von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
nach Freiligrath
Vom
tränenreichen Morgen schied die Sonne
Mit
Purpurangesicht, Adonis schon
Eilt
rosenwangig zu des Jägers Wonne.
Er
liebt die Jagd, der Liebe lacht er Hohn.
Vor
Liebe krank tritt Venus ihm entgegen
Und
wirbt um ihn, wie dreiste Freier pflegen.
Du,
dreimal schöner als ich selbst, begann
Die
Liebesgöttin mit verliebtem Kosen,
Süß
über alles, schöner als ein Mann
Und
weißer, röter du als Tauben, Rosen;
Sich
übertrumpfend, als sie dich gemacht,
Sprach
die Natur, dass alles nun vollbracht.
Geruhe,
Wunderwerk, vom Ross zu schwingen
Und
an den Sattelknauf es fest zu zäumen,
Das
stolze Ross. Von tausend großen Dingen
Erfährst
du nun, von schönen und geheimen.
O
komm – dies Moos birgt keine Schlangenlisten –
Dass
ich dich küsse heiß mit Liebeslüsten!
Und
fürchte nicht, Verdruss und Sattheit müsse
Den
Mund dir schließen. Nein! im Überfluss
Soll
er noch dürsten, satt geküsst: zehn Küsse
Wie
einer schnell, wie zwanzig lang ein Kuss.
Ein
Sommertag wird der Sekunde gleichen,
Lässt
unter heitern Spiel man ihn verstreichen.
Somit
ergreift sie die verschwitzte Hand,
Den
Boten seiner Kraft und Männlichkeit.
O
reiner edler Balsam, bebt sie, mir gesandt,
Dass
eine Göttin sich daran erfreut.
So
lodernd gibt ihr Kraft die Lustbegier,
Herabzuziehen
ihn von seinem Tier.
Des
Pferdes Zügel über einem Arm,
Schlägt
sie den andern um des Jünglings Leib,
Der
weiblich schmollt, errötet, doch nicht warm,
Nicht
leiden mag den schönen Zeitvertreib.
Sie
rot und heiß, wie Kohlen glühn im Feuer;
Er
rot vor Scham, ein frostig-kalter Freier.
Schnell
ist die Liebe! – Und um einen Ast
Weiß
eilig sie den Lederzaum zu winden;
Das
Ross ist festgebunden und in Hast
Versucht
sie auch den Reiter festzubinden.
Ihn
drängend, wie er ihr es antun müsste,
Lenkt
sie sein Fleisch, doch nicht der Liebe Lüste.
Kaum
stürzt er hin, so stürzt auch sie zur Erde,
Gleich
ihm auf Hüfte und auf Hände lehnend;
Sie
streichelt ihn, doch er mit Zorngebärde
Verwehrt
es ihr, ihn zu beruhigen wähnend,
Vor
Wollust stammelnd, sagt sie unter Küssen:
Ja,
wenn du schmollst, muss ich den Mund dir schließen.
Er
glüht vor Scham, jungfräuliches Erglühn
Löscht
sie mit Tränen, drauf mit ihren Locken
Und
ihren Seufzerhauchen kühlt sie ihn
Und
fächelt seine Wangen wieder trocken.
Er
nennt sie dreist, beklagt der Unzucht Werben,
Was
weiter folgt, läßt sie durch Küsse sterben...
Und
wie ein Adler, welcher lang gefastet,
Den
Schnabel senkt in Federn, Fleisch und Bein,
Die
Schwingen schüttelt und nicht eher rastet,
Bis
er gesättigt und der Raub ist sein,
So
küsst sie ihm die Stirn, den Mund, die Wangen,
Um,
wo sie aufhört, wieder anzufangen.
Er
muss es schmollend doch erduldend sein,
Er
liegt und keucht und atmet ihr entgegen.
Sie
saugt begierig seinen Atem ein
Und
nennt ihn Wonneduft und Himmelsregen
Und
wünscht, ihr Antlitz trüge Blumenbeete,
Dass
ewig sie ein solcher Hauch umwehte.
Und
wie ein Netz das Vögelein, umstricken
Der
Göttin Arme den Gefangnen. Wut
Und
heißer Zorn sprüht licht aus seinen Blicken
Und
läßt sie glühn mit dreimal-schöner Glut.
Wird
Regen sich in volle Ströme gießen,
Dann
müssen wohl die Ufer überfließen.
Noch
bittet sie und zärtlich bittet sie,
Denn
keuschen Ohren tönt ja ihre Stimme.
Noch
brütet er, belohnt er ihre Müh
Mit
roter Scham und leichenblassem Grimme.
Rot
zieht sie vor, doch blass lässt auch sie gelten,
Der
Neuheit wegen, blass ist er doch selten.
Egal,
ob er sie liebt, sie muss ihn lieben
Und
schwört es heilig bei der Hand, der schönen:
Durch
keine Keuschheit werde ich vertrieben
Von
deinem Herzen, bis mit meinen Tränen
Du
Frieden schließt, für dich rinnt diese Flut,
Ein
süßer Kuss von dir macht alles gut.
Als
dies Versprechen ihrem Mund entflieht,
Hebt
er das Haupt, wie Taucher sich erheben
Und
schnell versinken, wenn man hin kaum sieht,
So
will er ihr, was sie begehrte, geben.
Doch
plötzlich blinzelt er und kehrt zur Seite
Die
Lippe, die zum Küssen schon bereite.
Nie
lechzt ein Wandrer in der Hitze so
Nach
einem Trank, wie sie nach diesem Kuss!
Dem
Heile nah, wird sie des Heils nicht froh,
In
Flammen steht sie trotz der Tränen Fluss.
Erbarmen,
ruft sie, hartes Herz, du Knabe!
Ein
Kuss nur ists, was ich erbeten habe!
Wie
ich um dich, so hat um mich gefreit
Der
fürchterliche wilde Gott des Krieges,
Der
seinen Nacken beugt in keinem Streit,
Der,
wo er schreitet, sich erfreut des Sieges,
Hab
ihn zu meinen Füßen doch gesehen,
Erflehend
das, das kriegst du ohne Flehen.
An
den Altar er hängte seine Lanze,
Sein
Schlachtschild und sein stolzes Helmgefieder,
Ließ
sich herab zu Spielerei und Tanze
Und
lernte Lächeln, Schmeichelei und Lieder,
Abschwörend
seiner Fahne. Und sein Feld
Ward
meine Brust, mein Bette ward sein Zelt.
So
diesen Sieger habe ich besiegt,
An
Rosenketten hielt ich ihn gefangen.
Er,
dessen Kraft wie harter Stahl sich biegt,
Ließ
meiner Schönheit dienen sein Verlangen.
O
sei nicht stolz! nicht rühme deines Sieges
Dich
über die, die schlug den Gott des Krieges.
Lass
deinen Mund auf meinem Munde ruhn,
Mein
Mund ist rot, wenn auch nicht wie der deine!
Der
Kuss soll dein sein, wie er mein ist! Nun,
Nur
Kopf hoch! Was denn suchst du an dem Raine?
Sieh
mir ins Auge, dich auf seinem Grunde!
Wenn
Aug in Aug, warum nicht Mund auf Munde?
Schämst
du dich denn zu küssen? Schließ geschwind
Gleich
mir das Auge! Nacht scheint so die Helle!
Die
Liebe schwärmt, wo zwei zusammen sind.
Beginne
kühn! Kein Auge sieht die Stelle!
Die
lila Veilchen unsres Lagers wissen
Nicht
was wir tun und plaudern nicht von Küssen.
Der
zarte Lenz, der deinen Mund umweht,
Nennt
unreif dich, doch mag ich kosten dich.
O
dass die Zeit nicht sinnlos dir vergeht!
Nicht
in sich selbst verzehre Schönheit sich!
Die
Blume, die man nicht schon pflückt im Schimmern,
Wird
in sich selbst vergehen und verkümmern.
Wär
ich verrunzelt, welk und fett und alt,
Von
grober Stimme, bucklig, ekelhaft,
Verachtet,
kränklich, abgenutzt und kalt,
Wär
schielend, krumm, gebückt und ohne Saft,
Dann
solls so sein! Dann taug ich nicht für dich!
Doch
Makellose - was verschmähst du mich?
Nie
wird das Alter meinem Leib gefährlich;
Mein
Auge blitzt und ist im Blicken stark,
Dem
Frühling gleich wächst meine Schönheit jährlich,
Mein
Fleisch ist weich und glühend ist mein Mark.
Läg
meine feuchte Hand feucht in der deinen,
Sie
würde schmelzend zu vergehen scheinen.
Befiehl!
Und schmeichelnd soll mein Wort dich locken!
Wie
eine Elfe übers Blumenland,
Wie
eine Nymphe mit gelösten Locken,
Mich
spurlos schwingen will ich übern Sand.
Geist
ist die Liebe, ganz aus Glut gewoben,
Leicht,
nie versinkend, strebend stets nach oben.
Sieh
nur mein Lager hier aus Primeln an!
Sie
tragen mich wie starker Bäume Macht.
Ein
sanftes Taubenpaar ist mein Gespann
Und
zieht mich leicht vom Morgen bis zur Nacht.
Wenn
also leicht die Liebe sich bewährt,
Wie,
Liebling, meinst du, dass sie dich beschwert?
Verliebtest
du in deine Augen dich?
Kann
deine Linke lieben deine Rechte?
Wirb
um dich selber! Und verschmäh dein Ich
Und
mache dich zu deinem eignen Knechte!
So
ging Narziss der eignen Schönheit nach
Und
starb vor Sehnsucht, schauend in den Bach.
Die
Fackel gibts, das Dunkel zu verjagen,
Das
Gold zum Schmücken, Schönheit zum Genießen,
Das
Kraut zum Duften und den Baum zum Tragen.
Die
Sprossen freveln, die für sich nur sprießen!
Saat
spendet Saat, die Huld der Liebe Licht.
Du
bist gezeugt, und Zeugen sei dir Pflicht!
Wie
wären dir der Erde Kinder eigen,
Wenn
sie nicht deinen Kindern wär erworben?
Schau,
die Natur gebietet dir zu zeugen,
Dass
dein Geschlecht lebt, wenn du selbst gestorben.
So
wirst du ganz nicht in den Tod gegeben,
Dein
Abbild lebt und in ihm wirst du leben!
Und
jetzt begann die Lechzende zu schwitzen.
Der
Schatten schwand vom Orte, wo sie lagen.
Und
Sol, heiß keuchend in des Mittags Hitze,
Sah
heiß herab auf sie aus seinem Wagen.
Er
wünscht, Adonis säß im Goldthron heute,
Wär
Sol der Jüngling nur an Venus' Seite.
Adonis
aber, schläfrig und verdrossen,
Die
Stirne runzelnd, finster seine Brauen,
Die
Augen zornig, mürrisch halb geschlossen,
Wie
wenn den Himmel einhüllt Nebelgrauen,
Den
Mund verziehend: Lass mich fort! Zu sehr
Brennt
jetzt die Sonne! Nichts von Liebe mehr!
Ah
weh mir! Venus ruft: wie jung und kalt!
Ein
leerer Vorwand, dich mir zu entziehn!
Den
Himmelsatem seufze ich alsbald,
Dass
er dich kühle bei der Sonne Glühn.
Mein
Lockenhaar soll Schatten dir gewähren,
Und
brennt es auch, so lösch ich es mit Zähren.
Die
Himmelssonne wärmt wohl und gibt Licht,
Und
schau, ich liege zwischen ihr und dir!
Die
hohe Hitze sengt mich wahrlich nicht,
Nur
deiner Augen Glut bringt Hitze mir!
Und
wär ich nicht unsterblich – hingegeben
Zwei
solchen Sonnen, könnt ich weiter leben?
Bist
du von Stein denn, bist du hart wie Stahl?
Den
harten Stein höhlt aus des Regens Guss!
Gebar
ein Weib dich? Fühlst du nicht die Qual
Der
Frau, die liebt und einsam lieben muss?
Glich
dir die Mutter, die dich trug, du Schlimmer,
So
starb als Jungfrau sie, ward Mutter nimmer.
Wer
bin ich denn, dass du mich fliehst, Verächter?
Bringt
meine Werbung dir denn nur Gefahr?
Macht
denn ein Küsschen deine Lippen schlechter?
Sprich!
Aber schön! Sonst schweige ganz und gar!
Nur
einen Kuss! Du sollst ihn wieder haben,
Und
willst du Zinsen, sollen zwei dich laben!
Pfui,
kaltes Bildnis, leblos harter Stein,
Gemälde
bunt, dein Glanz ist nur erlogen!
Das
Auge freust du, ach, nur das allein!
Ein
Mann bist du, nicht von der Frau erzogen!
Du
bist kein Mann, was auch dein Aussehn sagt,
Denn
Männer küssen gerne ungefragt!
So
spricht sie brünstig, bis die Ungeduld
Gebietet
Einhalt ihrem Zungen-Fechten!
Ihr
heißes Antlitz zeugt von ihrer Schuld,
In
Liebe richtend, hilft ihr nicht das Rechten.
So
weint sie denn, und glaubt es mir, sie spräche,
Wenn
Schluchzen nicht ihr Sprechen unterbräche.
Sie
schüttelt ihren Kopf, fasst seine Hand,
Senkt
dann die Augen auf des Bodens Grün,
Mit
ihren Armen wie ein Fessel-Band,
Wie
er sich sträuben mag, umschlingt sie ihn.
Und
will er fort, der Frauenfeind, der Ringer,
Verschränkt
sie innig ihre Lilien-Finger.
Oh
du mein Liebling, spricht sie lächelnd, seh
Ich
endlich dich im schneeig weißen Hain!
Ich
will dein Park sein, sei du nur mein Reh,
Hier
lass in Wollust deine Weide sein!
Fang
auf den Lippen an! Wenn die versiegen,
Dann
tiefer, wo die heitern Quellen liegen!
Genug
der Süßigkeit in diesem Reich!
Gras
in den Gründen, wunderschöne Höhn,
Gewölbte
Hügel, Buschwerk und Gesträuch,
Die
vor dem Regen und des Sturmes Wehn
Dich
schützen werden. Sei du meine Hinde
Und
fürchte nicht, daß hier ein Hund dich finde!
Auf
dieses spöttisch lächelt er und sieh,
Wie
seine Wangen kleine Grübchen tragen;
Cupido
selbst, der Schelm, der machte sie,
Dass
er da ruhe, tät ihn wer erschlagen.
Er
weiß es wohl: Er nimmt den Sitz der Liebe
Zum
Grabe sich, dass er lebendig bliebe.
Und
diese Grübchen beide selig ruhn
Auf
ihrem Mund, das Herz ihr zu verschlingen.
Zuvor
schon rasend, was beginnt sie nun?
Gleich
anfangs tot, was hilft ein neues Ringen?
Du
arme Venus! deiner eignen Macht
Verfallen,
liebst du, was dich kalt verlacht!
Was
soll sie sagen jetzt, wohin sich wenden?
Vorbei
ihr Reden, aber nicht ihr Glühn!
Die
Zeit ist um, er will sich ihren Händen,
Die
ihn umschlingen, mit Gewalt entziehn.
O
Mitleid, ruft sie, bin ich dir nichts wert?
Doch
er springt auf und eilt zu seinem Pferd.
Jetzt
aber schau, vom Dickicht her nun schaut
Den
Hengst des Knaben eine junge Stute,
Sie
jagt heran, sie schnaubt, sie wiehert laut,
Jung,
ungebändigt, voll von Kraft und Mute.
Da
reißt der Renner wild sich los vom Baum,
Sie
zu begrüßen mit gelöstem Zaum.
Er
hebt sich auf, er wiehert ihr entgegen.
Und
eilig sprengt er seine festen Gurten.
Die
Erde dröhnt von seines Hufes Schlägen,
Als
ob Gewitter ihr im Schoße murrten.
Und
sein Gebiß zerknirscht er im Entfliehn,
Bewältigt
so, was einst bewältigt ihn.
Er
spitzt die Ohren, seiner Mähne Schein
Wallt
auf im Takt, wie seine Füße stampfen.
Mit
seinen Nüstern zieht die Luft er ein,
Sie
wie ein Ofen wieder auszudampfen.
Voll
Zorn sein Auge, voll von wilder Glut,
Zeigt
sein Verlangen, seinen heißen Mut.
Zuweilen
trabt er mit bescheidnem Stolz,
Als
wollt er zählen alle seine Schritte,
Dann
wieder bäumt er auf und durch das Holz,
Und
jagt, holt aus, als wärs zum tollsten Ritte,
Als
wollt er sagen: So ist meine Stärke,
Dass
doch die Schöne lüstern auf mich merke!
Was
kümmert jetzt ihn seines Reiters Zorn,
Sein
Schmeichelruf, und sein: Willst du wohl stehen?
Was
gilt ihm Trense, was der scharfe Sporn,
Was
reiche Zäume, bunter Decken Wehen?
Er
sieht die Liebste, nichts sonst auf der Welt,
Weil
seinen Augen gar nichts sonst gefällt.
Schau,
wollt ein Maler mehr sein als das Leben,
Verließe
er des Alltags breite Spur,
Wollt
er das Bildnis eines Rosses geben,
Das
mehr durch Kunst, als andre durch Natur,
Ein
solches Roß wohl gliche diesem Pferde
An
Wuchs und Farbe, Mut und Gang, Gebärde!
Leicht
auf den Füßen, von massivem Bau,
Der
Kopf sehr zierlich, große Augen drin,
Weit
auf die Nüstern, Hufhaar lang und rauh,
Schweif
dicht und wallend, Mähne zart und dünn.
So
trabt er stolz, und nichts fehlt seiner Schöne,
Als
dass den Rücken auch ein Reiter kröne.
Oft
schnaubt er fort, dann starrt er auf die Stelle,
Fährt
wieder auf, wenn leis ein Blättchen fällt,
Enteilt
im Flug, beschämt des Windes Schnelle,
Und
lässt sie raten, wo er endlich hält.
Durch
seine Mähne pfeift des Windes Singen,
Und
Schweif und Mähne wehn ihm nach als Schwingen.
Vor
seinem Liebling bleibt er wiehernd stehen,
Sie
wiehert auch, als freute sie sein Spiel,
Doch
bald, wie Weiber stolz, ihn heiß zu sehen,
Gibt
sie sich spröde, tut sie fremd und kühl,
Weist
ab sein Werben, stampft in sein Verlangen,
Schlägt
mit den Fersen wehrend sein Umfangen.
Dann,
wie betrübt und voll von Mißbehagen,
Senkt
er den Schweif wie eine müde Feder,
Lässt
ihn der Schenkel weiße Schaumflut schlagen,
Schnappt
nach den Fliegen auf des Riemens Leder;
Sein
Liebling, merkend, wie so wild er tut,
Wird
gütiger, und still wird seine Wut.
Voll
Zorn sein Reiter naht, dass er ihn fange,
Doch
schau, die Stute plötzlich voller Scheun,
Sie
eilt davon, nun aufgeschreckt und bange,
Der
Hengst ihr nach. Adonis steht allein.
Fort
nach dem Walde jagen sie, die Tollen,
Wie
Krähn, die um die Wette fliegen wollen.
Erschöpft
und heiß setzt sich Adonis nieder,
Verwünscht
den Hengst und dessen Störrigkeit;
Und
jetzt kehrt auch die Gnaden-Stunde wieder,
In
der sich Venus ihres Plauderns freut.
Denn
doppelt Leiden fühlt ein Herz, das liebt,
Fehlt
ihm der Beistand, den die Zunge gibt.
Die
kleine Flamme, die gedämmte Flut
Flammt
auf und flutet nachher um so freier,
So
auch ein Gram, der still im Herzen ruht,
Ein
freies Plaudern stillt der Liebe Feuer;
Doch,
ward des Herzens Anwalt stumm einmal,
Zerbricht
der Schützling und vergeht in Qual.
Er
sieht sie kommen und beginnt zu glühn,
So
glüht im Wind der schwarzen Kohlen Hitze,
Den
wirren Blick, zu Boden schlägt er ihn,
Voll
Zorn die Stirn verbirgt er mit der Mütze;
Was
schert es ihn, dass sie so nah sich stellt,
Da
er sie seitwärts nur im Auge hält?
O
welch ein Anblick, mit gemessnem Gange
Dem
trüben Knaben sie sich nahn zu sehen,
Den
Streit zu schaun auf ihrer süßen Wange,
Die
Schnee und Purpur wechselnd jetzt begehen!
Erst
war sie bleich, doch bald in wilder Hitze
Entflammt
ihr Feuer wie des Himmels Blitze.
Nun
steht sie vor ihm, eben wo er ruht;
Kniet
dann voll Demut auf den Grund, den kühlen,
Mit
einer Hand erhebt sie seinen Hut,
Die
andre Hand läßt sie sein Antlitz fühlen,
Und
es empfängt den leisen Druck der weichen,
Sie
kost es, Winters Flocken zu vergleichen.
O
welch ein Krieg von Blicken nun beginnt!
Ihr
feuchtes Auge schaut in seins mit Flehen,
Sein
Auge tut, als wär er für sie blind,
Ihr
Auge wirbt, sein Auge will nichts sehen,
Und
durch den Chor der heißen Frauenzähren
Sein
Spiel lässt seine Akte gut erklären.
Ganz
freundlich nun ergreift sie seine Hand,
Wie
eine Lilie, rings von Schnee umzäunt,
Wie
Elfenbein, vom Marmor licht umspannt,
So
weißen Feind umfängt so weiß ein Freund.
Dies
schöne Kämpfen, dieses süße Rauben,
Dem
Schnäbeln gleicht es zweier Turteltauben.
Und
wieder hebt die Göttin stürmisch an:
Du
schönster Pilger auf dem Erdenrunde!
Wärst
du wie ich! Ach wär ich doch ein Mann!
Wär
heil mein Herz, und hättest du das wunde!
Ein
süßer Blick, und Rat wollt ich dir geben,
Müßt
ich dir opfern auch mein ewges Leben!
Die
Hand, spricht er, wozu mich länger quälen? -
Dein
Herz, spricht sie, und gleich sollst du sie haben!
Lass
nicht dein Herz verhärten seine Seelen!
Zu
hart ja wär es, Seufzer einzugraben!
Des
Liebeswerbens hätt ich nimmer acht,
Wenn
hart dein Herz das meine hart gemacht!
Weh,
ruft er laut, was hältst du mich gefangen?
Dahin
mein Tag! mein Renner jagt im Hain!
Nur
deine Schuld ists, dass er durchgegangen!
Fort,
sag ich, fort, und lass mich hier allein!
Denn
nicht gedenke ich noch andrer Dinge,
Als
wie zurück ich meinen Flüchtling bringe!
Sie
gab zur Antwort: Zürne nicht den Pferden!
Der
Brunst zu folgen ist des Tieres Pflicht.
Lust
ist die Kohle, die gekühlt muss werden,
Soll
sie das Herz in Flammen setzen nicht!
Die
See hat Grenzen, keine das Verlangen:
Warum
denn staunen, dass dein Hengst gegangen?
Wie
stand dein Hengst doch wie ein Gaul und trübe,
Als
ihn dein Leder fest noch hielt am Baum!
Doch
als er nahen sah die schöne Liebe,
Wie
da zerriss er trotzig doch den Zaum!
Wie
flog sein Haar, wie schnob er wild und dräuend,
Genick
und Hals und Maul und Brust befreiend!
Wer
die Geliebte sieht in ihren Kissen,
Nackt,
weißer schimmernd als des Lagers Linnen,
Mag
der vom Schwelgen nur des Auges wissen!
Er
lodert ganz, will ganz die Liebste minnen.
Wer
ist so mutlos, der nicht auch so kühn,
Bei
Frost zu schüren heißer Flammen Glühn?
Lass
mich entschuldigen den Hengst, mein Knabe,
Und
lern von ihm, ich bitte dich darum,
Wie
du benutzen sollst gebotne Gabe!
Dies
eine lehr ich dich und wär ich stumm:
O
lerne lieben! leicht ja ist die Müh,
Und
kannst du's einmal, du verlernst es nie!
Ich
wills nicht lernen! ruft er, wär's ein Schwein,
Ein
Eber auch: dann wollt ichs jagen gehen!
Das
ist ein Borgen – doch ich will nichts leihn!
Die
Lust zur Lust ist Lust nur, Lust zu schmähen!
Im
Tod ein Leben ist sie, sagt man mir,
Das
lacht und weint in einem Atem hier.
Wer
legt ein Kleid auch unvollendet an?
Wer
bricht die Knospe, eh sie Blätter kerben?
Wird
Keimendem ein Stück nur abgetan,
So
muß es kläglich schon als Keim verderben.
Das
Pferd, das man zu früh ritt und belud,
Verliert
den Stolz, bleibt ewig ohne Mut!
Du
wringst die Hand mir aus! Ich will mich trennen!
Dein
leeres Plaudern, lass es endlich sein!
Hör
endlich auf, mir an die Brust zu rennen!
Nie
durch die Pforte zieht die Liebe ein!
Fort
deine Heucheltränen, dein Gewäsche!
Mein
Herz ist hart, da schlägst du keine Bresche!
Und
sie: Du redest? Hast du eine Zunge?
Sei's
drum! Doch wäre ich nur ohne Ohr!
Denn
wie Sirenen flüsterst du, mein Junge!
Ich
dulde doppelt, duldend schon zuvor!
O
Melodie voll Mißlaut! Lied voll Strenge!
Ein
Herzgesang und süße Erdenklänge!
Hätt
ich nicht Augen: Unsichtbar ist jene
Geheime
Schönheit innen, die ich liebe,
Taub
aber, fühl ich der Erscheinung Schöne
Mit
jedem Teil, das im Gefühl mir bliebe.
Nicht
Auge und nicht Ohr mehr wollt ich sein,
Und
nach dir lechzen durch das Herz allein!
Und
hätt ich eingebüßt Gefühl und Sinn,
Könnt
ich nicht sehen, könnte ich nicht hören,
Wär
jeder Sinn, nur der Geruch nicht, hin:
Doch
würde ewig meine Liebe währen!
Denn
auf von deinem schönen Antlitz steigt
Dein
Atem ja, der süße Liebe zeugt.
Doch
welch ein Mahl dem Schmecken wärest du,
Der
Sinn ist Amme ja der andern vier!
Sie
würden's ewig wollen! Doppelt zu,
Hieß
es voll Argwohn, riegle Tor und Tür!
Damit
nicht Eifersucht, die saure, herbe,
Ins
Haus sich schleichend, unser Fest verderbe!
Erneut
sich öffnet das Rubin-Portal,
Durch
dessen Honig seine Rede gleitet,
Ein
roter Morgen scheints, der allemal
Dem
Seemann Schiffbruch, Sturm dem Feld bedeutet,
Den
Hirten Schmerz, den kleinen Vögeln Weh,
Den
Herden aber Hagel, Sturm und Schnee.
Sie
merkt das böse Zeichen mit Bedacht,
Wie
sich der Wind legt, eh der Regen fällt.
Und
wie das Obst platzt, eh es Flecken macht,
Und
wie der Wolf den Zahn weist, eh er bellt,
Und
wie die Kugel, eh sie tötet, singt:
Ahnt
sie sein Denken, eh sein Wort es bringt.
Und
tief vor seinen Augen fällt sie nieder,
Denn
Liebe stirbt und wird belebt durch Blicke,
Ein
Grollen schlägt, ein Lächeln heilt sie wieder,
Bankrott
zuerst, und dann erst recht im Glücke.
Der
dumme Knabe meint, sie wäre tot,
Er
klopft ihr bleiches Antlitz, klopft es rot,
Und
unterläßt nun, voll von Angst und Staunen,
Was
er gewollt, mit Tadel sie zu stürmen,
Die
Liebe listig kommt zuvor den Launen,
O
Heil der List, die so sich weiß zu schirmen,
Denn
wie erschlagen liegt sie auf dem Rasen,
Bis
er ihr atmend Leben eingeblasen.
Er
drückt die Nase ihr, gibt Wangenschläge,
Krümmt
ihre Finger, ruft: Du sollst erwachen!
Reibt
ihre Lippen, sinnt auf tausend Wege,
Was
er verdorben, wiedergutzumachen,
Er
küsst sie, sie, geschähen ihre Lüste,
Erhöbe
nie sich, wenn er ewig küsste.
Zum
Tag wird nun des trüben Kummers Nacht,
Matt
ihre blauen Augen hebt sie beide,
Der
Sonne gleich, wenn in erneuter Pracht
Sie
grüßt den Morgen, aller Welt zur Freude,
Und
wie die Sonne licht durchstrahlt die Welt,
So
wird ihr Antlitz ganz vom Blick erhellt,
Der
auf den seinen heftet alle Flammen,
Als
ob von dem nur Glut und Schein ihm kämen.
Vier
solche Kerzen brannten nie zusammen,
Nur
dass die seinen trübt ein stilles Grämen,
Doch
ihre, deren Strahl durch Tränen bricht,
Sie
schimmern, wie im Wasser Mondenlicht.
Bin
ich im Himmel oder noch auf Erden?
Ruft
sie, der Flut, dem Feuer preisgegeben?
Ists
müder Abend, will es Morgen werden?
Genieß
den Tod ich? Wünsch ich noch zu leben?
Erst
eben lebt ich schwer im Sterbensleide!
Und
starb erst eben, Tod ist Lebensfreude!
Du
schlugst mich tot! O tu es noch einmal!
Das
schlau den Meister deiner Augen macht,
Dein
hartes Herz hat so zu meiner Qual
Erzogen
sie, dass meins sie umgebracht!
Und
meine Augen, nie mehr sahn die armen,
Sprach
nicht dein Mund ein wonniges Erbarmen!
Drum
mögen lang sich deine Lippen küssen!
Ihr
Purpur möge nun und nie erbleichen!
Sie
sollen blühen, alle Seuchen müssen
Dem
unheilvollen Jahre sie verscheuchen!
Dass
angeführt der Sternendeuter sage,
Durch
deinen Atem sei gebannt die Plage.
O,
wie als Siegel deine Lippen frei
Die
meinen pressten! Sprich, was muss ich geben,
Dass
sie es wieder tun? Mich selbst? Es sei,
Sofern
du ehrlich zahlst und handelst eben!
Willst
du den Kauf? Wohlan, besiegle stracks
Auf
meiner Lippen rotem Siegelwachs!
Nicht
tausend Küsse kauft dein Herz von mir,
Du
zahlst sie wieder, ganz wie dein Verlangen.
O
sprich, was sind zehntausend Küsse dir?
Sind
sie nicht rasch gezählt und rasch vergangen?
Sag,
nicht zu zahlen, sie verdoppeln müsse,
Sind
solche Mühe zwanzigtausend Küsse?
Und
er: Wenn du mich liebst, nur immer nenne
Mich
schüchtern, halt es meinem Flaum zu gut!
Willst
du mich kennen, eh ich selbst mich kenne?
Fängt
denn der Fischer auch der Fischlein Brut?
Es
fallen reife, doch nicht grüne Pflaumen,
Und
brichst du sie, so sind sie herb dem Gaumen.
Schau,
wie nun müd die Sonne niedergeht,
Ihr
heißes Tagwerk endigt sie im West.
Die
Eule ruft zur Nacht, nun wird es spät,
Zum
Stall das Lamm, der Vogel eilt zum Nest.
Gewölke
schwarz verhüllt den Himmel weit,
Ruft:
Gute Nacht nun! Es ist Scheidenszeit!
Drum
gute Nacht! Sag du auch gute Nacht!
Ein
Kuss, wenn du es sagst, wird noch gezollt!
Sie:
Gute Nacht! Und ehe er sich auf nun macht,
Reicht
er ihr dar des Scheidens Zuckersold.
Um
seinen Hals die Arme schlingt sie dicht,
Sie
scheinen eins, Gesicht ruht an Gesicht,
Bis
atemlos er endlich sich befreit,
Und
ihrem Durst das süße Nass versagt,
Den
Purpurmund, in dessen Süßigkeit
Sie
schwelgt, und dennoch über Dürre klagt.
Vor
Mangel sie, er matt vor Überfluss,
Sie
sinken hin, erneut vereint im Kuß.
Jetzt
hält sie ihn! Wie er sich schüchtern fügt!
Ah,
wie sie nimmersatt ihn ganz zerfleischt!
Ihr
Mund ist Sieger, seiner zahlt besiegt
Den
Lohn aus, den der Arbeitnehmer heischt,
Und
hungrig heischt so hoher Zinsen Satz,
Versiegen
muß des Zahlers Lippenschatz.
Da
sie der Beute Süßigkeiten kennt,
Beginnt
zu prassen sie mit wilder Wut,
Es
kocht ihr Blut, ihr Antlitz raucht und brennt,
Die
Wollust achtlos wild entfacht den Mut,
Nicht
Ehre mehr, nicht Sitte mehr ermessend,
Dem
Denken taub, das Schamrot ganz vergessend.
Von
ihrem Ungestüme heiß, zerschlagen,
Dem
Falken ähnlich, den man zahm gekirrt,
Dem
Reh gleich, welches matt vom langen Jagen,
Dem
Kind gleich, das durch Kosen ruhig wird,
Gehorcht
er jetzt, und sie zur selben Zeit
Nimmt
nicht nach Lüsten, doch nach Möglichkeit.
Kein
Wachs so hart, das Wärme nicht erweichte,
Drauf
jeder Druck zuletzt nicht haften bliebe,
Kein
Ding so schwer, das Kühnheit nicht erreichte,
Beharrlichkeit,
vor allem in der Liebe!
Die
Neigung nicht erlahmt nach Feiglings Art,
Sie
wirbt am meisten, wenn verschmäht sie ward.
Wich
seinem Zürnen auch so bald ihr Schmachten,
Von
seinen Lippen Nektar sog sie nie.
Wer
Liebe hegt, soll keiner Ungunst achten,
Die
Rose Dornen hat, doch pflückt man sie!
Wie
manchem Schloss die Schönheit auch verfalle,
Die
Liebe mit dem Dietrich öffnet alle!
Aus
Mitleid kann sie ihn nun nicht mehr halten,
Denn
gar zu jämmerlich ist doch sein Grämen,
Drum
sagt sie endlich ihr Adieu dem Kalten
Und
bittet ihn, ihr Herz in acht zu nehmen,
Das
(sie beschwört es fest bei Amors Bogen)
Ihr
in den Käfig seiner Brust entflogen.
Du
Lieber, spricht sie, eine Nacht voll Sorgen
Steht
mir bevor! Du scheuchst den Schlaf mir fort!
Sag,
Meister, treffen wir uns wieder morgen?
Sag,
treffen wir uns wieder? Sag ein Wort!
Er
sagt ihr: Nein! Denn längst wars zugesagt,
Mit
Freunden zieht er auf die Eberjagd.
Die
Eberjagd! Und jähes Blass zur Stunde,
Dem
Linnen gleich, das auf die Rose weht,
Deckt
ihr Gesicht, sie zittert bei der Kunde,
Und
reißt ihn an sich, der schon von ihr geht,
Sie
sinkt, und ihre Arme ihn umstricken,
Er
stürzt auf ihren Leib, sie auf den Rücken.
Nun
ist erst recht sie in der Liebe Schranken,
Es
sitzt ihr Ritter auf, sie zu besiegen,
Doch
diesmal auch bleibt alles beim Gedanken,
Er
reitet nicht, hat er sie auch bestiegen!
Wer
ums Elysium gebracht sein muss,
Erduldet
Schlimmeres als Tantalus!
So
wie, betrogen von gemalten Trauben,
Die
Vögel hungrig schwelgen mit den Blicken,
Ihr
Kropf bleibt leer, kein Träubchen lässt sich rauben,
So
schmachtet sie in ihren Mißgeschicken.
Die
Wärme, die er kalt sie lässt vermissen,
Sucht
zu entfachen sie mit vielen Küssen.
Umsonst,
du Liebe! Nie wirst du erhört!
All
ihre Künste hat sie nun geübt,
Wohl
scheint ihr Werben großen Lohnes wert,
Die
Liebe liebt, und wird doch nicht geliebt!
Bah,
ruft er, du erdrückst mich! lass mich gehen!
Du
hast kein Recht, mir so im Weg zu stehen!
Und
sie: Du wärst schon fort zu dieser Frist,
Wenn
das vom Eber nicht entschlüpft dir wäre.
O
sei gewarnt: du weißt nicht, was es ist,
Ein
fettes Schwein zu stechen mit dem Speere!
So
wie ein Fleischer, der zum Mord bereit,
Die
scharfen Hauer wetzt er allezeit.
Auf
seinem Rücken starrt ihm eine Schlacht
Von
spitzen Lanzen, wütend sein Geschnauf,
Sein
Auge lodert, wenn man wild ihn macht,
Sein
Rüssel, wo er geht, wühlt Gräber auf,
Er
wirft es um, was sich ihm zeigt im Wege,
Und
was er umwirft, tötet er durch Schläge.
Sein
fetter Wanst, mit hartem Haar bewehrt,
Ist
stichfest, braucht auch keinen Speer zu scheuen,
Sein
kurzer dicker Hals wird schwer versehrt,
Er
nimmt im Zorn es auf mit einem Leuen,
Die
er durchbricht, die dichten Brombeerhecken,
Gehn
vor ihm auf, als tät er sie erschrecken.
Ach,
wenig achtet er dein Angesicht,
Dem
als Tribut ich heiße Blicke zolle,
Dein
lichtes Aug, dein Mund auch rührt ihn nicht,
Noch
deine Hand, die weiche, wonnevolle.
Nein,
nähm er dich: verwüsten würd er diese
Liebreizungen,
wie er zerstört die Wiese.
So
stör ihn nicht, wenn er im Walde ruht.
Was
soll die Schönheit mit so bösen Feinden?
Komm
nicht mit Fleiß zu nahe seiner Wut!
Wer
gerne blüht, nimmt Rat an von den Freunden.
Als
du ihn nanntest, dass ichs nicht verhehle,
Ich
bebte da um dich mit Angst der Seele.
Denk
an mein Antlitz nur! War es nicht bleich?
Sahst
du nicht Angst in meinem Auge wittern?
Sank
ich in Ohnmacht nieder nicht sogleich?
In
meiner Brust, auf der du liegst, mit Zittern
Schlägt
hoch mein reines Herz, das heiße Streben,
Und
wirft und schüttelt dich wie Erden beben!
Denn
wo die Liebe herrscht, kommt mit Geschrei
Die
Eifersucht, der Liebe Zufluchtsort,
Macht
lauten Lärm und spricht von Meuterei
Und
ruft in stillen Friedenszeiten: Mord!
Verwirrend
so der sanften Lust Entzücken,
Wie
Wasser kann das Feuer unterdrücken.
Und
diese Hexe, diese Späherin,
Die,
wie der Krebs, den Lenz der Lust verschlingt,
Die
Eifersucht, die tobend her und hin
Zuweilen
Wahrheit, meistens Irrtum bringt,
Pocht
mir ans Herz, raunt mir ins Ohr und droht:
Wenn
du ihn liebst, so fürchte seinen Tod!
Und
mehr als das: stellt meinen Augen dar
Ein
wildes Schwein, ein wütend-irres Tier,
Und
blutend unter seiner Hauer Paar
Liegt
auf dem Rücken die Gestalt von dir!
Die
Blumen, die sein Herzblut aufgefangen,
Stehn
trauernd da, und ihre Köpfe hangen.
Was
soll ich tun, als so du meinem Schmerz
Erschienen
bist, du toller schöner Knabe?
Schon
beim Gedanken blutet mir das Herz,
Und
Furcht verleiht ihm seherische Gabe:
Ja,
sterben wirst du, Liebster meiner Sorgen,
Sobald
der Eber dich ins Feld ruft morgen.
Doch
hör mich, willst du unbedingt ins Feld:
Lass
los die Koppel auf den zagen Hasen
Und
auf den Fuchs, der sich durch List erhält,
Und
auf das Reh, das schüchtern tritt den Rasen:
All
die Verzagten, jag sie auf dem Grunde,
Und
hoch zu Ross folg ihnen mit dem Hunde.
Und
wenn den Hasen du dann aufgespürt,
Dann
sieh den armen Schelm, dann sieh den Bängsten,
Wie
er dem Wind voran läuft, jetzt laviert,
Sich
duckt und lauscht in seinen zagen Ängsten,
Ein
Labyrinth von Listen und von Launen
Durcheilt
er rasch zu seiner Feinde Staunen.
Oft
läuft er zwischen eine Lämmerherde,
Dass
ihr Geruch die Hunde irre macht,
Oft,
wo Kaninchenvolk durchwühlt die Erde,
Verbirgt
er vor der Jagd sich in der Nacht,
Oft
unter Hirschen auch enteilt er schnelle:
Denn
List und Klugheit ist der Furcht Geselle.
Denn
seine Witterung, vermischt mit andern,
Bringt
Ungewißheit den erhitzten Hunden,
Ihr
Bellen schweigt, sie suchen ihn und wandern,
Bis
ihren Fehler sie zuletzt gefunden,
Dann
bellen sie, vom Widerhall verdoppelt,
Als
wär am Himmel eine Jagd entkoppelt.
Um
diese Zeit dann, fern auf einer Höhe,
Der
Hase stellt sich auf die Hinterläufe,
Dass
er sich um nach seinen Gegner sehe,
Da
wieder tönt das Kläffen und Gekeife,
Und
jetzt dem Sünder gleicht er, der verstört
Vor
seiner Tür des Priesters Glöcklein hört.
Noch
einmal flieht er, ganz mit Tau benetzt,
Doch
manche Ranke hält ihn auf den Matten.
Schau,
wie im Zickzack übern Weg er hetzt,
Ein
leises Murmeln hemmt ihn, jeder Schatten,
Denn
harten Tritts das Elend treten alle:
Nicht
Einer, der es aufhebt nach dem Falle!
Lieg
still, und höre weiter von der Sache,
Lieg
still, du weiche nicht von meiner Seite!
Dass
ich des Ebers Jagd verhasst dir mache,
Hörst
du der Venus fromme Predigt heute,
Auf
solchen Fall anwendend ernste Lehren,
Denn
jedes Weh kann Liebe dir erklären...
Wo
blieb ich stehn? – Egal! sprach er dagegen,
Bleib
mir nur fern, so endet die Geschichte!
Die
Nacht ist um! – Was ist daran gelegen? -
Erwartet
werd ich mit dem ersten Lichte
Und
noch ists dunkel und ich werde fallen! –
Die
Wollust sieht zur Nacht doch klar vor allen!
Doch
wenn du wirklich fällst, so wisse, glaube,
Die
Erde liebend stellte dir ein Bein,
Allein
damit sie einen Kuss dir raube!
Denn
Reichtum oft verlockt zu Dieberein:
So
deinen Mund Diana sieht, die herbe,
Sie
möchte küssen, bis sie küssend sterbe!
Nun
erst versteh ich dieses Dunkels Sinn:
Diana
birgt aus Scham des Schimmers Strahl,
Bis
sie verurteilt als Verräterin
Sieht
die Natur: denn deine Form einst stahl
Die
Freche vom Olymp, durch solches Nehmen
Am
Tage Sol, nachts Luna zu beschämen.
Und
so die Parzen ging sie zu bestechen,
Das
Wunder-Kunstwerk der Natur zu kreuzen,
Der
Schönheit beizumischen arme Schwächen,
Entstellung
beizumischen höchsten Reizen,
Sie
unterwerfend aller Tyrannei
Des
Elends, dass der Mann ein Krüppel sei,
Dem
Fieber auch, das glühend und verheerend,
Der
Pest, dem Krampf, des Wahnsinns irren Wut,
Und
jener Krankheit, die das Mark verzehrend
Mit
heißem Wallen kochen macht das Blut!
Die
schworen alle der Natur den Tod,
Weil
sie so schön dich schuf, so weiß und rot.
Und
der geringsten dieser bösen Seuchen
Erliegt
die Schönheit, ehe Stunden fliehn,
Und
Saft und Kraft und Farbe siehst du weichen,
Was
eben noch dem Staunen göttlich schien,
Es
taut und schmilzt hinweg mit einem Mal,
Wie
Schnee des Bergs im Mittagssonnenstrahl.
Drum,
unfruchtbare Keuschheit zu verhöhnen,
Den
Nonnen und Vestalen zur Beschwerde,
Die
Mangel gern an Töchtern und an Söhnen
Ausgössen
auf die früchtelose Erde:
Verschwende
du! Die Lampe, licht vom Schein,
Verzehrt
ihr Öl, der Welt ihr Licht zu leihn.
Was
ist dein Leib als Kerker nur und Grab
Für
alle die, die durch die Macht der Zeit
Dir
die Natur zu deinen Kindern gab,
Zerstörst
du sie nicht in der Dunkelheit?
Ist
dem nun so, muss dich die Welt verachten,
Nie
sah sie jemand so die Hoffnung schlachten!
In
deinem Ego stirbst du selber nun!
Ein
Unheil, schlimmer, als wenn Brüder streiten,
Als
wenn Verwirrte sich ein Leid antun,
Als
will dem Sohn der Vater Tod bereiten.
Rost
frisst den Schatz, den geizig man vergräbt,
Doch
durch gebrauchtes Gold wird Gold belebt.
Bah!
ruft Adonis, wieder singst du eben
Das
alte Lied, das längst mich ekeln muss!
Umsonst
der Kuss, den ich dir kaum gegeben!
Umsonst
dein Kämpfen gegen Wind und Fluss!
Die
Nacht als Zeugin schaue doch hernieder:
Dein
Plappern macht dich mir erst recht zuwider!
Und
leiht dir auch die Liebe tausend Zungen
Und
rührte jede mehr als deine mich,
Wär
jede wie ein Engelslied erklungen:
Nie
schleicht ein Ton mir in die Ohren sich!
Denn
jeden falschen Ton mir fern zu halten,
Siehst
du mein Herz als Wächter wachsam walten:
Dass
nicht in meiner Brust getrostem Bann
Sirenen-Melodie
voll Trug sich stehle,
Und
dass mein kleines Herz, vernichtet dann,
Sich
ruhelos auf seinem Bette quäle!
Nein,
Herrin! Ich ertrag nicht mehr den Kummer!
Nun
ich allein schlaf, schlaf ich tiefen Schlummer!
Kein
Wort von dir, das sich nicht widerlegt!
Breit
sind die Pfade zum Abyss und eben!
Die
Liebe hass ich nicht! Was dich bewegt
Jedoch,
dich jedem Fremden hinzugeben!
Du
buhlst um Samen? Was für ein Entschuldigen!
Muß
buhlend Weisheit denn der Wollust huldigen?
Oh
nenne das nicht Liebe! Die entfloh
Gen
Himmel ja, seit Wollust Liebe heißt,
Seit
Liebe junge Reize kostet, roh
Beschimpfend
das, was gierig sie zerreißt,
Stets
nur bedenkend, wie sie schände, raube,
Der
Wurm gleich, der da nagt am ersten Laube.
Die
Liebe nur erquickt wie Licht nach Wettern,
Die
Wollust wirkt wie Sturm nach Sonnenschein,
Der
Liebe Lenz prangt stets in frischen Blättern,
Der
Wollust Winter bricht vor Herbst herein.
Die
Liebe fastet, Lust hat nie genug.
Die
Liebe Wahrheit ist, die Lust ist Trug.
Wohl
weiß ich mehr, doch weiter nun kein Wort!
Der
Text ist alt, der Redner allzu grün.
Darum,
in Trauer will ich nur noch fort,
Im
Antlitz Scham, im Herz des Zornes Glühn.
Mein
Ohr, das angehört dein leichtes Sprechen,
Verbrennt
sich selbst ja für so ein Verbrechen.
Und
so aus ihrem Arm löst er sich los,
Der
ihn umarmt bis jetzt mit warmem Drücken,
Rennt
heimwärts durch den Wald von ihrem Schoß
Und
läßt bekümmert sie auf ihrem Rücken.
Schau,
wie die Schnuppe niederschießt in Pracht,
Von
Venus' Augen schießt er in die Nacht.
Sie
wirft dem Blick ihm nach, wie wer vom Strand
Dem
Freunde nachschaut, der sich eingeschifft,
Bis
ihn die Flut hinweg reißt, deren Rand
Aufbäumend
Kampfes froh die Wolken trifft:
So
barg die Nacht, die ganz erbarmungslose,
Die
Augenweide nun, die makellose.
Und
nun erstaunt, wie wer den Edelstein
Ins
Wasser plötzlich von sich fallen ließ,
Und
nun erschreckt, wie einer, dem im Hain
Ein
starker Windstoß aus die Fackel blies,
Ganz
so verstört hat jetzt sie da gelegen,
Beraubt
des schönsten Fundes auf den Wegen.
Und
nun schlägt sie den Busen, welcher stöhnt,
Dass
jeder Bergspalt, der im Walde klafft,
Laut
ihre Klagen wörtlich wieder tönt,
Verdoppelnd
Leidenschaft auf Leidenschaft.
Ah
weh mir! ruft sie, und die Höhlen all,
Und
Echo wiederholts mit Echohall.
Voll
Klage gleich, da sie das Lärmen hört,
Singt
sie ein Lied im Stegreif: Alles Trug,
Cupido
jung, der alte Mann betört,
Die
Weisheit närrisch und der Wahnsinn klug!
Zum
Himmel jammernd steigt das Lied empor,
Und
so auch stets der Echos lauter Chor.
O
Langeweile, länger als die Nacht!
Ob
scheinbar kurz, sind lang der Liebe Stunden!
Was
sie entzückt, was ihr Vergnügen macht,
Wird,
denkt sie, gern von andern auch empfunden.
All
die Geschichten, die sie viele weiß,
Nie
fertig, enden, ohne Hörerkreis.
Drum
halten auch nur Klänge bei ihr aus,
Schmarotzer,
ach in dieser Nacht der Klagen;
Dem
Schrein der Kellner gleich im Schenkenhaus,
Die
schreien nach des Gastes Wohlbehagen.
Sie:
So solls sein! Und Echo: So solls sein!
Und
ruft sie: Nein! So ruft das Echo: Nein!
Und
wie die Lerche nun, in heller Lust,
Aus
feuchtem Nest hinauf zur Höhe geht!
Sie
weckt den Tag, von dessen Silberbrust
Die
Sonne aufgeht voller Majestät!
Sie,
die so prächtig strahlt, daß Zedernspitzen
Und
Berge gleich dem reinsten Golde blitzen.
So
sagt ihr Venus schönen guten Morgen:
Du
Gott des Lichts, Ort allen Lichts der Welt,
Von
dem sich Stern und Lampe gerne borgen
Den
schönen Einfluss, welcher sie erhellt:
Ein
Knabe lebt, den eine Menschin säugte,
Der
gibt dir Licht, wie du bist andrer Leuchte!
Dann
eilte sie in einen Myrtenhain,
Gedenkt
des Morgens vorgerückter Stunden,
Bang,
ohne Nachricht immer noch zu sein,
Und
horcht nach seinem Horn und seinen Hunden.
Auf
einmal bellt und kläfft es in die Ruh,
Am
Waldsaum eilt sie auf das Lärmen zu.
Und
wie sie läuft, der Busch hält ihre Hände
Und
ihren Hals und küsst ihr Angesicht
Und
schlingt sich dicht um ihre süße Lende,
Sie
aber, wie die Hirschkuh, sie durchbricht
Die
Büsche wild, die, Schmerz in prallen Eutern,
Schnell
liegt, das Kalb zu säugen in den Kräutern.
Jetzt
sagt der Ton, die Hunde sind in Not,
Da
fährt sie auf, wie einer, den der Schlangen
Rund
aufgerollte Schar am Weg bedroht:
Wie
er sich ängstigt, zeigt sein zages Bangen.
So
macht der Hunde fürchterliches Bellen
Ganz
bleich, verwirrt die Bange an den Stellen.
Denn
jetzt erkennt sie, welch ein Wild es sei,
Kein
schwaches: Löwe, Eber, Bär vielleicht!
Weil
unverwandt der Hunde banger Schrei
Vom
Orte nun auf keine Weise weicht,
So
furchtbar zeigt der Feind sich ihrem Hass,
Dass
sie sich zanken, wer zuerst ihn fass.
Der
trübe Ton schallt trüb in ihrem Ohr,
Durchs
Ohr ihr Herz packt er dann schrecklich hart,
Bis
jedes Glied – das Herz tat es zuvor –
In
Ängsten blutleer, blaß in Schwäche starrt:
So
wie Soldaten, wenn ihr Hauptmann flieht,
Selbst
feige fliehen aus dem Kampfgebiet.
So
steht sie bebend da und sehr verzückt,
Bis
sie das Herz ermutigend erweckt,
Und
sagt zum Herz: Es ist ja wie verrückt,
Ein
Irrtum, Kindchen, was dich so erschreckt!
So
lass dein Zittern! Du darfst furchtlos sein! -
Und
bei dem Wort kommt das gejagte Schwein.
Sein
Mund voll Schaum und rundum rot umflossen
Wie
Milch und Blut, die man zusammen mengt,
Hat
neue Angst ihr in das Herz gegossen,
Die
tollkühn, ziellos sie ins Weite sprengt;
Jetzt
läuft sie da, jetzt dort, dann kehrt sie wieder,
Den
Eber klagen an der Göttin Glieder.
Von
tausend Launen so und so erfasst,
Nach
tausend Seiten irrt verwirrt sie nun,
Mal
zögert sie, dann eilt sie voller Hast,
Und
all ihr Tun ist wie der Trunknen Tun.
Von
Angst erfüllt, ist sie auch unbedacht,
Fängt
alles an und gibt auf nichts doch acht.
Hier
einen Hund im Busch sieht sie versteckt:
Könnt
er von seinem Herrn zu ihr nur reden!
Ein
andrer kommt, der seine Wunden leckt,
Das
beste Pflaster gegen schlimme Schäden!
Ein
andrer glotzt sie an, vorüber eilend,
Sie
spricht ihn an und Antwort gibt er heulend.
Und
da der Hund sich Luft gemacht, der schlimme,
Erhebt
ein andres Maul von Köter, ach,
Erhebt
gen Himmel seine dumme Stimme,
Ein
andrer, noch ein andrer folgt ihm nach.
Den
Boden peitschend mit den stolzen Ruten,
Zerkratzte
Ohren schütteln sie und bluten.
Schau,
wie die Leute überkommt ein Grauen
Bei
Zeichen, Wundern und geheimen Weihen,
Sie
sehn sie an gehobner Augenbrauen
Und
nehmen an das schlimmste Prophezeien:
So
Venus jetzt! Den Atem hält sie an,
Sie
seufzt und ruft den Tod verzweifelt dann:
Du
harter Bruder, der der Scheidung Pein
Der
Liebe schuf, (dem Tod sie sich empfiehlt)
Der
Erde Sargwurm, was nur fällt dir ein,
Der
Hauch und Schönheit dem Geliebten stiehlt,
Des
Augen-Schönheit, eh er sank ins Grab,
Der
Rose Röte, Duft dem Veilchen gab?
Ach
wenn er tot ist – nein, es kann nicht sein,
Dass
du ihn sahst und schleudertest den Speer!
Und
doch, es ist so! Blind ja schlägst du drein
Und
schickst die Lanze aus so ungefähr!
Dein
Ziel, das ist das Alter; doch, ah weh,
Ich
auch die schöne Jugend sterben seh!...
Ach
hättest du gewarnt, er hätt gesprochen
Und
deine Macht entkräftet durch sein Sprechen.
Den
Fluch des Schicksals bringt, was du verbrochen,
Es
wollte Unkraut, du gingst Blumen brechen.
Für
Amors Pfeil Adonis war erschaffen,
Nicht
für des Todes fürchterliche Waffen!
Sag
ob dir Tränen zum Getränke taugen,
Sag,
ob dich jemals wehe Seufzer nährten?
Warum
in Todes-Schlaf legst du die Augen,
Die
alle andern Augen schauen lehrten?
Was
kümmert die Natur nun deine Stärke,
Seit
so du tatest ihrem Meisterwerke?
Und
jetzt senkt sie, ganz überwältigt hier,
Die
Wimpern, wie durch Schleusen zu verstopfen
Die
Flut der Tränen, die vom Antlitz ihr
In
ihrer Brüste schöne Rinne tropfen;
Doch
bald, mit vollem Strom es öffnend wieder,
Durchs
Tor rauscht Flut von Silberregen nieder.
Ach,
wie nun Augen Tränen leihen, borgen!
Ihr
Augen weinend, Tränen in den Augen,
Kristalle,
spiegelnd gegenseitig Sorgen,
Die
Seufzer schön zu trocknen gut sie taugen,
Doch
kaum (wie Wind und Regen sich vereinen)
Von
Seufzern trocken, nass vom neuen Weinen.
Abwechselnd
ihr bereiten stetes Weh
Die
Leidenschaften: jede will sie kleiden;
Sie
nimmt sie auf, und jede schafft, dass je
Die
Gegenwart scheint wie das erste Leiden;
Doch
keine siegt; vereinigt dann zu schauen
Wie
Wolken sind sie, Wetter schlecht zu brauen.
Jetzt
ruft sein Hallo fern ein Jägersmann;
Nie
klang so süß ein Ammenlied dem Kinde.
Der
Hoffnungston schlägt ihre Angst in Bann,
Dass
jedes tödlich-trübe Bild ihr schwinde,
Und
dass die Lust zu ihren Brüsten kehre,
Er
schmeichelt ihr, dass sie Adonis höre.
Worauf,
wie Ebben, Perlen gleich in Glas,
In
ihren Augen lichte Tropfen stehen;
Nur
einer manchmal spritzt die Wangen nass,
Die
gleich ihn schmelzen: er soll nicht vergehen,
Zum
eklen Grau der Erde hingesunken,
Der
nur berauscht ist, während sie ertrunken.
O
Liebe ohne Glauben, die Erscheinung,
Bald
zweifelnd, bald tief gläubig sieht man dich!
Zu
weit in Wohl und Weh geht deine Meinung,
Und
Angst und Hoffnung macht dich lächerlich.
Die
schmeichelt dir mit dem, was unwahrscheinlich:
Die
mit Wahrscheinlichkeit wird schmerzlich, peinlich.
Nun
löst sie auf, was früher sie gewoben;
Adonis
lebt, der Tod ist nicht zu schelten;
Und
schalt sie doch, so kann sie jetzt doch loben,
Und
eilt, durch Ehren reich ihm zu vergelten;
Nennt
Fürst der Toten ihn und Königsgrab:
Was
sterblich ist, beherrscht sein Herrscherstab.
Nein,
ruft sie, süßer Tod, nie zürn ich dir!
Vergib,
ich scherzte und aus Angst ja bloß,
Als
ich den Eber traf, das böse Tier,
Das
wild und streng und gänzlich mitleidslos!
Da,
lieber Schatten, Wahrheit sei gestanden,
Ich
schrie, den Schatz sah ich in deinen Banden!
Ist's
meine Schuld? Es war der Eber grad;
An
ihm, du Todes-Herrscher, sei gerächt!
Er
ist's, der Böse, der dir Unrecht tat!
Ich
folgt ihm nur, er tat was bös und schlecht!
Zwei
Zungen hat der Gram; nie beide lenkte
Ein
Weib, der Zeus nicht zehnfach Weisheit schenkte.
So
hoffend, dass Adonis noch am Leben,
Sucht
sie zu heilen ihre wehe Wunde;
Gesundheit
seiner Schönheit neu zu geben,
Spricht
sie dem Bruder Tode nach dem Munde;
Spricht
ihm von Säulen, Tempeln, Mausoleen,
Spricht
von Triumphen, Siegen und Trophäen.
O
Zeus, ruft sie, ich war der Torheit voll,
Wie
schwach und dumm, den Toten zu beklagen,
Der
lebend ist und immer leben soll,
Bis
alle Menschen letztlich sich erschlagen!
Mit
ihm doch liegt die Schönheit tot darnieder,
Und
wenn sie stirbt, kehrt schwarzes Chaos wieder.
Ach,
Liebe, ach! Wie einer, der mit Schätzen
Im
Kreis von Dieben weilt, so feige du!
Das
Kleinste kann in Angst dich doch versetzen;
Und
was unhörbar, nimmt dir deine Ruh!
Bei
diesem Wort kommt ihr ein Horn zu Ohren;
Da
springt sie auf, die eben noch verloren.
Wie
Falken auf die Lockung fliegt sie hin:
Leicht,
keinen Halm im Flug siehst du sie knicken;
Bis
sie erblickt in dem geschwinden Sinn
Den
Sieg des Ebers über ihr Entzücken;
Worauf,
als ob der Anblick sie erschlage,
Ihr
Auge löscht, ein Stern, beschämt vom Tage.
Auch
wie die Schnecke, trifft den Fühler man,
In
ihr Gehäuse still zurück sich schmiegt,
In
Schmerz und Dunkel sich besinnend dann,
Eh
sie von neuem in dem Licht dann liegt:
So
in die Höhlen unter ihren Brauen
Fliehn
ihre Augen bei dem schlimmen Schauen:
Wo
Dienst und Licht sie zur Verfügung stellen
Dem
irren Hirn, das ihnen unumwunden
Den
Auftrag gibt, der Nacht sich zu gesellen
Und
nicht durch Schaun das Herz mehr zu verwunden,
Das,
eine Fürstin, die im Throne bebt,
Auf
ihren Antrieb dumpfes Stöhnen hebt,
Worauf
die Schar der Untertanen zittert,
Wie
wenn der Wind aus schwarzen Erden-Höhlen
Hervorbricht,
Erde bis zum Grund erschüttert,
Und
nackte Angst strömt in der Menschen Seelen,
So
packte dieser Aufruhr alle Glieder,
Hervor
auch springen ihre Augen wieder,
Ah,
und erleuchten, gegen ihr Gebot,
Die
offne Wunde, die das Schwein ergrimmt
Schlug
seiner Seite, deren Rosenrot
In
seiner Wunde Purpurtränen schwimmt.
Kein
Laub ist nah, kein Blümchen blüht voll Glut,
Was
nicht sein Blut empfing und strömt im Blut.
Dies
ernste Mitgefühl nimmt wahr die Arme;
Auf
eine Schulter müde hängt ihr Haupt sie;
Sie
gibt dem Schmerz sich hin, dass Gott erbarme,
Er
ist nicht tot, er kann nicht sterben, glaubt sie.
Ihr
Mund verstummt, ihr Fuß versagt den Gang,
Ihr
Auge schimmert, das geweint bislang.
So
fest auf seine Wunde nun, die eine,
Den
Blick sie heftet, die drei Wunden schaut;
Schilt
dann ihr Mörder-Auge, das, wo keine
Sein
sollte, zwei noch zu der ersten haut;
Sein
Antlitz zwiefach, doppelt jedes Glied,
Weil,
wird das Hirn irr, falsch das Auge sieht.
Nicht
find ich Worte, einen zu beklagen,
Und
dennoch, ruft sie, liegen tot hier zwei!
Verhaucht
mein Seufzen, Tränen auch versagen,
Die
Augen brennen, und mein Herz wird Blei.
Schmilz,
Blei der Brust, an Augen heißer Röte,
Das
das Verlangen tröpfelnd so mich töte!
Welt,
was verlierst du! Wo ist noch am Leben
Ein
Antlitz, wert, dass Augen auf ihm ruhn?
Wer
singt Musik jetzt? Was kannst du erheben
Wie
die Vergangenheit, so Zukunft nun?
Süß
sind die Blumen, bunt, der Augen Labe,
Doch
wahre Schönheit ging mit ihm zu Grabe!
Dass
niemand weiter Hut und Schleier trage!
Nicht
Wind, nicht Sonne halte euch zu Haus!
Wer
Schönheit zu verlieren hat, verzage,
Euch
pfeift der Wind, euch lacht die Sonne aus!
Als
er noch war, da freilich galt es beiden,
Ihn
seiner Schönheit diebisch zu entkleiden!
Und
darum setzte er aufs Haupt den Hut,
Gleich
kam die Sonne, schön ihn zu bescheinen;
Der
Wind entführt ihn, spielend mit der Flut
Der
Locken, dann, sahn sie Adonis weinen,
Aus
Mitleid strebten beide um die Wette,
Wer
sein Gesicht zuerst getrocknet hätte.
Dass
er sein Antlitz sehe, barg der Leu
Sich
im Gebüsch, ihn ja nicht zu erschrecken;
Der
Tiger, wenn er sang, ward zahm und scheu,
Und
lauschte seinem Liede durch die Hecken;
Der
Wolf verließ die Beute, wenn er sprach,
Das
Lamm verschont blieb vor dem Ungemach.
Wenn
seinen Schatten er im Bache sah.
Umschwammen
ihn mit goldnem Schein die Fische,
So
freuten sich die Vögel, war er nah,
Dass
manche sangen, andere ihm frische
Maulbeeren
brachten, wie er sie zu nähren
Mit
seinem Anblick wusst, sie ihn mit Beeren.
Doch
dieser Böse mit dem Borsten-Bug,
Der
nieder blickend immer sucht ein Grab,
Sah
nie das Kleid der Schönheit, das er trug:
Willkommens-Zeugnis,
das er wild ihm gab!
Kannt
er sein Antlitz, hätte er ihn küssen
Und
so allein den Ärmsten töten müssen.
Ja
wahr! Ja wahr! so muß ich ihn betrauern!
Mit
scharfem Speer er rannte auf den Grimmen;
Der
aber gab nicht Antwort mit den Hauern:
Durch
einen Kuss er dacht ihn umzustimmen,
Ach,
und begrub in seinem dummen Liebeswahn
In
des Geliebten Flanke seinen Zahn.
Ach
hätt ich scharfe Zähne gleich dem Schweine,
Ich
selber war's, die küssend ihn erschlug!
Doch
er ist tot, und nie beglückt er meine
Mit
seiner Jugend, Fluch dem Narren-Trug! -
Mit
dem zu Boden fällt sie, lang gestreckt,
So
dass sein Blut ihr Angesicht befleckt.
Sie
sieht auf seinen Mund und der ist blass;
Sie
nimmt ihn bei der Hand und die ist kalt;
Sie
flüstert in sein Ohr, ich weiß nicht was,
Als
hört es noch, was ihre Lippe schallt;
Hebt
seine Augenlider, ach, und sieht
In
Nacht zwei Lampen, dunkel und verglüht:
Zwei
Spiegel, drin sie selber tausendmal
Sich
selbst sah, blind jetzt und erloschen jetzt;
Hin
ihre Tugend, hin ihr lichter Strahl,
All
ihre Schönheit außer Kraft gesetzt.
Du
Wunder, spricht sie, das ist mein Verdruss,
Dass,
nun du tot bist, Sonne scheinen muss.
Seitdem
du tot, ist Leid der Liebe Frucht
Und
dies für immer, hör es mich verkünden!
Begleitet
wird sie sein von Eifersucht,
Wird
süßen Anfang, bittres Ende finden;
Sie
fällt und steigt und nie auf ebner Höhe,
Wird
ihre Lust nicht gleich sein ihrem Wehe.
Falsch
wird sie sein, voll Unbeständigkeit;
Wird
blühn und welken, wie man Atem zieht;
Ein
Gift, mit Süßigkeiten weiß bestreut,
Durch
die das reinste Auge selbst nicht sieht;
Den
Stärksten allermeist wird sie zum Schwachen,
Den
Weisen stumm, den Narren plappernd machen.
Bald
prüde, bald auch wieder ausgelassen.
Wird
sie im Alter noch im Tanze springen,
Wird
sie den Racker fügsam werden lassen,
Wird
Reiche plündern, Armen Schätze bringen,
Wahnsinnig
wird sie sein, dann mild und lind;
Wer
jung, wird alt durch sie; wer alt, wird Kind.
Wo
gar kein Grund ist, wird sie Argwohn hegen,
Und
wo der größte Grund ist, blind vertrauen;
Wird
gnädig sein und wird der Strenge pflegen;
Wird,
Wahrheit heuchelnd, Lug und Irrtum brauen;
Wird
List vereinen mit der Freundschaft Schein,
Der
Kühnheit Angst, dem Feigen Mut verleihn.
Die
Ursach wird sie sein von schlimmen Kriegen,
Von
wüster Tat, von Sohn und Vater Zwist;
Wird
dienen immer jedem Mißvergnügen,
Wie
trockner Zunder es dem Feuer ist;
Nie,
seit der Tod mein Schatz nahm gleich dem Diebe,
Hab
Glück der Liebe, wer fühlt große Liebe!
Um
diese Zeit so wie ein Rauch zerfloss
Der
tote Knabe, ward nicht mehr entdeckt;
Und
aus dem Blute, das geflossen, schoss
Nun
eine Purpurblume, weiß gefleckt.
Ganz
seinen Wangen glich sie und dem Blute,
Das
rund in Tropfen auf den weißen ruhte.
Sie
neigt ihr Haupt der neu Gebornen zu,
Und
meint, sein Odem sei in ihrem Duft,
Und
sagt: An meinen Brüsten lebe du,
Da
mir ihn selber nahm der Herr der Gruft.
Sie
bricht den Stiel, und in dem Stengel zeigt
Sich
grüner Saft, den Tränen sie vergleicht.
Du
Arme, spricht sie, ach, das war sein Brauch,
Du
eines guten Vaters süße Tochter:
Um
jeden kleinen Kummer floss sein Hauch,
Nun,
wie er war, aufs neue werden mocht er!
So
möchtest du! doch welkt sichs auch so gut
An
meiner Brust, wie dort in seinem Blut.
Hier
war sein Bett! Hier diese Brust! Du bist
Die
nächste Erbin, sollst am Busen liegen!
Es
ist dein Recht, hier ruh zu jeder Frist,
Mein
Herz soll Tag und Nacht dich tröstend wiegen,
Kein
Augenblick in einer Stunde müsse
Vergehen,
dass ich nicht die Blüte küsse.
So
satt der Welt, eilt sie davon, und schirrt
Die
weißen Tauben vor den Himmelswagen,
Durch
deren Flug sie schnell gezogen wird
Durch
leeren Weltraum, rasch wird sie getragen
Zu
Paphos' Hain, in dessen Dämmern still
Und
ungesehen sie allein sein will.