von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
nach Homer und Orpheus
O
kadmeische Göttin,
Königin
des Universums,
Du
mit deinem schönsten Antlitz,
Dich
ruf ich an, o Semele!
Du
mit deinen großen Brüsten,
Schönste
Himmelspaläste sind dein,
O
Mutter des göttlichen Dionysos,
Du
bist göttlich und selig!
Dein
allmächtiger Sohn,
Dessen
Liebe der Donner ist,
Pochte
in deinem Schoß
Und
kam weinend ans Licht!
Er
ist geboren nach dem ewigen Ratschluss
Zeus
Kronions, des Königs des Himmels,
Der
der Jungfrau Kore erlaubt,
Das
Licht der Welt zu sehen
Und
aus dem Reich der Nacht zu kommen
Und
die Sterblichen heimzusuchen.
Du
nimmst täglich an den heiligen Riten teil,
Du
feierst dreimal im Jahr ein Hochfest,
Die
Gottesdienste erfreuen dein Herz!
Die
wunderbare Geburt deines Sohnes
Feiern
die Menschen jedes Jahr
Und
feiern das tiefe Geheimnis des Heiligen.
Und
so ruf ich dich,
O
Königin von Kadmos,
Dass
du diese meine Hymne
Mit
lächelndem Antlitz segnest!
Manche
sagen, in Drakonum,
Andre,
am würdigen Ikarus,
Einige
sagen, in Naxos
Seist
du vom Himmel geboren, Herr,
Andre
meinen, am tief wirbelnden Alpheus wars,
Dass
die schwangere Semele sich entblößte,
Des
Zeus Donner-Geliebte!
Und
wieder andere sagen, o Herr,
Du
seist in Theben geboren.
Aber
alle diese lügen!
Der
Vater der Götter und Menschen
Gab
dir fern von Menschen die Geburt
Und
verheimlicht
Vor
der Hera mit den weißen Armen.
Es
gibt einen gewissen Berg namens Nysa,
Hoch
und reich mit Wald bewachsen,
Fern
in Phönizien,
In
der Nähe des Stroms von Ägypten.
Und
die Menschen werden
Viele
Opfer sammeln in den Schreinen
Für
den Herrn. Und diese Dinge sind drei,
So
sollen Sterbliche immer opfern
Perfekte
Hekatomben
Dir
in deinem Fest
Dreimal
in einem Jahr.
Der
Sohn des Kronos sprachs
Und
nickte mit seinen dunklen Brauen.
Und
die göttliche Gnade floss
Aus
Gottes unsterblichem Haupt
Und
der große Olympier donnerte.
So
sprach der allweise Zeus
Und
ordinierte den Gottesdienst
Mit
einem gnädigen Nicken.
Sei
gnädig, o Doppelt-Gezeugter,
Inspiration
der wahnsinnigen Weiber!
Wir
Dichter singen von dir,
Die
wir beginnen bei der Zeugung
Und
nichts soll vergessen werden,
Am
Ende mögen die Menschen sich
Unsere
heiligen Hymnen
Immer
ins Gedächtnis rufen.
Und
so nehm ich für heute Abschied von dir,
O
gemarterter Dionysos,
Wiedergeborener
Gott,
Den
die Menschen verehren
Zusammen
mit deiner heiligen Mutter Semele!
Ich
will singen den Sohn
Der
glorreichen Semele,
O
Dionysos, und erzählen,
Wie
er am Ufer des fruchtlosen Meeres
Auf
einer vorspringenden Landzunge erschien,
Im
ersten Erröten der Männlichkeit
Wie
ein Jüngling.
Sein
langes dunkles Haar
Über
seine Schultern flutete,
Um
den starken Körper
Trug
er einen purpurnen Umhang.
Da
kamen in kurzer Zeit
Übers
glitzernde Meer
Piraten
von Tyros
Auf
einem gutgebauten Schiff.
Ein
miserables Verhängnis führte sie.
Als
sie den Jüngling sahen,
Gaben
sie sich Zeichen untereinander
Und
sprangen schnell vom Schiff
Und
ergriffen den jungen Gott
Und
legten ihn an Bord ihres Schiffes.
Sie
hielten ihn für den Sohn des Himmels,
Den
begnadeten König.
Sie
versuchten, ihn zu fesseln,
Aber
die Fesseln zerrissen.
Die
Ketten fielen ab
Von
seinen Händen und Füßen.
Da
lächelte er mit seinen dunklen Augen.
Das
verstand der erste Ruderer,
Der
rief seine andern Ruderer, und sagte:
Verrückte
Männer!
Was
ist das, dass ihr Gott gefesselt und gebunden,
Den
starken Gott in seiner Kraft?
Nicht
einmal unser gutgebautes Schiff
Vermag
den Gott zu tragen.
Sicher
ist er Zeus-Vater
Oder
der Gottessohn Apollon,
Der
den silbernen Bogen trägt,
Oder
Poseidon, der Gott des Meeres,
Weil
er nicht aussieht wie ein sterblicher Mann,
Sondern
wie ein Gott,
Wie
die olympischen Götter.
Kommt,
wir lassen ihn frei
Am
dunklen Ufer.
Legt
nicht Hand an ihn,
Sonst
wird er zornig
Und
erregt wütende Winde
Und
starke Sturmböen gegen uns!
Sprachs.
Aber der Kapitän
Schimpfte
mit höhnischen Worten:
Du Wahnsinniger!
Du Wahnsinniger!
Wir
werden die Segel hissen
Und
werden haschen den Wind.
Was
diesen Burschen betrifft,
Er
soll gebunden sein,
Bis
wir in Zypern sind
Oder
in Ägypten
Oder
gar bei den Hyperboräern!
Schließlich
wird er sprechen
Und
uns seine Freunde nennen
Und
uns seine Brüder nennen
Und
uns all seine Reichtümer schenken.
Denn
darum hat die göttliche Vorsehung
Uns
den Knaben geschickt!
Als
er das gesagt,
Zog
er Mast und Segel des Schiffes hoch.
Der
Wind blies in die Segel,
Die
Crew bewegte die Ruder.
Aber
bald geschahen seltsame Dinge.
Vor
allem lief ein Strom süßen Weines
Im
ganzen schwarzen Schiff
Und
ein himmlischer Duft war da,
So
dass alle Seeleute staunten.
Und
auf einmal ward eine Rebe verteilt
In
beide Richtungen
Zu
Heck und Bug des Schiffes,
Und
pralle Trauben hingen an ihr.
Und
dunkler Efeu
Schlang
sich um den Mast,
Mit
blühenden Blüten
Und
reich an Beeren.
Als
die Piraten dies alles sahen,
Baten
sie den Steuermann,
Das
Schiff an Land zu setzen.
Aber
der Gott auf dem Schiff
Verwandelte
sich
In
einen majestätischen Löwen.
Der
Löwe brüllte laut,
Er
tat auch Wunder
Und
erschuf einen zottligen Bären,
Der
an dem Mast stand,
Während
der Löwe am Bug stand
Mit
grimmigen Brauen.
Da
flohen die Matrosen
Und
drängten sich um den edlen Steuermann,
Als
der Löwe grimmig
Den
Kapitän der Piraten ansprang.
Und
der Löwe packte den Kapitän,
Die
Matrosen sahen es
Und
sprangen über Bord
In
das helle Meer,
Einem
elenden Schicksal zu entkommen,
Und
wurden in Delphine verwandelt.
Aber
dem ersten Ruderer
Erwies
Dionysos Barmherzigkeit
Und
hielt ihn vom Sprung zurück
Und
machte ihn selig und sprach:
Sei
gutes Mutes, mein Lieber!
Du
hast Gnade in meinen Augen gefunden!
Ich
bin der weinende Dionysos,
Der
Sohn der Kadmus-Tochter Semele,
Die
sich nackt vereinigt mit Gott!
Heil
dir, göttlicher Knabe,
Und
Heil dir, heilige Mutter!
Möge
die Nachwelt nicht vergessen
Meine
süßen Hymnen!
Ich
beginne erneut zu singen
Vom
efeugekränzten Dionysos,
Dem
weinenden Gott,
Dem
herrlichen Sohn des Zeus
Und
der glorreichen Semele.
Die
Nymphen mit langen Haaren
Empfingen
ihn an ihren Brüsten
Vom
Herrn, seinem Vater,
Und
stillten ihn fürsorglich
In
den engen Tälern von Nysa,
Wo
er nach dem Willen seines Vaters im Himmel
In
einer duftenden Höhle aufwuchs
Und
gezählt wurde zu den Unsterblichen.
Aber
als die Göttinnen ihn groß gezogen hatten,
Wurde
er ein vielbesungener Gott.
Er
begann ständig durch die Wälder zu wandern
Gekränzt
mit Efeu und Lorbeer.
Die
Nymphen folgten seiner Truppe,
Er
war ihr Anführer.
Und
die grenzenlosen Wälder
Wurden
immer wieder erfüllt
Vom
Lustgeschrei der Nymphen!
Heil
dir, Gott
Dionysos
von den prallen Trauben!
Gib,
dass wir in dieser Jahreszeit
Mit
Freuden kommen,
In
dieser Jahreszeit
Und
manches weitere Jahr!
Ich
rufe dich,
Laut
krachender,
Evoe
schreiender Dionysos!
Einmal
geboren von der Mutter,
Wiedergeboren
von dem Himmlischen Vater,
König
Dionysos!
Du
der Wilde,
Du
der Unaussprechliche,
Du
der Geheimnisvolle,
Du
der Eine,
Efeugekränt
wie der Opferstier,
Wie
Ares mächtig, Equios!
Unschuldiger,
Der
du gerne Fleisch frisst,
Immer
mit Rebzweigen gekrönt,
Immer
mit Olivenzweigen gekränzt,
Unsterblicher
Halbgott,
Wiedergeborener,
Höre
mich und segne mich,
Höre
meine Stimme
Und
nimm meinen Atem an,
Segne
mein reines Herz,
Segne
mein menschenfreundliches Herz,
Du
und deine Frauen,
Die
dich begleiten,
Mögen
die Mänaden mir gnädig sein!
Komm,
gesegneter Dionysos,
Gott
mit den vielen Namen,
Mit
dem Antlitz des Stieres,
Gezeugt
vom Donnergott,
Berühmter
Dionysos,
Gott
von Bassarien,
Gott
der universellen Macht,
Den
Krieg und Blut
Und
heiliger Zorn erfreut,
Du
Inspiration der Wahnsinnigen,
Du
Träger des heiligen Phallus,
Von
den Göttern verehrt,
Du
wohnst bei dem Menschengeschlecht,
Komm
und mache mich trunken
Und
erfülle mit Seligkeit meinen Geist!
O
Dionysos von Liknitien,
Träger
der heiligen Reben,
Ich
rufe dich,
In
diesem Ritus benedeie ich dich,
Menschenliebender
Gott,
Blühend
und lustig,
Freund
der jungen blühenden Nymphen,
Verehrer
der Göttin Aphrodite,
Der
Göttin von Leidenschaft und Lust,
Deine
verrückten Schritte gehst du
Mit
den wahnsinnigen Nymphen,
Tanzend
in den heiligen Hainen
Mit
fröhlichem Hüpfen und Springen,
Nach
des himmlischen Vaters Ratschluss
Gestillt
von der göttlichen Kore,
Frucht
aller göttlichen Kräfte,
Komm,
gebenedeite Kraft,
Und
segne meine Dichterstimme,
Komm
mit deinem Rauschtrank
Und
segne den heiligen Ritus!
O
Dionysos, höre mein Gebet,
Der
du dich gut gekümmert
Um
das Haus des Kadmus,
Mit
einzigartiger Kraft,
Umwindend
rings seine Säulen,
Donnernd
brennend den festen Boden,
Flammen
bewuchsen die Türme,
Getragen
wurde das Haus
Durch
dein tiefes Verständnis.
Komm,
mächtiger Dionysos,
Komm
zu unserem heiligen Ritus
Und
segne deine Anbeter
Mit
einem Geist voll Wonne!
Terrestrischer
Dionysos,
Höre
mein Gebet,
Der
du erweckt am Morgen aufstehst
Mit
den schöngelockten Nymphen,
Dionysos
des großen Ozeans,
Gott
aller Jahre,
Der
sich schlafen legt
In
der Schlafkammer der heiligen Kore,
In
müßiger Flaute
Und
in stillem Vergessen,
Segne
unseren Ritus
Und
das heutige Festmahl!
Wir
kommen zu dir mit schönen Tänzen,
Deine
Ammen singen mystische Hymnen!
Du
bewegst dich mit den betenden Horen
In
deinem harmonischen Konzert.
Komm,
Gesegneter,
Fruchtbarer,
Göttlicher,
Schau
gnädig auf unsern Ritus,
Nimm
an den katholischen Weihrauch
Und
der Gemeinde Gebete!
Und
lass deine Sorge gelten dem Wein
Und
mache fruchtbar die Trauben!
O
Große Amme des Dionysos,
Neige
dich zu meinem Gebet!
Silenus
wird geehrt
Durch
die himmlischen Mächte
Und
von den Menschen verehrt
Als
der beste Genius unsrer Feste!
Du
Heilige, du Erhabene,
Du
Quelle unseres heiligen Ritus,
Erfreuliche
Macht,
Du
Freude der Wachsamen,
Mit
Panisken Tanzende,
Ewig
jung und schön,
Mit
all deinen Bocksdämonen,
Mit
all deinen Waldgeistern,
Führerin
der Nymphen und Mänaden,
Efeugekränzte
Amme,
Schau
auf meinen katholischen Weihrauch,
Wilde
Dämonin,
Und
gib deinen göttlichen Segen!
Komm
zu deinem Schüler
Und
erwecke in ihm
Die
heilige Lebenslust!
Unsere
Orgien in der Mondnacht erleuchte,
Segne
den Chor der Gemeinde,
O
Große Mutter,
Göttliche
Amme des Dionysus!