THEORETISCHE PROSA

Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTES KAPITEL
ARISTIPP VON KYRENE


Die frühesten Quellen zu Aristipp sind Xenophon, Platon und Aristoteles. Die wichtigsten der späteren antiken Quellen sind Diogenes Laertios (vor allem zum Leben und ethischen Ansichten), Eusebios von Caesarea (zu den ethischen Ansichten) sowie Plutarch, Sextus Empiricus und Eusebios von Caesarea (zu den erkenntnistheoretischen Ansichten).
Generell lassen sich die Berichte über Aristipp nicht immer leicht von denen über seinen gleichnamigen Enkel trennen. Was aber schwerwiegender ist, ist die Tatsache, dass in vielen Testimonien von den Kynikern, nicht speziell von Aristipp oder anderen Philosophen die Rede ist. Ob die Ansichten der Kyniker schon Aristipp zuzuschreiben sind, oder erst später in der heute erhaltenen Form entstanden, ist eine in der Forschung äußerst umstrittene und nur mehr schwer zu klärende Frage. Bis zum 20. Jahrhundert war man der Ansicht, dass ersteres zutrifft. 1916 widersprach Evangelos Antoniadis dem und führte die Lehre der Kyrenaiker auf Aristipp den Jüngeren und andere Nachfolger Aristipps zurück. Aristipp selbst sei mehr ein praxisorientierter Lebenskünstler, als ein Philosoph gewesen. Bis heute werden beide Ansichten vertreten.
Die Lebensdaten Aristipps sind nur ungefähr bekannt. Aus Angaben des Diogenes Laertios hat man erschlossen, dass er spätestens um 430 vor Christus geboren wurde. Laut Diodor hat er 366 vor Christus noch gelebt. Plutarch berichtet von einem Treffen mit Platon, als dieser sich zum dritten Mal in Syrakus aufhielt (360 vor Christus). Ob die Angabe, er sei während der Regierungszeit Dionysios II gestorben (also vor 356 vor Christus), eine Erfindung ist, ist umstritten. Man nimmt an, dass Aristipps bis in die 350er Jahre vor Christus gelebt hat.
Der Vater des im nordafrikanischen Kyrene geborenen Aristipp hieß Aretades, die Mutter Mika. Er soll anlässlich eines Besuchs der Olympischen Spiele den Sokrates-Schüler Ischomachos getroffen haben, dessen Berichte ihn veranlassten, nach Athen zu gehen, um Sokrates selbst kennen zu lernen. Er gehörte dort einige Zeit zu den Schülern des Sokrates und hatte wohl auch Kontakt zu Platon. In seinem weiteren Leben verließ er Athen, um auf eigene Rechnung umherzuziehen. Seine Reisen brachten ihn vermutlich mehrmals nach Syrakus, in Korinth soll er eine Beziehung zu der bekannten Hetäre Lais von Korinth gehabt haben. Einmal soll er Schiffbruch erlitten haben, darüber hinaus geriet er in persische Gefangenschaft und soll auch einmal aus Kyrene verbannt worden sein. Wann er nach Kyrene zurückgekehrt ist und dort seine Schule gegründet hat, ist unbekannt.
Für seinen Unterricht verlangte Aristipp als erster der Sokrates-Schüler eine Bezahlung. Sein Verhältnis zu Platon, Antisthenes und Xenophon dürfte schlecht gewesen sein, das zu Aischines von Sphettos dafür gut. Zu seinen Schülern zählten unter anderen seine eigene Tochter, die Philosophin Arete von Kyrene, und Antipater von Kyrene. Nach Aristipps Tod übernahm seine Tochter Arete die Leitung seiner Schule. Auch sein gleichnamiger Enkel und Sohn seiner Tochter Arete, Aristipp der Jüngere, wurde später ein bekannter Vertreter der kyrenaischen Philosophie.
Was den Charakter Aristipps betrifft, berichten die Quellen von seiner heiteren Natur, seiner Beherrschtheit und seiner Fähigkeit, in allen Lebenslagen, in Freude und in Not, eine distanzierte Gelassenheit zu bewahren. Luxus und Unterhaltung gegenüber soll er nicht abgeneigt gewesen sein, ohne sich davon oder von anderen abhängig zu machen. Bekannt ist Aristipps Ausspruch über seine Beziehung zu Lais: „Ich habe sie, aber sie hat mich nicht.“ Oft wird dies mit einer angenommen, selbständig-unabhängigen Grundeinstellung Aristipps gegenüber Personen, Dingen und Gefühlen in Zusammenhang gebracht. Horaz spricht in Bezug auf Aristipp von einer Kunst, sich nicht den Dingen, sondern die Dinge sich zu unterwerfen.
Diogenes Laertios hat im 3. Jahrhundert widersprüchliche Informationen über die bereits damals verlorenen Schriften Aristipps gesammelt. Ein erstes bei ihm zu findendes Schriftenverzeichnis zählt 23 Titel auf, ein zweites nur 12 (wobei 6 Titel in beiden Verzeichnissen zu finden sind). Unter den erwähnten Schriften befinden sich sowohl Dialoge, als auch Traktate. Auch ein Brief an seine Tochter Arete, eine Geschichte Libyens und so genannte Diatriben werden erwähnt. Einige Autoren, so Diogenes Laertios, berichten hingegen, dass Aristipp nie Schriften verfasst hat; dies wird heute als eine Fehlinformation angesehen. Die im Corpus der Sokratiker-Briefe erhaltenen Briefe - darunter einer an seine Tochter Arete - und die Schrift „Über die Üppigkeit der alten Zeit“ sind Fälschungen aus späterer Zeit. Fälschlicherweise zugeschrieben wurde ihm die Schrift „Über die Naturphilosophen“. Laut Diogenes Laertios haben sowohl Speusippos als auch Stilpon einen Dialog nach Aristipp benannt.
Die Beiträge der verschiedenen Vertreter zu der Lehre der Kyrenaiker sind in einigen Fällen nur schwer und oft überhaupt nicht auseinanderzuhalten, da in den antiken Berichten nicht selten von „den Kyrenaikern“ insgesamt die Rede ist. Dies betrifft insbesondere Aristipp, seine Tochter Arete und seinen Enkel Aristipp den Jüngeren. Was ihre Nachfolger betrifft, so sind immerhin etliche Stellen überliefert, in denen berichtet wird, inwiefern sie von der Lehre ihrer Vorgänger unterschiedliche Ansichten vertreten haben.
Es liegen verschiedene Berichte darüber vor, welche Teilbereiche der Philosophie die Kyrenaiker behandelt haben. So sollen sie die Beschäftigung mit den Problemen der antiken Physik abgelehnt haben, da Erkenntnisse auf diesem Gebiet, wenn überhaupt möglich, ohne jeglichen Nutzen für den Menschen wären. Widersprüchlich sind die Berichte darüber, ob die Kyrenaiker auch auf die Beschäftigung mit dialektischen (logischen) Fragen verzichtet haben. Zentraler Bereich ihrer Beschäftigung war jedenfalls die Ethik, die sie in angeblich in fünf Teilbereiche teilten:
Erstens, von dem, was zu erstreben und was zu meiden ist; zweitens, von den Empfindungen; drittens, von den Handlungen; viertens, von den Ursachen (hier ging es wohl auch um physikalische Fragen); fünftens, von den Beweisen (hier ging es wohl auch um logische Fragen).
Man vermutet aufgrund dieser Auflistung, dass Physik und Logik auch von den Kyrenaikern behandelt wurden, allerdings wohl hauptsächlich insofern es sich um ethisch relevante Fragen handelte. So ging es im ethischen Teilbereich „Von den Ursachen“ wohl auch um Physik, im Teilbereich „Von den Beweisen“ wahrscheinlich auch um Logik. Etliche Testimonien behandeln die Erkenntnistheorie der Kyrenaiker.
Zur kyrenaischen Erkenntnislehre ist ein ausführlicher Bericht von Sextus Empiricus erhalten. Zentral ist folgende These: „Allein die Empfindungen (Pathos) werden erkannt und sind untrüglich, von den Dingen, die die Empfindungen hervorgerufen haben, ist dagegen keines erkennbar und untrüglich.“ Dass verschiedene Menschen die gleiche Aussage über die Beschaffenheit eines Dings tätigen und dass sie die Dinge mit „gemeinsamen Wörtern“ bezeichnen, ändert nichts an dieser Tatsache. Nach Ansicht der Kyrenaiker seien zuverlässige Aussagen über die Beschaffenheit der Dinge unmöglich und die Dinge unerkennbar.
Das Zustandekommen von Empfindungen ist nach kyrenaischer Ansicht ein körperlich-seelischer Vorgang. Durch die Einwirkung äußerer Gegenstände oder Geschehnisse werden im Körper des Betroffenen Bewegungen ausgelöst, die über die Sinnesorgane in die Seele übermittelt und dort als Empfindungen registriert werden. So sollen die Kyrenaiker statt Sätzen wie „Ich sehe etwas Weißes“, Sätze wie „Ich werde geweißt“ bevorzugt haben, um deutlich zu machen, dass einem bestimmten Gegenstand nicht die Eigenschaft „weiß“ zugesprochen werden kann. Oder in allgemeiner Form: „Ich werde von etwas in einer bestimmten Weise bewegt.“
Die Eigenschaften gut und schlecht sind nach den Kyrenaikern nur an Empfindungen zu finden. Ihre erkenntnistheoretischen Ansichten schließen ja schon aus, dass Dinge als gut oder schlecht bezeichnet werden können. Gute Empfindungen seien aber gleichbedeutend mit lustvollen (hedone) und schlechte mit schmerzlichen. Das Gute ist für die Kyrenaiker also die lustvolle Empfindung, das Schlechte die schmerzvolle Empfindung. Eine Bestätigung dessen sei, dass „die Lust allen Lebewesen erwünscht ist, der Schmerz dagegen zurückgewiesen wird.“ Das höchste Gut und das „Ziel all unseres Tuns“ (Telos) ist demnach die Lust, das größte Übel ist der Schmerz.
Physikalisch gesehen seien Lust und Schmerz Bewegungen. Sanfte Bewegungen würden als lustvoll, rauhe Bewegungen als schmerzhaft verspürt. Sextus Empiricus berichtet von einem dritten Zustand in dem keine der beiden Bewegungen, also weder Lust noch Schmerz verspürt würden.
Im Gegensatz zu den anderen zeitgenössischen philosophischen Strömungen setzten die Kyrenaiker den Zustand der Glückseligkeit (Eudaimonía) nicht mit dem Ziel alles Tuns gleich. Die Eudaimonie wäre ein dauerhafter Zustand ewig sich aneinander reihender Lustempfindungen, ein Zustand der nach den Kyrenaikern nur äußerst schwer zu erreichen ist. Erreichbares Ziel hingegen seien einzelne, zeitlich begrenzte Lustempfindungen. Wodurch Lustempfindungen hervorgerufen werden, war den Kyrenaikern übrigens egal, etwa ob durch gesellschaftlich anerkannte oder von der Gesellschaft nicht akzeptierte Handlungen. Sie unterschieden nicht zwischen unanständiger und anständiger Lust.
Die als höchstes Gut angesehene körperliche Lustempfindung sahen die Kyrenaiker als einen körperlich-seelischen Prozess an. Ein von außen kommender Impuls ruft im Körper eine Bewegung hervor, die an die Seele weitergeleitet und von dieser als lustvoll empfunden wird. Laut Diogenes Laertios haben sie daneben eine minderere, rein seelische Form der Lust anerkannt (seelische Lustempfindungen nannten sie: chara), wie zum Beispiel das Vergnügen am Wohlergehen des Vaterlands und Kunstgenüsse.
Da für die Kyrenaiker die Lust das höchste Gut war, schrieben sie anderen Dingen nur einen Wert zu, insofern sie zum Lustgewinn beitragen. Als Beispiele werden Reichtum, Freundschaft und Einsicht genannt. So lässt etwa die Einsicht erkennen, wie eine Situation lustvoll gestaltet werden kann. In manchen Fällen sei beispielsweise einzusehen, dass es besser ist, gesellschaftliche Konventionen einzuhalten, obwohl diese willkürlich seien.
Auch empfiehlt die Einsicht, bestimmte Gefühle wie Neid, Verliebtheit und Aberglaube zu meiden, da sie mit Schmerz verbunden sind und Lustempfindungen verhindern. Die genannten Gefühle entstünden als Folge leerer Einbildungen. Von diesen leeren Einbildungen, könne man sich durch Einsicht befreien. Etwa wenn man einsieht, dass Neid die Einbildung ist, man müsse etwas haben, was ein anderer besitzt; oder dass Verliebtheit die Einbildung ist, man könne nicht ohne die Gegenwart und Zuneigung einer Person auskommen; oder dass Aberglaube die Einbildung ist, man sei mächtigeren und Strafen verhängenden Wesen untergeordnet. Eine andere Art von Gefühlen bilden hingegen beispielsweise Kummer und Angst (Phobie). Solche Gefühle seien keine leeren Einbildungen, sondern kommen „auf natürliche Weise“ (physikalisch) zustande. Laut Cicero waren die Kyrenaiker aber immerhin der Ansicht, man könne Kummer oft vorhersehen und vorbeugende Maßnahmen treffen. So sprachen sie von einem gewissen Vorhersehen. An anderer Stelle ist überliefert, dass sie nicht nur solchermaßen ein mentales Training, sondern auch körperliches Training (Askese) empfahlen.
Aristipp von Kyrene soll als erster den Begriff der Menschlichkeit in die Philosophie eingeführt haben und hat laut Xenophon und Plutarch einen Kosmopolitismus vertreten.
Aristipp stellte die körperliche Lust über die seelische. "Ich besitze die Hetäre Lais, bin aber nicht von ihr besessen... Denn die Begierden zu beherrschen und ihnen nicht zu unterliegen, ist am besten."
In der Neuzeit könnten manche Äußerungen Rousseaus von Aristipp inspiriert sein. Auch Jeremy Benthams Lehren vom Glück enthalten deutliche Anklänge an Aristipps Vorstellungen vom guten Leben ("Eudaimonia"). Eine Nähe zu gegenwärtigen hedonistischen Strömungen wird man hingegen als äußerlich ansehen müssen.
Der Grund, dass der Name Aristipp heute in Deutschland noch einige, wenn auch meist wenig bestimmte Erinnerungen wachruft, dürfte darin liegen, dass Christoph Martin Wieland ihn zum Helden seines bedeutenden Briefromans „Aristipp und einige seiner Zeitgenossen“ gemacht hat, der zu einem guten Teil der Aufklärung des 18. Jahrhunderts seine Stimme verlieh. In der einen oder anderen Weise wirkt das von Wieland dem aristippischen Lebensstil gesetzte Denkmal in der Rezeption der Antike und in Teilen der deutschen Literatur fort. Wenn die Wieland-Rezeption nach seinem Tode auch zurückging, so haben doch Kenner später gern bei ihm Rat geholt.
Man hat darauf hingewiesen, dass die aristippische Lebenskultur viele Jahrhunderte später, vielleicht in etwas affektierterer Form, eine gewisse Entsprechung in der Welt der französischen Salons des 18. Jahrhunderts gefunden hat. Man zitiert dazu einen Satz Montesquieus, der als Zusammenfassung dessen, was auch Aristipps charakterliche Veranlagung gewesen sein könnte: „Meine Maschine ist so glücklich zusammengesetzt, dass ich von allen Gegenständen lebhaft genug ergriffen werde, um sie zu genießen, nicht lebhaft genug, um darunter zu leiden.“
Zwei antike Hermen, auf denen jeweils ein Mann und eine Frau dargestellt sind, wurden von einigen Forschern als Aristipp und seine Tochter Arete angesehen. Eine der Hermen befindet sich in Berlin, die andere im Musée Antoine Vivenel in Compiègne.
Im Palazzo Spada in Rom befindet sich eine sitzende Statue, die eine verstümmelte Inschrift trägt. Diese beginnt mit ARIST, wird dann unleserlich und lässt Platz für ungefähr vier Buchstaben. Der letzte Buchstabe ist wieder leserlich und ein S. Es könnte sich also um Aristippos, aber auch um Aristoteles handeln.
Arete von Kyrene (geboren um 400 vor Christus, gestorben um 330 vor Christus) war eine griechische antike Philosophin. Innerhalb der Philosophiegeschichte zählt man sie zu den Kyrenaikern.
Der Vater Aretes war der Philosoph und Begründer der kyrenaischen Schule, Aristipp von Kyrene, ihr Sohn war der Philosoph Aristipp der Jüngere. Arete wurde von ihrem Vater unterrichtet und folgte ihm als Schuloberhaupt. Sie selbst war die Lehrerin ihres Sohnes Aristipp dem Jüngeren. Ihre Schriften sind verloren und auch die Testimonien (antike Berichte zu Leben und Lehre) sind äußerst rar. Letztere findet man beispielsweise bei Diogenes Laertios, Eusebius von Caesarea, Clemens von Alexandria, Theodoret, Themistios, Aelian und Strabon. Erhalten ist ein Brief, den ihr Vater Aristipp auf dem Sterbebett an sie schrieb. Vermutlich ist er nicht authentisch, doch hat der Autor vielleicht einen wirklich geschriebenen Brief als Vorlage genutzt.
Um erst in späterer Zeit erfundene Informationen handelt es sich wahrscheinlich bei Angaben, die besagen, dass sie 35 Jahre lang in attischen Schulen und Akademien Naturphilosophie und Moralphilosophie unterrichtet, 40 Bücher geschrieben und 110 Schüler gehabt haben soll.


ZWEITES KAPITEL
DER ISLAM


Es gibt ein paar Dinge, die wir zuerst verstehen müssen. Die Muslime teilen die Welt in zwei Teile. Der erste Teil ist die Welt des Islam. Darin leben die Menschen, wie es der Islam verlangt. Die andere Welt ist die Welt des Krieges. Wenn in einem Land nicht die Scharia herrscht, also das Gesetz des Korans und der Überlieferungen Mohammeds, dann ist dieses Land nicht Gott unterworfen und ist also ein Land des Krieges.
Dieser Begriff, die Welt des Krieges, geht zurück bis auf die Zeit der ersten Kalifen. Kalifen sind religiöse und politische Führer des Islam und behaupten, bis auf Mohammed zurück zu gehen. Und damit haben wir es heute zu tun.
Es gibt verschiedene Arten des Dschihad, das heißt des Heiligen Krieges. Der Dschihad ist eine religiöse Pflicht für die Muslime. Das Wort Dschihad bedeutet im Arabischen eigentlich Kampf, nicht Heiliger Krieg. Da gibt es den inneren Kampf des Gläubigen mit seinem Ego. Da gibt es aber auch den Kampf gegen die Feinde der islamischen Religion. Dann gibt es den Kampf, um Ungläubige zu Allah zu bekehren. Muslime haben traditionell alle diese Arten von Dschihad geführt.
Heute sehen wir den Aufstieg neuer Bewegungen im Islam. Wir sehen einen islamischen Terrorismus, wie ihn die Vergangenheit nicht gekannt hat. Diese neue Form des Dschihad betrifft uns heute alle. Er ist nicht ganz neu, aber er tritt in einer neuen Form auf. Worum geht es in diesem Krieg?
Schon im Anfang des Islam hatte Mohammed heftige Kämpfe mit den Heiden zu bestehen. Mohammed stammte aus Mekka. Sein Vater starb, als Mohammed noch im Mutterschoß war. Seine Mutter starb, als er sechs Jahre alt war. Er wurde von seinem Großvater aufgenommen, der aber starb, als Mohammed acht Jahre alt war. Da wurde er von seinem Onkel aufgenommen. Als er erwachsen geworden war, wurde er Karawanenführer.
Mekka war das Hauptheiligtum des heidnischen Arabien. In Mekka gab es und gibt es heute noch die Kaaba. Das war der Kultort der Götter und Göttinnen Arabiens. Es gab drei große Göttinnen. Diese waren die Frauen oder Töchter des Hauptgottes Allah. Seine drei Töchter wurden als Naturgöttinnen in Mekka angebetet.
Mohammed reiste oft in den Norden. In Damaskus kam er in Kontakt mit Christen. Er wusste etwas über die anderen Religionen. Er war bekannt als ein ehrlicher Mann. Er hatte aber einen niedrigen sozialen Status, da er ohne Vater oder Großvater war. Er lernte eine Christin namens Kadischa kennen, die er schließlich heiratete. Er war damals fünfundzwanzig und sie vierzig Jahre alt.
Im heidnischen Arabien wurde das Erbe von den Müttern an die Töchter weitergegeben. Der Koran und der Islam wollten eine neue Ordnung durchsetzen. Nun sollte das Erbe von den Vätern den Söhnen weitergegeben werden. Es war also der kulturelle Wandel vom Matriarchat zum Patriarchat, was Mohammed durchsetzte.
Während Mohammed mit der Christin Kadischa zusammenlebte, hatte er einige Visionen in einer Höhle außerhalb von Mekka. Er stand auch unter dem Einfluss eines Verwandten seiner Frau, der ein christlicher Mönch war.
Dieser Mönch übersetzte Teile des Alten und des Neuen Testaments ins Arabische. Er überlieferte es Mohammed mündlich. Dieser konnte ein wenig lesen, aber nicht schreiben. Auch Kadischa und ihre Verwandten erzählten ihm Geschichten aus der Bibel. Als er seine Visionen hatte, ermutigte Kadischa ihn, denn sie hoffte, er würde Christ werden.
Mohammed fing an, einige Schlüsselbegriffe zu lehren: 1. Es gibt nur einen Gott. Nur Allah ist Gott und alle anderen Götter und Göttinnen sind nicht Gott. 2. Allah will, dass die Menschen rechtschaffen sind. 3. Allah wird die Toten auferstehen lassen, darum darf man nicht wie die Heiden leben. 4. Allah wird richten, bevor er die Toten auferweckt. Wer unmoralisch lebt, wird in die Hölle geschickt. Hölle heißt Jehenum, das ist die Gehenna, von der Jesus gesprochen hat.
Wenn du ein rechtschaffener Mensch bist, wirst du ins Paradies kommen. Dort fließen Flüsse, die bewässern Gärten mit Obstbäumen. Da gibt es Quellen von reinem Wasser, Brunnen von Milch und Brunnen von Wein, der nicht berauscht. Den Männern sind Paradiesfrauen verheißen, die Huris, die jeden Tag ihre Jungfräulichkeit wieder herstellen. Mit diesen dürfen sich die Männer in alle Ewigkeit vergnügen.
Es gibt keine eindeutige Aussage über das, was muslimische Frauen erwartet, wenn sie ins Paradies kommen. Mohammed sagte aber, die meisten Menschen in der Hölle seien Frauen. Er lehrte dies erfolglos zur Zeit seiner ersten Visionen, bis er aus Mekka nach Medina floh.
Der Tod Kadischas war ein schwerer Schlag für Mohammed. Nun stand er nicht mehr unter ihrem Schutz. Er war nun abhängig von seinem Stamm. Der Stamm aber lebte von den Einkünften, die ihnen die Wallfahrer ins heidnische Heiligtum brachten. Und nun sprach Mohammed gegen diese Götter und Göttinnen. Darum war sein Stamm gegen ihn. Mohammed sagte nun, dass das irdische Leben und der Reichtum nicht alles seien, viel wichtiger sei es, ins Paradies zu kommen. Er sagte, dass alle, die viele Götter und Göttinnen anbeten, in die Hölle kommen. Das war nicht gerade eine populäre Botschaft.
Im Jahr 622 nach Christus wurde Mohammed aus Mekka vertrieben und floh nach Medina. Das ist wichtig, denn die Suren oder Kapitel des Koran werden unterschieden zwischen denen, die in Mekka und denen, die in Medina offenbart wurden. In Mekka hatte Mohammed versucht, als sanfter Mann die Heiden mit Worten zu überzeugen. Nun aber in Medina, zusammen mit seinen muslimischen Jüngern und bekehrten Heiden, begann er, militanter aufzutreten.
Mohammed dachte, dass die Juden als Monotheisten ihn als Propheten freudig begrüßen würden. Das war nicht der Fall, sondern die Juden stellten sich gegen ihn. Mohammed begann eine Reihe von Kriegen gegen Mekka zu führen. Manchmal kämpften Juden auf der Seite von Mekka. Daraufhin vertrieb Mohammed die Juden aus Medina.
Weitere Juden hatte Mohammed enteignet. Bei einem anderen jüdischen Stamm ließ er die Männer über 12 Jahren enthaupten und die Frauen und Kinder versklaven. Einige Jüdinnen nahm er sich zur Frauen.
Zehn Jahre lang führte Mohammed Krieg, bis zu seinem Tod im Jahr 632. Wenn man im Koran die Aufforderung zum Kriegführen liest, handelt es sich immer um eine Sure aus Medina.
Im Islam gibt es keine verbindliche Lehrautorität. Jeder kann den Koran interpretieren, wie er will. Der Islam ist eine Religion des Friedens bei denen, die sich auf Mekka-Suren beziehen. Der Islam ist eine Religion des Krieges bei denen, die sich auf Medina-Suren beziehen.
Die Frage ist für jeden Muslim, welchen Texten er folgt. In der Sure 4, Vers 77 aus Medina heißt es: „Unser Herr, warum hast du uns befohlen zu töten?“ Sieben Mal gibt es im Koran die Aufforderung, die „Ungläubigen zu töten“. In einem andern Text, diesmal aus Mekka, heißt es, es darf keinen „Zwang im Glauben“ geben. Welcher dieser Ansichten ein Moslem folgt, ist seiner persönlichen Interpretation überlassen.
In seinen zahlreichen Kriegen gegen Mekka gelang es Mohammed, Mekka zu unterwerfen. Sie konnten seinem Heer nicht widerstehen. So wurde Mohammed nach und nach der Herrscher über ganz Arabien. Er tötete einige seiner stärksten Gegner, denen er nicht verzeihen konnte. Es gibt Stellen im Koran, die sagen, dass es gut ist, zu vergeben. Aber er gibt auch Stellen, die die Ermordung der Gegner des Islam rechtfertigen. Rache wird gutgeheißen. Welchen Weg nun ein Moslem wählt, den der Vergebung oder den der Rache und des Mordes, ist einer persönlichen Interpretation überlassen.
Mohammed war gewillt, weiterzukämpfen und das Reich von Byzanz anzugreifen. Er starb aber im Jahr 632. Sein Schwiegervater wurde der erste Kalif. Die Moslems breiteten sich aus von Persien bis Spanien. Im traditionellen Islam wurden die Juden und Christen nicht als Ungläubige angesehen, sondern beide waren Volk der Schrift. Wenn Juden und Christen bereit waren, in einem von Moslems eroberten Gebiet zu leben, und wenn sie eine Schutzsteuer an den islamischen Staat zahlten, konnten sie weiter ihrer Religion nachgehen.
Die Christen im nahen Osten begrüßten sogar die muslimischen Eroberer, weil sie so befreit wurden vom byzantinischen Reich. Die Schutzsteuer, die die Christen an die Muslime zahlen mussten, war geringer als die Steuer, die sie dem byzantinischen Reich zahlen mussten. Der kulturelle Fortschritt, den die arabische Kultur damals brachte, ging auf die Christen zurück. Die Christen hatten die Werke der griechischen Philosophen ins Arabische übersetzt. Es gab muslimische Philosophen, die sich mit Platon und Aristoteles und dem Neuplatonismus auseinandersetzten. Aber als sich eine strenge Form des Islam durchsetzte, in der die griechische Philosophie abgelehnt wurde, begann der Niedergang der arabischen Kultur.
Da traten die Türken auf den Plan der Geschichte. Türken sind keine Araber, aber Muslime. Sie drängten nach Europa. Sie zwangen besiegte christliche Männer, zum Islam überzutreten und als Elitesoldaten dem türkischen Sultan zu dienen. Diese Elitesoldaten waren die Janitscharen. Sie hatten noch keine familiären Bindungen an die Türken. Sie waren radikal-loyal dem Sultan gegenüber. Sie wurden gezwungen, gegen andere Christen zu kämpfen. So setzte das Osmanische Reich der Türken seine Expansionspolitik weiter fort.
Da kam es zur berühmten Schlacht bei Lepanto. Eine kleine christliche Flotte besiegte die Türken. Die Christen hatten zuvor in ganz Europa zu Jesus und zur Mutter Jesu gebetet. Die Türken hatten damals Allah geschworen, Rom zu erobern und den Petersdom in eine Moschee zu verwandeln. Das ist nicht geschehen. Hundert Jahre später griffen die Türken Wien an. Wieder beteten die Christen zu Jesus und Maria, und so wurden die Türken vertrieben.
Nun begann das türkische Reich wie auch das persische Reich mehr und mehr zu zerfallen. Im 18. Jahrhundert dringt Peter der Große, der Zar von Russland, in diese Gebiete vor. Die Briten sehen den Erfolg Peters des Großen. Die Briten unterwerfen sich darauf 'Teile Nordafrikas und Indien.
Im Ersten Weltkrieg zerfiel das türkische Reich fast vollständig. Briten und Franzosen nehmen sich ihre Teile. Frankreich nahm sich Libanon und Syrien. Die Briten nahmen sich Palästina, den Irak und Arabien.
Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert entwickelten sich zwei Ideologien, die für unsere heutige Situation entscheidend sind: Ersten der radikale Islam und zweitens der Nationalismus.
Im Jahre 1740 entstand eine neue Bewegung des radikalen Islam, von einem Mullah gegründet, der von anderen Mullahs abgelehnt wurde. Diesen radikalen Islam nennt man nach seinem Gründer Wahabismus. Der Gründer stammte aus der Saud-Familie, daher kommt der Name Saudi-Arabien. Die Familie Saud bildete den militärischen Arm des Wahabismus.
Al-Qaida zum Beispiel ist eine Gruppe des Wahabismus. Der Wahabismus bildet die ideologische Grundlage von Saudi-Arabien, Al-Qaida, Moslembrüderschaft, Taliban und ähnlichen Gruppen in der ganzen Welt. Der Wahabismus betreibt die Ausbreitung im südlichen Afrika und ist besonders stark in Nigeria. Außerdem versorgt der Wahabismus viele Moscheen und Schulen in den USA.
Der Wahabismus hat nun eine bestimmte Auslegung des Koran. Grundlegend ist dafür das Buch ihres Gründers mit dem Titel: Die Einheit Gottes. Im traditionellen Islam wurden ja Juden und Christen als Volk der Schrift bezeichnet. Als Ungläubige galten nur Heiden und Atheisten. Der Wahabismus nennt nun Juden und Christen und muslimische Shiiten Ungläubige und Zauberer. Sie sehen im Koran die Aufforderung, diese Ungläubigen zu töten. Diese Tötungen sehen sie als Gottes Gebot an und fühlen sich verantwortlich, diese Tötungen durchzuführen.
Die Wahabiten begannen 1790 mit einem Angriff auf die schiitischen Muslime, in der Arabischen Emiraten und im Irak. Dann marschierte ihre Armee gen Westen bis nach Damaskus. Da sagte der Sultan: Genug ist genug!
Im Jahre 1900 entkam Ibn Saud aus der Gefangenschaft. Er verbündete sich mit den Wahabiten und begann, Arabien zu erobern. Er schuf Saudi-Arabien, nach ihm benannt. In Saudi-Arabien war nun der Wahabismus eine offizielle Art des Islam. Die Familie von König Abdullah wurde zu Ketzern erklärt und vertrieben. 1920 schufen die Briten Jordanien und gaben es einem der Abdullah-Bruder, für einen andern Abdullah-Bruder schufen die Briten den Irak.
Das war also die Ideologie des radikalen Islam. Aber eine zweite Ideologie ist noch von Bedeutung für unsere heutige Lage, und das ist die Ideologie des Nationalismus. Anfang des 19. Jahrhunderts ward die Idee des Nationalstaats groß, dem die Bürger mehr verpflichtet seien als regionalen Fürstentümern. Die Idee der Nation ersetzte bei vielen Menschen die Religion. Schon in der Zeit nach der Reformation, besonders in der Zeit der Aufklärung, war die Religion nicht mehr die alles einende Idee. Im 30jährigen Krieg führten Christen gegen Christen sogar Krieg. Da nun nicht mehr der Glaube die Menschen vereinte, suchte man die Einheit in der Idee der Nation. Bismarck schuf Deutschland, Garibaldi schuf Italien. Der Nationalismus gipfelte im Ersten Weltkrieg und mit dem Rassismus dazu im Zweiten Weltkrieg.
Der Nationalismus war nicht nur ein europäisches Problem. Auch die Libanesen sagten: Wir sind die libanesische Nation, obwohl es gar kein Staatsgebiet Libanon gab. Zur Zeit des großen Osmanischen Reiches hatten die Menschen sich nicht als Ägypter, Libanesen, Iraker, Kurden, Syrer gesehen. Die Idee der Nation existierte dort nicht, bis sie von den europäischen Christen exportiert wurde. Nun entstanden neue Spannungen. Auch die Armenier begannen, ihre nationale Identität zu entdecken.
Die Türken unterdrückten die Armenier und begingen Anfang des 20. Jahrhunderts den ersten Völkermord, indem sie bis zu zwei Millionen Armenier ermordeten. Da das Osmanische Reich zerfallen war, trat die Idee von Nationalstaaten an dessen Stelle. In Damaskus wurde die Baath-Partei gegründet, das war eine Partei des Nationalismus in Syrien und im Irak. Sie sympathisierten mit Hitlers Nationalsozialisten. Die vom Großmufti von Jerusalem geführten Palästinenser schlossen sich der nationalsozialistischen Idee an, der Großmufti lebte während des zweiten Weltkriegs in Berlin. Die nationalistische Ideologie bildete Regierungen in Ägypten, Syrien, Irak und bestimmte die PLO.
Diese Regierungen waren zentralistisch und mischten sich stark in das Privatleben der Bürger und töteten mehr Menschen, als es das Osmanische Reich je getan hatte. Moderne Kommunikationsmittel und moderne Waffen machten all dies möglich.
Nun stellten die gewöhnlichen Menschen im Nahen Osten fest, dass sie vom Nationalismus unterdrückt wurden. Da sagten sie sich: Der Nationalismus ist ein Dämon aus dem Westen, sie wollen uns dazu bringen, westlich zu denken, aber wir wollen zurück zum Islam, zu einem radikalen Islam.
Die Reaktion gegen den Nationalismus gegen den Nationalismus war also ein Erstarken der radikal-islamischen Bewegungen. Das war der Fall in Syrien und im Irak bis zum Sturz von Saddam Hussein. In diesen beiden Ländern war die Unterdrückung durch die Nationalisten schwer.
Die beiden Zentren für den radikalen Islam sind Iran und Saudi-Arabien. Im Iran hat Ayatollah Khomeini den radikalen Islam für die Shiiten entwickelt. Die Wahabiten entwickelten den Radikalismus für die Sunniten. Schiiten und Sunniten sind streng von einander getrennt und vermischen sich nicht. Sie lehnen einander ab.
Wenn ihr hört, dass sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hat, dann ist es in der Regel ein Vertreter des radikalen Islam, der hofft, so ins Paradies zu den Huris zu kommen. Wenn ihr hört, dass einer andere in die Luft gesprengt hat, ohne sich selbst zu opfern, ist es in der Regel ein Nationalist, denn die Nationalisten haben nicht die gleichen Hoffnungen für den Himmel.
Der Versuch, Freundschaft mit den radikalen Islamisten zu schließen, ist Torheit. Sie lehnen alles ab, was aus dem Westen kommt. Sie zu beschwichtigen wird wohl nicht gelingen. Im neunzehnten Jahrhundert haben allein militärische Aktivitäten die Wahabiten zurückgedrängt.
Der Krieg, obwohl er auch viele neue Probleme schaffen könnte, ist wahrscheinlich die einzige Sprache, die die Radikalen verstehen. Die Art der Kriegsführung ist schwierig. Gibt es noch Hoffnung? Der Islam ist im Chaos.
Eine Vielzahl von Kräften versucht, den nächsten Kalifen zu stellen. Der Kalif wäre der Nachfolger Mohammeds und das religiöse und politische Zentrum des Islam. Um diesen Posten kämpfen die Nationalisten und die Radikalen. Der Islam erfordert ein totalitäres System, um zu überleben. Wenn die Menschen in einer freiheitlichen Demokratie mit Religionsfreiheit die Wahl hätten, würde der Islam sehr schwach werden. Sie können sich nur erhalten, indem sie allen Moslems die Todesstrafe androhen, die Christen werden möchten. Der Islam ist durchdrungen von dieser Mentalität des Totalitarismus.
In Saudi-Arabien ist es verboten, eine Bibel zu besitzen. Dort wurden zwei philippinische Frauen geköpft, weil sie ein Neues Testament bei sich hatten. Sollte sich die Demokratie im Nahen Osten durchsetzen, und wenn die Christen im Nahen Osten ihre Identität bewahren können, wenn die Christen den Missionsauftrag Christi ernst nehmen, kann es möglich sein, den Nahen Osten zu evangelisieren. Dann kann der Nahen Osten wieder christlich werden. Palästina, Syrien, Ägypten und Nordafrika waren einst christlich und Stätten, wo die christliche Weisheit blühte. Dies sollte das Ziel der Missionstätigkeit aller Christen sein.
Wie lernen wir, Muslime zu evangelisieren? Wie können wir lernen, Christus zu verkündigen? Wir müssen eine klare Vorstellung vom Evangelium und der Lehre des Christentums haben. Was die Würde der Person betrifft, sind Christentum und Islam sehr verschieden. Das Christentum würde die Kultur im Nahen Osten enorm erheben. Wir müssen lehren, dass Rache Sünde ist und dass Gott Vergebung fordert. Wir müssen allerdings das Evangelium auch in dem inzwischen materialistischen Europa verkündigen.
Das materialistische Europa hat nicht die Kraft, den Islam aufzuhalten. Die Materialisten werden vom Islam überrollt. Wer denkt, dass der Glaube an Christus die persönliche Freiheit beschränkt, muss sich nicht wundern, wenn ihm vom Islam alle persönliche Freiheit genommen wird. Belgien wollte schon Arabisch zur dritten Landessprache machen. Die Scharia, die islamische Gesetzgebung, soll auf den Straßen von Paris herrschen. Wir brauchen in Europa eine Wiederbelebung des Christentums, eine christliche Mission und eine vom Evangelium geprägte Kultur.
In Indonesien lassen sich jedes Jahr zu Ostern 300 000 Muslime taufen. Ost-Timor war einst ganz muslimisch, jetzt ist es ganz christlich geworden. Das soll uns Hoffnung machen. Wir müssen beten, dass der Nahe Osten evangelisiert wird. Wir müssen selbst auch missionarisch werden. Jeder Christ muss Missionar sein, um Seelen zu Jesus zu führen. Der Kampf gegen den Islam kann erfolgreich sein, wenn wir uns vom Materialismus zum Christentum bekehren.

DRITTES KAPITEL
ÜBER DIE EHE


1. Buch Mose / Genesis Kapitel 2

21 Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch.

22 Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.

23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist sie genommen.

24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch.

25 Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.


KOMMENTAR

1. Die Welt sagt: Ha, der Mann zuerst geschaffen und dann die Frau, das ist typisch patriarchalisch! Stell dir vor, in der Bibel stünde, die Frau sei zuerst geschaffen und dann aus einer Rippe der Frau der Mann geschnitzt. Dann sagte die Welt: Ha, die Frau ist also nur der Steinbruch des Mannes? Das ist typisch patriarchalisch!

2. Die Geschichte, dass Adam aus Lehm geknetet wurde und die Frau aus des Mannes Rippe geschnitzt, ist natürlich nicht buchstäblich zu verstehen. Es ist ein Mythos, aber mit einer tiefen philosophischen Bedeutung.

3. Vor der Schaffung der Frau war Adam einsam. Adam heißt einfach Mensch. Es gibt die Einsamkeit des Menschen vor Gott. Das betrifft Männer und Frauen. Jeder Mensch ist einsam vor Gott. Die Liebe will diese Einsamkeit aufheben. Adam ist ein Mensch, eine geistige Person mit freiem Willen und Vernunft. Die Tiere, die um ihn waren, konnten seine Einsamkeit nicht aufheben, das kann nur ein anderer Mensch, der auch geistige Person ist.

4. Adam sank in einen Schlaf, in eine tiefe Trance. Er ist also nicht der Schöpfer der Frau, sondern Gott. Vielleicht träumte Adam aber von seiner Traumfrau?

5. Die Frau wurde aus der Rippe des Mannes geschaffen. Statt Rippe kann man auch Flanke übersetzen, das bedeutet: Auf einer Flanke allein kann man nicht stehen, es braucht zwei Flanken. Die Frau wurde nicht aus dem Schädelknochen geschnitzt, denn sie soll nicht die Herrin des Mannes sein, und sie wurde nicht aus dem Fußknöchel geschnitzt, denn sie soll nicht die Magd des Mannes sein.

6. Adam ruft: Sie ist Bein von meinem Bein, das heißt: Sie ist Mensch wie ich, ist von gleicher Würde und von gleichem Wert, aber doch verschieden. Mann und Frau ergänzen sich.

7. Adams Ruf: Sie ist es! ist das erste Liebesgedicht der Menschheit. Seine Begeisterung, als er die Frau sah: Sie ist es! findet einen Nachhall in allen Liebesgedichten der Menschheit.

8. Sie soll Frau heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Das ist im Hebräischen ein Wortspiel: Sie soll Ischa heißen, denn vom Isch ist sie genommen. In Isch oder Mann steht das J, in Ischa oder Frau steht das H, zusammen ergibt das JAH, die Kurzform von Jahwe, den Namen Gottes. Mann und Frau sind beide Ebenbilder Gottes. Der Mann ist ein Abbild Gottvaters, die Frau ist ein Abbild von Gottes Liebe.

9. Der Mann wird Vater und Mutter verlassen. Das ist wichtig. Die Hauptperson ist nun die Partnerin. Wer heiraten will, muss aus der kindlichen Abhängigkeit von den Eltern herauswachsen.

10. Sie werden Ein Fleisch werden. Das bedeutet dies: Sex schafft eine Herzensverschmelzung. Sex ist Ausdruck personaler Liebe zum personalen Du. Sex ist die Sprache des Leibes, die sagt: Ich will ein Kind mit dir. Sex hat eine doppelte Funktion: Zum einen vereinigt der Sex Mann und Frau, und zum andern wird im Sex das neue Leben gezeugt. Sex will schöpferisch sein.

11, Wie der Vater den Sohn liebt, und der Sohn den Vater liebt, und ihrer beider Liebe ist der Heilige Geist – so liebt der Mann die Frau, und die Frau liebt den Mann, und die Frucht der Liebe ist das Kind. So ist die Familie ein Abbild der Heiligen Dreifaltigkeit.

12. Und sie waren nackt und schämten sich nicht. Das ist nicht die Schamlosigkeit des FKK-Strandes und der Pornographie. Schamgefühl ist gesund. „Verlust des Schamgefühls ist einsetzender Schwachsinn“, sagte Freud. Scham schützt die Person, die Seele. Darum wünscht sich Christus von den Christen schamhafte Kleidung. Aber in der Intimität der Ehe wird die Scham überwunden durch Liebe. Scham schützt vor egoistischer Begierde, aber hingebungsvoll schenkende Liebe in der Ehe überwindet die Scham. Da entsteht wieder die paradiesische Nacktheit in Unschuld vor dem Antlitz Gottes.


Matthäus Kapitel 5 (Bergpredigt)

Vom Ehebruch: 5,27-30

27 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.

28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.

29 Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.

30 Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.


KOMMENTAR

1. Ehebruch ist der sexuelle Verkehr eines Ehepartners mit einer Anderen als der Ehepartnerin. Ehebruch ist kein Kavaliersdelikt, wie er in unserer heutigen Medienkultur behandelt wird. Ein Kuss ist noch kein Ehebruch. Aber Ehebruch beginnt im Kopf. Männer werden versucht von sexuellen Phantasien, Frauen mehr von romantischen Träumen. Einen Menschen lüstern ansehen, heißt, einen Menschen zu reduzieren auf erotische Reize, die Person nicht zu respektieren, sondern den andern als Lustobjekt oder Sex-Idol zu sehen. Das kann auch in der Ehe geschehen, wenn der Partner nicht mehr als Person gesehen wird, dem ich mich hingeben möchte, sondern als bloßes Fleisch, dass ich benutzen will, um mich selbst daran zu befriedigen.

2. Das Auge ausreißen und die Hand abhacken ist natürlich nicht buchstäblich zu verstehen, sondern bedeutet, auf bestimmte körperliche Genüsse zu verzichten, wenn sie Sünde sind und dem Seelenheil entgegenstehen.


Von der Ehescheidung: 5,31-32

31 Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben.

32 Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.


KOMMENTAR

1. Das Gesetz Moses sagte: Nur der Mann darf sich scheiden, nicht die Frau. Jesus sagte: Das ist nur wegen eurer harten Herzen gesagt worden. Am Anfang bei Adam und Eva war die Ehe unauflöslich, und so soll es wieder werden.

2. Der Fall von Unzucht, griechisch Porneia, ist unklar. Entweder meint es die Verwandten-Ehe (die bei Moses erlaubt war), oder es ist eine spätere Einfügung des Evangelisten Matthäus. In der Katholischen Kirche ist Scheidung nicht erlaubt, nur die sogenannte Trennung von Tisch und Bett, das heißt, räumliche Trennung ohne Scheidung. In der Orthodoxen Kirche ist Scheidung und sogar Wiederverheiratung erlaubt. Unzucht oder Porneia ist nicht nur Pornographie, wie es klingt. Bedenke: 70 Prozent der männlichen Jugendlichen in Deutschland haben heute Umgang mit Pornographie. Allerdings ein dauerhaftes Ehebrechen oder eine krankhafte Sexsucht kann zur Ungültigkeit der Ehe führen. Also: Entweder ist Scheidung grundsätzlich verboten, wie Jesus wörtlich sagt und die Katholische Kirche es lehrt, oder aber Scheidung ist unter gewissen Umständen erlaubt, wie es die Orthodoxe Kirche lehrt. Jedenfalls darf man nicht bei erster Gelegenheit die Vergebung verweigern und sich scheiden lassen. Ehe und Familie ist ein „Fitness-Training der Vergebung“.

3. Die Ehe - und besonders die vor dem Antlitz Christi vollzogene Ehe - und die eheliche sexuelle Vereinigung schafft ein inneres Herzensband, das auch nach der formalen Trennung für Gott bestehen bleibt. Überhaupt verschmilzt die sexuelle Vereinigung zwei Herzen. Eine Trennung lässt schwere Wunden von zerrissenen Herzen zurück. Wer solche Trennungen öfter vollzieht, bekommt ein zerstörtes Herz, mehr und mehr unfähig zu Vertrauen und Selbsthingabe - wenn nicht der Heiland Heilung schenkt.


Epheser-Brief

Über die christliche Familienordnung: 5,21 - 6,9

21 Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus.

22 Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus);

23 denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib.

24 Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen.

25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat,

26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen.

27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos.

28 Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst.

29 Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Kirche.

30 Denn wir sind Glieder seines Leibes.

31 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein.

32 Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche.

33 Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann.


KOMMENTAR

1. Es gab bei den griechischen Philosophen solche Hausregeln. Paulus übernimmt die Vorstellungen seiner Zeit, patriarchalische Vorstellungen. Das wesentlich Neue ist die Verbindung zwischen Mann-Frau einerseits und Christus-Kirche andererseits. Die Ehe bekommt einen göttlichen Sinn und Inhalt.

2. Einer schätze den anderen höher als sich selbst. Gott fordert gegenseitige Unterordnung. Eheliche Liebe soll kein Herrschaftsverhältnis sein, sondern Selbsthingabe und Dienst.

3. Wenn es wahr ist, dass die Aufgabe des Mannes die Führung ist, dann jedenfalls soll er führen wie Christus, also keine Macht und Herrschaft zur Unterdrückung der Frau ausüben, sondern wie Christus dienen und sich selbst hingeben. Des Mannes Krone ist keine Kaiserkrone, sondern eine Dornenkrone.

4. Der Mann liebe die Frau, die Frau ehre den Mann. Die Frau braucht Liebe: Der Mann soll sie schön finden, sie braucht Geborgenheit und Zärtlichkeit und Austausch im Gespräch. Der Mann braucht Ehre: Er will anerkannt und gerühmt werden wegen seiner Arbeit, seiner Leistung, seiner Klugheit und Kraft.

5. Christus ist der Bräutigam, die Kirche ist die Braut. Es ist eine Liebe wie im Hohenlied Salomos. Das Ziel des christlichen Lebens ist die Vereinigung mit Christus. Die Ehe ein Abbild davon. Die Liebe, die Mann und Frau einander spenden, soll die Liebe Gottes sein. Mann und Frau - und Gott der Dritte im Bunde! So wird die Liebe Gottes durch den Partner sinnlich erfahrbar.

6. Selbst im Liebesakt ist Gott gegenwärtig als der Schöpfer. Die Lust der Vereinigung der Ehepartner ist ein Abglanz der großen Lust Gottes an dem geschaffenen Kind.


VIERTES KAPITEL
DIE MÜTTERLICHE LIEBE GOTTES


ZEUGNIS

Die Psychologen sagen, dass in der frühen Kindheit das Gottesbild des Kindes geprägt wird. Ich hatte keinen liebenden Vater und keine liebende Mutter, aber eine liebende Großmutter, die allein lebte. So lebt in mir das Bild von Gott als einer Großen Mutter. Weil ich nun ein weibliches Gottesbild habe, war ich in meiner Jugend offen für den Feminismus. Frauen schienen mir höhere Wesen zu sein. Nach meiner Phase des atheistischen Kommunismus erwachte die Sehnsucht nach dem Göttlichen wieder. Ich war begeistert von der Literatur über die heidnischen Muttergöttinnen und das Zeitalter des Mutterrechts in der Jungsteinzeit. Die Frauen, die ich liebte, schienen mir Göttinnen zu sein. Ich träumte von einer weiblichen Lichtgestalt, einer himmlischen Jungfrau. Als meine Großmutter starb, begegnete mir Christus und ich bekehrte mich. Zwei Jahre lebte ich ohne Anschluss an andere Christen und verliebte mich in die Jungfrau Maria. Sie war die weibliche Lichtgestalt von der ich geträumt hatte. Dann fand ich Anschluss erst bei einer evangelikalen Freikirche und dann bei den Lutheranern. Da wurde mir dann die Marienverehrung genommen. In der Zeit, da ich in der Pfingstgemeinde war, besuchte ich eine charismatische Psychotherapie, dort wurde mir erst bewusst, dass ich zu Gott nicht Vater sagen konnte. Ich nannte Gott den Vater eben Herr, wie im Alten Testament üblich. Bei der Psychotherapie lernte ich ein katholisches Mädchen kennen, die mir wieder einen Zugang schuf zur Marienverehrung. Ich schrieb als Pfingstler einen Roman über das Leben der Mutter Jesu. Als ich katholisch wurde, verlobte ich mich mit der Jungfrau Maria und dichtete ihr viele Hymnen. Da kam ich ins schriftliche Gespräch mit dem Benediktiner-Pater Anselm Grün. Er ermutigte mich, in einer geistlichen Ehe mit Maria zu leben, aber Maria wolle mich ja zu Gott führen, zu Gott als Mutter. Nun las ich erst noch einmal die feministisch-heidnischen Bücher über die Göttin. Dann las ich christlich-feministische Bücher über die Weiblichkeit Gottes, über das Mutter-Antlitz Gottes. Ich studierte katholische Mystiker des Mittelalters die von der Liebe Gottes oder Caritas als einer Frau sprachen oder von der Weisheit Gottes als einer Frau. Die göttliche Weisheit, auf griechisch Hagia Sophia, wurde mein weibliches Gottesbild. Und während mir in der menschlichen Liebe die geliebte Frau als feminines Antlitz Gottes erschien, verwandelte sich Gott der Herr für mich in die Frau Weisheit des Alten Testaments und der christlichen Mystik. Und dieser Frau Weisheit oder Hagia Sophia hab ich die Ehe versprochen. Das ist mein ganz persönlicher Weg. Gott wird in der Bibel ja hauptsächlich Vater genannt. Aber Gott ist Geist, kein Mann. Gott hat väterliche und mütterliche Züge. Von der Vaterschaft Gottes wird viel gepredigt, heute wollen wir uns einmal einige Texte zur mütterlichen Liebe Gottes anschauen. Die Bibeltexte sind nach der Hoffnung-für-alle-Bibel zitiert.



Genesis 1,1

26 Dann sagte Gott: "Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen: über die Tiere im Meer, am Himmel und auf der Erde."
27 So schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau schuf er sie.

KOMMENTAR

Mann und Frau sind beide Abbilder Gottes. Der Mann ist Gott ähnlich. Wir nennen Gott ja Vater, Herr und König. Gott tritt auch als Bräutigam auf. Aber die Frau ist auf ihre Art auch Gott ähnlich. Die Frau ist ein Spiegel für Gottes zärtliche Liebe, Weisheit, Schönheit und Barmherzigkeit. Wie ein Priester mir einmal sagte: Wenn schon die Frauen so schön sind, wie schön ist dann erst die Gottheit! Ich sag euch, ich fände die Vorstellung, in der Ewigkeit Gott anzuschauen, fürchterlich, wenn Gott ein alter Mann mit langem grauen Bart wäre! Aber wenn Gott die Quelle aller Schönheit ist, das Urbild aller Schönheit, dann sehne ich mich danach, die göttliche Schönheit ewig zu genießen!


JESAJA 49

14 Jerusalem klagt: "Ach, der Herr hat mich im Stich gelassen, er hat mich längst vergessen!"
15 Doch der Herr antwortet: "Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen? Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde - ich vergesse dich niemals!

KOMMENTAR

Habt ihr auch schon mal das Gefühl gehabt: Gott hat mich verlassen? Ich habe das sehr oft. So fühlt es sich in der Depression oft an. Und wenn wir uns die Welt anschauen heute: Kriege, Terrorismus, Abtreibung, Euthanasie, Flüchtlingsströme, Hungerkatastrophen, Umweltzerstörung – fragt ihr euch auch manchmal: Gott, wo bist du? Warum greifst du nicht ein? Wir denken doch insgeheim wie Schiller: Über den Sternen muss ein Vater wohnen! Und wir denken, Gott sitzt auf einer Wolke und schaut zu, wie wir uns gegenseitig umbringen! Aber hier sagt Gott: Ich bin euch so nah wie eine Mutter ihrem Säugling! Gott als Vater – das zeigt, dass Gott über der Welt ist, jenseits von allem Irdischen, größer als alles. Gott als Mutter – das zeigt, Gott ist in der Welt, uns ganz nah, ja, Gott ist in uns und wir sind in Gott. Gott leidet mit uns, wenn wir leiden. Gott weint mit uns, wenn wir weinen. Und Gott freut sich, wenn wir uns freuen. Gott weint mit den Weinenden und lacht mit den Lachenden. Man sagt ja, es gibt keine so innige Verbindung wie zwischen Mama und Baby! So ist Gott mit uns! Aber was, wenn eine Mutter ihr Baby umbringt, oder es nicht will und nicht liebt? Dann sagt Gott: Aber Ich liebe dich! Ich liebe dich noch mehr als eine Mutter! Ich liebe dich bedingungslos, hingebungsvoll und für alle Ewigkeit!


JESAJA 66

10 Freut euch mit Jerusalem! Jubelt über diese Stadt, alle, die ihr sie liebt! Früher habt ihr um sie getrauert, doch jetzt dürft ihr singen und jubeln vor Freude.
11 Lasst euch von ihr trösten wie ein Kind an der Mutterbrust. Trinkt euch satt! Genießt die Pracht dieser Stadt!
12 Denn ich, der Herr, sage euch: Frieden und Wohlstand werden Jerusalem überfluten wie ein großer Strom. Ich lasse den Reichtum der Völker hereinfließen wie einen nie versiegenden Bach. Und an dieser Fülle dürft ihr euch satt trinken. In dieser Stadt werdet ihr euch wie Kinder fühlen, die ihre Mutter auf den Armen trägt, auf den Schoß nimmt und liebkost.
13 Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind. Die neue Pracht Jerusalems lässt euch den Kummer vergessen.
14 Wenn ihr das alles seht, werdet ihr wieder von Herzen fröhlich sein, und neue Lebenskraft wird euch durchströmen."


KOMMENTAR

Wir dürfen an den Mutterbrüsten Jerusalems die Milch des Trostes trinken. Aber was ist da Jerusalem? Jerusalem ist im Alten Testament die Jungfrau Jerusalem, die Braut Jahwes. Es ist das auserwählte jüdische Gottesvolk. Im Neuen Testament ist das auserwählte Gottesvolk die Kirche, die Gemeinschaft aller Christgläubigen. Die Kirche ist die Braut Christi. Wie eine Mutter führt sie die Menschen zur geistlichen Wiedergeburt, ernährt sie mit dem Brot des Lebens, mit Christus, segnet die Eheleute, belehrt die Kinder, begräbt die Toten. Die Kirche im Himmel, also alle geretteten Seelen, wird von Johannes Himmlisches Jerusalem genannt, und Paulus nennt das Himmlische Jerusalem unsere Mutter. Aber auch Gott selbst will uns trösten wie eine Mutter. Wenn wir in den Himmel kommen, wird Gott wie eine Mutter alle unsere Tränen trocknen. Aber was sind die Mutterbrüste, die uns die Milch des Trostes saugen lassen? Die christlichen Mystiker sprachen von der Frau Weisheit. Ein Tropfen Milch aus ihrer Brust schenkte den Predigern Beredsamkeit. Frau Weisheit hat zwei Brüste. Die eine Brust ist das Alte Testament, die andere Brust ist das Neue Testament. Frau Weisheit hat zwei Brüste, die eine Brust schenkt den Kleinen im Glauben die Milch der Mutterliebe Gottes, die andere Brust schenkt den Reifen im Glauben den Wein der Weisheit und der Mystik.

PSALM 131

1 Herr, ich bin nicht hochmütig
und schaue nicht auf andere herab.
Ich maße mir nicht an,
deine Geheimnisse und Wunder zu ergründen.
2 Ich bin zur Ruhe gekommen.
Mein Herz ist zufrieden und still.
Wie ein Kind in den Armen seiner Mutter, so ruhig und geborgen bin ich bei dir!

KOMMENTAR

Ich hatte einen Liebling, der war zwei Jahre alt und sagte zu mir Mama. Er braucht nur „Arm“ zu sagen, dann wusste ich, er wollte von „Mama“ in den Arm genommen werden. Und so geborgen dürfen wir uns bei Gott fühlen. Ich als Pflegevater fühlte mich geehrt, dass mein Ziehsohn Mama zu mir sagte. Und so lächelt auch wohl Unser Vater im Himmel, wenn wir beten: Mama! Arm! Gott will uns Geborgenheit schenken und tiefes Vertrauen: Alles wird gut! Wir müssen keine großen Theologen sein oder Männer, die meinen, Gott verstehen zu können. Wir dürfen wie Kinder sein und mit kindlichem Urvertrauen alles von Gott erwarten. Philosophen sagen: Wir haben alle Angst vor dem Tod, eine nackte Angst vor dem Nichts! Aber eine Heilige sagte: Sollte das Baby auf dem Arm der Mutter Angst haben, fallen gelassen zu werden? Nein, wenn wir sterben, ist es wie eine Geburt, wir werden im Himmel zur Welt kommen.


NUN HEBRÄISCH-UNTERRICHT

Rachamim ist hebräisch und bedeutet „Barmherzigkeit“. Es ist genau genommen ein Plural des Wortes für „Gebärmutter“. Gottes Barmherzigkeit ist wie „viele Mutterschöße“. Das, was ein ungeborenes Kind im Mutterleib erfährt, verdeutlicht den biblischen Ausdruck „Barmherzigkeit“. Kein anderes Bild als das des Mutterschoßes beschreibt also treffender das Wesen göttlicher und menschlicher Barmherzigkeit. Das ungeborene Kind spürt Wärme, Geborgenheit, Fürsorge, Schutz. Es erlebt Vertrauen, innige Verbundenheit mit einer liebenden Mutter.
Im Lateinischen heißt Barmherzigkeit: Misericordia. Das setzt sich aus zwei Worten zusammen: Misere – mir geht es miserabel – und cor – das heißt Herz. Gott hat ein Herz für unsere Misere, für unser Elend. Gott ist voller Mitgefühl und Mitleid.
Zu einer polnischen Heiligen hat Jesus einmal gesprochen. Jesus sagte zu ihr: Die Welt ist in Meiner Barmherzigkeit noch tiefer geborgen, als ein Kind im Schoß seiner Mutter!
Was für eine Tragödie, dass heute Millionen von Mutterschößen zu Gräbern des ungeborenen Lebens werden!
Wenn die Bibel also von der Gebärmutter Gottes spricht, ist das ein Ausdruck für Gottes mütterliche Barmherzigkeit. Man spricht auch vom rechten Arm Gottes oder der Hand Gottes, in der alles ruht, oder vom Schemel der Füße Gottes, oder vom alles sehenden Auge Gottes oder vom Angesicht Gottes. Das sind alles menschliche Bilder. Gott ist kein Mann, Gott ist auch keine Frau, Gott ist grenzenloser Geist. Aber bildlich dürfen wir auch vom Mutterschoß Gottes reden. Paulus sagt ja auch: In Gott leben und bewegen wir uns – eben wie ein Kind im Schoß seiner Mutter.


LUKAS 15

8 Oder nehmt ein anderes Beispiel: Eine Frau hat zehn Silbermünzen gespart. Als ihr eines Tages eine fehlt, zündet sie sofort eine Lampe an, stellt das ganze Haus auf den Kopf und sucht in allen Ecken.
9 Endlich hat sie die Münze gefunden. Sie ruft ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und erzählt: 'Ich habe mein Geld wieder! Freut euch mit mir!'
10 Genau so freuen sich auch die Engel Gottes, wenn ein einziger Sünder zu Gott umkehrt."

KOMMENTAR

Ich habe schon oft Frauen beobachtet, die alles abgesucht haben nach dem Autoschlüssel. Jesus vergleicht sich selbst mit so einer Frau. So intensiv, wie eine Frau nach dem Autoschlüssel sucht, sucht Jesus nach den verlorenen Seelen. Wir suchen Gott, aber wichtiger ist noch: Gott sucht uns! Und wenn Gott uns gefunden hat, wie die Frau ihren Autoschlüsseln, sagt er es seinen Engeln, wie die Frau es ihren Freundinnen sagt.


LUKAS 13,34

Jerusalem! O Jerusalem! Du tötest die Propheten und erschlägst die Boten, die Gott zu dir schickt. Wie oft schon wollte ich deine Bewohner um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr habt es nicht gewollt.

KOMMENTAR

Als die Kinder meiner nun toten Freundin klein waren, lebten sie in einem großen Garten mit Hahn und Hennen und Küken. Wenn die Kinder im Garten spielten, konnte ich die Henne beobachten, die die kleinen Küken spazieren führte. Und die Küken drängten sich ganz dicht an die Henne. Da sagte meine Freundin zu mir: Du bist kein Vater, du bist eine Glucke! Und mit genau so einer Glucke vergleicht sich Jesus. Wir sind die Küken, Jesus ist die Glucke.


PAPSTWORTE ZUM THEMA

1

In der Barmherzigkeit werde auch „die mütterliche Dimension Gottes“ sichtbar, erklärte Papst Franziskus. Allerdings würden diesen Ausdruck nicht alle verstehen, er sei „nicht populär im guten Sinn des Wortes“, sondern gehöre wohl einer „etwas gewählten Sprache“ an. „Deshalb rede ich lieber von der Zärtlichkeit, die einer Mutter eigen ist, die Zärtlichkeit Gottes. Gott ist Vater und Mutter.“

2

In einem Buch wurd die kurze Sonntagsansprache abgedruckt, die Papst Johannes Paul I. von hoch über dem Petersplatz an die dort Versammelten hielt. Es ging um das Treffen der Politiker Jimmy Carter aus den USA, Sadat aus Ägypten und Begin aus Israel in Camp David. Papst Johannes Paul I. hörte die Klagen der Politiker, dass kein Frieden im Nahen Osten zustande käme. Als ob Gott uns verlassen habe! "Premierminister Begin erinnert daran, dass das jüdische Volk einst schwere Zeiten erlebte und sich klagend an den Herrn wandte: Du hast uns verlassen, hast uns vergessen. - Nein, antwortete Gott durch den Propheten Jesaja, kann denn eine Mutter ihr eigenes Kind vergessen? Aber selbst wenn das geschehen könnte, Gott wird sein Volk niemals vergessen." Damit schloss der Abschnitt in dem frommen Buch. Der Papst hat damals aber noch mehr gesagt. Es ist Sonntag, der 10. September 1978. Auf dem Petersplatz warten Tausende Pilger, alle schauen hinauf zum obersten Stock des Papstpalastes. Kurz nach 12 Uhr tritt Johannes Paul I. ans Fenster. Er spricht von den Verhandlungen in Camp David, zeigt sich bewegt darüber, dass die drei Staatsmänner ihre Hoffnung auf Gott ausgedrückt haben. So erinnerte Premier Begin an das Jesaja-Wort: Kann vielleicht eine Mama das eigene Kind vergessen? Wörtlich fuhr der Papst dann fort: "Auch wir hier haben dieselben Gefühle. Für Gott sind wir Gegenstand einer unüberwindlichen Liebe. Wir wissen: Gott hat die Augen immer offen über uns, auch wenn es scheinbar Nacht ist. Gott ist Papa, mehr noch, ist Mutter, will uns nichts Schlechtes tun, will uns nur Gutes tun, uns allen. Wenn Kinder vielleicht krank sind, haben sie noch mehr Anspruch, von der Mutter geliebt zu werden. Und auch wir, wenn wir vielleicht an Schlechtigkeit erkrankt und auf Abwege geraten sind, haben noch mehr Anspruch, vom Herrn geliebt zu sein.''


FÜNFTES KAPITEL
HEILIGUNG DES ALLTAGS


Die Bekehrung ist ein Augenblick, die Heiligung ist eine Aufgabe fürs ganze Leben.

Gertrud die Große: Jesus spricht: Was ist mir das Liebste? Das geduldige Tragen der alltäglichen kleinen Widrigkeiten.

Elisabeth von Dijon: Schwester, du meinst, du kannst nicht den ganzen Tag Gott anbeten, aber du kannst Gott in deinen Kindern dienen.

Therese von Lisieux: Die größten Erkenntnisse fand ich nicht in der Gebetszeit, sondern beim Kartoffelschälen.

Teresa von Jesus: Gott ist zwischen den Kochtöpfen zu finden.

Den Tag mit Stoßgebeten ausfüllen: Jesus, ich vertraue dir! Mein Jesus, Barmherzigkeit! Herr, erbarme dich!

Bei jedem Glockenläuten ein kurzes Gebet sprechen.

Die Arbeit möglichst gut tun. Zu mir sagte ein Priester: Für dich heißt, Gott zu dienen, ein guter Dichter zu sein.

Den Tag mit Gebet beginnen und beenden.

Nächstenliebe am Arbeitsplatz üben. Allen Menschen gütig und freundlich begegnen, auch an der Kasse im Supermarkt. Statt sich über die Menschenschlange zu ärgern, die Wartezeit zum Beten nutzen.

Mütter tun an den Kindern die von Jesus geforderten Werke der Barmherzigkeit. „Das habt ihr mir getan.“

Immer denken: What would Jesus do?

Erfüllung der Standespflichten, Befolgung der Berufung. Ein guter Ehepartner sein, gute Eltern sein, ist Gottesdienst. Das Zeugnis einer christlichen Familie geben. Die Kinder zu Jesus führen (vorrangige Mission).

Wer nicht verheiratet ist, soll Vaterschaft und Mutterschaft geistlich ausüben über geistliche Kinder. Wer ehelos lebt, soll sich mit Gott vermählen.

Den Gottesdienst besuchen. Beten. Bereit sein, täglich das Kreuz auf sich zu nehmen. Lebe so, dass man dich nach dem Grund deiner Hoffnung fragt. Lerne deinen Glauben besser kennen. Lese täglich in der Bibel, lese gute christliche Bücher.

Die Dankbarkeit nicht vergessen.

Jesus, ich vereinige mein Kreuz mit deinem Kreuz, mein Leiden mit deinem Leiden, damit durch mich deine Gnade in unsere heutige Welt fließen kann.

Gebetsgemeinschaft mit andern Christen.

Im Beruf kein Konkurrenzkampf, sondern Bescheidenheit und Solidarität.

Dem Vorgesetzten gehorsam sein. Die Untergebenen mit Respekt behandeln.

Kindern vor allem das Vorbild eines gelebten Glaubens geben. Die Liebe Gottes den Kindern erfahrbar machen.

Für Partner und Kinder beten. Bei Ehelosigkeit Fürbitte für die ganze Welt.

Jede begangene Sünde gleich dem Herrn bekennen.

Sonntagsheiligung.

Christliche Hochfeste feiern.

Immer hilfsbereit sein. Wie die Pfadfinder: Jeden Tag eine gute Tat.

Beherrsche deine Zunge, hüte dich vorm Lästern über andre. Rede gut über andre, und wo es nicht geht, da halt den Mund.

Wenn dich Menschen in der Familie, im Beruf, auf den Straßen beschimpfen, schimpfe nicht zurück. Wie hätte Jesus sich verhalten? Hast du Feinde, bete für ihre Bekehrung.

Kümmere dich um die Alten der Familie. Danke deiner Mutter, dass sie dich geboren hat.

Zügle deine Leidenschaften, dass sie dich nicht beherrschen.

Behandle die Schöpfung mit Respekt.

Mit dem Geld tu Gutes.

Denke, dass Gott dein Arbeitgeber ist und du für Gott arbeitest. Arbeite so gut du kannst. Bilde dich weiter. Diene mit deinen Gaben. Arbeitest du in einem Büro für medizinische Informatik, denke, du dienst der Gesundheit der Menschen. Arbeitest du in einem Büro einer Heizungsfirma, denke, du arbeitest für Wärme und Geborgenheit der Familien.

Arbeite an deinem Charakter. Bekämpfe zuerst die kleinen Sünden. Neigst du zur Traurigkeit, suche Gelegenheiten wahrer tiefer Freude auf. Neigst du zum Zorn, lerne von Jesus sanftmütig und demütig zu sein und beherrsche dich. Arbeite an deinem Charakter. Ahme in allem Jesus nach.

Sei nicht ärgerlich oder verzweifelt, wenn deine Pläne scheitern. Denke, Gott hat offensichtlich einen andern Plan.

Werde nicht wütend auf Gott, wenn er dir ein Kreuz auferlegt, sei es Stress oder Ärger oder Streit oder körperliche oder seelische Krankheit. Wisse, dass wir berufen sind, das Kreuz geduldig zu tragen. Das Leben ist kein Ponyhof, das Paradies erwartet uns erst im Himmel. Auf Erden müssen wir bereit sein, das Kreuz zu tragen.

Das Geld, dass du dir verdienst, ist dir letztlich von Gott gegeben. Häufe keine irdischen Reichtümer an, sondern nutze das Geld, um deinen Nächsten zu dienen.

Bemühe dich, immer möglichst bald denen zu vergeben, die dir weh getan haben.

Erziehe deine Kinder nicht in erster Linie für eine weltliche Karriere, sondern so, dass sie Jünger Jesu werden.


SECHSTES KAPITEL
PLATON UND DIE MATHEMATIK


Keiner kommt in den Tempel der Göttlichen Weisheit,
Der nicht mathematisch gebildet vom heiligen Platon!


Der altgriechische Philosoph Platon aus dem 5. Jahrhundert vor Christi Geburt schrieb ein Buch namens „der Staat“. Darin spricht er über Gerechtigkeit und was ein gerechter Staat wäre. Aber er spricht darin auch über Mathematik. Er entwickelt ein System mathematischer Wissenschaften. Gegenstand dieser Wissenschaften ist das „koinon mathema“, das heißt, das „gemeinsame Wissen“. Dieses Wissen muss in allen Wissenschaften und in der Technik berücksichtigt werden, wenn diese Bereiche wissenschaftlich sein sollen. Dieses gemeinsame Wissen leitet Platon von dem Axiom der Rationalität ab, das besagt: Jeder Gegenstand des Wissens muss zweite Dinge aufweisen, nämlich Einheit und Bestimmtheit. Mathematik wird so zur Lehre, wie das Viele oder Mannigfaltige zu einer Einheit verbunden werden kann. Damit erfüllt die Mathematik auf exakte Weise die Forderung der Vernunft, die Einheit und Bestimmtheit der Dinge darzustellen.
Diese platonische Mathematik hatte eine doppelte Zielsetzung: Erstens war sie die Reflexion des Denkens über sich selbst, und zweitens war sie die Grundlage alles theoretischen und technischen Wissens. Im zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt nahmen die Philosophen des jungen Christentums diese Idee Platons auf und entwickelten daraus die „Sieben freien Künste“, das heißt: Grammatik, Rhetorik, Logik, Arithmetik Geometrie, Musik und Astronomie.
Nachdem das Römische Reich von den wilden Germanen der Völkerwanderung kurz und klein geschlagen war, wanderte die platonische Mathematik in den Nahen Osten aus. Syrische Christen hatten die Werke Platons ins Arabische übersetzt. Als dann im siebten Jahrhundert die arabischen Muslime den Nahen Osten militärisch eroberten, entstand eine arabische Philosophie, in die die platonische Mathematik mit einfloss. Damals bemühte sich der Islam, die „Offenbarung Gottes“ im Koran mit der menschlichen Vernunft in Harmonie zu bringen. Später verabschiedete sich der Islam von der Vernunft und somit auch von der platonischen Mathematik und zog sich zurück auf einen sklavischen Gehorsam dem Koran gegenüber.
Interessant ist, dass die platonische Mathematik im lateinischen Westen mit der Bibel harmonisiert werden konnte und im arabischen Osten mit dem Koran. Die Elementarität dieser vernünftigen Wissenschaftlichkeit ward im Judentum, im Christentum und im Islam aufgenommen. Somit bildete die platonische Mathematik eine gemeinsame Grundlage, auf der sich Juden, Christen und Muslime verständigen konnten, wenn sie auch über ihre Heiligen Bücher uneins waren. So kann die platonische Mathematik den Orient und den Okzident miteinander versöhnen. Die platonische Wissenschaftlichkeit der Vernunft muss in allen Disziplinen entwickelt werden. Dabei müssen sich die verschiedenen Disziplinen untereinander austauschen. So wird von vielen Denkern ein Dialog zwischen Philosophen und Mathematikern gewünscht.
In Platons Buch vom Staat stehen einige der berühmtesten Formulierungen der platonischen Philosophie. Da unterscheidet Platon zwischen dem Liebhaber der Wahrheit und den Liebhabern von beliebigen Meinungen. Die Wahrheit ist nur Eine, beliebige Meinungen sind viele. Der Satz: „Du hast deine Wahrheit, ich hab meine Wahrheit“ ist Unsinn und zeigt nur, dass man die absolute Wahrheit mit Meinungen des Zeitgeistes verwechselt. Dann gibt Platon ein Gleichnis: Die Menschen sitzen in einer Höhle und schauen auf die Höhlenwand. Hinter ihnen brennt ein Feuer. Hinter dem Feuer bewegen sich Gestalten. Die Menschen sehen nicht die wirklichen Gestalten, sondern nur die Schatten der Gestalten. So sind die irdischen Dinge nur Abbilder der himmlischen Urbilder, der geistigen Ideen in Gott. Gewöhnliche Menschen sehen nur die irdischen Abbilder, aber Philosophen erkennen im Geist die himmlischen Urbilder. Dann spricht Platon über die Regierungsformen. Wenn ein guter König herrscht, ist es eine Monarchie. Wird die Monarchie pervertiert, wird sie zur Tyrannei. Wenn eine Gruppe von Fürsten herrscht, ist es die Aristokratie. Wird diese pervertiert, wird sie zur Oligarchie. Wenn die Menge des Volkes herrscht, ist es eine Demokratie. Wird diese pervertiert, kommt es zur Anarchie oder Pöbelherrschaft. Die Geschichte verläuft nach Platon zyklisch. Die Monarchie sinkt herab zur Aristokratie, diese sinkt herab zur Demokratie, diese artet aus in Anarchie, dann kehrt die Ordnung der Monarchie zurück. Platon hielt es für besser, der Staat werde von Einem Weisen regiert, als von einer Menge von Narren. Im Anschluss an diese Gedanken entwickelt Platon seine Logik oder Dialektik als die Kunst des vernünftigen Denkens.
Nicht nur viele Mathematiker und Informatiker berufen sich auf die antike Logik des Platon und seines Schülers Aristoteles, sondern auch die Philosophen und Theologen des jungen Christentums. Als das Christentum im Römischen Reich Staatsreligion geworden war, wurde die Platonische Akademie geschlossen. Die Platonisch-Aristotelische Logik kam durch Übersetzungen arabischer Christen in den jüdischen und muslimischen Kulturkreis des Nahen Ostens und befruchtete dort die islamische und jüdische Philosophie. Mit diesen islamischen und jüdischen Philosophen setzten sich im katholischen Mittelalter die großen katholischen Philosophen des Abendlandes auseinander. So kam das Wissenschaftskonzept und die Logik und Mathematik der Antike in den lateinischen Westen und wurde an den großen Universitäten studiert.
Die Verbreitung der platonischen Mathematik und Logik über verschiedene Kulturräume und Geschichtsepochen, die untereinander sehr verschieden waren, zeigt die große Elastizität der platonischen Wissenschaft. Für 1000 Jahre nahm sie die Logik des Aristoteles in sich auf. In der christlichen Spätantike und im katholischen Mittelalter wurde die Logik des Aristoteles mit dem Denken des Neuplatonismus verschmolzen, so auch in der arabischen Philosophie. Die platonische Mathematik war also eine Denkmethode, um die Antike, das Judentum, das Christentum und den Islam untereinander dialogfähig zu machen. Die Rationalität, die Vernünftigkeit der griechischen Logik bringt Menschen unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse ins Gespräch und ist ein Gegengift gegen Fanatismus und Religionskriege.
Nicht nur die Mathematiker haben sich die platonische Mathematik zum Muster genommen, sondern auch die heidnischen Philosophen der Spätantike. Des weiteren war sie die Grundlage der islamischen Philosophie von Avicenna und Averroes. In der jüdischen Philosophie verwandte sie Moses Maimonides. In der katholischen Philosophie des europäischen Mittelalters verwandte sie Albert der Große, auch genannt Doctor Universalis, der Schutzpatron der Naturwissenschaftler, und Thomas von Aquin, auch genannt der Engelgleiche Thomas.
Dieses große Interesse an Platons „communis mathematica scientia“ macht es zu einem dringenden Anliegen, den Gründen nachzugehen, die diese Wissenschaftstheorie so attraktiv machte. Es wäre sinnvoll, Platon erneut zu lesen im Hinblick auf ein modernes Mathematikverständnis. Es wäre auch sinnvoll, die moderne Informatik ins Gespräch zu bringen mit der Logik des Aristoteles.
Die mathematische Universal-Wissenschaft Platons wurde in die Konzeption der Sieben Freien Künste eingebracht. Man kann sie auf diese Formel bringen: Es ist die Reflexion des Denkens über die rechten Urteilskriterien. Auf welche Urteilskriterien kann die Theorie der Wissenschaft gestützt werden? Was garantiert die wahre Rationalität der Wissenschaften?
Was ist das Ziel, das Platon mit seiner Universal-Mathematik verfolgt? Er will, das wir in der Erkenntnis, im Handeln und im Produzieren vernünftig vorgehen und nicht beliebig. Die meisten Menschen wenden die Kriterien rationalen Handelns an, aber da sie diese Kriterien nicht kennen, gebrauchen sie sie nur aus dem Zufall der Intuition heraus.
Ein solches Wissen, dass über die Kriterien der Vernunft aufklärt, nennt Platon „koinon mathema“, das heißt, ein „gemeinsames Wissen“. Die Disziplin, die dieses Wissen methodisch ordnet, heißt auf lateinisch „communis mathematica scientia“ oder auch „mathesis universalis“. Mathematik bedeutet auf Griechisch: zum Wissen gehörig. Es geht nicht nur um Rechenaufgaben, sondern um ein vernünftiges Leben.
Platon suchte die Wissenschaft der Wissenschaften und nannte diese Fundamentalwissenschaft mathematisch. Es geht darum nicht nur um Quantitäten. Das Mathematikverständnis, in dem es nur noch um Quantitäten geht, ist ein Produkt des neuzeitlichen Rationalismus. René Descartes sagte: Ich denke, also bin ich. Dieser neuzeitliche Rationalismus hat wenig gemeinsam mit der platonischen Vernunft.
Es geht bei den platonischen Mathematik aber auch nicht um eine esoterische Zahlenmystik, wie der moderne Zeitgeist der Esoterik gerne behauptet. Nein, sondern Platon weist einfach nach, dass man etwas nicht denken kann, wenn es nicht erstens mit sich selbst identisch ist und es zweitens von anderem unterschieden ist. Identifizierbarkeit und Unterscheidung sind Grundforderungen rationalen Denkens. Denken ist ein Akt der Unterscheidung.
Wenn man reflektiert über die Bedingungen, die es dem Denken ermöglichen, seine Arbeit der Unterscheidung zu tun, kann man daraus erschließen ein gut strukturiertes und hoch differenziertes Wissenschaftssystem. Dabei werden zuerst die Begriffe mathematischer Gegenstände angewandt.
Wie lässt sich etwas unterscheiden von etwas anderem? Zuerst muss es ein Eines sein, das mit sich selbst identisch ist. Es muss ein Ganzes sein, dass von anderem unterschieden ist. Das Ganze hat Teile, die als Teile des Ganzen einander gleich sind, aber untereinander verschieden. Es gibt also beim Erkennen eines Dings zu bedenken: Die Einheit, die Identität, die Verschiedenheit, das Ganze, die Teile, Gleichheit, Ähnlichkeit, Kontinuität, Anfang, Mitte und Ende. Das sind Kriterien, an denen man sich bei der Erkenntnis orientieren sollte.
Wer einen Ton hören will, muss ihn als Ton in seiner Identität wahrnehmen, er muss ihn von anderen Tönen unterscheiden, er muss seinen Anfang, seine Dauer, sein Ende wahrnehmen. In der Mathematik tut man das Gleiche. Nur in der Mathematik untersucht man, was Identität, Unterschied, Anfang und Ende an und für sich ist.
Die platonische Mathematik ist also ebenso eine allgemeine wie auch eine besondere Wissenschaft. Als allgemeine Wissenschaft ist sie die Anwendung der rationalen Kriterien auf alle möglichen Erkenntnisgegenstände.

EPILOG

Widme dich, o Student des mathematischen Denkens,
Deinem Schöpfer und der göttlichen Intelligenz!