom nahmen die Römer jedoch Johannes XII wieder in der Stadt auf, und Leo VIII blieb nichts als die Flucht zum Kaiser. Eine Synode erklärte die Beschlüsse der vorherigen kaiserlichen Synode für ungültig und Leo VIII für abgesetzt. Noch bevor es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung kommen konnte, starb am 14. Mai 964 überraschend Johannes XII, und die Römer wählten dem kaiserlichen Verbot zum Trotz mit Benedikt V einen neuen Papst. Otto belagerte daraufhin im Juni 964 Rom und konnte nach wenigen Wochen in die Stadt einziehen. Dort inthronisierte er Leo VIII erneut und ließ Benedikt V nach Hamburg in die Verbannung schicken.
Nach der vorläufigen Ordnung der Verhältnisse kehrte Otto im Winter 965 in den nördlichen Reichsteil zurück. Sein Zug wurde von mehreren großen Hoffesten begleitet. Um der Hoffnung auf dynastische Kontinuität Ausdruck zu verleihen, wurde am 2. Februar in Worms, der Stätte der Königswahl Ottos II, der Jahrestag der Kaiserkrönung gefeiert. Wenige Wochen später beging Otto in Ingelheim das Osterfest. Ein großer Hoftag Anfang Juni in Köln, bei dem nahezu alle Mitglieder der Kaiserfamilie anwesend waren, bildete hierbei den Höhepunkt.
Am 1. Oktober wurde Papst Johannes XIII unter Billigung des ottonischen Hofes zum Nachfolger des inzwischen verstorbenen Leo VIII gewählt. Doch bereits zehn Wochen später wurde er von den Stadtrömern gefangen genommen und in Kampanien inhaftiert. Sein Hilferuf bewog Otto, erneut nach Italien zu ziehen. Er sollte die nächsten sechs Jahre dort verbringen.
So zog Otto mit einer Heeresmacht über Chur nach Italien. Die Rückführung des Papstes verlief am 14. November 966 ohne Widerstand. Im Jahr 967 reisten Kaiser und Papst Johannes XIII nach Ravenna und feierten dort das Osterfest.
Das neue Erzbistum Magdeburg diente vor allem der Ausbreitung des christlichen Glaubens und war von Anfang an die für Otto vorgesehene Grabstätte. Durch die schwierigen italienischen Verhältnisse konnte Otto allerdings die Errichtung des Erzbistums nicht persönlich miterleben. Erst im Frühjahr 973, viereinhalb Jahre nach ihrer Gründung, hat Otto das Erzbistum Magdeburg erstmals aufgesucht.
Otto verlegte seit 967 seinen Aktionsradius in den Raum südlich von Rom. Auf Zügen nach Benevent und Capua nahm er von den dortigen Herzögen Huldigungen entgegen. Da Byzanz die Oberhoheit über diese Gebiete beanspruchte und seine Herrscher sich als einzige legitime Träger des Kaisertitels sahen, verschärften sich die Konflikte mit Kaiser Nikephoros Phokas, der Otto vor allem seine Kontaktaufnahme mit Pandulf I. von Capua und Benevent übel nahm. Dennoch war der Byzantiner zunächst bereit, auf Frieden und Freundschaft einzugehen, woran auch Otto gelegen war, der überdies an eine purpurgeborene byzantinische Prinzessin als Braut für seinen Sohn und Nachfolger dachte. Otto versprach sich von der Eheverbindung mit der ruhmreichen makedonischen Dynastie Legitimation und Glanz für seinen Sohn und sein Haus. Um seine dynastischen Pläne zu fördern, forderte Otto in einem gemeinsam mit dem Papst verfassten Schreiben seinen Sohn auf, im Herbst 967 nach Rom zu reisen, um mit ihnen Weihnachten zu feiern.
Die Erhebung des jungen Otto wurde mit der Einladung beschlossen. Der Vater reiste ihm bis Verona entgegen. Drei Meilen vor der Stadt wurden Otto und sein Sohn von den Römern am 21. Dezember feierlich eingeholt, und am Weihnachtstag erhob Johannes XIII den jungen Otto II zum Mitkaiser. Die angestrebte Ehe sollte als Katalysator eine Klärung der offenen Fragen erzielen: des Zweikaiserproblems sowie der Regelung des Herrschaftsbereichs in Italien im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses, bei dem keine der Parteien einen Prestigeverlust hinnehmen musste. Aber erst als Nikephoros im Dezember 969 von Johannes Tzimiskes ermordet und ersetzt wurde, ging der neue byzantinische Kaiser auf die Brautwerbung der Ottonen ein und sandte seine Nichte Theophanu, eine dem Kaiserhaus entstammende Prinzessin, nach Rom. Im Jahre 972, gleich nach der Hochzeit, wurde Theophanu am 14. April vom Papst zur Kaiserin gekrönt. Mit einer Prunkurkunde wies Otto II als Mitkaiser seiner Gemahlin große Besitzungen zu. Nach den Hochzeitsfeierlichkeiten dauerte es nur wenige Monate, bis die kaiserliche Familie im August ins Reich zurückkehrte.
Im Frühjahr 973 besuchte der Kaiser Sachsen und feierte den Palmsonntag in Magdeburg. Diese Feier in Magdeburg stellte zugleich eine Ordnung wieder her, die im Vorjahr provokativ in Frage gestellt worden war. Der Sachsenherzog Hermann hatte sich von Erzbischof Adalbert wie ein König einholen lassen. In Ottos Pfalz hatte er dessen Platz an der Tafel eingenommen und gar im Bett des Königs geschlafen und schließlich noch dafür gesorgt, dass dies dem Kaiser gemeldet wurde. In der Usurpation des königlichen Empfangszeremoniells lag offenbar ein Protest gegen die lange Abwesenheit des Kaisers.
Das Osterfest am 23. März 973 in Quedlinburg zeigte den Kaiser auf dem Höhepunkt seiner Macht und die europäische Dimension seiner Herrschaft. In Quedlinburg empfing er Gesandte aus Dänemark, Polen und Ungarn, aus Byzanz, Unteritalien und Rom, aus Spanien. Für Christi Himmelfahrt gelangte Otto über Merseburg nach Pfalz Memleben. Hier erkrankte er schwer. Nach Fieberanfällen verlangte er die Sterbesakramente und starb am 7. Mai 973 an jenem Ort, wo bereits sein Vater gestorben war.
Otto wurde nach einem prunkvollen dreißigtägigen Leichenzug in Anwesenheit der Erzbischöfe Adalbert von Magdeburg und Gero von Köln im Magdeburger Dom an der Seite seiner 946 verstorbenen Frau Edgith beigesetzt.



OTTO II

Otto II war der Sohn des ostfränkischen Königs Otto I und dessen zweiter Gattin Adelheid von Burgund. Durch Wilhelm von Mainz, den späteren Bischof Volkold von Meißen und Ekkehard II von Sankt Gallen erhielt er eine umfassende literarische und geistige Bildung. Markgraf Hodo unterwies ihn im Kriegshandwerk und im Recht. Bereits als Sechsjähriger wurde er auf dem Hoftag zu Worms im Mai 961 von seinem Vater bei der Vorbereitung eines Zuges nach Italien zum Mitkönig gewählt und in Aachen gekrönt. Bis dahin war es im sächsischen Haus üblich gewesen, das Erreichen der Volljährigkeit abzuwarten, bevor man weitere Schritte unternahm.
Otto II wurde nach Aachen geleitet, wo ihm die Lothringer huldigten, und von den rheinischen Erzbischöfen Brun von Köln, Wilhelm von Mainz und Heinrich von Trier zum König gesalbt. Die beiden Erzbischöfe Brun und Wilhelm wurden zu Stellvertretern im Reich ernannt, mit denen der junge Otto nördlich der Alpen blieb. Nach dreijähriger Abwesenheit kehrte Ottos Vater Anfang 965 als Kaiser und König von Italien in sein angestammtes Reich zurück. Um der Hoffnung auf dynastische Kontinuität Ausdruck zu verleihen, wurde am 2. Februar 965 in Worms, der Stätte der Königswahl Ottos II, der Jahrestag der Kaiserkrönung gefeiert.
In Italien blieb die politische Situation auch nach der Kaiserkrönung Ottos I instabil. Der kaisertreue Papst Johannes XII konnte sich gegenüber dem stadtrömischen Adel nicht behaupten. Er wurde gefangengenommen, konnte jedoch fliehen und rief den Kaiser um Hilfe an. Nur anderthalb Jahre nach seiner Rückkehr zog Otto I erneut nach Italien. Elfjährig war Otto II seit Ende August 966 wieder auf sich selbst gestellt. Nach dem Tod Bruns verblieb der ältere Stiefbruder Wilhelm als alleiniger Regent. Nach der Kaiserkrönung musste Otto der Große auch sein Verhältnis zum älteren oströmisch-byzantinischen Kaisertum klären. Im Zuge der Auseinandersetzung um den Kaisertitel galt es für Byzanz, die staatsrechtliche Situation und die Herrschaftsteilung zwischen den beiden Reichen zu regeln. Faktisch beherrschte Byzanz nur einen kleinen Bereich im Süden der italienischen Halbinsel. Die Oberhoheit über die beiden Fürstentümer Capua und Benevent war seit langem umstritten. Ein Ehebündnis zwischen den beiden Mächten sollte sowohl das Zweikaiserproblem lösen als auch den Umfang des jeweiligen Herrschaftsbereichs in Italien im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses klären. Gewahrt werden musste dabei auch das Prestige der beiden Parteien. In Ottos I politischem Denken bildete die Kaiserkrönung seines Sohnes eine wichtige Voraussetzung für die angestrebte Ehe mit einer purpurgeborenen byzantinischen Kaisertochter. Otto versprach sich von der Eheverbindung mit der ruhmreichen makedonischen Dynastie Legitimation und Glanz für seinen Sohn und sein Haus. Um seine dynastischen Pläne zu fördern, forderte Otto in einem gemeinsam mit dem Papst verfassten Schreiben seinen Sohn auf, im Herbst 967 nach Rom zu reisen, um mit ihnen Weihnachten zu feiern. Durch den Weggang Ottos II nach Italien und den Tod Wilhelms von Mainz im März 968 und der Königin Mathilde entstand in Sachsen ein Machtvakuum. Dies blieb nicht ohne Folgen für die Herrschaftskonzeption: Erstmals seit 919 wurde die königliche Präsenz in Sachsen für einen längeren Zeitraum unterbrochen.
Otto trat von Augsburg aus den Zug über den Brenner an. Im Oktober 967 trafen Vater und Sohn in Verona zusammen und zogen gemeinsam über Ravenna nach Rom. Am 25. Dezember 967 wurde Otto II in Rom zum Mitkaiser gekrönt. Damit war die Weitergabe des von seinem Vater geschaffenen Imperiums und der Kaiserkrone gesichert. Die Verhandlungen für die Vermählung Ottos II mit einer byzantinischen Prinzessin begannen 967. 972 wurde ein Heirats- und Friedensabkommen geschlossen. Die Wahl des Kaisers Johannes Tzimiskes fiel auf seine Nichte Theophanu. Am 14. April 972 wurde Theophanu mit Otto vermählt und zur Kaiserin gekrönt. Dies bedeutete die Anerkennung des westlichen Kaisertums durch Byzanz. Dadurch entspannte sich die Situation in den südlichen Teilen Italiens.
Auch nach der Kaiserkrönung blieb Otto im Schatten seines übermächtigen Vaters. Ihm wurde administratives Handeln in eigener Verantwortung verwehrt. Anders als dessen früher Sohn Liudolf, der 950 das Herzogtum Schwaben erhalten hatte, wurde Otto von seinem Vater nach dem Eintritt in die Mündigkeit kein abgegrenzter Bereich eigener Zuständigkeit überlassen. Nach der Kaiserkrönung blieb er auf den nordalpinen Teil des Reichs beschränkt. Die von Otto II benutzten Kaisersiegel bis zum Jahre 973 fielen schon in den äußeren Proportionen kleiner aus als diejenigen des Vaters. Der junge Kaiser erhielt keine eigene Kanzlei und auch die inhaltliche Reichweite seiner wenigen Königsurkunden blieb gering. Im August 972 kehrte Otto II nach fünf Jahren Abwesenheit mit seinen Eltern in die Heimat zurück. In den folgenden neun Monaten, in denen der Vater noch lebte, sind sechzehn Privilegien von Otto I, aber nur vier von Otto II überliefert. In den ersten beiden Urkunden tritt der Sohn als Co-Imperator Augustus auf, wodurch man beide Kaiser zumindest im Titel auf eine Stufe stellte. Doch wurde dieser Titel in den folgenden Urkunden wieder fallen gelassen.
Als Otto der Große am 7. Mai 973 starb, waren die Weichen für eine reibungslose Nachfolge schon lange gestellt. Otto II war seit zwölf Jahren König und seit fünf Jahren Kaiser. Anders als sein Vater hatte er auch keinen Bruder, der ihm die Herrschaft hätte streitig machen können. Am Morgen des 8. Mai wurde ihm von den anwesenden Großen gehuldigt. Widukind parallelisiert diese Wahl zum Oberhaupt mit dem Herrschaftsantritt seines Vaters 936 in Aachen. Als eine seiner ersten Handlungen bestätigte Otto die Besitzungen und Rechte des Erzbistums Magdeburg. In den ersten drei Monaten seiner Herrschaft traf Otto mit den Erzbischöfen des Reiches, den Herzögen und vielen Bischöfen zusammen. Er besuchte die Zentralorte des Königtums in Sachsen, Franken und Niederlothringen. Über Werla und Fritzlar zog er nach Worms, wo der erste große Hoftag einberufen wurde. In Worms begrüßten ihn die Erzbischöfe Dietrich von Trier, Adalbert von Magdeburg, Friedrich von Salzburg, die Bischöfe Dietrich von Metz, Wolfgang von Regensburg, Abraham von Freising und Pilgrim von Passau. Einen Monat später fand in Aachen am Ort der Königskrönung ein weiterer Hoftag statt. In Magdeburg feierte Otto das Fest des heiligen Laurentius.
Obwohl der Herrschaftsübergang reibungslos abgelaufen war, musste über die zukünftige Verteilung von Macht neu entschieden werden. In der sächsischen Adelslandschaft bestanden die Widerstände gegen die Gründungen der Bistümer an der Ostgrenze unter Otto dem Großen fort. Die Regelung vieler Details, von der genauen Grenzziehung bis zur Ausstattung der Bistümer, blieb Otto II überlassen. Unter seinen Beratern besaß nur Bischof Dietrich von Metz aus der älteren Generation eine herausragende Stellung. Bei seinen anderen Beratern handelte es sich meist um Personen, die nicht unbedingt Rückhalt in mächtigen Verwandtschaftskreisen besaßen. Willigis war, obwohl er nicht aus einer angeseheneren Familie entstammte, bereits mit dem jungen Mitkaiser in Italien gewesen und seit 971 Erzkanzler. Im Jahre 975 wurde er von Otto zum Erzbischof von Mainz erhoben. Auch Hildebald, der 977 die Leitung der Kanzlei erhielt und dem 979 zusätzlich das Bistum Worms übergeben wurde, gehörte nicht zu einer der ersten Familien des Reiches.
Die unsicheren Verhältnisse in Italien waren von Otto I nicht geklärt worden. In Rom erhoben die Adligen gegen den 972 gewählten Papst Benedikt VI den Gegenpapst Bonifaz VII. Wenig später wurde Benedikt in der Engelsburg ermordet. Durch den Herrscherwechsel musste das Verhältnis zu den auswärtigen Königen und Fürsten neu austariert werden. In den ersten sieben Jahren war Otto damit beschäftigt, die königliche Macht gegenüber inneren und äußeren Gegnern zu behaupten. Die Konflikte in den Anfangsjahren führten zu einer Änderung der Titulatur. Am 29. April 974 tauchte für die Kaiserin die neue Titulatur Co-Imperatrix Augusta auf. Sie sollte Theophanu nach byzantinischem Vorbild bei einer Thronvakanz das Recht zur Nachfolge sichern. Theophanu trug damit einen Titel, den vor ihr und nach ihr keine zweite lateinische Kaiserin führte. In dieser Zeit vollzog Otto eine grundlegende Neuordnung der Besitzverhältnisse unter den Frauen des kaiserlichen Hofes. Theophanu erhielt reichen Besitz in Nordhessen und in Thüringen. Auch seine Schwester Mathilde von Quedlinburg und seine Mutter, die Kaiserin Adelheid, empfingen Schenkungen, allerdings weniger als seine Gattin.
Um mit der jüngeren Linie der Nachkommen des Dynastiegründers Heinrich I einen Ausgleich zu schaffen, schenkte Otto II 973 seinem Vetter, Herzog Heinrich dem Zänker von Bayern, die ottonische Königsburg Bamberg und den Ort Stegaurach mit allem Zubehör. Dennoch versuchte Heinrich der Zänker in Bayern die ihm von Otto I eingeräumte königsgleiche Stellung zu intensivieren und seinen Einfluss auf Schwaben auszuweiten. Nach dem Tod des Bischofs Ulrich von Augsburg 973 war Abt Werner von Fulda, ein Vertrauter von Otto I und wichtiger Berater Ottos II, als Nachfolger vorgesehen. Doch betrieben Heinrich der Zänker und sein Schwager Burchard III von Schwaben ohne Rücksprache mit Otto und unter Täuschung des Domkapitels die Erhebung von Heinrichs gleichnamigem Vetter zum neuen Augsburger Bischof. Dieser Wahl stimmte Otto II nachträglich zu.
Nach dem Tod des Herzogs Burchard von Schwaben im November 973 sah sich dessen Witwe Hadwig als Erbin der Herzogsgewalt. Doch Otto setzte sich über ihre Ansprüche hinweg und bestimmte seinen Neffen Otto zum Nachfolger, den Sohn seines Halbbruders Liudolf, einen Gegner der bayerischen Liudolfinger. Otto wich damit nicht von dem Prinzip ab, wichtige Würden im Reich mit Verwandten des Kaiserhauses zu besetzen.
In dieser Zeit war es aber zum Zerwürfnis zwischen Otto und seiner Mutter Adelheid gekommen. Sie hatte ihren Sohn seit der Beisetzung Ottos I bis Ostern 974 ständig auf dem Umzug im Reich begleitet. Ein letztes Zusammentreffen kurz vor Pfingsten zur gütlichen Verständigung mit Adelheid, Herzog Heinrich und dessen Berater, Bischof Abraham von Freising, scheiterte. Adelheid zog sich von Ottos Hof zurück. Da sie jedoch erst 978 in ihre burgundische Heimat zurückkehrte, trugen noch zusätzliche Konflikte zum Zerwürfnis mit ihrem Sohn bei.
Die Herzogserhebung Ottos fasste Heinrich der Zänker offensichtlich als Angriff auf seine königsgleiche Stellung auf. Er und sein Berater Bischof Abraham von Freising verschworen sich mit den Herzögen Mieszko von Polen und Boleslaw von Böhmen gegen den Kaiser. Heinrich beabsichtigte zunächst nur die Wiederherstellung seiner Ehre und seiner Stellung neben Adelheid als einflussreichster Berater. Als Reaktion auf die Verschwörung sandte Otto den Bischof Poppo von Würzburg und den Grafen Gebhard zu Heinrich dem Zänker und lud ihn und alle seine Anhänger zu einem Hoftag. Sollten diese sich weigern, wurde ihnen die Exkommunikation angedroht. Der Aufforderung leistete Heinrich Folge. Er unterwarf sich Otto, noch bevor es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kam. Dennoch wurden beide hart bestraft. Der Herzog wurde in Ingelheim inhaftiert, Bischof Abraham von Freising in Corvey.
976 kehrte Heinrich nach Bayern zurück. Er führte sogleich den Konflikt gegen Otto fort, er beanspruchte die Herrschaft Ottos. Heinrich setzte nicht nur Regensburg in Verteidigungsbereitschaft, sondern mobilisierte auch im sächsischen Adel seinen starken Anhang. Otto zog daraufhin mit einem Heer nach Bayern, belagerte Regensburg, wo sich Heinrich verteidigte. Die Bischöfe im kaiserlichen Heer exkommunizierten den Herzog. Der Belagerung konnte Heinrich nicht standhalten, und er floh zum Böhmenherzog Boleslaw.
In Regensburg traf Otto im Juli 976 weitreichende Entscheidungen zur Neuordnung der süddeutschen Herzogtümer. Bayern wurde in seinem territorialen Bestand um fast ein Drittel verkleinert. Als Folge dieser Maßnahme wurde das Herzogtum Kärnten neu geschaffen. Durch Entzug der Grafschaften Verona und Friaul büßten die bayerischen Herzöge auch ihren erheblichen Einfluss in Oberitalien und auf die königliche Italienpolitik ein. Durch die Einsetzung seines Neffen Otto von Schwaben und des Luitpoldingers Heinrich förderte Otto aber auch Leute, die nicht zu den Begünstigten seines Vaters gehörten oder gar gegen ihn gekämpft hatten.
Ein erster Zug nach Böhmen scheiterte, doch gelang es Otto durch einen weiteren Zug, Boleslaw im August 977 zur Unterwerfung zu zwingen. Währenddessen hatte Heinrich der Zänker mit böhmischer Unterstützung und seinem luitpoldingischen Verwandten Heinrich von Kärnten, den soeben erhobenen Herzog in Kärnten, Passau besetzt. Auch Bischof Heinrich von Augsburg hatte sich der Erhebung angeschlossen. Otto zog deshalb von Böhmen nach Passau und konnte nach langer Belagerung seine Gegner zur Unterwerfung zwingen. Die Aufständischen wurden aufgefordert, zum Osterhoftag 978 in Quedlinburg zu erscheinen. Boleslaw wurde ehrenvoll behandelt, gelobte Treue und wurde mit königlichen Geschenken geehrt. Bischof Heinrich wurde ins Kloster Werden geschickt und nach vier Monaten wieder freigelassen. Heinrich der Zänker kam jedoch bis zum Tode Ottos nicht mehr frei. Er wurde zu Bischof Folcmar in Utrecht in Haft geschickt.
Otto griff in die Struktur des bayerischen Regnums ein und strebte eine hierarchische Unterordnung des Herzogs unter die kaiserliche Autorität an. Der Sohn des Zänkers, der spätere Kaiser Heinrich II, wurde der Hildesheimer Domschule zur Ausbildung für die geistliche Laufbahn übergeben. Otto beabsichtigte, die weltliche Herrschaft der bayerischen Liudolfinger endgültig zu beenden. In Bayern musste Otto die Macht neu verteilen. Otto von Schwaben behielt das verkleinerte Bayern. Das neue Herzogtum Kärnten wurde an den salischen Neffen Otto von Worms vergeben. In Bayern und Kärnten walteten nun Herzöge, die keine eigene Machtbasis in ihrem Amtsbereich besaßen. Zu Ottos Neuordnung im Südosten gehörte auch die Gründung des Bistums Prag im Jahre 976, das in die Kirchenprovinz seines Vertrauten Willigis von Mainz eingegliedert wurde. Als ersten Bischof ernannte er den Corveyer Mönch Dietmar. Bayern blieb jedoch auch unter Otto eine Fernzone der Königsherrschaft. Der Kaiser suchte Bayern lediglich dreimal auf, in allen Fällen standen diese Besuche unter kriegerischen Vorzeichen.
Der Dänenkönig Harald Blauzahn edrkannte die Oberhoheit Ottos des Großen an und war zum Christentum übergetreten. Gegenüber Ottos Vater hatte Harald alle seine Verpflichtungen erfüllt und Tribut entrichtet. Mittlerweile hatte er jedoch seine Herrschaft über Norwegen ausgedehnt. Angesichts seines Altersvorrangs und seiner gesteigerten Macht war er nicht bereit, dem jungen Herrscher wie einst dem Vater zu dienen. Im Sommer 974 fiel er in Nordalbingien ein. Von norwegischen Scharen unter Jarl Hakon unterstützt, drang er über den dänischen Schutzwall, das Danewerk, nach Süden vor. Ein erster Gegenangriff Ottos scheiterte vor dem von Jarl Hakon und den Norwegern zäh verteidigten Danewerk. Erst im Herbst, als die Norweger wieder nach Norden abgesegelt waren, gelang Otto der Durchbruch. Durch ein kastellartiges Tor im dänischen Befestigungswall hatte der Kaiser jederzeit Zugang zum Königreich Haralds. Doch war Harald auf keinem Hoftag Ottos.
Bereits vor den Konflikten im Süden des Reiches war es zu Streitigkeiten im Westen gekommen. Die Brüder Reginar IV und Lambert aus der lothringischen Herzogsfamilie der Reginare nahmen 973 den Kampf um ihr väterliches Erbe auf. Ihr Vater Reginar III hatte 958 nach einer Empörung gegen den König alle Güter verloren und war zu lebenslangem Exil beim Böhmenherzog verurteilt wurden. Otto II hatte 973 anlässlich der Huldigung der lothringischen Großen Ämter und Lehen vergeben. Otto hielt an der Entscheidung seines Vaters fest und enttäuschte somit die beiden Söhne, die sich Hoffnungen auf einen Neubeginn gemacht hatten. Reginar und Lambert kehrten im Herbst 973 zurück, um sich ihr Erbe gewaltsam zurückzuholen. 976 wiederholten sie den Versuch, unterstützt wurden sie dieses Mal vom westfränkischen König Lothar. Um die Situation in Lothringen zu beruhigen, wurde auf einem Hoftag Mitte Mai 977 in Diedenhofen Reginar und Lambert der alte Familienbesitz zurückerstattet. Außerdem wurde der Karolinger Karl mit dem Herzogtum Niederlothringen belehnt und der Kanzler Egbert zum Erzbischof von Trier eingesetzt.
Als sich im Juni 978 Otto mit Theophanu in Aachen aufhielt, fiel überraschend Lothar in Niederlothringen ein. Der Grund war die Ernennung seines Bruders Karl zum Herzog von Lothringen, da Lothar mit ihm in unversöhnlichem Streit stand. Otto war so überrascht, dass er sich zu Pferd vom Herannahen des westfränkischen Heers überzeugte. Das Kaiserpaar konnte sich durch Flucht nach Köln retten. Doch Lothar sicherte sich in Lothringen weder Machtpositionen noch versuchte er, die Herrschaft zu ergreifen. Er beließ es bei einer symbolträchtigen Demonstration: Seine Krieger drehten einen auf der Pfalz Karls des Großen angebrachten Adler in die entgegengesetzte Richtung. Bei der Reichsversammlung in Dortmund Mitte Juli beschloss Otto einen Feldzug gegen das Westfrankenreich. Noch im Herbst desselben Jahres wurde das Unternehmen begonnen. Otto sammelte ein Heer und fiel nun in das Westreich ein. Die Belagerung von Paris musste er wegen des Wintereinbruchs abbrechen. Der Kaiser begnügte sich damit, auf dem Montmartre das Heer zu einer Siegesfeier antreten zu lassen und durch die Geistlichkeit das Halleluja anzustimmen. Durch den Feldzug nach Paris hatte Otto seine Ehre wiederhergestellt. 980 kam es zu Verhandlungen über eine Aussöhnung. Beide Herrscher trafen in Margut-sur-Chiers zusammen und stellten den Frieden durch ein Freundschaftsbündnis wieder her. Otto zog von dort nach Aachen, wo er über Pfingsten Hof hielt. Von Aachen wandte er sich nach Nimwegen. Auf dem Weg dorthin gebar die Kaiserin Theophanu im Königsforst Kessel bei Kleve – nach den drei Töchtern Adelheid, Sophia und Mathilde – den Thronfolger Otto. Danach kehrte Otto nach Sachsen zurück, wo er Memleben eine große Stiftung
Nachdem Otto seine Herrschaft nördlich der Alpen gefestigt hatte, und nach der Geburt des Thronfolgers, rückte Italien in den Mittelpunkt. 979 war die Stellung des Papstes Benedikt VII bedroht, der sich aus Rom zurückziehen musste und sich an den Kaiser wandte. Otto II reiste mit Theophanu und seinem Sohn Otto, jedoch ohne größeres Heer, nach Italien. Als Stellvertreter im Reich wurde der Mainzer Erzbischof Willigis ernannt. Im fränkischen Bruchsal wurden im Oktober 980 letzte Regelungen für die Gebiete nördlich der Alpen getroffen und erste italienische Delegationen empfangen. Der Kaiser zog mit seinem Gefolge von Chur und Chiavenna nach Italien. In Pavia erfolgte die Versöhnung des Kaisers mit seiner Mutter Adelheid. In dieser Zeit war auch der Erzbischof Adalbero von Reims im Gefolge mit Gerbert von Aurillac, einem der berühmtesten Gelehrten seiner Zeit, gekommen. Der ganze Hof fuhr nach Pavia, um dort das Weihnachtsfest zu feiern. In Ravenna eröffnete der Kaiser ein wissenschaftliches Streitgespräch über die Einteilung der Wissenschaften zwischen Gerbert und dem ehemaligen Leiter der Magdeburger Domschule, Ohtrich, der in dieser Zeit Dienst in der Hofkapelle tat. Ohtrich war Gerbert wissenschaftlich aber nicht gewachsen. In Rom traf Otto zu Fastenbeginn ein. Ohne Schwierigkeiten konnte Otto Papst Benedikt VII nach Rom zurückführen. Der Gegenpapst floh nach Byzanz. In Rom wurde zu Ostern 981 ein prunkvoller Hoftag abgehalten, zu dem sich beide Kaiserinnen und Ottos Schwester Mathilde, dazu König Konrad von Burgund und dessen Gemahlin Mathilde, ferner Herzog Hugo Capet von Franzien, Herzog Otto von Schwaben, sowie hohe weltliche und geistliche Würdenträger aus Deutschland, Italien und Frankreich trafen. In der Sommerhitze zog sich Otto mit seinem Hof zunächst an den Südrand des Apennin zurück, dann im August in die zentralen Abruzzen.
Der Einfluss Theophanus auf Ottos Süditalienpolitik war groß. Seine Kaiseridee gründete sich nicht nur auf die Herrschaft in und über Rom oder auf die Zusammenarbeit mit dem Papsttum, sondern zielte auf die uneingeschränkte Herrschaft über ganz Italien. Seinen Anspruch auf die Herrschaft über Süditalien untermauerte er durch die Annahme eines neuen Titels: „Romanorum Imperator Augustus“ („erhabener Kaiser der Römer“). Otto strebte die vollständige Unterwerfung Süditaliens unter seiner Kaiserherrschaft an. Doch dies bedeutete Krieg mit Byzanz und den Sarazenen, die Süditalien als ihren Machtbereich beanspruchten. In Byzanz hatte es allerdings innere Wirren um die Herrschaft gegeben. Kaiser Johannes Tzimiskes war 976 gestorben. Seine Familie, zu der auch Ottos Gemahlin Theophanu gehörte, wurde von den neuen Machthabern verfolgt. Dafür rückten seit 976 die Sarazenen immer weiter nach Kalabrien vor.
In Auseinandersetzung mit den byzantinischen Amtsträgern in Süditalien hatte der langobardische Fürst Pandulf Eisenkopf zur Zeit Ottos I einen Machtbereich aufgebaut, der das Fürstentum Capua, das Herzogtum Benevent, das Herzogtum Spoleto und die Markgrafschaft Camerino umfasste. Pandulf hatte dem Kaiser Otto I gehuldigt, war jedoch im Frühjahr 981 gestorben. Damit hatte der Kaiser eine der wichtigsten Stützen seiner Herrschaft in Mittelitalien verloren. Der Zerfall des gesamten Machtblocks drohte, denn Byzanz hatte seine Ansprüche auf die Oberhoheit über die langobardischen Fürstentümer nicht aufgegeben. Otto II versuchte nach dem Tod Pandulfs, die langobardischen Fürstentümer politisch wie kirchlich seiner Herrschaft zu unterwerfen. Bei zahlreichen Aufenthalten sprach er Recht und griff in das herrschaftliche Gefüge ein.
Auch das Verhältnis zu Venedig wurde neu geordnet. Der Doge Pietro IV hatte sich an Otto I angelehnt, der ihn wiederum dazu veranlasst hatte, ihm Tribut zu leisten. Doch im August 976 war Pietro IV ermordet worden. Seither beherrschten wechselnde Gruppierungen Venedig. Als die weiterhin Otto II loyale Familie Coloprini mit den pro-byzantinischen Morosini und Orseolo in Konflikt geriet, wandte sie sich an Otto. Otto berhängte nach seiner Ankunft in Italien eine Handelsblockade gegen die Inselrepublik. Während die erste im Januar oder Februar 981 angeordnete Handelsblockade kaum Wirkung zeigte, fügte die zweite, die im Juli 983 verhängt wurde, Venedig erhebliche Schäden zu und spaltete die herrschenden Familien der Republik. Die Unterwerfung Venedigs unter das Imperium schien nicht mehr unmöglich zu sein, wurde aber durch den frühen Tod Ottos II verhindert.
Mönchtum und Klöster nahmen in der Herrschaft Ottos eine bedeutende Stellung ein. Otto stärkte ihre rechtliche Integrität und wirtschaftliche Unabhängigkeit gegenüber Adel und Episkopat. Unter Otto und Theophanu wurde Memleben durch die Gründung einer Benediktinerabtei aufgewertet. Das Kloster wurde reich mit Grundbesitz, Kirchen und Zehntrechten ausgestattet. Diese Maßnahmen und die ungewöhnliche Größe des Baus deuteten darauf hin, dass Memleben als Grabkirche des Kaiserpaares gedacht war.
Nach der Niederschlagung der Aufstände Heinrichs des Zänkers wurden die Klöster als Verwahrstätten für Hochverräter herangezogen. Während sein Vater in 37 Regierungsjahren mit Sankt Mauritius in Magdeburg nur ein einziges Kloster gegründet hatte, darf Otto II für mindestens vier Klöster den Rang des Gründers oder Mitstifters beanspruchen. Die aktive Einbindung des Mönchtums in die kaiserliche Politik bildete geradezu eine Grundkonstante in Ottos Verhältnis zum Klosterwesen, dessen Vertreter er mit zentralen politischen Funktionen betraute.
Otto zählte bedeutende Mönche wie Ekkehard von Sankt Gallen, Majolus von Cluny, Johannes Philagathos und Gregor von Cassano zu seinen politischen Beratern. Das Kloster Sankt Gallen wurde von Otto mit einer lebenslangen Fürsorge bedacht. Bereits in seinen ersten Regierungsjahren beabsichtigte Otto aus Sorge um sein Seelenheil und das seiner Gemahlin Theophanu, Bruder der Mönche zu werden. Durch das Diplom vom 19. Januar 976 fand Otto Aufnahme in der Gebetsbruderschaft des Klosters Sankt Bavo. Damit war Otto gleichzeitig eine Gebetsbruderschaft mit dem Mönchskonvent eingegangen. 977 schloss ebenfalls das Nachbarkloster Blandigni eine Gebetsverbrüderung mit ihm.
In Italien berief Otto 982 drei enge Vertraute zu Äbten. Wohl im Spätsommer 982 wurde Gerbert von Aurillac Abt im Kloster Bobbio. Im selben Jahr wurde der kaiserliche Erzkanzler für Italien, Johannes Philagathos, in Nonantola zum Abt berufen, in Farfa erhielt Ende 982 Adam von Casa Aurea dieses Amt.
Grund für ein militärisches Unternehmen in Süditalien waren die Angriffe der Sarazenen unter der Führung des Emirs Abu al-Qasim auf das süditalienische Festland. Durch den Tod des Pandulf Eisenkopf vergrößerte sich die von ihnen ausgehende Gefahr. Der Zug nach Süden wurde sorgfältig vorbereitet. Von geistlichen und weltlichen Großen aus Lothringen, Franken, Schwaben und Bayern wurden insgesamt 2100 Panzerreiter aufgeboten. Dabei wurden achtzig Prozent des Kontingents von geistlichen Institutionen gestellt.
Der Feldzug begann am Tag des Heiligen Mauritius. Otto konnte zunächst Salerno einnehmen, wo er das Weihnachtsfest feierte. Als Zeichen seiner hegemonialen Stellung und der Legitimität seines Vorstoßes auf byzantinisches Gebiet nahm er während der Belagerung Tarents im März 982 den Titel eines Kaisers der Römer, Romanorum Imperator Augustus, an. Dieser Kaisertitel sollte nach der Kaiserkrönung Ottos III für alle westlichen Kaiser üblich werden. In Tarent feierte der Kaiser das Osterfest. In Rossano ließ er seine Gemahlin Theophanu und den Hofstaat zurück, da nun ein Zusammenstoß mit den Truppen des Emirs Abu al-Qasim drohte. Am 15. Juli 982 kam es zur Schlacht am Kap Colonna. Zunächst war das ottonische Heer erfolgreich, der Emir fiel. Als sich die Schlachtreihen auflösten, griffen jedoch sarazenische Reserven ein und vernichteten die kaiserlichen Truppen fast vollständig. Der Kaiser selbst geriet in höchste Lebensgefahr und konnte sich nur durch die Flucht auf ein byzantinisches Schiff retten. Nur knapp entging er dem Versuch der Schiffsbesatzung, ihn als Geisel zu nehmen. Otto gelang es vor Rossano, vom Schiff zu springen. Schwimmend erreichte er das rettende Ufer. Allein durch die Hilfe eines Mainzer Juden, der ihm ein Pferd überließ, konnte er entkommen.
Die Sarazenen nutzten jedoch ihren Erfolg nicht zum weiteren Vordringen, sondern zogen sich nach Sizilien zurück. Otto zog sich über Capaccio, Salerno und Capua nach Rom zurück, wo er mehrere Monate blieb und auch das Weihnachts- sowie das Osterfest feierte.
Nach Erhalt der Unglücksbotschaft verlangten die im Reich verbliebenen Großen ein Treffen mit dem Kaiser. Zu Pfingsten 983 wurde ein Hoftag in Verona einberufen. Dort wurden die Herzogtümer Bayern und Schwaben neu besetzt. Nahezu alle in Verona gefassten Beschlüsse brachten der Fürstenopposition einen Machtgewinn. Deutlichstes Indiz war die Erhebung des bisher in der Verbannung befindlichen Luitpoldingers Heinrich des Jüngeren, eines Rebellen von 977, zum Herzog von Bayern. Das Herzogtum Schwaben erhielt Konrad aus dem Geschlecht der Konradiner. Der Tscheche Voitech, mit Taufnamen Adalbert, wurde zum Bischof von Prag bestellt und am 3. Juni vom Kaiser mit dem Stab investiert. Am 7. Juni wurden mit Venedig umfassende Abmachungen getroffen. Seeblockade und Handelskrieg wurden beigelegt. Die wichtigste Entscheidung der Großen Italiens und Deutschlands war die Wahl des dreijährigen Otto III zum König. Otto III war der einzige römisch-deutsche König, der südlich der Alpen gewählt wurde. Mit den abziehenden Teilnehmern des Hoftages wurde das Kind über die Alpen geleitet, um am traditionellen Krönungsort der Ottonen, in Aachen, die Königsweihe zu empfangen.
983 erhoben sich die slawischen Stämme östlich der Elbe. Der Abodritenfürst Mistui vernichtete das Bistum Oldenburg und zerstörte Hamburg. Am 29. Juni wurde Havelberg überfallen, drei Tage später Brandenburg. Beide Bischofssitze mit ihren Kirchen wurden zerstört.
Einem sächsischen Heer unter der Führung des Erzbischofs Giselher von Magdeburg und des Bischofs Hildeward von Halberstadt gelang es in der Schlacht an der Tanger, den Vorstoß auf Magdeburg abzuwehren und die Slawen zum Rückzug über die Elbe zu zwingen. Die Erfolge christlicher Missionspolitik wurden zunichtegemacht, und die politische Kontrolle der Gebiete östlich der Elbe ging verloren. In kürzester Zeit war das Missionswerk Ottos I vernichtet. Das Gebiet der Slawen blieb, abgesehen vom sorbischen Bereich, für ein Jahrhundert der Christianisierung verschlossen.
Im September ging Otto nach Rom, um dort einen Nachfolger für den im Juli verstorbenen Papst Benedikt VII zu erheben. Mit seinem Kanzler Bischof Petrus von Pavia wurde eine Persönlichkeit Papst, die nicht aus dem Umfeld der römischen Kirche stammte.
Eine Malariainfektion verhinderte die erneute Aufnahme der militärischen Aktivitäten in Süditalien und führte zum Tod des Kaisers. Völlig unerwartet starb er im Alter von 28 Jahren am 7. Dezember 983.
Otto verblieb lediglich noch die Zeit, sein Geld aufzuteilen. Er schenkte einen Teil seiner Mittel den Kirchen, den Armen, seiner Mutter, seiner Schwester Mathilde sowie seinen Dienern und adligen Gefolgsleuten. Vorbereitungen oder längerfristige Pläne zur Bestattung sind nicht bekannt. Von den Getreuen wurde Otto in der Vorhalle von Sankt Peter beigesetzt. Anders als seine Vorgänger und Nachfolger fand er seine letzte Ruhestätte in der Fremde und nicht an einem Ort, den er selbst gestiftet oder reich ausgestattet hatte, um seine Memoria liturgisch zu sichern.
Der dreijährige Sohn Otto III wurde drei Wochen nach dem Tod seines Vaters am Weihnachtsfest des Jahres 983 in Aachen zum König geweiht. Während die Konsekration durchgeführt wurde, traf die Nachricht vom Tod seines Vaters ein. Währenddessen weilten die Kaiserinnen Theophanu und Adelheid sowie Ottos Tante Mathilde ein halbes Jahr in Italien und kehrten erst zurück, als sich eine Lösung in der Nachfolge abzeichnete.
Für die Zeit der Regentschaft wurde Theophanu die wichtigste der Dominae Imperiales. Einmal zog sie während ihrer Regentschaft nach Italien. Am 7. Dezember 989, dem Todestag ihres Gatten, weilte sie an seinem Grab und kümmerte sich um seine Memoria. Nach Theophanus Tod 991 übernahm Adelheid die Regentschaft für Otto III. Die Regentschaft der Kaiserinnen blieb von größeren Konflikten verschont. Ihrer wichtigsten Herrscheraufgabe, der Friedenswahrung, wurden sie gerecht.



OTTO III

Die Eltern Ottos III waren Kaiser Otto II und dessen byzantinische Frau Kaiserin Theophanu. Er wurde 980 auf der Reise von Aachen nach Nimwegen im Ketilwald geboren. Er hatte mit Adelheid, Sophia und Mathilde drei Schwestern.
Im Juli 982 wurde das Heer seines Vaters in der Schlacht am Kap Colonna von Sarazenen vernichtend geschlagen. Der Kaiser konnte nur mit Mühe entkommen. Da wurde zu Pfingsten 983 ein Hoftag zu Verona einberufen, dessen wichtigste Entscheidung die Königswahl Ottos III war. Es war zugleich die einzige auf italischem Boden vollzogene Königswahl. Mit den abziehenden Teilnehmern des Hoftages reiste Otto III über die Alpen, um am traditionellen Krönungsort der Ottonen, in Aachen, die Königsweihe zu empfangen. Als er dort am Weihnachtsfest 983 von den Erzbischöfen Willigis von Mainz und Johannes von Ravenna zum König gekrönt wurde, war sein Vater bereits seit drei Wochen tot. Kurz nach den Krönungsfeierlichkeiten traf die Todesnachricht ein und machte dem Freudenfest ein Ende.
Der Tod Ottos II führte sowohl in Italien als auch im Osten des Reiches zu Erhebungen gegen ottonische Herrschaftsträger. Östlich der Elbe machte 983 ein Slawenaufstand die Erfolge christlicher Missionspolitik zunichte.
Als Angehöriger der bayerischen Linie war Heinrich der Zänker der nächste männliche Verwandte. Der wegen mehrerer Rebellionen gegen Otto II in Utrecht in Haft sitzende Heinrich wurde sofort nach dem Tod Ottos von Bischof Folcmar von Utrecht freigelassen. Erzbischof Warin von Köln übergab ihm nach dem Verwandtschaftsrecht den soeben gekrönten, sehr jungen König. Hiergegen gab es keinen Widerspruch, da sich außer Ottos Mutter Theophanu auch seine Großmutter Adelheid und seine Tante Mathilde noch in Italien aufhielten.
Doch der Zänker strebte weniger nach der Vormundschaft für das Kind als vielmehr nach der Übernahme der Königsherrschaft. Heinrich versuchte durch Freundschaft und Schwureinung Netzwerke zu bilden. Sofort vereinbarte er ein Treffen in Breisach mit dem Ziel, ein Freundschaftsbündnis mit dem westfränkischen König Lothar zu schließen, der in gleichem Grade wie er mit dem jungen Otto verwandt war. Heinrich scheute jedoch ein Zusammentreffen mit Lothar und zog sofort von Köln aus, wo er den jungen Otto übernommen hatte, über Corvey nach Sachsen. In Sachsen lud Heinrich alle Großen zur Feier des Palmsonntages nach Magdeburg ein. Dort warb er offen um Unterstützung für sein Königtum, jedoch mit wenig Erfolg. Gleichwohl war seine Anhängerschaft zahlreich genug, um nach Quedlinburg zu ziehen und dort in bewusster Anlehnung an die ottonische Tradition das Osterfest zu feiern. Dabei versuchte Heinrich in Verhandlungen die Zustimmung der Anwesenden zu einer Königserhebung zu erhalten und erreichte, dass viele ihm als ihrem König und Herrn eidlich ihre Unterstützung zusagten. Zu denen, die Heinrich unterstützten, gehörten Mieszko I von Polen, Boleslaw II von Böhmen und der Slawenfürst Mistui.
Um Heinrichs Pläne zu durchkreuzen, verließen seine Gegner Quedlinburg und schlossen sich auf der Asselburg zu einer Schwureinung zusammen. Als Heinrich davon Kenntnis erhielt, zog er mit militärischen Verbänden von Quedlinburg nach Werla in die Nähe seiner Gegner, um sie entweder zu zersprengen oder Vereinbarungen mit ihnen zu treffen. Außerdem schickte er Bischof Folcmar von Utrecht zu ihnen, um über eine Lösung des Problems zu verhandeln. Dabei wurde deutlich, dass die Gegner Heinrichs nicht bereit waren, von der ihrem König geschworenen Treue abzulassen. Heinrich erhielt lediglich die Zusicherung für künftige Friedensverhandlungen in Seesen. Daraufhin brach er abrupt nach Bayern auf; dort fand er die Anerkennung aller Bischöfe und einiger Grafen. Nach seinen Misserfolgen in Sachsen und Erfolgen in Bayern hing nun alles von der Entscheidung in Franken ab. Die fränkischen Großen unter Führung des Mainzer Erzbischofs Willigis und des Schwabenherzogs Konrad waren aber unter keinen Umständen bereit, die Thronfolge Ottos infrage zu stellen. Da Heinrich den militärischen Konflikt scheute, übergab er das königliche Kind am 29. Juni 984 im thüringischen Rohr dessen Mutter und Großmutter.
Von 985 bis zu ihrem Tod übte Ottos Mutter Theophanu die Regierungsgeschäfte aus. Die lange Phase ihrer Regentschaft blieb frei von Konflikten. Sie bemühte sich während ihrer Regentschaft um die Wiedereinsetzung des Bistums Merseburg, das ihr Gatte Otto II im Jahre 981 aufgehoben hatte. Ferner übernahm sie die Kapläne der Hofkapelle ihres Mannes, und auch deren Leitung verblieb in den Händen des Kanzlers Bischof Hildebold von Worms und des Erzkaplans Willigis von Mainz. Beide Bischöfe entwickelten sich durch regelmäßige Interventionen quasi zu Mitregenten der Kaiserin.
Im Jahre 986 feierte der fünfjährige Otto III das Osterfest in Quedlinburg. Die vier Herzöge Heinrich der Zänker als Truchsess, Konrad von Schwaben als Kämmerer, Heinrich der Jüngere von Kärnten als Mundschenk und Bernhard von Sachsen als Marschall übten dort die Hofämter aus. Dieser Dienst der Herzöge war schon bei der Aachener Königserhebung Ottos des Großen 936 oder derjenigen Ottos II 961 geübt worden. Durch diesen Dienst symbolisierten die Herzöge ihre Dienstbereitschaft gegenüber dem König. Darüber hinaus symbolisierte der Dienst Heinrichs des Zänkers am Ort seiner zwei Jahre zuvor missglückten Usurpation seine vollständige Unterwerfung unter die königliche Gnade. Otto III erhielt durch den Grafen Hoico und durch Bernward, den späteren Bischof von Hildesheim, eine umfassende Ausbildung in höfisch-ritterlichen Fähigkeiten sowie geistige Bildung und Erziehung.
An der Ostgrenze war es in den Monaten des Thronstreites mit Heinrich dem Zänker zwar ruhig geblieben, jedoch hatte der Liutizen-Aufstand massive Rückschläge für die ottonische Missionspolitik zur Folge. Daher führten sächsische Heere in den Jahren 985, 986 und 987 Feldzüge gegen die Elbslawen. Den Slawenzug von 986 begleitete der sechsjährige Otto, der damit erstmals an einer Kriegshandlung teilnahm. Der Polenherzog Mieszko unterstützte mehrfach mit einem großen Heer die Sachsen und huldigte Otto, wobei er ihn 986 durch das Geschenk eines Kamels geehrt hatte. Im September 991 rückte Otto gegen Brandenburg vor, das kurzzeitig eingenommen werden konnte. 992 erlitt er jedoch bei einem erneuten Slawenzug vor Brandenburg schwere Verluste. In der Zeit der Kämpfe an der Ostgrenze wurde für Theophanu ein ostpolitisches Konzept postuliert, das die kirchliche Selbstständigkeit Polens bewusst vorbereitet hatte. Anstelle Magdeburgs hatte sie das Kloster Memleben zur Zentrale der Missionspolitik gemacht und sich damit bewusst gegen Magdeburger Ansprüche gestellt, die auf Oberhoheit über die missionierten Gebiete zielten.
989 unternahm Theophanu ohne ihren Sohn einen Italienzug mit dem Zweck, am Todestag ihres Gatten für sein Seelenheil zu beten. In Pavia übergab sie ihrem Vertrauten Johannes Philagathos, den sie zum Erzbischof von Piacenza erhoben hatte, die Zentralverwaltung. In Italien stellte Theophanu einige Urkunden in eigenem Namen aus, wobei in einem Fall ihr Name sogar in der männlichen Form angegeben wurde: Theophanis gratia divina imperator augustus. Ein Jahr nach ihrer Rückkehr aus Italien verstarb Theophanu am 15. Juni 991 im Beisein ihres Sohnes in Nimwegen und wurde im Kloster Sankt Pantaleon in Köln begraben. Eine Memorialstiftung Theophanus für Otto II, deren Ausführung sie der Essener Äbtissin Mathilde auftrug, wurde durch die Übertragung der Reliquien des Heiligen Marsus nach 999 von Otto III verwirklicht. Der König scheute später für das Seelenheil seiner Mutter keinen Aufwand. In seinen Urkunden spricht er von seiner „geliebten Mutter“, dem Kölner Stift machte er reiche Schenkungen.
Für die letzten Jahre der Minderjährigkeit Ottos übernahm seine Großmutter Adelheid die Regentschaft, unterstützt von der Quedlinburger Äbtissin Mathilde.
Der Übergang zur selbstständigen Regierung vollzog sich durch den allmählichen Regentschaftsverlust der kaiserlichen Frauen. Otto III hatte auf dem Reichstag von Sohlingen im September 994 die volle Regierungsfähigkeit in Form einer Schwertleite erlangt.
Bereits 994 traf Otto die ersten unabhängigen Entscheidungen und setzte mit seinem Vertrauten Heribert einen Deutschen zum Kanzler von Italien ein, auf einer Position, die bis dahin nur Italienern vorbehalten gewesen war. In Regensburg setzte Otto im gleichen Jahr seinen Kaplan Gebhard auf den Bischofssitz.
Im Sommer 995 hielt er einen Hoftag in Quedlinburg ab und führte von Mitte August bis Anfang Oktober die seit dem Slawenaufstand von 983 fast jährlich stattfindenden Züge gegen die nördlich wohnenden Elbslawen fort. Otto weilte als Freund und Schutzherr des Obdodritenherzogs in Mecklenburg. Nach seiner Rückkehr erweiterte er durch ein in Frankfurt ausgestelltes Privileg am 6. Dezember 995 erheblich das Bistum Meißen und vervielfachte dessen Zehnteinkünfte.
Im September 995 wurde für eine Brautwerbung Ottos III der Erzbischof Johannes Philagathos und der Bischof Bernward von Würzburg nach Byzanz geschickt.
Nicht nur die angestrebte Kaiserkrönung veranlasste König Otto III zu einem baldigen Italienzug, sondern auch ein Hilferuf von Papst Johannes XV, der vom römischen Stadtpräfekten Crescentius und seiner Partei bedrängt wurde und Rom verlassen musste. Im März 996 brach Otto von Regensburg aus zu seinem ersten Italienzug auf. In Verona übernahm er die Patenschaft eines Sohnes des venezianischen Dogen Pietro II Orseolo, Ottone Orseolo, der später von 1009 bis 1026 ebenfalls Doge werden sollte. Damit führte er das traditionell gute Verhältnis der Ottonen zu den Dogen fort.
In Pavia traf eine römische Gesandtschaft mit Otto zusammen, um mit ihm über die Nachfolge des inzwischen verstorbenen Papstes Johannes XV zu verhandeln. Noch in Ravenna nominierte er seinen Verwandten und Hofkaplan Brun von Kärnten zum Papstnachfolger und ließ ihn von Erzbischof Willigis von Mainz und Bischof Hildebard nach Rom begleiten, wo er als erster Deutscher zum Papst erhoben wurde und den Namen Gregor V annahm. Bereits einen Tag nach seiner Ankunft vor Rom wurde Otto von Senat und Adel der Stadt feierlich eingeholt und am 21. Mai 996, dem Feste Christi Himmelfahrt, vom Papst zum Kaiser gekrönt.
An die mehrtägigen Krönungsfeierlichkeiten schloss sich eine Synode an, bei der sich die enge Zusammenarbeit zwischen Kaiser und Papst im gemeinsamen Vorsitz der Synode zeigte. Die Krönungssynode brachte Otto III auch mit zwei bedeutenden Personen in Kontakt, die sein weiteres Leben stark beeinflussen sollten. Zum einen mit Gerbert von Aurillac, dem Erzbischof von Reims, der bereits in dieser Zeit so engen Kontakt zum Kaiser hatte, dass er in seinem Auftrag mehrere Briefe formulierte, zum anderen mit Adalbert von Prag, einem Vertreter der erstarkten asketisch-eremitischen Frömmigkeitsbewegung. Die Wege Ottos und Gerberts von Aurillac trennten sich zwar vorerst, doch erhielt Gerbert wenige Monate später die kaiserliche Aufforderung, in des Herrschers Dienst zu treten: Als Lehrer sollte er Otto III helfen, an Stelle der sächsischen Rohheit eine griechische Feinheit zu erlangen.
Nach der Kaiserkrönung zog Otto Anfang Juni 996 ins Reich zurück. Er hielt sich vom Dezember 996 bis April 997 am Niederrhein und vor allem in Aachen auf.
Bereits Ende September 996 vertrieb Crescentius Papst Gregor V. aus Rom und setzte mit dem Erzbischof von Piacenza und früheren Vertrauten der Theophanu, Johannes Philagathos, einen Gegenpapst ein. Bevor Otto III jedoch in die römischen Verhältnisse eingriff, führte er im Sommer 997 einen Feldzug gegen die Elbslawen.
Im Dezember 997 begann Otto seinen zweiten Italienzug. Seine dilectissima soror (vielgeliebte Schwester) Sophia, die ihn noch beim ersten Italienzug begleitet hatte und während seines langen Aufenthaltes in Aachen bei ihm verweilt hatte, war nicht mehr dabei. Während seines zweiten Italienzuges betraute Otto die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg mit seiner Stellvertretung im Reich, eine Stellung, die bis dahin nur Herzöge oder Erzbischöfe eingenommen hatten.
Als Otto im Februar 998 in Rom erschien, einigten sich die Römer gütlich mit ihm und ließen ihn friedlich nach Rom einmarschieren. Währenddessen verschanzte sich der Stadtpräfekt Crescentius in der Engelsburg. Der Gegenpapst Johannes Philagathos flüchtete aus Rom und versteckte sich in einem befestigten Turm. Er wurde von einer Abteilung des ottonischen Heeres gefangen genommen. Schließlich setzte ihn eine Synode ab. Das kaiserliche Heer konnte nach intensiver Belagerung des Crescentius habhaft werden und enthauptete ihn.
In einer Urkunde Ottos vom 28. April 998, die für das Kloster Einsiedeln ausgestellt wurde, erschien erstmals eine Bleibulle mit der Devise Renovatio imperii Romanorum (Erneuerung des römischen Reiches).
In der Zeit des mehrjährigen Italienaufenthaltes versuchten Kaiser und Papst den kirchlichen Bereich zu reformieren. Entfremdetes Kirchengut sollte wieder der Verfügungsgewalt der geistlichen Institutionen zugeführt werden.
Auf dem Palatin ließ Otto eine kaiserliche Pfalz errichten. Auch in mehreren Personalentscheidungen wurde der Kaiser während seines Italienaufenthaltes aus Rom tätig und besetzte wichtige Bischofssitze mit engen Vertrauten.
Otto III und Papst Gregor V nahmen im Jahr 997 das Verfahren zur Erneuerung des Bistums Merseburg wieder auf und begründeten dieses Vorgehen auf der römischen Synode zum Jahreswechsel 998/99 damit, dass bei der Auflösung des Bistums im Jahr 981 gegen das Kirchenrecht verstoßen worden sei. Das Bistum sei ohne Beschluss aufgelöst worden. Doch erst Ottos Nachfolger Heinrich II ließ das Bistum Merseburg 1004 wieder einrichten.
Anfang 999 fand Otto Zeit für eine Bußwallfahrt nach Benevent auf den Monte Gargano. Auf dem Weg dorthin erfuhr Otto, dass Gregor V in Rom nach kurzer Krankheit gestorben war. In dieser Zeit suchte er auch Nilus von Rossano als büßender Pilger auf.
Nach seiner Rückkehr erhob er mit seinem Vertrauten Gerbert von Aurillac als Silvester II erneut einen Nichtrömer zum Papst. Auch in anderen Personalentscheidungen wurde der Kaiser erneut von Rom aus tätig und besetzte wichtige Bischofssitze mit engen Vertrauten. So erhob er seinen Kaplan Leo zum Bischof von Vercelli Auch nach dem Tod des Bischofs Everger von Köln bestimmte Otto mit seinem Kanzler Heribert eine Person seines Vertrauens auf diesem wichtigen Bischofssitz.
Im Februar und März 1000 pilgerte Otto von Rom aus nach Gnesen. Er hatte am Grab seines Vertrauten Adalbert beten wollen. Bischof Adalbert von Prag war am 23. April 997 von heidnischen Pruzzen erschlagen worden. Otto war nach Gnesen gekommen, um der Reliquien Adalberts habhaft zu werden.
Bei der Ankunft in Gnesen ließ sich Otto barfuß vom zuständigen Ortsbischof Unger von Posen zum Grab Adalberts geleiten und bat unter Tränen im Gebet den Märtyrer um seine Vermittlung bei Christus. Anschließend wurde die Stadt zum Erzbistum erhoben und die selbstständige Kirchenorganisation Polens damit begründet. Der neu eingerichteten Kirchenprovinz Gnesen wurden das bereits bestehende Bistum Krakau und die neu zu gründenden Bistümer Kolberg und Breslau zugeteilt. Dem Herrschaftsbereich Boleslaw Chrobrys wurde somit die kirchenpolitische Selbstständigkeit zugestanden.
Auf dem Rückweg ins Reich gab Boleslaw, der vom Kaiser zum König erhoben worden war, dem Kaiser ein glanzvolles Geleit und begleitete den Kaiser noch über Magdeburg bis nach Aachen. Otto schenkte ihm dort den Thronsessel Karls des Großen.
In Magdeburg feierte Otto Palmsonntag und Ostern in Quedlinburg. Über Trebur ging es weiter nach Aachen, jenen Ort, den er nächst Rom am meisten liebte. In Aachen zeichnete er einige Kirchen mit den Adalbertsreliquien aus. Dort suchte und öffnete er auch das Grab Karls des Großen.
Die Bewohner Tivolis lehnten sich gegen die kaiserliche Herrschaft auf. Otto belagerte daraufhin Tivoli. In den gleichen Monat wie die Belagerung Tivolis fällt auch ein ungewöhnlicher Rechtsakt, nämlich die Ausstellung einer kaiserlichen Schenkungsurkunde für Papst Silvester. Diese rechnet schonungslos mit der bisherigen Politik der Päpste ab, die durch Sorglosigkeit und Inkompetenz ihrer eigenen Besitzungen verlustig gegangen seien und sich unrechtmäßig Rechte und Pflichten des Imperiums anzueignen versucht hätten. Gegenüber dem Papsttum war Otto hierbei auf die Wahrung des kaiserlichen Vorrangs bedacht. Die aus der Konstantinischen Schenkung abgeleiteten territorialen Ansprüche der römischen Kirche, ja sogar die Schenkung selbst oder deren Wiedergabe durch Johannes Diaconus wies er als lügenhaft zurück und übergab dem heiligen Petrus vielmehr aus eigener kaiserlichen Machtvollkommenheit acht Grafschaften in der italienischen Pentapolis.
In die Wochen um die Ausstellung dieser Urkunde fiel der Aufstand der Römer. Als Ursache für den Aufstand wurde die zu milde Behandlung Tivolis genannt. Der Aufstand konnte innerhalb weniger Tage durch Verhandlungen friedlich beigelegt werden. Ratgeber drängten aber den Kaiser, sich dem unsicheren Zustand zu entziehen und außerhalb Roms militärische Verstärkung abzuwarten.
Daher entfernten sich Otto III und Papst Silvester II aus Rom und zogen nach Norden in Richtung Ravenna. In der Folgezeit empfing Otto Gesandtschaften von Boleslaw Chrobry, vereinbarte mit einer ungarischen Gesandtschaft die Einrichtung einer Kirchenprovinz mit dem Erzbistum Gran als Metropole und sorgte dafür, dass der neue Erzbischof Askericus Stephan von Ungarn zum König erhob. Außerdem festigte Otto in dieser Zeit die freundschaftlichen Beziehungen zu Pietro II Orseolo, dem Dogen von Venedig; mit ihm traf er sich heimlich in Pomposa und Venedig. Seinen Sohn hatte Otto schon 996 als Pate angenommen, 1001 hob er seine Tochter aus der Taufe.
Otto hatte zur Fastenzeit 1001 den Einsiedler Romuald in Pereum aufgesucht und sich dort Buß- und Fastenübungen unterzogen. Diese Buße gipfelte in einem Versprechen Ottos, die Herrschaft einem Besseren zu überlassen und in Jerusalem Mönch zu werden. Allerdings wolle er noch drei Jahre lang die Irrtümer seiner Regierung berichtigen. Gegenüber anderen Herrschern des frühen Mittelalters ist die Dichte der Quellenaussagen über asketische Leistungen und monastische Neigungen des Kaisers in jedem Falle einzigartig.
Gegen Ende des Jahres 1001 zog er mit den Kontingenten einiger Reichsbischöfe auf Rom zu. Doch stellten sich plötzlich starke Fieberanfälle ein, und in der Burg Paterno unweit Roms verstarb Otto III am 24. Januar 1002. Man berichtete vom ruhig-gefassten, christlichen Sterben des Herrschers.