DIE JUNGFRAU VON GUADELUPE

Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


1

So höret doch auf mich, ihr Herrn und Damen,
Ich möchte euch ein kleines Liedlein singen
Von Dingen, die fürwahr zustande kamen,
Ich will euch nichts als nackte Wahrheit bringen.

Ich möchte euch mit nackter Wahrheit dienen
Und Unsrer Lieben Frau vom Tepeyac,
Die einem Indianer schön erschienen,
Die Haare seidenglatt und schwarz wie Lack.

Ein Indianer war San Juan Diego,
Von Cautitlan war er zu Fuß gekommen,
Bestieg den Gottesberg mit seinem Ego
Und hat den schönsten Vogelsang vernommen.

Er war den Berg allein hinan gestiegen,
Der Name dieses Bergs war Tepeyac.
Er kam von Tlatelulco sehr verschwiegen
Und wollte eigentlich nach Tulpetlac.

Er wollte diesen Hügel überqueren,
Die Messe in der Kirche mitzufeiern.
Der Franziskaner sollte ihn belehren
Und das Geheimnis ihm entschleiern.

Als er den Hügel überquerte, hörte
Er eine Stimme Juanito flüstern,
Wie Gottes Stimme dieser Ruf betörte
Und war so wundersüß und heilig-lüstern.

Die Dame sprach zu Juanito leise:
Woher denn kommst du und wohin denn gehst du?
Und Juan Diego gab zur Antwort weise:
Ich geh zum Corpus Christi, Frau, verstehst du?

Und lächelnd sprach die Jungfrau süß zu ihm:
Ich bin die Königin der Indianer,
Die Mutter Gottes, mit dem Herrn intim,
Die braune Kaiserin der Mexikaner.

Sollst mich als Schutzfrau meiner Kinder schauen,
Dein Land mach ich zum heiligen Exempel,
Dem Hirten sag von Unsrer Lieben Frauen,
Er soll mir bauen einen großen Tempel!

Sag ihm, dass Gottes Tochter zu dir kam,
Dass mich der gute Hirte nicht vergesse.
Und Juan Diego seinen Abschied nahm
Und ging zum Zelebranten mancher Messe.

Der Indianer zu dem Hirten kam,
Die Worte in das Ohr des Hirten drangen,
Als Juan Diego sprach, wie wundersam
Die Frau war und was alles vorgegangen.

Des Himmels Kaiserin hat mich gesandt,
Umgeben war sie schön vom Sonnenstrahle,
Sie will, dass in der Indianer Land
Der Hirte baut ihr eine Kathedrale.

Der Bischof sprach, der Bauer war verzagt:
Gib mir ein Zeichen, dann erst will ich hoffen,
Dass dir sich offenbart die Gottesmagd
Und dass du vom Tequila nicht besoffen!

Nun geh zurück, du kleiner Juan Diego,
Und bringe mir ein himmlisches Orakel,
Dass Gottes Jungfrau sprach zu deinem Ego,
Die Immer-Jungfrau ohne Fleck und Makel!

Und Juan Diego ging vom Bischof fort,
In seiner Seele war ihm schwer und schaurig,
So ging er zu dem Hügel an dem Ort
Und war betrübt zu Tod und elend-traurig.

Als er den Berg erreicht, wo ihm die Dame
So schön erschienen war, wie ich es lese,
Erschien erneut die Frau, die wundersame,
Da hörte er der Weisheit Katechese.

Mein Sohn, was hat der Bischof dir gesagt?
Warum so traurig drein dein Auge blickt?
Hat denn der Bischof meinen Sohn verklagt,
Gesagt, du seist wahnsinnig und verrückt?

Stand Juan Diego vor der Dame schweigend,
Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte.
Sie möge gnädig nur ein Zeichen zeigend
Erfüllen, was der Oberhirte wollte.

Die Jungfrau sprach, so glorreich wie der Morgen:
Der Hirte will ein Zeichen? Will er Lilien
Im Schnee? Mein Söhnchen, mach dir keine Sorgen,
Geh, pflück die roten Rosen von Kastilien!

Und als er diese Rosen still gepflückt,
Die Seele sang in dulcis jubilo,
Den Bischof hat er mutig angeblickt
Und war im Herzen wie ein Knabe froh.

So stand er in des Bischofs Gegenwart,
Hat weiter seine Worte nicht verschwendet,
Der Bischof fand den Kleinen soft und smart,
Ob wirklich ihn des Geistes Braut gesendet?

Am Bischof nagte immer noch der Zweifel,
Ob dies sei wirklich eine Gottesgabe,
Ob dies sei eine Illusion vom Teufel,
Was Juan Diego unterm Mantel habe?

Das Zeichen ists, nachdem Sie doch verlangt,
Sind junge frische purpurrote Rosen,
Ein Lenz im Winter voller Schönheit prangt,
O Blust, geschaffen von der Makellosen!

Und Juan Diego öffnete den Mantel,
Die jungen Rosen selig niederfallen,
In Sonnenstrahlen in der Form der Mandel
Die Frau erscheint, die Mutter ist von allen!

Und alle sinken betend auf die Kniee,
Bekreuzen sich und geben ganz sich hin:
O Neue Welt in junger Morgenfrühe,
Schaut an der Indianer Kaiserin!

2

Tief in dem verschlungenen Stunden-Dornicht
Bist du da, o Herrlichkeit, meine Mutter,
Mitten unter Drosseln und Dorn und Nesseln,
Unglaublich lieblich!

Tief in meiner zitternden Paranoia
Sprichst du dein liebkosendes Wort, Maria,
In des Herzens Kakophonie ertönt dein
Musisches Singen!

O ich träum von Schönheit, ich schau die Brauen,
Schau die schwarze Haarflut hernieder wallend,
Schau die lieblich lächelnden Lippen, deine
Mandelform-Augen!

Seligkeit, von Christus erlöst zu werden!
Meine Wehmut schaut dein charmantes Lächeln,
Lebt in deiner Friedensoase, deinen
Segnenden Händen!

Dies ist die authentische Himmels-Einsicht,
O Geliebte, übernatürlich Schöne,
Meiner Trauer Trösterin, meine liebste
Göttin voll Demut!



3

Der Indianer mit der braunen Wange,
Mit Rosen von Kastilien, Vogelsange,
Den Gottesberg bestieg er voller Mühen,
Wo oben junge Paradiese blühen,
Die roten Scharlachrosen, wundersame,
Und der charmante Lächelmund der Dame!
Mein kleines Söhnchen, ach, ich liebe dich! -
Mein Töchterchen, auch ich, ich liebe dich! -
Jetzt singen Indianer Liebeslieder
Für Unsre Frau aus Blüten und Gefieder.


4

Mein braunes Mädchen mit den schwarzen Haaren,
Mit süßen Lächellippen, wunderbaren,
Geheimnisvoll du lächelst von dem Hügel,
Die Kolibri bewegen ihre Flügel,
Du schenkst Gedanken, weise, wundersame,
Voll Weisheit bist du, dunkel-schöne Dame!
Wirst du mich eines Tages flüsternd rufen,
Dass ich besteig des Gottesberges Stufen
Mit einem Herzen voll von roten Rosen,
Mich hinzugeben ganz der Makellosen?
O Frau der Indianer und der Inder,
Schaffst du mir auch ein Paradies im Winter?


5

Heil, Kaiserin der Indianer,
Du Mädchen aller Mexikaner,
Du Unsre Liebe Frau!
O birg uns unter deinem Flügel,
Du herrsch auf deinem Thron, dem Hügel,
Gewähr uns deine Schau!

Maria, Herrin meiner Ehe,
Mit deiner mütterlichen Nähe,
Des Juanito Braut!
An den du dich verschwendet,
Den du zur Welt gesendet,
Dass er ein Haus dir baut!

O bau mir einen schönen Tempel,
Ich geb dir meiner Schönheit Stempel,
Ich bin voll Mitgefühl,
Ich segne dich mit Gnadenschauern,
Mein Kind, du musst nicht länger trauern,
Ich lieb dein Saitenspiel!

Der weise Bischof ohnegleichen
Erbat von Unsrer Frau ein Zeichen.
Die Dame sagte da:
Ich geb ein schönes Zeichen heiter
Und das wird wirken immer weiter,
Seit mich die Erde sah.

Sie sagte leise Juan Diego:
Nun pflücke du mit deinem Ego
Im Schnee die Rosenblust!
Auf einer kargen Felsenhöhe,
Die Weihnacht war schon in der Nähe,
O Tag voll Liebeslust!

Sie ordnete mit einem Lächeln
Die Rosen in des Mantels Fächeln.
Geh, Söhnchen, du verstehst,
Du sollst den Bischof erst bewirten,
Zeig diese Rosen erst dem Hirten,
Wenn du vorm Bischof stehst.

Nun aber lag der Mantel offen,
Der fromme Priester war betroffen,
Der Strauß der Rosen sank
Und füllte mit den schönsten Düften
Das ganze Gotteshaus voll Lüften,
Der Priester sagte Dank.

Die Tilma war nur grob und billig,
Doch Gottes Wunderweib war willig,
Sie malte ihr Porträt.
O Kaiserin und Große Mutter
Vom Land von Honigseim und Butter,
Du liebst uns je und je!

O Kaiserin der Indianer,
O Mädchen aller Mexikaner,
Nimm du mein Loblied an!
Ich lebe, um dich anzubeten
Und will dereinst im Garten Eden
Dich lieben als dein Mann!


6

Nun vor fünfhundert Jahren ist erschienen
Unsre Frau in Amerika, ein Mädchen,
Ward gesehen von einem Indianer,
Einem Armen in ziemlich schlechter Kleidung,
Um ihn strahlte die Gloria des Himmels.
Als ihn wieder verlassen hat die Jungfrau,
Sehenswürdigkeit aus dem Paradiese,
Hinterließ sie in seinem Lumpenmantel
Als Mirakel das Foto einer Göttin!
O Amerika, willst zur Wahl du gehen,
Willst du wählen die beste Präsidentin,
Gib die Stimme der Lieben Frau Maria!


7

Wir lernten, wie die Kanonaden lachen,
Wenn unsre Tränen furchen die Gesichter.
Die Nacht ist tief in unsrer Zeit und finster,
Die Bäume tragen ihre alten Waffen.

Maria, kannst du hören unsre Lieder
Vom Tod? Gebete sprechen wir wie Schwerter,
Wir leben tief im Schoße deiner Gnade.
Die ganze Erde ist ein Tepeyac
Voll Sehnsucht, deine Füße heiß zu küssen!

Maria, komm, und necke du den Winter
Mit Rosen von Kastilien! Wo wir tanzen,
Da kommt das Gleichgewicht zum Mond zurück.
Wir werden alle alt mit nackten Ängsten,
Trag bitte du die himmelblaue Sonne
In deines Mantels Falten zu der Erde!

Gesichter sind wie Spiegel unbarmherzig
Und zeigen Terror! Nimm den Schrei der Sterne
Und bringe sie zurück zum Ort des Glücks!

Die ganze Erde ist ein Tepeyac
Und wartet auf dein Kommen, o Maria.
So male bitte du in unser Beten,
In unsern schäbig-rauhen Tilma-Mantel,
O Liebe Frau, dein wunderschönes Antlitz!


8

Die Luft war seltsam ruhig, still,
Und der Dezember-Tag war kalt,
Als Juan Diego weiter ging
Zur Kirche, wo er beten wollt.

Die Messe liebte Juan sehr
Und feierte das Opfer oft,
Als plötzlich herrlich vor ihm stand
In Blau gekleidet eine Frau.

Die Dame sprach zu Juan sanft
Dort auf dem Hügel Tepeyac,
Und Juan hörte ernst ihr Wort,
Erfüllte gerne ihren Wunsch.

Die Dame bat mit Freundlichkeit,
Er solle zu dem Bischof gehn,
Dass hier ein Tempel wird gebaut,
Das würde ihr gefallen sehr.

Und Juan eilig stieg hinab
Und meldete, was er gehört.
Der Bischof aber glaubte nicht
Den Worten, welche Juan sprach.

Da wurde Juan traurig sehr,
Der Bischof wollt ein Zeichen sehn,
Dass seine Worte seien wahr.
Wie aber konnte er das tun?

Die Neue Eva wieder kam,
Stand wieder auf dem Tepeyac,
Auf Juan wartete sie schon,
Er soll erfüllen ihren Wunsch.

Doch Juan ging den andern Weg,
Dass er begegne nicht der Frau.
Da stand die Dame wieder da
Und Juan sank in seine Knie.

Die Dame sprach zu Juan schlicht
Und sagte ihren Namen an:
Zertreterin der Schlange hieß
Die Frau. Und er verlor die Angst.

Er sprach vom Bischof, der nicht glaubt,
Da bat er um ein Zeichen sie.
Die Dame bat ihn: Sammle jetzt
Die roten Rosen frisch und rein.

Er kannte keine Rosen, die
Sonst wuchsen nicht auf diesem Berg.
Doch Juan Diego war bereit,
Der Herrin Willen treu zu tun.

So schöne Rosen sah er dort,
Sonst wuchsen da Kakteen nur.
In seine Tilma tat er sie,
Die Rosen weiß und rot und gelb.

Und Juan freudig stieg hinab
Und eilte in das Bischofshaus,
Das war das Zeichen, das gewünscht
Der Bischof, der nun glauben muss.

Und Juan tat die Tilma auf
Und staunte sehr und freute sich,
Der Bischof sank auf seine Knie
Mit Ehrfurcht vor der Himmelsfrau.

Die Rosen waren schön und rein,
Der Tilma-Mantel grob und schlicht,
Da war die himmlische Figur
Der Himmelsdame! Alles schwieg.

Die Dame auf dem Bilde trägt
Den Sternenmantel blau und grün,
Drauf Gold und Blumen blühend bunt,
Zu sehn in dieser Malerei.

Ach unsre liebe Frau steht da
In dem perfekten Liebreiz, ach!
In ihrer Kinder Herzen lebt
Die höchste Himmelskönigin.


9

Gut ist Jahwe und ist fromm zu fürchten,
Der ein Volk erwählte als sein eignes,
Aus Ägypten wundersam befreite
Und sie holte aus den dunklen Nächten.
Mose mit dem Stab die Meersflut teilte,
Wellen teilten sich, da war der Weg frei,
Und das Volk ging durch, die Feinde aber,
Pferd und Reiter, stürzten in den Abgrund.
Und die Kinder Israel nun gingen
Und der Herr ausbreitete die Flügel,
Wie der Adler schützt die Adlerjungen.
Gott gab ihnen Länder, ihnen Siege,
Frohes Volk! Der Kapitän des Himmels
Liebte sie wie seinen Stern des Auges.
Aber dieses Volk, so reich gesegnet,
Betete zur göttlichen Astarte
Und verehrte Göttinnen der Heiden.
Jahwe sprach im Zorn: Den Schöpfer machen
Eifersüchtig sie mit falschen Göttern,
Fallen in den Staub, die Kniee beugend
Vor der stummen Schöpfung ihrer Hände.
Nun, ich mach sie selber eifersüchtig
Auf die Völker, denen sie gefolgt sind,
Und ich werde segnen alle Heiden.
Jahwe sprach es, und sein Wort erfüllend,
Rief der Herr vom Rande dieser Erde
Griechen und Barbaren, alle Völker,
Die Germanen und das Volk der Gallier,
Schließlich auch das Volk der Mexikaner,
Das der Herr in seiner Weisheit liebte,
Dass er seine Liebe offenbare.
Und die harten Menschenherzen wollte
Gott erweichen, sandte seine Gnade,
Und vom diamantnen Himmelreiche
Stieg herab die Liebe Frau Maria,
Mutter, die den Gottessohn geboren.
Nahe war am stillen Meer Tezcoco,
Und sie stieg auf einen nackten Hügel.
Nie Zypressen oder Zedern wuchsen
Dort und Eichen nicht, kein Quell dort sprudelt,
Kräuterlose Felsen nur und sandig
War das karge Land und trocken, traurig,
Wo nur Schlangen krochen bei Kakteen.
Dies der Ort, wohin Maria kommt von
Dem azurenen Palast des Himmels,
Kommt zu Juan, welcher trostlos trauert,
Um Befreiung von Beschwerden bittend.
Manchmal eine duftend-schöne Blume
Blüht im dichten Walde ungesehen,
Wenn auch licht-jungfräulich sind die Knospen
Und von feinster Farbenpracht die Blüte.
Also die bescheidne Gottestochter
Noch den Mond verdunkelt, die Planeten,
Diese schmücken ihr die Stirn, die Füße,
Wunderbarer Fixsternhimmel strahlend.
Und ihr opfert noch der Tau, das Wasser,
Und ihr opfern Früchte, Vögel, Hunde,
Ihrem Herzen voll bescheidner Demut,
Die sie hilft dem künftigen Bedürfnis.
Und der Engel von Amerika ist
Strahlend da in seinem Flug des Adlers.
Und er hörte dankbar mit den Ohren,
Zweimal fragte er und kniete, fragte,
Zweimal küsste er der Magd die Füße!
Gottes Providentia voll Güte
Nicht verließ das Volk der Mexikaner.
Gott schuf selbst mit eigner Hand das Bildnis
Seiner Mutter, seiner Liebe Zeichen.
Gott nahm seinen Pinsel und er sagte:
Malen werde ich die Gottesmutter,
Wie man schaut die Frau im Paradiese!
Was war Mutter Eva schon dagegen?
Wie viel schöner ist doch Gottes Mutter!
Also sprach der Herr, als Künstler malend,
Malte Gott der Frau Figur und Antlitz,
Über alles Maß vollkommne Schönheit!
Also schuf der Herr die Jungfraumutter,
Sah sie an und sagte: Siehe, sehr gut!
Seit dem Tage schaut die Himmelsliebe
Jeder Mexikaner, Sohn Mariens.
Sie empfängt die Huldigung des Weihrauchs,
Zölibatsgelübde, Herzensweihe.
Für Maria strömt der Frühlingsregen,
Für Maria grünen Tal und Hügel,
Für Maria reift die reiche Ernte,
Für Maria wächst das grüne Heilkraut.
Ist Maria doch vertraut die Brise,
Sind Maria doch vertraut die Meere,
Hurrikan, Taifun und Sturm gehorcht ihr.
Schaun die Menschen in des Todes Antlitz,
Oder bebt die breite Mutter Erde,
Stürzen Elemente in das Chaos,
Immer lächelt lieb ihr mildes Antlitz!
Sie bewegt die steinern-harten Herzen
Selbst der Geizigen, die sahn im Alter
Kriechen Arme in dem Müll der Erde,
Schlossen auf die Hand und schenkten Gaben.
Vor Maria kniete der Stolze, küssend
Ihre Füße, Ungelehrte macht sie
Weise, die Berühmten voller Demut,
Strebend nur noch nach dem Ruhm des Himmels.
Oft das schüchterne Vertrauen wandte
Sich zur Mutter auf dem Sterbebette,
Schloss die Augen, schaute nur die Mutter,
Nicht mehr denkend an der Welt Vergnügen,
An die Wollust und das Glück der Erde,
Nur demütig schauend auf die Jungfrau!
Die Jahrhunderte vergehen, Reiche,
Zivilisationen, Pyramiden,
Kaiser, Präsidenten, große Männer!
Nur das Bild der Lieben Frau wird bleiben!


10

Von ihrem ewigen Palast im Himmel
Kam ins amerikanische Gewimmel
Die Frau, zu trösten mütterlich die Schwachen.
Vom Tepeyac aus will sie segnen, wachen,
Will sie frustrieren den Entwurf der Ketzer,
Verlöscht das Höllenfeuer wilder Hetzer,
Siegt über der Franzosen Rebellion
Und über ihren stolzen Stern Napoleon,
Der mit dem Höllenheer die Welt durchblitzt,
Bis schließlich er selbst Mexiko besitzt.
Auf, zu den Waffen, Gottessöhne, Krieg!
Mit dem Palladium kommt auch der Sieg!
Schützt unsrer Frauen Heimat hocherhaben!
Der Gott des Friedens gab den Malern Gaben,
Sie malten Liebreiz, Anmut, Eleganz,
Die Jungfrau mit der weißen Hände Glanz
Mit reinen Lilienblüten, schneeig-weißen.
So waren ihrer Pinsel schönste Weisen,
Verheißung, Ahnung von dem Lustgetümmel,
Das wartet in dem Paradies im Himmel!
O Bild der Jungfrau in des Himmels Farben!
Für dich die Indianer gerne starben,
Die du vom kargen Hügel schaust herunter,
Vom Tepeyac, ein ewig-schönes Wunder!
Der dritte Weltkrieg wütet jetzt hienieden!
Es scheint, geflohen ist der keusche Frieden
Zu Unsrer Lieben Frau von Mexiko,
Die alle wahren Christen lieben so!


11

Unsre Frau von Guadelupe, die Schöne,
Angeschaut von jeglichem Indianer,
Schön geschmückt mit Sternen und Sonnenstrahlen,
Göttliches Mädchen,

Schwarz wie Lack die Haare und glatt wie Seide,
Schwer die Augenlider, die Lippen lächelnd,
Wer ist dieses Mädchen voll Gnade? Ist die
Göttliche Mutter!

Sie versichert mich ihrer Frauenliebe!
Wer hat konzipiert dies Design? Die Weisheit!
Wer hat porträtiert dieses Mädchen? Gott, die
Ewige Liebe!