Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
I
DIE
BRAUT LOBT DEN BRÄUTIGAM MIT LOBPREIS
Reine
Stirn der Morgenröte,
Nie
warst du geschmückt so herrlich!
Nach
dem Winter kommt der Frühling,
Nie
so lieblich war die Lenzlust!
O
der weiße Schwanenbusen,
Nie
war er so weiß und strahlend!
O
der goldnen Sonne Strahlen,
Nie
erblickt ich sie so glorreich!
Jesu
Wangen, Mund und Stimme
Übergossen
sind von Anmut!
Amor
hat aus seinen Augen
Seinen
Feuerpfeil geschossen!
Wehe
meiner Herzenswunde,
Wehe
meiner Qual der Liebe!
Ich
bin leider krank vor Liebe!
Immer
muss ich schluchzend weinen!
Wie
aus Indien die Perlen
Fließen
meine Augentränen,
Duftend
wie das Öl der Rosen,
Meine
Tränen überströmen!
Keusche
Liebe! Reiner Amor!
Kühle
meine heiße Hitze!
Fächle
mir mit deinem Fittich,
Dass
ich nicht so lodernd brenne!
Denn
zu heiß sind deine Feuer
Und
zu schnell sind deine Schwingen,
Darum
mit der Schnur der Perlen
Meiner
Tränen du mich fessle!
Sei
doch nicht so streng, o Herrscher,
Wenn
mir glühen meine Kohlen,
Halte
Maß und sei barmherzig,
Komm
in deiner süßen Milde!
O
ihr Arme meines Jesus,
O
ihr weißen Schwanen-Schwestern,
Ihr
umarmt nicht sanft und leise,
Sondern
presst mit allen Kräften!
Reißt
mich stark an seinen Busen,
Da
ich klage all mein Elend!
Dass
ich ihm das Herz erweiche,
Rühr
an seine Herzenswunde!
O
mein Jesus, schönster Heros,
Lass
mich nicht mehr länger warten,
Ach,
ich sehne mich nach Liebe,
Will
genießen Himmelsschönheit!
Süßer
Busen! Lust und Wonne!
Hast
mich an dein Herz gezogen,
An
dein heißes Herz im Busen!
Alle
Leiden, alles Wehe
Ist
mir nun wie weggeblasen!
O
du Ort der Seelenruhe,
Jesu
heißes Herz im Busen!
Mag
nun auch der blinde Amor
Bis
zum Tode mich verwunden,
Sterbe
ich am Busen Jesu,
Lebe
ich in Liebeslüsten,
Profitiere
ich vom Sterben,
Leb
im Tod die Lebensfülle!
II
DER
BRAUT KLAGE ÜBER DAS FEUER IHRES HERZENS
Wenn
am Morgen strahlend aufsteigt
Gottes
Sonne und das Licht kommt
Und
der neue Tag verkündet,
Was
die Mutter Nacht geheim hielt,
Amor
dann in meinem Herzen
Eine
Flamme mir entzündet,
Ich
verzehr mich wie die Kerze,
Löschen
kann kein Meer die Liebe!
Leb
ich auch im kalten Winter
Leider
in dem harten Norden,
Wo
die scharfen Winde blasen,
Find
ich keine Seelenruhe!
Wehe
meiner schweren Qualen!
Wo
denn soll ich Tröstung suchen?
Immer
lieg ich, bitter klagend
Über
meine Herzensschmerzen!
Wenn
der Tag ist dann vergangen,
Mutter
Nacht kommt mit dem Dunkel,
Wenn
ins Meeresbett gegangen
Ist
hinab die Sonne Gottes,
Quält
mich immer noch die Flamme
Und
es lodert meine Liebe,
Alle
Stunden einsam wein ich
Und
verzehr mich vor Begierde!
Diese
Glut, von der ich singe,
Das
ist Gottes schöner Name,
Jehoschua,
der verzehrt mich,
Frisst
mich auf mit Haut und Haaren!
Lieblich
sind die Liebesschmerzen,
Schmerzlich
sind die Liebeslüste!
Bleib
in meinem Herz im Busen
Doch
in Ewigkeit, o Liebe!
Ob
mir auch in herben Qualen
Immerdar
vergeht mein Leben,
Wenn
mich Amors Feuerpfeile
Aus
den Augen Jesu treffen,
Nie
so ganz er mich ermordet,
Gottes
Amor an dem Kreuze,
Sondern
täglich neues Leben
Schenkt
er mir und süße Wonnen!
Maßlos
süß ist diese Liebe!
Maßlos
bitter dieses Leben!
Alles
habe ich verlassen,
Alles
eitle Glück der Erde.
Gott
hat meinen Geist entzündet,
Mir
gegeben Kreuz und Qualen,
Möge
er mein Blut mir kühlen,
Dass
mir wieder Wonnen werden!
Nun
Adieu für die Äonen,
Gute
Nacht, du Welt, nun schlafe,
Nun
Adieu, ich will mich scheiden,
Denn
ich kann dich nicht ertragen!
Einzig
meinen Jesus lieb ich,
Hörst
du das mit hartem Herzen?
Wenn
mich auch mein Gott verwundet,
Leb
ich doch in Liebeslüsten!
III
DIE
BRAUT SPIELT IM WALD MIT ECHO
Still
ich war im grünen Walde
Bei
der Eremiten-Hütte,
Da
durch Gras und grüne Blätter
Kam
ein Windhauch liebeflüsternd,
Da
war eine reine Quelle,
War
so klar wie die Kristalle,
Und
zu meiner rechten Seite
Floss
der Bach so heilig rauschend,
Der
so rein herabgeflossen
Von
der hohen Felsengrotte.
Schon
begann der junge Frühling
In
des Märzen-Mondes Mitte,
Ach
da seufzte meine Seele,
Feuer
schlug mir aus dem Herzen!
Und
da rief ich meine Gottheit
Aus
dem Herz in meinem Herzen
Und
ich klagte dem Geliebten:
Da
im gleichen Augenblicke
Hört
ich Echo in dem Walde
Tönen
leis: Ah weh, mein Jesus!
Deutlich
hört ichs mit den Ohren,
Dacht,
dass jemand lebt im Walde,
Ich
erstaunte vor dem Wunder,
Was
für eine Echo sei das?
Und
ich sah zur rechten Seite
Und
ich sah zur linken Seite,
Und
ich rief: Ah weh, mein Jesus!
Und
sogleich in großer Schnelle
Hört
ich Echo Antwort geben
Mit
dem Wort: Ah weh, mein Jesus!
Und
ich dachte, da sei eine
Frau
wie ich voll Gottesliebe
Und
ich freute mich: Nun bin ich
Nicht
so einsam mehr auf Erden!
Und
ich jauchzte: Halleluja,
Wer
ist noch voll Gottesliebe?
So
als ob da Menschen sprächen,
Hört
ichs jauchzen: Halleluja,
Wer
ist noch voll Gottesliebe?
Also
gab mir Antwort Echo.
Also
rief ich: Komm zu mir doch,
Aber
keiner ist gekommen.
Also
rief ich: Hör mein Rufen,
Aber
niemand gab mir Antwort.
Dachte
ich in meinem Geiste:
Jesus
ruft mich! Jesus ruft mich!
Und
ich wollte zu ihm eilen.
Und
ich regte meine Füße,
Eilte
in des Waldes Dickicht,
Aber
da war keine Seele.
Lass
dich schauen, Himmelsschönheit!
Rief
ich seufzend voller Sehnsucht.
Und
ich hörte: Himmelsschönheit!
Nur
dies Wort vernahm ich leise.
Wieder
rief ich voller Wehmut
Nach
der Summe meiner Weisheit:
Komm
zu mir, o schöne Liebe!
Wiederum
vernahm ich eins nur
Aus
dem Walde Antwort geben,
Echo
hauchte leise: Liebe!
Ich
erstaunte vor dem Wunder:
Grüß
ich ihn, so grüßt auch er mich.
Hab
ich Sehnsucht, hat er Sehnsucht.
Da
schlug ich die Augen nieder
Und
ich hatte den Gedanken:
Das
wohl möchte, was ich ahne,
Gott
sein, den ich schauen möchte!
Macht
das Spaß dem Jesusknaben,
Dass
er wie in Spiel und Scherzen
Kokettiert
mit meiner Liebe?
Und
ich sagte: Bist du Jesus?
Und
ich seufzte sehr von Herzen.
Und
er sagte: Ich bin Jesus!
Und
er seufzte sehr von Herzen.
Und
ich sagte: Herr, wer bist du?
Tu
mir kund doch dein Geheimnis!
Und
ich fragte dies in Freundschaft.
Aber
ich hab nichts empfangen,
Denn
es schwieg die Stimme Gottes
Und
kein Wort zu mir gelangte.
Ich
rief Jesus immer wieder
Und
ich schrie auch immer laute,
Da
rief Jesus immer wieder
Und
er schrie auch immer lauter.
Und
da kam mir der Gedanke:
Ausgelacht
wirst du als Närrin!
Ich
will lieber weiter gehen.
Denn
zu allen diesen Zeiten
Kann
ich weiter nichts erlangen,
Kommt
kein Wort zu den Propheten.
Und
ich sprach: Was soll ich machen?
Dieses
frag ich mich bescheiden.
Und
es kam die Antwort, hört ich,
Dass
ich sollt vom Orte scheiden.
Mich
zu scheiden, riet mein Meister?
Ja,
ich will vom Orte gehen,
Hier
ist gar nichts zu gewinnen.
Aber
eines will ich wissen,
Will
es Gottes Weisheit fragen,
Dass
es mir das Wort verkünde.
Wo
denn kann ich Jesus finden?
Wo
ist Jesus nicht verborgen?
Und
da hauchte Gottes Weisheit,
Dass
mein Meister ist verborgen.
Ach
da rief ich: Herr, dann lass mich,
Wenn
du willst verborgen bleiben.
Nun
so geh in Gottes Namen,
Aber
geh! Da hört ich leise
Eine
leise Stimme weinen
Und
ich hörte nichts als Amen.
Drauf
mit lautem Wehe! Wehe!
Schlug
ich mir voll Weh die Brüste,
Und
auch Jesus schien voll Schmerzen
Und
ich hörte: Wehe! Wehe!
Da
sagte ich zu meinem Meister:
Ich
habe nun genug geredet.
Besser
ist das goldne Schweigen.
Und
ich hörte meinen Meister,
Er
empfahl mir auch das Schweigen.
Und
ich sprach: O Wort, dann schweige!
Doch
ich riefs mit lauter Stimme.
Doch
da tat das Wort nicht schweigen,
Sondern
gab mir deutlich Antwort.
Und
ich senkte meine Augen
Und
es schwiegen die Gedanken,
Bis
mir plötzlich aufgeleuchtet,
Dass
der Herr sich offenbarte,
Wenn
ich nur recht stille würde,
Seine
Stimme ist das Schweigen.
Das
war meines Meisters Antwort.
Wohin
immer ich mich wandte,
Immer
sprach zu mir mein Meister.
Sah
zur Rechten, sah zur Linken
Ich
und ging ich vorwärts, rückwärts,
Überall
umgab mich Jesus.
Und
ich schaute zu den Felsen
Und
ich schaute zu den Städten,
Aber
stets, wenn ich gebetet,
Hört
ich meinen Liebsten reden,
Ja,
er sprach mit meiner Stimme.,
Ha,
ich habe dich gefunden,
Rief
ich laut mit trunknen Lippen.
Ha,
ich habe dich gefunden,
Rief
der Bräutigam der Seele.
Aber
als ich das vernommen,
Merkt
ich, dass ich gar nichts sähe,
Unsichtbar
blieb der Geliebte,
War
nur Schall und Hauch und Flüstern.
War
ein Echo meinem Beten,
Dass
ich schweigend nur vernommen.
Und
ich sagte: Bist du Echo?
Und
so hieß ich ihn willkommen.
Und
er sagte: Ich bin Echo,
Echo
auf dein stilles Beten.
Und
da waren wir zusammen
Und
wir spielten schöne Spiele,
Wort
und Antwort, immer weiter,
Bis
dass Schall und Hall und Echo
Sind
in eins geflossen tönend,
Sprachen
wir die selbe Sprache.
Also,
süße Nymphe Echo,
Wenn
du bist mein lieber Jesus,
Sei
du mir der Jesusknabe,
Ich
will dann des Knaben Ball sein.
Willst
du spielen mit dem Spielzeug,
Will
ich dienen dir als Spielzeug.
Ist
dir dann die Lust vergangen,
Will
ich warten in der Ecke.
Eines
Tages wirst du wieder
Mich
zu schönen Spielen rufen.
Ich
will gern in diesem Tale
Still
vergnügt spazieren gehen
Und
will schweigend, Nymphe Echo,
Deinem
Wort des Schweigens lauschen.
Du
bist meine Lust, o Jesus,
Komm
doch wieder, Ball zu spielen.
Bin
ich nicht ein tolles Spielzeug?
Ich
bin stets bereit und willig!
Hatten
wir nicht Spaß und Freuden,
Als
wir wie die Kinder spielten?
Ja,
mein Jesus will nun jauchzen,
Will
sich freuen und frohlocken.
Durch
die Stille grüner Wälder
Hör
ich seine Rede rauschen,
Ja,
er blüht in jeder Blume,
Jedem
Grashalm auf der Wiese,
Ja,
er ist der Wein der Traube
Und
er ist das Brot des Kornes,
Jesus
ist in allem Leben
Neues
auferstandnes Leben!
Jesus,
liebster Buhle Jesus,
O
wie glühst du mir im Blute!
Ich
will flehen: Lass es kommen,
Schenk
der Erde dein Erbarmen,
Dass
die ganze Menschheit singe
Meinem
Jesus höchsten Lobpreis,
Alle
Tage, alle Nächte,
Nächte,
wo die Wächter wachen,
Dass
die Menschheit Liebeslieder
Singt
dem göttlichen Geliebten!