Satire
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
PROLOG
Der
zehnjährige Tom meinte, ein gutes Buch beginne immer mit einem
Prolog und ende mit einem Epilog. So will ich es halten. Hat doch
auch Johannes sein Evangelium mit einem Prolog eingeleitet. Apropos
Johannes: Zwar ist die Bibel das Buch mit der größten Verbreitung
in der Welt, aber wer liest sie? Man lässt sie sich zur Hochzeit
schenken, stellt sie ins Regal zu den Krimis und Kochbüchern, und
damit gut. Die Katholiken kennen die Bibel auch nicht. Auch bei
lutherischen Pastorinnen findet man keine Weisheit. Und die
eingebildeten Wiedertäufer und Biblizisten halten am Buchstaben fest
und erfassen den Geist nicht. Und wer liest schon Augustinus und
Gregor von Nazianz und Dionysios Areopagita? Die Bücher findet man
alle im Internet, aber die Leute schauen ja lieber Seifenopern. Die
Welt ist ein Irrenhaus. Ich will die Irren beschreiben, die ich traf,
und ich will sie mit Namen nennen. Da sind Schizophrene,
Manisch-Depressive, Psychotiker, Missbrauchsopfer, Alkoholiker und
Drogenwracks und ausgebrannte Manager. Und die schlimmsten Irren von
allen sind die Psychiater. Ich will sie alle geißeln. Dazu werde ich
manche Nacht wachen. Die Informatiker schnarchen dann neben ihren
frigiden Ehefrauen, die Sekretärinnen sind vorm Fernseher
eingeschlafen, die esoterischen Hausfrauen liegen im versüfften Bett
inmitten von Mäusen und Ratten, aber ich, ich und meine Muse der
Satire, wir wachen. Wir werden alle die Männer beschreiben, die ohne
Weisheit sind, doch aufgebläht, aber ich werde auch die Weiber nicht
verschonen, die zänkischen und die dummen und die bösen. Nicht
einmal die Mädchen werde ich verschonen, die sich dick mit Schminke
bemalen, barbusig im Minirock durch die Innenstadt spazieren. Da
tragen sie ihre reizenden Fotzen spazieren und haben im Kopf nur
Seifenopern. Und wenn diese Satire gelesen wird, soll man sich an den
Namen nicht stören, sondern immer denken: Das bin ja ich! Ich bin
der Irre! Wirklich, die psychisch Kranken sind die Visionäre Gottes,
aber die stumpfen Weltmenschen sind die eigentlichen Irren. Um mich
manchmal zu erholen, werde ich ab und an die göttliche Sophia
preisen, ob sie auch nur wenigen bekannt ist, wie Jesus Sirach sagt.
Aber wer liest schon Jesus Sirach?
VON
DEN DUMMEN BÜCHERN
Ich
habe schon als Kind viel gelesen. Meine Wohnung ist voll von Büchern.
Ich bin, wie der Chinese sagt, parfümiert von Bücherstaub.
Aristoteles las den ganzen Tag und noch nachts im Bett. Dabei hielt
er in der Hand eine Metallkugel, und neben seinem Bett stand eine
Metallschale. Wenn er beim Lesen nachts einschlief, fiel die Kugel in
die Schale, davon wachte Aristoteles auf und las weiter. Aber was
sollen all die Bücher? Es sind nur eine Handvoll Dichter, die ich
immer wieder, ja, täglich lese: Dante, Ben Jonson, Goethe,
Klopstock, Hölderlin, Puschkin und Else Lasker-Schüler. Das reicht
mir. Wenn ich auf eine einsame Insel nur ein einziges Buch mitnehmen
dürfte, so wählte ich die Bibel. Die Christin Susanne aber versteht
die Bibel nicht, sie liest lieber schwedische Krimis. Der
pietistische Prediger Marco liest nichts anderes als amerikanische
Science-fiction. Die Christin Dineke schaut nur Seifenopern, und wenn
sie liest, dann triviale Liebesromane. Die Christin Meike wünscht
sich eine Bibliothek, aber sagte: Um Gottes willen, nicht Homer,
Goethe und Nietzsche. Die Esoterikerin Evi liest nur esoterische
Ratgeber, am liebsten über die Eigenliebe oder über die Dämonin
Lilith. Die sterbende Karine las vor ihrem Tod nur noch triviale
Liebesromane. Der alte Kommunist Konrad hatte sein Haus voller
Bücher, die gesammelten Werke des Kommunismus. Ich war einmal in
Satans Bücherei, aber der Satan ist dumm, denn ich fand dort Miltons
Paradise Lost.
VON
DEN RATGEBERN
Als
ich in der Umnachtung bodenloser Traurigkeit nach dem Tod meiner
Jugendfreundin Karine war und jede Nacht Ströme heißer Tränen
weinte, sagte die behinderte Christin Birgit: Wenn du so viel weinen
muss, dann trinke auch genügend Gemüsebrühe, damit du genügend
Flüssigkeit im Körper hast. Als ich mich von Weihnachten bis Sankt
Agnes im Zustand der Gottverlassenheit finden musste, riet mir meine
Mutter, Obst zu essen. Als ich einmal vor Liebeskummer fast gestorben
wäre, riet mir der Pietist Marco, mir eine Berufsarbeit zu suchen,
dann hätte ich keine Zeit mehr, Liebeskummer zu haben. Als ich
meinem Evangelikalen Mark meine Gottverlassenheit klagte, bewies er
mir mit der Bibel, dass es so etwas gar nicht gibt. Als ich meiner
Mutter meinen Liebeskummer klagte, sagte sie: Wasche immer schön
dein Geschirr ab, dann findest du auch einmal eine Dame. Als ich der
Esoterikerin Evi erzählte, mein seelisches Leiden sei erlösendes
Leiden Christi, sagte sie: Du wirst nie glücklich, solange du an
Christus festhältst. Als ich Evi sagte: Ich liebe dich und sehne
mich nach deiner Liebe, sagte sie: Liebe dich selbst! Es ist die
Erfahrung Hiobs: Er hatte alles verloren, war krank und klagte Gott
sein Leid. Seine Freunde saßen eine Woche schweigend mit ihm
zusammen, das linderte seinen Kummer. Aber dann kamen die
Schriftgelehrten und neunmalklugen Doktoren mit ihren frommen
Zurechtweisungen, und so vermehrten sie nur noch Hiobs Schmerzen. Das
Trauerspiel setzt sich nur noch fort, wenn die katholischen Priester
dumme Ratschläge geben. Denn Teresa von Avila sagte: Wie wichtig ist
auf dem mystischen Weg ein Seelenführer, aber wie schwer ist ein
solcher zu finden.
VON
DER HABSUCHT
Nach
dem Tod meines Vaters erzählte meine Mutter, dass mein Vater in
seiner Jugend zum Konfirmationsunterricht eingeladen war. Er aber
ging nicht hin, denn Gott interessierte ihn nicht. Nur kurz vor der
Konfirmation meldete er sich noch an, denn er wollte die Geschenke
haben. Der Pastor nahm ihn noch auf und er bekam die Geschenke. Das
fand meine Familie sehr schlau. Als ich einmal Depressionen hatte,
waren meine Eltern gerade in Andalusien, sie schickten mir einen
Geldschein und nannten ihn einen Bliedmaker, einen Glücklichmacher.
Wo dein Schatz ist, ist dein Herz. Auch am Knaben Tom sah ich die
Habsucht. Er wollte immer ein Spielzeug nach dem andern. Kaum war der
erste Wunsch erfüllt, entstand ein neuer Wunsch. Der Wunsch, sobald
erfüllt, bekommt er gleich Kinder. Tom war unersättlich. Er konnte
sich an dem Geschenk gar nicht freuen, weil gleich die nächste
Begierde entstand. So will der Mensch alles und mehr. König Midas
liebte auch das Gold und erbat sich von den Göttern die Gabe, dass
alles, was er berührt, sich in Gold verwandelt. Da gewährten ihm
die Götter diese Gabe. Nun, wenn er Brot essen wollte oder Wasser
trinken, verwandelte dieses sich in Gold. So starb er. Ein Mann hatte
eine große Ernte, er war sehr reich. Er sagte sich: Nun will ich ein
großes Vorratshaus bauen, dann setz ich mich zur Ruhe und genieße
den Rest meines Lebens. Da sagte Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht
wirst du sterben! Und so starb auch mein Vater plötzlich. Er sprach
noch auf dem Sterbebett vom Geld und dachte nicht an Gott. Ihr könnt
nur einem Gott dienen: Dem Gott im Himmel, der die Liebe ist, oder
dem Gott auf Erden, der das Geld ist. Weh dem, der Schätze sammelt
auf Erden und nicht Schätze sammelt im Himmel. Wer Geld liebt, wird
vom Geld nie satt. Die Wurzel allen Übels ist die Liebe zum Geld.
Die ganze kapitalistische Wirtschaft beruht auf dem Prinzip der
Habsucht.
VON
DER MODE
Der
Neuheidin Evi Mode war so: Einmal trug sie ein leichtes geblümtes
Seidenkleidchen, das fast durchsichtig war. Der untere Saum reichte
eben auf die Oberschenkel, der obere Saum ließ viel von den nackten
Brüsten sehen. Einmal trug sie ein schwarzes Hemdchen mit kurzen
Ärmeln und einen schwarzen Minirock und an den Beinen durchsichtige
schwarze Strümpfe. Einmal stand sie im Garten, sie trug ein T-Shirt
und einen Minirock, und wenn sie sich zu dem Blumen bückte, konnte
man ihre nackten Brüste von vorne sehen oder von hinten ihren Slip
aus schwarzer Seide mit Spitzen. Die jungen Mädchen, die im Sommer
durch die Innenstadt spazieren, tragen kurze Höschen, die kaum den
Po bedecken, und möglichst enge und kurze Hemdchen, die die Form der
Brüste betonen und den Bauchnabel frei lassen. Sie tragen auch kurze
Sommerkleidchen, die die Nacktheit mehr enthüllen als verhüllen. In
der sexuellen Revolution von 1968 ist ja der Minirock eingeführt
worden. Die jungen Frauen senden wie verrückt erotische Reize aus,
um Macht über die Männer zu bekommen. Führend im Modetrend sind ja
die Idole der Popmusik. Und so sieht man denn Sängerinnen wie
Britney Spears, Christina Aguilera, Kylie Minogue oder Rhianna in
Reizunterwäsche auf der Bühne mehr nackt als bekleidet tanzen, sich
auf Betten räkeln, mit Schlangen kopulieren. Das ist die Mode der
Hure Babylon. Ich sah auch einmal Männer einer Rockband
splitternackt auf der Bühne stehen, nur die Penisse waren verhüllt.
Ich denke dagegen oft an die Mode der Madonna. Sie trägt lange
Kleider in Weiß oder Hellblau, manchmal in Rot oder Gold, oft noch
einen andersfarbigen Mantel. Das Kleid reicht bis zu den Füßen. Sie
ist meistens gegürtet. Das Kleid betont nicht Brüste und Schoß,
ist aber eindeutig feminin-anmutig. Sie trägt am Gürtel oft den
Rosenkranz. Sie hat lange Haare, meistens schwarz, manchmal
goldblond, auf dem Haupt trägt sie den Schleier der mystischen
Braut, der aber nicht ihr Gesicht verschleiert, sondern die Haare
bedeckt. Die Madonna strahlt keine erotischen Reize aus, aber zeigt
ihre feminine Schönheit und Anmut in einer makellosen Mode.
VON
DEN ALTEN DUMMKÖPFEN
Wer
in seiner Jugend nicht Kommunist war, hat kein Herz, aber wer in
seinem Alter noch Kommunist ist, ist ein Narr. So lernte ich den
alten Kommunisten Konrad kennen. Er hatte ein schweres Nervenleiden
in den Beinen und verachtete die Ärzte, er ging lieber in den Wald,
die Bäume zu umarmen, um die Energie der Bäume in sich aufzunehmen.
Auf Rügen war ich mit ihm und seiner Familie, da öffnete er die
Arme zur Sonne, um die Sonnenenergie aufzunehmen, dann breitete er
die Arme zu den Mitmenschen aus, um die Sonnenenergie zu den
Mitmenschen umzulenken, und dann tyrannisierte er mit seiner Egomanie
die Exfrau, die verlassene Tochter und den ungeliebten Enkel. Im
Gespräch mit mir brach er immer einen Streit über den Glauben vom
Zaun. Verteidigte ich die Unbefleckte Empfängnis, die er angriff,
ohne zu wissen, was es ist, so sagte er: Du echauffierst dich! Aber
wenn er Papst Benedikt XVI in Deutschland die Jugend zur Heiligkeit
rufen hörte, schimpfte er wie ein Rohrspatz, nannte den Papst einen
Scheinheiligen und echauffierte sich. Er hatte viel Geld, aber aus
Prinzip klaute er im Supermarkt Senf. Eines Abends erzählte er mir
beim Pernod in einem unendlichen Monolog sein Leben. Er erzählte,
wie er die Frau und die dreijährige Tochter verlassen hatte, um für
die Weltrevolution zu kämpfen. Er beichtete mir wie in einer
Generalbeichte ein langes Leben voller Sünden, nur war er stolz
darauf und ich konnte ihm die Absolution nicht erteilen.
VON
DER KINDERERZIEHUNG
Die
Eltern könnten erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern selbst
erzogen wären. Leider sind die Eltern nicht erzogen, wenn sie sich
vom Herrn nicht erziehen lassen. Das Kind wird als Unglück
empfunden, nicht mehr als Geschenk des Herrn. Meine Tante Petheda
besuchte eines Tages meine Eltern. Mein Vater sagte: Doris ist krank.
Meine Tante trat zu meiner Mutter: Was hast du denn? Ach, klagte
meine Mutter, ich bin schwanger! Schwanger war sie mit mir. Als
Karine schwanger war mit Zwillingen, sagte ihr Mann, der satanische
Detlef jeden Tag: Mach sie weg! Karine ließ sich von der
Schwangerschaftsberatung über eine Abtreibung beraten, während der
Beratung saß ich draußen und betete den Rosenkranz für das Leben
der Kinder. Sie kamen auch zur Welt. Die Zwillinge Milan und Simon
sind Marienkinder. Karine bat mich dann, die Kinder zu erziehen. Ein
liebender Vater ist der beste Weg zum Glauben an Gott. Die
teuflischsten Ideologen der jüngsten Zeit hatten alle einen
abwesenden oder grausamen Vater. Wer den Kindern weniger gibt als
Gott, der gibt ihnen zu wenig. Die Kinder haben ein Recht darauf, im
Glauben erzogen zu werden. Die Wiedertäufer Mark und Marco sind
dumm, sie enthalten ihren Kindern die Taufe vor. Sie belassen den
Kindern die Erbsünde und verweigern ihnen die heiligmachende Gnade.
Aber Kinder sind offen für Gott. Karines erstgeborener Sohn Juri
sagte zu mir: Du bist Gott! Du bist Gottvater und ich bin der
Erzengel Michael, und wir spielen mit der Sonne Fußball. Glaubst du
an Gott? Ich glaube noch viel mehr als du! Und Milan sagte: Papa,
male mir ein Bild von Gott und Jesus und der Taube und Maria! So hat
Philipp von Mazedonien für seinen Sohn Alexander einen Pädagogen
gesucht und so ward Aristoteles der Erzieher Alexanders des Kleinen.
So suchte Suzette Gontard einen Hauslehrer für ihren Sohn Henry und
fand als Erzieher Hölderlin. Aber der Geldanbeter, mein Vater
Eberhard, erzog seinen geliebten Sohn, meinen Bruder Stefan, zum
Geldanbeter. Die abergläubische Evi erzog ihren Sohn Tom zum
Aberglauben, zum Glauben an Omen, an Reinkarnation, an Feen.
VON
DEN LÄSTERMÄULERN
Besser
in einem Winkel allein unterm Dach, als mit einer zänkischen Zunge
in einem Haus! Das sagte mir Salomon immer ins Ohr, als mich die
zänkische Zunge Gunda plagte. So wird man dann geweckt: Heute ist
Müllabfuhr! Bring die Mülleimer raus! Das ist die hochgerühmte
Ehe: Mülleimer statt Morgengebet! So wurde die einst süße und
charmante und hoch erotische Evi zur keifenden fetten Hausfrau.
Früher sagte sie: Erzähl mir von Platon und Jesus! Später sagte
mir: Kauf Toilettenpapier! Als ich Evi noch sehr liebte, da
beschwatze sie immer alles mit ihrer Busenfreundin Sabine. Die war
eine frustrierte alleinstehende Frau. Die beredete Evi, doch die
Freundschaft mit mir zu beenden. Als ich mich wie ein Vater um Evis
Sohn Tom kümmerte und Tom mich mehr liebte als seine Mutter, ward
Evi eifersüchtig und beschwatzte dies mit ihrer neuen Freundin
Traute. Die war eine alte hässliche Hexe mit Buckel auf dem Rücken
und Aberglauben im Kopf. Die mischte sich dann ein und hielt mir
Vorträge, wie ich Tom zu erziehen habe. Aufdringliche alte Hexe! Der
Witz war, dass diese strohdumme Hexe Lektorin in der evangelischen
Kirche war und im Gottesdienst das Sonntagsevangelium vorlas.
HÖRE
AUF GUTEN RAT
Auch,
wenn du die Bibel, den Talmud, den Koran, die Veden und Bhagavadgita
gelesen, Lao Tse und Konfuzius, Platon und Plotin, Augustinus und
Dionysius Areopagita, Nietzsche und Kierkegaard, halte dicht nicht
für zu weise, um auf den Rat von katholischen Priestern und
Ordensleuten zu hören. Der erste Priester sagte: Das Zeichen unserer
Zeit ist die Gottverlassenheit Christi. Sie empfinden sehr tief, das
macht einsam. Reden Sie mit Maria wie mit einer Freundin. Der zweite
Priester sagte: Denken sie nicht: Und ewig locken des Weibes Brüste
und Schoß, sondern denken Sie: Das Ewigweibliche zieht uns hinan!
Verehren Sie wie Hildegard von Bingen die Sapientia Divina! Der
dritte Priester sagte: Wenn sie sich nach Muttergöttinnen sehnen,
sagen Sie zu Gott Gottheit und verehren den mütterlichen Gott.
Verehren Sie nicht die Venus, sondern sagen zu Gott: Du bist die
Schöne Liebe! Wenn Sie die Weisheit verehren wollen, beten Sie:
Jesus, du bist meine Weisheit! Der Benediktinermönch Anselm Grün
riet mir: Wenn Sie Maria als eine liebende Braut erfahren, können
Sie ehelos leben. Aber Maria will Sie zu Gott als Mutter führen.
Fortan werden die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe Sie
führen. Die alte Karmelitin Schwester Mechthild sagte: Sie haben
mystische Erfahrungen und die Gabe, diese ins Wort zu bringen. Sie
müssen aber wissen, dass nur wenige Sie verstehen werden. Vielleicht
geht es Ihnen wie Therese von Lisieux, und Sie entfalten Ihre
Wirksamkeit erst nach
Ihrem Tod. Und wenn keiner Sie mehr versteht, wird der Herr selbst Ihr Seelenführer sein.
Ihrem Tod. Und wenn keiner Sie mehr versteht, wird der Herr selbst Ihr Seelenführer sein.
VOM
GUTEN BENEHMEN UND DER HÖFLICHKEIT
Am
Anfang unsrer Romanze war Evi lieb und nett, höflich und charmant.
Wenn ich kam, bot sie mir Tee im Garten an, nahm sich Zeit für mich
und fragte mich nach Gott und dem Evangelium. Aber eigentlich liebte
sie nur die Esoterik und den Okkultismus. Irgendwann weihte sie ihre
Seele der Teufelin Lilith. Da sah sie nicht mehr auf, wenn ich kam,
drehte mir stattdessen den Rücken zu, bot mir keinen Kaffee mehr an,
nahm mir übel, wenn ich mich um ihren Sohn Tom kümmerte, brach
Streit vom Zaun, bedankte sich nicht für Hilfen und Geschenke. Sie
wollte nicht mehr lieb sein. Unsere Liebe Frau mochte sie nicht, denn
lieb zu sein, war ihr zuwider. Gute Mädchen kommen in den Himmel,
böse Mädchen kommen überall hin. Sie wollte überall hin. So kam
sie auch zu jeder Verabredung zwei Stunden zu spät. Sie nahm gerne,
gab aber nie. Eine andere Unhöflichkeit, die ich sah: Die Kinder
bedanken sich nicht mehr. Wieviele Geschenke habe ich Tom gemacht,
ohne ein Danke zu bekommen, wie oft hab ich ihn zum Essen eingeladen,
ohne dass er sich bedankte. Wie viele Bücher hab ich den Kindern
Milan und Simon geschickt, ohne dass ihre Pflegeeltern, die reichen
Juristen Benjamin und Ulrike, die Kinder bewogen hätten, sich zu
bedanken. Und wie unhöflich ist es, dass keiner auf meine Briefe
antwortet, dass keiner sich für Gedichte bedankt! Wie unerzogen von
meinem Bruder Stefan, dass er zu meinem fünfzigsten Geburtstag mir
nicht einmal am Telephon gratulierte, während ich ihn zu seinem
fünfzigsten Geburtstag besuchte und beschenkte, obwohl ich nicht
eingeladen war. Hundert Freunde hatte er eingeladen, aber nicht
seinen Bruder. Aber meine Tante Petheda sagte immer: Undank ist der
Welt Lohn!
VON
DER WAHREN FREUNDSCHAFT
Als
Jesus eines Tages mir erschien und mich einlud zum Allerheiligsten
Altarsakrament und zur Verehrung Seiner Mutter, da bat ich ihn, mir
zwei Ideen aus dem Protestantismus weiter zu gewähren: Die
Lutherbibel und meinen evangelikalen Freund und Bruder Mark. Beides
hat mir
Jesus gewährt. So kann ich mich Recht sagen, wie David von Jonathan sagte: Mein Freund und Bruder Jonathan, deine Liebe ist mir wunderbarer als Frauenliebe. Und als Iphigenie in Tauris im Tempel der Göttin Artemis war, fragte sie Orest und Pylades: Seid ihr Brüder? Und Orest, der Wahnsinnige, von den Furien gejagte, sagte: Brüder nicht von Natur, aber aus Freundschaft! Und als der Kreuzritter Roland wegen der schönen Angelika, der Tochter des Kaisers von China, den Verstand verlor und aus Liebeskummer wahnsinnig ward, da bestieg sein Freund Adolf das Flügelpferd und flog zum Mond, um den Verstand seines Freundes zurückzuholen. Und solch einen Freund hat mir Gott gegeben. Der Freund in der Ferne steht mir näher als mein Bruder in der Nähe. Mein Freund und ich sind Brüder nicht nach dem Willen von Fleisch und Blut, sondern weil wir beide von Gott geboren sind. Freundschaft mit Frauen allerdings ist eine andere Sache. Neben ihrem dummen Ehemann halten sie sich gern wie ein Haustier noch einen galanten Hausfreund, entweder zum Kokettieren, oder um einen Domestiken zu haben.
Jesus gewährt. So kann ich mich Recht sagen, wie David von Jonathan sagte: Mein Freund und Bruder Jonathan, deine Liebe ist mir wunderbarer als Frauenliebe. Und als Iphigenie in Tauris im Tempel der Göttin Artemis war, fragte sie Orest und Pylades: Seid ihr Brüder? Und Orest, der Wahnsinnige, von den Furien gejagte, sagte: Brüder nicht von Natur, aber aus Freundschaft! Und als der Kreuzritter Roland wegen der schönen Angelika, der Tochter des Kaisers von China, den Verstand verlor und aus Liebeskummer wahnsinnig ward, da bestieg sein Freund Adolf das Flügelpferd und flog zum Mond, um den Verstand seines Freundes zurückzuholen. Und solch einen Freund hat mir Gott gegeben. Der Freund in der Ferne steht mir näher als mein Bruder in der Nähe. Mein Freund und ich sind Brüder nicht nach dem Willen von Fleisch und Blut, sondern weil wir beide von Gott geboren sind. Freundschaft mit Frauen allerdings ist eine andere Sache. Neben ihrem dummen Ehemann halten sie sich gern wie ein Haustier noch einen galanten Hausfreund, entweder zum Kokettieren, oder um einen Domestiken zu haben.
VON
DER VERACHTUNG DER BIBEL
Die
Esoterikerin Evi bekam von mir viele Bibeln, aber sie las lieber
esoterische Bücher. Sie sagte: Eva war immer lieb und nett, aber
Adams erste Frau Lilith war wild und böse und frei. Ich bin Lilith!
Und wenn sie ein Evangelium lesen wollte, so durfte es nur nicht in
der Bibel stehen, es musste schon das Thomas-Evangelium oder das
Evangelium nach Maria Magdalena sein. Mein Freund Mark sagte: Sie
glauben heute alles, es darf nur nicht in der Bibel stehen! Und
Paulus sagt: In den letzten Zeiten werden sie die gesunde Doktrin
nicht ertragen, stattdessen hören sie auf Lehrer, die ihren Sinnen
schmeicheln. Karine hatte im Französisch-Unterricht das zweite
Kapitel der Genesis aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt
und sagte: Erst ist der Mann geschaffen und dann die Frau? Da will
ich gar nicht weiterlesen. Und der alte Kommunist Konrad, der das
Haus voller Bücher hatte, sagte, er komme über die erste Seite der
Bibel nicht hinaus: Die Frau geschnitzt aus der Rippe des Mannes!
Weiter würde er nicht lesen. Mein Jugendfreund Erich, der Anarchist
sagte: Ich hab in der Bibel gelesen, aber das spricht mich nicht an,
ich mache lieber buddhistische Meditation, das ist wenigstens eine
Religion ohne Gott. Und ein lutherischer Pastor sagte: Maria war
keine Jungfrau, Josef war der Vater von Gott. Und meine evangelikalen
Freunde Mark und Marco sagen: Gute Protestanten lesen nicht das Buch
der Weisheit, Jesus Sirach, Judith, Makkabäer und Tobit. Das sind
alles nur Legenden, das ist nicht Gottes Wort. Und die Katholiken
müssen vom Pfarrer unterwiesen werden: Psalmen, das sind Gedichte
aus Israel und Palästina, das sie ja aus den Nachrichten im
Fernsehen kennen. Und eine Katholikin sagte: Wenn in der Heiligen
Messe aus dem Evangelium vorgelesen wird, verstehe ich kein Wort. Und
eine Katholikin sagte: Ich wusste gar nicht, dass es neben der
Muttergottes noch andere Marien in der Bibel gibt. Und Sankt
Hieronymus sagte: Die Bibel nicht kennen, heißt Christus nicht
kennen!
VON
DER BESONNENHEIT ODER SOPHROSYNE
Karine
schien mir immer erst zu reden, und dann nachzudenken. Ich sagte
zornig: Weib, erst denken, und dann reden! Aber so ist es beim Mann,
er denkt im Hirn, dann bilden seine Ideen die Worte. Bei der Frau ist
es anders, da gilt das Prinzip Kleists: Das allmähliche Fertigen der
Gedanken beim Reden. Eine Frau beginnt zu reden, und im Reden bilden
sich ihre Gedanken. Die Frau hat im Hirn ein größeres Sprachzentrum
als der Mann. Dazu kommentierte Marco, der männliche Mann: Wenn
Frauen ein größeres Sprachzentrum im Hirn haben als die Männer,
dann muss es ihnen ja anderswo fehlen. Als in Karines Familie das
Chaos regierte, wollte ihr die Neuheidnun Anja helfen. Ich saß im
Garten auf der Bank unterm Holunderstrauch und rauchte und dachte
nach. Da kam Anja völlig aufgelöst aus dem Haus und fuchtelte mit
den Armen herum und rief sinnlose Worte. Sie erinnerte mich an ein
kopfloses Huhn, das aufgeregt mit den Flügeln flattert, ohne fliegen
zu können, das zwar kopflos ist, aber aufgeregt gackert. Es war
einmal ein Bauer, der holte das Ei eines Adlers aus einem Adlernest.
Er zog den kleinen Adler auf seinem Hühnerhof auf. Dem Jüngling
Adler beschnitt er die Flügel, damit er nicht fortfliege. Aber dem
Adler wuchsen die Flügel nach. Da brach ein Gewitter und Sturm über
den Hühnerhof herein. Der Hahn krähte und blähte sich auf, die
Hennen eilten aufgescheucht durch den Garten, alles krähte und
gackerte und bewegte die Flügel, aber sie können nicht fliegen. Der
junge Adler sah zum Himmel. Am Himmel schwebte in majestätischer
Ruhe ein Kaiseradler. Der junge Adler flog in die Lüfte und segelte
in ruhiger Besonnenheit und erhabener Überlegenheit mit dem
Kaiseradler davon.
VON
DER FREIEN LIEBE
Martin
Luther hatte die Ehe nicht mehr als Sakrament verstanden, sondern als
ein weltliches Ding. Weltliche Dinge kann man auch wieder trennen.
Kant sah die Ehe als einen Vertrag zur wechselseitigen Benutzung der
Geschlechtsorgane. Die Jugend der Bolschewiki sah in der Liebe einen
Schluck Wasser. Aber der wahre Sexualkommunismus wurde in der
Kulturrevolution von 1968 eingeführt, da gab es die Propaganda der
freien Liebe. Uschi Obermayer kam in die Kommune und schlief
öffentlich im Versammlungsraum mit Rainer Langhans. Unverbindlich
und ohne Verantwortung. Uschi Obermayer war die Wanderhure der
sexuellen Revolution. Das Motto der Revolution war: Wer zweimal mit
der gleichen pennt, gehört schon zum Establishment. Und Kinder haben
ein Recht auf Sex mit Erwachsenen! Man kann sich allerdings auch nach
und nach einen Harem anlegen, wie der sozialdemokratische
Bundeskanzler Gerhard Schröder, der vier Ehefrauen hatte. Die
Katholikin Rebekka bekehrte sich zu einer evangelikalen Freikirche
und schied sich von ihrem katholischen Mann. Sie heiratete einen
Protestanten, bekam ein Kind von ihm, schied sich aber von ihm. Dann
heiratete sie den sexsüchtigen Dominik, sie schied sich von ihm.
Dann heiratete sie einen Christen aus einer Pfingstgemeinde. Ihre
Tochter musste dreimal den Nachnamen wechseln. Das ist die
evangelische Antwort auf das Programm der freien Liebe. Man sagt,
Salomo haben 300 Ehefrauen und 700 Konkubinen und Mädchen ohne Zahl
gehabt. Aber in Wahrheit ist die Zahl von 1000 Frauen eine
symbolische Zahl. Salomo war mystisch vermählt mit Frau Weisheit.
Die 1000 Frauen symbolisieren die Fülle der Weisheit Salomos.
VON
DER BILLIGEN GNADE
Martin
Luther sagte: Gerettet werden kann der Mensch nur durch die Gnade
Gottes. Es gibt aber keinen freien Willen des Menschen. Sondern dem
einen reitet der Satan auf dem Rücken, dem andern ist Gott gnädig.
Wenn Gott dir gnädig ist, dann gibt er dir seine Gnade, ob du willst
oder nicht. Dann zwingt dich Gott in den Himmel. Dann sollst du dich
nicht fürchten, sondern sündige tapfer! Und versuche nicht, mit
guten Werken Gott zu gefallen. - Und so lässt die Welt den lieben
Gott einen guten Mann sein und sündigt tapfer. So singen die Narren
im Karneval: Wir kommen alle, alle in den Himmel! Und so singen die
Säufer in der Kneipe: Schnaps, das war sein letztes Wort, dann
trugen ihn die Englein fort! Als Karine im Sterben lag, sagten mir
ein alter polnischer Ministrant und ein katholischer Kaplan: Alle
Menschen kommen in den Himmel! Da war der teuflische Detlef
konsequenter, er sagte mir einmal: Ich will lieber dem Teufel als
Gott begegnen! Ich will lieber in die Hölle als in den Himmel
kommen! Denn in der Hölle gibt es Rockmusik und Glücksspiele!
VON
DEN PLÄNEN
Ja,
mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht, und mach noch einen
zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht! Wie haben sich im
ostdeutschen Sozialismus Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Erich
Honecker bemüht, die ganze verstaatlichte Wirtschaft durch Pläne zu
lenken. Aber diese Planwirtschaft ist als ein unrealistisches Konzept
gescheitert. Der real-existierende Sozialismus ist aus
sozio-ökonomischen Gründen zugrunde gegangen. Dagegen existiert die
sozialistische Utopie noch in vielen verirrten Köpfen.
VON
DEN SÄUFERN
In
Leo's Kneipe saß ich einen Winter lang, um meinen großen
Liebeskummer im Bier zu ersäufen. Das war die Hölle. Der Raum war
dunkel, die Wände feuerrot, der Raum voll Qualm und Bierdunst. Die
Säufer, allen voran Dieter Becker, beleidigten sich gegenseitig auf
die gemeinste Art und Weise. Sie tranken ein Bier nach dem andern und
rauchten eine Zigarette nach der andern. Einer fragte mich, wovon ich
lebe, ich sagte, ich lebe von Luft und Liebe. Da meinte er, ich lasse
mich von einer Frau als ihr Beischläfer aushalten. Ein anderer
sprach vom Pflaumenschnaps und Feigenschnaps und scherzte über
Frauen, die einen seien Pflaumen, die anderen seien Feigen. Dann war
da noch der gescheiterte Professor, ein alter Mann, der in
hochgestochenen Worten von Konvulsionen sprach und besoffen der
hässlichen Wirtin schmeichelte. Einmal kam einer herein, der sich
auf der Straße geprügelt hatte. Ein anderer war berauscht vom
Kokain. Die Wirtin ging mit Dieter Becker vor die Tür, um Haschisch
zu rauchen. Mitten in dieser Hölle saß ich und dichtete
Liebesgedichte an Sulamith oder Suleika. Meine Ärztin schickte mich
auch einmal zu den anonymen Alkoholikern, weil ich regelmäßig
abends Wein trinke. Die Alkoholiker sagten: Eine Flasche Wein am
Abend? Dafür wären wir gar nicht erst aufgestanden! Wir haben schon
zum Frühstück eine Flasche Whiskey getrunken! Und dann erzählte
einer nach dem andern seine unbereuten Sünden. Ich konnte es in
diesem Sündenpfuhl nicht aushalten und kam nicht wieder. Hatte mir
doch der alte Konrad gesagt: Wenn du gar keinen Wein mehr trinkst,
werden deine Gedichte schlecht! Hafiz sei mein Zeuge! Dann rief mich
eines Nachts in der dritten Stunde nach Mitternacht mein Jugendfreund
Enno an. Auch er war Alkoholiker. Er trank nachts eine Kiste Bier. Er
wohnte allein mit seiner alten Mutter einsam auf dem Land und hatte
keine Arbeit. Er hatte schon angefangen, weiße Mäuse zu sehen. Nun
schlief er tagsüber, nachts besoff er sich mit Bier und guckte
Fernsehen. Nach zehn Jahren rief er mich einmal mitten in der Nacht
an, riss mich aus dem Tiefschlaf, um über den Papst zu lästern: Das
interessiere die Menschheit nicht, dass Papst Benedikt XVI.
zurückgetreten sei.
VOM
REICHTUM
Die
Reichen sind überall beliebt. Zum 70. Geburtstag meines Vaters
Eberhard kamen hundert Freunde, zum 50. Geburtstag meines Bruders
Stefan kamen auch 100 Freunde, meinen 50. Geburtstag feierte noch
nicht einmal meine Mutter Doris, sondern ein einziger Freund, mein
Christenbruder Mark. Was macht den Mann für die Frau erotisch? Ob er
Seriösität ausstrahlt, dass er ihr finanzielle Sicherheit geben
kann. Männer schauen Frauen auf den Popo, ob sie im Bett Lust
bereiten können. Frauen schauen Männern auf den Popo, ob sie in der
Gesäßtasche auch ein dickes Portemonnaie haben. Der Reiche also hat
viele Freunde und viele schöne Frauen. Ob einer ein guter Dichter
ist, misst die Welt daran, wieviel Geld er damit verdient, und ob er
auch in den Talk-Shows im Fernsehen nach seiner politischen
Stellungnahme gefragt wird. So pries mein Vater den Obernarren Dieter
Bohlen, ein strohdummes Lästermaul aus dem niveaulosen Fernsehen,
weil seine Autobiographie auf der Bestsellerliste auf dem ersten
Platz stand. Das sind die wahren Alchemisten, die aus Scheiße Gold
machen können. Was ist dagegen der Ruhm Virgils, den man nach
zweitausend Jahren noch liest? Aber was ist einem
Sparkassen-Angestellten der Ruhm Virgils? Er hat den Namen noch nie
gehört. Alle meinen, die glücklichsten Menschen der Welt müssten
im reichen, aber gottlosen Schweden leben! Weit gefehlt! Die
glücklichsten Menschen der Welt leben im katholischen, armen Peru!
Europa ist ein reicher Kontinent, aber die Depression ist hier eine
Volkskrankheit. Die Gesänge in der deutschen Messe klingen wie
Trauergesänge einer Beerdigung. Es gibt keine Priester, keine
Gläubigen mehr. Aber Afrika ist arm, dort aber sprießen
Priesterberufungen wie Pilze aus dem Boden, eine Heilige Messe dauert
drei Stunden, davon die Predigt eine Stunde, dazu trommeln und tanzen
sie, der Bischof tanzt mit.
DIENER
ZWEIER HERREN
Als
der Satan seinen Rauch in die katholische Kirche blies und immer neue
Missbräuche an Kindern durch Priester und Ordensleute ans Licht
kamen, da sprach die Welt von der Unsinnigkeit des Zölibats. Es
entstünden durch die sexuelle Enthaltsamkeit der Priester und Mönche
eben automatisch perverse Sexualneurotiker. Damals kam der
afrikanische Katholik Michel von der Elfenbeinküste zu mir und
sagte: Beim Fußballspiel kann man auch nicht in beiden Mannschaften
spielen. Ja, der Sinn für den hohen Wert der Jungfräulichkeit ist
der heutigen Welt und leider auch der heutigen Kirche ganz abhanden
gekommen. Wie viele Jungfrauen der frühen Kirche erlitten lieber das
Martyrium, als ihre Jungfräulichkeit aufzugeben, die sie dem
Bräutigam Jesus vermählt hatten! Heilige Agnes, bitte für uns! Ich
sehe es an meinen evangelikalen Freunden Mark und Marco: Sie müssen
morgens nach einen zehnminütigen Morgengebet aus dem Haus, den
ganzen Tag am Computer arbeiten, abends sich um Frau und Kinder
kümmern, und dann erschöpft zu Bett gehen. Da bleibt keine Zeit für
intensives Gebet, gar Kontemplation, bleibt keine Zeit zum Studium
der Philosophie und Theologie. Paulus sagt: Wer verheiratet ist,
sorgt sich um die Wünsche der Frau, so ist sein Herz nicht ungeteilt
beim Herrn. Wer aber jungfräulich lebt, kann ungeteilt beim Herrn
sein. Und das wird vom Priester erwartet. Nun sind in Deutschland ein
Drittel der Priester mit dem Zölibat unzufrieden, sie wünschen sich
eine Frau. Immer weniger junge Männer sind bereit, zölibatärer
Priester zu werden. Man verweist auf die lutherische Kirche. Die
evangelische Kirche habe verheiratete Pastoren, ja, verheiratete
Pastorinnen. Aber was ist das Großes mit den lutherischen
verheirateten Pastorinnen? Die Pastorin Anja predigte über die
Verklärung Christi, indem sie vom rechten Verhalten beim
Schuhekaufen sprach. Die lutherische verheiratete Pastorin Gudrun
sprach über die Rechtfertigung aus Gnade, indem sie über Kosmetika
sprach und die Werbung, die die besten Deosprays und Bodylotions
anpreist. Aber es gibt noch eine andere Weise Diener zweier Herren zu
sein, nämlich als Dichter und Hausfreund Diener zweier Herrinnen zu
sein. So ging es mir mit meinen Jugendfreundinnen Evi und Karine. Ich
kümmerte mich bei beiden Frauen um die Kinder, ich half ihnen im
Alltag, war wie ein Mann zu ihnen und wie ein Vater zu ihren Kindern.
Die Pflichten übernahm ich, die Rechte wurden mir verwehrt. So
wollten die beiden Freundinnen im Sommer in der Provence Urlaub
machen. Ich wusch für beide Frauen die Wäsche, aber in den Urlaub
fuhren sie allein. Du siehst also, Leser, dass ich selbst ein Narr
bin, der ich Diener zweier Herrinnen war. Nun bin ich aber Diener
zweier Herrinnen, denn meine eine Herrin ist die Caritas Divina und
meine andere Herrin ist die Sapientia Divina, und damit lebt es sich
recht gut.
VOM
GESCHWÄTZ
Karine
war ein rechtes Plaudermäulchen. Es hatte alles so gar keinen
tieferen Sinn und Verstand. Ich hatte immer philosophische Gedanken
in mir, aber sie wollte davon nichts wissen. Sie hatte nur triviale
Liebesromane und Seifenopern im Kopf. Eines Tages erbarmte sie sich
meiner und fragte, was ich gerade schriebe. Ich sagte: Ein
Lehrgedicht über griechische Philosophie. Was denn die Philosophen
sagten? Ich erzählte von Heraklit und Parmenides, von der Stoa und
von Epikur. Ach, was wäre denn mit Epikur? Ich sagte, die
Kirchenväter sprächen von den epikuräischen Säuen und Dante
verdammte sie zur Hölle. Karine sagte: Aber auch Epikuräer können
gute Menschen sein. Wir bringen die Zeit zu wie ein Geschwätz, sagt
König David. Lange Zeit rief mich fast täglich die Lutheranerin
Regine an. Sie hatte lutherische Theologie und Altphilologie studiert
und verglich den gekreuzigten Christus mit dem deus ex machina der
euripidischen Tragödie. Was war das doch für eine Gelehrsamkeit?
Täglich fragte sie mich, wie das Wetter sei, schimpften über ihren
Vater, schimpfte über ihren Mann. Ich sollte immer geistreich sein,
aber von ihr kam nicht ein einziges geistreiches Wort, nur Leere und
Langeweile gähnte mich an. Ich war froh, als die Belästigungen
durch die täglichen Telefonate aufhörte. Apropos lutherische
Theologen: Weil die junge Pastorin Anja von der lutherischen Kirche
so hübsch war, nahm ich am lutherischen Gemeinde-Abendbrot teil. Ich
dachte, vielleicht inspiriert mich ihre Grazie zu neuen Liedern.
Luthers Tischreden waren zwar voller Hass gegen den Stellvertreter
Christi, aber sie waren doch immerhin interessant und witzig. Der
lutherischen Pastorin Tischreden dagegen waren so innerweltlich und
banal, dass ich mich unendlich einsam fühlte in dem Kreis der
älteren Damen. Da ging es um die okkulten Kinderromane, um die
Ewsepen im Garten, um die Passionsblumen, um die Briefträger, um
triviale Unterhaltunsliteratur, und alles ohne Kritik am Zeitgeist,
ohne Tiefsinn, ohne Erhebung zu Gott, ohne Heiligen Geist. Ich ging
dann bald nicht mehr hin. Besser allein und einsam sein, aber mit der
Bibel und Vergil und Dante und Goethe reden, als einsam sein in einem
Haufen geistlos schwatzender alter Weiber. Denn dieses christliche
Geschwätz war nicht interessanter als das theistische Geschwätz der
Familienfeiern im Hause meines Bruders Stefan. Da ging es um das
Geld, das Geld, das liebe Geld, um die technischen Spielzeuge der
Männer und Kinder, um den Tourismus der Reichen, um die Kochkünste
meiner Schwägerin Gisela, um die Milchproduktion der ostfriesischen
Bauern, und am meisten um das aktuelle Fernsehprgramm. Versuchte ich
einmal ein Wort des Geistes einzubringen, tat man so, als wäre ich
nicht da, man überhörte und übersah mich einfach. Und das
christliche Geschwätz ist nicht besser. So hatte ich zu Weihnachten
eine furchtbare Gnade empfangen: Das göttliche Jesuskind ward in mir
geboren und litt dreißig Tage in mir seine absolute Verlassenheit
von Gott und den Menschen. Ich bat meinen pietistischen Genossen
Marco um Hilfe. Er lud mich zu sich ein und zeigte mir einen Katalog
der Geschichte des Automobils. Und dies war ein feiner Trost, zu
sprechen über Pferdestärken und Hubraum. Wir bringen unsere Jahre
zu wie ein Geschwätz, sagt der Psalmist.
VOM
DIEBSTAHL UND BETRUG
Der
alte Kommunist Konrad war ziemlich wohlhabend. Der Kommunismus will
ja alles Privateigentum vergesellschaften. Aber der Kommunist Konrad
wollte sein liebes Geld doch für sich. Er war an Krebs erkrankt und
bettlägrig. Er bekam von der Krankenversicherung eine beträchtliche
Summe, um eine Pflegerin bezahlen zu können. Dieses Geld sammelte er
auf seinem Konto und ließ sich von seiner jungen Zweifrau Christel
pflegen. Tags arbeitete Christel als Lehrerin von schwererziehbaren
Kindern, nachts hatte sie Schlafstörungen, daneben sollte sie den
tyrannischen Mann pflegen, der aber sein Geld für sich behielt und
sie nicht einmal in seinem Testament bedachte. Das ist Molieres
Geiziger. So wollen die Kommunisten wohl das Geld der Anderen haben,
aber vom eigenen Geld den Anderen nichts geben. Denn die
kommunistischen Materialisten und Atheisten beten auch das Geld an.
Die krebskranke Karine war auch Meisterin im Betrug. Sie log alle
staatlichen Ämter an, um unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in
den Genuss umfassender Fürsorge vonseiten des Vater Staats zu
kommen. Erst nach ihrem Tod ist der ganze Schwindel aufgeflogen. Sie
war ja kommunistisch erzogen worden, und als Kommunist kannst du den
demokratischen Staat hassen und bekämpfen und zugleich ganz prima
von seiner Fürsorge leben. Als Wladimir Ilijitsch Uljanow oder Lenin
in der Schweiz im Exil lebte mit seiner Ehefrau Nadeshda Krupskaja
und seiner Konkubine Ines Amand, da lebte er von den Geldern der
Organisation, das heißt, von den Geldern der bolschewistischen
Partei. Die hatte ihre Gelder aber nicht von den Mitgliedsbeiträgen
der arbeitenden Massen, sondern Stalin organisierte bewaffnete
Banküberfälle. Es waren Räuber, gemeine Verbrecher, die im Oktober
1917 die Macht im russischen Staat übernahmen. Diesen Stalin nahmen
sich in Deutschland die revolutionären Studenten von 1968 zum
Vorbild, als sie die Rote Armee Fraktion gründeten und mit Mord und
Terror die demokratische Bundesrepublik Deutschland in Angst und
Schrecken versetzten. Sie finanzierten nämlich ihre verbrecherische
Existenz als Terroristen durch bewaffnete Banküberfälle.
VON
DER HEUCHELEI UND SCHEINHEILIGKEIT
Einmal
kam ich aus der Sonntagsmesse, und vor der Kirchentür sagte ein
altes Weib zu einem andern: Nun haben wir unsere Sonntagspflicht
wieder erfüllt. Brav, altes Weib, die Pflicht ist abgesessen. Die
alten Weiber trafen sich zur Werktagsmesse, weil es anschließend
Kaffee und Kuchen gab, und da wurde die Hostie zur Vorspeise
gefuttert. Ein Mann nahm seinen Sohn mit in die Messe, und zur
Kommunion kommentierte der Sohn: Papa, krieg ich auch so einen Keks?
Nur zwanzig Prozent der deutschen Katholiken glauben an einen
persönlichen Gott. Was denken sie denn, wenn sie das Vaterunser
beten? Nur zwanzig Prozent der katholischen Messbesucher glauben an
die Transsubstantiation und die Realpräsenz Christi in der Hostie.
Was wollen sie denn dann in der Kirche? Sie wollen ihren neuen
Pelzmantel spazieren führen. Aber sind denn die Jünger der
evangelikalen Freikirchen besser? Der Fanatiker Dominik war Sohn
eines katholischen Vaters. Sein Vater betete bei jeder Mahlzeit:
Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret
hast. Dann sang der Vater gerne Marienhymnen. Aber Dominik hatte sich
ein einer Pfingstgemeinde bekehrt. Wenn sein Vater sich nicht auch
noch bekehre, komme er in die Hölle, wusste Dominik. Die Katholiken
sind ja nur ein religiöser Haufen, die die Offenbarung nicht kennen.
Stattdessen beten sie den goldenen Götzen der Monstranz an. Er,
Dominik, kniee aber nicht vor dem Götzen der katholischen Kirche.
Die katholische Kirche sei die Hure Babylon und der Papst der
Rattenschwanz des Antichristen. Und als ich in Lourdes mich der
Unbefleckten Empfängnis verlobte, rief Dominik, er bete nicht die
Abgöttin Maria an, er könne die Bilder der Madonna mit dem
Jesuskind nicht ertragen. Ja, was er ertragen konnte, das waren die
pornographischen Bilder der Huren. Was er sein Frauenideal nannte,
das war nicht die Madonna, das war die Hure im Bordell. Er heiratete
dann eine abgefallene Katholikin, die schon zweimal geschieden war,
die sich aber auch von ihrem dritten Mann scheiden ließ, weil er
während der kurzen Ehe weiter ins Bordell ging. Es gibt bei den
Evangelikalen aber auch tugendsame Männer, vorbildliche
Familienväter und Liebhaber der Bibel, wie meinen Freund Mark. Aber
ich muss lächeln. Der konservative Evangelikale nannte die liberalen
Evangelikalen Irrlehrer und warnte vor ihnen. Aber was ist eine
Irrlehre, wenn nicht ein Christentum ohne die drei Säulen: Den
eucharistischen Christus, die Verehrung der Jungfrau und den Gehorsam
dem Nachfolger Petri gegenüber?
LOB
DER HAGIA SOPHIA
In
einem Buch über die Jungfrau Maria las ich die Frage, ob wir
vielleicht die Eine Gottheit als ursprungslose Jungfrau Ohnegleichen
betrachten dürfen. Aber der Autor verfolgte den Gedanken nicht, er
schien ihm zu gewagt, zu wenig abgesichert durch Schrift und
Tradition. Ich dachte aber weiter nach über diese Spekulation. Jesus
Sirach und Jakob Böhme nennen ja Sophia eine Jungfrau. Wer aber ist
Sophia? Gott der Vater wird der allein weise Gott genannt von Paulus.
Das Buch der Weisheit schreibt den Exodus nicht dem Vater zu, sondern
der Weisheit. Der Vater ist also Weisheit. Aber die Sprüche Salomos
nennen die Weisheit auch Kind des Vaters. Paulus nennt Christus die
Weisheit. Der Sohn ist also Weisheit. Im Buch der Weisheit ist vom
Geist der Weisheit die Rede. Jesaja nennt die Weisheit ein Charisma
des Heiligen Geistes. Der Geist ist also Weisheit. Darum spricht
Augustinus von der Sophia des Vaters, der Sophia des Sohnes, der
Sophia des Heiligen Geistes. Der Glaube lehrt Eine göttliche Natur
in drei Personen. Die drei Personen sind Vater und Sohn und Heiliger
Geist, aber Sophia ist die Eine göttliche Natur. Und da Sophia Eine
Gottheit ist, und keine Götter neben ihr sind, ist sie Jungfrau. Es
ist kein Götterpaar in heiliger Hochzeit das Wesen der Wesen,
sondern die unerzeugte und unvermählte Jungfrau Sophia, die
jungfräuliche Gott-Natur.
VOM
EITLEN GLÜCK
Aristippos
lehrte, das Wohlbefinden, das angenehme Leben sei das Höchste Gut.
So ging er oft zur Hetäre Thais, um körperliche Lust in ihr zu
genießen. Die körperliche Liebe stellte er über die Liebe der
Seelen. Nur müsse man beachten, dass man, wenn man die körperliche
Liebe von Hetären genieße, sich nicht von den Frauen beherrschen
lassen dürfe. Seine Tochter Arete war auch Philosophin und führte
seine Philosophie des Glücks fort. Epikur meinte, die Götter, wenn
es sie denn gäbe, lebten fern im Himmel in ewiger Heiterkeit und
kümmerten sich nicht um die Menschen. Die Welt sei von keinem Gott
geschaffen, sondern aus Zufall entstanden. Mit dem Tod des Menschen
sei alles aus, es gäbe keine Unsterblichkeit der Seele. Das Einzige,
was den Sinn des menschlichen Lebens ausmachen könne, sei die Lust.
Um die Lust zu genießen, muss man sich von der Politik zurückziehen,
nichts wissen wollen vom Staat und vom Krieg, die Lampe des Privaten
anzünden, sich in einen schönen Garten zurückziehen und die
Freundschaft pflegen. Das sei Glück. Dante ward in der Hölle über
Fortuna belehrt, die römische Göttin des Glücks. Sie thront auf
einem Rad, dass sich dreht, so dass einmal das Glück und einmal das
Unglück oben ist. Fortuna sei eine himmlische Intelligenz, ein
Engel, von Gott geschaffen und eingesetzt in den Sphären, die Maße
des irdischen Glücks zu verteilen. Alle Dichter beklagen die
Launenhaftigkeit dieser unbeständigen Herrin. Die Philosophen des
Alten Testaments wunderten sich, dass das irdische Glück in keinem
erkennbaren Zusammenhang mit der Frömmigkeit der Menschen stünde,
ja, dass es oft den Gottlosen sehr gut ginge, während Gerechte wie
Hiob maßlosen Kummer zu erdulden hätten. Das Volk von Mexiko
glaubt, wie der Dichter Octavio Paz sagte, und vertraut allein der
Jungfrau von Guadelupe und der staatlichen Lotterie. Schiller spricht
vom Lottospiel des Glücks. Ich hörte von der katholisch getauften
und gefirmten Esoterikerin Maddel, sie habe einmal morgens die
Lottozahlen geträumt. Vier von sechs Zahlen träumte sie, dann
wachte sie auf. Sie dachte: Träume sind Schäume. Also setzte sie
nicht auf die geträumten Zahlen. Aber bei der Ziehung der
Lottozahlen stellte sich heraus, dass sie vier Richtige geträumt
hatte. Ich sprach einmal mit der Esoterikerin Evi und ihren Kindern
über das Glück. Ihr zehnjähriger Sohn Tom half sich mit einer
Tautologie und sagte: Glück ist Glück. Ihr achtzehnjähriger Sohn
Quentin, angehender Mathematik-Student, sagte: Glück gibt es nicht,
das ist alles berechenbar. Evi sagte: Glück ist, wenn ein
spiritueller Mensch eine höhere energetische Stufe erreicht. Ich
sagte: Glück ist, wenn einen die Glücksgöttin küsst. Aber in
Wahrheit dachte ich an das Wort der Jungfrau Maria zur Seherin
Bernardette von Lourdes: Ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in
diesem Leben glücklich zu machen, aber ich verspreche Ihnen, Sie im
kommenden ewigen Leben glücklich zu machen.
VON
DEN SORGEN
Doktor
Johann Faust hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen: Ich gebe
dir, sagte Satan, alle Herrlichkeiten der Welt, wenn du mich
anbetest. Und nun ritt der alte Faust auf dem Deich an der Nordsee,
und siehe, Frau Sorge sprang hinter ihm auf den Schimmel, hielt ihre
Hände vor seine Augen, und so erblindete Faust. Von allen Sorgen
freihalten wollte sich der cynische Philosoph Diogenes. Er wollte
absolut bedürfnislos leben. Im übrigen lebte er nicht in einer
Tonne, sondern in einer Weinamphore. Er aß nur einfache Speisen mit
seinem Löffel. Einmal sah er einen Gassenbuben mit den Händen
essen, da erkannte Diogenes, dass er noch auf den Löffel verzichten
konnte, er aß fortan wie der Knabe mit den Händen. Überfiel ihn
die göttliche Aphrodite, entledigte er sich ihrer durch
Masturbation. Er sagte: Könnte der Hunger doch ebenso leicht durch
das Reiben des Bauches vertrieben werden. Als der Welteroberer
Alexander vor des Diogenes Amphore stand und fragte, was der
Philosoph sich vom Herrscher der ganzen Welt wünschte, sagte der
Cyniker: Geh mir aus der Sonne! Ach, das weiß doch jedes Kind! Aber
dass es Philosophen gibt, die Bücher schreiben mit dem Titel: Jesus,
der Hund, das ist neu, dass nun Jesus ein hebräischer Cyniker ist.
Was sagt denn der cynische Philosoph Jesus von Nazareth über die
Sorge? Jesus sagt: Sorge dich nicht darum, was du essen und trinken
und was du anziehen sollst. Darum sorgen sich die Weltmenschen. Schau
dir doch die Blumen im Garten an, Krokus und Narzisse, Tulpe und
Rose, wie schön Gott sie kleidet! Selbst Sulamith in ihren
reizendsten Kleidchen war nicht so schön wie diese Blüten! Und
schau dir die Vögel an im Garten, Amseln und Drosseln, Kleiber und
Meisen, Spatzen und Sperlinge, selbst die Klappergrasmücken, alle
finden ihre Nahrung, ohne dass sie morgens ins Büro gehen müssen
und erst spät abends nach Hause kommen. So sorge dich nicht, mein
Freund, sondern versenke deine Vergangenheit in den Mutterschoß der
göttlichen Misericordia und vertraue deine Zukunft der
verschleierten Providentia an!
VOM
BETTELN
Einmal
arbeitete ich in der Obdachlosen-Fürsorge der evangelischen
Pfingstgemeinde. Da lernte ich einen Bettler kennen, der stumm und
taub war. Er konnte nur zwei Worte stammeln: Jesus Maria! Er lächelte
mich an und hatte leuchtende Augen. Später traf ich ihn wieder vor
der katholischen Kapelle Sankt Christopherus. Nach der Messe saß er
am Tor und bettelte um Almosen. Die katholischen Spießbürger
fühlten sich belästigt und beschwerten sich beim Pfarrer. So
verkündete der Pfarrer: Liebe Brüder und Schwestern, Sie sehen
einen Bettler vor unserer Kirche, und Sie fühlen sich belästigt.
Sie brauchen ihm nichts zu geben, der Staat wird schon für ihn
sorgen. Ich sah auch einen Bettler vor dem Einkaufsmarkt sitzen. Eine
ältere lutherische Dame sagte: Das sind Bettler der rumänischen
Mafia. Die werden gezwungen zu betteln, und abends müssen sie alles
Geld abliefern. Ich entschied daraufhin, dem Bettler kein Geld zu
geben, statt dessen gab ich ihm Brötchen und Käse und einen
Fruchtsaft. Welche Dankbarkeit strahlte aus seinen Augen und sein
Wort: Danke, Signore! war ein Segen Gottes. Aber ich selbst kenne
auch das Betteln. So haben mich mein Vater und meine Mutter nie
wertgeschätzt und mein Lebenswerk nie anerkannt. Denn ihnen galt nur
das als Leistung, was viel Geld einbringt. Aber so ein verkanntes
Dichtergenie, so ein Laientheologe und Bettelphilosoph, der immer
wieder um finanzielle Unterstützung betteln musste, das war in den
Augen meiner Eltern eine gescheiterte, sinnlose Existenz. Wie lange
bettelte ich um die Anerkennung meiner Eltern. Wenn ich erzählte,
dass mich ein österreichischer Literaturkritiker den größten
lebenden deutschen Dichter nannte, meinte meine Mutter: Was ist denn
das für ein Spinner? Und wenn ich erzählte, dass ich im
katholischen Bibelkreis gefragt worden, ob ich Theologie und
Philosophie studiert habe, sagte meine Mutter geringschätzig: Ach,
du weißt zuviel. Als ich meine Eltern mit meinen Pflegesöhnen
besuchte, die mich sehr liebten, machte mein Vater mich vor den
Knaben schlecht und sagte: Er ist eine Flasche im Fußballspielen!
Irgendwann gab ich es auf, um die Anerkennung meiner Eltern zu
betteln. Mein Vater ist nun tot. Ich träume manchmal von ihm, und
sein Geist im Traum spricht immer Worte der Geringschätzung und
Verachtung. Aber ich kenne auch das Betteln um Frauenliebe. Als ich
die reizende Evi liebte, meinte ich, ohne ihre Liebe nicht leben zu
können. Ich betete sie an. Einmal war sie mir das feminine Antlitz
Gottes, dann die allmächtige Göttin, dann die Weltseele. Ich
bettelte um ihre Liebe. Aber sie sagte: Ich muss nicht Gott und den
Nächsten lieben! Ich muss mich nur selber lieben! Bettle nicht um
meine Liebe, denn ich liebe dich nicht! Liebe dich doch selbst! So
ein Narr war ich, bei einer lieblosen Frau um Liebe zu betteln. Auf
sie traf das Wort Jesu zu: Ich weiß von euch, dass ihr die Liebe
Gottes nicht in euch habt! Ja, wir sollten nur betteln um die Liebe
Gottes. So sagte Luther auf seinem Sterbebett: Wir sind Bettler, das
ist wahr! Ja, darin hatte Luther recht: Wir kommen als geistlich Arme
zu unserem Richter, als Bettler um die Barmherzigkeit Gottes.
VON
DEN WÜNSCHEN
Ich
wünschte mir eine gewisse Zeit Evi zur Geliebten. Später war ich
Gott dankbar, dass er mir meinen Wunsch nicht erfüllt hatte. Denn
als ihr Charme und ihre erotischen Reize vergangen waren, blieb eine
alte, fette, hässliche Hausfrau, eine zänkische Zunge, okkult
belastet. Hätte Gott mir meinen Wunsch erfüllt, wäre mein Leben
zur Hölle geworden. Als ich der reizenden Evi von der Brautmystik
erzählte, die in Jesus den Bräutigam der Seele erkennt, sagte sie:
Ich glaube an kein Gottes-Du. Ich kann nichts anfangen mit einem
Bräutigam Jesus. Ich erzählte ihr, dass es neben der Brautmystik
noch die Seins-Mystik gäbe, etwa bei Meister Eckart. Sie begann, in
meinem Meister Eckart zu lesen. Denn was verstand sie unter
Seins-Mystik? Nur die esoterische Spiritualität: Ich und Gott sind
eins, ich bin ein Stück von Gott, ich bin Gott! Aber da las sie bei
Meister Eckart: Vergiss deine Wünsche und vereinige deinen Willen
mit dem Willen Gottes. Das quältte sie nun sehr, denn sie hatte
viele Wünsche: Um glücklich zu sein, brauchte sie einen Bauernhof
mit großem Garten und vielen Pferden. Da erzählte sie mir: Es gibt
ja bei den spirituellen Menschen den Weg, Wünsche ans Universum
abzusenden. Wenn man nur stark genug wünscht, dann erfüllt das
Universum einem alle Wünsche. Was für eine Torheit! Aber so beten
auch viele Christen, die in Gott einen Wunschautomaten sehen: Oben
steckt man ein Gebet herein und unten kommt der erfüllte Wunsch
heraus. Anbetung kennen solche Christen nicht, aber solche Gebete:
Schenk mir bitte mehr Lohn, ein neues Auto und Gesundheit. Es gibt
ein afrikanisches Sprichwort: Wen die Götter verderben wollen, dem
erfüllen sie alle seine Wünsche! So gibt es den törichten Segen:
Möge Gott dir alle deine Wünsche erfüllen! Gott bewahre! Einzig
der Wille Gottes geschehe, denn wir wissen nicht, was für uns gut
ist. So sagte die Philosophin Gerl-Falkovitz einmal: Wir wünschen
uns alle, reich und schön zu sein, aber ach, wir sind arm und
hässlich! Wäre Dina nicht so hübsch gewesen, wäre sie nicht von
Sichem vergewaltigt worden. Hätte sich für Midas nicht alles in
Gold verwandelt, auch Brot und Wein, wäre er nicht verhungert. So
sagte ein Komiker: Jeder Wunsch, sobald erfüllt, bekommt sofort
Kinder. Denn es ist wie im Märchen vom Fischer und seiner Frau,
dieser Satire auf Napoleon: Erst wünscht man sich ein größeres
Haus, dann will man Herzog werden, dann König, dann Kaiser, dann
Papst, dann Gott – und steht wieder vor dem Nichts.
VOM
STUDENTEN
Nach
dem Gymnasium und der Ausbildung zum Schriftsetzer kam ich an die
Universität Oldenburg. Ich wollte Germanistik und Geschichte
studieren. Als sie in Geschichte wieder über die Arbeiterbewegung in
der Weimarer Republik sprachen, war ich es überdrüssig, das hatte
ich im Gymnasium schon eifrig studiert. Ich wechselte von Geschichte
zu Anglistik. In Germanistik war es nicht besser. In einem Kurs
belegte ich Liebeslyrik, aber abgesehen von einem Sonett von
Hoffmanns-Waldau war nicht ein einziges poetisches Werk darunter.
Zudem war die Liebeslyrik nur ein Vorwand, um zu lernen, wie man in
einer Hausarbeit die Liste der zitierten Autoren alphabetisch ordnet.
Ein anderer Kurs behandelte den Karneval und die Groteske und fragte:
Gibt es eine besondere Lachkultur von Frauen. Närrisches Treiben!
Immerhin entdeckte ich für mich die Universitätsbibliothek, las die
Studienausgabe der gesammelten Werke Hölderlins, las Ben Jonson und
Byron und vor allem die altgriechischen Lyriker. Damals lernte ich
Karine kennen, die Priesterin der Aphrodite, und wir unternahmen, wie
Schiller sagt: Reisen ins südliche Frankreich, um zu studieren, was
unter den Höschen der Französin steckt. Später, nachdem ich
Christus begegnet war und meine Psychose überlebt hatte, wollte ich
als Gasthörer an die Universität, um Literatur und Philosophie zu
hören. Ich besuchte ein einziges Mal einen Kurs über Platon, aber
ich hörte nur substanzloses Geplauder. In der Literatur fand ich
nichts Interessantes, denn ich hatte kein Interesse, die
sozialistische Neuheidin Christa Wolf zu studieren. Ein drittes Mal
kam ich in Berührung mit der Universität, als ich in der
Pfingstgemeinde den taiwanesischen Christen Rong-Ji kennen lernte,
der seinen Doktor in Pädagogik machen wollte und mich bat, den
deutschen Text zu formulieren. Es ging ihm um die
Vater-Sohn-Beziehung im klassischen Konfuzianismus und im
Christentum. So bekam ich quasi den Doktor-Bambushut der Sinologie.
Ich habe aber lange Zeit die Bibliothek ausgebeutet und die englische
Renaissance und Romantik gelesen, die altorientalische und
altgriechische Literatur, die mittelhochdeutsche Literatur und die
deutsche Literatur der Geniezeit, in der Theologie die Kirchenväter,
katholische Dogmatik und die Mariologie und in der
Religionsgeschichte fast alles. Ich bin der Oldenburger
Universitätsbibliothek zu großem Dank verpflichtet.
VOM
REDEN GEGEN GOTT
Meinen
Eltern schenkte ich den Sonnengesang des heiligen Franziskus. In
einem evangelikalen Kommentar zum Bruder Feuer wurde Gottes Wort
zitiert: Und wenn die Wasser kommen, werden sie dich nicht ersäufen,
und wenn das Feuer kommt, wird es dich nicht verbrennen. Da sagte
mein Vater zu mir: Ich will einmal sehen, ob dein Gott dir hilft:
Wenn ich dir jetzt die Hand verbrenne, kann es dir ja nichts schaden.
Der alte Kommunist Konrad sagte: Ich glaube nicht an die Unbefleckte
Empfängnis. Jesus war nicht Gott. Der Narr! Er wusste gar nicht, wer
in Wahrheit die Unbefleckte Empfängnis ist. Die Menschen lehnen
einen Gott ab, den es gar nicht gibt. Der evangelikale Fanatiker und
Hurenbock Dominik schrie: Ich knie nicht vor dem goldenen Götzen der
Katholiken! Er dachte, die Katholiken beteten die Monstranz an, dabei
beteten sie ja Jesus an, seinen Leib und sein Blut und seine Seele
und seine Gottheit. Die Esoterikerin Evi mischte sich ihre private
Religion aus kosmischer Energie, Yin und Yang, innerem Jesus, Lilith,
Freimaurertum, Feminismus, Muttergöttin und Homöopathie, da sagte
ich: So wirst du nie Frieden finden. Da sagte sie wütend: Und so
lange du an den gekreuzigten Christus glaubst, wirst du nie glücklich
werden! Ich sagte: Gott ist die Liebe! Aber Evi widersprach: Nein,
sondern Gott ist Yin und Yang, Liebe und Hass, Gut und Böse! Einmal
wurde der Literatur-Kritiker Reich-Ranitzky nach Gott gefragt, da
sagte er: Ich habe Goethe, was brauch ich da Gott? Überhaupt hatte
ich als Jude den Endruck, dass Gott, der Herrscher der Welt, im Bunde
stand mit Adolf Hitler. Und einmal hörte ich eine Diskussion
zwischen einem amerikanischen evangelikalen Philosophie-Professor und
einem deutschen atheistischen Philosophie-Professor. Der Christ
sagte: Alle Wirkung hat eine Ursache, und die Schöpfungsordnung
beweist die Existenz einer transzendenten und intelligenten Person
als Ursache, das ist Gott der Schöpfer. Der Atheist sagte: David
Hume widerlegte die Behauptung, jede Wirkung habe eine Ursache. In
der Quanten-Physik gibt es Phänomene ohne Ursache. Die Welt hat also
keine Ursache. Wenn man aber von der Welt auf den Weltschöpfer
schließen kann, so muss man von dem millionenfachen Leid der Kreatur
auf den Demiurgen der Gnosis, den bösen Gott schließen. Also:
Erstens, es gibt keinen Gott, und zweitens, Gott ist böse. Ich las
das Buch The Great Cosmic Mother einer neuheidnischen Feministin, die
behauptete: Gott der Heilige Geist hat die Jungfrau Maria
vergewaltigt! Diese These löst selbst bei Lutheraner und Pfingstlern
Entsetzen aus. Aber auch Luther behauptete: Der Mensch hat keinen
freien Willen. Gott zwingt dem Menschen seiner Gnadenwahl die Gnade
auf. So habe Gott Maria zur Mutter Gottes gemacht ohne ihren freien
Willen. Gott habe auch den Pharao verstockt, um dann am Pharao Gottes
Herrlichkeit erweisen zu können. Gott tue also das Böse, um Gutes
daraus hervorgehen zu lassen. Calvin sah Gott als einen
Willkürherrscher, der die einen zur Gnade und zur Erlösung
vorherbestimme und die anderen zur Hölle vorherbestimme. Wie Luther
sagte: Entweder überwältigt dich Gottes Gnade oder Satan reitet dir
auf dem Rücken. Der evangelische Theologe Hegel sprach darum von
Gott als der Vierfaltigkeit: Der Vater und der Sohn und der heilige
Geist und Luzifer.
VON
DER SELBSTGERECHTIGKEIT
Ich
war einmal in einer Werktagsmesse, da war in Vertretung ein indischer
Priester da und der stimmte das Schuldbekenntnis an, aber keiner der
deutschen Katholiken kannte dies Gebet. Es beginnt: Ich bekenne Gott
dem Allmächtigen, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe,
ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken, durch meine
Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld. Dabei schlägt
sich der Büßer dreimal auf die eigne Brust. Aber die Menschen beten
lieber: Durch deine Schuld, durch deine Schuld, durch deine große
Schuld! Dabei schlagen sie dem Nächsten dreimal auf die Brust. Es
fehlt überall die Sündenerkenntnis. Was ist Sünde? Die
evangelisch-reformierte Bäuerin Regina, Schwiegermutter meines
Bruders sagte, sie habe wieder gesündigt: Sie habe ein Stück Torte
zuviel gegessen. Aber wenn keiner mehr Sünder ist, Halleluja, dann
kommen ja alle in den Himmel! Schnaps, das war sein letztes Wort,
dann trugen ihn die Englein fort. Ein reformierter Pastor sagte
meinem Jugendfreund, dem Säufer Enno: Keiner kommt in die Hölle.
Die Toten kommen durch einen langen Tunnel alle in ein wunderschönes
Licht. Der katholische Kaplan Andreas, der Benediktiner-Mönch wurde,
sagte: Alle kommen in den Himmel! Meine Tante Petheda sagte immer
wieder: Ich rauche, aber Ein Laster muss der Mensch ja haben. Meine
Putzfrau Ellen sagt immer wieder: Ich glaube nicht an den lieben
Gott, ich glaube an das Schicksal, aber ich lebe das Christentum und
tue nur Gutes und dafür komm ich sicher in den Himmel. Wenn die
Menschen auf das Sakrament der Buße angesprochen werden, sagen
Protestanten und laue Katholiken: Das mach ich mit dem lieben Gott
selber ab. Die achtzigjährige fanatische Pietistin Ilse beichtete
mir, sie habe drei Kinder abgetrieben, aber sie habe geträumt, dass
Jesus ihr vergeben hat. Eine Beichte bräuchte sie nicht. So beichtet
keiner mehr. Einmal im Jahr zu Ostern wird in der katholischen
Gemeinde die Beichte angeboten, aber nur drei Katholiken kommen zum
Beichten, davon sind zwei psychisch krank. Die andern begnügen sich
mit einem Bußandacht, in der über den Umweltschutz gepredigt wird
von jungen katholischen Frauen. Die Priester bieten als Sakramente
die Kindertaufe, die Hochzeit und das Begräbnis an, aber nicht die
Beichte. Will man bei einem Priester einmal monatlich beichten, lässt
er sich verleugnen. Aber wahrscheinlich beichten die Priester selber
nicht.
VOM
BESITZ
Es
war einmal ein Bauer, dessen Ernten prächtig gediehen. Er sagte
sich: Jetzt will ich neue große Vorratshäuser bauen. Den Rest
meines Lebens brauch ich nicht mehr zu arbeiten. Ich kann mein Leben
im Ruhestand genießen und gut essen und trinken und fremde Länder
sehen. Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht wirst du sterben!
Und was nützt dir dann all dein Reichtum? Mit Geld kannst du dir die
Rettung deiner Seele nicht kaufen! Weh dem, der reich ist an
irdischen Gütern, aber keine Schätze im Himmel gesammelt hat! Wie
schwer ist es doch für einen Reichen, in den Himmel zu kommen! Eher
geht noch ein Kamel durch ein Nadelöhr! Und so hat mein Vater sein
Glück ganz aufs Geld gesetzt und sein Lebensinhalt war es, Geld
anzuhäufen. Und als er dann Rentner wurde, wollte er lecker essen
und mit seiner Frau die ganze Welt bereisen. Den Winter verbrachte er
im sonnigen Andalusien, wenn nicht auf den Kanaren, dann fuhr er nach
Österreich zum Skilaufen, im Mai an die Donau zum Radfahren, im
September auf eine griechische Insel, wenn nicht gar nach Florida
oder Kuba. Da erkrankte er an Blutkrebs und starb über Nacht. Für
meinen Glauben hatte er immer nur Spott. Und sein Liebling, mein
Bruder, ist wie sein Vater Materialist und Atheist. So gab es ein
Familientreffen zu Ostern, wir trafen uns am Karfreitag, und der
fünfzigjährige Deutsche, evangelisch-lutherisch getauft und
konfirmiert, fragte: Was feiern wir eigentlich an Karfreitag? Er war
mit seiner Frau, der reformierten Gisela, auf den Kanaren, als ein
Erdbeben das Hotel erschütterte. Gisela rannte in Todesangst aus dem
Hotel, Stefan in Todesangst hinter ihr her, aber er kehrte noch
einmal um, aus dem erschütterten Hotel die im Tresor aufbewahrten
goldenen Schmuckstücke zu holen. Einmal war ich auf dem Geburtstag
meines Ziehsohnes Tom. Seine Mutter Evi nieste, ich wünschte ihr:
Gesundheit! Schönheit! Kindersegen! Tom fragte: Was ist denn
Kindersegen? Sein Bruder Quentin sagte: Das dachte man früher, als
die unaufgeklärten Menschen noch an Gott glaubten und dachten, der
liebe Gott segne die Eltern mit Kindern. Da sagte der Vater Jörg,
ein Haschischraucher, Büroangestellter und Dummkopf: Lieber
Geldsegen als Kindersegen! Als Papst Franziskus seine apostolische
Regierung antrat, verkündete er: Gott will ein arme Kirche für die
Armen! Da herrschte in Deutschland der Bischof von Limburg, der sich
mit den Geldern der Kirchensteuer für viele Millionen einen
fürstlichen Palast bauen ließ. Was für eine Kirche willst du, die
des römischen Papstes oder die des deutschen Bischofs? Willst du
Gott oder dem Mammon dienen?
VOM
VERSÄUMEN DER HEIMSUCHUNG
Zweitausend
Jahre lang warteten die Kinder Israel auf den Messias, und als er
kam, da kreuzigten sie ihn. Jesus sagte: Jerusalem, Jerusalem, wie
oft hab ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Glucke ihre Küken
unter ihren Flügeln sammelt! Aber du hast nicht gewollt! Du hast die
Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt! Ich werde nicht mehr zu euch
kommen, bis ihr betet: Hosanna in der Höhe! Hochgelobt sei der da
kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! So hatte auch Evi die
Stunde ihrer Heimsuchung nicht erkannt. Zehn Jahre lang predigte ich
der Esoterikerin das Evangelium. Schließlich begann sie, einen Psalm
zu beten. Sie las ein Buch über das Vaterunser und betete ein paar
Mal das Gebet Jesu. Sie las die Apokalypse des Johannes und stellte
die Sixtinische Madonna von Salvadore Dali auf. Sie betete zu ihrem
Schutzengel, den sie Hesekiel nannte, und zum heiligen Erzengel
Michael. Ich erzählte meiner Mutter: Evi ist jetzt Christin
geworden. Aber da starb ihr Vater Helmut, ein Atheist und
Naturanbeter, und Evi konnte nicht mehr Vater Unser beten, denn ihr
Vater hatte sie nie geliebt, sondern immer verachtet. Evi wollte
jetzt ihre Weiblichkeit stärken. Esoterische Ratgeber rieten ihr,
nach der Psychologie von C. G. Jung, den Schatten der Seele in die
Seele zu integrieren. Da sie ihre Namenspatronin Eva für eine vom
Vatergott und vom Mann Adam unterdrückte Frau hielt, wandte sie sich
an Adams erste Frau Lilith, die eine starke, wilde und freie Frau
war. Lilith sagte sich los von Jahwe und Adam und heiratete in der
Wüste am Roten Meer den Dämon Sammael. Evi studierte alle Bücher
über Lilith, die alle den Geist des Okkultismus und des
feministischen Satanismus atmeten. Evi nannte sich nun Lilith und
wollte vom Evangelium nichts mehr hören. Stattdessen verlor sie
ihren Charme, ihre Freundlichkeit, ihre Dankbarkeit und
Bescheidenheit und wurde eine Frau mit steinernem Herzen und
zänkischer Zunge. Ich sah sie unter der Herrschaft Satans. So also
hatte Evi die Stunde ihrer Heimsuchung durch Christus nicht
ergriffen. Hoffnung gibt es aber für das jüdische Volk und für
Evi. Das zeigt das Beispiel Karines. Karine war kommunistisch erzogen
worden, Später verehrte sie quasi-religiös die Natur. Aber als sie
mit vierzig Jahren Krebs bekam, sagte sie mit fünfundvierzig Jahren,
vom Krebs zerfressen, zu mir im Hospital des heiligen Papstes Pius:
Ich fühle mich wie Christus am Kreuz! Und drei Tage vor ihrem Tod,
als ich sie das letzte Mal sah, nahm ich im Hospital an der
Eucharistiefeier teil. Eine Nonne brachte die Kommunion zu Karines
Bettnachbarin. Karine begehrte auf ihrem Sterbebett, den Corpus
Christi zu empfangen. Neben ihrem Bett brannte eine Kerze mit der
Ikone der Gottesmutter von Wladimir. So starb Karine. Nach ihrem Tod
hörte ich in allen Predigten und Katechesen immer wieder vom rechten
Schächer, dem heiligen Dysmas, der sich in seiner Todesstunde am
Kreuz neben Christus bekehrt hatte. Und so sagte mir der Heilige
Geist, dass Karines Seele gerettet ist.
VON
DEN KOKETTIERENDEN FRAUEN
eva
u schlange bathseba tamar ruth potiphars wein delila helena phryne
katharina die große
Eva
stand im Garten unter dem Feigenbaum. Sie war nackt und schämte sich
nicht. Da kam Luzifer und besuchte Eva in ihrem Blumengarten. Kokett
begann sie mit ihm über Gott und die Welt zu reden, denn Luzifer war
Schriftgelehrter und Theologe, und sie wollte ihn gern zu ihrem
Sklaven machen, dabei vertraute sie nicht allein auf die Reize ihrer
Nacktheit, sondern sie wollte sich auch geistig als ebenbürtig
zeigen. Luzifer, sagte Eva, du bist weise, du bist reiner Geist. Ich
bin ganz Empfänglichkeit für deinen Geist der Weisheit. Und der
Geist will ja zeugen in der Schönheit. Und Luzifer hielt eine lange
Rede, in der er bewies, dass Gott grausam sei, dass alles, was Spaß
mache, verboten sei oder dick mache, dass Eva sich selbst erlösen
könne und dass Eva wie Gott sei. Das glaubte Eva natürlich gerne:
Ja, ich bin Gott, sagte sie, ich bin die herrschende Göttin! So war
der Sündenfall, und davon kommt all mein Elend. Und Josef war im
Hause Potiphars. Potiphar war tagsüber in seinem Büro. Er überließ
Josef die Sorge um Frau und Kinder und Haustiere. Potiphars Weib
aber, die mit ihm in wilder Ehe lebte, Suleika also zog ein
durchsichtiges kurzes Kleid an und wollte Josef verführen. Sie legte
sich auf ihr Bett, entkleidete ihren Oberkörper und bat Josef, ihren
Hausfreund, ihr den Rücken zu massieren. Josef betete zur keuschen
Jungfrau Sophia im Himmel und floh. Da kam abends Potiphar aus dem
Büro, da sagte Suleika: Josef hat meine Ka-Seele vergewaltigt! Er
hat in Gedanken meine Aura verletzt! Da jagten Potiphar und Suleika
den Josef aus dem Haus. Und eines Nachts stand König David auf dem
Dach seines Hauses und dichtete ein Gedicht an den Mond. Seine
kokette Nachbarin Bathseba sah ihn und dachte: Den will ich mir
unterwerfen! Er ist ein Dichter, ich will, dass er nicht mehr Psalmen
an Gott dichtet, sondern mich als seine erotische Göttin Astarte
besingt. Also machte Bathseba das Licht in ihrem Badezimmer an, dass
David aufmerksam wurde, dann zog sie sich nackt aus und duschte vor
Davids Augen. David war ein Mann und nahm sie sich. Ihren Ehemann,
den dummen Heiden, schickte er zur Hölle! Und im alten Griechenland
war die reizende Helena mit ihrem schwarzgelockten Menelaos
verheiratet, ihre Tochter Harmonia war vier Jahre alt. Menelaos war
immer im Staatsrat, er hatte nur Politik im Sinn. Aber Helena juckte
es! Da kam ihr der Prinz Paris eben recht, der sie nachmittags
besuchte. Ich komme, sagte er, im Auftrag der Göttin Aphrodite. Wir
beide sind von Ewigkeit für einander bestimmt! Und Paris machte ihr
viele Geschenke, Parfüme und Goldschmuck und Edelsteine und
Seidenunterwäsche und Süßigkeiten. Und so gewann er Helena, sie
fuhren auf die Insel der Liebe und liebten sich am Strand, sie
wälzten sich im weißen Sand und schliefen in der Brandung
miteinander. Und so fiel Troja! Und zur Zeit des Aristoteles lebte
Phryne. Aristoteles erzog gerade den jungen Alexander, da verführte
ihn die reizende Phryne. Aristoteles kroch auf allen Vieren und
Phryne ritt auf seinem Rücken, schlug ihn und rief: Hü, mein
Pferdchen! Und als sich die Mystiker zum Mysterium von Eleusis
versammelten, badete Phryne nackt im Meer. Vor all den Mystiker
tauchte sie nackt aus dem Meer, da riefen die Jünger: Wahrlich,
wahrlich, Aphrodite lebt! Dann wurde aber Phryne von einem
verschmähten Liebhaber vor Gericht angeklagt, sie verkünde einen
neuen Gott. Ihr Rechtsanwalt, der Jura studiert hatte und sehr reich
war, verteidigrte sie vor Gericht. Seon Plädoyer begann bei Dido und
dem Fall Karthagos, aber es war alles nur leeres Geschwätz!
Verfluchte Advokaten! Da half sich Phryne selbst, und vor den Augen
des Richters und der Schöffen, des Staatsanwalts und des
Rechtsanwalts entblößte sie ihre Brüste. Und sie hatte schöne
Brüste, groß und fest! Da ward sie freigesprochen: Eine Frau mit
solchen Brüsten muss ein guter Mensch sein! Und Katharina die Große
war, wie Puschkin sagte, der Erzkokotte auf dem Thron. Sie flirtete
mit Diderot und kokettierte mit Voltaire, sie hatte zwanzig
Liebhaber, am leidenschaftlichsten liebte sie den Fürsten Potemkin,
wenn da nicht, wie Byron schrieb, noch der junge Don Juan gewesen
wäre.
VOM
EHEBRUCH
Alkmene
saß einsam zu Hause und langweilte sich. Ihr Mann war im Krieg. Wie
Schiller sagt: Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, still
zuhause waltet die züchtige Hausfrau. Da kam Zeus, der Vater der
Götter und Menschen, der Ehemann seiner Schwester Hera, kam und
besuchte Alkmene und brach mit ihr die Ehe und zeugte im Ehebruch den
Halbgott Herakles. Aphrodite, man kann es kaum glauben, hatte nach
einem langen Lotterleben, da sie jedem Mann die Beine gespreizt hatte
auf der Rückbank ihres Taubenwagens, doch nach langjährier wilder
Ehe den Gott Hephästos geheiratet. Aber er saß immer in seiner
rauchenden Kammer allein und schlief auch allein in seiner Kammer auf
dem Sofa, während seine Ehefrau Aphrodite allein in ihrem
schmuddeligen Bett lag und nach einem Mann seufzte und sich in
Ermangelung eines Mannes mit einem künstlichen Phallus selbst
befriedigte. Aber eines Tages tauchte der Gott Ares auf. Und da wir
ja alle Homer gelesen haben, - brauche ich die Geschichte vom
Ehebruch der Aphrodite mit Ares nicht noch einmal zu erzählen. Von
den Göttern lernen, heißt siegen lernen! So dachte auch die
mykenische Königin Klytemnästra. Denn ihr Mann Agamemnon war wegen
der Ehebrecherin Helena in Troja, die feste Burg zu belagern, da
tröstete sich Klytemnästra mit ihrem Hausfreund Ägisthos. Sie
brachen fröhlich wie die Götter die Ehe und liebten sich auf dem
Altar des Bettes wie Gott und Göttin! Die Folge war die Ermordung
Agamemnons, die Ermordung Klytemnästras durch ihren Sohn Orestes und
der Wahnsinn desselben, der von den alten fetten Furien geplagt
wurde! War denn Mohammed, das Siegel der Propheten, der Gesandte
Allahs, Friede sei mit ihm, moralischer? Nach dem Tod seiner
christlichen Ehefrau Kadischa besuchte er eines Nachts seinen
Pflegesohn Zaid. Der war aber gerade nicht zuhause, er war in Sachen
Dschihad des Nachts unterwegs, aber seine junge Ehefrau Zainab war
zuhause. Sie war vierzehn Jahre jung, hatte ein weißes Gesicht,
unverschleiert, große weiße Brüste, lange rote Locken, und stand
im Nachthemd vor Mohammed. Stark ist die Manneskraft von arabischen
Männern, vierzig mal so stark ist die Manneskraft der Propheten, und
Mohammed hat die vierzigfache Manneskraft von Propheten. Der
Super-Prophet war erregt, seine Latte ward steif wie im Paradies im
Zelt mit den Huris, und er sagte sich: Zainab muss ich haben! So
schied sich Zaid von Zainab aus Liebe zu Mohammed, und Mohammed bekam
das junge Ding in sein Bett. Aber stimmt es denn, was die katholische
Kirche sagt, dass die Ehe heilig ist seit der Ehe von Adam und Eva im
Paradies? Gibt es nicht bei den Völkern viele verschiedene Begriffe
von der Liebespaarung? So besuchte ich einmal meinen Freund Marco,
den pietischen Prediger, und seine schöne Frau Susanne, die keusche
Susanna von Schloss Susan aus dem Alten Testament, da zitierte ich
das Weisheitswort irgendeines primitiven Naturvolks über die
Gastfreundschaft: Wenn dein Freund zu Gast kommt, biete ihm aus
Gastfreundschaft deine Ehefrau zum Liebesspiel an!
VOM
REISEN
Mein
Bruder Stefan war mit Frau und Kindern in die Toskana gereist. Meine
neunjährige Nichte Janna war eine Grazie, ein Mädchen voller Anmut
und Schönheit und von stillem Wesen. Sie war für mich Beatrice von
Florenz. Und wie gerne hätte ich die Marmorstadt des florentinischen
Neuplatonismus gesehen, auf den Spuren von Dante, Petrarca und
Boccaccio, Michelangelo und Botticelli, Poliziano und Ficino und
Savonarola! Aber ich war zu arm und zu krank. Mein Bruder war reich
und gesund, aber ein Kulturbanause. So saßen sie vor dem Dom und
dem Museum von Florenz und gingen nicht hinein, sondern aßen ein Eis
im Eiscafé. Wie wäre ich niedergefallen vor der Mediceischen Venus,
die göttliche Schönheit anzubeten! Das heißt wirklich, Perlen vor
die Säue werfen und das Heilige den Hunden geben! Eine andre Art des
Reisens ist noch gottloser, nämlich der Sextourismus reicher
westeuropäischer Männer, die nach Thailand fliegen, um im
Rotlicht-Milieu von Bangkok mit minderjährigen Sexsklavinnen zu
schlafen. Aber ein Reisen habe ich kennen gelernt, das zwar
verdienstvoll, aber auch zum Verrücktwerden anstrengend ist. Ich war
mit meiner Freundin Karine auf Rügen, auf Sylt, auf Baltrum und im
Flecken Hage in Ostfriesland. Ihr Erstgeborener Juri war fünf, die
Zwillinge Milan und Simon zwei Jahre alt. Und Karine wollte morgens
lange schlafen, dann baden, mittags wieder schlafen, dann wieder
baden. Und ich versorgte die Kinder vom Erwachen an den ganzen Tag.
Da gab es keinen Moment der Ruhe, da musste ich sie füttern, auf dem
Spielplatz beobachten, mittags spazieren fahren, Ball spielen, abends
Händchen halten, bis sie einschlafen. Normalerweise machen Menschen
Urlaub, sich vom anstrengenden Alltag zu erholen, aber für mich
waren die Urlaubstage mit Karine und ihren Kindern die anstrengendste
Zeit des Jahres. Im Alter von 35 Jahren, zur Zeit meiner Konversion
zur katholischen Kirche, reiste ich mit einer Gruppe katholischer
Jünglinge und junger Mädchen nach Lourdes. Man nannte es eine
Wallfahrt, aber die jungen Leute waren vor allem an Sommerurlaub im
Süden und an Romanzen interessiert. Vielleicht bahnt sich ja eine
Ehe an? Ich ging abseits von der Wallfahrtsgruppe allein in den
Bergen und betete zur Madonna. Da trug sie mir ihre Hand an, erwählte
mich zum Bräutigam und gab mir ihr Ja-Wort und den Kuss der Pietà!
Nun halte ich es mit Lao Tse: Ohne einen Schritt aus dem Haus zu tun,
kennt der Weise die Welt.
VOM
ZORN
Ich
hielt mir einmal einen Hofnarren, das war Dominik, der sollte mir
Langeweile, Einsamkeit und Weltekel vertreiben. Er liebte die Sprüche
Salomos, die er auf den Kopf stellte und sagte: Ich bin der Narr, die
lustige Person! Aber er war auch ein jähzorniger Mann. Ich brauchte
nur zu sagen, die katholische Kirche sei nicht die Hure Babylon,
sondern die himmlische Jungfrau Jerusalem, dann spuckte er Gift und
Galle. Wenn ich sagte, der Papst sei nicht der Rattenschwanz des
Antichristen, sondern der Vikar Christi auf Erden, dann schwollen ihm
die Zornadern in der Schläfe. Und wenn ich sagte, die anderen
Weltreligionen seien nicht vom Teufel, sondern enthielten auch
Samenkörner der Wahrheit, dann brüllte er mit schäumendem Mund:
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum
Vater denn durch mich! Und der Evangelikale Marco ist auch so ein
jähzorniger Mann. Seine fromme Tochter Alina forderte er auf, das
erste Mal nicht ein schriftliches, sondern ein mündliches Gebet zu
beten. Sie versuchte es und dankte Gott für ihre Speise. Da
explodierte er und nannte so ein Gebet eine Unverschämtheit, sie
habe nur an sich und nicht an die ganze Familie gedacht, solch ein
Gebet sei eine Frechheit. Seine zweite Tochter Valea ist eine wahre
Schönheit, hat aber einen rebellischen Geist. Sie sagte: Vater, du
kannst uns verlassen! Ich bleibe dann bei der Mutter, die schlägt
uns wenigstens nicht! Aber ach, wir brauchen ja dein Geld! Da ergriff
der Vater die Tochter bei den langen goldenen Locken und schleifte
ihren schlanken Mädchenkörper durch das Haus und sperrte sie in ihr
Zimmer ein. Da fragten einmal die beiden Töchter ihren Vater: Papa,
du regst dich immer gleich auf! Ist Jesus eigentlich auch manchmal
zornig geworden? Ja, sagte der Choleriker, Jesus kam in die Kirche
und sah, wie sich in der Kirche alles nur ums Geld dreht, da wurde er
zornig, so richtig wütend, und nahm eine Peitsche und peitsche die
Geldanbeter aus und warf Tische und Stühle um! Der heilige Franz von
Sales, Bischof von Genf, hatte auch ein cholerisches Gemüt. Aber er
beichtete oft und bat Gott um die Tugend der Sanftmut, und mit der
Zeit ward er zum sanften Heiligen, zum Gentleman unter den Heiligen.
EPILOG
Und
hier legte sich mein Zorn. So legte sich auch des Kaisers von Persien
Zorn über Vashti. Danach ging er daran, sich junge schöne Mädchen
zu suchen und einen Harem zu haben wie Salomo. Selbst des Epilogs bin
ich müde wie des ganzen irdischen Treibens, aber ich muss noch oft
an meinen Knaben Tom denken, der von jedem Buch Prolog und Epilog
erwartete. Ich bin natürlich der größte Narr! Ich war wahnsinnig
geworden nach meiner appetitlichen Jugendgeliebten Karine frühen
Tod! Mein Bruder Stefan brachte mich ins Irrenhaus. Der Psychiater
Doktor Weingarten ließ mich auswendig die zweite Strophe von
Hölderlins Hälfte des Lebens zitieren. Immer, wenn er an mir
vorüberging, grinste er mich an und sagte: Ihr holden Schwäne…!
Bald war ich der irren Kranken und der irren Ärzte überdrüssig,
ich wollte über Nacht fliehen. Ein Irrer trat ins Raucherzimmer und
predigte über den heiligen Franziskus. Ich ging mit Franziskus an
meiner Seite zum Doktor Weingarten: Ich will frei sein! Pharao, lass
Israel ziehen! Der Psychiater telefonierte mit meiner Schwägerin
Gisela und sagte ihr, sie und mein Bruder sollten besser den Kontakt
zu mir abbrechen. Was sie auch taten. Dann verließ ich das
Irrenhaus, unheilbar krank, um fortan wie Franziskus den Vögeln zu
predigen. Und das war mein Exodus. Und so werde ich schließlich in
einem großen Exodus die Welt, das universelle Irrenhaus, verlassen,
um in das Land zu kommen, wo Karine ist, die Provinz, wo Milch und
Honig fließen.