DIE GÖTTIN – ZWEITER TEIL

Ein Epos von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTER GESANG

Gott Anu ließ die Stimme hören, sagte,
Er richtete der Stimme Wort an Kadda:

Ich, Kadda, will dich senden nach Kurnugi,
Ereschkigal soll hören deine Worte,
So sage ihr: Für dich ist es unmöglich,
Herauf zu kommen in den Götterhimmel,
In einem Jahr wirst du nicht kommen können,
Uns Götter anzuschauen in den Himmeln.
Unmöglich ist es für die Himmelsgötter,
Zu dir herab zu steigen, Todesgöttin,
In keinem Monat fahren wir herab,
Um dich zu sehen, schwarze Todesgöttin.
Lass deinen Boten kommen, große Mutter,
Und lass ihn etwas von dem Tische nehmen,
Du akzeptiere ein Geschenk für dich.
Ich werde deinem Boten etwas geben
Als ein Geschenk für dich, o schwarze Göttin.

Und Kadda stieg herab die Himmelstreppe.
Er sprach, als er zur Tür des Todes kam:

O Wächter, öffne mir die Türen alle! -
Komm, Kadda, mögen dich die Pforten segnen! -
Da ließ er Kadda durch die erste Tür,
Da ließ er Kadda durch die zweite Tür,
Da ließ er Kadda durch die dritte Tür,
Da ließ er Kadda durch die vierte Tür,
Da ließ er Kadda durch die fünfte Tür,
Da ließ er Kadda durch die sechste Tür,
Da ließ er Kadda durch die siebte Tür.

Und Kadda kam in ihren edlen Hof.
Er kniete nieder, küsste fromm den Boden,
Die Erde küsste er zu ihren Füßen.
Und er erhob sich, stand vor ihr und sprach:
Der Vater in dem Himmel Anu schickt mich
Und lässt dir sagen, Königin der Toten:

O Königin! Für dich ist es unmöglich,
Herauf zu kommen in den Götterhimmel,
In einem Jahr wirst du nicht kommen können,
Uns Götter anzuschauen in den Himmeln.
Unmöglich ist es für die Himmelsgötter,
Zu dir herab zu steigen, Todesgöttin,
In keinem Monat fahren wir herab,
Um dich zu sehen, schwarze Todesgöttin.
Lass deinen Boten kommen, große Mutter,
Und lass ihn etwas von dem Tische nehmen,
Du akzeptiere ein Geschenk für dich.
Ich werde deinem Boten etwas geben
Als ein Geschenk für dich, o schwarze Göttin.

Da ließ Ereschkigal die Stimme hören
Und richtete an Kadda ihre Worte:
Mit Anu und den Göttern sei der Friede,
Mit all den puren Göttern sei der Friede,
O Bräutigam der Himmelskönigin,
Der Friede sei mit dir, du Held und Sieger!
Und Kadda also ließ die Stimme hören,
Ereschkigal vernahm die sanfte Stimme:
Der Friede sei mit dir, o Königin!

Ereschkigal ließ ihre Stimme hören
Und richtete ihr Wort an den Wesir:
O Namtar, mein Wesir im Totenreich,
Ich schicke dich zum Vater in dem Himmel,
Steig du hinan die große Himmelstreppe,
Nimm von dem Tische ein Geschenk für mich,
Was dir der Vater in dem Himmel gibt,
Ich nehme das Geschenk des Vaters an.

Gott Ea wandte sich an den Wesir
Und führte ihn die Wege zu dem Vater.
Die Götter knieten vor dem Himmelsvater,
Die großen Götter, die des Schicksals Herren,
Denn Anu kontrollierte alle Riten,
Gott kontrollierte alle Opfer-Riten.
Die Götter wohnen in der Götterburg.
Und warum kniest du nicht vorm Himmelsvater?
Ich wink dir zu, doch du bemerkst es nicht
Und weigerst dich, den Vater anzubeten?

Gott Nergal sprach nun mit dem Gotte Ea
Und drückte seinen Wunsch voll Sehnsucht aus,
Ereschkigal dort unten zu besuchen.
Ich möchte mich auf meine Füße stellen,
Denn sie ist wunderschön, du sagst es selber,
Verdoppeln möcht ich alle meine Arbeit.

Als Ea dieses hörte, sagte er:
Der Wille unsres Vaters soll geschehen.

Und Ea ließ erneut die Stimme hören
Und richtete das Wort an Nergal also:
Mein Sohn, du mögest auf die Reise gehen,
Die du dir so sehr wünschst mit heißer Sehnsucht.
Nimm du dein Schwert in deine rechte Hand
Und geh dann durch den Wald der schwarzen Fichten,
Geh durch Wacholder-, geh durch Ginsterbüsche,
Zypressen brich und Maulbeerfeigenbäume.


Als Nergal diese Worte Eas hörte,
Nahm er die Doppelaxt in seine Hand,
Das Schwert er löste von der Lenden Gürtel,
So ging er durch den Wald der schwarzen Fichten,
Drang durch Wacholder- und durch Ginsterbüsche,
Zypressen brach er, Maulbeerfeigenbäume.

Er machte einen Thron dem Gotte Ea,
Den er in weiter Himmelsferne sah,
Er machte einen Thron von reinem Silber,
Anstelle Gold bemalt mit gelber Paste,
Er schmückte ihn mit Lapislazuli.
Und schließlich ward das Werk mit Fleiß vollendet,
Errichtet war der Thron des Gottes Ea.

Und Ea rief, gab Nergal Instruktionen:
Mein Sohn, was deine Reise nun betrifft,
Die du zu machen wünschst mit heißer Sehnsucht,
Vom Augenblick an, da du angekommen,
Du folge meinen weisen Instruktionen.

Im Augenblick, wenn sie den Stuhl dir bringen,
Dann setze du dich nicht auf jenen Stuhl.
Und wenn die Bäckerin dir Brot anbietet,
Sollst du nicht essen von dem Brot des Todes.
Und wenn der Fleischer dir den Braten reicht,
Sollst du nicht essen von dem Fleisch des Todes.
Und wenn der Brauer dir sein Bier anbietet,
Sollst du nicht trinken von dem Götterbier.
Und wenn man dir die Füße waschen will,
O Wanderer, dann lasse das nicht zu.
Und geht Ereschkigal ins Badezimmer
Und badet in der Badewanne nackt
Und wenn sie dir erlaubt, sie anzuschauen,
Wie sie den schönen nackten Körper badet,
Dann darfst du mit Ereschkigal nicht tun,
Was Männer gerne tun mit nackten Frauen!

Und Nergal schaute auf Kurnugi nun
Und wandte sich der dunklen Wohnung zu,
Zum Haus Erkalla, zu dem Haus der Göttin,
Zum dunklen Haus, das man betreten muss,
Doch wenn man einmal dieses Haus betreten,
Nie mehr verlässt man dann das Haus der Göttin.
Er wandte sein Gesicht zur schmalen Straße,
Von dieser Straße kehrt man nicht zurück,
Er sah zum Hause dichter Finsternis,
Wo Asche ist das Brot an jedem Tag,
Wo man wie Schwäne Federkleider trägt.
Man sieht kein Licht, man sitzt in tiefer Nacht,
Man gurrt dort wie verlassne Turteltauben.

Des Todestores Wächter tat den Mund auf
Und richtete sein Wort an Nergal also:
Berichten muss ich meiner strengen Herrin,
Dass heut ein Gott an ihre Türe anklopft.
Der Wächter ging nun in das Innere
Und sprach zur Königin Ereschkigal:
O meine Göttin, meine hohe Frau,
Ein Gott gekommen ist an deine Tür,
Er will dich sehen, wunderschöne Frau,
Ich will für dich erforschen, wer der Gott ist.

Ereschkigal ließ ihre Stimme hören
Und sprach zu Namtar, sprach zu dem Wesir:
Du frag den Gott, was er von mir begehrt!

Und der Wesir sprach so zu seiner Göttin:
Ich will den Gott befragen, wer er ist,
Ich will ihn an der Außentür befragen.
Ich werde meiner lieben Göttin bringen
Die richtige Beschreibung dieses Gottes.
Und Namtar trat zur Tür und stand im Schatten,
Er stand dort fest wie eine Tamariske
Und seine Lippen waren rot wie Blut,
Wie der Rubin am Rand des Bechers Wein.
Und Namtar kehrte in die Wohnung wieder
Und sprach zu seiner strengen Frau und Göttin:
O meine Herrscherin und hohe Göttin,
Wenn du mich schickst zum Vater in dem Himmel,
Und wenn ich trete in den Hof des Vaters,
Die Götter knieen alle vor dem Vater,
In meiner Gegenwart erheben sich
Die Götter, stellen sich auf ihre Füße
Und rufen: Nergal ist herab gestiegen!

Ereschkigal ließ ihre Stimme hören
Und richtete ihr Wort an den Wesir:
Du suche nicht die Kraft der Elil-Götter,
Versuche nicht, ein starker Held zu sein!
Wie willst du in den Himmel Gottes fahren
Und sitzen auf dem Thron der Himmelsgötter?
Willst du die schwarze Mutter Erde richten,
Die große Mutter mit den breiten Brüsten?
Soll ich gen Himmel fahren zu dem Vater,
Soll ich das Brot der Himmelsbürger essen,
Soll ich den Wein der Himmelsgötter trinken?
Geh, bring den Gott in meine Gegenwart!

Er ging und ließ den Gott herein durchs Tor.
Er ließ die Gottheit durch die erste Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die zweite Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die dritte Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die vierte Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die fünfte Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die sechste Pforte,
Er ließ die Gottheit durch die siebte Pforte.

Und Nergal kam nun in den breiten Hof,
Er kniete nieder, küsste fromm den Boden,
Die schwarze Erde zu der Herrin Füßen,
Erhob sich dann und stand vor ihr und sprach:
Gott Anu, Vater in dem Himmel, schickt mich
Zu dir, dass ich dich sehe, schöne Frau.
Gott sprach zu mir: Du setz dich auf den Thron
Und richte dort den Rechtsstreit aller Götter,
Der Götter, die in Burg Erkalla leben.

Man führte ihn zu einem edlen Thron,
Er aber setzte sich nicht auf den Thron.
Die Bäckerinnen brachten süßes Brot,
Er aß nicht von dem Brot der Bäckerinnen.
Die Fleischer brachten ihm gebratnes Fleisch,
Er aber aß nicht von dem Fleisch des Todes.
Die Brauer brachten ihm das Götterbier,
Er aber trank nicht von dem Götterbier.
Man brachte eine Wanne ihm mit Wasser,
Er aber ließ sich nicht die Füße waschen.
Die schöne Göttin ging ins Badezimmer
Und badete den nackten Götterkörper,
Erlaubte ihm, den nackten Leib zu sehen,
Die nackten Brüste und die nackten Schenkel,
Er widerstand und schlief nicht mit der Nackten.

Ereschkigal jedoch im Badezimmer
Den nackten Körper badete im Wasser,
Erlaubte ihm, den nackten Leib zu schauen,
Die nackten Brüste und die nackten Schenkel,
Er spürte das Begehren eines Mannes,
Zu tun, wie Männer tun mit nackten Frauen.
Und nun liebkosten Gott und Göttin sich
Und gingen in das Brautgemach der Göttin
Und machten Liebe in dem Bett der Göttin,
Sie machten Liebe an dem ersten Tage,
Sie machten Liebe an dem zweiten Tage,
Sie machten Liebe an dem dritten Tage,
Sie machten Liebe an dem vierten Tage,
Sie machten Liebe an dem fünften Tage,
Sie machten Liebe an dem sechsten Tage,
Sie machten Liebe an dem siebten Tage.


ZWEITER GESANG

Vom hohen Himmel wandte sie ihr Denken
Aufs Untere im dunklen Totenreich.
Vom hohen Himmelreich herab die Göttin
Die Augen wandte zu der Unterwelt.
Vom hohen Himmelreich Inanna wandte
Den Kopf der Unterwelt der Toten zu.
Und sie verließ den Himmel und die Erde,
Und meine Herrin stieg ins Totenreich.
Und sie verließ den Himmel und die Erde,
Inanna stieg hinab ins Totenreich.

Sie gab das Amt des En auf und des Lagar
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Eanna-Stadt in Ugug
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ließ Emuckalama in Badtbira
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Giguna in Zabalam
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Ekara-Stadt in Adab
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ließ Baragdurjara-Stadt in Nibru
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ging von Hursajkamala in Hik
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Ehulmak in Agade
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie ging fort von Ibgal-Stadt in Umma
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ging von Edilmuna-Stadt in Urim
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Amazekug in Kisga
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie verließ Ezdamkug-Stadt in Jirsu
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ging von Esigmezedu in Isin
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Und sie ging fort von Anzagar in Akkak
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ging von Nijinarkug in Kuruppak
Und stieg hinunter in die Unterwelt.
Sie ging von Ekagula in Kazallu
Und stieg hinunter in die Unterwelt.

Sie nahm die sieben göttergleichen Kräfte,
Sie sammelte die göttergleichen Kräfte
Und fasste zärtlich sie mit ihrer Hand.
Und mit den guten göttergleichen Kräften
Ging sie auf ihren Weg ins Totenreich.
Sie legte einen Linnen-Turban an,
Die Kopfbedeckung für das offne Land,
Sie nahm ein goldnes Stirnband um die Stirn.
Um ihren Hals trug sie die Perlenschnur,
Die Perlen waren Lapislazuli.

Wie Eier Zwillingsperlen auf dem Busen!
Den Körper deckte sie mit einem Kleid,
Dem reizenden Gewand der Weiblichkeit.
Sie legte Schminke auf: Den Mann lass kommen!
Sie legte Schminke auf die Augenlider.
Sie zog das Brusttuch an: Komm, Mann, zum Busen!
Sie legte einen Goldring an die Hand,
Sie hielt den Stab von Lapislazuli.

Inanna reiste in die Unterwelt.
Die Sklavin Ninkubura reiste mit ihr.
Inanna sagte dies zu Ninkubura:
Komm, meine treue Dienerin und Magd,
Komm, meine Magd, die schöne Worte spricht,
Begleiterin, die weise Worte spricht,
Ich werde dir die gute Weisung geben.
Die Sklaven müssen meiner Weisung folgen.
Ich sag dir was, das musst du gut beachten.

Heut steige ich hinab zur Unterwelt.
Und wenn ich angekommen bin dort unten,
Dann sing ein Klagelied in den Ruinen.
Dann schlag die Trommel auch im Heiligtum,
Dann mach die Runde in der Götter Häusern.

Dann schlitze deine Augen auf für mich,
Zerreiße deine Nase dann für mich,
Dann schlitz die Ohren auf für mich vor allen.
Privat zerreiße dein Gesäß für mich.
Kleid wie ein Bettler dich für mich in Lumpen,
Stell deinen Fuß ins Haus des Gottes Enlil.

Wenn du im Hause bist des Gottes Enlil,
Dann lass das Klagelied vorm Gott ertönen:
O Vater Enlil, lass doch keinen töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Wenn Enlil dir nicht hilft in dieser Sache,
Dann geh nach Urim in das Haus von Nanna,
Lass deine Klage tönen dann vor Nanna:
O Vater Nanna, keiner soll doch töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Wenn Nanna dir nicht hilft in dieser Sache,
Dann geh nach Eridug ins Haus von Enki,
Lass deine Klage tönen dann vor Enki:
O Vater Enki, keiner soll doch töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Der Vater Enki, Herr der schönen Weisheit,
Er kennt die Pflanze, die da Leben spendet,
Und kennt das Wasser, das da Leben spendet,
Er ists, der mich zum Leben auferweckt!

Als nun Inanna ging zur Unterwelt,
Da folgte ihr die Sklavin Ninkubura.
Inanna sprach zur Sklavin Ninkubura:
Jetzt geh, du meine liebe Ninkubura,
Befolge alle meine Weisungsworte,
Die ich dir treulich überliefert habe.

Als nun Inanna kam an den Palast,
Da schob sie auf die Tür der Unterwelt,
Da schrie sie aggressiv am Tor des Todes:
Türsteher, öffne mir, mach auf die Tür,
O Neti, öffne mir! Ich bin allein
Und möchte in die Unterwelt hinein.

Der Haupttürsteher in der Unterwelt
Antwortete Inanna: Sag, wer bist du? -
Ich bin Inanna und geh in den Osten. -
Wenn du Inanna bist und gehst nach Osten,
Was kommst du ins Gefilde ohne Heimkehr?
Was richtest du dein Herz auf jene Straße,
Von der kein Reisender je wieder kommt?

Inanna gab der Haupttürsteher Antwort:
Weil Gudgalana jüngst, der Herr und Gatte
Der heiligen Ereschkigala starb,
Ereschkigala, meiner ältern Schwester,
Ich komm zum Ritus der Beerdigung,
Sie bietet reiche Opfer doch des Weines.
Das ist der Grund, warum ich bin gekommen.

Der Haupttürsteher in der Unterwelt
Antwortete der heiligen Inanna:
So bleibe hier, o Königin Inanna,
Ich werde gleich mit meiner Herrin sprechen,
Mit ihr, der heiligen Ereschkigala,
Ich will ihr sagen, was du mir gesagt hast.

Der Haupttürsteher in der Unterwelt
Ging zu der heiligen Ereschkigala,
Ging in die Halle seiner Vielgeliebten
Und sprach: O Herrin, draußen steht ein Mädchen,
Es ist Inanna, deine junge Schwester,
Und sie ist angekommen beim Palast,
Sie schob die Pforte auf der Unterwelt
Und aggressiv schrie sie am Tor des Todes.
Sie hat die Stadt Eanna aufgegeben
Und kam herab ins dunkle Totenreich.

Sie nahm die sieben göttergleichen Kräfte,
Sie sammelte die göttergleichen Kräfte
Und fasste zärtlich sie mit ihrer Hand.
Und mit den guten göttergleichen Kräften
Ging sie auf ihren Weg ins Totenreich.
Sie legte einen Linnen-Turban an,
Die Kopfbedeckung für das offne Land,
Sie nahm ein goldnes Stirnband um die Stirn.
Um ihren Hals trug sie die Perlenschnur,
Die Perlen waren Lapislazuli.

Wie Eier Zwillingsperlen auf dem Busen!
Den Körper deckte sie mit einem Kleid,
Dem reizenden Gewand der Weiblichkeit.
Sie legte Schminke auf: Den Mann lass kommen!
Sie legte Schminke auf die Augenlider.
Sie zog das Brusttuch an: Komm, Mann, zum Busen!
Sie legte einen Goldring an die Hand,
Sie hielt den Stab von Lapislazuli.

Als sie dies hörte, schlug Ereschkigala
Mit ihrer Hand auf ihre Oberschenkel
Und biss sich mit den Zähnen auf die Lippen
Und nahm des Mannes Worte sich zu Herzen.
Da sagte sie zu ihrem Haupttürsteher:
Komm, Haupttürsteher in der Unterwelt,
Sei achtsam du auf meine Weisungsworte,
Die ich dir treulich überliefert habe,
Dass wir die sieben Todestore schließen,
Sei jede Pforte des Palasts verschlossen.
Dann öffne sie für sie und lass sie ein,
Nachdem sie alle Kleider abgelegt,
Dann werden ihre Kleider weggetragen.

Der Haupttürsteher in der Unterwelt
Gab acht auf den Befehl der Vielgeliebten,
Verriegelte die sieben Todestore,
Dann öffnete er jede Pforte einzeln
Und sagte zu der heiligen Inanna:
Komm, Göttin, lege deine Kleider ab!

Und als sie durch die erste Pforte trat,
Der Turban ward entfernt von ihrem Kopf.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die zweite Pforte trat,
Die Perlenschnur aus Lapislazuli
Von ihrem Schwanenhalse ward entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die dritte Pforte trat,
Die Kugeln in der Form von kleinen Eiern
Von ihrem großen Busen ward entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die vierte Pforte trat,
Das Wort: O komm, mein Mann, zu meinen Brüsten!
Von ihrem nackten Busen ward entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die fünfte Pforte trat,
Der Goldring ward von ihrer Hand entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die sechste Pforte trat,
Da ward der Stab von Lapislazuli
Aus ihrer weichen weißen Hand entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Und als sie durch die siebte Pforte trat,
Da ward das hingehauchte Seidenkleid
Von ihrem wunderschönen Leib entfernt.
Was soll das, fragte sie. Und Neti sprach:
Sei nur zufrieden, Königin Inanna,
So wird das Recht der Unterwelt erfüllt.
Inanna, öffne nur nicht deine Lippen,
Sprich gegen das Gesetz des Todes nicht.

Dann setzte sie sich nieder auf den Boden.
All ihre Kleidung war vom Leib entfernt,
Die Kleider waren weggenommen worden.
Dann ließ die heilige Ereschkigala
Inanna treten vor den Thron der Göttin.
Ereschkigala saß auf ihrem Thron,
Die Anuna dabei, die sieben Richter,
Die gaben ab ihr Urteil über sie.
Sie sah sie an, es war der Blick des Todes.
Sie sprach zu ihr, es war das Wort des Zornes.
Sie schrie sie an, es war der Schrei der Sünde.
Die Frau in eine Leiche ward verwandelt,
Die Leiche aufgehängt an einem Haken.

Drei Tage und drei Nächte gingen hin.
Und ihre Magd und Sklavin Nincubura,
Die Magd, die wunderschöne Worte machte,
Begleiterin der Königin Inanna,
Die weise schöne Worte spricht, sie sprach.
Sie hat der Herrin Weisung ausgeführt
Und nicht vergessen den Befehl der Frau,
Sie hat beachtet alle Weisungsworte.

Sie stimmte an die Klage über sie
Und sang ihr Klagelied in den Ruinen.
Sie schlug für sie die Trommel in dem Tempel,
Sie zog die Runde vor der Götter Häusern,
Und sie zerriss die Augen für Inanna
Und sie zerriss die Nase für Inanna,
Privat zerriss sie ihr Gesäß für sie.
Wie Bettler war bekleidet sie mit Lumpen,
So setzte sie den Fuß ins Haus von Enlil.

Als sie betreten hatte Enlils Haus,
Da sang vor Enlil sie ihr Klagelied:
O Vater Enlil, lass doch keinen töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Da gab im Zorne Enlil diese Antwort:
Mein Kind verlangte nach dem hohen Himmel,
Sie sehnte sich hinab zur Unterwelt,
Inanna sehnte sehr sich nach dem Himmel
Und wollte auch hinab ins Totenreich.
Doch auch die Mächte in der Unterwelt
Sind Götter, die auch Götterrechte haben.
Sie sollte sich doch nicht nach ihnen sehnen,
Denn wer dorthin kommt, der muss dort auch bleiben.
Wie kann, nachdem sie an den Ort gekommen,
Sie hoffen, dass sie werde auferstehen?

So wollte Enlil also ihr nicht helfen,
Sie ging nach Urim in das Haus von Nanna,
Da sang vor Nanna sie ihr Klagelied:
O Vater Nanna, lass doch keinen töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Da gab im Zorne Nanna diese Antwort:
Mein Kind verlangte nach dem hohen Himmel,
Sie sehnte sich hinab zur Unterwelt,
Inanna sehnte sehr sich nach dem Himmel
Und wollte auch hinab ins Totenreich.
Doch auch die Mächte in der Unterwelt
Sind Götter, die auch Götterrechte haben.
Sie sollte sich doch nicht nach ihnen sehnen,
Denn wer dorthin kommt, der muss dort auch bleiben.
Wie kann, nachdem sie an den Ort gekommen,
Sie hoffen, dass sie werde auferstehen?

So wollte Nanna also ihr nicht helfen.
Sie ging nach Eridug ins Haus von Enki,
Da sang vor Enki sie ihr Klagelied:
O Vater Enki, lass doch keinen töten
Dort in dem Totenreiche deine Tochter!
Dass nicht dein kostbares Metall legiert wird
Mit ekelhaftem Schmutz der Unterwelt!
Lass nicht den edlen Lapislazuli
Verteilt dort werden mit der Maurer Steinen!
Lass deinen wunderschönen Buchsbaum dort
Zerhackt nicht werden mit dem Holz der Schreiner!
Lass nicht die junge Königin Inanna
Getötet werden in dem Totenreich!

Und Vater Enki gab der Magd zur Antwort:
Was hat denn meine Tochter nur getan?
Was tat Inanna, was hat sie besorgt?
Was tat die Herrin aller Länder nur?
Was tat der Himmlischen sakrale Hure?
Der Götter Hure nahm mir meine Ruhe!

So Vater Enki half in dieser Sache.
Da nahm er Schmutz von seinem Fingernagel
Und schuf aus diesem Schmutze die Kurjara,
Nahm Schmutz von einem andern Fingernagel
Und schuf aus diesem Schmutz die Galatura.
Und den Kurjara gab er jene Pflanze,
Die Leben spendet in der Ewigkeit,
Den Galatura gab er jenes Wasser,
Das Leben spendet in der Ewigkeit.

Er sprach zu Galatura und Kurjara:
Der eine spende ihr die Lebenspflanze,
Der andre spende ihr das Lebenswasser.
Geht, lenkt die Schritte in die Unterwelt.
Fliegt an des Todes Tor vorbei wie Fliegen.
Schlüpft durch des Todes Pforte wie Phantome.
Die Mutter, die gebar, Ereschkigala,
Sie liegt dort wegen ihrer lieben Kinder.
Ihr Schulterpaar bedeckt vom Linnentuch,
Der Brüste Paar ist mächtig wie ein Schiff,
Die Fingernägel sind wie eine Hacke,
Das Haupthaar ist gebündelt wie der Lauch.

Und wenn sie sagt zu euch: Ah weh, mein Herz!
Dann sollt ihr sagen: Du bist ruhlos, Herrin,
Ah weh, dein Herz, so sollt ihr zu ihr sagen.
Und wenn sie sagt zu euch: Ach meine Leber!
Dann sollt ihr sagen: Du bist ruhlos, Herrin,
Ach deine Leber, sollt ihr zu ihr sagen.
Dann wird sie fragen: Sagt, wer seid ihr denn?
Schön das Gespräch mit euch von Herz zu Herz,
Da meine Leber mit der euren sprach,
Seid Götter ihr, dann lasst mich mit euch sprechen,
Und wenn ihr Sterbliche der Erde seid,
Dann wird für euch ein Schicksal wohl verordnet.
Beim Himmel und der Erde lasst sie schwören.

Und bietet sie euch einen Fluss voll Wasser,
So sollt ihr diesen Fluss nicht akzeptieren.
Und biete sie euch ein Gefild voll Korn,
So sollt ihr dieses Korn nicht akzeptieren.
Doch sagt zu ihr mit einer festen Stimme:
Gib uns die Leiche, die am Haken hängt!
Dann wird sie euch die Antwort geben: Götter,
Das ist die Leiche eurer Königin.
Dann sagt zu ihr: Und wenns der König wäre
Und sei es, dass es ist die Königin,
Gib uns die Leiche, die am Haken hängt!
Dann wird sie euch den toten Körper geben.
Dann einer spende ihr die Lebenspflanze,
Der andre spende ihr das Lebenswasser,
Und unsre Königin wird auferstehen!

Die Galatura und Kurjara taten,
Was ihnen ward geboten von dem Gott.
Sie huschten durch des Todes Tor wie Fliegen,
Sie schlüpften durch die Pforte wie Phantome.
Die Mutter, die gebar, Ereschkigala,
Sie liegt dort wegen ihrer lieben Kinder.
Ihr Schulterpaar bedeckt vom Linnentuch,
Der Brüste Paar ist mächtig wie ein Schiff,
Die Fingernägel sind wie eine Hacke,
Das Haupthaar ist gebündelt wie der Lauch.

Und als sie sprach zu ihnen: Weh, mein Herz!
Da sprachen beide: Du bist ruhlos, Herrin,
Ah weh, dein Herz, so sagten sie zu ihr.
Und als sie sprach zu ihnen: Ach die Leber!
Da sagten beide: Du bist ruhlos, Herrin,
Ach deine Leber, sagten sie zu ihr.
Dann tat sie fragen: Sagt, wer seid ihr denn?
Schön das Gespräch mit euch von Herz zu Herz,
Da meine Leber mit der euren sprach,
Seid Götter ihr, dann lasst mich mit euch sprechen,
Und wenn ihr Sterbliche der Erde seid,
Dann wird für euch ein Schicksal wohl verordnet.
Beim Himmel und der Erde will ich schwören.

Da bot sie ihnen einen Fluss voll Wasser,
Sie wollten diesen Fluss nicht akzeptieren.
Da bot sie ihnen ein Gefild voll Korn,
Da wollten sie das Korn nicht akzeptieren.
Da sprachen sie zu ihr mit fester Stimme:
Gib uns die Leiche, die am Haken hängt!
Da gab sie ihnen diese Antwort: Götter,
Das ist die Leiche eurer Königin.
Da sagten sie: Und wenns der König wäre
Und sei es, dass es ist die Königin,
Gib uns die Leiche, die am Haken hängt!
Da gab sie ihnen jenen toten Körper.
Dann einer spendete die Lebenspflanze,
Der andre spendete das Lebenswasser,
Und so die Königin ist auferstanden!

Da sprach die heilige Ereschkigala
Zu Galatura und Kurjara dies:
Bringt eure Königin ins Licht des Lebens,
Doch ihre Kleider wurden ihr beschlagnahmt.
Inanna nun, nach Enkis Weisungswort,
Sie wollte steigen aus der Unterwelt.
Und als sie aufstieg aus der Unterwelt,
Ergriffen sie die sieben Totenrichter:
Wer fuhr je aufwärts aus dem Totenreich,
Wer ist der Macht des Todes je entkommen?
Wenn nun Inanna will zurück ins Leben,
So lass sie einen Stellvertreter hier.

Als nun die Frau die Unterwelt verließ,
Da ging mit ihr die Dienerin, die Sklavin,
Inanna ließ die Sklavin nicht zurück,
Inanna hielt ein Zepter in der Hand,
Die Magd der Göttin folgte ihrer Herrin.
Doch keine militärische Eskorte
Begleitete die Frau bei ihrer Auffahrt,
Die hätten etwa Keulen in den Händen.
Doch die geringeren Dämonen und
Die größeren Dämonen hielten sie
Auf beiden Seiten fest wie Rohr und Zaun.

Die sie begleiteten, die mit ihr gingen,
Die mit Inanna waren bei dem Aufstieg,
Die hatten nichts zu essen, nichts zu trinken,
Kein reines Mehl fürs Brot zum Speiseopfer,
Trankopfer wussten sie nicht darzubringen,
Sie akzeptierten kein Geschenk und haben
Die eheliche Wollust nie genossen,
Nie je geboren süße kleine Kinder,
Die Frau sie rissen aus des Mannes Armen,
Den Sohn sie zogen von des Mannes Knien,
Sie ließen auch die Braut das Haus verlassen
Und so verlassen auch den Schwiegervater,
Die Frau sie rissen aus des Mannes Armen,
Das Kind sie rissen von der Amme Brüsten,
Doch sie zerhackten keinen scharfen Knoblauch,
Sie essen keinen Fisch und keinen Lauch,
Die zogen mit der Königin Inanna.

Als nun Inanna aufgestiegen war,
Warf Ninkubura sich zu ihren Füßen.
Sie saß im Staub an des Palastes Tür
Und war bekleidet nur mit Schmutz und Lumpen.
Da sagten zu Inanna die Dämonen:
Inanna, kehre heim in deine Stadt,
Wir werden deine Sklavin mit uns nehmen.

Inanna aber sprach zu den Dämonen:
Das ist doch meine Magd der schönen Worte,
Ist mir Begleiterin mit weisen Worten,
Die nie vergessen meine Weisungsworte
Und immer mein Gebot ganz treu befolgt.
Sie hob zu klagen an in den Ruinen,
Sie schlug die Trommel in dem Heiligtum,
Sie zog die Runde in der Götter Häusern.
Für mich hat sie zerrissen ihre Augen,
Für mich hat sie zerrissen ihre Nase,
Die Ohren sie zerriss für mich vor allen,
Privat zerriss sie ihr Gesäß für mich,
Wie Bettler saß gekleidet sie in Lumpen.

Und ganz allein sie leitete die Schritte
Nach Ekur in das Haus des Vaters Enlil,
Nach Urim in das Haus des Vaters Nanna,
Nach Eridug ins Haus des Vaters Enki.
Sie weinte traurig vor dem Vater Enki:
Die Sklavin brachte mich zurück ins Leben,
Ich kann sie doch nicht den Dämonen lassen!
So lasst uns gehn, die Göttin und die Magd,
Wir wollen gehen in die Stadt von Umma.

In Umma aber war zuhause Kara,
In Umma war er in der eignen Stadt,
Er warf der schönen Göttin sich zu Füßen,
Er hatte büßend in dem Staub gesessen
Und wie ein Bettler trug er Schmutz und Lumpen.
Da sprachen die Dämonen zu Inanna:
Geh, Königin, in deine eigne Stadt,
Wir nehmen Kara an als Stellvertreter.

Inanna aber sprach zu den Dämonen:
Nein, Kara ist mein auserwählter Dichter,
Ist meine Maniküre, mein Friseur,
Wie könnt ich ihn dem Tode überlassen?
Nein, lasst uns gehn, die Göttin und den Dichter,
Wir wollen in die Stadt Badtira gehen.

Und in Badtira war zuhause Lulal,
Er warf der schönen Göttin sich zu Füßen,
Er hatte büßend in dem Staub gesessen,
Und wie ein Bettler trug er Schmutz und Lumpen.
Da sprachen die Dämonen zu Inanna:
Geh, Königin, in deine eigne Stadt,
Wir nehmen Lulal an als Stellvertreter.

Inanna aber sprach zu den Dämonen:
Nein, Lulal ist mir stets zur rechten Seite,
Wie könnt ich ihn dem Tode überlassen?
So lasst uns gehn, die Göttin und den Freund,
Wir wollen gehn zum großen Apfelbaum,
Wir gehen in die Ebne von Kulaba.

Sie folgten ihr zum großen Apfelbaum,
Sie kamen in die Ebne von Kulaba.
Es war Dumuzi dort im schönen Kleid
Und prächtig auf dem Königsthrone sitzend.
Und die Dämonen griffen an Dumuzi
Und packten ihn bei seinem Oberschenkel.
Die Geister gossen Milch aus seiner Kanne,
Die bösen Geister schüttelten die Köpfe.
Inanna, überlass mich nicht dem Tod!
Dumuzi blies die Flöte vor Inanna.

Sie sah sie an, es war ein Blick des Todes,
Sie sprach sie an, es war ein Wort des Zornes,
Sie schrie sie an, es war ein Schrei der Sünde:
Wie viele wollt ihr denn noch von mir nehmen?
Da gab die heilige Inanna ihn,
Dumuzi, in die Hände der Dämonen.

Die sie begleitet hatten, die ihr folgten,
Gekommen sind, Dumuzi anzuschauen,
Die hatten nichts zu essen, nichts zu trinken,
Kein reines Mehl fürs Brot zum Speiseopfer,
Trankopfer wussten sie nicht darzubringen,
Sie akzeptierten kein Geschenk und haben
Die eheliche Wollust nie genossen,
Nie je geboren süße kleine Kinder,
Die Frau sie rissen aus des Mannes Armen,
Den Sohn sie zogen von des Mannes Knien,
Sie ließen auch die Braut das Haus verlassen
Und so verlassen auch den Schwiegervater,
Die Frau sie rissen aus des Mannes Armen,
Das Kind sie rissen von der Amme Brüsten,
Doch sie zerhackten keinen scharfen Knoblauch,
Sie essen keinen Fisch und keinen Lauch,
Die zogen mit der Königin Inanna.

Dumuzi schrie und dann erblasste er,
Der Jüngling hob die Hände auf zum Himmel:
O Gott der Sonne, der du bist mein Schwager,
Durch Heirat wurde ich mit dir verbunden,
Ich brachte Milch in deiner Mutter Haus,
Ich brachte Butter in das Haus der Ningal.
Nun aber meine Hände sind gefangen
Und meine Füße in der bösen Schlinge,
Gott, wirf die Schlange mir vor meine Füße,
So kann ich den Dämonen noch entkommen,
Lass du nicht zu, dass mich die Feinde fangen.

Und Utu akzeptierte seine Tränen,
Dass die Dämonen ihn nicht halten konnten.
Der Gott befreite ihn von jener Schlange,
Befreite seine Füße von der Schlange.
Dumuzi den Dämonen so entkam,
Doch packten sie ihn wieder, den Dumuzi,
Der heiligen Inanna brach das Herz!

Die heilige Inanna weinte bitter
Um ihren Ehemann, den Vielgeliebten,
Sie riss an ihren Haaren wie an Gras,
Sie riss die langen Haare aus wie Gras.
Ihr Frauen, liegend in der Männer Armen,
Wo ist mein vielgeliebter Ehemann?
Ihr Kinder, liegend in der Väter Armen,
Wo ist mein Sohn, wo mein Geliebter?
Wo, wehe, wo ist mein geliebter Mann?

Die Fliege sprach zur heiligen Inanna:
Wenn ich dir zeige, wo dein Gatte ist,
Was wird mein Lohn sein, meine Königin?
Die heilige Inanna sprach zur Fliege:
Wenn du mir zeigst, wo mein Geliebter ist,
So werde ich für dich die Tafel decken.
Die Fliege half der heiligen Inanna.
Die junge Göttin gab der Fliege Schicksal:
Im Weinhaus kann sie speisen, kann sie trinken,
Und du wirst leben wie des Weisen Söhne.
Inanna gab der Fliege dieses Schicksal
Und also kam es und geschah es auch.

Inanna aber weinte heiße Tränen.
Sie kam zur Schwester, hielt sie an der Hand:
Jetzt, Liebster, wirst du für ein halbes Jahr
Im dunklen Hause meiner Schwester wohnen,
Die andre Jahreshälfte wirst du leben
Bei mir im Licht des Lebens, mein Geliebter.
Doch fordert meine Schwester dich, so folge,
Dann wirst du eines Tages freigelassen.
Und so die heilige Inanna gab
Dumuzi hin als ihren Stellvertreter.

O heilige Ereschkigala, Göttin,
Wie süß ist es, den Lobpreis dir zu singen.


DRITTER GESANG

INANNA:

Noch gestern Herrin ich, und mir verging die Zeit,
Inanna ich, die Frau, und mir verging die Zeit,
Da war ich hoch erfreut, den schönen Tanz zu tanzen,
Mich freute sehr die Nacht mit ihrem großen Ganzen,
Ich freute mich am Lied, am liebenden Gesang,
Da mir das Liebeslied, die Hochzeitshymne klang.
Es traf mich ja der Herr, mein Freund hat mich getroffen,
Er gab mir seine Hand, es stand sein Herz mir offen.
Und Ucumgala hat von Herzen mich umarmt
Und über all mein Weh der Liebe sich erbarmt.
Komm, Stier, und mach mich frei, ich muss nach Hause gehen,
Komm, Freund, befreie mich, ich muss nach Hause gehen.
Ich arme Närrin bin doch meiner Mutter Kind,
Der Mutter Närrin ich, wie andre Narren sind.

DUMUZI:

Ich sag dir alles, Frau, ich will dich alles lehren,
Ich zeige dir, wie sehr die Männer Fraun verehren.
Die Freundin hat mich auf den offnen Markt geführt,
Zur Zymbel haben wir die Tänze aufgeführt,
Sie sang ihr Lied für mich, ich hört es mit den Ohren,
Es war so süß das Lied, ich hab die Zeit verloren.
Die Mutter weißt du wohl zu täuschen, wo sie wohnt,
Wir aber geben hin die Leidenschaft dem Mond.
Ich löse dir dein Haar in diesem breiten Bette,
Erfüll dich mit Genuss an dieser süßen Stätte,
Ach, Sagadidda war, der Mädchen schönste Zier,
Zusammen auf dem Pfad die ganze Zeit mit dir.

INANNA:

Er wollt zur Mutter Tor am lichten Tage kommen,
Ich bin so aufgeregt, bin in der Luft geschwommen,
Er hat entschieden sich, er kam zu Ningals Tor,
Ich bin so aufgeregt, den Atem ich verlor.
Ich wünschte, jemand wollt der Mutter etwas sagen,
Mit Duft erfüllte sie das Haus an lichten Tagen.
Ich wollt, das jemand was in Mutters Ohren ruft,
Das Haus erfüllte sie mit süßen Weihrauchs Duft.
Es duftete das Haus, man möchte Düfte zechen,
Ermunternd wusste sie, dem Freier zuzusprechen.

NINGAL:

Herr, du bist in der Tat wert der Umarmung Thron,
Des heiligen Vereins, du Gottes Schwiegersohn!
Dumuzi, du bist wert der heiligen Umarmung,
Du Gottes Schwiegersohn, wert herzlicher Erbarmung.
Mein Herr, dein Opfer ist erhört im Paradies,
Und Blume ist und Kraut aus deinem Garten süß.
Dein Opfer ist erhört im Liebes-Heiligtume,
Aus deinem heilgen Hain das Kraut, die rote Blume.

INANNA:

Als der Geliebte mich getroffen hat allein,
War froh er, mich zu sehn bei dem Zusammensein.
Der Bruder brachte mich zu seines Hauses Stätte,
Er ließ mich liegen weich im süßen Honigbette.
Mein Liebster lag mir an dem Herzen voll Genuss,
Da wir vereinigten uns mit dem Zungenkuss,
Mein Bruder machte da das Antlitz schön in Fülle,
Er stand ganz plötzlich still in Harmonie der Stille,
Vorm Erdenbeben er das Schweigen in dem Land,
Auf meiner Hüfte Rund er legte seine Hand,
Die ganze Köstlichkeit der Süßigkeit der Triebe
Ließ ich geschehen in Vereinigung in Liebe.

DUMUZI:

O Schwester, mach mich frei, befreie deinen Gast,
Geliebte Schwester, komm mit mir in den Palast,
Mein Vater wird dich dann mit deinen sieben Seelen
Als Tochter voller Huld und Gnade auserwählen.

DICHTER:

Der Bruder liebevoll zur jungen Schwester, ach,
Der Gott der Sonne zu der Frau Inanna sprach.

UTU:

O junge Herrscherin, wie schön der Flachs im Lenzen,
Inanna, wie das Korn tut in der Furche glänzen!
Ich hacke Land für dich, ich bringe dir das Korn,
Und Leinen schenk ich dir, du großer Wonneborn.
Denn Leinen, groß und klein, ist gut vor allen Dingen,
O junge Herrscherin, ich will es zu dir bringen.

INANNA:

Nachdem du mir den Flachs gebracht hast gnädiglich,
O Bruder Sonnengott, wer kämmt den Flachs für mich?

UTU:

Ich bringe ihn zu dir gekämmt, o Schwester-Herrin.

INANNA:

Bringst du den Flachs gekämmt zu der geliebten Närrin,
Wer spinnt mir dann den Flachs, wer tut so Liebes mir?

UTU:

Gesponnen bringe ich, Inanna, ihn zu dir.

INANNA:

Wenn man den Flachs gebracht zu mir in Sommernächten,
Gesponnen und gekämmt, wer wird ihn für mich flechten?

UTU:

Geflochten bring ich ihn zur Schwester als ihr Gast.

INANNA:

Nachdem geflochten du zu mir gebracht ihn hast,
Mein Bruder Sonnengott, wer wird ihn für mich weben?

UTU:

Gewoben bring ich ihn zu dir, o du mein Leben.

INANNA:

Gewoben bringst du ihn der Schwester gnädiglich,
Wer aber, Bruder Gott, wird bleichen ihn für mich?

UTU:

Gebleicht ich werde ihn der Schwester Göttin bringen.

INANNA:

Mein Gott, ich frage mich, mein Gott vor allen Dingen,
Wenn du das Brautkleid so zur Liebsten hast gebracht,
Wer geht mit mir ins Bett zum Liebesspiel der Nacht?

UTU:

Der Gatte geht mit dir ins Bette auserkoren,
Dumuzi, der er ward von reinem Schoß geboren,
Er ward am Ehe-Thron einst konzipiert, so nett,
Der gute Hirte er, er geht mit dir ins Bett!

INANNA:

O Bruder, der solls sein, der Ackermann, der Bauer!
Er, meines Herzens Mann, stillt meine Liebestrauer!
Er sammelt ja das Korn, die Spreu nur treibt er aus,
Das Korn doch sammelt er in meinem Lagerhaus.

UTU:

O Schwester Göttin, nimm zum Mann den guten Hirten!
Bist du bereit? Du sollst den Liebsten gut bewirten.
Wie gut ist seine Milch, die Sahne ist wie gut,
Was immer er berührt, das strahlt von Liebesglut!
Inanna, nimm zum Mann Dumuzi! Lust ist furchtbar!
Mit Perlenketten schmück die Brust, das macht dich fruchtbar!
Was bist du nicht bereit? Erwarte ihn daheim.
Die Sahne gibt er gern und seinen Honigseim.
Er soll der Könige Beschützer sein, der Hirte.
Was bist du nicht bereit? Auf, und den Freund bewirte!

INANNA:

Den Hirten? Nein, ich will nicht sein des Hirten Frau.
Denn sein Gewand ist grob und seine Wolle rau.
Den Bauern nehm ich mir, dem will ich mich vereinen.
Flachs lässt er wachsen mir und bringt mir feine Leinen.
Der Bauer bringt mir Frucht, er bringt mir Früchte frisch,
Das Korn lässt wachsen er, bringt Brot mir auf den Tisch.

DUMUZI:

Was willst du sagen denn von diesem dummen Bauern?
Was denkst du über ihn? Mich aber lässt du trauern?
Und gibt er Mehl dir auch und Früchte überdies,
Ich gebe Wolle dir, geb dir des Lammes Vlies.
Wenn er dir Weißmehl gibt, ich geb dir weiße Wolle.
Gibt er dir Bier, ich geb das Fass mit Milch, das volle.
Ich geb dir Honig, geb dir Käse, gibt er Brot,
Ich gebe ihm noch ab, wenn er in tiefer Not,
Ich geb ihm meine Milch und geb ihm meine Sahne.
Er hat nicht mehr als ich. Hör, wie ich dich ermahne.

INANNA:

Wenn meine Mutter nicht dir gnädig wär voll Huld,
Du wärst vertrieben schon. Doch hast du keine Schuld,
Großmutter voller Huld ist gnädig dir auf Erden,
Sonst würdest du vom Berg herab geworfen werden.
Und wenn mein Vater nicht dich herzlich liebte, ach,
Mein Vater Nanna, nun, so hättest du kein Dach.
Und wenn mein Bruder nicht, der Gott, der Sohn des Nanna,
Dich liebte, hättest du nicht Zutritt bei Inanna.

DUMUZI:

Inanna, bitte, du beginne keinen Streit!
Mein Vater ist so gut wie deiner in der Zeit.
Mein Vater Enki reich ist wie dein Vater Nanna,
Und meine Schwester ist so schön wie du, Inanna,
Wie deine Mutter ist auch meine Mutter gut
Und wie dein Bruder bin auch ich voll heißer Glut.
O junge Königin des herrlichen Palastes,
Die Worte höre des verliebten Seelengastes.

DICHTER:

Das Wort, das eben süß kam aus dem Munde ihr,
Das war ein Wort der Lust, verzehrender Begier,
Vom Ausgangspunkt des Streits und nach des Streites Flammen
Die beiden kamen doch in Liebe noch zusammen.
Der Hirte ging ins Haus mit Sahne, war im Heim,
Er kam in den Palast mit Milch und Honigseim.
Und als er stand vorm Haus, da rief er laut die Worte:

DUMUZI:

O junge Herrscherin, tu auf mir deine Pforte!

DICHTER:

Inanna lief sogleich und ihre Mutter frug,
Die Mutter Ningal, die sie einst im Schoße trug,
Die Mutter frug das Kind um Rat mit leisem Worte,
Da sprach die Mutter an dem königlichen Orte:

NINGAL:

Mein Kind, der junge Mann, der wird dein Vater sein,
Und du wirst sein für ihn sein liebes Mütterlein.
Er wird dein Vater sein und wird dich gut behandeln,
Du wirst ihm Mutter sein und liebend mit ihm wandeln.
Und darum, Königin, nun öffne den Palast
Und lass ihn ein zu dir, lass ein den Seelengast.

DICHTER:

Inanna, auf das Wort hin, den Befehl der Mutter,
Gebadet und gesalbt, aß Honigseim und Butter,
Den Körper hüllte sie mit weißlichem Gewand.
Die Morgengabe sie bereits hielt in der Hand,
Die Perlenkette schön sie legte an den Busen
Und las die Poesie der tiefgeschoßten Musen.
Dumuzi wartete bereits und war gespannt,
Inanna öffnete die Tür mit ihrer Hand.
Im inneren Palast hat sie für ihn geleuchtet,
So wie des Mondes Licht die dunkle Nacht befeuchtet.
Dumuzi sah sie froh, der er sie lang vermisst,
Und Brust an Brüste er Inanna hat geküsst.

INANNA:

Was ich dir sage, lass die Sängerin dir singen.
Was ich dir sage, lass es in das Ohr dir dringen.
Von alt zu jung mein Wort vernimm und mein Gebot:
Denn meine Vulva ist des Himmelreiches Boot,
Ist voller Eifer wie der junge Mond und wacker,
Und brach liegt lange schon mein unbesamter Acker.
Was mich betrifft, ich hab es nicht, was mir genügt,
Ich frage meinen Gott, wer meine Vulva pflügt?
Das unbesamte Land, wer wird den Acker pflügen?
Was mich betrifft, die Frau, die lange schon geschwiegen,
Wer pflügt den Acker mir, wer pflügt die Vulva mir,
Wer durch die Furche zieht den Pflug mit seinem Stier?

DUMUZI:

O höchste Herrscherin, der Herr pflügt deine Vulva!
Dumuzi ich, der Herr, will pflügen deine Vulva!

INANNA:

Die Vulva pflüge mir, mein Liebster schön und groß,
Die Vulva pflüge mir, besame meinen Schoß!

DICHTER:

Auf königlichem Schoß hochragend liegt die Zeder,
Und Ranken wachsen hoch an jeder Seite, jeder,
Die Ähren wachsen hoch, Korn golden wächst im Feld,
Der Garten üppig blüht, der Baum steht wie ein Held.

INANNA:

Er fruchtbar hat gekeimt, er hat gewuchert lange,
Er hat Salat gepflanzt am Lauf der Wasserschlange.
Er ists, der meinen Leib am allermeisten liebt!
Er liebt den Garten in der Ebene betrübt,
Und meine Gerste in den Furchen voller Züchte,
Und meinen Apfelbaum, den Wipfel voller Früchte,
Er hat Salat gepflanzt am Wasser nahe dran,
Mein Honigmann versüßt mich stets, mein Honigmann,
Er ist mein lieber Herr, der Honigmann der Götter,
Der meinen Körper liebt, den Leib, bei jedem Wetter,
Aus Honig seine Hand, aus Honig ist sein Fuß,
Er macht mein Leben süß mit seinem süßen Gruß,
Die ungestüme Lust, die Zärtlichkeit am Nabel,
Der Schenkel Zärtlichkeit ist keine Ammenfabel,
Er ists, der meinen Leib am allermeisten liebt,
Er hat Salat gepflanzt am Wasserlauf betrübt.

DUMUZI:

Oh deine Brüste sind wie prächtige Jampusen
Und wie Granaten ist dein wundervoller Busen!
Die grünen Pflanzen trägt dein weites Ackerfeld,
Getreide trägt dein Feld, du Fruchtbarkeit der Welt.
Das Wasser fließt herab, das Wasser ist dein Sklave,
Das Brot vom Himmel kommt, die Speise ist dein Sklave,
Begieße alles mir, Inanna, voller Lust,
Ich trinke alles, was mir bietet deine Brust!

INANNA:

Mach deine Milch nur süß und dick, geliebter Gatte,
Ich trinke deine Milch, vom Seim ich bin die Satte,
Dumuzi, wilder Stier, die Milch mach süß und dick,
Ich trinke deine Milch, das Trinken ist mein Glück,
Die Ziegenmilch lass du in meinen Schafstall fließen,
Den Ziegenkäse und den Seim will ich genießen,
Mein Herr Dumuzi, dein Gebratnes esse ich,
Den Schafstall treu bewache ich für dich,
Bewach das Lebenshaus, das voller Überflüsse,
Bewach den lichten Ort, Chaldäa der Genüsse,
Und den Entscheidungsort, wo Schicksal man beschließt,
Den Schicksalsort, von wo des Lebens Odem fließt,
Das Haus, das uns verleiht den Lebenshauch, den sachten,
Ich Königin, ich will auf diese Häuser achten.

DUMUZI:

Ich möchte gern mit dir in meinen Garten gehn,
O Frau, ich will mit dir in meinen Garten gehn.
Ich will mit dir in den geliebten Apfelgarten,
Ich will beim Apfelbaum auf meine Schwester warten,
Dass ich dort Bäume pflanz, ins Erdreich eingesteckt,
Die Apfelblüten sind mit Nektarstaub bedeckt.

INANNA:

Er brachte mich in den geliebten Apfelgarten,
Dumuzi brachte mich in seinen Apfelgarten,
Ich schlenderte mit ihm beim grünen Apfelbaum,
Ich stand mit ihm auch beim gestürzten Apfelbaum,
Vorm Baum hab ich gekniet, so wie es sich gehörte,
Mein Bruder sang ein Lied, wie ich es gerne hörte,
Dann in der Pappel er hoch in dem Wipfel sitzt,
Er kam zur Mittagszeit, von Sonnenglut erhitzt.
Und wird mein lieber Herr Dumuzi zu mir kommen,
Begieß die Pflanzen ich aus meinem Schoß, dem frommen,
Ich lege Pflanzen an und werde Pflanzen ziehn,
Die Pflanzen ich begieß, begieße sie für ihn,
Und ich begoss das Korn, das goldene Getreide,
Ich schüttete das Korn aus meines Schoßes Scheide.
Und letzte Nacht, als ich, die Herrin, hell erstrahlt,
Als ich, die Königin des Himmels, hell erstrahlt,
Als ich aufstrahlend schien und tanzte meine Tänze,
Sang ich mein Lob der Nacht, der warmen Nacht im Lenze,
Da sang ich Lob der Nacht, den Träumen und dem Schlaf,
Als mein geliebter Herr mich in dem Garten traf.
Mein Herr Dumuzi schob die Hand in meine Hände,
Er drückte seinen Leib an meine warme Lende.
Der Priester ist bereit für Lende und für Schoß!
Dumuzi ist bereit für Lende und für Schoß!
Die Pflanzen und das Kraut sind grün und fruchtbar heute,
O deine Fülle ist des Lebens meine Freude!

DICHTER:

Sie rief ihn Freund, er traf sie in dem Bette heut,
Sie rief ihn in das Bett, dass er ihr Herz erfreut,
Sie rief ihn in das Bett zu ihren süßen Lenden,
Sie hat ihn liebgekost mit königlichen Händen,
Sie forderte für sich das königliche Bett,
Die Königin im Bett, sie rief den Freund ins Bett.

INANNA:

Lass sein bereit das Bett, das da erfreut die Herzen,
Lass sein bereit das Bett, dass wir in Liebe scherzen,
Lass sein bereit das Bett, die Königin dich grüßt,
Lass sein bereit das Bett, die Lende wird versüßt,
Lass sein das Hochzeitsbett der Königin bereitet,
Das königliche Bett zur Hochzeit sei bereitet!

DICHTER:

Inanna breitete den Schleier auf das Bett,
Sie rief den König, rief den König in ihr Bett.

INANNA:

Das Lager ist bereit, es duftet süß im Schatten.
DICHTER:

Sie rief den Bräutigam, sie sprach zu ihrem Gatten.

INANNA:

Es wartet dein das Bett, es harrt des Herrn das Land!

DICHTER:

Er legte seine Hand der Herrin in die Hand,
Er legte seine Hand auf Herz und Brust der Gattin,
Er legte seine Hand auf Schoß und Scham der Göttin.
Süß ist des Nachts der Schlaf, so Arm in Arm vereint,
Süß ist des Nachts der Schlaf, so Herz an Herz vereint.

INANNA:

Ich hab mich für den Stier, den wilden Stier gebadet,
Hab für den Hirten, für Dumuzi mich gebadet,
Ich parfümierte süß die Lenden mit Parfüm,
Ich schminkte meinen Mund, weil ich das Küssen rühm,
Die Augen malt ich an mit schwarzer Augenschminke,
Die Lenden knetete er sanft, ich weiter winke,
Es füllte meinen Schoß mit Milch der Bräutigam,
Er streichelte das Haar, das lockige der Scham,
Er legte seine Hand auf meiner Vulva Scheide,
Von seiner Sahne so mein Boot, mein schwarzes, gleite,
Er hat gestreichelt mir die Vulva auf dem Bett,
Den Hohepriester jetzt ich streichle auf dem Bett,
Den Hirten streichle ich, liebkose seine Lende,
Des Hirten Phallus sanft liebkosen Mund und Hände,
Den Phallus küsse ich, das ist sein schönstes Glück,
Und so beschließ ich ihm sein ewiges Geschick.

DICHTER:

Die Königin des Alls, die aller Welt begehrlich,
Die Heldenfrau, die mehr als ihre Mutter herrlich,
Sie frug: Wer war der Mann, den Gott mir vorgestellt,
Den Enki mir empfahl, wer war der starke Held?
Die Erstgeborene des Mondes hat verordnet
Dem Hirten sein Geschick, sein Leben ihm geordnet.

INANNA:

Der Führer bist du in dem Kriege und der Schlacht,
Der Waffenträger du im Kampfe in der Nacht,
Fürsprecherin bin ich in großer Volksgemeinde,
Inspiration bin ich und Schutzfrau vor dem Feinde.
Der gute Hirte du, der du bewahrst den Schrein,
Von Uruk du der Herr, des Landes Fürst allein,
Du, dem das Licht des Schreins beim Pilgern ist begegnet,
In jeder Möglichkeit, in jedem Werk gesegnet.
So halte hoch den Kopf im Thron, o Menschensohn,
Und sitze ruhig nur im weißen Jaspis-Thron,
Bedecke deinen Kopf mit deiner goldnen Krone,
Trag lange Kleider nur und deinen Körper schone,
Den Königsmantel trag in deinem Königtum,
Die Streitaxt nimm zur Hand, das Schwert im Heldentum,
Den langen spitzen Pfeil, den Bogen in die Hände,
Das Lasso lässig häng an deine starke Lende,
Geh den geraden Weg, das Zepter in der Hand,
Die Goldsandalen an dem Fuß geh durch das Land.
Auf meinen heiligen und vollen Brüsten tänzle!
In meiner heiligen und engen Vulva schwänzle!
Erwählter Hirte du, geeignet für den Scherz,
Ein langes Leben soll genießen schön dein Herz.
Dein Schicksal ist bestimmt, es wird nicht mehr verändert,
Was Enki dir bestimmt, dein Los wird nicht geändert.
Der Ningal Liebling du, mir süße Küsse gib,
Inanna hat dich lieb, Inanna hat dich lieb!

DICHTER:

Ninshubur war der Knecht am goldnen Uruk-Schreine,
Und zu dem Knechte sprach die Königin, die reine:
Dumuzi führe du zu meiner Schenkel Paar,
Dumuzi führe du zu meiner Vulva Haar.

NINSHUBUR:

O meine Königin, die Wahl hier deines Herzens,
Der liebe Bräutigam, bereit zum Spiel des Scherzens,
Verbringen möge er wohl eine Ewigkeit
In deiner Grotte voll von Liebessüßigkeit
Und möge lange Zeit dir Liebeslüste spenden
In jenem Paradies, das zwischen deinen Lenden!
Gib du die Herrschaft ihm, die jeder anerkennt,
Gib du den Königsthron mit festem Fundament,
Gib ihm den Hirtenstab, gib ihm die goldne Krone,
Gib ihm das Diadem, den Sitz im Jaspis-Throne.
Wo steigt das Morgenrot, wo sinkt das Abendrot,
Vom Norden voller Wein zum Süden voller Brot,
Vom oberen Gestad zum untern Ozeane,
Von dem Huluppu-Baum zum Zedernbaum, ich mahne,
Lass seinen Hirtenstab uns schützen in der Hand,
Als Landwirt mache er die Früchte reich im Land,
Als Hirte mache er sehr zahlreich unsre Herde,
In seinem Königtum sei fruchtbar Mutter Erde,
Die grüne Pflanzenwelt sei uns der Fülle Horn,
Wenn er regiert, dann reift auch reich das goldne Korn.
Er soll der Fische und der Vögel Plaudern hören,
Es wachse hoch das Schilf im Kranichfeld in Röhren,
Vermehren sollen sich die Zicke und das Reh,
Sei Honig überall, der Wein sei wie ein See,
Salat und Kresse viel besitze jeder Bauer,
Im königlichen Haus sei lange Lebensdauer,
Hochwasser habe stets der Tigris und der Phrat,
Dass stets die Wiese viel von grünen Pflanzen hat.
Die Frau der Fruchtbarkeit soll stapeln Korn in Haufen,
O Königin des Alls, lass Männer sich besaufen,
Inanna, Königin des Universums, groß,
Lang sei die Zeit, die er genießt in deinem Schoß,
Die ganze Ewigkeit der Liebe soll nicht enden,
Das süße Liebesspiel von Lippen und von Lenden!

DICHTER:
Der König eilte nun mit hoch erhobnem Kopf
Auf ihre Vulva zu und deren krausen Schopf,
Mit hoch erhobnem Kopf, das Zepter in den Händen,
Er zu Inanna ging und ihren heißen Lenden.
Mit hoch erhobnem Kopf ging er zur Herrin hin,
Er öffnete sein Herz der Liebes-Priesterin.

INANNA:

Die Freude meines Sinns hat sich mit mir getroffen,
Wir freuten uns vereint, die Vulva steht ihm offen,
Und er empfängt die Lust, empfängt die Liebeslust
Von meiner heiligen und vollen, prallen Brust,
Er bringt mich in sein Haus, der Süße und der Nette,
Er legt mich nackend auf das süße Honigbette,
Mein süßer Liebling liegt im Schoß mir mit Genuss,
Ich küsse meinen Mann mit tiefem Zungenkuss,
Dumuzi liebt das sehr, ich tu es immer wieder,
Ja, siebenmal zur Nacht ich küsse seine Glieder.

DUMUZI:

O Schwester, mach mich frei, o Liebste, mach mich frei,
Dass du mir Tochter und dass ich dir Vater sei.
Geliebte Schwester komm, ich gehe in die Halle
Des herrlichen Palasts. Befreie mich und alle!

INANNA:

Mein Blütenträger, o wie war dein Reiz so süß,
Im Apfelgarten du, mein Mann im Paradies,
Mein Apfelbräutigam im schönen Apfelgarten,
Wie lieb ich deinen Reiz, den wilden und den zarten!
Mein Gatte ohne Furcht, mein schönstes Gottesbild,
Mit Schwert und Diadem, wie lieblich du und mild!

DICHTER:

O Heilige, ein Mann bestieg die Dattelpalme,
Ein Sammler, dass er pflückt, bestieg die Dattelpalme,
Inannas Palme er bestieg in strenger Zucht,
Auf dass er pflücke sie, die überreife Frucht!
Die dunkle reife Frucht er brachte zu Inanna
Und auch das Himmelsbrot, das unbefleckte Manna,
Die Frucht gab er ihr hin voll tiefer Sympathie.
Und ja, dann nahm er sie, fürwahr, dann nahm er sie!
Und ja, dann nahm er sie, um sie genau zu prüfen,
Wie einen Edelstein der Jungfrau lichte Tiefen,
Er nahm und prüfte sie wie einen Edelstein,
Und Lapislazuli er nahm und Jaspis rein,
Und aus dem Haufen von sehr edlen Edelsteinen
Nahm für Inanna er den auserwählten Einen.
Die Popo-Perlen sie fand lustig und fand froh,
Sie setzte sich darauf mit ihrem Apfel-Po!
Inanna Perlen fand, sie um den Kopf zu legen,
Fand Lapislazuli, ihn an den Hals zu legen,
Goldfäden für das Haar und Ringe für das Ohr,
Mit Honig salbte sie den süßen Mund zuvor,
Sie legte an das Gold der königlichen Halle,
Sie trug den Nasenring wie auch die Mädchen alle,
Sie pflanzte einen Baum in ihren Nabel ein,
Sie goss den Honigseim in ihre Vulva rein,
Den Alabaster nahm sie sich für Po und Scheide
Und in die Vulva steckt sie eine Trauerweide,
Der Trauerweide Stamm in ihrer Vulva Haar,
Sandalen zog sie an der nackten Füße Paar.
Die Edelsteine auf dem Haufen hat gesammelt,
Sagidda ward vom Herrn versiegelt und verrammelt!
Inanna sammelte auch Edelsteine viel,
Sie ward von ihrem Freund beglückt im Liebesspiel!
Dumuzi traf die Braut Inanna, sagt die Fabel,
Im hohen Himmelshaus und an des Himmels Nabel!
Der gute Hirte er, der seine Freundin traf,
Zur Liebe sie bereit und zu dem süßen Schlaf,
Der gute Hirte er, Dumuzi traf Inanna,
Sie in der Residenz des fürstlichen Eanna,
Von Lapislazuli gestaltet war die Tür,
Er traf sie, als sie war geöffnet für und für,
Der gute Hirte er, Dumuzi traf Inanna,
Sie in der Residenz des fürstlichen Eanna,
Inanna führte ihn zu Edelsteinen viel,
Den Gatten führte sie zu seiner Sehnsucht Ziel.
Mit Streicheln nahm sie ihn, ihn liebevoll zu streicheln,
Nahm mit den Schenkeln ihn, den Gatten, ohne Heucheln,
Inmitten ihrer zwei gespreizten Schenkel sie
Liebkoste ihren Mann voll süßer Sympathie.
Die Hure sandte nun die Botschaft an den Vater:
Die Hure tanzte nun die Botschaft an den Vater.

INANNA:

Bist in mein Haus geeilt, zu mir geeilt ins Haus?
Bist du ins Haus geeilt, geeilt zu mir ins Haus,
Um mich als Königin von meinem Thron zu stürzen,
Bist in mein Haus geeilt, um mich vom Thron zu stürzen?
Da ich bereitet hab für dich mein breites Bett,
Hast du gebreitet da für mich so lieb und nett
Den Lapislazuli und reine Edelsteine
Aufs weiße Laken mir, das reinliche und feine?
Das ists, wo ich den Mann der Liebe haben will,
Will haben ihn im Bett, dass ich den Hunger still,
Er wird dann seine Hand in meine Hände legen
Und wird mit seinem Herz mein Herz in mir erregen,
So süß ist Nachts der Schlaf, so Hand in Hand voll Scherz,
So süß Vereinigung im Bette Herz an Herz.

DICHTER:

Es sagen Freundinnen: O du bist eine Herrin!
Trauzeugen sind dir Herrn, Trauzeugen sind dir Herren,
Die große Königin, die Frau, die gerne liebt,
Trauzeugen sind die Herrn, wenn sich die Herrin gibt.
Die ihr im fremden Land zu fangen seid wie Vögel,
Trauzeugen sind die Herrn, das ist nun so die Regel.
Die du zerrissen bist wie fremde Länder fern,
Inanna, Königin, Trauzeugen sind die Herrn.
Der Eier brach entzwei, der erste ists voll Trauer,
Der zweite ist am Strom, der überfließt, der Bauer,
Der dritte ist der Mann, der immer Vögel fängt,
Der Fischer kommt zuletzt, der an das Fischen denkt.

INANNA

Ich werde Boten nun zum guten Hirten senden,
Er bringe Butter mir und Milch mit offnen Händen.
Auch einen Boten ich zu meinem Bauern schick,
Er bringt mir Honigwein mit fleißigem Geschick.
Und auch ein Bote zu dem Vogelfänger reitet,
Der für die Königin, die Frau, sein Netz ausbreitet.
Zum Fischer auch sich der berittne Bote schwingt,
Dass mir der Fischer dann den größten Karpfen bringt.

DICHTER:

Trauzeugen brachten nun der schönen Braut Geschenke,
Der Vogelfänger ihr ein Vögelein, ich denke,
Der Fischer brachte ihr den allergrößten Fisch,
Es kam der Karpfen in der Pfanne auf den Tisch,
Der Schäfer brachte ihr den Eimer voller Butter,
Dumuzi trug das Fass und brachte ihr das Futter,
Der Butter trug und Milch auf seinen Schultern gar
Und Käse trug er auch auf seinem Schulterpaar,
Der Schäfer rief ins Haus, da sprach er lustentglommen:
Dumuzi ist bereit, Dumuzi ist gekommen!

DUMUZI:

Tu auf die Pforte, Frau, tu auf die Pforte, ach!

DICHTER:

Die Mutter hörte das, die Mutter ging und sprach.

NINGAL:

Inanna, wahrlich, du bist seine Ehegattin,
Er ist dein Ehemann, und du bist seine Göttin.
Sei eine Tochter ihm, ein liebes Töchterlein,
Dann wird der Ehemann dir guter Vater sein.
Er kommt aus fremdem Land in einem schönen Hemde,
Und deine Mutter ist nun fast wie eine Fremde,
Nimm seine Mutter an, als obs die deine sei,
Nimm seinen Vater an, als obs der deine sei.

DUMUZI:

Du auf die Pforte, Weib! O Frau, von Gott begnadet!

DICHTER:

Inanna hat sich schön im Wasserbad gebadet,
Sie salbte sich mit Öl in teurer Köstlichkeit,
Sie legte an den Rock, das königliche Kleid,
Sie nahm den Talisman und nahm die Amulette,
Sie hing die Perlenschnur auf ihres Busens Bette,
Sie nahm das Siegel in die schlanke weiße Hand.
Die junge Herrin nun in Ruhe wartend stand.
Dumuzi stieß die Tür in Eile auf, und immer
Und ewig schön die Frau stand da im Mondenschimmer,
Dass sie den Mann empfängt in ihres Hauses Tür.
Er sah sie an voll Lust, er freute sich an ihr,
Er nahm sie in den Arm, als läg sie auf dem Kissen,
Und mit dem Mund begann die Frau er abzuküssen.

DUMUZI:

O Herr, gekommen bin ich heim, bin angetraut,
O Herr, gekommen ist mit mir die schönste Braut.
Mein Meister, nimm sie auf in deiner hohen Halle,
O meine Braut, o komm, kommt, junge Mädchen alle!
Inanna, komm mit mir in die Kapelle dort,
Komm mit ins Gotteshaus und höre Gottes Wort,
Dann wirst du meinen Gott und seine Schönheit schauen,
Der er der Schöpfer ist von allen schönen Frauen,
Zur Rechten Gottes du wirst sitzen in dem Thron,
Zur Rechten Gottes du, trotz allem Spott und Hohn.

DICHTER:

Obwohl er so zu ihr gesprochen und nicht klagte,
Setzt sie am Fenster sich auf einen Stuhl und sagte:

INANNA:

Das ist sehr schwer, mein Mann, was mich erwartet dort.
Hab immer nur gehorcht der lieben Mutter Wort.

DICHTER:

Er trat zu seinem Gott, dem Gotte weiser Rede,
Begrüßte seinen Gott und lallte die Gebete.

DUMUZI:

Mein Meister und mein Herr, der in der Liebe lebt!

INANNA:

Mein Freund, ich weiß nicht, wie man an dem Webstuhl webt.

DICHTER:

Er legte seinen Arm um sie und sagte frei:

DUMUZI:

Ich habe dich entführt in Liebessklaverei!
Bereitet hab ich dir das Festmahl unvergessen,
Du sitzt an meinem Tisch, wirst gute Speise essen,
Zwar meine Mutter hat nicht an dem Tisch gespeist,
Mein Bruder gleichfalls nicht, auf dass du dieses weißt,
Auch meine Schwester nicht hat an dem Tisch gesessen
Und gute Speise dort an diesem Tisch gegessen,
Doch du wirst speisen gut an diesem meinem Tisch,
Hier isst du weißes Brot, hier den gebratnen Fisch.
O meine schöne Braut, mein Atem und mein Leben,
Am Webstuhl wirst du mir die schönsten Kleider weben.
Und spinnen wirst du Garn und kämmen wirst das Vlies
Und kneten Teig für mich zu weißem Brote süß.

DICHTER:

Und sie umarmt den Stier, Dumuzi, ihren Gatten.

INANNA:

Ich bin die pure Pracht, die Sonne ohne Schatten,
Ich bin der Morgenstern am Himmel morgens still,
Die ich dich haben will, die ich dich haben will!

DICHTER

Die Frauen hört ich oft, die Liebeslieder sangen.

INANNA

Der Gatte kam herauf, mein Stern ist aufgegangen,
Er ist mir wie ein gut bewässerter Salat,
Mein Garten und mein Hain bebt, wenn der Liebling naht,
Mein Korn ist üppig in den Furchen auf dem Acker,
O wenn mein Liebling kommt, dann wird mein Herz mir wacker,
Er ist mir wie ein gut bewässerter Salat,
Mein Apfelbaum steht voll von Früchten, wenn er naht.
Der Honigmann, mein Freund, wird immer mich versüßen,
Der Götter Honigmann wird stets mich segnend grüßen,
Er grüßt mit Honighand, er grüßt mit Honigfuß,
Versüßt mich mit dem Mund und seines Segens Gruß.
Der Honigmann versüßt mir meinen nackten Nabel,
Die Oberschenkel er mir spreizt wie eine Gabel,
Mit starken Armen er umarmt mich, wenn er naht.
O meine Vulva ist ein leckerer Salat!

DICHTER:

Des Hauses Eridu ist göttliche Verheißung,
Des Hauses Sin von Gott ist Lobgesang und Preisung,
Eanna ist sein Haus, sein Haus in dieser Welt,
Es wurde Gottes Haus dir heute vorgestellt.
In Gottes Tempel schwebt die dauerhafte Wolke,
Der Wahrheit Name ist geoffenbart dem Volke,
Der Wahrheit Herz erstrahlt in strahlender Vision.
Bereitet ist das Bett, von Jaspis ist der Thron.
Und Gibil hat für dich den goldnen Schrein gereinigt,
Der Herrschaft Königin hat sich dem Freund vereinigt,
Der Herr errichtet hat dem Opfer den Altar,
Er führt die Riten durch im Tempel wunderbar.
Die Sonne sank in Schlaf, der Abend ist gesunken,
Sie sah ihn an im Bett, der Blick wie Liebesfunken,
Sie streichelte den Herrn, ihr Leben gab sie ihm,
Dem Schelmen Gottes gab sie ganz sich hin intim.
Sie sehnte sich, ersehnt hat sie das Ehebette,
Des Jubels Bette sehr ersehnte sich die Nette,
Ihr Herz ersehnt das Bett der süßen Liebeszeit,
Des Königreiches Bett, das Bett in Ewigkeit,
Sein honigsüßes Bett, sein Bett, das honigsüße,
Der Herzensfreude Bett, dass sie die Lust genieße,
Des süßen Schoßes Bett, das Bett der Königin,
Des Königreiches Bett, da gibt sie ganz sich hin,
Er deckt das Bett für sie, das unbefleckte Kissen,
Er macht das Bett für sie, um innig sie zu küssen.
Zum König sprach die Frau von seinem Bette süß,
Sie spricht des Lebens Wort vom Liebesparadies.
Der würdige Wesir der Gottesstadt Eanna
Nahm seinen rechten Arm und führt ihn zu Inanna.
O möge doch der Herr, den nennst du süßes Herz,
Genießen in dem Bett süß deiner Liebe Scherz,
Gib ihm die Herrschaft, Braut, denn seine Huld ist herrlich,
Gib ihm den Königsthron, denn er ist treu und ehrlich,
Gib du das Zepter ihm, gib ihm sein Personal,
Gib seine Krone ihm, den königlichen Saal,
Ein Diadem dem Kopf und einen Kranz, der adelt,
Gib treue Diener ihm, der nur die Bösen tadelt,
Vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang,
Von Südens Sommerlust bis Nordens Winter bang,
Vom Teiche bis zum Meer soll dienen ihm ein jeder,
Von dem Huluppubaum bis zu der hohen Zeder,
Gib ihm die Schelme und das treue Personal,
Dass er als Hirte Licht auf seine Schafe strahl,
Dass er die Esser speist und segnet reich die Bauern,
Dass er den Kindern hilft und denen, die da trauern.
Als Hirte mehre er die Schafe auf der Au,
Als Herr und Bräutigam beglücke er die Frau.
In seiner Herrschaft soll das Grün der Pflanzen wachsen
Und fruchtbar die Natur sein um der Welten Achsen,
Am Euphrat soll der Fluss voll Überschwemmung sein,
Getreide reife gold, der Weinberg trage Wein,
Im Teiche schwimmen soll die bunte Schar der Fische,
Die Vögel schwatzen süß, es biegen sich die Tische,
Und auf dem Kranichfeld schön wachse goldnes Rohr,
Die Vögel schwatzen süß und lieblich singt der Chor,
Die Bäume wachsen hoch, sind blühend reich an Blättern,
Nie soll des Donners Blitz den starken Baum zerschmettern,
Die wilde Zicke soll vermehren sich, das Reh,
Es ströme Honigseim, der Wein sei wie ein See,
Und Kresse und Salat in Menge hab der Bauer,
Des Königs Leben sei von langer Lebensdauer.
Am Tigris und am Phrat Hochwasser möge sein,
Die Gräser wachsen hoch, der Weinberg spendet Wein,
Die Wiesen seien grün und fruchtbar alle Auen,
Es herrscht die Königin, die Königin der Frauen,
Die Herrin der Natur mit ihrem nackten Hals,
Mit ihrer nackten Brust, die Königin des Alls,
Des Universums Frau, die Göttliche, die Große,
Der Gatte lebe lang in deinem süßen Schoße!
Er geht zu ihrem Schoß mit hoch erhobnem Kopf,
Er geht zu ihrem Schoß, zu ihrer Vulva Schopf,
Er preist die Königin, die Göttliche, die Pure,
Aus Liebe er umarmt sie, die sakrale Hure!


FÜNFTER GESANG

1

Singt die Göttin! Ehrt die Götter!
Preist die Herrin aller Menschen!
Lobpreist Ishtar! Ehrt die Götter!
Preist die Herrin aller Menschen!

Voller Sex-Appeal, entzückend,
Hochverehrt mit Charme und Feigen!
Voller Sex-Appeal, entzückend,
Hochverehrt mit Charme und Feigen!

Süßer Mund, die Lippen Leben,
Glück die Röte ihrer Wangen,
Rosenkränze auf dem Haupte,
Ihre Augenwinkel funkeln.

Reine, die uns rät zur Ruhe,
Hält in Händen alles Schicksal,
Sie zu sehen, macht glückselig,
Schutzgeist Männern sie und Frauen.

Wollustwonne, Liebemachen,
Harmonie lehrt uns die Herrin,
Oh, das Mädchen wird zur Mutter,
Preist die Göttin vor den Völkern!

Ishtar keine ist Rivalin,
Ihr Stärke ist erhaben,
Keine kann ihr sein Rivalin,
Ihre Macht ist sehr gewaltig.

Göttin, schrecklich, groß und schrecklich,
Triumphierend ihre Worte,
Ishtar, Größte aller Götter,
Triumphierend ihre Rede!

Sie ist Königin, Geliebte,
Jeder wirft sich vor ihr nieder,
Ihr zu Füßen strahlt der Vollmond,
Mann und Frau sind voller Ehrfurcht.

Sie spricht exaltiert und nobel,
Sie ist ähnlich Gott dem Vater,
Sie ist weise, voller Einsicht,
Ihres Bräutigams Geliebte!

Der Geliebte ihres Herzens
Ist ihr Favorit, der König,
In der Gegenwart der Göttin
Opfert er ihr Bullen, Hirsche.

Ihrem Bräutigam erbat sie
Langes Leben, ja, für immer,
Garantierte viele Jahre
Ihrem König, dem Geliebten.

Auf Befehl der Göttin neigen
Sich die Enden dieser Erde,
Alle Gegenden der Erde
Unterwarf sie Gottes Herrschaft.

Ihr Verlangen ist ihr Lobpreis,
Gott gebot mir, sie zu preisen:
Gerne hör ich ihren Lobpreis,
Sie wird allezeit dich lieben!

Ishtar, segne deinen König,
Der dich ewig liebt, Geliebte,
Gib ihm ewges Leben, Göttin,
Ewigkeiten – Ewigkeiten!


2

Ach, gefangen sind die Fürsten,
Alle Gürtel sind gelockert,
Alles setzt sich auf die Erde,
Alle Tore sind geschlossen.

Alle Göttinnen und Götter,
Sonne, Mond und Stern der Venus,
Flohen in den Schoß des Himmels,
Richten nicht mehr im Gerichte,
Fällen nicht mehr Urteilssprüche.

Nacht – verschleiert ist die Göttin,
Der Palast und die Kapelle
Und das Heiligtum ist dunkel.

Männer rufen zu den Göttern,
Flehende sind eingeschlafen.
Gott, der Richter, der Gerechte,
Gott, der Vater aller Waisen,
Ist in seinem Heiligtume.

Nacht! O mögen deine Götter,
Göttin Giwa, Göttin Erra,
Der Orion und der Drache
Und der Wagen und die Zicke
Und der Büffel und die Schlange,
Die gehörnte Schlangengottheit,
Stehen bei dem frommen Beter!

In der Weihe, die ich bete,
In dem Opfer, das ich opfre,
Lamm, gewähr mir deinen Beistand,
Lamm, mir offenbare Wahrheit!


SECHSTER GESANG

1

Tau du auf uns herab das Gold,
O Jungfrau, Tochter du des Alls,
Tau große Herrlichkeit herab,
O Göttin, Dame du des Lichts,

O Morgendämmerung mit Gold,
O gnadenvolle Königin.
Und bringe Pferd und Kuh zu uns,
Du Gnadenspenderin des Golds.

Wir haben dich gebeten, ach,
Dass du Erleichterung uns schaffst.
O Jungfrau, wecke mir den Klang
Der Freude! Schicke uns viel Gold.

Die Göttin-Jungfrau kommt herauf,
Nun bricht die schöne Göttin an,
Sie kommt! Wir denken nur an sie,
Wir Gloriensucher auf der Flut.

Hier Einer, Haupt des Männer-Stamms,
Singt laut für dich den Heldenruhm.
Die Fürsten, Jungfrau, wenn du kommst,
Sie denken dann an ein Geschenk.

Als liebende Matrone kommt
Voll Sorgfalt Morgenröte an,
Erhebend alle Lebenskraft,
Sie regt die Kreaturen an,

Lässt Vögel fliegen in der Luft,
Sie schickt die guten Zeichen her,
Schenkt jedem Menschen ein Geschenk,
Erflehen lässt sie sich vom Mann.

O reich an großer Üppigkeit,
Nach deines Aufgangs Morgenrot
Die Vögel dämmern, die schon lang,
Schon lang nicht mehr geflogen sind.

Die Morgenröte hat ein Joch
Von Rossen in der Ferne dort,
Des Sonnenaufgangs Jenseitswelt
Gießt sich auf hundert Wagen aus,

Fortschritte macht sie auf dem Weg
Zu ihrer Menschenkinder Schar.
Was lebt, lebt unter ihrem Blick,
Als Exzellenz schafft sie das Licht.

O Jungfrau, Tochter du des Alls,
Du Göttin schöner Üppigkeit,
Du strahl, entferne du den Feind,
Strahl auf mit deinem lieben Licht.

O Jungfrau, Tochter du des Alls,
Bring du zu uns die Seligkeit,
Strahl du auf unser frommes Fest.
In dir ist allen Lebens Hauch,

In dir ist alles Lebens Kraft.
Du Exzellenz, komm wie der Tau.
Auf deinem Wagen komm, o Licht.
Hör unsern wunderbaren Ruf.

O Jungfrau, bringe uns die Kraft,
Du bist den Menschen wundervoll.
Die Frommen bring zum frommen Fest,
Die Priester singen dir dein Lob.

O Jungfrau, von dem Firmament
Die Himmelsgötter bring herab,
Auf dass sie trinken unsern Saft,
Des Weines frommen Opfersaft.

Und wie du bist, gewähre uns
Viel Kühe und viel Pferde auch,
Gib Kraft uns und gib Heldenmut
Und dass wir singen dir dein Lob.

O Jungfrau, die gesehen wird,
Du mögest strahlen um und um,
Gib du uns Reichtum, schön von Form,
Nur gute Dinge und das Licht.

O Mächtige, o Eine, die
Der Priester angerufen hat
In alter segensreicher Zeit,
Gib Antwort unserm Lobgesang

Mit Güte und brillantem Licht.
O Jungfrau, die geöffnet hat
Am Tag des Himmels Flügeltür,
Erlöse von den Feinden uns.

O Göttin, Kühe gib und Brot,
Bring reichlich Silber, reichlich Gold,
Du bist geschickt in jeder Form,
Bring uns der Speisen Köstlichkeit.

Um deiner Schönheit willen gib
Uns unbesiegbar große Kraft,
Du eine Göttin voller Macht,
Und gib des Reichtums Beute uns.


2

Von oben kam der Himmel her
Zu uns als schönes lichtes Reich,
O Jungfrau, voll Verheißung uns
Und voller strotzender Potenz.

Lass rote Rosse tragen dich
Ins Haus, wo Wein sich reicht ergießt.
Dein Wagen ist von schöner Form,
O Jungfrau, der bewegt das Licht.

O schöne Tochter du des Alls,
Gib Beistand Männern, edlen Ruhm.
O lichte Jungfrau, kommt die Zeit,
Dann Vieh und Vögel regen sich,

Es scharen dann sich rings um dich
Gefiederte vom Himmel her.
Du dämmerst mit dem lichten Strahl
Und du erleuchtest unser Reich.

Die Sänger haben, wie du bist,
Mit Lobgesang gepriesen dich.
Sie haben dich gesungen schön,
O Göttin, wie so schön du bist.


3

Die Fahne hebt das Morgenrot,
Im Osten in der Mittel-Luft,
Im Orient verbreitet sie
Ihr glänzendschönes Himmelslicht.

Wie Helden mit den Waffen für
Den Krieg, so kommt sie angereist,
Mit lichtem roten Farbenton,
Der Kühe große Mutter sie.

Die violetten Strahlen Lichts
Sind leicht geschossen in die Welt.
Die Kühe haben sie genutzt,
Die vor den Wagen sind gespannt.

Im Morgengrauen haben wir
Vorstellungen erleuchtet klar,
Die Göttin rotgekleidet hat
Die höchste Strahlungskraft erreicht.

Wie Frauen singen sie ihr Lied,
Aktiv in ihrer Männerpflicht,
Gemeinsam gehen sie den Weg
Und kehren an den Ursprungsort.

Erfrischung bringen sie dem Volk,
Der liberalen Jüngerschar,
Zu denen, die da beten an,
Ergießend frommen roten Wein.

Die Göttin, wie die Tänzerin,
Legt die bestickten Kleider ab,
Wie eine Kuh ihr Euter gibt,
Die Göttin ihre Brust entblößt.

Erschaffe Licht der ganzen Welt,
So hat die Morgendämmerung
Vertrieben alle Finsternis,
Getrieben Kühe aus dem Stall.

Gesehen haben wir das Licht
Der Helligkeit der Königin,
Es breitet aus sich in der Welt
Und es vertreibt den bösen Feind.

Wie lichte Farbentönung hat
Das Opfer eingehüllt die Magd,
Des Himmels Tochter hat erreicht
Den höchsten wundersamen Glanz.

Das Limit dieser Dunkelheit
Ward überwunden. Morgenrot
Bricht wiederum hervor und bringt
Wahrnehmungen erleuchtet klar.

Wie eine Schmeichlerin so süß
Sie lächelt in dem Licht voll Ruhm,
Und schön von Angesicht ist sie,
Die hat den Tag des Glücks erweckt.

Die Sänger haben benedeit
Des Himmels Tochter, Frau des Lichts,
Die Meister mächtiger Magie
Mit angenehmem Stimmenklang.

O Göttin Morgenröte, du
Schenkst Nachwuchs uns und neue Kraft
Und viele Kinder schenkst du uns
Und manches Pferd und manche Kuh.

O du, die du aufleuchtest in
Der wundervollsten Herrlichkeit,
Dräng weiter uns mit deiner Kraft,
Du schöne Dame unsres Glücks.

O Morgenröte, kann ich je
Gewinnen Reichtum renommiert
Und starker kluger Söhne Schar?
Gib Sklaven auch und Pferdekraft.

Die du dein Antlitz offenbarst
Der ganzen Welt, die Göttin strahlt,
Die weit verbreitet ihren Blick
Bis in des Westens Abendland.

Erweckend zur Bewegung, du
Erweckst der Lebewesen Kraft,
Die du verstehst den Stimmenklang
Der Beter und der Jüngerschar.

Uralte, immer wieder neu,
Du Göttin neugeboren, schmückst
Mit immergleichem roten Kleid
Die Schönheit deines Körpers weiß.

Die Göttin kürzt die Lebenszeit
Der Menschen in der Sterblichkeit,
Wie ein geschickter Jäger teilt
Der abgeschossnen Vögel Fleisch.

Sie ist erschienen, hat enthüllt
Des Himmelreiches Horizont,
In weiter Ferne fährt sie aus
Dem Haus mit ihrem Chariot.

Der menschlichen Geschöpfe Zeit
Abnehmend sinkt hinab zur Nacht,
Doch da erscheint der Dame Licht
Mit ihren Liebsten voller Pracht.

Das hocherhabne Himmelslicht
Der hocherhabnen Dame strahlt
Und streckt das Licht wie Kühe aus
Und lässt es fließen wie die Flut.

Die göttlichen Gebote wir
Doch wollen übertreten nie,
Die Göttin kam in Evidenz
Im himmlisch schönen Sonnenlicht.

O Göttin voller Reichtum du,
Wie hast du uns bereichert doch,
Geschenke können geben wir
Der wundervollen Söhne Schar.

Du strahlende Erregerin
Der süßen Töne unsres Sangs,
Mit Reichtum hast du uns begabt
Von Pferden und von Kühen auch.

O diene uns an diesem Tag,
O Morgenrot, als reine Magd,
Verheißungsvolle Frau des Lichts,
Die du versprichst ein neues Glück.

O Morgenrot, dein Ritus und
Auch deines Himmelswagens Joch
Bereichert uns mit manchem Ross,
Mit purpurnem und weißem Ross.

Bring allen die Glückseligkeit.
Ihr Zwillings-Götter wunderbar,
O stimmt in unsre Hymne ein,
Der Morgenröte dargebracht.

Ihr Wagen ist an Kühen reich,
Auf unsrer Seite reich an Gold.
Ihr brachtet Hymnen aus dem All,
Den Menschen habt ihr Licht geschenkt.

Ihr Zwillings-Götter, bringt uns Kraft.
Kommt zu uns in dem Morgenrot
Und trinkt des Weines Opfersaft.
Heil, Göttin, die du Wunder tust!


4

Das Licht zu uns gekommen ist,
Das Schönste aller Lichter sie,
Das Jahr ist das brillante Jahr,
Sich weit erstreckt die Helligkeit.

Die dunkle Nacht ward weggeschickt
Vom Sonnengott, der auferstand,
Der einen Ort für die Geburt
Des neuen Himmelslichtes gab.

Das Fest wird als das helle Licht
Mit seinen weißen Söhnen nahn.
Der Dunkle aber trat zurück,
Hinunter ging er in sein Haus.

Unsterbliche, die wechseln nach
Einander ihren Farbenton,
Das Himmelreich bewegen sie,
Die Schwestern voller Helligkeit.

Unendlich, allgemein der Weg
Der Schwestern aus dem Himmelreich,
Von Göttern unterrichtet sie,
Abwechselnd reisen sie dahin.

Schönförmig, mit verschiednem Ton
Von Farbe und naiv im Geist,
Die Nacht und Morgendämmerung
Sind miteinander nicht im Krieg.

Es reisen Nacht und Morgenrot.
O lichte Führerin voll Glück,
Wohltönend frohe Führerin,
Du hast geöffnet das Portal.

Sie schürt die Welt an und sie zeigt
Des ganzen Reichtums Fülle uns.
Die Morgenröte hat geweckt
Der Lebewesen Lebenskraft.

O Morgenröte, reich an Gold,
Du machst zu Fuß die Schläfer wach,
Den einen einzig zum Genuss,
Den andern zu dem Gottesdienst.

Wer eine größere Vision
Gesehen hat, der sah das Licht
Und wie die Göttin Morgenrot
Die Lebewesen auferweckt.

Dem einen hohe Herrschaft und
Dem andern fromme Herrlichkeit,
Dem einen viel Gewinn an Gold,
Dem andern sein gelehrtes Werk.

Verschiedene Berufe sind
Zu sehen in der Erdenwelt,
Doch jedes Lebewesen wird
Von Morgenröte auferweckt.

Die Göttin werden dort wir sehn,
In Evidenz des Himmels Kind,
Die junge Maid erhitzt im Kleid,
In ihrem glänzend roten Kleid.

Du souveräne Dame herrschst
Auf Erden über jeden Schatz,
Die Schätze spüle zu uns her,
Allweise Göttin Morgenrot.

Sie kommt aus lichter Ewigkeit
Des grenzenlosen Morgenrots,
Sie folgt dem Weg des Morgenlichts,
Das morgens steigt am Horizont.

O Morgenröte, gehst du auf,
Du forderst alles Leben ein,
Sie ist nicht tot, sie ist erwacht
Aus ihrem tiefen Todesschlaf.

Wie du, o Ursprung, Morgenrot,
Vom Feuer angezündet wirst,
Du mit der Sonne Auge hast
Der Schöpfung Farben offenbart.

Die Menschen hast du auferweckt,
Dass sie die Göttin beten an,
Den Göttern hast du ausgeführt
Den Gottesdienst als reine Magd.

Sie werden wohl zusammen sein
Für lange Zeit, es dämmert schon,
Es glänzt, die Morgenröte kommt,
Nachfolgend strahlt das Sonnenlicht.

Sie sehnt sich nach der frühern Glut,
Voll Sehnsucht nach vergangnem Rot,
Und weiter geht sie glänzend mit
Der Zukunft nächstem Morgenlicht.

Vergangen sind die Menschen längst,
Die sahn in der Vergangenheit
Vergangner Morgenröten Glut,
Vergangnen Sonnenaufgangs Licht.

Wir, wir sind, die am Leben sind,
Jetzt schauen wir die Helligkeit,
Und sie, die später in der Welt,
Die sehen dann das Morgenrot.

Als Feindesjägerin geborn,
Du des Gesetzes Schützerin,
Du Freudegeberin, o Frau,
Erweckerin des süßen Sangs,

Allsehend, bringst du Opferfleisch
Zu dem Genuss der Götter dar,
Du scheinst auf uns, das hellste Licht
An diesem Morgen strahlt auf uns.

Vom immerschönen Tage hat
Die Morgenröte uns gestrahlt,
Die Göttin heut zeigt dieses Licht
Und hat mit Schätzen uns vermehrt.

Die leuchtend kommt am neuen Tag,
Unsterblich sie bewegt sich schön
In ihrer eignen Lebenskraft,
In unvergänglich großer Macht.

Im Himmelreich die Grenzen lässt
Sie leuchten voller lichter Pracht,
Die Göttin wirft den Schleier ab
Der Finsternis der dunklen Nacht.

Erwachen wird die Erdenwelt
Mit ihren Pferden violett,
Auf gutgenutztem Wagen kommt
Die schöne Göttin Morgenrot.

Sie bringt den Segen, der erhält
Die Lebewesen in dem Sein,
Und zeigt sich Göttin Morgenrot,
So sendet sie brillanten Glanz.

Nach vielen Morgenröten lasst,
Die lange schon verschwunden sind,
Zunächst den lichten Morgen nahn,
Darum das Morgenrot entstand.

Steh auf! Der Lebensatem hat
Uns wiederum erreicht. Die Nacht
Der Dunkelheit vergangen ist,
Gekommen ist das neue Licht.

Die Sonne wandert ihren Weg,
Und wir sind angekommen dort,
Wo jeder Mensch verlängern kann
Den Lebenstag der Existenz.

Wir singen einen Lobgesang
Auf aller Morgenröten Glut
Und mit der Priester Hymne steigt
Zugleich des Dichters Hymne auf.

So leuchte du ihm dann zu Tag,
O reine Jungfrau, der dich lobt,
Das Leben strahle als Geschenk
Und Kindersegen strahle aus.

Die Morgenröte gibt den Sohn,
Die Söhne alle Helden sind,
Gibt Kühe und gibt Pferde auch
Dem Mann, der bringt das Opfer dar.

Die bringen dar den Rebensaft,
Die singen lauter den Gesang,
Als ihn der Opferpriester singt,
Bringt Opfer er dem Morgenrot.

O Göttermutter voll des Lichts,
Gestalt der Herrlichkeit des Herrn,
Des Opferfestes Fahne rot,
Du werde stets von mir erhöht.

Steh auf und schenke unsrem Kult
Und unsrer Ganzhingabe Lob,
Und gnädig mache mich zum Haupt
Der Menschenkinder meines Volks.

Was immer auch für Herrlichkeit
Die Morgenröte mit sich bringt,
Den Mann, der preist das Morgenrot,
Den segne du mit deiner Huld.


5

Der Götter großer Wagen hat
Sich nützlich in der Welt gemacht,
Der Wagen der Unsterblichkeit
Der Himmelsgötter, fuhr hinan.

Gern, um das Licht zu bringen in
Der armen Menschenkinder Haus,
Die edle und aktive Frau
Und Göttin aufstieg aus der Nacht.

Vor allem hat sie auferweckt
Der Lebewesen ganze Welt,
Die Hocherhabne, die gewinnt
Und sammelt manchen guten Schatz.

Erneut belebt und ewig jung,
Zu hocherhaben ist ihr Blick.
Das Morgenrot als Erste kam
Zu unserm frommen Gottesdienst.

O Göttin Morgenröte, du,
Die edel du geboren bist,
Du handelst heute glücklich für
Den ganzen Lauf der Sterblichkeit.

Kann aufgehn denn der Sonnengott,
Der Freund der Heimat, mit dem Licht,
Und kann er uns erklären auch,
Dass wieder wir von Sünde frei?

Sie zeigt uns ihre schöne Form
An jedem Tage, der geschieht,
Mit der Verbreitung ihres Lichts,
Das kommt in jedes Menschenhaus.

Die sie erobert alle Welt,
Mit hellem Glänzen kommt sie an,
Ihr Anteil ist der beste Schatz,
Die Schätze sind ihr Eigentum.

Der Götter Schwester, erste Frau,
Ich sing dir meinen Lobgesang,
Du Erste unter allen Fraun,
Ich sing dir, Göttin Morgenrot.

Die Schwächung du der starken Macht,
Die nichts als Böses wirken kann,
Die Frevler wir bezwingen so
Mit deinem Wagen, Morgenrot.

Lass uns voll froher Freude sein
Und schöne Hymnen singen dir,
Gedanken denken nur für dich,
Wir bringen dir die Flamme dar.

Die Morgenröte strahlend weit
Macht deutlich ihren schönen Schatz,
Sie, die die Finsternis vertreibt,
Die auferstanden aus der Nacht.

Die eine geht, die andre kommt,
Im Farbenton des neuen Tags
Die Morgenröten folgen sich,
Das immer neue Morgenrot.

Der Tag verbirgt die dunkle Nacht,
Die Nacht, die Mutter allen Lichts.
Der Morgen auf dem Chariot
Im Licht der Morgenröte glänzt.

Die gleiche Form kommt stets zu Tag,
Das gleiche jeden Morgen neu,
Das ist noch immer das Gebot,
Der Wille, das Gesetz des Herrn.

O Makellose, wiederum
Durchquerst du alle Himmel und
Dann huschst du durch des Äthers Luft
In einem raschen Augenblick.

Die junge Göttin hat erkannt
Die ersten Tage der Natur,
Die weiß und strahlend sich erhebt
Aus tiefer Nacht und Dunkelheit.

Die Jungfrau bricht nicht das Gesetz
Des Ordens, sondern Tag für Tag
Sie kommt zu unserm Erdenkreis,
Erleuchtet strahlend jeden Ort.

Im Stolz der Schönheit reiner Magd,
O Göttin, gehst du zu dem Gott,
Den du von Herzen dir ersehnst
Und den du zu gewinnen suchst.

Und lächelnd jung, ein Mädchen jung,
So leuchtest du vorm lichten Gott,
Und du enthüllst den Busen und
Du zeigst ihm deine Brüste nackt.

Von deiner Mutter schön geschmückt
Als Braut, so zeigst du deine Form,
Dass alle sehen deine Form,
Die schöne Form der jungen Braut.

Gesegnet bist du, Morgenrot,
O glänze weiter noch umher,
Kein andrer Morgen je erreicht,
Was du erreichst, o reine Magd.

An Kühen reich, an Pferden auch,
Und reich an manchem goldnen Schatz,
An manchem Schatz von großem Wert,
So kommst du mit dem Sonnenstrahl.

Ganz einsam in dem Morgengraun
Und kommend in dem Morgenlicht,
Nimmst du gewohnte Formen an,
Die uns versprechen Glück und Lust.

Gehorsam sind wir dem Gesetz
Der Ewigkeit, dem Weltgeschick,
Dass uns das ewige Gesetz
Auf Erden segne mehr und mehr.

Komm glänzend zu uns, Morgenrot,
Und wende dich uns strahlend zu,
So süß zu hören, Sonnensang.
Den Häuptling wir verehren treu.


6

Die Morgenröte schön erscheint,
Wenn Feuer angezündet wird,
Wenn strahlend hell die Sonne steigt,
Verbreitend ihre Helligkeit.

Der wunderschöne Sonnengott
Hat alle Menschen ausgesandt,
Um in dem Werk aktiv zu sein,
Und schickt ans Werk der Erde Vieh.

Nicht sind zu unterbrechen die
Verordnungen des Himmelreichs,
Obwohl das menschliche Geschlecht
Vom Himmelsgott vermindert wird.

Das letzte Morgenrot, das wich,
Die erste Morgenröte von
Den Morgen, die erschienen sind,
Die Morgenröte schimmert schön.

Sie ist in östlicher Region
Erschienen, Tochter sie des Alls,
In ihrem Kleid aus Sonnenlicht,
In klarer Ordnung sie erscheint.

Fürwahr, sie folgt des Aufgangs Weg
Und fehlt nicht auf dem Weg des Lichts,
Und jede Himmelsrichtung sie
Erkennt mit ihren Augen klar.

Sie wird gesehen in der Näh,
Als wäre sie des Einen Schoß,
Sie kündet alle Dinge an
Wie schöner Lieder Sängerin.

Sie kommt wie eine Biene beim
Erwachen, Honig in dem Schoß,
Von allen Göttinnen ist sie
Die wahrste und die treuste Frau.

Im Osten der Region des Alls
Zeigt sie des Morgens Fahne rot,
Der Kühe große Mutter sie,
Der Pferde schöne Reiterin.

Und breiter, immer breiter wird
Ihr Licht am Horizont gesehn
Und füllt die weiten Runden aus
Der Eltern und der Erben Schar.

Die über weite Ebnen streut
Die Helligkeit von ihrem Licht,
Sie wahrlich sieht sehr lieblich aus
Mit makellosem Angesicht.

Auf ihre makellose Form
Zu Recht ist sie in Demut stolz,
Geht nicht mit hohen Dingen um,
Bescheiden ist die schöne Frau.

Die keinen lieben Bruder hat,
Sucht Männer, die ihr spenden Lob,
Zu steigen in den Chariot,
Als wollt man sammeln einen Schatz.

Die süße Göttin Morgenrot
Als zärtliche Matrone kommt
Und gut gekleidet zu dem Mann,
Enthüllt die Schönheit ihrer Form.

Die junge Schwester lässt den Platz
Der ältern Schwester, und die schaut,
Wie ihre junge Schwester weicht,
Die ältre Schwester sitzt im Thron.

Mit ihrer Schönheit sie bedeckt
Die Welt, mit Sonnenstrahlenglanz,
Wie Frauen schön sind bei dem Fest,
Sind sie geschminkt, sind sie geschmückt.

Und alle diese Schwestern, eh
Die spätere verschwunden ist,
Sie schreiten jeden Tag voran,
So nämlich ist der Lauf der Welt.

So war einst die Vergangenheit
Erfüllt von Tagen voller Glück,
Da kam das neue Morgenrot
Und ließ erstrahlen ihren Schatz.

Steh auf, du reiche Königin,
Du liberalste Geberin,
Die finstern Frevler lasse du
Im Dunkel schlafen unerweckt.

Dein Glanz ist reich, o reiche Frau,
Den strahlst du auf den reichen Mann,
Der glücklich schon auf Erden ist,
Weil er dir singt den Lobgesang.

O Göttin Morgenröte du,
Verschwende deiner Gnade Huld
Und segne deinen Sänger, Frau,
Der Lob singt deiner Göttlichkeit!

Des Ostens junge Maid erstrahlt
Und strahlt auf uns herab ihr Licht,
Sie lenkt ihr kräftiges Gespann
Von roten Ochsen voller Kraft.

Sie wird erstrahlen schön, sie wird
Das Licht beschleunigen hierher,
Und mit dem Gott des Feuers wird
Sie sein in jedes Menschen Haus.

Wie morgens Vögel fliegen auf
Aus ihrer Ruhestatt, dem Nest,
So Männer auch mit Opferbrot
Bewirken deine Dämmerung.

Der liberale Erdenmensch
Zurück kehrt wieder in sein Haus.
O schöne Göttin Morgenrot,
Viel gute Gaben bringst du ihm.

Sei du durch mein Gebet gelobt,
Wer loben kann, der singe Lob.
Den Wohlstand hast du uns vermehrt,
O Morgenrot, die du uns liebst!

Ihr Göttinnen, wir möchten nur
Gewinnen eurer Gnaden Huld,
Es singen Tausende euch Lob,
Zehntausende euch Lob und Preis.


SIEBENTER GESANG

Jetzt bet ich für die Wirklichkeit des Segens
Der Göttin, Ursprung sie, der Welten Mutter,
Sie, deren Form der große Atem ist
Und deren Wesen ist Glückseligkeit!

Ur-Eine, Mutter aller Kreaturen,
Du Schöpferin des Ursprungs, Lebens, Todes,
Die schafft, erhält, zerstört die Welten alle,
Ich sing die Hymne, reinige mein Wort.

O Tochter du des Königes der Berge,
Du bist der Ursprung der Zerstörungskraft,
Du lebst in Erde, Wasser, Luft und Feuer,
Du lebst im Opfer und in Mond und Sonne
Und du zerstörst den Leib des bösen Feindes.

O Mutter! Menschen ehren fromme Flüsse,
Sie schimmern in den wirren Haaren Gottes,
Gereinigt von dem Staub die Lotosfüße.

Der Mond erfreut den Lotos und kein andrer,
Die Sonne freut den Lotos und sonst niemand,
Und so mit aller deiner Süßigkeit,
O Mutter, du erfreust das Universum.

Obwohl du bist der Urgrund aller Welten,
Doch bist du immerjugendliches Mädchen.
Obwohl du Tochter bist des Bergeskönigs,
Doch bist du voller süßer Zärtlichkeit.
Obwohl du bist die Mutter aller Bücher,
Doch können Hymnen nimmer dich beschreiben.
Obwohl dich viele Menschen meditieren,
Doch kann ihr Denken nimmer dich begreifen.

O große Mutter aller Universen!
Die da geboren sind als Menschenkinder,
Die können schwer die Mutter nur erreichen.
Und die geboren sind und reif geworden,
Die aber nicht die große Mutter ehren,
Obwohl sie stehen auf der Leiter Spitze,
Die werden dennoch bald herunterfallen.

Wir beten dich mit Blumen an und Weihrauch,
Wir knieen auf dem Grund mit kaltem Wasser
Und bringen Pulver dir von Kampfer dar,
Du Souveränin über alle Welten!

Und wie im Schlaf der König aller Schlangen,
O Mutter, wohnend in der Lotosblüte,
Du hast erschaffen jedes Universum,
Du bist so strahlend wie ein Blitz zur Nacht,
Und du erreichtest die Region des Äthers.

Dein Leib, von Nektar überfließend, feucht,
Kommt wiederum zu deinem Aufenthalt.
O Mutter, Ehegattin unsres Gottes,
Dein Herz erstrahlt – wir werden neugeboren.

Von ganzem Herzen ich betrachte dich,
Betrachte deine Form, dein schönes Antlitz,
Wie lang hernieder wallen deine Haare,
Wie voll die Brüste und wie schlank die Taille!
So hältst du in der Hand den Rosenkranz,
Den Nektarkrug, das Offenbarungsbuch,
Und mit der vierten Hand schaffst du die Geister.

Die Weisen, die die Sinne bändigen
Und haben überwunden ihre Feinde,
Im Meditieren schauen sie dich an
Und halten in der Hand den Rosenkranz.

Glücksgöttin bist du, lauter Glanz und Gold,
In beiden Händen hältst du Lotosblüten,
Mit deinen andern Händen machst du Gesten,
So schenkst du Gnade und zerstreust die Angst.
Vier Elefanten halten mit den Rüsseln
Die Kelche, gießen Nektar auf dein Haupt.

Die Mutter bist du, auf dem Löwen sitzend,
Gefärbt bist du wie grünes Sommergras,
In allen deinen Händen hältst du Waffen,
Und so bewirkst du den Ruin der Feinde.

Ich denke immer wieder an die dunkle
Urzeitliche, die schwankt mit Leidenschaft,
Ihr wunderschönes Angesicht erwärmt
Und feucht vom Schweiß des heißen Liebesspieles,
Ich denke an das Halsgeschmeid von Beeren
Und wie sie schön bekleidet ist mit Blättern.

O treue Ehegattin unsres Gottes,
Ich lege meinen Kopf auf deine Füße,
Die Füße, die verfolgt sind von den Büchern,
Ein Schwan, gelockt vom Klirren deines Gürtels!

Ich ehre dich vom Knöchel bis zum Knie,
Den Einen auf dem Stier schau ich voll Huld an,
Und wer wird satt an Schönheit wenn nicht der,
Der schaut auf deinen Leib mit beiden Augen
Und schaut dich auch mit seinem dritten Auge.

Ich rufe deine beiden Oberschenkel,
Beschwöre auch des Elefanten Rüssel,
Du zärtlicher als selbst der Wegerich.
Die Jugend formte deine Oberschenkel,
Zwei Säulen, darauf das Gewicht der Hüften.

Mit meinem Blick auf deine Taille scheint es,
Als ob mein Blick wär völlig absorbiert
Von deinen großen Brüsten, breiten Hüften!
Die Jugend, die den Leib hüllt in ihr Haar,
Sie möge stets in meinem Herzen strahlen!

Ach, nie vergess ich deinen kleinen Nabel,
Das ist ein sichrer unverletzter Teich,
Im Angesichte deiner Jugendblüte,
Gefüllt mit Schönheit der Geliebten Gottes,
Der Angst hat vor der Glut im Blick der Herrin.

O deine Brüste sind dem Lotos ähnlich,
O deine Brüste sind beschmiert mit Sandel,
Die sagen von des Herrn Umarmungen.
Ruf die zinnoberroten Glieder du,
Die feucht sind von dem Nektar, rufe sie
Und ruf die Leidenschaft der Elefanten,
Die auferstanden aus dem Bad im Wasser,
Befleckt vom Schaum, o Göttin schöner Liebe!

Die beiden Arme sind vom Wasser schön,
Von deinem Körper tropfen Wassertropfen,
Gebadet von der Ferse bis zum Hals,
Gebildet von dem Herrn der Krokodile,
Die Schlingen halten fest des Feindes Kehle,
Ich darf sie nie vergessen, meine Schönste!

O Tochter du des Königes der Berge,
Ich stets betrachte deinen Schwanenhals,
Der hat die Schönheit einer schlanken Vase
Und ist geschmückt mit Ornament und Kettchen,
Doch werde ich nie satt, dich anzuschauen.
O Mutter! Der ist nicht umsonst geboren,
Der oft dich anruft in dem innern Herzen.
Dein Antlitz, große Augen, lichte Stirn,
Dein süßes Lächeln, deiner Wangen Glut,
Das Ebenmaß der Nase, rote Lippen!

Wer sieht auf deiner langen Haare Fülle,
Erleuchtet von der Sichel jungen Mondes,
Gleich einem Bienenschwarm um süße Blumen,
Der ist der Fesseln dieser Welt befreit.

Der Sterbliche, der in der Welt des Todes
Devot im Herzen diese Hymne liest,
Die süß ist in den Ohren eines Weisen,
Erreicht für immer allen Glückes Reichtum,
Der nimmt auch an den König mit der Krone,
Die Krone, liegend zu des Königs Füßen.

O du Zerstörerin der Zeit! Du Eine!
Du bist voll Wohltat, Herrin aller Künste,
Zerstörerin des Stolzes böser Zeit,
Du liebst den Gott mit den gelockten Haaren,
Du Mutter aller Zeit, du bist brillant,
Bist strahlend wie das Feuer der Erlösung.
Du Ehefrau des Gottes langer Locken,
O du mit deinem formidablen Antlitz,
Du Ozean des Nektars des Erbarmens,
Du Allbarmherzigkeit, du Schiff des Mitleids,
Die Allbarmherzigkeit ist ohne Grenzen,
Du bist erreichbar einzig durch die Gnade,
Du bist das Feuer, du bist schwarz von Farbe,
Du mehrst die Seligkeit des Herrn der Schöpfung,
Du Nacht des Dunkels, der Begierde Form,
Befreierin von der Begierde Fesseln,
Du, die du dunkel bist wie eine Wolke
Und trägst die goldne Sichel jungen Mondes,
Zerstörerin der Sünden böser Zeit,
Zufrieden mit der Huldigung der Jungfraun,
Du Zuflucht der Anbeter und der Jungfraun,
Du bist zufrieden mit dem Fest der Jungfraun,
Du liebst die Kunst in Form der schönen Jungfrau.
Du wanderst durch den Wald, erfreut an Blumen,
Du wohnst im Wald, du trägst den Blumenkranz,
Du trägst Girlanden aus des Waldes Blumen,
Du, die du jung bist, weich ist deine Stimme,
Süß deine Stimme wie des Vogels Flöte,
Du trinkst den Wein, du freust dich an dem Wein,
Ein Schädel ist dein Kelch, gefüllt mit Wein,
Aus Totenknochen trägst du die Girlande,
Du bist zufrieden mit der Lotosblume,
Du bleibst auch in der Lotosblüte Mitte,
Dir gut gefällt der Duft der Lotosblüte.
Du wandelst mit dem Gange eines Schwanes,
Zerstörerin der Angst, du Willensstarke,
Du schöne Eine, die den Wunsch erfüllt,
Dein Liebreiz ist ein Ornament des Lichtes,
Bezaubernde, der Zärtlichkeiten Bild,
Du mit dem zarten wunderschönen Leib,
Du mit der schlanken Taille, breiten Hüften,
Du freust dich an dem Nektar reinen Weines,
Du gibst Erfolg, du Göttin deiner Jünger,
Wenn sie vom Weine überglücklich sind,
Die du dich freust, wenn dir der Fromme huldigt,
Du eingetaucht im Ozean des Weins,
Du Schutzfrau aller, die den Wein gern trinken,
Dir schenkt der Duft von Moschus schöne Freude.
Du bist gezeichnet mit dem Mal von Moschus,
Gut bist du denen, die dir Moschus opfern,
Lieb hast du jene, die dir Moschus opfern,
Bist Mutter allen, die dir Weihrauch opfern,
Begeistert bist du von dem Moschus-Hirsch,
Du freust dich an dem Opfermahl von Moschus,
Dir schenkt der Duft von Kampfer schöne Freude,
Dein Körper ist beschmiert mit Sandelpaste,
Du trinkst den reinen Wein, gewürzt mit Kampfer,
Gebadet in dem Ozean des Kampfers,
Geboren aus dem Ozean des Kampfers.
Verkörperung des Geistes, Hochverehrte,
Voll Wohltat, aufmerksam und immer freudig,
Du Offenbarerin der Wege Gottes,
Du Königin, Befreierin von Leiden,
Du Geberin der Segnungen des Herrn,
An deinen Zehen klingeln kleine Glöckchen,
Die Glöckchen klingeln, wenn du dich bewegst,
Du bleibst im goldnen Berg, du bist wie Mondschein,
Du freust dich an der Kunst des Rezitierens,
Zerstörerin von aller bösen Neigung
Und von Bedrängnissen der bösen Feinde,
Zerstörerin der Angst vorm Bruder Tod,
Tief neig ich mich vor dir, o Große Mutter!

O Liebeshöttin, Gottes Vielgeliebte,
Verehrt wirst du von allen Universen,
Wie du dem Herrn treu bist, sei mir auch treu.
Wer betet an die Göttin und wer liest
Die neunundneunzig Namen unsrer Herrin,
Mit dem und seiner Frau und seinen Söhnen
Die Königin für alle Zeit verweilt.

O Mutter, Zuflucht suche ich bei dir,
Du Geberin von Wohlstand und von Reichtum
Für die, die dich hingebungsvoll verehren.
Den rechten Fuß auf unsres Gottes Brust,
Den linken Fuß auf seinen Oberschenkeln.
Schon bist du da, mit lächelndem Gesicht.
Die Augen vollerblühte Lotosblüten.
In deinen Händen hältst du einen Schädel,
Ein Buch, ein Schwert und eine Lotosblume.

Des Wortes Göttin du, des Sanges Muse,
Schlingpflanze, die uns jeden Wunsch gewährt,
Du bist die Geberin von allen Gnaden
Und bist die Kraft, um Poesie zu schaffen.
Drei Augen hast du, blaue Lotosblüten,
Du Ozean der Güte und des Mitleids.
O regne du auf mich des Wohlstands Nektar.

Ich bitte dich, entferne meine Ängste.
O stolze Frau, brillant sind deine Kleider,
Du Leuchtende, von Schlangen rings umgeben,
Du bist gekleidet in ein Tigerfell.
Wie schmücken Glöckchen deine schmale Taille!
Du hast die grausen Köpfe von Dämonen
Mit Blut besudelt und vom Schwert durchtrennt.
O, deine schlanke Taille ist gegürtet,
Am Gürtel hängen Köpfe von Dämonen,
Wie eine blumige Girlande baumelnd.
So schön bist du, o formidable Eine!

O Frau, die man mit Mühe nur erreicht,
O Göttin, Zuflucht nehme ich zu dir.
Du schön von Form und du charmant den Freiern!
Du bist die Sonne und du bist der Halbmond,
Und deine göttliche Substanz ist Geist.
Du bist das Wort und Schutzfrau aller Wesen.
Dreifaltig deine schönen Formen sind,
Denn sie sind groß, erhaben und subtil.
Dich können fromme Bücher nicht erreichen.

Nur durch den Dienst an deinen Lotosfüßen
Der Mensch der guten Tat erreicht Erlösung.
O Frau, du bist die Ehegattin Gottes,
Des Schöpfers und Erhalters und Vollenders.
Wer deinen Lotosfüßen lässig dient,
Der statt der Mutter dient den andern Göttern,
Wird stürzen in den Ozean der Welt,
Ist ignorant, wie es die meisten sind.

Die Götter, die erhalten Ihre Kronen,
Sind Pollen nur von deinen Lotosfüßen,
Sie halten ihre ewigen Versprechen
Und siegen schließlich über ihre Feinde.
Wir, zweifellos in deinem Schoß gebettet,
Doch unsre Feinde fordern dich heraus.
Ich bin ein Gott und keiner ist mir gleich,
So sagen sie und finden nur den Tod.

Wer deinen nackten Lotosfüßen dient,
Dem wird der schönen Weisheit Geist gegeben,
Er übertrifft die Fürsten in der Rede
Und sieht des Liebesgottes süße Schönheit.
Er kann mit Zauber und Magie besiegen
Des Krieges Elefanten auf dem Schlachtfeld.
Er hat die Macht, den Regen aufzuhalten.
Die Geister und der Wohlstand dienen ihm.

Wer rein ist und die Leidenschaft beherrscht,
Der lese diese Hymne an die Mutter
Und les sie morgens, mittags, abends, nachts,
Ihm ist gegeben die Begabung dann
Der Schönheit, sei's in Prosa oder Versen,
Ihm ist gegeben Kenntnis aller Weisheit
Und unvergängliches Vermögen auch,
Genuss von allem, was sein Herz sich wünscht,
Die Schönheit, Ruhm und Reichtum und die Liebe
Der Menschenkinder, schließlich die Erlösung.

O süße Göttin! Komm in meine Seele,
Die ist erschüttert von den bösen Geistern,
Zerstör die Katastrophen, die mich plagen,
Hervorgegangen aus der Angst und Bosheit,
So dass ich werde frei von der Gefahr
Und sicher durch die Trauben deiner Füße,
Dass mein Verstand kann schwimmen wie der Schwan,
Ich freu mich in dem Ozean der Wonnen!

Die Lettern und die Silbenj, die dich künden,
Erreichen schöner Harmonie dein Ohr,
Und Gott und alle Götter singen dir
Die Wahrheit und berühren die Natur.
O Schönheitsgöttin! Sei mir heute gnädig,
Geweiht bin ich dem Küssen deiner Füße
Und der Essenz des Nektars aller Götter.

Ach, wegen meines Pilgerweges einsam
Vorwürfe machen mir die Brüder alle,
Es ist doch besser, dass ich ohne Ruhm bin.
O lass nicht ab von mir, der ich dich ehre.
Lass, Mutter, meine Seele Ruhe finden,
Verehrt vom höchsten Gott, verehrt vom Herrn,
Dem Feind des Bösen, Gegner der Dämonen.

O Mutter! Wenn ich mit Kontemplation
Beschäftigt bin, mit deinen Lotosfüßen,
Was machts, dass ich nicht andre Orte kenne?
Sei nur dein Fuß präsent vor meinen Augen,
Die Lotosfüße, unsrer Wunden Reichtum!
O Mutter voll der Gnade, hab Erbarmen!

Fürwahr, sogar der Meister wär verstorben,
Wahnsinnig, wie er war, in deinen Armen
An deinem Leib, es war sein eignes Selbst,
Wenn er genossen hätte nicht den Duft,
Den Lotosduft von deinen Lotosfüßen,
Voll Honig aus der Flüssigkeit des Sandel,
Der Nektar glücklich ist vom Mond geströmt.

O lass den Strom von starken Regenschauern
Der Ganzhingabe an die Große Mutter
Auch stets auf mich vergossen werden, Herrin.
Bei allem Kämpfen und Ertrinken, ach,
Bin ich im Ozean der Illusionen,
Bin ohne den Geschmack des Lebenswassers
Der ewigen Glückseligkeit des Geistes,
Die da vertreibt die Leiden meiner Psyche
Mit der Unendlichkeit der Zahl der Götter.

Es soll dein Ruhm, so dunkel wie die Wolke,
Dein Ruhm soll stets in meinem Herzen sein.
Von deinem Glanze ward geboren Gott,
Der Schöpfer, der Erhalter, der Vollender,
Sein Stoff ist göttliche Intelligenz
Und reine ewige Glückseligkeit,
Aufräumend mit der Dunkelheit des Herzens,
Ist herrlich durch die Myriaden Sttahlen!

Die Göttin, die die Macht hat zu zerstören,
Sie möge jeden Feind der Himmelsgötter
Und als die Mörderin der Fluchdämonen
Vernichten alles Böse und erobern.
Nachdem sie trennte ab den Kopf des bösen Feindes
Ergriff sie ihn, der trug den Leib des Büffels
Durch seine Zauberkünste auf dem Schlachtfeld,
Jetzt brüllend, lief er, senkte seinen Kopf
Und dann verschwand er eine kurze Weile.

Sie tötete die Feinde auf dem Schlachtfeld,
Da schrecklich war das Tun der Feindeswaffen.
Sie schleuderte den Diskus und Raketen.
Dort war die kupferfarbne Waffe auch
Und hell es blitzte von des Feindes Pfeilen.
So dicht die Feinde, stark und stolz und mächtig,
Das Feld der Schlacht gefegt ward von dem Sturm,
Das scheußlich war und voll der Feinde Leichen,
Von deren Blut und Fleisch die Geier fraßen.

Die Weisen meditieren über dich,
Du rauschest stürmisch hier bald und bald dort
Auf dem Gefild der Schlacht, den Feind zu töten,
Begleitet von den heiligen Begleitern,
Mit Lotosblütenschmuck als Silber-Ohrring,
Und auf den Blütenblättern steht geschrieben:
O Mutter, Mutter, Mutter, Mutter, Mutter!
Wie schrecklich war das Schlachtfeld mit dem Wurf
Der großen krummen Hörner bösen Büffels,
Tief schwarz, verrückt, ging hin und her, laut brüllend,
Sein Tod ward gleich gewünscht von allen Göttern.

Die Weisen meditieren über dich
Und deine Glücksverheißung, schwarze Mutter,
Du hältst den Diskus in der Hand, die Lanze,
Und Axt und Schild und Dreizack, Pfeil und Bogen,
Du machst die Geste, die die Angst vertreibt,
Dein langes Haar ist dicht wie eine Wolke,
Dein Angesicht bedeckt mit Furchtbarkeit,
Laut schreiend, schallend lachend, schrecklich jetzt
Und so bedrohst du alle bösen Helden.

O Göttin! Solcherweise meditiere
Ich über deine makellose Form,
Verehrt von Gott und allen Himmelsgöttern,
Denn dir ist es gegeben, anzugreifen
Der Feinde Städte und der Bösen Zelte,
So zu erobern deine bösen Feinde
Und zu gewinnen so das Reich des Herrn.
Und alle Himmlischen erwerben dir
Den Nektartrank der Weisheit der Poeten
Und große Macht, zu bannen und zu töten.

O Mutter, sei gegrüßt! Komm zu erobern!
Wer nachsinnt über deine Lotosfüße,
Der singe diese Hymne an die Mutter,
Dann sind in seinen Händen unverzüglich
Erfüllung der Begierde und Erlösung.

Gegrüßet seiest du, o schöne Göttin!
Du Spenderin des Segens, Gottgeliebte,
Liebhaberin bist du für deine Jünger!

Du nahmest an die Form des Universums,
Geliebte Gottes, angeredet wirst du
Als Göttin. Ich verneige mich vor dir.

O Göttin aller Welten, Braut des Herrn,
Du Geberin der Früchte der Begierde,
Du Königin des Buches und der Schriften,
O Göttin, ich verneige mich vor dir.

O Göttin mit dem Glanz von tausend Sonnen,
Drei Augen, strahlend stehst du auf dem Halbmond!

O Frau! Gekleidet in ein Hauchgewand,
Du sündenlose Eine, du gibst Brot,
Die du dich freust am Tanz der reinen Geister,
O Göttin, strahlend stehst du auf dem Halbmond,
O Mutter, ich verneige mich vor dir.

Erfüllerin der Wünsche deiner Frommen,
Zerstörerin der Schmerzen dieser Welt,
Du biegst dich, Schöne, unter dem Gewicht
Der großen Brüste, deiner schönen Brüste!
O Göttin, ich verneige mich vor dir.

Du thronest in der Lotosblüte Mitte
Und hast die Form der siebenfachen Kraft,
Du bist die Göttin aller Göttinnen,
O Jungfrau, ich verneige mich vor dir.

O Göttin, mit dem Halbmond schön geschmückt,
Die Reiche alle sind von dir beschenkt,
Du Geberin der Freude an den Weisen,
O Mutter, ich verneige mich vor dir.

Die Götter beten deine Füße an,
Die du ergänzt der Himmelsgötter Formen,
Du Geberin des Reichtums und des Brotes,
O Mutter, ich verneige mich vor dir.

Wer in der Stunde der Anbetung liest
Devot die Hymne an die große Mutter,
In dessen Haus wird wohnen stets das Glück,
Das ist die Wahrheit ohne allen Zweifel.

Wer diese Hymne täglich rezitiert
Und liest dies Lied zur Zeit der Dämmerung,
Erlangt von Wohlstand und von Brot die Fülle.

Nicht jedem soll enthüllt die Hymne werden,
Den Frevlern bleib die Hymne unbekannt,
Sonst fallen Übel auf den Übeltäter,
Mit Sorgfalt du verberge diese Verse.

O mondgleich deine Schönheit wird erhöht
Durch jene Lotosblüten um dich her,
Glückselige und gnadenvolle Göttin!
Du Waldbrand in dem Wald des bösen Denkens,
Das Weltall huldigt deinen Lotosfüßen.
O Lotos, auf der Lotosblume sitzend,
Glück bringst du denen, die dich täglich grüßen,
Zerstörerin der Torheit, Braut des Herrn,
Substanz der Welt und aller Schöpfung Wesen!

Das Urwort ist dein Lieblingswort beim Beten,
Die du bist formlos und zugleich geformt,
Du bist das Gold des Lotosangesichtes
Des aus dem Lotoskelch gebornen Herrn,
Verkörperung von allen Leidenschaften
Und ohne irgendwelche Attribute,
Du Wandellose, grob nicht, noch subtil.
Wer kennt schon deine göttliche Natzr
Und wem bekannt ist deine Wirklichkeit?
Du bist das ganze All der Universen.
In dir entsteht das All der Universen.
Du wirst gegrüßt vom Stamm der Himmelsgötter,
Die du entstehst in Fülle überall,
Du Reine, Makellose, Unbefleckte.

Du bist zufrieden mit dem Rezitieren
Und wiederholtem Murmeln des Gebetes.
Wie Schnee so strahlend weiß ist deine Krone.
Mit deinen Händen spielst du schön die Harfe.
O Mutter, Mutter, sei gegrüßt, o Mutter!
Verbrenn, verbrenne meine träge Faulheit
Und gib dafür mir eine große Weisheit!
Du selber bist das Wissen und die Weisheit.
Die Überlieferung singt stets von dir
Und Gott der Herr spricht immer gern von dir.
O Geberin der ewigen Erlösung,
O wahrer Weg zur höchsten Geistesfreiheit!
Wie mächtig du, das kann kein Mensch erkennen,
O Geberin des Glücks, der Seligkeit,
Geschmückt mit einer weißen Perlenkette,
Gewähr mir deine Huld, o Gnadenvolle!

Du bist die Weisheit, Weisheit, schöne Weisheit,
Dein Name ist Erlösung, Lobpreis, Geist,
Du bist die Ewige, die Flüchtige,
Der Ursprung aller Schöpfung, Gottgegrüßte,
Die Neue und die Alte, Strom der Tugend,
Gegrüßt vom Herrn, die Reine, schön von Farbe,
Subtilstes Element von allen Dingen,
Die Hälfte Gottes, Geberin der Weisheit,
Du Geberin der Seligkeit des Herrn.

In Form der ersten und der letzten Letter
Du hältst ein Offenbarungsbuch in Händen,
Die du bist froh, von lächelndem Gesicht
Und schön erfüllt von der Glückseligkeit.
Du bist die Unschuld, Strom von Charme und Liebreiz.
Verbrenn, verbrenne meiner Unzucht Sünde,
Zerstreu die Finsternis des bösen Denkens.
O Lobenswerte du von allen Wesen!
Des Wortes Göttin bist du, die gewährt
Erfolg der Zunge aller wahren Dichter,
Erfolg bei der Verwirklichung des Wissens.

Ich bet zu dir, verneige mich vor dir,
Komm du zu meinem Mund, verlass mich nie!
Dann geht nicht in die Irre meine Weisheit,
Dann wird die Sünde auch von mir genommen,
So werde ich befreit von Leid und Kummer,
In Zeiten der Gefahren bin ich sicher,
Frei arbeitet mein Geist und ungehindert
In Schriften-Disputionen und in Versen.

Wer keusch ist, schweigsam, lebt in frommer Andacht,
Wer Fleisch nicht ist zu der bestimmten Zeit,
Wer sich verbeugt mit Ganzhingabe täglich,
Der lobt dich mit den auserwählten Versen.
Der wird geschickt sein in Beredsamkeit
Und übertreffen noch den Dichterfürsten,
Der Schmutz der Sünde wird hinweggefegt.
Der wird erlangen seiner Wünsche Früchte,
Die Mutter schaut ihn an als ihren Sohn.
Es fließt die Poesie aus seinem Mund,
Der Wohlstand und das Brot besucht sein Haus
Und schwinden werden alle Hindernisse.

Wer ohne Unterbrechung liest dies Lied,
Wer liest es an dem dreizehnten des Monats,
Ob hell der Mond ist, ob der Mond ist dunkel,
Die Weisheit meditiert im weißen Kleid,
Geschmückt mit weißen Blumenornamenten,
Der wird erlangen seiner Wünsche Früchte.
Denn die verheißungsvolle Hymne ward
Gedichtet von Maria Josef Mayer,
Wer täglich liest dies große Lied mit Sorgfalt,
Dem schenkt die Mutter die Unsterblichkeit.

O virtuose Eine, Braut des Herrn,
Geliebte Gottes, Geist-Inkarnation,
Befreierin aus dieser Welt des Todes,
Zerstörerin der Drangsal, Siegerin,,
Dreiäugige und Erste, Frau der Speere,
Du Braut des Gottes mit dem Pfeil und Bogen,
Du wunderbare Eine, große Glocke,
Entsagungsreiche, Weisheit, Scheiterhaufen,
Das Wort ist deine göttliche Substanz,
Du bist die Wirklichkeit und die Natur,
O wahre Wonne, Eine ohne Ende,
Erreichbar nur durch Ganzhingabe, Stern,
Zerstörerin der Dinge, Braut des Herrn,
Du Mutter aller Geister, du Beschauung,
Du reich an Edelsteinen, alles Wissen,
Du Tochter Gottes bist die schöne Weisheit,
Zerstörerin der Opfertiere Gottes,
Die fastet in den Tagen der Entsagung,
Du Farbenreiche, Rosige und Rote,
Gekleidet in ein weißes Linnenkleid,
Zufrieden mit den Kettchen deiner Füße,
Erschreckende und grenzenlose Macht,
Hausdame, Schönheit, Königin des Waldes,
Verehrt von allen Weisen, Tochter Gottes,
Du Braut des Herrn und höchste Herrscherin,
Ganz Reine du, Essenz von allen Wesen,
Du Weisheit und Aktion, erhabne Eine,
Du Geberin des Lichtes, du bist alles,
Wie unbegrenzt ist deine süße Liebe,
Du sitzt auf einem Stier, Zerstörerin
Des bösen Feindes und der Fluchdämonen,
Du Siegerin in allen Schlachten Gottes,
Zerstörerin der weiblichen Dämonen,
Der Geist ist deine göttliche Substanz,
Du Existenz, du Trägerin der Waffen,
Du Jugendliche und du schönes Mädchen,
Du alte Mutter, Geberin der Kraft!

Für den, der täglich liest der Mutter Hymne,
Ist nicht unmöglich mehr in allen Welten.
Er hat dann Wohlstand, Länder, Frauen, Söhne,
Er hat dann Elefanten auch und Pferde,
Er führt als Weiser seines Landes Kinder
Und schließlich auch erreicht er die Erlösung.

Nachdem er betete zur Großen Mutter
Und meditierte über ihre Weisheit,
Dann soll der Gläubige verehren fromm
Und Ganzhingabe leben an die Mutter.
Ein solcher dann gewinnt die Frucht der Götter,
Er hat dann Könige zu seinen Dienern,
Er hat ein Königreich und allen Wohlstand.

Er, der versiert ist in den Weisheitsschriften,
Der mit der Weisheit Worten übereinstimmt,
Der hat geschrieben diese große Hymne
Mit Safran und mit Kuh-Pigment und Lack,
Mit Kampfer, und gemischt mit Süßigkeiten,
Und dann trägt seine Hymne reiche Früchte.

Wer schreibt und wer dann liest der Mutter Hymne
An einem Freitag in dem Frühlingsmonat,
Tief in der Nacht, wenn rund der Vollmond ist,
Der kriegt dann allen Wohlstand, allen Reichtum.

Ich schau zum guten Meister, der das Licht ist,
Da sitzt der Meister still mit seiner Braut
Und Licht in seines Hauptes Lotosblüte,
Bewaffnet beide, liebenswürdig, freundlich,
Mondgleiche Angesichter voll der Gnade,
Die machen mit den Händen Segensgesten,
Die kalten nackten Ängste zu zerstreuen
Und angenehmen Wohlstand zu gewähren.

Wer betend rezitiert das goldne Urwort,
Erreicht so allen Reichtum, allen Wohlstand.

O Mutter! Wer dein weises Wort erwägt,
Geschmückt mit allen Zahlen aller Götter,
Gewinnt den Wohlstand und gewinnt den Reichtum.

O glanzvoll sind die Frommen wie die Sonne,
Die wahren Weisen sind der Charme der Welten
Und durch die Gnade werden sie zu Gott!

Geliebte! Wer betrachtet deinen Körper
Und rezitiert die sieben Worte Gottes,
Der macht die Feindinnen und Feinde sprachlos,
Glückseligkeit erglänzt in seinem Haus
Und er wird Gott der Liebe für die Frauen!

Der Fürst der Dichter der Beredsamkeit
Ihm segnet seinen Mund mit Poesie.
Die bösen Tiere werden ihm nicht schaden.
Ja, selbst die Schriften werden ihn begrüßen!
Sein Fuß ist dann der Kopfschmuck eines Königs
Und unheilvolle Sterne fliehn vor ihm.

Die Frommen lass auf Lotos meditieren,
Auf einem Thron, besetzt mit Edelsteinen,
Platziert vor einem heiligen Altar,
Sie stehen auf dem Boden ihres Hauses
Inmitten eines Waldes reich an Bäumen.

Er soll im Lotos-Winkel meditieren,
Die Göttin in dem Lotos wirkt wie folgt:
Ihr Glanz ist wie aus rein geschmolznem Gold,
Ohrringe silbern baumeln an den Ohren,
Dreiäugig ist sie und von schöner Kehle,
Ihr Angesicht ist wie der volle Mond,
Sie biegt sich unter dem Gewicht der Brüste,
Sich unter dem Gewicht der großen Brüste!

In ihren Armen hält sie, schön geschmückt
Mit Diamanten und mit Edelsteinen,
Zwei Blumen, eine Schlange, einen Bogen,
Den goldnen Stachel und die Blumenpfeile.
Ihr Körper ist verschönert von Juwelen,
Die schlanke Taille wunderschön umgürtet!

Die Füße glitzern von den Silberkettchen,
Gekrönt ist sie, geschmückt und voll der Gnade,
Sie hält zwei kleine weiße Flocken Schnee,
Hält einen Spiegel, eine Goldschatulle
Und eine Schachtel voll von frischem Kampfer.

O Schöpferin der vielen Universen,
Zerstörerin der Schmerzen dieser Welt,
Zerstörerin und Herrscherin des Alls,
Die stets Glückselige, Dreifaltige,
Die ist es, die ich ehre als ihr Sklave.

Die Weisen, die sie lange Zeit beschauten,
Auf einem Lotossitze vor ihr sitzend,
Die grüßen sie mit großer Ganzhingabe,
Anbetend ehren sie mit schönen Blumen,
Erreichen, sind sie auch die letzten Sünder,
Erreichen, in Glückseligkeit zu sein.

Wer, wenn er erst vollbracht den Gottesdienst,
Wer dann mit allen Himmlischen der Mutter
Den Lobpreis rezitiert im Lotossitz,
Der wird zum König unter Menschen werden.

Die Erde du, die Schöpferin der Welt,
Das Wasser du, als Herr die Welt behütend,
Das Feuer du, als Herr die Welt zerstörend,
Du bist die Luft, du bist die Form des Geistes.

Urzeitliche, Glückselige, All-Eine,
Du Gattin Gottes, Zuflucht deiner Jünger,
Die immer du im Geist bewegst die Welt,
Liebhaberin von allen Kreaturen,
Du reine Eine in der Form des Äthers,
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

Du hast des bösen Feindes Stolz erniedrigt,
Durch dich ist er gestürzt ins Meer der Welt,
Du, du bist Weisheit, Seligkeit und Licht,
Wie kann ich deine Schönheit je recht preisen?
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

O Frau, sogar ein ungelehrter Mensch,
Der nachdenkt über deine schöne Form,
Erwirbt den Genius der Poesie
Und alle Gaben in dem Universum,
Die irgend schwer nur zu erreichen sind.
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

Du bist das Fundament, das unterstützt,
Du bist die Krone, die wir unterstützen.
Durchdringe du im Geist die ganze Welt,
Du Form der Schöpfung, die von dir erfüllt ist.
Du bist die Existenz, du bist das Nichts.
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

Du bist das kleinste Teilchen dieser Welt
Und alldurchdringende Begeisterung.
Du bist das Ideal des Universums.
Kein Lobpreis je kann deine Größe sagen,
Doch deine Schönheit inspiriert mein Lied.
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

Für den, der liest und rezitiert am Morgen,
Am Mittag und am Abend diese Hymne,
Sei nichts unmöglich in dem Universum,
Er schaue deine göttliche Natur!
O große Muttergöttin, sei mir gnädig!

Ich kenne kaum dein Wort und dein Gebet,
Kaum, weiß ich, wie man recht dich grüßen soll,
Kaum weiß ich, wie man meditiert dein Wort,
Kaum kann ich beten zu der großen Mutter.
Ich weiß nicht, wie man vor dir niederkniet
Und wie vor dir man seine Hände faltet.
Ich weiß nur eins, o große Muttergöttin,
Ich folge dir, indem ich für dich leide.

Weil ich nicht wirklich kenne dein Gesetz
Und weil ich leb in Armut und in Trägheit,
Hab ich die Kraft nicht, dein Gebot zu tun.
Und daher meine Unterlassungssünden,
Dass ich zu selten küsse deine Füße.
Doch, Frau, verheißungsvolle Retterin,
Du mögest alle meine Schuld verzeihen.
Ein schlechter Sohn wird manchmal zwar geboren,
Doch eine schlechte Mutter gibt es nicht.

Viel gute Söhne hast du auf der Erde,
Doch ich, dein Sohn, ich bin ein Taugenichts.
Doch du verlass mich nicht! Ich bin allein!
Ein schlechter Sohn wird manchmal zwar geboren,
Doch eine schlechte Mutter gibt es nicht.

O Mutter aller Schöpfung, große Mutter!
Ich hab nicht deinen Lotosfuß geküsst,
Auch hab ich dir nicht reichlich Geld gegeben,
Doch deine Liebeshuld ist unvergleichlich!
Ein schlechter Sohn wird manchmal zwar geboren,
Doch eine schlechte Mutter gibt es nicht.

Verlassen hab die Ehrung andrer Götter
Und alle Vielfalt irrer Meinungen
Der Narren, die die Götter beten an.
Ich bin jetzt fast schon fünfzig Jahre alt,
Verleihe du mir nur die milde Güte,
Wen hab ich sonst als deine Unterstützung?
O Mutter Gottes du mit schlankem Bauch!

Gebete, lieblich süß wie die Melone,
Fleischfresser machen sie zuletzt noch heilig.
Und selbst ein Bettler wandelt ohne Angst
Und hat durch dich genügend Geld und Brot.
O Mutter, dies ist deines Wortes Frucht,
Das ich geflüstert hab in deine Ohren.
Wer kann denn zählen, Mutter, deine Früchte,
Die du gebärst, wenn man den Gruß dir murmelt?

Der mit der Asche ist beschmiert der Gräber,
Der Gift geschluckt, der ist mit Schmutz bekleidet,
Verfilzter Haare und bekränzt mit Schlangen,
Der Herr der Menschen und der Herr der Geister
Hat einen Totenschädel in der Hand.
Er ist in seinem Reich der Herr der Welt,
Weil du ihm die Gefährtin bist, o Mutter.

Ich habe keine Freude an Befreiung
Und wünsche auch nicht Wohlstand oder Reichtum,
Auch will ich nicht Erkenntnis haben, Wissen,
O Eine, und ich wünsch mir auch kein Glück,
Das Eine nur erbitte ich von dir,
Dass dies mein Leben im Gesang vergeht
Und in dem steten Murmeln deines Grußes.

Ich hab nicht nach den heiligen Geboten
Dich recht verehrt mit Huldigung des Sklaven,
Was habe aber ich getan für Unrecht?
Wann hab ich unterlassen das Gebet?
O schwarze Mutter, ist es dir gemäß,
Wenn hilflos ich, wenn du nicht Gnade schenkst?

O Frau, du Ozean des Allerbarmens!
Wenn ich von Feindesbosheit überwältigt,
Erinnere ich liebend mich an dich.
Ich denke nicht, dass ich mich in dir täusche,
Denn Kinder, wenn sie hungern oder dürsten,
Dann denken immer sie an ihre Mutter.

O Mutter aller Welten! Wunderbar,
Wie du so voller Mitgefühl für mich.
Die Mutter lässt den Sohn ja nicht im Stich,
Selbst wenn der Knabe hundert Fehler hat.

Ich bin der Größte doch von allen Sündern,
Doch du bist die Zerstörerin der Sünde.
Du hast gehört, was ich zu sagen hatte,
Nun tu du das, was dir gerecht erscheint.

O Retterin der Welt aus wilden Wellen,
Klar ist dein Wasser auf dem Haupt des Herrn,
Mein Geist soll ruhen unter deinen Füßen.

O Muttergöttin, Geberin des Glücks,
Berühmt ist deines Wassers Herrlichkeit,
Du bist ja größer, als ich wissen kann,
Beschütze du Barmherzige mich Toren.

O Fluss, entstanden aus den Füßen Gottes,
O Mutter, deine Wellen sind wie Schnee,
Sind schimmernd wie der Mond und rein wie Perlen,
Entferne das Gewicht der Schuld von mir,
Hilf mir, das Meer der Welt zu überqueren.

Du sagst, dass der, o Frau, der dir gewidmet,
Den Gott des Todes nie erblicken wird.
Und wer betrunken ist von deinem Wasser,
Erreicht gewiss die höchste Himmelswohnung.

O Herrin, Retterin der armen Sünder,
Wie wunderschön sind deine klaren Wellen,
Umrauschen sie die Linien der Gebirge,
O Mutter, Tochter du des Weltenkönigs,
Du große Schutzfrau der Gefallenen,
Gegrüßet seiest du in allen Welten.

O Göttin, wer geht auf dem Ozean,
Ist frei von Traurigkeit, wenn er dich grüßt.
Du Geberin der Frucht vom Lebensbaum,
Durch deine Gunst die Frau, die sonst so kalt,
Wirft liebevolle Blicke bald auf mich.

Und wer in deinen Wassern badet, Mutter,
Wird nie von einer Mutter mehr geboren,
O Schutzfrau vor der Hölle, Muttergöttin,
Zerstörerin der Sünden und der Bosheit,
Erhaben bist du sehr durch deine Größe.

O du bist ewig, o du Meer der Reinheit!
Du Spenderin der Seligkeit der Seele,
Du Zuflucht deiner Jünger, liebe Schutzfrau,
Von deinen Augen kommt der Blick des Mitleids,
Und deine Füße schmücken Edelsteine
Aus Gottes Krone. Sei du immer siegreich!

O Königin, zerstreue meine Krankheit,
Die Schwermut und den Schmerz, Verbitterung,
Zerstreue meine Sünden, meine Torheit,
Essenz von Himmel, Meer und Erde du,
Halskette auf der Brust der Mutter Erde,
Nur du bist meine Zuflucht in der Welt.

O Mutter, ewige Glückseligkeit,
Verehrt von allen, die verzweifelt sind!
Sei gnädig! Der da wohnt an deinem Ufer,
In Wahrheit wohnt er in der Stadt der Götter.

Es wäre besser doch, ein Fisch zu sein
In deinen heiligen Gewässern oder
Ein Salamander dort an deinem Ufer,
Vielleicht ein Mann auch, der gern Hühner isst,
Der aber wohnt an deinem Gnadenstrom,
Als Fürst zu sein, weit weg von deiner Gnade.

Allreine, die von allen wird gelobt,
Du Fließende, o Tochter du des Ersten,
Wer täglich diese deine Hymne liest,
In allen Kämpfen ist er immer siegreich.

Sie, die mit Ganzhingabe ihres Herzens
Die Hymne rezitieren an die Mutter,
Die komponiert ist in dem süßen Stil,
All denen gibt du höchste Seligkeit,
Sie werden die Erlösung bald erlangen.

Ein Mann der Welt soll lesen diese Hymne,
Die Hymne an das Wesen aller Welten,
Die Geberin der vielerwünschten Früchte,
Das Wesen aller Wesen, die Allreine.

Ich salutiere deinen Lotosfüßen,
Du Schöne mit der Brandung deines Meeres,
Vereinigt mit den Tropfen deiner Ströme,
O Geberin von Wohlstand und von Reichtum,
Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen,
Die haben in dem Meeresschaum gebadet,
Die du zerstörst die Reinkarnation,
Denn deren Ursach ist allein die Sünde,
So wie du auch die Todesangst zerstörst.

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen,
Du Geberin des Himmelskörpersegens,
Die keuschen Fische sind in deinen Wassern,
An erster Stelle aller frommen Flüsse,
Zerstörerin der schweren Last der Sünde,
Du Geberin von Wohlstand und von Reichtum,
Von Fischen, Krokodilen, schönen Schwänen.

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen,
Denn deine Tiefe reinigt von den Sünden.
Ja, du zerstörst die Sünde und die Bosheit
Und du machst klein den Berg der Katastrophen,
O Geberin des Glückes mit dem Sohn
Beim Schreckenstag des Endes dieser Weltzeit.

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen.
Dein Wasser wird verehrt durch deinen Sohn
Und wird verehrt von jedem Feind des Bösen,
Von Göttern, Heiligen und reinen Geistern,
Zerstörerin der Reinkarnation,
Beschützerin vor allen Erdenschmerzen!

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen,
Verehrt von Myriaden in den Himmeln,
Von den glückseligen erlösten Seelen,
Von Göttinnen und Göttern und von Geistern,
Dein Ufer schön erklingt vom Heldenlied
Der Hunderttausenden von Nachtigallen,
Du Geberin der Wonne an die Weisen!

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen,
Du süße Königin der Bienenstöcke,
Du Mutter aller Weisen und Gelehrten,
Du bist es ja, die Mond und Sonne segnet.

Ich grüße deine lotosgleichen Füße,
Du Waffe gegen Tausende von Sünden,
Bekannte Sünden, unbekannte Sünden,
Du Geberin des köstlichsten Genusses
Und du Erlöserin der Kreaturen
Und unsre Wonne in der Wohnung Gottes!

Ich neige mich vor deinen Lotosfüßen.
Wie süß die Klänge sind an deinem Ufer,
In Gottes Haar hört man die Nachtigallen.
Zerstörerin der Schmerzen und der Sünden,
Erlöserin des Hirten und des Sängers,
Erlöserin des Weisen und des Toren,
Du Schutzfrau vor der Glut der Unterwelt,
Du Geberin des Glückes allen Wesen.

Wer die Hymne dreimal liest am Tage,
Der fällt nie ins Unglück, sieht den Tod nicht,
Er wird niemals neu geboren werden,
Er erreicht den lichten Ort des Herrn,
Der scher nur zu erreichen ist vom Körper.

O vielgeliebte Mutter Annapurna!
Ischvari, die uns immer Wollust schenkt,
Gewähr Geschenke und zerstreu die Angst!
O Edelstein der makellosen Schönheit,
Du Unbefleckte wäschst die Sünden ab
Schenkst deinen Dienern Reinheit, Heiligkeit
Du reinigst selbst die ewigen Gebirge,
Wenn alles aufgelöst wird, bist du da,
Vorsitzende Gebieterin von Kasi,
Du Maheschvari in der reinen Wahrheit,
Du Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Du bist sehr schön verhüllt von Goldbrokat,
Geschmückt mit Ornament von Edelsteinen,
Dein Busen rund ist wie ein Glas voll Wasser,
Die Brüste glänzen mit der Perlenkette,
Dein Reiz vermehrt wird durch die Aloe,
O Devi, Königin der Stadt von Kasi,
O vielgeliebte Mutter Annapurna,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

O Geberin der Seligkeit der Seele,
Zerstörerin der bösen Feinde Gottes,
Inspiration zur frommen Ganzhingabe,
Du glänzt wie Licht von Sonne, Mond und Feuer,
Beschützerin der vielen Universen,
Du Geberin der Herrschaft und der Wünsche,
O Devi, Präsidentin du von Kasi,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Du wohnst in Höhlen auf dem Berge Kallasch,
Die du bist Uma, Gauri und Kaumari,
Du gibst uns Kraft, die Bücher zu verstehen,
Du Öffnerin der Pforten der Befreiung,
O Devi, Präsidentin du von Kasi,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Du unterstützest Unsichtbar und Sichtbar,
Dein Bauch der Kelch, in dem das Weltall lebt,
Das Drama endigst du mit heiterm Spiel,
Du bist der Quell des Lichtes wahrer Weisheit,
Erfreuliche dem Geist des Herrn des Weltalls,
O Devi, Präsidentin du von Kasi,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Ischvari aller Menschen auf der Erde,
Dein schwarzes Haar ist schön in langen Locken,
Ischvari, die uns immer Essen gibt,
Du Spenderin des Glücks an alle Menschen,
Erzieherin, die alle Kinder fördert,
O Devi, Präsidentin du von Kasi,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Du gibst die Weisungen von Anfang an
Und bist der Urgrund aller Evidenz,
Du duftest gut wie Kashmir-Aloe,
Du bist Ischvari aller der Regionen,
Du bist die schöne Dame, die mir winkte,
Du bist die Nacht, da alles aufgelöst,
Du bist der Ursprung aller Offenbarung,
Erfüllerin der Wünsche aller Guten,
Die du besitzt die Größe aller Völker,
O Präsidentin Devi unsrer Stadt,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

O Devi, schön geschmückt mit Edelsteinen,
Du Tochter Daksas, angenehm der Welt,
Schön mit der süßen Milch der großen Brüste,
Du, Mahaschvari, du gibst Wohlstand allen.
Denn du gibst Reichtum und die wahren Schätze
Und du erfüllst die Wünsche deiner Frommen,
Du Präsidentin Devi von Benares,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

Du bist die Frau von strahlender Brillanz
Von Myriaden Sonnen, Monden, Feuern.
Dein Ohrring ist so licht wie Mond und Sonne,
Du bist der Ursprung ja von Mond und Sonne,
du hältst den Rosenkranz, das Gottesbuch,
Du hältst die Schlinge und du hältst den Stachel.
O Präsidentin Devi von Benares,
O Becher der Barmherzigkeit, erlöse!

O Annapurna, du bist immer voll,
Du liebst das Leben, o Parvati, hilf mir!

Ja, meine Mutter ist Parvati Devi,
Mein Vater ist der Deva Maheschvara,
Und meine Freunde und Verwandten sind
Die Jünger Gottes, meine wahren Brüder,
Und Shivas Himmel ist mein Vaterland.

Co-Herrin du mit dem Himalaya,
Du bist die Kette auf dem Kleid der Erde,
Die Fahne, damit steigt man in den Himmel.
O Baghirathi, höre mein Gebet,
Vergehen möge rasch und ganz mein Körper,
Nachdem er hier gelebt an deinen Ufern,
Nachdem er hier getrunken hat dein Wasser
Und schwang sich oft in deine Wellen, Ganga,
Erinnert sich an dich und schaut dich an.

O Ganges, o Befreier aus der Hölle!
Ein Vogel lebt im Baum an deinem Ufer,
Die Fische leben still in deinem Wasser,
Die Fische sind im Wasser seliger
Als Könige, verehrt von ihren Weibern.
Doch es entsteht auch Angst beim Klang der Glocken
Vom Elefanten-Nacken, wenn sie rasen.

Kein Stier, kein Pferd, kein Vogel will ich sein,
Kein Elefant und keine Schlange, Göttin,
Nimm von mir Schmerzen von Geburt und Tod,
Wenn du bei Kasi an dem Ufer stehst.
Ist besser, irgendwo zu leben einsam,
Obwohl ich auch erregt bin von den Dirnen,
Wie schön doch ihre goldnen Kettchen klingeln!

O unsere erhabne Baghirathi,
O Wandelnde in allen den Regionen,
Wann wird es sein, dass ich beseligt werde
Von Mund und Hand der sanften Himmelsfrauen?
Ach, ist es erst so weit, dann bin ich glücklich,
Bin glücklich, meinen toten Leib zu sehen
Zerpickt von Krähem und zernagt von Hunden
Und durch den Staub geschleppt von den Schakalen,
Von deinem Strom getragen an dein Ufer,
Von deinem Strom geworfen hin und her.

Die Tochter Gottes ist doch immer siegreich,
Die wie der Lotos ist der Füße Vishnus,
Wie ein Jasminkranz auf dem Kopf von Shiva,
Sie gleicht der Fahne auch des Sieges Lakshmis,
Vorsitzende der ewigen Befreiung,
Sie, die uns reinigt von der Sünde Makel.

Dein Wasser soll mein Bad sein jeden Tag,
Bedeckt mit Blättern sei es hoher Palmen,
Von Salabäumen, Kiefern, Kletterpflanzen,
Auf denen spielen nicht der Sonne Strahlen.
Und weiß und glänzend sei es wie die Muschel,
Weiß wie der Mond und wie die Wasser-Lilie,
Gerührt von großen Brüsten schöner Frauen,
Der Frauen der Gandharven in den Himmeln,
Der Götter Frauen und der Weisen Frauen,
Die haben Zeit, im Wasser nackt zu baden.

Kann uns denn heiligen der Ganga Wasser,
Der Mutter Ganga, immer voller Charme?
Die von den Füßen Gottes ist geflossen,
Die flutet auf den Kopf des Herrn und Siegers,
Sie, die Zerstörerin der Fleischessünden.

Mög das verheißungsvolle Wasser fließen
Und Mutter Ganga stets uns reinigen,
Zerstörerin der Schuld, der Sünden Feindin,
Geschmückt mit Wellen, wandernd in den Bergen,
Durch Bergeshöhlen strömend mit Getöse,
Du raubst den Staub vom Fuß des Herrn der Herren.

Wer morgens früh gereinigt seinen Körper
Und reingewaschen hat den Geist von Sünden,
Dann liest die Hymne an die große Mutter Ganga,
Sinkt nie mehr in den Ozean der Welt,
Erlangt vielmehr die ewige Befreiung.

O Mahalakshmi, ich verneige mich!
Du bist ja Mahamaya, unsre Mutter,
Verehrt wirst du von allen Himmelsgöttern,
Inhaberin der Muschel und des Diskus,
Inhaberin der Blüte der Muskatnuss,
O Mahalakshmi, ich verneige mich!

O Mahalakshmi, ich verneige mich!
Du sitzest auf dem Rücken des Garuda,
Du bist ein Terror für die Feinde Gottes,
Du wäschst uns rein von allen unsern Sünden,
O Mahalakshmi, ich verneige mich,
O Devi Mahalakshmi, du weißt alles!

Du Geberin von Wohltat allen Menschen,
Du Terror für die bösen Feinde Gottes,
Entfernerin von Schmerzen und von Kummer,
O große Göttin Devi, sei gegrüßt!

O große Göttin Devi Mahalakshmi,
Du bist die Geberin von Ruhm und Klugheit,
Du spendest Glück und ewige Befreiung,
Du bist die Seele und das Selbst des Mantra,
O Mahalakshmi, ich verneige mich!

Du bist ja ohne Anbeginn und Ende,
Erhabne Göttin Devi Mahalakshmi,
Du bist die Urkraft und die Kraft der Kräfte,
Die Kunst des Yoga ward von dir geboren,
O Devi Mahalakshmi, sei gegrüßt!

Du bist von grobem Stoff und feinem Stoff,
Du bist erschreckend und von großer Macht,
Uraufgebläht bist du, die reine Leere,
Die du entfernst die großen Sünden alle,
O Mahalakshmi, ich verneige mich!

O große Göttin Devi Mahalakshmi,
Du selber bist das allerhöchste Brahman,
Du bist der Atman, der das All durchdingt,
Du bist die Herrin und der Welten Mutter,
O Devi Mahalakshmi, sei gegrüßt!

O große Göttin du in weißen Kleidern,
Geschmückt mit den verschiednen Edelsteinen,
O Mutter und Erhalterin der Welt,
O Mahalakshmi, ich verneige mich!

Wer jemals liest die Hymne an die Göttin,
Verfasst in Versen in verschiednen Maßen,
Erreicht das Himmelreich und den Erfolg.

Wer diese Hymne einmal täglich liest,
Ist von der großen Sündenschuld befreit,
Er aber, der sie zweimal täglich liest,
Wird immer Fülle guten Reichtums haben,
Der aber, der sie dreimal täglich liest,
All seine Feinde werden ausgerottet.
Denn Mahalakshmi schenkt allein die Gnade,
Gewährt nur Wohltat und tut nichts als Gutes.

Ich ruf des ganzen Universums Mutter,
Die hat die Welt geschaffen, Geist und Stoff,
Und die aus eigner Kraft mit ihren Kräften
Das Weltall schützt und spielt mit ihm am Ende.

Die du entfernst die Schmerzen deines Beters,
Sei gnädig, Frau, sei gnädig, große Mutter,
Sei gnädig, Königin des Universums,
Sei hilfreich, schütze du das Universum!
Du bist, o Devi, Mutter aller Dinge,
Die in Bewegung und die unbeweglich.

Du bist die feste Stütze dieser Welt,
Du warst schon immer in der Form der Erde.
Durch dich, die schuf das All in Form von Wasser,
Besteht das All der tausend Universen.
Unübertroffen ist dein Amt der Rettung.

Du bist die Shakti ja der Himmelsmacht,
Du bist der Samen aller Universen,
Du bist die Maya in den sieben Schleiern.
Das Weltall wurde ja von dir verzaubert.
Wenn du zufrieden bist in tiefer Stille,
Bist du der Ursprung ja des Heils der Menschen.

Die Wissenschaften sind ein Teil von dir,
Wie auch die Frauen auf der ganzen Welt,
Von dir, o Mutter, ist das All erfüllt,
Wie können wir dich loben, große Mutter?
Bist du nicht über alles Lob erhaben,
Selbst über den Gesang von großer Kunst?

Wenn du uns in der Form des Universums
Den Himmel schenkst, die ewige Befreiung,
Wirst du verehrt, o Göttin. Welche Worte
Genügen deinem Lobpreis, süße Mutter?

O du, die du entstehst in Buddhi-Form
Im Herzen aller Wesen, aller Dinge,
Du gibst den Himmel uns und die Befreiung,
O Königin, gegrüßet seiest du!

In Form von Augenblicken und Minuten
Bist du der Ursprung der Veränderung.
Und wird zum Schluss das Weltall aufgelöst,
Bist du allmächtig, Göttin, Schöpferin,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Sternstunde voll Verheißung schönster Wonnen,
Vollenderin der Dinge im Erfolg,
Du Geberin der Zuflucht, voll der Augen,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O Ewige, du bist die Energie
Der Schöpfung und Bewahrung und Zerstörung,
Du bist der Aufenthalt der Qualitäten,
Bist weit hinaus noch über alle Wesen,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O du, die immer hilft in Schmerz und Armut,
Wer immer Zuflucht nimmt zu deinem Hort!
Entfernerin von Schmerzen du von allen,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du Fahrerin in einem Schwanenwagen,
Die du nimmst an die Formen von Brahmani,
Du sprenkelst Wasser, das das Gras durchdringt,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du hältst den Dreizack und den Mond, die Schlange,
Du reitest auf dem großen wilden Stier
In Form der nackten Göttin Maheschvari,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du wirst begleitet von Geflügel, Pfauen.
O einwandfreie, makellose Eine,
Hältst in der Hand die große Shakti-Waffe,
Und du entstehst in Formen der Kaumari,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O die du festhältst deine großen Dinge,
Die Muschel und den Diskus, Keule, Bogen,
Du existierst in Formen von Vaisnavi,
O sei uns gnädig, sei barmherzig, Göttin,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O die du hältst mit Kraft den großen Diskus,
Du hebst die Erde hoch mit deinen Zähnen,
Du frohe Eine, in der Form des Ebers,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O die du in der Form des starken Löwen
Gemüht dich hast, zu töten die Dämonen,
Die du geschaffen hast die Welten alle,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du trägst das Diadem, den Donnerkeil,
Du blendest uns mit deinen tausend Augen,
Zerstörerin des Lebens der Dämonen,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du existierst in Form von Shivaduti,
Zerstörerin des Heeres der Dämonen,
Voll Terror und mit schrecklich lauter Stimme,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Dein Antlitz ist gewaltig mit den Zähnen,
Du trägst den Rosenkranz von Totenschädeln,
Zerstörerin des Bösen, o Karmunda,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O Lakshmi, Wissen und Bescheidenheit,
O Glaube, o Ernährung, o Geliebte,
O Wahrheit, permanent, unwandelbar,
I große Nacht des Todes, große Torheit,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

O Saraswati, beste du von allen,
Verständnisvolle, Ehegattin Gottes,
Du erste Shakti, sei mir gnädig, Dame,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Große Mutter!

Du existierst in Formen aller Dinge,
Lenkst alle Wesen, die du große Macht hast,
Vor aller Angst beschütze uns, o Göttin,
In Ehrfurcht nah ich dir, o süße Mutter!

Schön ist dein Angesicht mit deinen Augen,
O schütze uns vor der Gewalt der Bösen,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Katyayani!

Dein Dreizack furchtbar ist mit seiner Flamme,
Du Siegerin im Kampfe mit Dämonen,
O schütze uns vor Angst und Traurigkeit,
In Ehrfurcht nah ich dir, o Mutter Kali!

Mit deinen Glocken du vertreibst die Sünder,
Den Glocken, die das All mit Klang erfüllen,
O schütz uns vor der bösen Macht der Sünder,
Wie eine Mama schützt die kleinen Kinder!

Dein Schwert soll glitzern hell in deiner Hand,
Beschmiert mit Blut und Fett der bösen Geister,
Sei du bereit für unser Wohlergehen,
Vor dir verneig ich mich, o Kandika!

Du freust dich über mich, zerstörst die Krankheit,
Wenn wer dich kränkt, erfüllst du keinen Wunsch ihm.
Ich nehme meine Zuflucht stets zu dir,
So brauche ich Gefahren nicht zu fürchten,
Refugium der Seele bist du mir.

Du, Mutter, zeigtest dich in vielen Formen,
Nur du bist in der Lage, zu erreichen
Die Überwindung aller bösen Geister,
Der bösen Feinde der Gerechtigkeit,
Wie du schon je getan hast, Tag für Tag.

In allen Wissenschaften der Natur,
In frommen Schriften und in weisen Sprüchen,
In Büchern, die die Lampen sind des Wissens,
Wer ist in ihnen denn, als du allein?
Du lässt das Weltall immerdar sich drehen,
Getaucht in den Abyss der Dunkelheit.

Giftschlangen gibt es, weibliche Dämonen,
Bewaffnete und Wegelagerer,
Den Wald, das Meer, das Feuer, doch es bleibt:
Du bist die Wächterin des Universums.

Du Königin und Wächterin des Weltalls,
Erhalterin des Alls der Universen,
Von hohen Herren wirst du angebetet,
Dein Jünger weiht dir seine Ganzhingabe.

O große Muttergöttin, sei mir gnädig,
Auch schütze mich vor allen meinen Feinden,
Wie du die Schlachtung ja bewirkst des Bösen.
Lass enden du die Sünden dieser Welt
Und die Gefahren, die vom Bösen kommen.

Du nimmst hinweg die Drangsal dieser Welt,
O sei uns gnädig, die wir dir uns beugen.
O Herrin, du bist allen Lobes würdig,
Erteile Wohltat allen Weltbewohnern.

Du mögest herrschen, Göttin, Schöpferin,
Perfekte Form der Kräfte aller Götter,
O Mutter, von den Himmlischen verehrt,
Sei gut zu uns, wie du es immer warst.

Die Göttin in der allerhöchsten Macht,
Die uns die Götter nicht erklären können,
Zerstören möge sie die Angst vorm Bösen,
Sie ist die Schutzfrau ja der ganzen Welt.

Wir neigen uns vor dir, o Große Mutter,
Die du die Lust der Tugendhaften bist
Und Unglück in den Wohnungen der Sünder.
Du Urgrund in den Herzen aller Weisen,
Du Glaube in den Herzen aller Guten,
Bescheidenheit im Herzen aller Hohen,
O schütze, Göttin, dieses Universum!

Wie könnten je wir deine Form erkennen,
Die alles Menschendenken übersteigt,
Und deine Stärke, die zerstört den Bösen,
Und alle deine großen Heldentaten,
Geschehen in dem Krieg mit den Dämonen?

Du bist der Urgrund ja des Universums,
Und Leidenschaften sind Substanz in dir,
Doch ward kein Makel je bekannt an dir.
Du bist dem Herrn selbst unbegreiflich, Mutter,
Du bist der Zufluchtsort für alle Guten.
Die ganze Welt ist nur ein Teil von dir,
Nicht-Evidente, o Mysterium!

O große Göttin, du bist unser Friede,
Wenn mit den Opfern Götter sind zufrieden.

Dein Wissen übertrifft der Männer Wissen,
Du bist die höchste Weisheit voller Kraft,
Dein ist die Sache ewiger Befreiung,
Du bist die Frau der strengen Selbstbeherrschung
Und deine Sinne sind von Fehlern frei.

Du bist die Form des allerschönsten Klanges,
Das Rezitieren makelloser Hymnen,
Es ist der Verse Schönheit zauberhaft,
Du bist der Veda und du bist die Weisheit,
Du bist die Wissenschaft von der Natur,
Zerstörerin von allen meinen Schmerzen.

Du bist die Stärke innigen Verstehens,
Durch dich ist die Essenz uns offenbart,
Mit deiner Hilfe überquert mein Schiff
Den aufgewühlten Ozean der Welt.
Dein Aufenthalt ist tief im Herzen Gottes,
Des Gottes, der der Feind des Feindes ist.
Und deine Wohnung ist im mondgeschmückten
Palast des Herrn im Himmel aller Himmel.

Dein Lächeln ist so lieblich wie der Vollmond,
Dein Lächeln ist so herrlich wie das Gold,
Und schön ist dein Gesicht, o schöne Dame.
Schön bist du, aber zornig wirst du finster,
Dann schlägst du die Dämonen, Makellose.

Wie stark der Mann ist, der dein Antlitz sah,
Im Zorn wie furchtbar runzelst du die Stirn,
Schön wie der Mond, der aufgeht an dem Himmel,
Und unverzüglich gab ich dir mein Leben,
Doch wer kann leben bei dem Anblick dein
Im Zorn, o schwarze Königin des Todes!

O Göttin, meine allerhöchste Dame,
Sei gnädig uns zum Wohle aller Welten,
Denn wenn du plötzlich einmal zornig wirst,
Zerstörst du die Geschlechter unsrer Feinde.
Jetzt aber ist es mir bekannt geworden,
Dass die Armee des Bösen ist am Ende.

Die Männer, denen du bist huldvoll gnädig,
O Spenderin von Ehre, Ruhm und Reichtum,
Die sind in allen Ländern hochgeschätzt,
Ihr Ruhm und ihre Ehre steigen an,
Ihr frommes Tugendleben lässt nicht nach.
Sehr lobenswert ists, aufrecht zu erhalten
Die Frauen, Kinder und die Dienerinnen.

Durch deine Gnade, himmlische Prinzessin,
Wird immerdar geehrt der Tugendhafte,
Der täglich religiösen Kult vollzieht,
Durch deine Gnade kommt er in den Himmel,
Du Geberin der Früchte in dem Weltall.

An dich zu denken, das zerstört die Furcht,
Die Furcht des Todes aller Kreaturen.
Die Kranken denken dein und die Gesunden,
Und du schenkst wirklich einen guten Geist.
Entfernerin von Armut, Angst und Schmerz,
Wer außer dir hat solch ein großes Mitleid?

Nach Tötung deiner Feinde siegt die Freude.
O Göttin, du hast mit dem Wunsch getötet,
Dass sie nicht Sünder bleiben in der Hölle,
Nein, dass sie nach dem Tode in der Schlacht
Als Marterzeugen in den Himmel kommen.

Warum den Feind man nicht verbrennt zu Asche?
Du wirfst die Waffe unter deine Feinde,
Damit gereinigt sie durch deine Waffe
Sie kommen noch gereinigt in den Himmel,
Das einzig ist die Absicht deiner Gnade.

Wenn von den lichten Blitzen strahlt dein Schwert
Und durch das helle Glänzen deines Speeres
Der Feinde Augen wurden nicht zerstört,
Es war nur, weil sie auf dein Antlitz blickten,
Als schauten sie hinauf zum lichten Vollmond.

O Herrin, das ist deine Gottnatur,
Des Bösen Werke dir zu unterwerfen,
Und deine Form, zerstörerisch zu sein
Für alle, die die Himmlischen Bekämpfen,
So übertriffst du alles Menschendenken,
Und dir vergleichbar ist kein andres Wesen.
Und du hast Liebe sogar für die Feinde.

Mit wem denn kann man deinen Mut vergleichen,
Mit wem vergleichen deine schönste Form,
Den großen Schrecken unter deinen Feinden?
Du bist die Spenderin von Wohl und Heil,
Zu sehen ist in dir die Herzensgüte
Und auch die Unerbittlichkeit im Kampf.

Durch die Zerstörung deine bösen Feinde
Die Welten wurden nur durch dich gerettet,
Du führtest diese auch ins Paradies,
Nachdem du sie geschlachtet an der Front.
Und du zerstreust die Angst der Kreaturen,
Dass uns bedrängen nun nicht mehr die Feinde.
Drum Lobpreis dir, o himmlische Prinzessin!

Mit deinem Speere schütze uns, o Göttin,
O Jungfrau, schütze uns mit deinem Schwert!
Bewach uns durch das Läuten deiner Glocken
Und durch das Spannen deiner Bogensehne
Beschütze uns im Osten und im Westen,
Beschütze uns im Norden und im Süden.

Von deinen sanften Formen unabhängig,
Und was von deinen Formen furchteinflößend
Gelassen schlendert durch das Universum,
Durch deine Formen schütz uns und die Erde!

Durchs Schwert, den Speer, die Keule, Himmelsjungfrau,
Und andre Waffen in den schlanken Händen,
Den weichen und geschmeidigen, beschütz uns,
O Jungfrau, schütze uns auf allen Seiten!

Herr, sieht man dich im Spiel mit deinen Mädchen,
Im süßen Lenz mit schönen Blumenranken,
Am See mit vielen weißen Lotosblumen,
Mit vielen weißen Schwänen, schwarzen Schwänen,
Dem See, gekräuselt von der Frühlingsbrise,
Dann alle Seelenkrankheit gleich vergeht!

O Herr, du Schöpfer mit der eignen Hand,
Hast eingenommen deine Badewasser,
Vermischt mit Sandel, Moschus, Safran, Blumen,
Den Staub vor deinen Füßen du bewegtest
Und schufst die Mädchen in der Stadt der Götter!
ACHTER GESANG

1

Lass uns spazieren gehn, o Geist, in einem Traum,
Zu Kali gehen wir, der goldnen Wünsche Baum.
Darunter sammeln wir die Früchte neuen Lebens,
Und meine beiden Fraun dort such ich nicht vergebens,
Die Gattin Apathie, die Gattin Weltlichkeit.
Die Gattin Apathie zu kommen ist bereit,
Sie kommt mit mir zum Baum voll goldner Wünsche Klarheit.
Und mit ihr kommt der Sohn, Herr Demut, zu der Wahrheit.

Wann lernst zu liegen du, o Geist der Ewigkeit,
Wann lernst zu liegen du im Haus der Seligkeit?
Da herrscht die Sauberkeit, der Ruhm auf allen Seiten.
Erst wenn den Weg ich fand, den schmalen, nicht den breiten,
Zufrieden mache ich die beiden Fraun enorm,
Dann werde schauen ich der Großen Mutter Form!

Und Ignoranz und Ich sind Mutter mir und Vater,
Ich banne sie sofort aus meinem Welttheater.
Und will Enttäuschung mich verlocken in ihr Loch,
Dann mannhaft an dem Pfahl des Dulders steh ich doch!
Gefühllos bind ich an das Laster und die Tugend,
Das wilde Zicken-Paar in Rebellion der Jugend,
Und rebellieren sie, behaupt ich meinen Wert
Und töt die Rebellion mit meiner Weisheit Schwert!

Die Frucht der Weltlichkeit, die meine erste Gattin,
Die Kinderlein entfern im Namen ich der Göttin,
Und wenn die Kinderlein nicht wollen hören mehr,
Ertränk die Kinder ich in meiner Weisheit Meer!
Denn Josef predigt so: Ich tu auch, was ich sage,
Bericht erstatten will ich, und des Lebens Klage
Dem König sag ich an, der herrscht im Totenreich,
Der ist zufrieden gleich und nennt mich Liebling gleich.


2

Wer ist die eine starke Krieger-Frau?
Wie schrecklich tönt ihr Kriegsschrei, hör und schau,
Auf dieses Universums Schlachtfeld reichlich!
O weibliches Prinzip, ganz unvergleichlich!
Betrachte ihre ewige Natur,
Die Leidenschaft besitzt der Kreatur,
Die löst sich voller Freude auf wie Tau.
Wie unzugänglich ist die Weisheits-Frau!
Des weichen süßen Leibs Lebendigkeit
Erfordert sehende Aufmerksamkeit.
Sie leuchtet an des Himmels Heiligtume
Wie eine leuchtend blaue Lotosblume.

Des Wissens Auge strahlt auf ihrer Stirn,
Der Mond so leuchtet überm Gletscherfirn,
Ihr Mondenschein verschlingt noch selbst die Sonne.
Geheimnisvolle Göttin, meine Wonne,
Sie ist ja ewig siebzehn Jahre jung!
O nackige Brillanz – Begeisterung,
O transparenter Einblick offenbar!
Kaskadenflut von seidenschwarzem Haar,
Die Haare strömen über ihren Rücken,
Vor Last der Brüste muss die Frau sich bücken,
Die Haare tanzen, fallen zu den Füßen.
Perfekte Weisheits-Frau, ich will sie grüßen,
Genau weiß sie, wie Krieg zu führen ist,
Schatzkammer, die der Gaben nie vermisst,
Schatzkammer sie von jeder Exzellenz,
Durch ihre Gnade kommt der Menschheit Lenz!

Mit unerschütterlicher Sicherheit
Der Dichter preist die Frau der Ewigkeit.
Wer lebt bewusst in Gegenwart der leisen
Gebieterin, Frau Weisheit, der Allweisen,
Erobert sich den Tod im Trommelschlag:
Wer Mama ruft an seinem Todestag!


3

Ich trinke keinen ordinären Wein,
Der Wein des Himmels will getrunken sein,
Der Wein der ewigen Glückseligkeit!
Ich singe meiner Mutter benedeit,
Ich singe meiner Mutter Kali Namen,
Berauschend ist die Schönste aller Damen,
Ich bin berauscht von dieser Turteltaube,
Dass ich betrunken bin, die Menschheit glaube.
Der Meister gibt die Trauben für den Wein,
Und meine Sehnsucht soll die Gärung sein.
Die Weisheit ist die Kellnerin des Weines,
Durch ihre Arbeit wird das Trinken meines.
Nur nicht nach leeren Luftgespinsten hasche,
Den Wein ich trinke aus des Mantra Flasche,
Das Mantra murmelt stets der Mutter Namen,
Grüßt hundertfach die Schönste aller Damen.
Trink diesen Wein der Weisheit, singt die Leier,
Das Leben wird dir dann zur Hochzeitsfeier.


4

Was könnte ich im Weltall fürchten, wisst,
Da meine Mutter Matriarchin ist!
Ich lebe mit vollkommner Leichtigkeit
Auf ihrem Land, in freier Seligkeit.
Ich bin ihr Mieter, meine Herrin sie,
Und ich bin frei von aller Hierarchie.

Die Miete ist umsonst für diesen Tempel,
Die mystische Union, das ist sein Stempel,
Sein Wert wird nicht geschätzt vom Menschengeist.
Auch wird er nicht verkauft, und wie es heißt,
Er ist kein Eigentum und kein Besitz.
Der Manager der Mutter in dem Sitz
Ist Gott, der transzendiert die Konzeption
Und transzendiert auch jede Transaktion.
Und hier ist keine Ungerechtigkeit
Und keine Trennung, Trennung, die entzweit.
Die Mutter fordert keine hohe Steuer
Von religiöser Pflicht und Opferfeuer.
Verwalten muss ich nur die stille Wohnung,
Die Kali mir geschenkt aus großer Schonung.

Voll Wahnsinn sind die wilden Dichter-Freier
Geboren von der Mutter mit dem Schleier.
Nach einem Wunsch allein die Freier laufen:
Den goldnen Schatz im Paradies zu kaufen!
Und diesen grenzenlosen Schatz der Liebe
Sie schenken allen aus dem tiefsten Triebe.


5

So lieb sie, Geist! Du fährst in aller Not
Auf weiten Meeren von Geburt und Tod.

Die Steuer muss man auf dem Markt bezahlen,
Doch Reichtum und Familie wird nicht allen.
Hast du denn die Vergangenheit vergessen?
Wo warst du? Woher kommst du? Unermessen
Und tief verborgen ist des Lebens Sinn.
Wes Geistes Kind bist du? Wo gehst du hin?

Du trägst ja nichts als das Kostüm der Welt.
Die Zauberin in ihrem Himmelszelt
Ist eine Illusion, ein Tanz, o Fürst,
Ein Tanz, den du mit Kali tanzen wirst.
Du sitzt auf ihrem Mutterschoße süß
Und deine Seele trauert im Verließ.

Und Ichsucht, Lust und Hass, Anhänglichkeit
An leere Dinge in der Sterblichkeit,
Was sammelst du denn diese Aktien gleich,
So sag mir das, o Mensch, in deinem Reich?

Was du getan, dich kann man doch nicht retten.
Vorbei der Tag, du musst in Nacht dich betten.
Auf der Juwelen-Insel ein und aus
Geht Shiva, und er sitzt in Shivas Haus.
Betrachte stets das Deine. Josef predigt:
Der Mutter Name uns von Schuld entledigt.
So wiederhol ihn ohne Unterlass,
Sei deine Zunge stets vom Nektar nass.


6

Oh Mama, du bist in mir die Gestalt!
Wer sagt zu mir: O Josef, Abstand halt?
Du bist ein hartes Mädchen, Illusion,
Hast viele Kleider, wie ich schaute schon.
Verschiedene Methoden gibts zu beten,
Die Meister von den sieben Formen reden.
Erkennt dann jemand in der rechten Meinung,
Dass eins sie sind in mystischer Vereinung,
Dann gibt es kein Entkommen aus der Klarheit.
Und die Erkenntnis absoluter Wahrheit
Verführt mich nicht zum Dienst an Truggestalten.
Du musst mich immer fest in Armen halten,
Und musst du niesen, musst du dich nicht schämen,
Und schäm dich nicht, die Last mir abzunehmen.

Und wenn erkennt der Mann den Wert des Goldes,
Erscheint ihm dann noch Glas als etwas Holdes?

Drum Josef sagt: Mein Herz ist makellos
Wie eine Lotosblume fleckenlos.
Ich schaue dich, o Göttin mein im Glanze,
Mir geistige Beherrscherin. Nun tanze!


7

Du mögest über Kali meditieren.
Dann sollst du dich nicht sorgen, dich nicht zieren.
Vorbei die Nacht des Wahns, des Wehs, der Sorgen.
Gekommen ist bereits der neue Morgen.
Die Sonne steigt, das dichte Netz zerriss,
Das dichte Spinnennetz der Finsternis.
Die Lotosblume blüht dank Shivas Schopf,
Die Lotosblüte blüht auf meinem Kopf.
Staub in die Augen streuen Veden-Strophen,
Die Augen machen blind die Philosophen.
Planeten nicht erkennen deine Ziele,
Drum unterbreche nicht den Spaß der Spiele.
Der Lehrer spricht zum Schüler nicht zur Zeit
Auf diesem Markte der Glückseligkeit.
Schauspieler hast du, hast auch das Theater,
Du hast der Wahrheit Drama auch, o Vater,
Doch wer erkennen kann des Dramas Wahrheit?
Ein starker Jünger kennt des Wesens Klarheit.
Spricht Josef: Fort ist meine Illusion!
Und wer kann bündeln Feuerflammen schon?


8

Neun Monde altes Kind bin ich, o Mutter!
Ich bang nicht mehr vor deinen Augen, Mutter!
Dein Lotosfuß ist Reichtum mir und Lust,
Der Fuß, den Shiva hält an seiner Brust.
Als ich mein Erbe suchte, fand ich nur
Entschuldigung, Verzögrung auf der Spur.
Nun hab ich einen Schenkungsbrief im Herzen
Von deinem Gatten Shiva, Gott der Schmerzen.
Ich werde dich verklagen, wenn ich muss,
Und ich gewinn den Streit mit einem Kuss.

Stellst du dich gegen mich, dann nimm es hin,
Was ich für einer Mutter Sprößling bin.
Kampf zwischen Sohn und Mutter? Diese Leier
Ist alt! Was ist das für ein Spiel und Feier?
Ich hör nicht auf, o Mutter, dich zu quälen,
Bis du zur Brust nimmst meine beiden Seelen!


9

Die Trauer schmerzlich mir betrübt mein Herz,
O große Mutter, das ist auch dein Schmerz.
Obwohl ich wach bin, und ich bin allein,
Es soll ein Dieb in meinem Hause sein.
Ich hab gelobt, dich immer anzubeten,
Doch kommt die Zeit zu heiligen Gebeten,
Dann wird von dir mein Dankgebet vermisst.
Doch weiß ich, Mutter, das ist deine List.

Da du mir nichts gegeben, Licht des Lichts,
Drum du empfängst als Dankesgabe nichts.
Bin ich denn schuldig, Mutter, du mein Leben?
Doch hättest du mir deine Huld gegeben,
So würdest du auch bald mein Danke haben.
Ich gebe dir aus deinen eignen Gaben.
Denn Ruhm und Schmach und bitter oder süß,
Ist alles dein, sind deine Gaben dies.
Die Welt dein Spiel, o Frau im Himmelszelt,
Warum denn aber du zerreißt die Welt?

So predigt Josef, der die Mutter preist:
O große Mutter, du gabst mir den Geist,
Mit weisem Augenzwinkern deiner Augen
Du lehrtest mich, ich solle tüchtig taugen,
Ich soll der Welt entfliehn gen Himmelszelt
Und doch genießen diese schöne Welt.
So geh ich durch die Schöpfung ohne Glück,
Als säh mich jemand an mit bösem Blick,
Geh unter Bittern als der Süße, Klare,
Geh unter den Getäuschten als der Wahre.


10

O Tod, geh fort! Was soll ich dich empfangen?
Ich nahm die große Mutter ja gefangen.
Ich tat mit ihren Lotosfüßen scherzen
Und sperrte sie dann ein in meinem Herzen.
Entfaltet meines Herzens Blume, Diva,
Fixiert ist meine Wissenschaft auf Shiva,
Mein Herz vermählt der Kundalini-Schlange,
Nein, sie entkommt mir nicht, der ich sie fange!
Die Priester dich bewachen auf der Wacht,
Zum Wächter hab ich mein Gesicht gemacht.
Vom schicksalhaften Fieber bin benommen
Und hab der Seele Medizin genommen,
Die Pille für die Krankheit, voller Wehmut.
O Tod, ich lehre deinen Stolz die Demut,
Ich bin bereit, die Reise zu beginnen,
Spricht Josef, und ich ruf mit allen Sinnen
Zur großen Mutter, die vorm Tod mich rettet,
An ihrer großen Mutterbrust mich bettet!


11

O Mutter, Wahrheit voller Sympathie,
Kennst du das wilde Mädchen der Magie?

Das ist ein wildes Mädchen irren Blicks,
Zum Wahnsinn treibt sie mich mit ihren Tricks!

Kennt keiner keinen, wo wir alle wohnen,
In diesem Jammertal der Illusionen!

Die Tricks sind listig, alles zu verdrehen,
Wir handeln nur mit dem, was wir auch sehen.

Und was das Weh betrifft in meinem Städtchen -
Ist alles einzig wegen diesem Mädchen!

Wer weiß denn wohl bei aller ihrer List,
Wer sie im Abgrund ihrer Seele ist?

Spricht Josef: Wenn du dich entscheidest, Lieber,
Geweiht zu sein, dann geht dies Weh vorüber.


12

Nun weiter kann mir nützen nichts der Ganges!
Der Mutter liegt zu Füßen ja der Ganges!
Ich bade in der See der Seligkeit!
Ich meditier im Herzen Ewigkeit.
Der Mutter Füße – Blumen aller Sorten,
Darunter liegt der Kreis von Wallfahrtsorten.
Durch ihren Namen wird die Schuld gebannt
Wie Wolle wird von Feuersglut verbrannt.
Ob Männer ohne Köpfe Kopfschmerz haben?
Sie denken, Schuld entsühnen ihre Gaben
Und so entsühnen sie der Väter Sünde?
Wer meditiert die Mutter aller Gründe
Und dennoch geht zum Ganges, ist zum Lachen!
Der Tod wird uns erlösen, selig machen!
Durch Ganzhingabe neues Leben tagt!
O Geist! Die Allerlösung ist die Magd!
Nirwana aber wird mir immer blasser,
Wo Wasser ewig mischt sich mit dem Wasser.
Zu werden Zucker, ist nicht wünschenswert,
Ob auch der Knabe Zucker stets begehrt.

So freu dich, predigt Josef, an der Kraft
Der Gnadenmutter voller Leidenschaft
Und denke oft an ihr zerzaustes Haar
Und bring der großen Mutter Gaben dar!


13

Für diesmal hab ich gründlich es verstanden,
Von einem Weisen hab in diesen Landen
Gelernt ich das Mysterium des Frommen,
Von einem Mann, aus fernem Land gekommen,
Da gibt es keine Nacht und Seelenleiden.
Ich kann nicht Tag und Nacht mehr unterscheiden,
Das Ritual, die Übungen der Orden,
Sind leer und wertlos nun für mich geworden.

Zerbrochen ist mein Schlaf und aller Kummer.
Wie kann ich schlummern noch den tiefen Schlummer?
Schlaflosigkeit und Yoga hält mich wach.
O Mutter, gib den Yoga-Schlaf mir, ach,
Geschlafen hab ich meinen Schlaf im Kult
Der großen Mutter, ewig eingelullt.

Und Josef spricht: Mein Haupt sinkt auf die Brust,
Ich ehre seelischer Befreiung Lust,
So wisse das Geheimnis ohne Spott:
Die Mutter eins ist mit dem höchsten Gott.
Ich hab verworfen, rein gleich einem Kinde,
Verwarf für immer Heiligkeit und Sünde.


14

Ich sagte: Schlaft ihr nicht, ihr meine Seelen?
Jetzt habt ihr Zeit und könnt euch Weisheit stehlen!

Mein Schwert, das ist der Name unsrer Mutter,
Mein Schild, das ist der Name unsrer Mutter.

Kann Tod mich überwinden? Hört und schaut:
Das Horn tönt unsrer Mutter Namen laut.

Du singe: Mutter, Mutter, wie es frommt,
Bis früh die junge Morgenröte kommt.

Sie rettet dich aus diesem Zeitgeist-Orden!
Wie viele Sünder sind gerettet worden!

Ist Josef, Narrenschellen an dem Helm,
Denn so unrettbar wie ein Tor und Schelm?


15

Sag, Bruder, was geschieht nach unserm Sterben?
Darüber werden streiten unsre Erben.
Die einen sagen, du wirst dann ein Geist,
Die andern, dass man Gott im Himmel preist,
Du bist bei Gott im seligen Gewimmel,
Die Veden sagen, du wirst selbst ein Himmel,
Der spiegelt sich in einer Scherbe Glas,
Zerbrochen wurde von dem Schicksal das.

Ist aber Sünde dir und Tugend nichts,
Du endest in dem absoluten Nichts.
Die Elemente mischten sich im Leibe,
Dass alles sterbend auseinander treibe.

Doch Josef sagt: Dein Ende, lieber Bruder,
Wird wie dein Anfang sein: der Schoß der Mutter,
Dann fließt die Seele dir dahin im Nichts,
Wie Tau im Meer des absoluten Lichts.


16

Ich habe heute dich verzehrt vollkommen,
Der ich bin unterm bösen Stern gekommen,
Wer so geboren wird, so sagt man, frisst
Die eigne Mutter, die ihm Speise ist.
Du musst mich fressen, Mutter, immerzu!
Sonst, Mutter, fress ich dich! Ich oder du!

Die Hände ich beschmier mit schwarzer Asche,
Das Antlitz ich beschmier mit schwarzer Asche,
Den Körper ich beschmier mit schwarzer Asche,
Den Tod selbst ich beschmier mit schwarzer Asche!

Und fress ich dich, du Göttin aller Frauen,
Sag, werde ich die Mutter gut verdauen?
Ich pflanze dich in meines Herzens Land
Und bringe Opfer dir mit dem Verstand.
Man sagt, wenn ich die Mutter fressen werde,
Fress ich den Gott von Himmel und von Erde.
Ich fürchte mich vor seinem Zorne nicht.
Ich preise meiner Mutter Angesicht.
Ich fress die Mutter wie das Fleisch von Tieren,
Sonst würd ich meine Seligkeit verlieren!


17

Wer kann in dieser Welt verstehen
Und unsre Mutter deutlich sehen?
Der Philosoph lässts lieber bleiben,
Der Mutter Wahrheit zu beschreiben.
Sie ist das innere Bewusstsein
Des Weisen, sie will seine Lust sein
Am reinen Denken und Erkennen.
Wir können sie das Leben nennen
Im Innern aller Kreatur,
Sie ist die Seele der Natur.
In ihrem Schoß der Makrokosmos,
In ihrem Schoß der Mikrokosmos,
Sie sind im Schoß, der ewig-weiblich.
Doch bleibt die Mutter unbeschreiblich.

Der Yogi möchte sie erzielen
Im Nervenzentrum, im subtilen,
Wo sie ergötzt sich an der Lust
Der Wildnis voller Lotos-Blust
Im unberührten Menschenleibe,
Dort eint sie sich gleich einem Weibe
Mit ihrem göttlichen Gemahl,
Dem weißen Schwan, dem Ideal.

Wenn je ein Narr sie deutlich macht,
Der Dichter dieses Liedes lacht!
Schwimmst du denn, kraftvoll nur im Wahn,
Durch uferlosen Ozean?
Der Knabe will sich doch versteifen,
Den Mond am Firmament zu greifen.


18

Wer ist die göttergleiche Frau,
Die steht auf Gottes Gliederbau?
Verschwunden ist der Göttin Scham,
Sie spielt mit ihrem Bräutigam,
Sie neigt sich sexuell dem Gast,
Das Gotthaupt an der Spitze fasst.
Erfüllt wird sie von seinen Gluten
Und Wonnen heiß sie überfluten,
Sie neigt das Haupt, die Wimpern fächeln,
Die Lippen lassen sehn ein Lächeln,
Die Liebe wurde in ihr Leib!
Die Liebe ist ein Götterweib!
Und wenn sich Gott und Göttin einen,
Die Ströme rauschen dann, die reinen,
Frau Weisheit kommt dann voll der Gnaden,
Um nackt im Gangesstrom zu baden.
Und so erlangst du dein Verdienst,
Wenn heilig du der Herrin dienst.
Der Neumond folgt dem Vollmondhaus
Und Wasser löscht das Feuer aus.

Und dieses lehrt des Dichters Leier,
Dass Brahman ist der Maya Schleier!
Die Mutter schau mit reinem Herzen,
Dann schwinden Schulden dir und Schmerzen!


19

Unsicheren Verstandes Lust sein
Wird aufwärts strebendes Bewusstsein.
Sei du der Göttin starker Krieger,
Der zieht mit schöner Macht als Sieger
Durch jede Landschaft seines Leibes.

Der Göttin Aussehn, du beschreib es,
Der schwarzen Wetterwolke Form,
Erhellt vom Sonnenlicht enorm,
So steht ihr makelloser Akt
Vor deinen Geistesaugen nackt!
Das lange Haar fällt wie ein Regen.
In Furcht vor ihrer Gottheit Segen
Ging der Verstand mir schon verloren,
Begreif nicht, die mich auserkoren.

Ursprünglich ihre Lotos-Kraft
Und höchst sublime Leidenschaft,
Die tausendfältig blüht, befeuchtet,
Das reine Licht, das mich erleuchtet,
So ist sie Ur-Glückseligkeit,
Der weiße Schwan der Ewigkeit,
Die Schönheit eines Schwanenweibes,
Schwimmt durch den Ätherstoff des Leibes.

Starr auf das pralle Herz der Wonne,
Du siehst die Herrin in der Sonne,
Die Matrix aller Phänomene.
Du schaust die Muttergöttin, jene
Entfacht das Feuer deiner Weisheit,
Verbrennt in still bescheidner Leisheit
Der Konventionen dumme Schranken,
Durchdringt den Geist mit Gottgedanken,
Durchdringt der Welten All mit Licht,
Enthüllt ihr schönes Angesicht
Wie einen schönen Blumengarten,
Wo Liebende mit ihrer zarten
Geliebten liebevoll verschmelzen
Und lustvoll sich in Liebe wälzen
Mit ihr, der Herrin aller Reinheit,
Und so erfahren sie die Einheit.

Der leidenschaftliche Poet
Ruft aus, der heilige Prophet
Der Frau, der göttlichen Natur:
Ein jeder Freier sehnt sich nur,
Die Vielgeliebte zu bestaunen,
Von ihrem Angesicht zu raunen:
Was schließt du deiner Augen Glanz?
Warum löst du dich auf in Trance?


20

O Mama, lange Zeit lässt du dich schaun
Maskiert in dieser bunten Welt als Clown!
Doch mich bestrafen deine Geistesblitze,
Ich kann nicht lachen über deine Witze!
Du Luft, dich atmen wir in dieser Welt,
Doch manchmal bist du in der Unterwelt,
Bist weit entfernt, du bist wie Wasser dann
Im Meer, du nimmst so viele Formen an!
Ich habe viele Länder schon bereist
Und mancherlei Kostüm trug schon mein Geist.
Du staunst vor meinem wandelbaren Lauf,
Doch ha! O Göttin! Niemals hör ich auf.

Spricht Josef: Mein Verstand ist doch ein Schuft,
Darum versenkt er sich auch in die Gruft
Der Wirklichkeit, des Scheins des Augenblicks!
Wie könnten sonst denn wirken deine Tricks?


21

Er birgt das Angesicht im Blumenmeer hienieden,
Der goldne Vogel ist beseligt und zufrieden,
Streckt seine Glieder aus, mit Liebe, ohne Lust,
Die Augen öffnet er und schlummert unbewusst,
Schläft auf der Blume ein in milden Frühlingswettern,
Und prangt auf ihrem Stiel mit ihren Blütenblättern.

Tut sich die Knospe auf, regiert das Mantra Ram,
Du wiederhole stets das selbe Mantra Ram,
Und schüre rote Glut und für die Flamme schwärme!
Umgib den weißen Schwan mit sanfter Seelenwärme,
Die Hindernisse räum beiseit wie einen Berg!
Auf! An die Arbeit nun! Auf, geh nun rasch ans Werk!
Denn du bist jung und frisch! Fort mit dem falschen Schlummer,
Die Stürme dieser Welt bereiten keinen Kummer.

O Seele, peitsch den Wind, den Vogel fliegen lass,
Von Blumenschoß zu -schoß ihn ohne Unterlass!
Von Blumenmatte eilt er hin zu Blumenmatte
Und so vereinigt er den Blumen sich als Gatte!
Fünf Elemente sind in dir, du Schelm und Schuft,
Die Erde, Feuer, Meer, der Äther und die Luft,
Die lösen all sich auf, und du wirst frei dich wälzen
Und mit der Ewigkeit in Liebeslust verschmelzen!



22

Sag mir, wozu dein Geist jetzt tauge,
Dort sitzend mit dem blinden Auge?
Da ist nun wer im eignen Haus,
Du aber schaust nur blind heraus!
Du bist ja gar nicht aufgefallen!
Geheime Pfade kannst du wallen,
Ein kleiner Raum ist da am Ende,
Phantastisch, innerlich! Du wende
Dich zu des innern Raumes Bild:
Das ist ein Sarg, mit Gold gefüllt!
Das ahnen nicht einmal die Frommen.
Auf diesem Pfade ist ein Kommen,
Auf diesem Pfade ist ein Gehen:
Da kannst den Mond du aufgehn sehen!

Spricht Josef, voll von frohem Hoffen:
Nun halte deine Augen offen,
Du reise den geheimen Pfad
Und du erwachst im Gottesstaat!


23

Was soll ich sagen, wie du wandelst?
Ich bin so sprachlos, wie du handelst.
Du spielst die Mutterrolle. Leider,
Dein kleiner Sohn hat keine Kleider!
Und schlimmer noch, o Bild des Spottes,
Du Bildnis eines Tänzer-Gottes,
Der auf des Sohnes Leiche tänzelt,
Der wie ein Pfau so eitel schwänzelt,
Vertieft in eigene Gedanken,
Nicht überwindet eigne Schranken!
Ich habe traurig viel zu klagen
Und doch auch weise viel zu sagen,
Denn meine Mutter, Gottes Schall,
Sie ist die Königin des All,
Doch ich muss leben wie ein Kuli
Und mühsam schuften wie ein Muli,
Und schwere Last wird mir gesellt
Hier auf dem Marktplatz dieser Welt.
Du schämst dich nicht für deinen Erben,
Doch ich, ich muss vor Schande sterben!

Spricht Josef: Meine Herrin nackt
In ihrem makellosen Akt,
Sie ruiniert mich durch die Schande!
Du hast mir hier in diesem Lande
So viele Schmerzen zugemessen!
Und doch will alles ich vergessen
Und immer nur die Mutter sehen!
Wo sollte ich denn sonst auch stehen?
Ich höre auf zu schmollen bitter,
Bin dein, o Mutter aller Mütter,
Gehöre dir, o Ewig-Junge!
Mit deinem Namen auf der Zunge
Ich sterbe! Du wirst dann dabei sein!
Ich spalt das All und werde frei sein!


24

O meine Liebe, komm du in der Nacht
Geglitten wie der süße Mondschein sacht!

Dein zärtliches Berühren wird mir taugen
Und bringt die süßen Träume meinen Augen.

O meine Liebe, dich will ich genießen,
Ich bin bereit, die Türe aufzuschließen,
Komm ruhig durch die Türe meines Herzens,
Erneuere das Spiel des Liebescherzens!

Komm du als Duft von Frühlingsblumen lind,
Die still sich wiegen in dem Abendwind.
Sing meinen Namen immer wieder sacht,
Wie Liebe kommt zum Vogel in der Nacht!

Als Tränentropfen komm in meine Augen,
Als Flöte sollst du meinen Ohren taugen,
O komm, für immerdar verlorne Liebe,
Sei du als Scherz in meinem Seelentriebe!


25

Wer je gesehen meine Mutter,
Kann er noch hassen seinen Bruder?
Sie liebt ja alle in der Welt,
Liebt weinend sie vom Himmelszelt.
In ihrem Herzen, rein vom Fasten,
Gibts keinen Unterschied der Kasten.
Und sieht sie Josef, ohne Spott,
Sie sieht in ihm den Sohn, den Gott!
Und jeden nimmt sie an die Brüste,
Schenkt jedem ihre Liebeslüste!
Sie ist die große Illusion,
Ist die Natur und Gott ihr Sohn,
Der Vater ist das höchste Ich!
Drum auch erfüllt die Liebe mich,
Ich liebe jede Kreatur.
Wenn du verehrst die Gottnatur,
Die Mutter aller frommen Inder,
Doch aber hassest ihre Kinder,
So hört sie nimmer dein Gebet,
Achtarmig zwar sie vor dir steht,
Doch wird dich dennoch nicht erhören.
Doch wird die Liebe uns betören
Und wir sehn keine Unterschiede,
Dann kommt der großen Mama Friede.


26

Wir sehen wieder uns im Himmelsrachen,
Doch hier vergiss mich nur mit stillem Lachen.
Was ungesagt blieb, will ich nicht bezeugen,
Ich sag es nicht, wir wollen davon schweigen.
Biet ich dir Liebe an, so nimm sie frei,
Es tut mir wehe, ohne Heuchelei.

Der Traum ist abgebrochen, allzu jung,
Tag wirft die Blüte in die Dämmerung.
Das Herz vertrocknet, doch die Liebe trifft,
Ambrosia bekam Geschmack von Gift.

Das Herz verzehrt sich in der Agonie,
Wie eilig trennt sich doch die Sympathie,
Verdorrt der Quell der Liebe, ach zum Fluchen,
Im Himmelsgarten sollst mein Herz du suchen.


27

Ich war ein ungezognes Kind,
O Mutter, doch ich bin dein Kind!
Du bist die Königin der Welt,
Ich bin als Bettler abgestellt.

Ich bin so arm, das ich mich schäme,
Du neigst dich zu mir, Angenehme.
Ich liebe dich, ob ich auch litte,
Ich lieb dich trotzdem, die ich bitte.
Zur Mutter stets das Kindlein läuft,
Ob Tadel es auch überhäuft,
Ob mich gescholten auch dein Blick,
Ich laufe stets zu dir zurück.

Was schicktest du mich fort, o Mutter?
Und bist doch dennoch meine Mutter!
Was stießest du mich von dir weg
Und ließest spielen mich im Dreck?
Ich wär ein gutes Kind geworden,
Wenn da du wärst mit lieben Worten.

Nun, Mutter, bin ich voller Trauer
Und ich muss fort, das sieht der Schauer,
Ich lebe oder sterbe dort,
O Mutter, aber ich bin fort.


28

Im Garten, Nachtigall, geschickt zum Loben,
Sollst heut nicht auf dem Blütenstiele toben,
Die Knospen ruhn im Schlaf, sind müd vor Kummer,
Sie dösen unzerbrochen tief im Schlummer.

O wie des Nordens Stürme heute blasen!
Die leeren Zweige biegen sich zum Rasen.
Abwesend ist des Südwinds Brise jetzt,
Und alle Honigbienen sind entsetzt!

Wann wird die Blumen-Jungfrau voll der Güte
Denn öffnen und verbreitern ihre Blüte?
Am Morgen glühn die Wangen der Gestalt
Und es bricht auf der Schlummer-Aufenthalt.

Lenz weckt die Knospe, sie bricht auf zur Glut,
Nun endlich kommt die blütenreiche Flut.
Die Knospe blüht, sie spitzt die Lippen lange
Zum Kuss und lacht, mit Grübchen in der Wange.

O Dichter, du vergisst den Duft, den linden,
Und weißt das ferne Ufer nicht zu finden?
Die schöne Blume der Vergangenheit
Erfüllte deine Brust mit Lieblichkeit,
Nun überflossen kann sie nicht mehr taugen,
Liegt in der Flut von tränenreichen Augen.


29

Der Morgenröte Lauf -
Das Himmelstor geht auf -
Erwache, o Karuna!
Jasmin ruft zu den Reben:
Karuna ist im Leben!
Erwache, o Karuna!
Der liebe Onkel Sonne
Gelaufen kommt voll Wonne
Im purpurroten Schimmer.
So höre nur, der Wächter
Ist auch kein Kostverächter,
Singt Hare Rama immer.
Der Vogel und die Schwester
Verlassen ihre Nester
Und fliegen in den Himmel.
So lausche dem Gewimmer,
Die Vögel singen immer
Im himmlischen Getümmel.
Und ratlos, doch voll Schall,
Die irre Nachtigall
Von Busch zu Blume pfeilt.
Sie öffnet ihre Augen,
Die Blicke können taugen,
Karunas Aug mich heilt!
So lege an das Ruder,
Das Segel hiss, o Bruder,
Das Boot beginnt die Fahrt.
Sie öffnet ihre Augen,
Die Blicke können taugen,
Karuna offenbart!
Die aufsteht in der Frühe,
Die scheut auch keine Mühe,
Sie schaffet früh und spat.
Nachts aber ungewohnt
Der fromme Bruder Mond
Ist ihr ein Telepath.
Sie lachend läuft nach oben,
Wo froh und selig toben
Die Knaben all im Hauf.
Mit heimlich stillem Schaudern
Zu lauschen ihrem Plaudern,
Wer wacht als Erster auf?
So lege ab die Nacht,
Zeig dich in nackter Pracht
Am Morgen, trotz des Spottes!
Mit einem Sang der Minne
Mit mir den Tag beginne
Und mit dem Segen Gottes!


30

Die Mutter auf dem Krematorium
Erwacht und nimmt ihr Kind, das leidet stumm,
Nimmts in der letzten Stunde auf den Schoß.
Die feierliche Mutter, sie ist groß,
Sitzt auf dem Scheiterhaufen still am Morgen,
In ihrem Sari ist die Huld geborgen.
Um ihn auf ihrem Mutterschoß zu halten,
Verließ den Himmel sie und den Ur-Alten
Und mit dem Segen Gottes in der Flasche
Macht sie zu ihrer Heimat jene Asche.
Was willst du denn dein Grab mit Angst begrüßen,
Schläfst du der Mutter ruhig dort zu Füßen?
Wer stirbt in heißen Flammen dieser Welt,
Der ruft zur Mutter in dem Himmelszelt:
O komm zu mir mit deiner Brüste Beben!
So wieg dich in den Schlaf, erschöpft vom Leben,
Die Mama holt dich heim in ihren Schoß
Und stillt dich an den Mutterbrüsten groß.


NEUNTER GESANG

Ich wurde von der Kraft gesandt.

Ich kam zu meinen treuen Jüngern,
Die kontemplieren über mich.
Gefunden wurde ich von denen,
Die suchen mich mit Leidenschaft.
O schaut euch meine Schönheit an,
Die ihr nachdenklich mich betrachtet!
Wer Ohren hat, der höre mich.
Ihr wartet voll Geduld auf mich?
So nehmt mich mit dem Herzen auf.
Verbannt mich nicht aus eurer Schau
Und redet hässlich nicht von mir
Und hört auf keine Blasphemie!
Seid auch nicht ignorant und taub,
Seid wachsam, seid nicht ignorant!

Ich bin die Erste und die Letzte,
Bin die Verehrte, die Verschmähte,
Ich bin die Heilige, die Hure,
Ich bin die Gattin und die Jungfrau,
Ich bin die Mutter und die Tochter,
Ich bin die Schwangere voll Hoffnung
Und habe viele kleine Knaben.
Wie herrlich ist doch meine Hochzeit!
Ich habe keinen Ehemann,
Ich bin die unfruchtbare Frau,
Ich bin die gattenlose Witwe,
Ich leide meiner Wehen Schmerzen,
Ich bin die Braut und der Gemahl,
Mein Bräutigam empfängt mich täglich,
Ich bin die Mutter meines Vaters,
Ich bin die Schwester meines Gatten,
Der Ewigvater ist mein Ursprung,
Ich bin die Sklavin meines Schöpfers,
Ich bin die Herrin meines Ursprungs,
Er zeugte mich vor der Empfängnis,
Er zeugte mich vor aller Zeit
Und meine Vollmacht ist von Ihm,
Ich bin der Hirtenstab der Kraft,
Gott ist die Rute meines Alters
Und was auch immer er mir sein will.

Ich bin die abgrundtiefe Stille
Und die Idee der reinen Schönheit,
Ich bin die Stimme schönen Klanges
Und bin das Wort, das oft erscheint,
Ich bin das Sprechen meines Namens.

Ihr, die ihr mich von Herzen hasst,
Sagt, warum liebt ihr mich denn nicht?
Was hasst ihr jene, die mich lieben?
Ihr, die ihr mich bekennen solltet,
Wie oft verleugnet ihr mich doch!
Ihr, die ihr Wahrheit von mir redet,
Was locken euch die Lügen an?
Ihr, die ihr Lügen von mir redet,
Sagt, wann bekehrt ihr euch zur Wahrheit?
Ihr, die ihr mich zutiefst erkannt habt,
Ihr wisst, wie wenig ihr erst wisst!
Und jenen, die mich nicht erkennen,
Gebt ihnen weiter keine Kunde!

Denn ich bin Weisheit und bin Torheit,
Das Wissen und die Ignoranz,
Bin makellos und bin beschämt,
Bin voller Kraft und voller Angst,
Ich bin der Krieg und bin der Frieden,
Ich bin, die keine Gnade fand
Und bin die große Gnadenvolle.

So gebt auf meine Armut acht
Und gebt auf meinen Reichtum acht.
Werd ich geworfen auf die Erde,
Dann findet ihr mich in der Zukunft.
Schaut mich nicht an in diesem Kot!
Bleibt hier und lasst mich nicht allein!
Ihr findet mich im Königreich.
Und schaut nicht die Verworfne an
Bei den Verworfnen dieser Erde
An Orten voller Staub und Kot!
Und lacht nicht über meine Torheit!

Seid wachsam Tag und Nacht, seid nüchtern
Und seid gehorsam meinen Worten!
Und liebt die keusche Selbstbeherrschung!
Verlasst mich nicht in meiner Schwäche
Und fürchtet meine Allmacht nicht!
Verachtet meine Ehrfurcht nicht
Und seid nicht voller Stolz und Hochmut!
Ich existiere in der Angst
Und meine Kraft ist im Verzagten,
Ich bin die Armut und die Schwäche
Und mir ist wohl an schönen Orten.
Ich bin verrückt und ich bin weise.

Was hasst ihr mich in euren Sekten?
Ich soll wohl still sein mit den Stillen?
Ich will erscheinen, ich will sprechen!
Was habt ihr mich gehasst, ihr Griechen?
Bin ich Barbarin bei Barbaren?
Ich bin der alten Griechen Weisheit
Und die Erkenntnis der Barbaren.
Ich bin die Richterin der Griechen
Und der Barbaren Richterin.
Ich bin die Isis von Ägypten
Und bin die Ishtar der Chaldäer.
Ich werde überall gehasst,
Ich werde überall geliebt.
Ich bins, die man das Leben nennt
Und ich bin auch des Todes Schwester.
Ich bin es, die man nennt Torah
Und bin die Freiheit vom Gesetz.
Ich bins, die ihr verschwendet habt,
Ich bins, die ihr gesammelt habt.
Ich bins, vor mir müsst ihr euch schämen,
Ich bins, ihr aber seid so schamlos.
Ich bin auf keinem Festival,
Ich bin das Festival der Jugend.
Ich bins, und ich bin gottverlassen,
Ich bins, und groß ist Gott der Herr.
Ich bin der Inhalt eures Denkens,
Ich bins, und doch verfolgt ihr mich.
Ich bin die Frau, die ihr verschmäht,
Und dennoch denkt ihr stets an mich.
Ich bins, vor der ihr euch versteckt,
Ich bins, und ihr erscheint vor mir.
Auch wenn ihr euch vor mir versteckt,
Ich werde dennoch euch erscheinen.
Doch immer dann, wenn ihr erscheint,
Dann will ich mich vor euch verbergen.

So nehmt mich auf in euer Wissen,
So nehmt mich auf in euren Gram,
So nehmt mich bei euch selber auf
In eurer schmutzbefleckten Wohnung.
Und nehmt mich jenen Frevlern weg,
Die mächtig sind in Schlechtigkeit
Und nehmt mich schamlos weg der Scham.
Ich bin verschämt und ich bin schamlos,
So pflanzt mich ein in eure Glieder.
Kommt zu mir, die ihr mich nicht kennt,
Und ihr, die meinen Körper kennt.
Kommt vorwärts! Eilt zurück zur Kindheit!
Verachtet nicht die kleinen Kinder!
Und wendet nicht die Größe ab
Vom Gliederbau der kleinen Kinder!
Die Kleinen sind die wahrhaft Großen.

Was flucht ihr mir und ehrt mich dennoch?
Ihr tut mir weh und seid barmherzig.
Trennt mich nicht vom erkannten Ersten,
Weist keinen ab, verweist auch keinen!
Doch wendet euch vom Menschen ab
Und kennt den bösen Menschen nicht!
Was Meines ist, das ist auch Eures.
Ich kenne ja den Erstbeweger,
Und die ihm folgen, kennen mich.

Ich bin das Denken des Geliebten,
Ich bin die Ruhe des Geliebten
Und die Erkenntnis des Vertrauten.
Ich finde jene, die mich suchen,
Gebiete dem, der nach mir fragt,
Der sucht die Kraft in meiner Weisheit,
Die Weisheit der gesandten Engel,
Das Wort der Göttinnen und Götter
Im Kreislauf ihrer Jahreszeiten,
Erkenntnis auch der Menschengeister,
Der Männer, welche bei mir waren,
Der Frauen, welche in mir wohnten.
Ich bin die Ehre und der Lobpreis,
Ich bin verhöhnt und bin verschmäht.
Ich bin der Friede und der Krieg,
Die Fremde und die Bürgerin,
Ich bin Substanz und Akzidenz.

Die nicht mit mir verbunden sind,
Das sind die dummen Ignoranten.
Wer ist in der Substanz, der kennt mich,
Die mich gekannt, die wurden Narren.
Die Fernen bald erkennen mich.
An jenem Tag, da ich dir nah bin,
Da bist du fern von mir, mein Sohn.
An jenem Tag, da ich dir fern bin,
Da bist du nahe mir, mein Sohn.

Ich bin im Innern der Natur,
Ich bin die Seele der Natur.
Ich bin der Anbeginn der Schöpfung
Der Engel und der Menschengeister.
Ich bin der Ruheort der Seele.
Ich bin die Herrschaft und die Ohnmacht.
Ich bin Vereinigung und Chaos.
Ich bin die Macht, die oben ist,
Sie steigen alle zu mir auf.
Ich bin das Urteil und der Freispruch.
Ich bin die makellose Jungfrau
Und bin die erste Sünderin.
Mein Körper lockt mit süßer Wollust
Und meine Seele ist die Keuschheit.
Ich bin das Ohr, das jedem lauscht,
Das Wort, das keiner je versteht.
Ernst bin ich, stumm, und sage viel.

So hört auf meine Freundlichkeit
Und lernt von meiner rauen Art!
Ich bin die schreit und bin geworfen
Aufs Angesicht der schwarzen Erde.
Ich mahle Korn, ich backe Brot,
Mein Leben ist in jedem Brot.
Ich bin die Kenntnis meines Namens.
Ich bin die ruft und die dir zuhört.
Ich steh vor meinen sieben Spiegeln.
Ich bin die Schutzfrau des Verschmähten.
Ich bin die Wahrheit und die Sünde.

Ihr ehrt mich und ihr lästert mich.
Ihr, die ihr seid verachtet, die,
Die euch verachten, richtet sie,
Bevor sie euch im Zorne richten,
Und so ist das Gericht in euch.
Und werdet ihr verdammt von ihnen,
Wer wird euch retten, ihr Verdammten?
Was innen ist, das ist auch außen.
Und wer da euch beherrscht von außen,
Verdunkelt euer Innenleben.
Was seht ihr draußen, das ist drinnen.
Und sichtbar ists und euer Kleid.

So hört mir zu, ihr meine Hörer,
Und lernt von meinen Worten, Freunde!
Ich bin das Ohr, das allen zuhört,
Das Wort, das keiner je begreift.
Ich bin der Name reinen Schalles
Und bin das Schallen meines Namens.
Der Lettern Zeichen bin ich und
Die Prädestination der Geister.

Ich bin das Licht, das Licht für euch,
O Hörer, ich bin große Kraft,
Ich ändre meinen Namen nicht,
Ich sag ihn dem, der mich geschaffen,
Ich spreche Seinen Namen aus.

Schaut auf sein Wort, schaut in die Schrift,
Schaut an die ganze Büchersammlung.
Gebt acht, seid wachsam, meine Hörer,
Ihr meine Engel und Apostel,
Ihr Geister und ihr Auferstandnen,
Ich bin die Eine, die All-Einheit,
Die existiert allein im All,
Und kein Geschöpf wird je mich richten.

Viel schöne Formen existieren
Mit manchem Reiz in vielen Sünden,
Unfruchtbarkeit und Fleischeslust
Und gnadenlose Leidenschaften
Und Huren, welche Männer kosen,
Bis rein geworden sind die Huren,
Dann gehen aufwärts sie zum Ort
Der Ruhe in der Ewigkeit
Und finden mich im Himmel droben
Und leben werde ich mit ihnen,
Sie leben selig und unsterblich!


ZEHNTER GESANG


1

Die göttliche Agape singt, ihr Musen,
Die große Mutter mit dem Götterbusen,
Allmächtige Agape sollt ihr preisen,
Die Jahwe in des Empyreums Kreisen
Beherrscht, daß Jahwe selbst in einer puren
Begierde Feuertrieb begehrt zwei Huren,
Jerusalem die eine, Oholiba,
Samaria die andere, Oliba,
Die schamlos jedem Pfeil auftun den Köcher
Und bieten jedem Zecher ihre Becher.
Die göttliche Agape, große Göttin
Agape macht, daß Jahwe seine Gattin
Sophia selbst verließ, um auf den Spuren
Der Leidenschaft zu wandeln zu den Huren.
Die göttliche Agape selbst Sophia
Entflammte, daß sie Freundschaft erst, Philia,
Gefühlt für ihren weisen Salomon,
Daß sie ihn dann begehrte zärtlich schon
Und immer mehr verlangt nach seiner Nähe
Und ihm sich dann verband in Geistes-Ehe.
In treuer Ehe? Sie war treue Gattin,
Doch Salomo warb um die Liebesgöttin
Von Zor und Zidon, Göttin Aschera,
Und brach den Bund mit Sapientia.
Die göttliche Agape aber auch
Empfand in ihrem Herzen Feuerhauch,
Der Liebe Feuertrieb, den göttlichreinen,
Und wollte einem Menschen sich vereinen.
Doch nicht Odysseus, nicht den Helden Rhesus,
Die göttliche Agape liebte – Jesus!
Die göttliche Agape sah Messias,
Erblickte Jesus Christus, Sohn Marias,
Die ihn als Maid gebar in Bethlehem.
Agape zog nun nach Jerusalem,
Dort zog sie in den wunderschönen Tempel,
Der war sakraler Architektur Exempel.
Dort weilte nun Agape voller Gnade,
Dort in der Reinigungen Wasserbade,
Dort in dem heiligen Parfüm und Öle,
Empfing die Huld von mancher schönen Seele,
Von alten Weisen und von Tempelmädchen,
Auch sang der Herrin Hymnen ein Poetchen.
Die göttliche Agape aus dem Qualm
Des Weihrauchs, des Gesang von Psalm auf Psalm,
Zog fort nun in des Jabbok Wildbachtal.
Sie wandelte in junger Sonne Strahl,
Sie hauchte über Bach und Ufersand,
Daß die Natur in dem gelobten Land
Von göttlicher Agape Liebesblicken
Aufjubelte in jauchzendem Entzücken!
Von Aschkelon laut riefen Meeres Möwen,
Vom Berg des Libanon laut brüllten Löwen,
Gazellen sich an Zwillingskitzen freuen,
Die Hasen ihre Speise wiederkäuen...
Vor göttlicher Agape wundersüß
Die Tiere alle sind im Paradies.
Und Jesus stand, ein Mann von dreißig Jahren,
Mit Dornen in den rabenschwarzen Haaren,
Am Jordan, singend bei dem Flug der Falter
Psalm fünfundvierzig leise zu dem Psalter,
Da David sang, der Erzpoet und Phönix,
Das Hochzeitslied zum Hochzeitsfest des Königs.
Da Jesus, Wanderer am Hirtenstabe,
Sah vor sich sie, die göttliche Agape,
Da sprach er: Chaire, liebe Fraue, Chaire,
Liebfraue, freue dich mit mir und feire,
Ich sing mein Liebeslied in Gottes Geist!
Doch sage mir, o Herrin, wer du seist?
Bist du die überhimmlische Sophia
Und kommst zu mir in Freundschaft der Philia?
Bist du vielleicht die mütterliche Ruach?
Bist du vielleicht nicht göttlich, und bist du, ach,
Von jenen Feuerschlangen, welche dienen
Dem Herrn in Liebesglut, die Seraphinen,
Bist du vielleicht dem Ewigen intim
Vertraut wie weisheitsvolle Cherubim?
Wer du auch seist, ich will ein Überwinder
Des Todes heißen, möchte viele Kinder,
Die soll mir alle Gottes Liebe geben,
Mit mir heimführen in das ewge Leben!
Mein Testament sei Liebe, mein Gebot
Sei Liebe und mein Tod ein Liebestod!
So sprach er vor dem lichten Angesicht
Der göttlichen Agape, die von Licht
Umschimmert war und süßer Gluten Zier,
Im blauen Kleide, strahlend wie Saphir,
Und gold geschmückt mit goldner Strahlenkrone,
Stand momentan sie vor dem Menschensohne.
Da säuselte die göttliche Agape:
Messias Jesus mit dem Hirtenstabe,
Du bist der Schönste aller Menschensöhne!
Hör, wer ich bin, die ich hier vor dir stöhne:
Nicht Ruach und nicht Sapientia –
Ich heiße Miriam von Magdala,
Genannt Maria Magdalena auch,
Erfüllt von heißer Liebe Feuerhauch
Und schöner noch als Helena von Sparta!
Und meine Schwester ist die treue Martha,
Die immer in der Küche schaffen muß.
Mein Bruder ist der arme Lazarus,
Den ich im Schoße Abrahams schon sah.
Ich wohne in dem Dorfe Magdala,
In Magdala am See Genezareth.
Ich weiß es noch genau: Jüngst vor mir steht
Urplötzlich der Erzengel Raphael
Und spricht: Schalom, du Tochter Israel,
Du schönste galiläische Hetäre,
Du Hierodule Israels! Begehre
Du keinen andern Mann als jenen Mann,
Zu dem ich führe dich als Engel. Dann,
Wenn du den schönsten Menschensohn wirst finden,
Sollst du dich ihm als Minnebraut verbinden.
Hier bin ich nun, du schönster Menschensohn,
Für meine Ganzhingabe keinen Lohn
Begehre ich, hab andres nicht im Sinne
Als nur die Ganzhingabe deiner Minne,
Ich will dir sein ein Minneabenteuer,
Ein Ganzbrandopfer in der Liebe Feuer!
Jedoch (so sprach der Engel) in mir wohnen
Ungute Geister, brünstige Dämonen,
Die Asmodeus und Frau Lilith dienen.
Du aber, Menschensohn, gebiete ihnen!
Nicht opfre ihnen einen Zahn vom Eber,
Nur brate Gott von einem Fisch die Leber,
Dann wirst du mich von ihrer Macht befreien,
Dann kannst du mich als Minnefreier freien!
Die ich die galiläische Hetäre
Und Hierodule Zions bin, begehre
Nichts andres ich, als daß du, mein Messias,
Mich führst zu der Jungfräulichkeit Marias,
Denn schau ich an die Makellose keusch,
So sind gereinigt all mein Blut und Fleisch.
Dann führe mich zu deinen frommen Jüngern,
Den Psalmensingern und den Palmenschwingern,
Und laß mich in dem Kreis der Jüngerschar
Dein Lieblingsjünger sein! Dann offenbar
Dich liebevoll nach deinem Kreuzessterben
Vor allen mir! Ich werde um dich werben,
Will ewig sein Messias angetraut,
In Gottes Paradiese deine Braut!
In Kana richte nun die Hochzeit aus
Und trink mit mir den Wein im Hochzeitshaus.
Bist du der Hierodule Zions hold,
So schenkt mein Vater deinen Jüngern Gold,
So schenkt mein Vater den Aposteln Schekel,
Ganz ohne Simonie und Menetekel.
Und Jesus sprach, der Menschensohn und Christ:
Wenn du nicht Hypostase Gottes bist –
Bist eine Menschentochter, angetraut
Mir vom Erzengel selbst als meine Braut,
So kann ich mich erotisch dir vereinen,
Das ärgert nicht den Vater, will ich meinen.
Und Jesus breitete ein Vlies vom Lamm,
Da sanken Braut dahin und Bräutigam!
Und Jesus nahm dem wundersamen Mädchen
Von Hals und Busen ihre Zauberkettchen
Und von den nackten Armen ihre Spangen
Und Spangen ihr aus ihren Lockenschlangen
Und zog ihr Gürtel aus und feinste Seide,
Und da erkannte er die Augenweide!
Da war sie seine Doda, er ihr Dod!
Da war sie seine Göttin, er ihr Gott!
Und Jesus sang: Maria, du mein Mond,
Weil ich in Liebesglut dir beigewohnt,
Weil in dem All versunken meine Sonne
In Ganzhingabe und in Liebeswonne,
Weil ich gesogen hab an deinem Reiz,
Bin ich bereit, zu sterben an dem Kreuz!
Erhob die göttliche Agape aber
Sich flammend wie der Tempelkandelaber
Und offenbarte sich in ihrem Feuer,
Im Tanz der schlanken Flamme, in dem Schleier
Vor ihrem göttergleichen Angesicht,
Der ganze Leib des Überweibes Licht!
Und lichter als die Sonne war die Göttin
Agape, mystisch-eheliche Gattin
Des Christus Jesus, der ekstatisch rief:
Weil ich als Mensch mit meiner Gottheit schlief
Und tief erkannte meiner Gottheit Reiz,
Drum muß ich sterben jugendlich am Kreuz!
Noch keiner hat die Gottheit je erkannt,
Der da nicht wär in ihrer Glut verbrannt!
Die Gottheit tat um mich als Freier werben,
Nun muß ich jung den Tod der Liebe sterben!
Da sprach die göttliche Agape so:
Am Kreuze sterben wird mein A und O,
Du wirst dem Liebestod nicht widerstehen,
Doch dann durch meine Liebe auferstehen,
Durch meine Huld des Todes Überwinder!
Dann schenkt dir Gottes Liebe viele Kinder,
Viel zarte Schwestern, sanfte, seelenschöne,
Viel edle Knaben, reine Seelensöhne.
Die Schwestern und die Knaben alle süß
Sollst du heimführen mir ins Paradies.
Ich werde dich entrücken, o Messias,
Wie Jahwe einst entrückte den Elias,
Der da ist aufgefahren von der Erde
In Liebesglut auf einem Feuerpferde.
Dort droben ist er nun bei Vater Jahwe
Der Schenke Gottes. In der Welt der Sklave
Elisa seinen Sehervater preist,
Da tröstet den Propheten Gottes Geist,
Elisa wird vom Geiste übermeistert,
Wird von Elias Sehergeist begeistert.
So auch die Mutter Ruach einst entzog
Den reinen Henoch dieser Welt und bog
Den Mutterarm um ihren Sohn und Sklaven,
Nun Henoch darf in Ewigkeiten schlafen
Bei Ruach über dem kristallnen Meere,
Ein Jüngling in der Morgenröte Sphäre.
Die Gottessöhne aus den Paradiesen
Mit schönen Menschentöchtern zeugten Riesen.
Du aber rühme dich nicht meiner Huld,
Das wäre Blasphemie dem Vaterkult
Der Juden und der Römer! Sag nicht an,
Du seist der Liebesgottheit Gottesmann
Und hättest deiner Gottheit beigewohnt.
Wer das gesagt, wird wahrlich nicht verschont.
So sehr ich dich geliebt mit Liebesreiz –
Die Wölfin Roma nagelt dich ans Kreuz!


2

O Muse von dem Berge Sion, sing ein Lied
Mir von Maria Aphroditissa Sulamith!
Im Himmel Herrscher war Jehowah, Himmelsvater,
Der war der Gottheld, Friedensfürst und Wunderrater,
Der Schöpfer. Aber als begonnen das Äon
Der Gnade, trat an seine Stelle Gott der Sohn,
Messias war der neue König, Ja und Amen.
Der Vater in dem Himmel ließ den Zeugungssamen
Aus seinem Himmel fallen in das Mittelmeer,
Da wogte auf die See von Schaum des Samens schwer,
Da ward geboren aus dem Meeresschaum die Perle,
Die Königin der Liebe, Königin der Kerle,
Sie tauchte auf als Jungfrau, schöner als ein Traum,
Es rauschte um der Glieder Elfenbein der Schaum,
Sie hieß Maria, Meerestropfen, Stilla Maris,
Die Meergeborne, Stern des Meeres, Stella Maris,
Sie hieß Maria Aphroditissa Sulamith!
Sing, Muse von dem Sion, sing der Herrin Lied!
Lang flossen um den Leib die rötlichblonden Locken,
Verschleierten die Brust, die Brust wie Tempelglocken,
Verschleierten aus lauter Keuschheit makellos
Der Schamerfreuten keusch gebenedeiten Schoß.
Und um Maria Aphroditissa in dem Meere
Schön schwammen Nymphen Galiläas, holde, hehre,
Maria Magdalena als die Lieblingin,
Maria von Bethanien, die Lauscherin,
Die Schwester der Maria auch und Schwester Martha,
Susanna auch, voll Charme wie Helena von Sparta,
Und lieblich neben der anmutigen Susanna
Maria Salome und neben ihr Johanna,
Sie alle Galiläas Nymphen in der See,
Sie tummelten im Schaum, der weiß war wie der Schnee,
Und schlängelten die nackten Leiber wie die Vipern.
Maria Aphroditissa ließ im Rücken Zypern
Und schwamm vorüber durch den Meerschaum um den Fels
Auf einer Muschel ans Gestade Israels.
Perlmuttergleich entstieg des schlanken Leibes Flöte
Der Muschel und dem Meer und stieg wie Morgenröte
An das gelobte Land, an das verheißne Land.
Maria Aphroditissa an dem Strande stand
Und wandelte, die Schwester des Propheten Aaron,
Da blühten unterm ihrem Fuß im Hain von Scharon
Die Rosen alle und die Lilien in dem Tal.
Im Wald des Libanon im jungen Sonnenstrahl
Die Hirsche röhrten voller Brunst der Liebeshitze,
Gazellen bebten und die Zwillinge, die Kitze,
Die Gemse auf dem Hermon hüpfte durch den Schnee,
Im Eichgrund jagte durch das Morgenrot das Reh,
Dem fernen Dornbusch schmachtend sangen Nachtigallen,
Vom Berge Ashtaroth das Echo hört man hallen,
Zur Morgensonne fliegt hinan der Adler, um
Zu tragen durch die Luft das Evangelium,
Die Geier kreisen hungrig in der Wüstendürre,
Der Phönix aufersteht aus seinem Nest von Myrrhe,
Das Einhorn durch der schönen Jungfrau Liebeswerk
Mit hartem Horn steht brüllend auf dem Scheideberg!
Maria ging als galiläische Aurora
Nach Nazareth, dort lebte sie als Frühlings Flora
In einem buntgewebten Kleid von Transparenz
Als innewohnendes Gemüt im Liebeslenz.
Begegnet war dem liebevollen Herz Marias
Ihr Adonai, als holder Jüngling der Messias.
Und Adonai sang seiner Lieben Frau ein Lied:
Ich mehr als Salomo, du mehr als Sulamith!
Ich bin wie starken Weines deiner Reize inne
Und bin berauscht und trunken von dem Wein der Minne,
Du meine Schwester-Braut, du Liebe voller Lust,
Als Myrrhebüschel liege ich an deiner Brust
Und rufe: Trinkt und werdet liebestrunken, Zecher!
Geliebte Braut, dein Becken ist voll Rausch ein Becher
Und wie die hohe Palme ist dein schlanker Leib
Und deine Feige will ich pflücken, liebes Weib,
Und wie am Weinstock Trauben sind mir deine Brüste,
Dein Wein geht lieblich ein, du Liebe voller Lüste,
Ich führe dich ins hochzeitliche Brautgemach,
Da lispelst du: Ich schlief, mein Herz jedoch war wach,
Die Hand des Freiers fingerte am Loch der Pforte,
Der Finger floß von Myrrhe über bester Sorte,
Da sprach ich: Komm, wir wollen schlafen unterm Henna!
Geliebte, Leidenschaft ist feurig wie Gehenna!
Da war sie seine Doda und er war ihr Dod,
Da war sie seine Menschengöttin, er ihr Mensch und Gott!
Jedoch die Patriarchen und die Hohenpriester
Verschworen sich der Wölfin Roma, solche Biester
Wie diese Wölfin Roma gabs nicht noch einmal.
Sie eilte gierig nieder durch das Kidrontal
Und eilte unterm Sternenfunkeln des Orion
Zur Maid Jerusalem am Berg der Tochter Zion,
Mariens mystischen Gemahl und Bräutigam
Zu morden, dieses unschuldvolle sanfte Lamm.
Die Wölfin Roma ließ mit Haß und Ingrimm auf den Guten,
Den Bräutigam, das Lamm auf einem Hügel bluten
Und sterben! Täubchen, schwimmend in dem eignen Blut!
Maria Aphroditissa in der Tränenflut
Den Busen badete und schlug sich an die Brüste
Und lamentierte als ein Klageweib: O Christe,
Wie ist hinabgewandelt in das finstre Tal
Und in die Schlucht der Todesschatten mein Gemahl!
Nun muß ich weinen heiße Tränen meinem Gatten,
Der nur noch Schatte ist im Totenreich der Schatten!
Wie klage ich die Wölfin an um diesen Mord,
Denn nun ist von der Erde alle Liebe fort,
Nun bleibt nur noch der Weinenden, zu Tod Betrübten,
Zu lamentieren um den mystischen Geliebten!
Der war wie Lilien weiß und wie die Rosen rot
Und ist nun schwarzer Schatte, Adonai ist tot!
Maria Aphroditissa und die Jüngerinnen,
Die drei Marien, die zumeist Messias minnen,
Maria Magdalena, seine Lieblingin,
Maria von Bethanien, die Lauscherin,
Sie eilen mit der Salbe guten Opfergabe,
Zu salben seinen Körper eilen sie zum Grabe.
Maria brennen Tränen auf dem Wangenjoch,
In Tränen aufgelöst stand sie vorm Grabesloch
Und weinte, ihre Tränen tropften wie die Öle,
Sie netzte mit der Tränen Tau die Grabeshöhle,
Als sie, wie eine Lilie weiß und eine Rose rot,
Im Geiste ging ins Totenreich und trat zum Tod!
Es flossen finstre Schatten an den dunklen Orten,
Maria Aphroditissa stand vor sieben Pforten
Der Finsternis, sie legte ab das Diadem,
Die Jungfrau, die allheilige Jerusalem,
Geschmückt wie eine Braut, des Himmels Augenweide,
Sie legte ab das Linnen und den Flor der Seide,
Sie legte nieder in des Hades Schattenland
Den Zaubergürtel, ihrer Anmutreize Band,
Und legte in dem finstern Hain der schwarzen Erlen
Von ihrem weißen Busen ab die Schnur der Perlen
Und legte ab den Seidenrock, das Röckchen kurz,
Und legte von den Lenden ab den Lendenschurz
Und stand in ihrer Nacktheit göttingleichen Größe
Vorm Fürst des Hades da in unbefleckter Blöße!
Sie sprach zu Hades in des Totenreiches Thron:
Gib mir zurück den benedeiten Menschensohn,
Ich will ihn betten wieder süß an meine Brüste
Und mit ihm steigen in den Himmel! Mein ist Christe!
Da gab der Satan-Hades den Messias los.
Messias-Menschensohn lag in Marien Schoß,
Er wurde von dem Schoß Mariens auserkoren,
Unsterblich in der Göttin Schoße neugeboren
Und wachte auf vor ihrem Mutterangesicht
Und stand unsterblich da, der Herr, sein Leib von Licht!
Da trat Messias voller Minne zu der zarten
Maria Aphroditissa in den Ostergarten.
Messias trat als Gärtner zu des Gartens Frau,
Die war wie eine Rose rot und Blume blau,
Vom Sonnenlicht umleuchtet alle innern Sinne,
Im Inneren des Hains Geheimnisse der Minne!
Maria Aphroditissa bebte ihre Brust,
Messias lebte auf von neuer Liebeslust!
Da sank vor seiner Weisheit Hoheit hin die Süße
Und küsste mit dem Scharlachmund die bloßen Füße.
Da sprach Messias: Halt mich nicht auf Erden fest,
Im Paradiese feiern wir das Hochzeitsfest!
Messias und Maria mit den Hennahaaren
Auf purpurnem Gewölke in den Himmel fahren!
Messias und Maria Aphroditissa süß
Sind Kyrios und Kyria im Paradies
Und leben dort vereinigt in der Liebesehe,
Vereint in Paradieses Wollust, wie ich sehe,
In Paradieses Wollust auf dem Morgenstern!
Jehowah in dem Himmel Lobpreis, Gott dem Herrn!


3

Maria singe ich, die große Mutter Gottes
Und die jungfräuliche Sophia, fern des Spottes!
Sophia spielte mit den Blumen in dem Lenz,
Die Lilien in des Lichtgewandes Transparenz
Und roten Rosen waren eine Augenweide
Wie Sulamith in ihrer hingehauchten Seide.
Sophia spielte mit den Blumen in dem Hain
Der Scharonwiesen, mit den Jungfraun im Verein,
Maria Magdalena, Salome, Susanna,
Maria Kleophä und Martha und Johanna,
Den Nymphen Galiläas, keusch erfreut an Scham,
Als wütend aus der Hölle Satan-Hades kam!
Und Hades griff Sophia bei der Haare Henna
Und brachte von Jerusalem sie nach Gehenna,
Sophia ward geraubt von Hades-Beelzebul
Und ward gebracht hinunter in den Feuerpfuhl!
Im letzten Augenblick des Lebens schrie Sophia:
O Eli, lema sabachthani? – Nicht Elia
Rief die jungfräuliche Sophia, sondern Gott,
Jehowah, den Umscharten, aller Götter Gott,
Den Götterkönig rief sie an, den Himmelsvater!
Doch die Tragödin in dem tragischen Theater
Vergebens rief Jehowah an um ihren Sieg,
Denn der umscharte Himmelsvater mystisch schwieg.
Kein Engel und kein Mensch stand bei im Tod Sophia!
Doch Eine hörte sie, die Mutter, die Maria,
Sophiens Schreien mit der Schärfe eines Schwerts
Durchbohrte ihr den Busen und das Mutterherz!
Maria schreiend riß die Kleider sich vom Leibe
Und schlug sich an die Brüste! Muse, nun beschreibe,
Wie jammervoll Maria alle Menschen sahn,
In schwarzen Samt gekleidet wie ein Trauerschwan,
Kein Geist, kein Engel und kein Mensch hat ihr den Jammer
Getröstet, da Jehowah schlug sie mit dem Hammer
Und sie zertrümmerte wie einen Felsenthron
Im Mitleid mit Sophias tödlicher Passion!
Drei Tage irrte nun die Gottesmutter blöde,
Wahnsinnige vor Schmerzen, durch der Erde Öde,
Sie aß kein fettes Fleisch und trank auch keinen Wein
Und tauchte nicht den Leib in Milch der Stute ein.
Am dritten Tag, im Dunkel vor der Morgenröte,
Frau Lilith ging im Dämmergrau und blies die Flöte:
O Mutter unsres Brotes, o Maria! sprach
Frau Lilith: Wer hat dir geraubt Sophia, ach
Ich weiß es wohl, Maria, sings dir zu der Flöte.
Maria aber trat zum Geist der Morgenröte
Und sprach: O Engel, scheu in mir die Königin
Der Mächte, Throne, Seraphin und Cherubin,
Ich hörte die jungfräuliche Sophia schreien
Und sich mit einem Todesschrei Jehowah weihen,
Jetzt aber sehe ich Sophia nirgend mehr.
Geist, deine schöne Morgenröte leuchtet sehr,
Kannst du nicht die jungfräuliche Sophia schauen,
Die Stätte ihres Aufenthalts mir anvertrauen?
Sag, haben die Apostel ihren Leib geraubt,
Wie man Altweiberfabeln bei den Juden glaubt,
Und haben sie die Jüngerinnen, hübsche Kinder,
Sophia fortgetragen in das Land der Inder?
Der Engel aber sprach, erfreut an keuscher Scham:
Maria, Annas Tochter, heilig ist dein Gram
Und heilig ist dein Mitleid, wie du sanft bescheiden
Mitleidest leidend mit Sophias Todesleiden.
Am Tode der jungfräulichen Sophia schuld
Der Sünder Hades ist. Sophia voller Huld
Und Wahrheit, Satan wollt sie in den Hades holen
Und hat Sophia aus der Menschenwelt gestohlen.
Jehowah wollt in Ewigkeit den Hades nicht,
Allein der Sünde spricht der Hades das Gericht.
Die Siegerin Sophia aber will der Hades
Für immer fesseln in der Nacht des Totenstaates,
Damit den ewigen Triumph behält der Tod.
Der Engels sprachs und aufstieg mit dem Morgenrot,
Mit der Aurora Gottes oder Gottes Kether
Der Seraph schön aufschwebte in den lichten Äther.
Maria aber klagte vor Jehowah stumm
Und vor den Himmlischen in Gottes Heiligtum
Hoch auf dem Berge der Versammlung mannigfalt.
Maria ward zur Greisin, zur Großmutter alt,
Maria ward, die Mutter vom Sophien-Lamme,
Zu einer weisen Alten, einer lieben Amme.
So saß sie an dem Jungfraunbrunnen vor dem Haus
Des weisen Mannes Schalak. Gingen ein und aus
In Schalaks Hütte seine Weiber, Hosianna,
Die wunderschöne Eva, liebevolle Anna.
Und Eva schön und Anna lieb erkannten nicht
Die Mutter Gottes in der Greisin Angesicht.
Großmütterchen, wer bist du? Höre unsre Bitte,
Großmutter, komm in unsres weisen Schalak Hütte!
Maria sprach: Ihr lieben Frauen, seid gegrüßt!
Ich komm von Jawan, wo der Archipelagos fließt,
Ich komme von Elischa. Mit dem Tarsis-Schiffe
Ich scheiterte vor Tyrus an dem Felsenriffe
Und strandete an Tyrus‘ und an Sidons Saum
Und ging an Land, getaucht aus Gischt und Meeresschaum,
Und trat die Keisel an dem Strand, der Murmeln Marmel,
Und irrend kam hierher ich, an den Fuß des Karmel.
Jehowah segne euch mit eurem Bräutigam
Und einer Schar von süßen Kindern, Lamm an Lamm.
O meine Freundinnen mit liebesschönen Mienen,
Komm ich in euer Haus, so will als Magd ich dienen
Und Dienerin euch sein und liebevolle Magd
Und Kinderamme, daß ihr preist mich als Smaragd.
Sprach Eva, die die Schönste war von Schalaks Frauen:
Dem Schicksal müssen wir ergeben uns vertrauen.
Den Vater Schalak bitt ich mit des Mundes Hauch,
Die Kindermutter Metanoia bitt ich auch,
Großmütterchen, dich aufzunehmen auserkoren.
Die Mutter Metanoia hat ein Kind geboren,
Den Liebling Midda, daß du dich an ihm erfreust,
Als eine Amme dieses Lieblingskind betreust.
Ziehst du ihn auf, bis er ein Jüngling wird voll Freuden,
So werden andre Weiber dich voll Neid beneiden.
Maria sprach: Ich möchte seine Amme sein!
Und Eva schön und Anna lieb, sie traten ein
In Schalaks Haus und so zu Metanoia sagten:
Wir freuen an der Gnade uns der Hochbetagten,
Als Magd und Amme will sie hüten deinen Sohn,
Den Liebling Midda. Gib ihr nur gerechten Lohn.
Die Frauen waren wahrlich eine Augenweide,
Gazelle Anna, Eva Licht im Hauch der Seide,
Die hennafarbnen Locken wild umwehten sie,
Die Seele wohlgestimmt wie Sphärenharmonie.
Maria, Gottes Mutter in dem schwarzen Kleide,
Verschleierte, der Engelsfürsten Augenweide,
Voll Kummer in dem Herzen und voll Gram
Um die gestorbene Sophia, Gottes Lamm,
Sie trat zu Metanoia, Muse aller Musen,
Die trug den Lieblingsknaben an dem Mutterbusen.
Maria war von Glanz und Hoheit licht umstrahlt,
Voll Glorie wie eine himmlische Gestalt,
Daß Metanoia voller Ehrfurcht, voller Demut
In stiller Wonne staunte und in süßer Wehmut.
Jedoch Maria in dem Sessel sitzend schwieg
Und klagte um Sophia und des Todes Sieg.
Da ward dem Schalaks-Sohn Jedidja in dem Herzen
Gegeben die Inspiration, voll Glück zu scherzen
Vor der bekümmerten Maria, daß sein Lied
Erheiterte Marias trauriges Gemüt.
Er sang von Rosen, welche blühten auf den Dornen.
Maria darum liebte Schalaks Erstgebornen,
Dem Jünglinge Jedidja voll von frommem Scherz
Maria öffnete für alle Zeit ihr Herz
Und schloß den Jüngling als den Günstling frommer Musen
Für immer ein in ihren großen Mutterbusen!
Und Metanoia bot Maria edlen Wein
In einem Alabasterbecher an, doch nein,
Maria wurde glühender und wurde blasser,
Sie sprach: Ich faste, trinke nichts als reines Wasser.
Sprach Metanoia: Heil dir, Greisin, sanftes Lamm,
Gewißlich königlich bist du von Davids Stamm,
Denn Majestät und Würde und der Anmut Hoheit
Umschimmern dich in einer göttingleichen Frohheit
Und deine Augen funkeln von geheimem Sinn,
Du bist der Schönheit und der Liebe Königin!
Ich traue völlig deiner Augen Liebesflamme!
Sei meinem Liebling Midda fromme Kinderamme!
Maria sprach zu Metanoia: Heil dir, Frau,
Jehowah ewig gnädig auf dich niederschau
Und lasse alle seine Segensströme regnen
Und dich mit lauter Liebesgnaden segnen!
Ich diene dir allein um deiner Liebe Lohn.
Dein Lieblingssohn soll sein mein Lieblingssohn.
Ich will ihn lehren unter Küssen Gottes Sprüche,
Daß nie beleidigen ihn werden Satans Flüche!
Weihwasser werden meine Küsse sein, geweiht,
Durch meine Liebe wird dein Kind gebenedeit!
So sprach Maria, Allerheiligste der Musen,
Nahm Liebling Midda liebevoll an ihren Busen
Und ließ ihn trinken Trostes Milch voll süßer Lust
Aus ihrer ihm entblößten benedeiten Brust!
Des weisen Schalak Midda, seine Flamme
Der Liebe, zog sie auf als liebevolle Amme.
Sie gab ihm Kosenamen, rief ihn Schelm und Knilch
Und Schatz und nährte ihn mit süßer Milch
Und ließ den makellosen Mutterbusen wallen
Und barg ihn an den bloßen Brüsten, an den prallen!
Mehr Gnaden noch hat sie dem Liebling zugedacht:
Sie hob den Liebling Midda mitten in der Nacht,
Erfüllt von Weisheit, eine weisheitsvolle Amme,
Und tauchte ihn in ihres Herzens Liebesflamme
Und ließ ihn baden in des reinen Herzens Glut
Und weihte ihn mit ihres Herzens Mutterblut
Und gab ihm durch die Glut geheimnisvoller Einheit
Die heilige Purgierung und die Herzensreinheit
Und wollte ihn unsterblich machen, ohne Spott,
Aus Gnade machen ihn zu einem kleinen Gott! –
So voller Mystik Gottes war die fromme Herrin.
Frau Torheit doch glich Metanoia nur, die Närrin,
Die nichts begriffen von der Weisheit. Als sie sah,
Was bei Maria ihrem Lieblingssohn geschah,
Da rief die Närrin, wie die Narren singen Lieder:
Du Alte, gib mir meinen kleinen Liebling wieder!
Schon liebt die Amme heißer meine Leibesfrucht
Und nennt dich Mamma schon! Ich bin voll Eifersucht!
Geh fort aus meinem Haus! Maria sprach mit Schmerzen:
Mein Midda bleibt in Ewigkeit in meinem Herzen,
Schon habe ich ihn mit dem Heilgen Geist getauft,
Mit meinem Ichor ihn dem Satan abgekauft.
Ihn benedeiten heilig meine Mutterküsse.
Frau Torheit, Metanoia, du nun aber wisse,
Ich bin Maria, bin die Himmelskönigin,
Die ich die Mutter Gottes und der Menschen bin.
Ihr Sünder und ihr Narren aber hörtet heute
Die Botschaft und den Ruf vergebens. Blinde Leute,
Ich sprech es aus in meines Herzens Bitternis,
Mehr als den Himmel liebt ihr Höllenfinsternis!
Bekehrt euch vor der Todesstunde zu Frau Wahrheit!
Doch, Metanoia, ungeachtet deiner Narrheit,
Dein Liebling wird in meines Herzens Heiligtum
Für immer bleiben, sein ein Name voller Ruhm,
Ihr preisen werden meiner Minnesänger Musen,
Weil Midda lag gebettet an Marias Busen!
Glückselig Midda hier schon auf der Erde ist,
Weil liebend ihn die Himmelskönigin geküsst!
Großmutter war Maria nun nicht mehr im Leibe,
War Weib, war eine Himmlische von einem Weibe,
War eine reine Jungfrau gottgebenedeit,
Voll Grazie und Reiz die wunderschöne Maid,
Die Königin der Liebe in der Reinheit Sitte.
Ein Lichtglanz füllte süß des weisen Schalak Hütte.
Maria segnete Jedidja, Schalak, und
Den Liebling Midda, küsste ihn mit Purpurmund
Und ging vondannen. Midda lallte: Hosianna!
Den Liebling pflegten Eva schön und liebreich Anna,
Bei ihnen fühlte Midda doch sich nicht so wohl,
Maria war ihm Spiegel und Realsymbol
Der Mutterliebe Gottes voll der Liebe Flamme,
Großmütterchen Maria liebte er, die Amme!
Die Heiligen und Weisen bauten betend nun
Maria eine Kirche, daß sie möge ruhn
In heiligen Gebeten über dem Altare
Hoch auf dem Karmel, wo der Wald im Lockenhaare
Voll Fruchtbarkeit und Schönheit wogte um die Magd.
Jehowah aber Gottes Mutter hat gefragt:
Wann kehrst du wieder aus dem tragischen Theater
Zu dem Umscharten, zu des Himmels Ewigvater?
Maria aber sprach in Demut schamhaft blöd:
Auf Erden ist es nebelig, ist alles öd,
Der Kirche Frühling und der Menschheit Frühling wieder
Kehrt erst zurück in meine und des Kosmos Glieder,
Wenn die jungfräuliche Sophia wiederum
Ich schaue im lebendigen Mysterium
Des frohen Urstand und der schönen Auferstehung
Die Hochzeitstänze tanzen mit des Beckens Drehung!
Dann kehre ich mit ihr als meines Lebens Reim
Zum Heiligtume des umscharten Herrschers heim.
Bis dahin will ich trauern resignierter Leisheit.
Jehowah zu der Ruach sprach, dem Geist der Weisheit:
Zum Hades geh und sage zu Sophia: Komm,
Kehr aus dem Hades wieder in den Himmel fromm!
Sonst wird die Mutter dein vergehen gar vor Kummer
Und alle Menschenwelt vergehn im Todesschlummer.
Maria sprach: Zu Gott kehrt heim die Liebe Frau,
Wenn ich Sophia wahrhaft auferstanden schau!
Jehowah daraufhin voll unstillbarem Dürsten
Aussandte Metatron, den höchsten Engelsfürsten,
Und sandte ihn zu Hades nieder in den Tod
Mit einer Botschaft, seinem göttlichen Gebot,
Sophia zu entlassen aus des Totenstaates
Gewalt. Und Metatron trat zornerfüllt zu Hades,
Der zuckte jäh zusammen vor ergrimmter Angst:
O Metatron, der du ins Reich des Todes drangst,
Vor deinem Gotteszorne zucke ich zusammen,
Jehowah fürchte ich und seines Zornes Flammen!
Und Hades sprach: Sophia, eile, zeige dich
Maria, deiner Mutter, die weint bitterlich!
Dann aber Hades, vor dem Zorne Gottes bange,
Der Satan-Hades züngelte wie eine Schlange:
Die Feige der Erkenntnis speise hier mit mir,
Dann bleibst du Göttin in dem Totenreiche hier!
Sophia aber sprach: Die ich vor Zorn nicht schweige,
Ich red im Zorn: Ich pflück nicht der Erkenntnis Feige,
Ich will allein im Reich des Herrn voll frommer Zucht
Vom Lebensbaum Edens pflücken Lebensfrucht.
So hat Sophia in des Hades Schattenlanden
Satanischer Versuchung betend widerstanden.
Da trat sie in den Chariot zu Metatron,
Die Feuerrosse flogen mit dem Wagenthron,
Mit Rädern aus Türkis und rauschendem Gewimmel
Von Cherubim, hinan in Gottes Sternenhimmel!
Da wandelte im österlichen Ölbaumhain
Der Anmut Dame, Unsre Liebe Frau allein.
Bei den Olivenbäumen trat zu ihr Sophia
Und sprach sie an mit ihrem Namen: O Maria!
Maria ihre Tochter nahm in ihren Arm
Und herzte sie an ihrem Mutterbusen warm.
Sophia sprach: Umschling mich nicht mit Lockenhaaren,
Ich bin noch nicht zum Sternenhimmel aufgefahren
Zu meinem Gott und Abba, ohne bösen Spott,
Zu deinem Abba, ja, zu deinem Herrn und Gott!
Maria sprach: Wie aber wurdest du gestohlen?
Sophia sprach: Ich war bei Rosen und Violen
Und Lilien schön in Scharons blumenreichem Hain,
Nicht mit Maria Magdalena nur allein,
Auch mit Maria Joses, Salome, Susanna,
Maria von Bethanien, Martha und Johanna,
Den Nymphen Galiläas in dem Morgenrot,
Als ich gemordet ward vom Feind, dem bösen Tod!
Der Tod mir setzte Dornen in der Haare Henna
Und raubte mich und riß hinab mich in Gehenna!
Drei Tage war ich drunten in dem Totenreich,
Dem Seher Jona in dem Bauch des Wales gleich.
Nun Fisches Speise briet noch mütterlich Maria
Und speiste ihn in Galiläa mit Sophia.
Da nahte Lilith mit dem braunen Angesicht:
Sophia, folgen will ich dir ins Licht, du Licht!
Da ging die Morgenröte auf im lichten Äther,
Da Mutter Schechinah erschien in Gottes Kether,
Jehowahs Schechinah, die Gottheit-Mutter fromm,
Rief zu Sophia: Komm, o Tochter Gottes, komm,
Hinan ins Leben komm, jungfräuliche Sophia!
Sophia aber mit der Mutter, der Maria,
Auf morgenrötlichem Gewölk gen Himmel fuhr,
Ins Himmelsparadies der Göttlichen Natur!
Sophia rief noch: Wer mir folgt von meinen Erben,
Wird ewig selig leben, nimmer wird er sterben,
Wird folgen mir in Paradieses Morgenrot,
Ich triumphierte und besiegte ja den Tod!
Im Jubel des Triumphes ging die Gott-Sophia
Mit ihrer Mutter, mit der Lieben Frau Maria,
Zum Throne des Umscharten in das Paradies!...
Sophia, sei mir Paradiesfrau göttlich süß!


4

Sophia saß im Thron des Empyreum
Und saß als Fraue dort auf Gottes Thron!
Der Himmel Himmel jauchzte das Tedeum,
Da sie in hypostatischer Union
Mit Gott vereint, wie Vater eins dem Sohn,
Sophia war die Herrin des Gewimmels
Und Herrscherin der Himmel und des höchsten Himmels!

Sophia ging herab zum Kreis der Throne,
Da Engel herrschten wie die großen Götter.
Sophia in dem leuchtenden Äone
Der Throne war wie Blitz und Donnerwetter.
Sie wollte niederkommen doch als Retter
Und ließ die Throne vor der Gottheit. Sie,
Sophia ging hinab die ganze Hierarchie.

Sophia herrlich ist hinabgegangen
Zum Feuersphärenkreis der Seraphim.
Branddrachen waren sie und Feuerschlangen,
Voll heißer Liebesglut dem Herrn intim.
Die Liebesfeuer-Spendenden sublim
Sophia führten durch das Engelsfeuer
Hinab zum Menschen, zu der Rettung Abenteuer.

Sophia trat nun in die lichten Kreise
Der Engel der Gedanken, Cherubim
Genannt, die waren von der Weisheit weise,
Sophia im Besonderen intim.
Erkenntnis, Weisheit spenden sie sublim
Und dienen immer zu Sophias Ehre.
Sie ließen sie hinab aus ihrer Engelssphäre.

Sophia eintrat in den Engelskreis
Der unermeßlichen Gewalt der Mächte,
Die sangen allezeit ihr Kyrieleis,
Wie Blitz und Donner sie und dunkle Nächte,
Wie Meeresrauschen voll des Schaumes Prächte.
Die Mächte nun Sophia mannigfaltig
Begleiteten zur Menschenwelt herab gewaltig.

Sophia eintrat in den Kreis der Tugend,
Da Herrschaft neben Herrschaft friedlich waltet.
Die Gnade Gottes dort in schöner Jugend
Die Herrschaft in der Hierarchie gestaltet,
Aus der die Erdenherrschaft sich entfaltet.
Sie herrschen heilig in der Ewigkeit
Im goldnen Maß der göttlichen Gerechtigkeit.

Erzengel schaute sich Sophia an,
Sah Metatron und schaute Michael,
Der war ein Ritter und ein starker Mann,
Sah mit dem Wort der Botschaft Gabriel,
Sah mit des Trostes Balsam Raphael,
Sah Uriel und Ariel, das Paar,
Erzengel dienen an dem himmlischen Altar.

Schutzengel sah Sophia nun im Licht,
Von Israel den Engel, von Mizraim,
Sah einen Engel schön von Angesicht,
Das Engeldoppellager Mahanaim,
Sah auch den Schutzgeist von Jeruschalaim.
Sophia schaute nach Jerusalem,
Sophia ward geboren nun in Bethlehem.

Als nun die überhimmlische Sophia
Als Gottesebenbild im Schoß zu sehen
Der mütterlich-jungfräulichen Maria,
Verließ sie die Idee und die Ideen
Und ließ in der Materie entstehen
Ihr Fleisch und Blut, in das sie eingesunken,
Wie sonst auch Seelen leben tief in den Spelunken.

Aus Form trat sie in die Materia,
Aus göttlicher Potenz in reinen Akt.
Da war die Gottheit Sapientia
Ein kleines Kind im Mutterschoße nackt.
Da schloß die Seele mit dem Fleisch den Pakt.
Da war das absolute höchste Gute
Nun eine Menschenseele in dem Menschenblute.

Sie hielt nicht fest als wie an einem Raube
An ihrer reinen Gottheit Heiligtum,
Sie war so sanft und wahr wie eine Taube,
Doch fragte sie nicht nach der Menschen Ruhm,
Sie ließ ihr Eden und Elysium
Und ihren himmlischen Ideensaal,
Verkannt zu sein bei Menschen in dem Jammertal.

Sie hielt nicht fest an göttingleicher Schöne,
Nicht fest am schönen göttlichen Geschlecht,
Sie ließ es zu, daß man sie spotte, höhne
Und rief sie einen armen Gottesknecht
Und nannte einen Teufel sie und schlecht
Und sah sie an, entstellt von Leiden gräßlich,
Und nannte die Idee der Schönheit Monstrum häßlich.

Sie hielt nicht fest an ihrer Gottesweisheit,
Wie sie als Weisheit ist aus Gott geboren,
Sie opferte in stiller Demut Leisheit
Den Ruhm der Weisheit für die armen Toren,
Ja, Torheit hat sie schließlich auserkoren,
Des Kreuzes Torheit, Toren zu erlösen
Aus ihrer Torheit Macht und aus der Macht des Bösen.

Auch hielt sie fest nicht an dem lieben Leib,
Mit unschuldvoller Seele fest im Bann,
Auch war sie nicht mehr göttingleiches Weib,
Verachtet war sie nun ein armer Mann,
Der für den Leib allein das Kreuz gewann.
Sie opferte zuletzt, das Höchste Gut,
Den Corpus Christi als Sophiens Fleisch und Blut.

Sophia wirklich alles hat gegeben,
Sie, die des Schöpfungsmorgens Morgenrot,
Sie gab zuletzt die Seele und das Leben,
Sie opferte das Leben in den Tod,
Sie gab ihr Blut wie Wein, ihr Fleisch wie Brot,
Das Leben insgesamt Sophia gab.
Die Göttin Gottes lag begraben in dem Grab!

O wehe! Diese große Königin
War Gottes Königin im höchsten Throne,
Nun ging sie durch die Totenreiche hin
Vereinsamt im satanischen Äone.
Sie legte vor der Pforte ihre Krone
Der Schönheit ab von auserlesner Sorte,
Barhäuptig stand sie vor des Totenreiches Pforte.

Und vor der andern Pforte stand die Frau
Sophia, legte ab das Diadem,
Schön wie ein Morgenstern im Ätherblau,
Stand kronenlos die Maid Jerusalem,
Stand ohne Kranz die Mutter Bethlehem,
Stand ungekrönt, daß sich Sophia schäme,
Im Totenreich sie legte ab die Diademe.

Und vor der nächsten Pforte, vor der Säule,
Sie legte ab den transparenten Schleier.
Die Strahlenaugen, Augen einer Eule,
Sie glühten heißer als das Höllenfeuer.
So unverschleiert sah sie noch kein Freier,
Nicht König Salomo, nicht Seher Nathan,
Wie sie entschleiert trat nun zu der Schlange Satan.

Und vor der nächsten Pforte in der Hölle
Sie legte ab den blauen Sternenmantel,
Der sie umfloß wie Meeres blaues Welle.
Sie ließ den Mantel wie in einem Handel
Mit Satanas. Entmantelt nun ihr Wandel,
Ging einer Frau in leichter Seide gleich
Sophia voller Wehmut durch das Totenreich.

Sophia legte ab das Kleid von Seide,
Voll Blumenstickerei der Seide Hauch.
Fast nackend stand die Göttin Augenweide,
Der Lendenschurz nur hüllte Scham und Bauch.
So ging sie durch den dichten Qualm und Rauch
Des dunklen Höllentors des Totenstaates
Und gab ihr letztes Opfer an die Macht des Hades.

Durch alle Pforten ging sie, alle sieben,
Nun legte sie auch ab mit sanften Händen,
Was an den Frauen ihre Freier lieben,
Den seidengrünen Schurz von ihren Lenden,
Das Feigenblatt als Hostia zu spenden
Dem Tod. So stand sie da in nackter Scham,
Bereit für Adam, ihren lieben Bräutigam!

Die Macht der Liebe überwand den Satan,
Der Satan löste seinen Bund und Pakt
Und gab nun für Sophia frei den Adam.
Sophia, Göttin voll Potenz und Akt,
Sophia nackend war und Adam nackt!
Da einten sich die Göttin und der Heros
Gottmenschlicher Vereinigung in Gottes Eros!

Sophia mit dem Gatten Adam nun
Zum dunklen Tor der Hölle wieder trat,
Den grünen Schurz der Lenden anzutun,
Die Adam auch den Lendenschurz antat,
Daß er, der nackend war im Totenstaat,
Bekleidet werde mit Sophiens Kleid,
Bekleidet mit der göttlichen Gerechtigkeit.

Sophia trat zum andern Höllentor,
Die hübschen Brüste eine Augenweide.
Dort tat sie an geblümten Hauch und Flor
Der wunderschönen gazefeinen Seide
Und legte an das Kleid. Sie bargen beide,
Sophia sich und Adam, in die Kleider
(Als trunkner Seher möchte man fast sagen: Leider)!

Sophia trat zur nächsten Höllenpforte
Und legte wieder an den Sternenmantel,
Gab Adam einen Mantel edler Sorte,
War eingestickt der Blütenschnee der Mandel,
War rot der Purpurmantel. Rein im Wandel
Sophia nun an Adam weise handelt
Und ihn mit Gottes Gnadenkönigtum ummantelt.

Sophia durch der nächsten Pforte Feuer
Trat nun, die Fraue von der Gottheit Art,
Da nahm sie wieder ihren feinen Schleier.
Und Adam, seiner Retterin gepaart,
Verborgen ward von dem Prophetenbart,
Dem Bart, den lästern Dirnen nur und Spötter,
Doch tragen wahrhaft Bärte alle Donnergötter.

Nun durch die nächste Höllenpforte ging
Die Retterin mit Adam angenehm,
Von Edelsteinen dort das edle Ding
Ins schwarze Haar sie tat, das Diadem,
Den Stern der Venus von Jerusalem.
Auch Adam mußte sich nicht länger schämen
Und ward gekränzt mit sieben Lammes-Diademen.

Sophia durch die nächste Pforte trat
Auf ihrem Heimweg zu dem Gottesthrone,
Und in die langen schwarzen Haare tat
Der Göttin würdig sie die Strahlenkrone,
Den Zodiak der kommenden Äone.
Auch Adam von Sophia ward verschönt
Und mit der Schönheit Krone königlich bekrönt.

Die letzte Höllenpforte ward erschlossen
Von Adam und Sophia gottgeweiht.
Von Diadem und Krone lichtumflossen,
In Mantel, Schleier, Lendenschurz und Kleid,
Erschienen sie wie Gottes Herrlichkeit.
Sophia schlug sich lachend an die Brüste
Und schloß die Hölle zu im Namen Jesu Christe!

Sophia nun im Tanz des Beckens Drehung
Bewegte reizend in dem Hochzeitstanz,
Dem schönen Hochzeitstanz der Auferstehung!
Sophia strahlte voller Reiz und Glanz,
Es glühte voller Liebesglut ihr Kranz!
Sophia nun und Adam ward gegeben
Von Gott in Ewigkeit das Auferstehungsleben!

Sophia nun und Adam im Gebet
Empfingen beide einen neuen Leib,
Den lichten Leib der Spiritualität.
Im lichten Leib das göttingleiche Weib,
Im Leibe wie ein Halbgott aber bleib
Der Halbgott Adam an Sophien Seite,
Die Pneumaleib an Pneumaleib vereinigt beide!

Sophia wieder ganz im Glanz der Weisheit
Erstrahlte in der makellosen Klarheit,
Als Geist sie hauchte in intimer Leisheit
Auch Adam ein den reinen Geist der Wahrheit.
Hat Adam abgelegt die alte Narrheit,
Trat Adam nun in lichte Sphärenkreise
Als der von Gottes Weisheit inspirierte Weise.

Sophia wieder völlig in der Schönheit seh
Ich Seher glühn, elektrisch muß ich stöhnen!
Sie ist das Ideal und die Idee,
Die Uridee des wahrhaft guten Schönen.
Sie kam, auch Adam mit dem Kranz zu krönen,
Dem Kranz der Schönheit nach des Todes Kreuz,
Daß Adam nun Sophia ähnlich ward an Reiz!

Sophia nun erlangte ihren Ruhm,
Die Frommen aller Welten singend rühmen
Sophia als das Urmysterium
Des Ewigweiblichen, als Gottes Hymen!
Das Paradies Sophia wird umblümen,
Auch Adam wird vom Paradies umblümt,
Von Gottes Harfenspielern als ihr Held gerühmt.

Zu Geist geworden die Materia,
War ganz der Form gemäß Sophia. Sie,
In der Materie Sapientia,
Vollendete durch Minnesympathie
Als reine Urform Adams Entelechie,
Daß Adams Seelen-Entelechie enorm
Als Form vollendete sich in Sophien Form.

Sie ließen nun die Höhlenwelt der Schatten
Und traten ein in den Ideensaal.
Sophia nannte Adam ihren Gatten,
Nun ihren Ehemann, nicht ihren Baal,
In Gottes Eros mystischen Gemahl.
Sie sprach: Ich kann uns rein im Geiste sehen
Vereinigt im der Idealwelt der Ideen!

Nun grüßten sie den Engel Mahanaim,
Den Engel Amor auch, den lieben Knaben,
Den großen Schutzgeist von Jeruschalaim,
Schutzengel aller Weiblichkeit erhaben,
Schutzengel, die den weisen Mann erlaben,
Schutzgöttern gleich, wie lichte Lilienstengel
Begegnete dem Paar der Hochzeitskranz der Engel.

Erzengel standen auf von ihrem Thron
Und riefen: Heil Sophia, Tochter El,
Anbetung dir, o Frau, rief Metatron,
Zum Gruß das Schwert erhöhte Michael,
Sein Ave jubelte ihr Gabriel.
Erzengel im siderischen Äone
Sophia nun und Adam führten heim zum Throne.

Aufjubelten die schönen Fürstentümer,
Ein jedes Fürstentum regiert vom Genius.
Die Fürstentümer sangen Lobpreis, Rühmer
Der Hagia Sophia, keuscher Venus
In ihrer Inkarnation des Nazarenus.
Sie grüßten ihre Herrin, ihren Herrn,
Sophia sie und Adam auf dem Morgenstern.

Gewalten sich erhoben voller Tugend,
Voll Tugenden der englischen Virtutes.
Sophia priesen sie, der Göttin Jugend,
Ihr Jugendliebreiz war ihr absolutes
Verlangen, Schönheit ihres Höchsten Gutes
Durch alle Himmelreiche zu entfalten,
Begehrten voller Macht der Liebe die Gewalten.

Sophia ging mit Adam in die Nächte,
Die dunkle Nacht der ewigen Äone.
O Majestät Sophia! riefen Mächte
Und standen alle auf von ihrem Throne.
Die Mächte sangen: Heil dem Menschensohne,
Der Zeder Gottes und Sophias Thuja,
Dem auferstandnen Halbgott unser Halleluja!

Die Weisheit grüßten alle Cherubim,
Die Engelsphilosophen in den Kreisen
Der idealen Hierarchie sublim,
Frau Weisheit grüßten sie und ihren Weisen.
Sie baten: Adam mög uns unterweisen,
Als Schüler lauschen Cherubim bescheiden,
Lehrt uns der Mensch die Weisheit von dem Kreuz und Leiden.

Voll Liebesglut erglühten Seraphim
Vor aller schönen Liebe Königin!
Sophia sie anbeteten intim
Und gaben sich in Ganzhingabe hin!
Auch Adam ward das Sterben ein Gewinn,
Erfuhr er durch der Auferstehung Kraft
Doch himmlisch nun der Feuerschlangen Leidenschaft!

Sophia ging mit Adam zu den Thronen.
Heil Gottes Göttin! riefen alle Götter,
Gottähnliche in ewigen Äonen
Die Göttin aller Götter, fern der Spötter,
Sophia priesen, Adams Heil und Retter,
Und priesen Adam auch für seine Gattin,
Den Halbgott Adam als Gemahl der Menschengöttin!

Nun stiegen sie hinan ins Empyreum
Und grüßten Gott den Herrn im Weißen Thron
Und warfen sich aufs Angesicht: Tedeum
Sophia sangen und der Menschensohn,
Das Liebespaar im göttlichen Äon.
Vergöttlicht Adam thronte, fern des Spottes,
Als Menschengott Sophias in dem Throne Gottes...!




UND NUN WEIH ICH DIES EPOS DER HEILIGEN JUNGFRAU MARIA