DIE SCHÖNE DAME MAJIA HE

Ein erotisches Poem
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTER GESANG

I

Sing, Muse, und so weiter! Siehe,
Ein Majestätisch-Edler Graf
Mit seiner Frau zur Morgenfrühe
Lag rein und liebevoll im Schlaf
Und ehelich das Fleisch verflocht er,
Gebar die Gräfin eine Tochter,
Die war wie lichter Sonnenschein,
Ein transparenter Edelstein,
Man rief sie Ai Wei, Beifuß-Rose!
So schön war diese süße Maid,
Entzückend, voller Lieblichkeit,
Rief alles sie: die Makellose!
Sie wars, die alle hoch entzückt,
Die jedes Mannes Sinn beglückt!

II

Als Ai Wei fünfzehn Jahre zählte,
War unaussprechlich lieblich sie,
Das Phönix-Auge, das beseelte,
Die Seele voller Harmonie
War schön, die Brauen, fern vom Spotte,
Wie schwarze Fühler einer Motte,
Wie Mandelform und wie Oval
Das Antlitz voller Anmut, schmal,
Wie Meteoriten, Mandelkerne
Der Mandelaugen schmaler Schlitz,
Entzückend durch den lichten Blitz
Der makellosen Morgensterne!
Sie war an Liebreiz-Zauber reich,
Des Kaisers Favoritin gleich.

III

Die zarte Jade ihre Knochen,
Die weiße Haut so glatt wie Eis,
Ließ alle Herzen höher pochen
Des schmalen Händchens Finger weiß.
Das Trippeln ihrer Lotosschritte
Im süßen Reiz der reinen Sitte
Glich einer Schwalbe in dem Lenz,
Die fliegt in Äthers Transparenz.
Und saß sie in dem Duftgemache,
So hielt man ihr Gemach wohl gar
Für einen Himmel offenbar.
Vor Staunen jeder seine Sprache
Verlor, selbst der gelehrte Mann,
Sah er die Himmelsjungfrau an!

IV

Wenn sie aus ihrem Jungfraun-Turme
Sah einen Jüngling vor dem Haus,
Dann kroch gleich einem Seidenwurme
Begierde in ihr ein und aus.
Da warf sie fort die Philosophen
Und rief nach ihren Lieblingszofen,
Am liebsten hätte sie sogar
Das Zaubervogel-Phönix-Paar
Mit ihren Zofen schon gefeiert.
Doch schien ihr besser diese Zeit,
Zu hüten die Jungfräulichkeit,
Das Hymen, von der Scham verschleiert,
Duft-Schranke, voll der Liebe Licht,
Bis ihr ein Mann das Siegel bricht.

V

Und Ai Wei nun befahl der Zofe,
Zu richten ihr das Seidenbett.
Nun singe ruhig, liebe Strophe,
Wie Ai Wei sich entkleidet nett,
Das Schweißhemd streift sie ab, das feuchte,
Den Zaubergürtel auch. Es leuchte
Der Jade-Mond aufs Lager ihr,
Sie in des Jade-Leibes Zier
Lag da im rosig-nackten Leibe,
Ihr Herz war selig-sehnsuchtsvoll,
Der makellose Busen schwoll,
Der weiß war wie die Mondenscheibe,
Leis seufzte sie und schon sie schlief,
Schlief nackt im Bette, ruhte tief.

VI

Sie sah im Traume einen Garten,
Wo hundert Blumen blühten süß.
Sie war im Traum in diesem zarten
Gefild, dem Gartenparadies,
Wo lichte Blumen blühten golden,
Wo trunken schwollen Blumendolden,
Wo leuchteten aus zartem Grün
Die Weiden, deren Kätzchen blühn,
Und murmelten kristallne Bäche
Und Pfrischen strahlten prall und rot
(Wer speist die Frucht, schmeckt nie den Tod)
Und Vögel hüpften auf der Fläche
Und lieblich sang die Nachtigall
Der roten Rose süßen Schall.

VII

Sie kam zu einem Pinienhaine,
Da stand ein goldner Pavillon,
Sie trat hinzu im Traum, alleine,
Zu Balustrade und Balkon
Und trat hinein. Da standen Tische,
Ein Bett war da, das duftend-frische
Geflochten war aus Bambusrohr,
Von Stein ein Dreistuhl stand davor.
Hier wohnte wohl ein Himmelswesen?
Sie sah auch noch ein altes Buch,
War Kalligraphie auf Seidentuch,
Sie tat die Pinselzüge lesen,
Die Pinselschwünge Schlangen gleich
Von schwarzer Tusche sanft und weich.

VIII

Ein Lied las sie in jenem Buche,
Das schwungvoll hingepinselt war
Mit Tusche auf dem Seidentuche,
Sie las die Verse wunderbar:
Wie fruchtbar hangen Weidenzweige
Aufs grüne Gras mit sanfter Neige,
Wie schlängelt sich als Schlange, ach,
So wonnevoll dahin der Bach!
Die Vögel aber in dem Lenze
Nicht ohne liebendes Gefühl,
Sie zwitschern zu dem Liebesspiel,
Die Falter tanzen Hochzeitstänze,
Die Vögel in dem Blütenhain
Sanft schnäbelnd küssen sich so fein!

IX

Sie sah im Pavillon im Tore
Nun einen hochgewachsnen Mann,
Schön wie ein Engel aus dem Chore
Der Seraphim! Im Zauberbann
Des Himmlischen begann zu schauen
Die Maid, die Schönste aller Frauen,
Wie mächtig er sein Flügelkleid
Ausstreckte liebend allbereit,
Sein Haupt bedeckt ein Käppchen ledern,
In seiner Hand ein Federkiel,
Gleich einer weißen Lilie Stiel,
Ein Zepter dies von Schwanenfedern.
Nun trat der Himmlische voll Schein
Zu Ai Wei in die Hütte ein.

X

Da neigte er sich vor der Dame
Und sprach: Ich wartete schon lang
Auf dich, ist Ai Wei doch dein Name,
Gebenedeite, sei nicht bang.
Und Ai Wei mit des Lächelns Süße
Erwiderte des Engels Grüße.
Wie lange, fuhr der Engel fort,
Sprach liebevoll sein Sehnsuchtswort,
Erharrt ich Ai Wei voller Wehmut
Und schmachtete nach deinem Glanz
Des Leibes, deinem Jungfraunkranz!
Empfang den Engel voller Demut,
Du reine Jungfrau schön und jung,
Zur liebenden Vereinigung!

XI

Der Himmlische der Maid umfasste
Die Schultern mit dem Flügelarm,
Der Liebe Feuerodem prasste,
Die Jungfrau lächelte voll Charme,
Er küsste ihr mit keuschem Nippen
Die roten Lippen, süßen Lippen,
Da zog er ihr das Schweißhemd aus
Vom Glanz des lichten Körperbaus,
Und zog ihr aus das Unterröckchen,
Da stand vor ihm die Jungfrau nackt,
Der Engel, voll Potenz zum Akt,
Beschaute ihres Schamhaars Löckchen
Und legte sie ins Kissen warm
Des Bettes, nahm sie in den Arm.

XII

Er packte sie im Sinnentaumel
Und spielte Wolke-Regen-Spiel
Mit seinem mächtigen Gebaumel
Und ihrem weiblichen Gefühl.
Ihr Herz, zur Liebeslust geschaffen,
Glich einem ruhelosen Affen.
Sie öffnete den roten Mund
Mit weißen Perlenzähnen rund,
Dieweil die weidenschlanken Hüften
Geschleudert von dem Blumenherz
In Liebeslust und Liebesschmerz
Aufdufteten in Moschusdüften
Der Hirte und die Weberin
Einander gaben ganz sich hin!

XIII

Sie schlang die Bambussprossenhände
Dem Engel um die Hüften heiß,
Den Lotosfuß und ihre Lende
Dem Engel um die Schultern weiß,
Unsagbar süße Wonneschauer!
Wie Wollust, Wehmut, Traum und Trauer
Durchströmten ihren weißen Leib,
Im Paradiese war das Weib!
Wie wenn nach langer Dürre Regen
Den Durst der Mutter Erde stillt,
So ward die Jungfrau nun erfüllt
Vom Engelssamen, Himmelssegen.
Sie fühlte sich erquickt und frisch
Und wohlig wie im Meer ein Fisch.

XIV

War Ai-Wei unberührtes Mädchen,
Als er ihr die Melone brach,
Das Hymen, fein wie Seidenfädchen,
Da seufzte Ai-Wei leise Ach,
Da sprach zu ihr der schöne Engel:
O Ai-Wei, Jungfrau ohne Mängel,
Ich habe hier ein Elixier,
Das gibt durch mich der Himmel dir,
Das Elixier verengt die Pforte,
Der Schoß bleibt stets jungfräulich eng,
Bei allem liebenden Gedräng
Bleibst du mit dieser Pillensorte
Stets eine Jungfrau eng gebaut,
So eine wonnereiche Braut!

XV

Und wieder drang der starke Engel
In Ai-Wei ein mit sanftem Stoß,
Die enge Pforte ohne Mängel
Empfing den Engel in dem Schoß,
Und ritsch-ratsch glitschte feucht der Schwengel
Im Schoß der Jungfrau, und der Engel
Bearbeitete ohne Ruh
Die schöne Ai-Wei mit Sung-Dschou!
Die Meisterin in Liebeskünsten
Abwechslungsreich und Stoß um Stoß
Erblühen ließ ihr Herz und Schoß,
Bis sie zerschmolz in Feuersbrünsten
Mit heiß wollüstigem Gestöhn,
Es war so unaussprechlich schön!

XVI

Nachdem die Wolke sich zerstreute,
Nachdem der Regen sich ergoss,
Gesang erklang vom Vogel-Volke,
Er barg sein Haupt auf ihrem Schoß
Und lag bei ihr auf ihrem Kissen
Und koste sie mit keuschen Küssen,
Da frug den Himmlischen die Magd,
Ob er ihr seinen Namen sagt.
Er sprach: Bu-Hun Dschen-I, so heiß ich,
Bin eingegangen in das All,
Der Liebe Engel voller Schwall,
Die große Macht der Liebe preis ich
Mit aller Inbrunst, aller Brunst,
Bin Meister in der Liebeskunst.

XVII

Bin ich vom Weibe angezogen
Und wirkt die Lust den Samenfluss,
Im Akt der Liebe auf den Wogen
Kommt es doch niemals zum Erguss,
So dass ich mich am Akt erfreue
Und muss doch niemals fühlen Reue.
Mein starkes Yang, so stark geschwänzt,
Wird durch das sanfte Yin ergänzt.
So bleibe ich verschont vorm Alter,
Mein Körper bleibt mir immer jung.
In liebender Begeisterung
Ich schwebe sorglos wie ein Falter.
Und dich, mein Duftlieb voller Brunst,
Dich lehr ich nun die Liebeskunst.


ZWEITER GESANG

I

Am Nachmittag in feuchter Schwüle
Ging Ai Wei in den Bambushain,
Der Fächer fächelte ihr Kühle,
Da trat ihr lieber Vetter ein,
Und A Dar sah mit Freudenmiene
Die lieblich-reizende Cousine,
Sie saß auf einer Gartenbank
Im Duftkleid und im Lichtleib blank.
Da sprach er: Darf ich bei dir sitzen?
Ja, sagte sie, hier ist es kühl
Im Bambusschatten, nicht so schwül.
Der Blitz aus Mandelaugenschlitzen
War schelmisch und verführerisch
Und sprach von Liebe blühend frisch.

II

Er sagte: Ist es denn auch schicklich,
Wenn ich mich setze hier zu dir?
Sie aber sagte augenblicklich
Mit süßer Zierlichkeit und Zier:
Stets dürfen Vetter und Cousine
Sich treffen und mit heitrer Miene
Mit Lippenplaudern plappern viel,
Das ist doch noch kein Liebesspiel.
Doch A Dar war ein Wollustschüler,
Von Wein und Weibern ganz betört,
Da er die Flötenstimme hört,
Wird’s ihm im Busen immer schwüler,
So rückte er der Base nah,
Verzückt von dem, was er da sah!

III

Sie, einer Himmelsjungfrau ähnlich,
Schien nicht gemeine Erdenfrau.
Er schaute und er stöhnte sehnlich
Und war verzückt von solcher Schau!
Und die verführerischen Blicke,
Die doch so keusch wie eine Ricke,
Zum Wallen brachte das sein Blut
Voll Liebesglut und Liebeswut,
Das Wasser lief ihm um die Lippen!
War niemand sonst in diesem Hain?
Fürwahr, sie waren ganz allein!
Nur Falter an den Rosen nippen,
Insekten kopulieren nackt
Im öffentlichen Liebesakt!

IV

Nun Vetter und Cousine plaudern
Und sprechen heiter dies und das
Und A Dar ist vor Lust und Schaudern
Der Wollust schon am Körper naß,
Und sie bei dieser schwülen Hitze
Ein Schweißhemd trägt, und schöne Schlitze
Ihm machen heimlich offenbar
Der hübschen Brüste süßes Paar!
Was hast du doch für schöne Brüste!
Ruft A Dar plötzlich hochentzückt,
Und sie errötet, doch beglückt,
Durchströmen beide süße Lüste,
Da schaute sie so jugendfrisch
Und lächelte verführerisch.

V

Willst du an meinen Brüsten lutschen?
Da riß er auf den trunknen Mund,
Er sieht das Schweißhemd schon verrutschen
Und sieht schon bloß des Busens Rund.
Sie ohrfeigt ihn: Du Dieb der Diebe,
Ist das denn heilig-keusche Liebe?
Er aber knüpft ihr auf das Hemd,
Nichts Menschliches ist ihm ja fremd,
Da sieht er ihre Jungfraunbrüste
Wie Enteneier frisch gepellt,
Die Jadeknospen sind geschwellt,
O wahrlich, Wonne voller Lüste,
Ja wahrlich, solch ein Entenei
Bringt jeden Mann zur Raserei!

VI

Dann nahm er eine ihrer Zitzen,
Er lutschte und er sog daran,
Sie beide schon vor Wollust schwitzen,
Die junge Frau, der junge Mann.
Er nestelt schon an seiner Hose,
Der Falterfühler vor der Rose
Schon schwang sich auf zum Hochzeitstanz,
Schon schlich heran der Schlangenschwanz,
Er bringt hervor sein Ding des Mannes,
Das einer Kriegerlanze glich,
Der Speer nicht vor der Feindin wich,
Stand auf vor Ai-Wei, ja, er kann es,
Ihn zwischen ihre Schenkel zwingt,
Er vor die Grotte Ai-Weis dringt.

VII

Sie streift sich ab ihr schwarzes Höschen
Und lässt sich nieder in dem Gras.
So offen blühte auf das Röschen,
Er starrte ohne Unterlass
Auf ihre schlanken weißen Füße,
Die Lotussproassen, o wie süße
War doch der bloßen Füßchen Paar,
Und an den Schenkeln erst das Haar,
Die Lotussamenkapsel, herrlich!
Sie war so zart und weiß und rot
Und duftend wie ein frisches Brot
Und er war überaus begehrlich,
Wie vor der Braut der Bräutigam,
Beschaute er die schöne Scham.

VIII

Er warf auf Ai-Wei sich mit Stöhnen
Und drang mit seinem Speer den Weg
Der Spalte durch im Schoß der Schönen
Bis zu dem exquisiten Fleck.
Obwohl nun Ai-Wei's Blütengrotte
Von A-Dar's Fühler einer Motte
Schon feucht warvon dem Tau der Lust,
So musst er doch aus voller Brust
Mit aller Stärke sich bezwängen,
Dass er mit mächtigem Gedräng
Sich in der Jungfrau Spalte eng
Mit seinem Mannesding kann drängen,
Er hatte eben in den Ort
Der Liebe sich hineingebohrt!

IX

Und er begann mit Kraft zu werken,
Bis er erspürte ihren Grund,
Das Ziel von solchen Liebeswerken
Die Perle ist im Jungfraunmund.
Und er begann mit flachen Stößen
Sich selbst der Jungfrau einzuflößen,
Er schürfte am Gewölberand,
Goldsucher im gelobten Land,
Er kam zu einem Hahnenkamme
Und dort fand er das Blütenherz,
Den Grund, der voller Liebesscherz
Die Quelle ist der Liebesflamme.
Und A-Dar scheuerte und rieb:
Ach Ai-Wei, du bist allzu lieb!

X

Und Ai-Wei, trotz der heißen Brünste
Und trotz der Wonne, nicht vergaß
Des Engels weise Liebeskünste,
So sog sie ohne Unterlass
Als Weiseste der Minnedamen
Ins Innerste den Mannessamen
Und führte geistig voller Ruh
Ihn ihrem Lebensatem zu!
Zusammen presste sie die Grotte,
Die Sinne schwanden ihm zuletzt
Und er verging betört, ergötzt,
Schwand wie im Feuer eine Motte,
Er streckte aus sich voll Genuss
Und weihte Ai-Wei den Erguss!

XI

Und A Dar gleich erhob sich wieder
Und war beseligt wunderbar,
Erlöst sich fühlten alle Glieder.
Und Ai Wei ordnete ihr Haar,
Das aufgelöste Haar zu knüpfen,
Ließ lässig eine Strähne schlüpfen,
Und zog sich an ihr Schweißhemd fein,
Wie Hauch der Morgenröte rein.
O schöne Schwester, o Cousine,
Wann sehen wir uns wieder, sag!
Sie sprach: Komm immer, Tag für Tag,
Und mir als Liebesritter diene,
Dann schenk ich dir im Liebeskrieg
Auch den Triumph, der Liebe Sieg!



DRITTER GESANG

I

Die schöne Ai Wei Hochzeit feiert
Mit Yo Ko, einem schönen Mann.
Da stand die Jungfrau keusch verschleiert
Vorm Tempel, betet Gottheit an.
Dann schwieg Musik, des Himmels Orgel,
Das Flötenspiel, des Windes Gurgel.
Der Vater mit der Gäste Schar
Stieg aus dem Wagen. Offenbar
Ward in der Sänfte nun das Bräutchen.
Da saß sie bei dem Bräutigam,
Der Bräutigam die Zügel nahm
Und dachte schon ans Jungfernhäutchen.
Und die Karosse und das Roß
Zur ehelichen Wohnung schoß.

II

Und sie verneigten sich vorm Himmel,
Sie neigten dreimal sich vor Gott. –
Dann traten beide im Getümmel
Der Dienerinnen ohne Spott
Hinein zur schönen Hochzeitshalle.
Der Wein der Liebe überwalle
Aus trocknen Kürbishälften, jung
Der Schaumwein der Vereinigung!
Und Yo Ko trank die Kürbisschale
Mit Einem Zuge durstig leer
Und dürstete sogleich nach mehr,
Doch Ai Wei bei dem Hochzeitsmahle
Mit süßen Lippen, süßem Mund,
Nur leicht sog an der Schale Rund.

III

Dies Ritual war nun beendet,
Der Vater nun den Abschied nahm.
Und Yo Ko ward das Glück gespendet,
Es schaute an der Bräutigam,
Den Schleier voller Perlentröpfchen
Hob Yo Ko auf und sah das Köpfchen.
Da er die offenbare Braut
Mit ihrem Mondenantlitz schaut,
Meint er, er schaut des Mondes Göttin!
Geblendet taumelt er zurück,
Fragt sich, wie er verdient dies Glück,
Daß solche Frau ist seine Gattin,
Daß solche Frau von Götterwert
Das Schicksal ihm als Braut beschert!

IV

Des Schoßes Pforte zu verengen,
Nun Ai-Wei ihre Pille nahm.
Es wollte sie des nachts bedrängen
Im Liebesspiel der Bräutigam.
Sie lag mit jadezarten Knochen
Und Busenbeben, Herzenspochen
Im Ehebette neben ihm,
Bereit, zu sein mit ihm intim,
Die Hand wie Weihnachtsschnee so weichlich
Und klar und rein wie Neujahrs-Eis,
Wie transparente Jade weoß.
Der Wollust Feuer überreichlich
In seinem Schwengel überschwoll,
Er war vom Saft des Lebens voll!

V

Den saftig-prallen Jadestengel
Er bohrte in den Blütenkelch
Und schwenkte seinen vollen Schwengel,
Doch welche Liebeskraft auch, welch
Bemühen auch mit starkem Drängen,
Er konnte in das Loch nicht zwängen
Das Instrument zum Hochzeitstanz,
Zu eng die Spalte seinem Schwanz!
Er glaubte, dass sein süßes Bräutchen
Noch Jungfrau war, die splitternackt
Im Bette lag, dass noch intakt
Das makellose Jungfernhäutchen,
Dass sie noch keinen Mann erkannt,
Die Lust noch nicht in ihr gebrannt.

VI

Auch hörte er den Mund der Schönen,
Die unter ihm im Bette lag,
Gar wie von Schmerzen leise stöhnen,
Da ward der Gatte zärtlich, zag
Er änderte die Taktik, sachte
Und voller Sanftmut Liebe machte
Der einfühlsame Bräutigam,
Er fingerte an ihrer Scham
Und streichelte die Blütenlippen,
Er merkte, wie das Ai-Wei liebt,
Das Glied er mit den Händen schiebt,
Um an dem Blütenkelch zu nippen,
Zu saugen Tau der Lust wie Wein,
Drang schließlich triumphierend ein!

VII

Doch drinnen war in großer Enge
Sein Mannesding in Liebeswut,
Er kam so richtig ins Gedränge,
Die Grotte strahlte Liebesglut!
Es war in diesem Schlitz der Schlitze
Von Liebesfeuer heiße Hitze!
Und er mit großer Leidenschaft
Ging an das Werk mit aller Kraft.
Er stieß mit dem Schildkrötenkopfe
Ans Grotten-Ende, da er stieß,
Er stöhnte: Wollust, überfließ,
Du Tau der Liebe, tropfe, tropfe!
In lodernder Glückseligkeit
Ergoss er sich im Schoß der Maid!

VIII

Tagsüber war entfernt der Gatte.
Und Ai Wei in dem Goldgeschmeid
Die leichte Galarobe hatte
Sich angelegt, das leichte Kleid.
Nach der Erquickung eines Bades
Erschien im Glanz des Seidenstaates
Die Frau, im Hauch von Seidenkleid,
Ein Schleier nur aus Lieblichkeit,
Das Schönheit schöner lässt erscheinen.
Als Yo Ko abends wiederkam,
Er Ai Wei auf dem Sofa nahm
Und stillte seine Sehnsuchtspeinen
Mit der Geliebten lässig leicht,
Der Vielgeliebten schmelzend-feucht!

IX

Er nahm nun immer Zauberdrogen,
Berauschte sich an Zauberkraut.
So haben sie der Lust gepflogen,
Der müde Mann, die wilde Braut.
Kaum konnte er sich noch erheben
Vom Sofa, war so ohne Leben,
Er war so ohne Lebenskraft,
In ihm kein Blut, kein Liebessaft,
Er schien nun vollends zu verderben.
Und Ai Wei saß an seinem Bett
Und schmeichelte ihm freundlich-nett,
Sie wußt, er wird umgehend sterben
Und sprach: Ach, stirbst du, Yo Ko, dann
Nehm ich mir keinen andern Mann.

X

Mach dir um mich nur keine Sorgen,
Verfalle nicht der Traurigkeit,
Ich bin beim Himmel wohl geborgen
Und bleib der Liebe treu geweiht.
Ich denk an dich stets ohne Reue
Und halt dem Toten meine Treue.
Und bist du in dem Jenseits, komm
Und segne deine Gattin fromm.
Zwei Herren kann man ja nicht dienen,
Wie einst ein weiser Meister sprach.
Drum bleib ich deine Gattin, ach,
Und lieb nicht andre Männer. Ihnen
Sollt ich mich schenken in dem Bett,
Wo du gestorben? sprach sie nett.

XI

Als Yo Ko hörte dies, ein Lächeln
Lief leise ihm durch seinen Bart.
Schon Todesschatten Abschied fächeln,
Das Jenseits ward schon offenbart.
Schon öffnet sich das Reich der Schatten
Dem glückverwöhnten Ehegatten.
Und schon kommt auch zu spät für ihn
Des Priesters Segens-Medizin.
Und still ist Yo Ko abgeschieden,
Er wurde bis zum Grab geliebt!
Sag, ob es schönern Heimgang gibt,
Als von des Weibes Schoß zum Frieden
Zu schweben in das Paradies?
Sie – noch im Trauerkleide süß!



VIERTER GESANG


I

Und I war oft bei Lotosblüte,
Der Zofe unsrer lieben Frau,
Und führte sie sich zu Gemüte
Und weihte ihr der Liebe Tau.
Der Lange I, ein Liebesschüler,
Ward immer sinnlicher und schwüler.
Er sprach: Ich glühe, wenn ich seh
Die Hohe Frau Majia He,
Die früher Ai Wei hieß, die Schöne.
O Lotosblüte, sei so lieb,
Weil leidenschaftlich brennt mein Trieb
Und treibt mit Schmachten zum Gestöhne,
Verschaff mir eine Audienz
Bei deiner Herrin diesen Lenz!

II

Und Lotosblüte führte treulich
Den Langen I bei Ai Wei ein.
Majia He wars sehr erfreulich,
Der Hohen Frau, dies Stelldichein.
Er ward ihr Kavalier und Sklave.
Ach, dass ich einmal mit ihr schlafe,
So seufzte er voll Lustbegier,
Stand er anstaunend stramm vor ihr!
Er wollte auch zu süßen Träumen
Von ihr ein Ding besitzen süß,
Ein Feigenblatt vom Paradies.
Er suchte in den Kleiderräumen,
Ein schwarzes Unterhöschen fand,
Das heimlich liebend er entwand.

III

Da aber einmal Lotosblüte
Das schwarze Unterhöschen sah,
Sie lächelte in treuer Güte
Und sagte es der Herrin. Da
Majia He, die Witwe ledig,
Vielwissend lächelte und gnädig
Mit süßer Gnade ihrer Huld
Dem Langen I zum Liebeskult
Sie schenkte nun ein rotes Brusttuch.
Sie trug es an der süßen Brust,
Ihm wars ein Heiligtum der Lust.
(So steht geschrieben es im Lustbuch,
Aus dem ich meine Weisheit hab.)
Die Schlange sich erhob am Stab.

IV

Wie sinnlich ist doch alle Tugend
Geworden in der Erde Saal!
Gleichgültig, Alter oder Jugend,
Erotik ist allein Moral!
Wie alle jetzt die Liebe treiben
Und wild und wahllos sich beweiben!
Man öffentlich im Sonnenlicht
Ganz sorglos eine Ehe bricht!
Und wie auf Straßen und auf Gassen
Getanzt wird wilder Huren Tanz
Und wilde Huren rasch den Schwanz
Ganz öffentlich der Hurer fassen!
Und überall die Liebe frei
Geworden ist zur Hurerei!

V

Will einer mitternachts die Mauer
Voll Wollust überspringen und
Im Garten liegen auf der Lauer
Und läufig wie ein wilder Hund
Nur einen Blick aufs Weib erhaschen
Und Schönheit mit den Augen naschen
Und schauen sie im Bade nackt!
Ein jeder drängt zum Liebesakt,
Am liebsten mit dem Eheweibe
Des Nächsten, um vom Abendrot
Zu lieben bis zum Morgenrot!
Und Liebe reimt sich nur auf Leibe,
Der liebe Leib allein ist lieb
Dem hemmungslosen Liebestrieb!

VI

Des Mannes Opfer ist erkoren,
Und wenn er sie gewonnen, schau,
Der Gattin Ehre ist verloren,
Verlassen steht die Ehefrau!
Auch rauben alle gern die Tugend
Der Mädchen schon in frühster Jugend,
Der Freier aber nach dem Fest
Der Lust das Mädchen bald verlässt!
Ach, Dornen, Disteln nur und Nesseln
Nur wachsen in der Liebe Hain,
Gebrochner Herzen Liebespein,
Der sinnlich-schwülen Wollust Fesseln
Ein jeder Freier sklavisch trägt,
Er spürt nur, dass die Ader schlägt!

VII

Der Mann mit schönen schwarzen Locken,
In seiner Hand hält er mein Herz,
Doch läuten keine Hochzeitsglocken,
Doch trommelt laut mein Liebesschmerz!
Ich kann die Kühle gar nicht fassen,
Ich mein, fast scheint er mich zu hassen!
Er war am Anfang doch so lieb,
Da ihn regiert sein Liebestrieb!
Nun aber lässt er mich alleine,
Er, der sonst gern mir beigewohnt,
Läßt mich allein im Bett, der Mond
Nur liebt mich mit dem Mondenscheine
Und feuchtet meinen nackten Leib,
Wenn einsam liebt sich selbst das Weib!

VIII

Ich höre schon die Hähne krähen,
Das ist ein Zeichen für Verrat,
Verraten werden alle Ehen,
Und Herren in der Liebe Staat
Sind nur Begierde noch und Geilheit,
Das Zepter ist der Schlange Steilheit,
Es herrscht nur eine Fürstin noch,
Das ist des Weibes schwarzes Loch!
Es kräht der Hahn: Verrat an Liebe!
Die Liebe wurde euch zum Fluch,
Der Himmel flucht dem Ehebruch!
Regieren euch denn nichts als Triebe?
Und ist denn Er, schaut er die Sie,
Ist er denn nur ein wildes Vieh?

IX

Im Morgenrot die Hähne krähen!
Die Liebe will das Ritual,
Die Liebe will die Liebes-Ehen
Im priesterlichen Tempelsaal,
Der ehelichen Liebe Treue,
Den Akt der Liebe ohne Reue,
Vom reinen Geist regiert das Fleisch!
Im Geist erst wird die Liebe keusch,
Wenn Liebe wahrlich herrscht im Herzen
Und Geist und Leib und Seele da
In Liebe sprechen ganz ein Ja,
Ja, dann kann Liebe lustvoll scherzen!
Doch nun zurück zum Lied der Lust,
Diktiert vom Geist in meiner Brust.

X

Majia He, die Hohe Herrin,
Die Zofe Lotosblüte frug,
Ob schon mit I gefickt die Närrin,
Er schon geleert der Närrin Krug?
Sprach Lotosblüte von dem Glanze
Des Langen I vom Haupt zum Schwanze,
Wie seine Lendenkraft so groß,
Zu schaffen Wollust einem Schoß!
Dann sprach die Zofe Lotosblüte:
Der Lange I wünscht, Hohe Frau,
Zu weihen dir der Liebe Tau
Und dich zu führen zu Gemüte!
Majia He, voll Sinnlichkeit,
War gleich zum Liebesakt bereit!

XI

Das Wasser lief ihr schon zusammen
In ihrem süßen Feigenmund.
Schon loderten der Liebe Flammen
In ihrem tiefsten Seelengrund!
Sie dachte an die süßen Küsse,
An die wollüstigen Genüsse,
Die sie erwarteten zur Nacht.
Sie flehte an der Liebe Macht!
Sie gab sich aber keine Blöße
Und nickte schämig-schüchtern Ja,
Errötend, wie die Zofe sah,
Doch glühte schon der Schoß der Schöße
In süßer Freundschaft Sympathie
Für die Gewalt des Langen I.

XII

Kaum fing es draußen an zu dämmern,
Da trat er in die Bücherei.
Die Sterne glühn, die Kerzen flämmern,
Dem Langen I war wohl dabei.
Er wartete so ungeduldig
Und war voll Liebeslust unschuldig,
Zwei Stunden wartete er schon.
Die Zofe kam zu seinem Lohn,
Sie trug den Leuchter mit den Kerzen
Und führte ihn, der seufzte, ach,
In ihrer Herrin Brautgemach,
Er möge dort in Liebe scherzen.
Da war es dunkel, war es Nacht,
Nur Ai Weis Leib war lichte Pracht!

XIII

Der Lange I vorm Himmelsbette
Andächtig stand und selig stumm,
Glückselig an der Himmelsstätte
Und innerlich und um und um
Und an dem Herzen so glückselig,
Er tastete erregt und fröhlich
Und fühlte nun mit Wonnelust
Majia He, die bloße Brust,
Die straffe Pracht, das Paar von Schenkeln!
Da rafft sich auf sein Mannesstück
Mit jähem Ruck und großem Glück!
Und er sah Scharen schon von Enkeln.
Er riß sich von dem Leib das Kleid
Und sprang ins Bett zur bloßen Maid.

XIV

Majia He umarmte innig
Und zärtlich I und voll Genuss
Und sinnlich, selig, süß und sinnig
Sie gab ihm einen feuchten Kuss.
Schon lag er auf dem lieben Leibe,
Schon lag er auf dem schönen Weibe,
Den Stengel drückend in den Schoß,
Drang in die Grotte ein sein Stoß,
Doch war die Partnerin verschlossen
Und trotz dem wütenden Gedräng
Jungfräulich war die Spalte eng!
Und so ist eine Zeit verflossen,
Wo er sich mühte immer mehr,
Bis eingebohrt ins Fleisch sein Speer.

XV

Höchst seltsam ist das, dachte staunend
Der Lange I voll Liebestau
Und raunte in das Kissen raunend:
Schon vierzig Jahre zählt die Frau,
Im schwarzen Haar kein Silberfädchen
Und eng die Spalte wie beim Mädchen,
Kein Silberglanz im schwarzen Haar,
Sie eng wie eben siebzehn Jahr!
Hat sie nicht schon ein Kind geboren?
Des Menschen Leben ist ein Hauch,
Doch noch ist straff und schlank ihr Bauch
Und eng das Tor, das lieben Toren.
Ist sie denn vierzig Jahre alt
Und noch jungfräulich eng der Spalt?

XVI

Mein Liebling, was für eine Spalte!
So lispelt er ihr in das Ohr.
Und die Jungfräuliche, die Alte,
Sie sprach: Geheimnis ist mein Tor,
Mein Spalt, zu eng für deinen Stengel,
Mysterium von einem Engel
Ward Liebeskunst mir anvertraut,
Ich bleibe immer Jungfrau-Braut.
Das war dem Langen I zum Staunen.
Dann aber werkte er drauf los
Im Liebeskriege Stoß um Stoß
Im Liebesbett aus Entendaunen,
Bis sich der Samenstrom ergoss
Und in die enge Jungfrau floss!



FÜNFTER GESANG

I

Der Herzog sah die schöne Dame
Majia He, ihr Angesicht
War schön (einst Ai Wei war ihr Name),
Ihr Antlitz strahlte schön von Licht.
Der Herzog schaute hingerissen
Und wollte diese Lippen küssen!
Die Himmelsjungfraun, ohne Spott,
Die stehen vor dem Himmelsgott,
Sind nicht so schön wie dieses Weibchen!
Auch in des Herzogs Harem nicht
War jemals solch ein Angesicht
Auf einem solchen lieben Leibchen!
Nicht Hauptfrau und nicht Nebenfrau
Glich diesem Weib in seiner Schau!

II

Ich, Euer Knecht, ich fuhr spazieren
Und komm zufällig zu Besuch,
Sprach er mit adlig-edlem Zieren,
So lehrt es uns der Tugend Buch,
Ich, sprach er, der geringste Sklave,
Vor Eurer Pforte Architrave
Im Staube kniee, Euch zu sehn,
Ihr, Herrin, seid wie Vollmond schön!
Sie sprach: Wie könnte ich Euch dienen,
O Herzog, Eures Leibes Wohl?
Ich habe Weißwein, grünen Kohl.
Mit Euch ist solch ein Glanz erschienen
In dieser Hütte Eurer Magd,
Vor solchem Glanz steh ich verzagt!

III

Der Herzog sprach: Euch zu besuchen,
Ist mir ja Gnade schon genug,
Ich frage nicht nach Feigenkuchen,
Dampfbrötchen, die der Bäcker buk,
Nicht nach des langen Lebens Nudeln,
Nach Rehfleisch aus der Rehe Rudeln,
Nach grünem Kohl und Schaumwein weiß,
Gemüsesuppe, Fisch und Reis.
Im Pavillon dies aufzutischen
Wird noch gelegne Stunde sein.
Ich komme einzig und allein,
Den Garten anzuschaun, den frischen,
Die Birnenbäume in dem Park,
Lenz-Garten voller Saft und Mark!

IV

Majia He sprach: Seit mein Gatte
Hinüber schwebte in den Tod,
Verwildert ist die Blumenmatte,
Zum Dschungel ist der Hain verroht
Und Unkraut wuchert in den Beeten,
Ich hab ihn lang nicht mehr betreten,
Den Birnbaumgarten, und gepflegt.
Majia He den Mantel trägt
Von rotem Stoff voll Stickereien,
Von einem dichten festen Tuch.
Der Herzog dachte: Welch ein Fluch,
So dicken Mantel mir zu weihen!
Er sprach: Heut ist es aber heiß!
Und sie, was jener will, sie weiß!

V

Sie war ja Kennerin der Männer
Und zog zurück in ihren Raum
Sich lächelnd, wissend wie ein Kenner,
Und kam zurück in einem Traum
Von Duftgewand aus feinster Seide,
Ein Hauch nur um die Augenweide,
Ein Duft nur um den lieben Leib,
Ein Glanz nur um das schöne Weib!
Der Frauenleib, der makellose,
In Sommerseiden-Transparenz
Ist Himmelslust in Evidenz!
Kristallner Tau in weißer Rose
Ist so, der Mond im Silbersee,
Die Pflaumenblüte in dem Schnee.

VI

Die Dame führt ihn in den Garten,
Zypressen, Kiefern, Pinien reich,
Die Falter schwebten hier, die zarten,
Da lag auch still der Zierfischteich,
Das Grün der Bäume und der Büsche
Erzeugte süße Duftgemische.
Da stand ein weißer Pavillon
Mit Balustrade und Balkon,
Da oft verköstigt werden Gäste.
Anschließend grade die Allee,
Die Straße ging zum Entensee,
Da Enten feiern Wasserfeste.
Dann kam der grüne Birnbaumhain
Mit Blüten weiß und rosa fein.

VII

Nachdem der Herzog und die Dame
Im Pavillon sehr gut gespeist,
Die Dame (Ai Wei war ihr Name)
Majia He dem Herzog weist
Ein Ruhebett zur Mittagsruhe.
Der Herzog zog sich aus die Schuhe
Und legte sich ins weiche Bett
Und dachte noch: Die Frau ist nett,
Und ist so denkend eingeschlafen.
Majia He ging in das Bad,
Zog aus den leichten Seidenstaat
Und badete im Ruhehafen
Nackt in des Wasser Transparenz
Und in der Rosen-Duftessenz.

VIII

Dann salbte sie das liebe Leibchen
Und schminkte sich die Lippen rot,
Mit scharlachrotem Mund das Weibchen
Gar einen schönen Anblick bot,
Dann zog sie an ein Seidenkleidchen,
Ein Spitzenhöschen um das Scheidchen,
Und trat zum Herzog an das Bett.
Wer Ai Wei so gesehen hätt,
Der dächte sich im Paradiese!
Ein Mandarinen-Entenpaar
Gestickt ins Seidenkissen war,
Der Liebesharmonie sind diese
Symbol. Mit schlanker weißer Hand
Strich zärtlich sie des Bettes Rand.

IX

Mein Leser, gerne wollt ich singen
Von der geliebten schönen Frau,
Doch Tränen in die Augen dringen,
Mein Aug ist voll von Tränentau.
Wie singt man von des Herzens Pochen
Mit einem Herzen, das gebrochen?
Wie singt man Lenz und Liebeslust
Mit einem Schwerte in der Brust?
Wie soll des Frühlings schöne Kinder
Ich singen, denen Liebe lacht,
Ist um mich finstre Mitternacht,
Der Menschenkälte Frost im Winter?
Statt A-ya! laut zu jubeln, ach,
Verstumm ich, weil das Herz mir brach...

X

Majia He, die schöne Dame,
Zwei Doppelstunden saß am Bett.
Die Dame, Ai Wei war ihr Name,
Sah in die Kerze süß und nett
Und wartete am Lagerrande,
Im Busen Glut vom Liebesbrande.
Nun wachte auf der Herzog sacht
Und sah die Schönheit in der Nacht.
Der Herzog sah das süße Weibchen
Im Hauch des leichten Seidenkleids,
Das graziöse Weib voll Reiz,
Im Lichtgewand das liebe Leibchen,
Das Spitzenunterhöschen auch
Durchschimmerte der Seide Hauch.

XI

Da war der Herzog voll Erregung,
Daß es die Sprache ihm verschlug!
Mit einer glühenden Bewegung
Die Dame er aufs Lager trug
Und packte sie bei ihren Hüften,
Berauschte sich an ihren Düften,
Bedeckte sie mit Kuß um Kuß
Im heißen lüsternen Genuß,
Er küsste Hals, Gesicht und Hände,
Er küsste Nase, Augenlid,
Ihm regte sich mit Macht sein Glied,
Die Leidenschaft in seiner Lende!
Majia He so freundlich nett,
Sie legte sich zu ihm ins Bett.

XII

Kaum lag sie unter weißer Decke,
Berauschend war der Decke Duft,
Sprang lüstern auf sie drauf der Kecke,
Wie Tote steigen in die Gruft,
So sprang er wie ein wilder Tiger,
Er sei im Liebeskrieg ein Sieger!
Beim Kosen der intimen Braut
Er fühlte ihre Pfirsichhaut,
Da er sie presste voller Wonne
Umarmend an das heiße Herz,
Die Liebe stach ihn wie ein Schmerz!
Lust glühte in ihm wie die Sonne!
Er presst das weib, die Wollust stark
Zum Schmelzen bringt sein Knochenmark!

XIII

Er war nun mit dem Mannesdinge
Gekommen zu dem Stelldichein
Der freien Liebe! Muse, singe,
Wie er drang in die Dame ein,
Er merkte doch im Lustgedränge,
Wie ihre Spalte doch, die enge,
Die Spalte einer Jungfrau war,
Das war ein Wunder offenbar!
Er, Held der blumigen Gefilde,
Die Dame fragte, was das sei?
Da sprach die Dame fröhlich-frei
Und sanft-demütig, huldreich-milde:
Ein Engel lehrte mich die Kunst
Jungfräulich-reiner Liebesbrunst!

XIV

Ein Himmlischer mir offenbarte
Der Lust Geheimnis einst im Traum,
Der Himmlische mich selbst gewahrte,
Er kam zu mir vom Sternenraum
Und lehrte mich, der Ewig-Alte,
Wie Jungfrau bliebe meine Spalte
Und trotz der Kindsgeburt Gedräng
Die Spalte bleibt jungfräulich eng!
Da sprach der Herzog: Welch ein Wunder!
Ich liebte viele Frauen, schau,
Auch eine Paradieses-Frau,
Jetzt aber staune ich, bin Zunder,
Bekenne auch an Wunder reich:
Majia He ist keine gleich!

XV

Nun wünschte sie zum Hochentzücken
Sich einen femininen Ritt.
O Herzog, leg dich auf den Rücken,
Ich reite dich, mein Freund, ich bitt,
Mich akzeptier als deine Herrin,
Ich bin doch keine kalte Närrin,
Ich bin dir nun im Liebeskult
Von oben her des Himmels Huld!
Dann presste sie die straffen Schenkel
Zusammen, reitend auf und ab,
So rauf und runter wie im Trab,
So lehrte sie dereinst der Engel.
So kann man Kirschen pflückend sehn
Die Kinder strecken sich auf Zehn.

XVI

Dank ihrer dauernden Bemühung
Spürt er nach einer Weile schon,
Wie sich vollendet die Verglühung
Und er empfängt den Minnelohn,
Dass ihm der heiße Samen spritze
Und sich versenkt in ihre Ritze,
Er speit aus seines Hengstes Maul,
Dann lag er da, ein matter Gaul.
Hernach in zärtlicher Umarmung
Sie lagen in dem Brautgemach.
Sie liebten sich noch siebenfach
In ihrer herzlichen Erbarmung,
Weil siebenfach mit Liebe gibt,
Wer in der Liebe alles gibt!


SECHSTER GESANG

I

Majia He, die schöne Dame,
In einem prächtigen Palast
Sie wohnte (Ai Wei war ihr Name).
Der Frühling war ihr Seelengast.
Sie hatte einen Park und Garten,
Pfingstrosen blühten aller Arten,
Päonien schön in diesem Mai,
Pfingstrosen in dem Garten frei,
Die Blüte des Päonienstrauches
Die Blüte war der Goldnen Zeit,
Da herrschte noch Jungfräulichkeit,
Die Rose dort im Duft des Hauches,
Die Rose war tief scharlachrot,
Sie hieß: Das neue Morgenrot.

II

Päonienpavillon der Name
War ihres schönen Pavillons.
Pfingstrosen liebte sehr die Dame.
Dort auf der Fläche des Balkons
Majia He saß still am Abend,
Am Mai sich wonnesam erlabend,
Es war die Zeit der Dämmerung,
Der blauen, da Begeisterung
Sie überkam, die Friedensfeier
Der ewig herrlichen Natur
Erregte in der Kreatur
Begierde nach der Jade-Leier,
Um musisch kreativ zu sein
In ihrem Frühlingsrosenhain.

III

Sie bat die Zofe Lotosblüte:
Die Jade-Leier bringe mir!
Die mit treuherzigem Gemüte
Und mit der Händchen schlanken Zier
Herbei trug durch der Dämmrung Schleier
Der Herrin schöne Jade-Leier.
Majia He ließ schön und schlank
Sich nieder auf der Gartenbank.
Und mit den Bambussprossenfingern
Begann sie auf dem Saitenspiel
Mit inspiriertem Lustgefühl
Voll Lieblichkeit verspielt zu fingern
Und griff dann in der Saiten Darm
Und sang mit ihres Stimmchens Charme:

IV

Schon ist dahin des Tages Schwüle,
Die Sonne still ins Meerbett geht,
Und durch die abendliche Kühle
Das laue Maienlüftchen weht,
Es schweben durch die blauen Lüfte
So schön der Lotosblumen Düfte,
Duft-Zauber waltet in dem Hain,
Der Vollmond kommt mit mildem Schein,
Zierfische hör ich in den Wellen
Voll Wonne spielen in dem Teich,
Die schlanken Silberfische, gleich
Wie Schlangen, durch das Plätschern schnellen.
Ich lausch dem Saitenspiele nach,
Erinnerungen werden wach.

V

Dieweil sie dieses Lied gesungen,
Gekommen in den Park ist Shi.
Der Sang ist ihm ins Ohr gedrungen,
Mit Flötenstimme seufzte sie
Und sang so schön mit süßem Schallen.
Den Rosen singen Nachtigallen
So schön, verwundet von dem Dorn
Wird so der Sang ein Wonneborn,
Die Schmerzen werden Enkel rühmen!
Verklungen kaum der letzte Ton
Des Liedes war, da musste schon
Der Dame mit dem Jungfraun-Hymen
Magd Lotosblüte, weiß wie Schnee,
Der Dame bringen grünen Tee.

VI

Die Dame ihren Gürtel löste
Und machte sich vom Umhang frei.
Der schwarze Umhang Ehrfurcht flößte
Dem Gaste ein, die Stickerei
Des schwarzen Umhangs zeigte Fernen
Von goldgestickten Himmelssternen.
Der schwarze Umhang ihres Kleids
Sah aus wie Trauer stillen Leids.
Nun aber ließ sie licht erscheinen
Das Schweißhemd, transparent und klar,
Das Röckchen bis zum Schenkelpaar!
Das Mondlicht glänzte auf den Beinen,
Im Schweißhemd spitzte sich die Brust!
Sie war der Inbegriff der Lust!

VII

Nun nahte Zofe Lotosblüte
Und brachte ihr den grünen Tee.
Die Dame führte zu Gemüte
Aus Porzellan gleich weißem Schnee
Den grünen Tee, der sie so weckte,
Den Tee, der nach Vanille schmeckte.
Da trat zu ihr der edle Shi
Und grüßte ehrerbietig sie:
Ein schönes Lied hast du gesungen!
Sie hörte seinen netten Gruß,
Empfing auf ihrer Hand den Kuß,
Geheim von Wollust schon durchdrungen.
Und schüchtern sprach, demütig-bang,
Majia He: Ist das Gesang?

VIII

Ich sang ja nur zum Zeitvertreibe.
Er rief: Wie herrlich ist der Mond,
Das weiße Brot, die runde Scheibe,
Die da im Mund des Himmels wohnt!
Wie gerne, wie im Ruhehafen,
Wollt ich in deinem Garten schlafen
Und unter all der Rosen Zier
In Ruhe lagern nah bei dir!
Da sagte liebevoll die Dame:
Mein Lieber, wie es dir beliebt!
Die Dame mit der Zunge gibt
Nun kunstvoll (Ai Wei war ihr Name)
Von Neuigkeiten Rechenschaft,
Von Traurigkeit und Leidenschaft.

IX

Und da sie beide heiter plaudern,
Bringt Zofe Lotosblüte schon
Die Kissen. Shi durchströmt ein Schaudern,
Sieht er des Kissenberges Thron.
Er schnuppert an dem Duft der Kissen,
Hier wird er seine Dame küssen,
Hier ihm das Spiel der Liebe glückt!
Die weichen Kissen sind bestickt
Mit Mandarinen-Entenpaaren,
Symbol der Liebesharmonie.
Verließ nun Lotosblüte sie.
Und Ai Wei mit den schwarzen Haaren
Und mit charmantem Lächeln nett
Zog Shi zur Liebe auf das Bett!

X

Willst du im Mond den Kampf ausfechten,
Sprach er, als Lotosblüte ging.
Und Ai-Wei in den Maiennächten
Das Herz im vollen Busen fing
Zu klopfen an und heiß zu pochen.
Wie süß die Kissen auch gerochen!
Rasch streift sie ab den Hauch von Kleid
Und splitternackt stand da die Maid
Und legt sich mit der Beine Spreizen
Verführerisch ins Bett im Gras!
In ihrem lieben Leib besaß
Sie solch ein Insgesamt von Reizen,
Dass er betrunken ward und so
Hob sachte er der Frau Popo!

XI

Schon hat auch Shi sich ausgezogen.
Erst baumelt noch sein Mannesding,
Dann von der Wollust Feuerwogen
Erregt, das Haupt des Gliedes fing
Erhebend an sich zu bewegen,
Aufrichtend an sich zu erregen
Und stand von ihrer Liebe Hauch
Erhoben da schon bis zum Bauch!
Er in den Sattel stieg zu reiten,
Zu dringen in die Grotte ein
Mit seinem Haupt voll Blut und Wein
Und in den engen Spalt zu gleiten!
Doch trotz des Treibens im Gedräng,
Der Jungfrau Spalte war zu eng!

XII

Im Loch nun hin und her zu reiben
Er an mit seinem Stengel fing,
Der Liebe Wollust so zu treiben
Geschickt war er, sein Mannesding
Den Wein entflammte in der Schale,
Der Doppelberg mit seinem Tale
Von Wein und Feuer überfloss!
Unsagbar Ai-Wei dies genoss
Und seufzte: Ach, so will ich sterben!
Was ist denn das für eine Kunst?
Da sprach er: Diese Liebesbrunst
Zum überseligsten Verderben
Heißt: Liebesduft zu riechen keusch
Und doch zu schmecken nicht das Fleisch.

XIII

Nun sah er in dem Mondenscheine
Den makellosen Jadeleib,
Ein Schimmer fiel auf ihre Beine,
Von Lichtglanz schien das nackte Weib!
O Lust, die Schönste aller Frauen
Im Mondschein nackend anzuschauen!
O trunkne Wonne solcher Schau,
Die nackte Frau in Mondes Tau!
Nun drang er mit dem Jadestengel
In ihre Wollustgrotte ein,
Vor drang er bis zum Blümelein,
Beglückte sie wie einst der Engel!
Sie rief: Was ist das für ein Überschwall?
Er sprach: Der Löwe rollt den Ball!

XIV

Nun sollte sie sich niederbücken
Und heben reizend den Popo,
Von hinten wollt er sie beglücken,
Doch liebte er das Spiel der Liebe so
Nicht sehr, ablassend von dem Hintern
Ihn konnte nun rein nichts mehr hindern,
Zu legen auf den Rücken sich:
Ach Ai-Wei, setz du dich auf mich
Und lasse deine Brüste wallen
Hoch über mir und reit das Ross
Und stülpe auf das Glied den Schoß!
Das Glied glitscht in den Schoß mit Schallen
Wie Entenplätschern in dem Teich,
Der Schoß ist warmes Wasser weich.

XV

So reitet sie ihn galoppierend
Wie eine Reiterin ihr Pferd,
Er den Verstand und Sinn verlierend
Durchbohrt das Herz ihr mit dem Schwert
Und bohrte seinen Jadestengel
Gleich einem Schwert von einem Engel
Der Schönen in den lieben Leib,
Voll Wollust stöhnte auf das Weib!
Da hielt sie ein in der Bewegung.
Das nennt man (sie voll Feuer haucht):
Der Docht wird in den Wachs getaucht,
So seufzte sie in Gluterregung.
Sie liebten sich im Mondenschein
Und schliefen tief befriedigt ein.



SIEBENTER GESANG


DIE PRINZESSIN

Die Hände Unsrer Frauen
Sind bambussprossenzart,
Die schwarzen Augenbrauen
Von Mottenfühlerart.

Wie Rosenöl befeuchtend
Ihr rotes Lippenpaar,
Wie Lack, wie Seide leuchtend
Ihr langes schwarzes Haar.

Es sind die bloßen Füße
Kaum unterm Saum zu sehn,
Die Brüste sind so süße
Wie Paradiesfrucht schön.

Sie hat zum Liebesspiele
Am Schenkelpaar versteckt
Den Schatz, der weckt Gefühle,
Des Mannes Liebe weckt.


I

Majia He, die schöne Dame,
Nachts träumte einen wilden Traum,
Die Dame, Ai Wei war ihr Name,
Sah in dem innern Seelenraum
Den bösen Dämon ihr erscheinen!
Da war ihr weh vor Seelenpeinen,
Als sie so sah die Hässlichkeit,
Des Dämons Ekelhaftigkeit!
Wild die gelockten Feuerhaare
Und finster war sein Angesicht,
Wie Zorn die Stimme, wie Gericht!
Daß sie des Dämons Zorn gewahre,
Goß er dämonisch aus den Zorn
Auf Ai Wei, diesen Wonneborn!

II

Ich fluche dir, du falsche Dirne!
Der Dämon wild in Rage schrie:
Du Hure mit der frechen Stirne!
Bereust du, tust du Buße nie?
Willst du dich nur im Laster gründen,
Zugrunde gehn in deinen Sünden?
Gibst dich den Fleischeslüsten hin,
Verführerin! Verführerin!
Und lockst mit deinen Fleischeslüsten
Die Männer zu der Fleischeslust,
Daß sie, sich selber unbewusst,
Betört, verwirrt von Schoß und Brüsten
Anbetteln dich um Liebeshuld
Und stürzen nur in tiefe Schuld!

III

Frau Torheit bist du, eitle Dirne,
Bist höllischen Dämonen gleich,
Verführerin mit frecher Stirne,
Du breiter Weg ins Totenreich!
Frau Torheit, wer sich dir wird gatten,
Der steigt hinab ins Reich der Schatten,
Verdammt sich in den Höllenschlund!
Erst süß wie Honig ist dein Mund
Dem Freier, aber dann wie Wermut
Sind bitter deine Lippen, Schwert
Die Zunge dem, der dich begehrt,
Als Schwert im Herzen schaffst du Schwermut!
Scheinst Rosenkelches Wonneborn
Und bist in Wahrheit nur der Dorn!

IV

Verflucht sind alle, die dich suchen,
Die dich besuchen! Der Besuch
Wird Fluch, wo die Dämonen fluchen
Den Freiern wilden Hohnes Fluch,
Wenn sie verspottet von der Schönen
Vernehmen Schimpfen, Schänden, Höhnen,
Der Zicke Zank, des Schandmauls Spott!
Frau Torheit, nein, du kennst nicht Gott,
Du dienst nicht Gott und nicht der Liebe!
In dir nur Lust und Laster flammt!
Frau Torheit, die du bist verdammt,
Zur Hölle führen deine Triebe!
Dein Schoß, er flamme noch so rot,
Dein Schoß bringt deinen Freiern Tod!

V

Er holte aus mit seinem Schwerte,
Daß er ihr schlage ab das Haupt!
Majia He, die Vielbegehrte,
Sich schon dem Tode nahe glaubt!
Da kam der Himmlische, der hatte
Sie eingeweiht dereinst! Ihr Gatte
Vom Himmel, kam der Himmelsgeist,
Das Schwert dem Dämon stark entreißt!
Der Himmlische im lichten Kleide
Licht strahlte wie der Blitze Licht,
Sein Lichtgewand war rein und schlicht,
Von lichter, gottgehauchter Seide.
Er, der die Maid einst eingeführt,
Er wars, der einst sie defloriert.

VI

Der Engel sprach: Wenn voller Sünden
Auch Ai Wei, eine Sünderin,
Ich komme, froh ihr heut zu künden,
Daß ich zu ihr voll Liebe bin!
Nie nenn ich Ai Wei meine Feindin,
Majia He ist meine Freundin!
Ich habe einst die Maid begehrt,
Voll Lust mit ihr im Traum verkehrt,
Sie eingeweiht in Liebeskünste,
Sie eingeweiht in Liebeskunst.
So flammt in ihr die Liebesbrunst,
So flammen in mir Liebesbrünste!
So hab ich sie noch immer lieb!
Vom Himmel stammt mein Liebestrieb!

VII

Du Dämon aber aus der Hölle,
Der du gewettert deinen Fluch,
Hör zu, du finsterer Geselle:
Geschrieben stehn im Lebensbuch
Wir als ein Paar, der Liebe Engel
Und Herrin Ai Wei ohne Mängel,
Im Lebensbuche offenbar
Wir eingeschrieben sind als Paar!
Wer viel geliebt, der wird gereinigt.
Die schöne Dame liebte viel.
Nun in des Himmels Liebesspiel
Wird sie dem Himmelsgeist vereinigt!
Der Dämon aber im Gefecht
Verliert an Ai Wei jedes Recht.

VIII

Da sprach der Dämon: Ich verschwinde,
Da war er fort mit einem Satz.
Der Engel zu dem schönen Kinde
Majia He nun sprach: Mein Schatz,
Es werden kommen Todesleiden,
Doch ich will nie mich von dir scheiden,
Und musst du leiden, Liebe Frau,
Auf meine Himmelskraft vertrau,
Ich will dich aus dem Dunkel retten!
Bleib nur befreundet treu mit Shi,
Bleib Lotosblüte treu, laß sie
Nur immer richten eure Betten,
Gewähre Shi die Rose rot,
Denn morgen kommt zu euch der Tod!

IX

Er küsste Ai Wei auf die Stirne
Und schwand in Nacht und Sternenraum.
Majia He, die reine Dirne,
Erwachte von dem dunklen Traum
Und zitterte an allen Gliedern.
Was soll ich auf den Traum erwidern?
Ob ich des Traumes Deutung weiß?
So dachte sie, ganz feucht von Schweiß.
Dann rief sie Zofe Lotosblüte
In den Päonienpavillon.
Dann rief sie auch auf den Balkon
Den edlen Shi, der lüstern glühte.
Der hatte sie noch immer lieb,
Denn unerschöpflich war sein Trieb.

X

Wie lieblich war die Morgenröte,
Da Ai Wei, Lotosblüte, Shi,
Vergessend alle Todesnöte,
Zusammen voller Sympathie
Den wundervollen Tag erwarten
Im sommerlichen Rosengarten.
Und Ai Wei in dem Hauch des Kleids,
Fürwahr von göttin-gleichem Reiz,
Ließ schimmern ihre süßen Brüste
Und glühn ihr straffes Schenkelpaar!
Sehr schön frisiert ihr schwarzes Haar,
Der rote Mund voll feuchter Lüste
Und ihres Mandelauges Schlitz
Voll Wollust blitzte heißen Blitz!

XI

Da aber kamen in den Garten
Der Priester und der General
Und zornig wetternd vor der zarten
Gemeinde in dem Gartensaal,
Der Zofe und dem Bräutigame,
Vor allem vor der schönen Dame,
Sie zürnten mit erhitztem Blut
In heißer Rage, wilder Wut:
Verdammt sind eure Fleischeslüste!
Verdammt ist eurer Sünden Schuld!
Verdammt ist euer Wollustkult!
Verdammt der Schoß, verdammt die Brüste,
Verdammt die Lippen scharlachrot!
Verdammt seid ihr zum zweiten Tod!

XII

Verklagt die liebende Gemeinde
Von einem jungen Manne war,
Der Ai Wei ward zum bösen Feinde,
Er liebte einst ihr schwarzes Haar,
Doch wollte sie nicht mit ihm schlafen,
Sein Schiff nicht lassen in den Hafen,
Nicht ankern in der Wonnen Bucht!
Drum war er voll von Eifersucht.
Und dieser junge Mann, ein Bäcker,
Verklagte Ai Wei vor dem Rat
Der Priesterschaft und vor dem Staat.
Sie leckte ihre Lippen lecker
Und lächelte den Bäcker an,
Ganz anders wurde da dem Mann.

XIII

Vom Himmel aber kam ein Nebel
Und eine dichte Wolke an.
Der General mit seinem Säbel,
Mit seinem Stab der Priestermann,
Sahn im Gewölk, das purpurn glühte,
Nicht Shi mehr und nicht Lotosblüte
Und nicht in Seide weiß wie Schnee
Die Liebe Frau Majia He.
Am Himmel Stimmen heiter lachen,
Erklingt ein sinnlicher Gesang:
Habt keine Angst und seid nicht bang,
Denn über euch die Engel wachen!
Die Zofe ward mit Shi entrückt
Und Ai Wei ward vom Geist verzückt!

XIV

Ein Dichter nur an seinem Teiche,
Da er mit Trauerschwänen sprach,
Majia He zum Himmelreiche
Entschweben sah, ins Brautgemach.
Die schöne Dame ohne Mängel,
Es hielt in Armen sie der Engel
Und trug sie in das Paradies,
Majia He, die Göttin süß! –
So die erotische Geschichte
Zu einem frommen Ende kommt,
Wie es dem frommen Leser frommt,
Dem Leser heiliger Gedichte.
Doch fragst du mich: Wer war die Frau?

Majia He ist – Mutter TAO!