ODER
GNOSTISCHE BRIEFE FÜR FORTGESCHRITTENE
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
VORBEMERKUNG DES HERAUSGEBERS
Im Januar des Jahres 2017 wurde nach einem Terroranschlag auf das Katharinenkloster auf dem Sinai durch die Detonation einer Bombe eine unterirdische Höhle geöffnet, in der die hier vorliegende Schriftrolle gefunden wurde. Sie ist auf syrisch verfasst, enthält aber auch koptische und chaldäische Vokabeln. Man kann sie etwa auf das Jahr 165 nach Christus datieren. Diese Schrift ist für das Studium der Geschichte der gnostischen Häresie nicht uninteressant. Im Auftrag von Papst Franziskus hat eine Kommission von namhaften Theologen den Text zuerst ins Lateinische übersetzt, daraufhin habe ich für die große Nation der Dichter und Denker den Text aus dem Original ins Deutsche übersetzt.
Aus dem Vatikan, am 13. Mai 2017,
Pater Petrus Schwanke SJ
GESCHICHTE DER FRANZÖSISCHEN MONARCHIE BIS LUDWIG XVI
CHLODWIG
LUDWIG DER HEILIGE
LUDWIG XIV
LUDWIG XVI
NAPOLEON DER ANTICHRIST
WIEDERKUNFT JESU MIT MAGDALENA DER SCHWESTER DER ENGEL
ERSTER BRIEF
Geliebte Susanna, redlicher Marcus!
Am Anfang waren die Mutter des Schweigens und der Vater des Zorns. Es war noch kein Meer, keine Flüsse, keine Berge, weder Himmel noch Erde, weder Sterne noch Menschen. Vor aller Schöpfung, vor der Erschaffung von Raum und Zeit, unsichtbaren und sichtbaren Geschöpfen, sage ich, liebten sich als die ersten und höchsten Gottheiten die Mutter des Schweigens und der Vater des Zorns.
Die Mutter des Schweigens ist die Urschönheit, der Inbegriff und die Quelle aller Schönheiten. Die Mutter des Schweigens ist die vollkommene Güte und Barmherzigkeit. Darum liebt sie der Vater des Zornes, denn sie ist sein Friede.
Die heilige Hochzeit, der hieros gamos der Mutter des Schweigens und des Vaters des Zornes war die mystische Vereinigung von Gott-Natur und Gott-Geist. Sie ist die innergöttliche Vermählung von Transzendenz und Immanenz.
Der Vater des Zorns ist die göttliche Kraft. Er ist die Allmacht und das göttliche Wissen. Sein heiliger Zorn ist die Quelle seiner männlichen Energie. Durch diese Energie wird er zum Werkmeister, zum intelligenten Creator und Designer.
Wer, mag man fragen, hat die Hochzeit der höchsten Gottheiten gesegnet? Niemand, denn es war kein anderes Wesen da. Es war auch kein höheres Wesen, dass sie hätte segnen können. Es gab auch noch keinen Priester. Nein, sondern sie sahen, liebten sich und vereinigten sich.
Was war das Ehebett des Vaters des Zornes und der Mutter des Schweigens? Es war das Bett der Ewigkeit, das Bett der ewigen Liebe. Der Allmächtige und die Schöne Liebe vereinigten sich im Bett der Ewigkeit, und das war das Siegel ihrer heiligen Hochzeit.
Der Wein des allmächtigen Vaters floss über in den Mund der Mutter der Schönen Liebe, da ward sie trunken, wie er trunken war, und sie lachten in der Freude der nüchternen Trunkenheit des Geistes ihr olympisches Lachen beim Werk der Liebe.
So ward schwanger die Mutter des Schweigens vom zeugenden Samen des zornigen Vaters. Er hatte seine allmächtige Kraft in ihre göttliche Ohnmacht ergossen, und sie ward zur Göttin der geistlichen Fruchtbarkeit.
Neun ewige Monde vor der Erschaffung der Zeit gebar in göttlichen Wehen die Göttin der himmlischen Fruchtbarkeit ihre Erstgeborenen, die Zwillinge, maskulin und feminin, nämlich den himmlischen Äon des Christus und den himmlischen Äon der Sophia.
Wer aber taufte die göttlichen Zwillinge? Ich sage, in ihrer Kindheit niemand. Denn der allmächtige Vater in seiner Allwissenheit sah voraus die Endzeit, da der erwachsene Jesus freiwillig mit viel Wasser wird getauft werden.
So waren denn der Äon Christus und der Äon Sophia die lebendige Frucht der erotischen Liebe, die den Vater des Zorns mit der Mutter des Schweigens vermählt hatte.
Mehr sag ich für heute nicht.
Es grüßen euch die Mutter Monica von Rom, die Jungfrau Dina von Bethlehem und die fröhliche Kindermutter Sabina von Rom. Die Gnade der höchsten Gottheiten sei mit euch. Ich grüße euch mit dem heiligen Bruderkuss und dem heiligen Kuss der Liebe,
Euer Gnostiker Josef.
ZWEITER BRIEF
An die Geliebten der Pneumatischen Kirche, den ehrwürdigen Bruder Marcus und die holdselige Schwester Susanna!
Friede zuvor, ihr Lieben, und Huld von den himmlischen Mächten!
Wer sind die beiden Erstgeborenen? Logos und Sophia, das himmlische Paar. Sie sind vom Vater des Zorns für einander bestimmt. In aller Ewigkeit haben sie einander erwählt. Es gibt in den himmlischen Welten des Pleromas einen mystischen Spiegel, speculum immaculatae, in diesem Ideen-Spiegel haben Logos und Sophia einander als Braut und Bräutigam erkannt.
Weil die präexistenten Seelen der Erstgeborenen einander zusammen in dem Spiegel Gottes geschaut haben als Eheleute, darum werden sie einander in allen Reinkarnationen wiedererkennen als für einander bestimmte Eheleute.
Unsere älteren Brüder, die Juden, nennen die Äone Christus und Sophia die Sephirot Chochma und Bina.
Die unergründliche und unerkennbare Gottheit, en-soph oder deus absconditus, offenbart sich in ihren göttlichen Hypostasen, deren höchste die Krone ist, dann folgen Chochma und Bina. Chochma ist die Weisheit oder Sophia, Bina ist die Vernunft oder der Logos. Die Vernunft ist der Vater der Götter und Menschen, die Weisheit ist die Mutter der zehntausend Dinge. Erst in ihrer Vereinigung bilden sie das Abbild der zweifaltigen Gottheit.
Der Logos ist der Bundesgott der Männer. Der Logos ist der göttliche Philosoph der Philosophen und der Geliebte für seine Freunde im Kloster.
Sophia ist die Bundesgöttin der Frauen, vor allem der priesterlichen Jungfrauen im theosophischen Nonnenkloster. Die priesterlichen Jungfrauen sind die Avantgarde des weiblichen Geschlechts, denn Sophia wird auch die schwer zugängliche Mutter genannt. Die Mütter in ihren Kinderstuben können sie kaum finden. Darum erwählt die Bundesgöttin Sophia ihre keuschen Jungfrauen, die das heilige Feuer der Weisheit hüten.
Die Theologen der christlichen Kirche sagen: Was hat Gott vor der Schöpfung der Welt getan? Und sie antworten: Er hat Ruten geschaffen zur Züchtigung der Narren, die solcherlei fragen.
Aber uns Weisen ist es ein Ärgernis, dass die christlichen Theologen immer die Dummheit des Volkes selig preisen. Wir eingeweihten Gnostiker und wahren Pneumatiker haben Visionen und Offenbarungen im Dritten Himmel geschaut und Worte des Paradieses gehört, die den christlichen Narren unbegreiflich sind.
Was weiß ich von der Hochzeit des Gottes Logos und der Göttin Sophia?
Sie liebten einander wie die Götter und Göttinnen des Olymps: Sie sahen einander, sie entbrannten für einander, sie vereinigten sich und gaben sich ganz hin. Dann, in der Morgenröte der Ewigkeit, erhoben sie sich vom Bett der unio mystica und baten den himmlischen Vater um seinen Segen für ihre Ehe. Und der allmächtige Vater gebot den vereinigten Äonen: Seid fruchtbar und mehret euch.
Sophia aber im siebenten Mond ihrer Ehe gebar, und was sie gebar, das waren göttliche Zwillinge und ewige Äonen, maskulin und feminin, nämlich sie gebar den Paraklet und die Kyriake, auch Heiliger Geist und Kirche genannt. Diese Kirche oder Kyriake allerdings war keine menschliche Sekte, sondern eine platonische Idee.
Dies soll für heute genügen. Wer die Götter im Herzen hat, in dessen Herzen ist immer Frühling.
Euer Pneumatiker und Theosoph Josef.
DRITTER BRIEF
An den Morgenstern der Gemeinde, Susanna, und den Meister der Beredsamkeit, Marcus!
Heil euch im Kranz der Gerechtigkeit!
Ihr Lieben, neulich durfte ich euch schreiben von der Geburt der göttlichen Äone, des Parakleten und der Kyriake. Darüber gebietet mir der Himmel, euch weitere Offenbarungen mitzuteilen.
Der Paraklet ist der Vater der Armen und der Tröster. Er ist friedlich wie eine Taube, belebend wie lebendiges Wasser, reinigend wie Feuer und unterweisend wie die Zunge. Er gibt die sieben Gaben, die Gottesfurcht, die Frömmigkeit, die Weisheit, die Einsicht, die Gotteserkenntnis, die Tapferkeit und den guten Ratschlag. Er bringt hervor die Früchte der Keuschheit und Sanftmut, der Güte und der Geduld, des Friedens und der Freude, wir sehen also Susanna erfüllt vom Heiligen Geist. Der Paraklet gab mir die Gaben der Weisheit, der Lehre und den heiligen Prophetismus.
Weniger bekannt ist der Äon Kyriake. Sie ist die platonische Idee der Kirche. Sie ist eine makellose Konzeption, eine keusche Jungfrau, eine mystische Braut des Parakleten und eine Mutter der Pneumatiker.
Die Jungfrau Kyriake war in tiefer Beschauung des himmlischen Vaters, als der Paraklet zu ihr kam wie eine Taube, sich niederließ auf ihren Schoß, die Schwingen spreizte, schnäbelte und pickte.
Der Paraklet ist auch die goldene Wolke der Herrlichkeit und ließ sich nieder auf das Tabernaculum der Jungfrau Kyriake. Wie Jupiter der Jungfrau Danae sich vereinigte im strömenden goldenen Regen, so überschattete der Paraklet die makellose Konzeption und zeugte in ihr.
Nun war aber der Paraklet die letzte göttliche Hypostase und brachte keine neue göttliche Hypostase hervor. Dennoch wurde die Jungfrau Kyriake besamt und ward zur Göttin der Fruchtbarkeit und gebar ohne Wehen.
Aber was sie gebar, war kein weiterer Äon, sondern ein Mittler, nämlich der Archont Sabaoth. Von diesem Archonten, den die Somatiker der Welt und die Psychiker der Kirchen als Schöpfergott ehren, demnächst mehr.
Alle guten Geister seien mit euch! Der Schutzmantel der Kirche des Heiligen Geistes beschütze euch und vermittle euch himmlische Weisheit!
Josef der Philosoph.
VIERTER BRIEF
Epistel an die Gemeinde der Hyperboräer, den Ältesten Marcus und die Diakonisse Susanna, von Josef, der Zither des Heiligen Geistes.
Von dem Archonten Sabaoth wissen wir, dass er der Schöpfer der Welt ist, Creator ex nihilo. Wenn aber Sabaoth aus dem Nichts geschaffen, was ist dann das Nichts? Ist das Nichts ein ewiger Urstoff? Aber der Urstoff ist ja erst von Sabaoth geschaffen worden. Der Philosoph nennt nun das Nichts die feminine Geliebte des Archonten Sabaoth, aus der er, wie Marduk aus der Meeresgöttin Tiamat, die Welt gebildet hat.
Was nun das Wesen des Archonten Sabaoth ist, erkennen wir aus der Schöpfung seiner Kraft. Ist die Welt gut oder böse? Der Philosoph nennt den Krieg den Vater aller Dinge. Krieg und Sieg und Tod bringen die Welt in ihrer Entwicklung voran. Am namenlosen Leiden der Kreaturen erkennen wir das Wesen des schöpferischen Archonten als das eines Gottes voll Zorn und Grimm.
Der allerhöchste Gott ist unbefleckt. Er gibt sich nicht mit einer niederen Materie ab. Nein, der dämonische Archont schuf die prima materia und die geistigen Urformen. Er schuf sie, indem er einen Urkeim des Kosmos in das Nichts setzte. In diesem Urkeim waren erst enthalten Zeit und Raum, sichtbare und unsichtbare Geschöpfe. In einer plötzlichen Explosion begann sich die konzentrierteste Energie zu entfalten, dass Zeit und Raum entstanden.
In diesem Urkeim der Schöpfung aber saß, vom Archonten Sabaoth eingeblasen, der göttliche Eros. Dieser göttliche Eros in seiner ewigen Intelligenz bewirkt die Evolution der Schöpfung. Eros gebietet den Geschöpfen Ort und Stunde ihres Erscheinens in der Wirklichkeit. Darum ist Eros der Erste und Älteste aller Götter. Der Weise nennt Eros den Evolutionator des Kosmos, das A und O des Kosmos, und eine fortschreitende Erotisierung des Kosmos führt die Schöpfung zum Omega-Punkt, da der Kosmos in der vollkommenen Symphonie des Sphäros ertönt.
Wie die prima materia und die geistige Urform aus diesem Urkeim emaniert sind, so ist auch die Existenz des Menschen zu dem von Eros vorherbestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Kosmos aufgetreten.
Nun ist aber, wie der östliche Philosoph sagt, die Existenz des Individuums ein Leiden und Unheil. Und darum, wie der griechische Philosoph sagt, weil das Dasein an sich schon Schuld ist, darum ist des Menschen Dasein seine Buße.
O meine Mutter! Wehe! Weh mir, dass du mich geboren hast! Wäre ich doch in deinem Mutterschoß wie eine Fehlgeburt gestorben, dann hätte ich Ruhe!
Ihr Lieben, aber Heiterkeit, als ein Gottesdienst an den höchsten Gottheiten, sei mit euch!
Geschrieben am Sabbath zu Rom. Es grüßt euch eure Schwester, meine Herrin, die Koinonia von Roma.
Josef.
FÜNFTER BRIEF
An die Lilie Susanna und den Eichbaum Marcus, Gruß von Josef dem Trauerschwan!
Heute möchte ich euch von der Urtragödie der Menschheit erzählen. Ein Narr ist, wer mehr gibt, als er hat. Ich habe alle gnostischen Evangelien gelesen und zum Teil aus dem Koptischen ins Lateinische übersetzt, ich habe alle Platoniker gelesen, die heidnischen und die christlichen, und alle sprechen von dem himmlischen Sündenfall, aber keiner offenbart, worin die Sünde Sophias bestand. Ich denke mir, dass die Heiligen Scheu hatten vor den Himmlischen und darum diskret dies Thema vermieden.
Möglicherweise erwachte in dem Äon Sophia der Geist der Weltlichkeit, die Liebe zur Materie. So liebte Eva die verbotene Feige, so waren die Israeliten des ewigen Manna überdrüssig und sehnten sich nach den Fleischpfannen Ägyptens. Möglicherweise war es Sophia satt, immer nur in den unbefleckten Spiegel Gottes zu schauen, und sie begann, sich nach den irdischen Genüssen zu sehnen.
Sicher sagen die Mystiker, dass der himmlische Äon Sophia nach dem Sündenfall in die böse Materie gestürzt ist und dort als gefallene Weltseele wirkte. Sie riss sich von ihrem Ehemann Christus los und ward zur heiligen Hure in der materiellen Welt. Hier erfuhr sie Leid und Tod, darum seufzt sie nach ihrem Retter und Heiland, dem himmlischen Bräutigam Christus, dass er sie aus dem Kerker der Materie erlöse und wieder heimführe in das himmlische Pleroma zur himmlischen Hochzeit und mystischen Vereinigung und Gottes-Ehe.
Ihr Lieben, was Jesus unter den Gottessöhnen, ist der göttliche Platon unter den Philosophen. Dem Platon offenbarte der Heilige Geist, dass die menschliche Psyche vor ihrer Empfängnis selig im Ideenhimmel war und im Spiegel der Gottheit die himmlischen Götter sah, wie die göttliche Liebe, die göttliche Schönheit und die göttliche Weisheit. Dann aber geschah der himmlischen Psyche ihr Sündenfall und sie ward vom zornigen Vater in den Kerker des Fleisches verbannt. Auf dem Weg ins Fleisch trank die gefallene Psyche vom Wasser der Lethe, dem Fluss des Vergessens, und so vergaß sie die göttliche Wahrheit und ward zur Närrin auf Erden. Nur Künstler und Philosophen tranken von der Lethe nicht mehr, als dass sie nur drei Tropfen nippten. Darum haben Künstler und Philosophen eine deutlichere Ahnung von der seligen Schau der Götter in ihrer Seele. Aber wenn die Psyche auf Erden zu lieben beginnt, erweckt Eros ihre Flügel, begeistert erinnert sich Psyche dann wieder an die himmlische Liebe und Schönheit.
Die Juden sagen, die Seelen, die vor ihrer Empfängnis für einander von der Vorsehung bestimmt waren und gemeinsam in den Spiegel der Gottheit schauten und sich zusammen im Spiegel als Eheleute sahen, die sind auf Erden getrennt, suchen aber ihre vorherbestimmte Parallel-Seele.
So wird vom Kaiser von China und seiner Lieblingskonkubine, der schönsten Frau der Welt, erzählt, sie hätten vor ihrem Leben im Himmel jeder die Hälfte eines Spiegels erhalten, und seien auf Erden erst selig geworden, als die den Partner mit der passenden Spiegelhälfte gefunden hatten. Und so muss es wohl mit euch sein, Marcus und Susanna, denn ihr seid von Gott für einander erschaffen worden, wie zwei vereinigte Samentropfen in der Hand des allmächtigen Vaters.
Der Philosoph sagt, aus der Einen Über-Gottheit sei in einer Emanation der Geist hervorgegangen, aus dem Geist die Weltseele, aus der Weltseele die Natur.
Diese gefallene Weltseele ist die gefallene Sophia, die von den Ägyptern als Mondgöttin Isis verehrt wurde. Sie irrt umher wie ein von Herzen betrübtes Weib und ruft: Maranatha, Komm, Herr Jesus!
Und der Geist und die Braut seufzen: Komm, Herr Jesus!
Euer Josef, der verbannte Unsterbliche.
SECHSTER BRIEF
An Marcus, very sophisticated, und an Susanna, very charming!
Die Wahrheit sei mit euch!
Ihr Lieben, in den folgenden Briefen verfolge ich die gefallene Sophia, die nach ihrem Erlöser sucht. Behaltet das im Sinn.
So will ich heute über Adam und Eva schreiben.
Von Mutter Erde oder Adama, der siebenten Erde, erhob sich Adam, der Mensch. Die Juden nennen ihn Adam Kadmon, den androgynen Urmenschen. Dieser androgyne Urmensch ist ein Mikrokosmos, ein Spiegel für den Makrokosmos, ein Abbild der unergründlichen Gottheit en-soph oder deus absconditus. Das Männliche im Hermaphroditen ist die Seite des Zornes Gottes, Gottes Hass auf die Sünde. Das Weibliche im Hermaphroditen ist die Seite der allverzeihenden Liebe Gottes bis hin zur Indifferenz. Die Vermählung des Weiblichen und Männlichen in Adam Kadmon ist die Vermählung des heiligen Zorns des Vaters mit der indifferenten Liebe der Mutter, daraus geht hervor die Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit Gottes liebt den Sünder, aber hasst die Sünde.
Adam, wie Salomo lehrt im Buch der Weisheit, war am Anfang ohne Ehefrau, aber Sophia war mit ihm. Adam war der einsame Mensch und Sophia seine göttliche Braut.
Wie der hyperboräische Philosoph lehrte, war es Adams Sündenfall, dass er sich von der göttlichen Braut abkehrte und ein irdisches Weib an ihre Stelle setzte, nämlich Eva. Da verlor Adam Kadmon, der Bräutigam der göttlichen Sophia, seine androgyne Ganzheit und ward zum männlichen Mann Adam, der begehrte das feminine Weibchen Eva.
Nun sehnt sich aber der nur-männliche Mann wie die nur-feminine Frau nach dem Heil, nach der Ganzheit, nach der paradiesischen Androgynität zurück. So kommt der göttliche Christus zur nur-femininen Eva, vermählt sich mystisch mit ihr, sie wird eins mit ihm, so wird sie heil und heilig. So kommt die himmlische Sophia zum nur-männlichen Adam, sie vermählt sich mit ihm, er wird eins mit ihr, so wird er heil und heilig.
So ist eure irdische Ehe, Marcus und Susanna, die Ehe von Adam und Eva, und als solche ein Abbild des hieros gamos der Äone Christus und Sophia im Himmel.
Ihr werdet mir sagen: Paulus, du bist von Sinnen! Das viele Studieren hat dich verrückt gemacht! Du redest im Wahnsinn, in Mania! Paulus sagte: Nein, ich rede nicht in Mania, sondern in Logos und Sophrosyne, ich rede nicht im prophetischen Wahnsinn, sondern in Vernunft und Besonnenheit.
Platon spricht von der Mania, dem heiligen Wahnsinn. Es gibt die Mania der Poeten, die von den Musen verzückt weissagen. Es gibt die Mania der Philosophen, die von Sophia verzückt weissagen. Es gibt die Mania der Propheten, die von Theos verzückt weissagen.
Haltet mir ein wenig Torheit zugute! Denkt, er redet im prophetischen Wahnsinn, er ist besessen von einem pythischen Dämon, er redet Orakel wie die Sibyllen.
Euer Josef, trunken von der nüchternen Trunkenheit des Geistes.
SIEBENTER BRIEF
Liebe Venus Susanna, lieber Mars Marcus!
Charis sei mit euch!
Heute schreibe ich euch von einer der Reinkarnationen der gefallenen Sophia, nämlich von der weltberühmten Helena von Sparta. Meine Quellen sind die geheimen Offenbarungen von Simon Magus, die homerische Ilias und das Epos Kyprien, von einem hyperboräischen Poeten rekonstruiert.
Die Götter und Göttinnen waren auf einem Festmahl, als die Göttin der Zwietracht hereinkam und sagte: Wer ist die Schönste von allen Göttinnen? Da wetteiferten alle weiblichen Gottheiten um den Apfel, der der Schönsten als Trophäe überreicht werden sollte. Wer aber sollte Richter sein? Das sollte der Hirte Paris sein, der auf dem Berge Ida seine Schafe weidete.
Drei höchste Göttinnen erschienen nun vor dem Hirten Paris: Die Himmelskönigin Juno, die Kriegsgöttin Minerva und die Liebesgöttin Venus.
Juno stand in einem langen goldenen Gewand vor Paris. Sie trug goldene Sandalen an den Füßen. Ihre Arme waren Lilienarme. Neben ihr stand ein Pfau. Sie sprach: Ich bin Juno, die Schwester und Gemahlin Jupiters, die Himmelskönigin. Gib mir den Apfel des Schönheitspreises und ich mache dich zum mächtigsten Mann auf Erden.
Dann erschien Minerva. Sie trug ein langes schwarzes Kleid. Auf dem Haupt trug sie einen Helm, in den Händen hielt sie Schild und Lanze. Ihre Augen waren Eulenaugen. Sie sprach: Ich bin Minerva, Zeus' Tochter, die Göttin des Krieges. Gib mir den Apfel als Schönheitspreis und ich gebe dir Sieg über alle deine Feinde und den Lorbeerkranz des Ruhmes eines Feldherrn.
Dann erschien Venus, die lachenliebende Liebesgöttin, die Schaumgeborne, die Schamerfreute. Sie trug ein kurzes rotes Kleidchen. Ihre Oberschenkel und ihre Arme waren weiß, ihre vollen Brüste quollen aus dem Kleidchen hervor. Sie sagte: Ich bin Venus, die Göttin der Liebe und Schönheit. Gib mir den Apfel des Schönheitspreises und ich schenke dir zur Geliebten die schönste Frau Griechenlands, Helena von Sparta, die Ehefrau des braungelockten Menelaos.
Paris war unschlüssig. Alle Göttinnen waren himmlisch schön. Da zog Venus ihr rotes Kleidchen aus und stand nackt vor Paris! Und augenblicklich überreichte er den Apfel der nackten Göttin.
Nun war Paris aber ein Prinz, ein Sohn des Königs Priamos von Troja, Bruder des Hektor und Äneas und der Kassandra. Gegen den Rat seiner Brüder und die Prophezeiungen Kassandras rüstete er eine Flotte aus und segelte nach Sparta.
Dort fand er Helena allein. Ihr Mann war in Geschäften unterwegs. Helena war groß und sehr schlank, ihre goldenen Locken wallten bis zum Popo. Paris beschenkte sie mit Schmuck und Parfüm und Kleidern. Sie ließ sich gern verführen. Sie folgte ihm zu seinem Schiff und segelte mit ihm fort.
Am Strand der Insel der Liebe wälzten sie sich in der Gischt der Brandung und vermischten sich in Liebe.
Dann kamen sie nach Troja in Kleinasien. Ihr eifersüchtiger Ehemann rief Achilles und Agamemnon und Odysseus und andere griechische Heroen, und der Zehnjährige Krieg begann.
Homer nennt Helena eine läufige Hündin. Eine skythische Dichterin schrieb: Bei Licht betrachtet ist selbst Helena eine Schlampe. Aber Simon Magus sagte: Helena von Sparta war eine Inkarnation der gefallenen Sophia, der heiligen Hure, die nach ihrem himmlischen Bräutigam und Erlöser seufzte.
Ihr Lieben, grüßt mir die Hausgemeinde von Zypern, besonders Sankt Epaphroditus, den Bischof und Knecht der Aphrodite, und Sankt Nympha, meine junge Geliebte.
Euer Josef
ACHTER BRIEF
An die mystische Sekte, den Stern der Gemeinde, Marcus, und den Engel der Gemeinde, Susanna, von dem, der die Erleuchtung gefunden hat, Josef.
Die Liebe des Himmels sei mit euch!
Heute schreibe ich euch von einer weiteren Reinkarnation der gefallenen Sophia. Geh auf den Gassen umher, du vergessene Hure, und sing deine Lieder zur Lyra, auf dass man in siebzig Jahren deiner gedenke, sagt der Prophet.
Sophias neuere Inkarnation war Helena von Tyrus. Sie war eine Hure und arbeitete im horizontalen Gewerbe als Freudenmädchen im Freudenhaus. Dort begegnete ihr durch Fügung des Schicksals Simon Magus.
Simon Magus ist aus den Akten der Apostel und aus den Akten Petri bekannt. Wir finden seine Weisheit überliefert in den Büchern der gnostischen Philosophen.
Er erkannte in der Hure Helena von Tyrus die neuste Inkarnation der heiligen Hure Sophia, der gefallenen Weltseele. Er nahm sie als seine Konkubine mit sich auf Reisen, sie kamen durch Samarien. Dort sah Simon Magus die Apostel durch Handauflegung den Heiligen Geist vermitteln, und Simon Magus begehrte die gleiche Gabe. Die Apostel sagten: Du Sohn Belials, du denkst dir die Gnade Gottes durch Geld erkaufen zu können? Hinweg mit dir, du Rattenschwanz des Antichristen!
Simon Magus reiste weiter mit seiner Konkubine und kam in die Ewige Roma. Hier verkündete er: Ich, Simon Magus, bin die Dynamis Gottes, und Helena von Tyrus ist die Sophia Gottes! Unsere heilige Hochzeit, die Hochzeit des Magiers und der Hure, ist die Hochzeit der Kraft und der Weisheit.
In jenen Tagen war der Apostel Petrus Bischof von Rom, und Marcus war sein Schreiber. Petrus trat dem Simon Magus entgegen. Die Lehre des Papstes war: Christus allein, sola Christus! Christus ist die Dynamis und die Sophia Gottes.
Nun kam es zum Wettstreit der beiden Gelehrten. Simon Petrus und Simon Magus stritten miteinander, wer weiser und wissender sei. Sie stritten, wer die Vollmacht von oben habe. Sie stritten, welches die wahre Kirche sei, die gnostische ecclesiola in ecclesia oder die katholische Kyriake?
Simon Magus sagte: Ich bin die Kraft Gottes! Und er erhob sich in die Lüfte und schwebte über Rom am Himmel. Der Papst sagte: Christus ist die Kraft Gottes, und wies auf die Sonne. Da begann die Sonne am Himmel zu tanzen, bunte Funken zu sprühen, und schien auf die Erde zu stürzen. Da stürzte Simon Magus, der Wundertäter, aus den Lüften und fiel auf die Erde.
Helena von Tyrus aber liebte sowohl den Simon Magus als auch den Simon Petrus. Sie war eben eine stadtbekannte Dirne. Sie wollte beide Männer zu ihren Füßen sehen, den Sohn Belials und den Felsen der Kirche. Denn diese Hure hatte eine Hurenstirn und wollte sich nicht schämen. Die Zeichen ihrer Hurerei hingen zwischen ihren imposanten Brüsten. Sie war nun einmal die gefallene Weltseele, die heilige Hure, die Göttin Venus, die Tochter Babel, die Hure Babylon, die Mutter aller Hurerei. Und in Wahrheit suchte sie nur ihren himmlischen Bräutigam und Erlöser.
Damit den Gottheiten befohlen!
Josef
NEUNTER BRIEF
Seid gegrüßt, Marcus, du Zeder auf dem Libanon, und Susanna, du Mystische Rose von Scharon!
Ich werde euch heute die Wahrheit über Jesus schreiben. Das Thema dieses Briefes lautet: Die gefallene Sophia hat endlich ihren Bräutigam und Retter Christus gefunden. Historisch gesprochen: Ich rede über die Ehe von Jesus und Magdalena.
Wer war Jesus? Wer die Evangelien als Schriftgelehrter bis auf Punkt und Komma studiert, wird sehen, dass es zwei Jesusse gab: Der eine stammte von David über Salomo, der andere über Nathan ab. Wer Erkenntnisse höherer Welten hat und in der geistigen Weltchronik im Äther lesen kann, hat gesehen, dass der eine Jesus eine Wiedergeburt Buddhas, der andere eine Wiedergeburt Zarathustras war. Als beide Jesusknaben im Alter von zwölf Jahren im Salomonischen Tempel waren, wurden sie vertauscht. Der eine Jesusknabe ging verloren, der andere kam im Alter von dreißig Jahren an den Jordan.
Bei der Taufe Jesu durch Johannes den Baptisten, da mit viel Wasser getauft wurde, öffnete sich der Himmel und der kosmische Christus-Sonnengeist kam auf Jesus herab. Von der Stunde an war Jesus besessen vom Christus-Sonnengeist.
Am Anfang der Schöpfung lösten sich Mond und Erde von der Sonne. Der Regent der Sonne ist der Christus-Sonnengeist, der Regent des Mondes ist Jehova mit den sieben Elohim. Die Aufgabe des Kosmischen Christus war es, die Mutter Erde oder Adama heimzuholen und mit der Sonne wiederzuvereinigen. Darum kam er auf die Erde.
Wenn ihr euch wundert über diese Wahrheit, miss ich euch sagen, dass die Pneumatiker die Bibel anders lesen als die christlich-kirchlichen Somatiker. Wo die Somatiker am Buchstaben kleben, erfassen wir Pneumatiker intuitiv den Geist der Bibel. Dazu sagt ein arabischer Prophet, die Christen hätten das Evangelium verfälscht. Um nun das wahre himmlische Evangelium zu rekonstruieren, muss man, wie ich, Erkenntnisse höherer Welten haben und in der Äther-Chronik zu lesen wissen. Darin steht nicht nur die Wahrheit über Atlantis, sondern auch die Wahrheit über Jesus. Soviel zur exegetischen Methode.
Die gefallene Sophia war reinkarniert in der Hetäre Magdalena. Hetäre heißt Freundin. Im Hellenismus galten die Ehefrauen nicht viel, sie waren ungebildet und taugten nur zur Hausarbeit und Kinderpflege. Wenn ein Mann eine interessante Frau suchte, ging er zu einer Hetäre. Die Hetären kannten griechische Philosophie, ägyptische Mysterien und die Liebeskünste des Orients.
Sokrates war mit Xanthippe verheiratet. Als er morgens aus dem Haus ging, warf sie ihm den Abfalleimer auf den Kopf. Er sprach lieber mit der schönen Hetäre Aspasia.
Jesus, der göttliche Philosoph und jüdische Kyniker, ging auch zu einer Hetäre, und zwar zu Magdalena, die in Magdala am See von Tiberias lebte. Er sah, dass sie besessen war von sieben weiblichen Dämonen. Deren Anführerin war Lilith, die Braut Luzifers, die Braut Samiels, die Braut Asmodis. Lilith ist nicht nur eine Mörderin von ungeborenen Kindern, sondern auch eine Verführerin. Wenn asketische Eremiten nachts allein in ihrer Höhle schlafen, kommt Lilith, bringt die Eremiten zum Samenerguss und saugt den Samen auf und zeugt damit Dämonenkinder. Jesus aber trieb die Teufelin Lilith aus der Hetäre Magdalena aus.
Eines Tages saß Jesus mit sieben Schriftgelehrten zusammen. Sie lagen zu Tische und tranken Wein. Dabei disputierten sie über die Brautmystik des Propheten Hosea. Da kam Magdalena herein, trat an die Füße Jesu, ließ Tränen auf seine Füße fallen, küsste die Füße, trocknete die Füße mit ihren langen rotblonden Locken. Dann entblößte sie ihre idealischen Brüste. Zwischen ihren Brüsten hing ein Myrrhebeutel. Der ganze Raum war erfüllt von ihrem Duft.
Jesus, wahrer Mensch und höheres Selbst, und Magdalena, die öffentliche Sünderin und stadtbekannte Dirne, beschlossen zu heiraten. Dies Mysterium der Ehe von Christus Jesus und Sophia Magdalena wird im Bericht der Hochzeit von Kana angedeutet. Jesus kam mit seinem schwarzen Hund Sol und Magdalena mit ihrer weißen Katze Luna. Alchemistisch gesprochen war es die Hochzeit des Roten Löwen und der Weißen Lilie.
Weil Jesu Jünger auf der Hochzeit von Jesus und Magdalena soviel Wein tranken, ging der Wein bald aus. Magdalena sagte: Herr, sie haben keinen Wein mehr. Jesus sagte: Frau, was ist das zwischen mir und dir? Und Jesus verwandelte Wasser in sechshundert Liter Wein. Petrus war zufrieden.
Wir sehen hier Jesus als göttlichen Bacchus. Magdalena ist die göttliche Venus. Die Hochzeit von Jesus und Magdalena war ein Bacchanal. Der Wein war das Aphrodisiakum.
So waren nun Jesus und Magdalena verheiratet. Die gefallene Sophia hatte ihren Retter und Gatten gefunden, den himmlischen Christus.
Prosit! Euer Josef.
ZEHNTER BRIEF
An die ecclesiola in ecclesia, den conventikel pietatis, und zumeist an die schöne Nympha!
Heute will ich schreiben vom Tod Jesu. Macht euch gefasst auf die Vereinigung von Leidensmystik und erotischer Mystik, wovon ihr wenig wisst, aber darum sendet mich der Geist, euch zu unterweisen. Ihr aber macht mir mit eurer Schönheit eine stille Freude, am allermeisten du, Nympha, Prinzessin Gottes!
In dem Garten Gethsemane schliefen Petrus und Johannes tief und fest, denn sie hatten zuviel vom Hochzeitswein getrunken. Der Christus Jesus war in kosmischer Einsamkeit. Da kam Judas mit einigen Soldaten und küsste Jesus: Mein Freund und Bruder im Herrn, ich gebe dir zum Zeichen der Männerfreundschaft den heiligen Bruderkuss! Salve! Die Soldaten nahmen Jesus gefangen.
Da floh ein Jüngling, er ließ seine weiße Tunika fallen und floh nackt. Die christlichen Somatiker, die nur ans leckere Essen denken, meinen, das wäre Sankt Marcus gewesen. Wir Pneumatiker wissen, dass es der Christus-Sonnengeist gewesen, der von Jesus floh, so dass nicht der Christus, sondern nur Jesus gekreuzigt worden ist, wie auch die arabischen Propheten sagen, die es vom Erzengel Gabriel wissen.
Ich selbst habe das Judas-Evangelium ins Griechische übersetzt. Die Christen halten Judas für einen Verräter und ganz Juda für Gottesmörder. Die gnostische Wahrheit ist, dass Judas wusste, dass Jesus zum Heil der Erde am Kreuz bluten musste, ja, wollte, und so förderte er den Plan der Vorsehung, indem er Jesus an die Soldaten Roms auslieferte. Judas war das auserwählte Werk der Vorsehung. Ohne Judas wäre Jesus nicht am Kreuz geschächtet worden. Darum verdient Judas alle Ehre der Altäre in der gnostischen Kirche.
Jesus hing am Kreuz und ihm zu Füßen kniete Magdalena. In unsäglichen Schmerzen vereinigte sich das mystische Ehepaar auf dem Bett des Kreuzes. Magdalena küsste das Blut von den durchbohrten Füßen und trocknete die blutigen Füße mit ihren langen rotblonden Locken. Im übrigen war Jesus nackt am Kreuz, wie alle Sklaven. Wir beten einen nackten Jüngling an! Hier vollzog sich in der kosmischen Weltnacht die erotisch-mystische Vereinigung von Christus und Sophia in Jesus und Magdalena.
Jesu Blut floss in die Aura der Mutter Erde. Die Göttin Gäa sog das Blut auf. Das Jesusblut zieht nun in langen und geduldigen Evolutionen die schwarze Mutter Erde heim zu ihrem Vater, der lichten Sonne am Himmel. Das ist der Sinn des ägyptischen Mysteriums von Golgatha.
Da sprach Jesus: Es ist vollbracht. Denn vollbracht war die Hochzeit von Vater Himmel und Mutter Erde.
Hiermit sei gegrüßt, wunderschöne Nympha, von Josef, dem Knecht deiner Hündin.
ELFTER BRIEF
An die ecclesiola pietatis und die Narren in Christo!
Die Hyperboräer feiern die junge blonde Göttin Ostera. Die Kreter sind faule Bäuche, ihr Gott ist der Bauch. Fort, müde und faule Schläfrigkeit! Erhebe dich im heiligen Stolz, mein Genius, und singe das Hohelied des auferstandenen Jesus und seiner Liebesgöttin Magdalena im Garten des Menschheitsfrühlings!
Magdalena, die Morgenröte, ging im Garten umher und suchte das rote Ei des Phönix. Da trat Jesus zu ihr, der Gärtner im Garten der Seele, und grüßte Maria: Maria!
Da warf sie sich zu seinen Füßen, umklammerte seine Beine und sagte: Mein Rabbi! Da sagte Jesus lächelnd: Noli mi tangere!
Magdalena sagte: Mein Schatz! Jesus sagte: Meine Schöne! Magdalena sagte: Auserlesen unter tausenden ist mein Geliebter, ein Apfelbaum unter den Waldbäumen. Seine Gestalt ist schön wie der Apoll von Belvedere!
Da sagte Jesus: Schön bist du, meine Geliebte! Deine Brüste sind pralle Trauben! Ich will die Palme besteigen und die Feige pflücken! Deine Gestalt ist schön wie die Mamorstatue der knidischen Aphrodite!
Magdalena sagte: Komm, mein Geliebter, und weide in den Adonisröschen! Komm, lass uns gehen aufs Land und dort schlafen in dem Weinberg! Früh am Morgen schenk ich dir all meine Liebe!
Jesus sagte: Geliebte, unter deiner Zunge sind Milch und Honig. Dein Becken ist ein Becher, dem nie der Mischwein der Liebesvereinigung fehlt! Deine Brüste sind wie pralle Trauben. Der Wein geht meinem Munde lieblich ein und macht mich trunken vor Liebe!
Magdalena sagte: Wenn du mein Bruder wärst, dann dürfte ich dich öffentlich küssen. Komm in das Haus meiner Mutter, der Gottheit, und trinke von dem Most meiner Granatäpfel!
Jesus sagte: Ich komme in das Haus deiner Mutter, der mütterlichen Gottheit. Siehe den Fürsten im Kranz der Hochzeit, mit den ihm seine Mutter, die mütterliche Gottheit, heute gekrönt hat.
Und wie es im Evangelium des heiligen Apostels Philippus geschrieben steht, das zum gnostischen Kanon gehört, küsste Jesus Magdalena auf den Mund. Er küsste nicht Petrus, er küsste nicht Johannes, die Brüder im Herrn, aber Judas küsste ihn. Er küsste nicht Susanna, die Diakonisse, er küsste nicht die junge Salome, die Tänzerin, nein, er küsste Magdalena auf den Mund. Magdalena sang: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes! Mein Geliebter zieht mich ins Brautgemach und sagt: Komm, Geliebte, lass uns eilen!
Und wie es im Evangelium des heiligen Thomas, des Zwillings Jesu, heißt, das zum gnostischen Kanon gehört, setzte Jesus seine Ehefrau Magdalena zur Super-Apostelin ein, zur Hohepriesterin der gnostischen Kirche. Petrus, der Apostelfürst und Führer der Männerkirche, war eifersüchtig. Aber Jesus setzte Magdalena ein zur Apostelin der Apostel und sandte sie aus als Missionarin der göttlichen Liebe, dass sie Gallia bekehre zur ältesten Tochter der Kirche.
Und Jesus ward unsichtbar und schwand im weißen Nebel in die Allgegenwart der Gottheit. Und wie es im Evangelium der heiligen Maria heißt, das zum gnostischen Kanon gehört, sah Magdalena in einer Vision den erhöhten Christus auf der Spitze der Himmelsleiter, und er rief sie zu sich. Und sie eilte zu ihm durch die sieben Täler des Purgatoriums, da sie gereinigt ward von den sieben Todsünden. Und sie zog ihren Stolz aus und stand da in nackter Demut und sagte: Nun bin ich eine nackte Seele in heißer Begierde nach meinem Geliebten! Und sie zog ihre Wollust aus und stand da in nackter Keuschheit, mit nichts bekleidet als der Keuschheit, nicht nackt, sondern gekleidet in Sonnenstrahlen und Herrlichkeit der Götter!
Brüder, die zu Propheten berufen sind, plappern nichts als Belangloses. Ich aber bin der Prophet der Aphrodite des mystischen Christentums. Die Liebe sei mir Sünder gnädig!
Josef.
ZWÖLFTER BRIEF
An die Gemeinde in Babylon und vor allem an meinen Sohn Marcus!
Bruder, während du in Babylon mit deiner Susanna genüsslich Austern schlürfst, lieg ich auf dem Markt von Athen und esse meinen Erbsenbrei. Meinen Holzlöffel hab ich verschenkt, denn ich traf einen zwölfjährigen Judenknaben namens Thomas, den sah ich mit den Händen essen. Höchste Anspruchslosigkeit! So ess ich nun auch mit bloßen Händen. Sagen doch die heutigen Philosophen, Jesus sei ein hebräischer Kyniker gewesen.
Lieber, Maria Magdalena war von Jesus schwanger. Aber esus war gen Himmel gefahren auf einem feurigen Wagen. Da nahm Maria Magdalena sich den Josef von Arimatthias zum Geliebten. Maria war schwanger, und Josef sollte der Pflegevater des Gottesenkels sein.
Sie wollten nach Gallia, die Söhne und Töchter der Gallia zur allmächtigen Liebe zu bekehren. Sie nahmen ein Boot von Tyrus und fuhren zuerst nach Zypern.
Am Strand von Zypern landete Magdalena auf der Muschel ihres Bootes bei Paphos, ging nach Marion und dann nach Kouklia und gründete dort die Kirche der Panhagia Aphroditissa oder Unseren Lieben Frau der Liebe.
Sie fuhren weiter und kamen in den Golf des Löwen. Dort kam ein Seesturm auf. Das Boot kenterte. Josef und Maria schwammen an Land.
Wie schwamm Josef an Land? Das hat schon der blinde Seher Homer prophezeit. Denn Odysseus war auf einem Floß übers weinrote Meer gefahren, als Poseidon einen Seesturm aufkommen ließ. Das Floß zerbarst. Odysseus schwamm im aufgewühlten Meer drei Tage und drei Nächte. Da kam vom Himmel die weiße Göttin Leukothea und reichte Odysseus ihren Schleier. Da beruhigte sich das Meer und Odysseus kam ans Ufer der Insel der Phäaken. Nackt stieg er an Land, von Schlamm bedeckt. Als ihn einheimische junge Mädchen sahen, bedeckte er sein herrliches Mannesglied mit einem Eichenblatt. So landete Josef am Strand von Südfrankreich.
Und wie landete Maria am Strand von Südfrankreich? Das sah voraus der heilige Prophet der Musen, Hesiod, der dies schaute und sang in seiner Theogonie: Der Sohn des himmlischen Vaters hatte mit seiner goldenen Sichel den Vater entmannt. Phallus und Hoden des Vaters im Himmel fielen ins Mittelmeer. Daraus entstand der Meeresschaum. Aus dem Meeresschaum geboren ward die nackte Liebesgöttin Aphrodite und eine Schar von jungen goldgelockten melischen Nymphen. Aphrodite schwamm auf einer Muschel an den Strand von Zypern, betrat die Insel der Liebe. Unter ihren nackten Füßen sprossen Rosen auf. Und so kam Maria nach Südfrankreich. Unter ihren bloßen Füßen erblühten drei goldene Lilien.
Josef von Arimatthias brachte eine der heiligsten Reliquien des Christentums nach Südfrankreich, den heiligen Gral. Das war der Kelch, in dem Jesus den Wein des Abendmahls in sein Blut verwandelte, und das Mahl zurückließ zum Zeichen, dass die seligen Götter auf Erden gewesen waren, und dass am Ende der Zeiten die Göttermenschen wiederkommen werden. In diesem Kelch fing Josef das Blut Jesu unterm Kreuz auf. Ich sehe, und siehe, was ich sehe ist: Nach tausend Jahren wird der heilige Gral in die Hände der gnostischen Kirche kommen, sie werden sich die Katharer nennen.
Maria aber gebar in Südfrankreich den Sohn Jesu, den Enkel Gottes, und Josef gab ihm den Namen Maximin. Er war wunderschön, blond, blauäugig, ein kleiner kindlicher Gott. Und siehe, ich sehe, und was ich sehe ist: Der kindliche Gott wird König von Frankreich, der Begründer der christlichen Theokratie in Frankreich. Davon demnächst mehr.
Nun, lieber Bruder, ist mein heutiges Tagewerk getan und ich wende mich dem hochkonzentrierten Spiritus zu.
Josef
DREIZEHNTER BRIEF
An die goldlockige blauäugichte Nympha, das schöne junge Gesicht der wahren Kirche! Von Josef, dem Propheten, der Visionen der Götter schaut.
Ich lag mit geschlossenen Augen und sah Visionen der Götter. Ich sah den göttlichen Knaben Maximin, den Sohn Jesu und Magdalenas, auf dem Königsthron von Gallia. Er ist der Ursprung der Theokratie der Schönheit.
Und ich sah einen göttlichen König, dessen französische Frau ihn lehrt zu beten: Notre Pere, quie est en ciel! Ne pas desire la femme d'un autre homme! Da bekehrt sich der König und weiht Gallia der göttlichen Liebe. So wird Gallia die älteste Tochter der wahren Kirche!
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Frommen und den Heiligen. Er vermählt sich mit Frau Armut und dient seinen Herren, den Kranken. Er zieht in den heiligen Krieg gegen den falschen Propheten und befreit das Grab Gottes. Er ist der Bettler um Liebe auf dem Thron der Theokratie.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Sonnenkönig. In seinem Lustschloss führen alle Gänge zu seinem Schlafzimmer. Dort steht das Bett als Altar der Liebe. Ihm zu Seiten steht der Kardinal mit einem Herzen weit wie der Sand am Meer. An seinem Hof erblüht die klassische Dichtkunst zur Ehre des göttlichen Königs.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Märtyrer, denn er ist der letzte Gottkönig auf dem Thron der Theokratie der Schönheit. Er wird geköpft werden von dem Fallbeil der Freimaurer.
Und ich sah die Terrorherrschaft der Freimaurer. Ihre falschen Propheten sind allesamt pockennarbige Advokaten. Sie beten la déesse raison an. Die französischen Huren laufen alle nackt durch die Straßen.
Und ich sah den Antichristen. Er steht unter der Herrschaft seines Sternes, des Sternbilds Wermut. Er überzieht die Jungfrau Europa mit dem Eroberungskrieg. Satan schenkt ihm Sieg über Sieg. Er erobert Ägypten und lässt sich vor den Pyramiden zum Pharao krönen. Er reitet auf einem weißen Elefanten, den Turban auf dem Haupt und in der Hand das Evangelium des Antichristen, nach Indien. Er will das Dritte Rom erobern. Aber die heilige Rusj ruft die Theotokos an. Die Gottesmutter stürzt den Antichristen in Moskau.
Und ich sah die Wiederkunft Jesu mit Maria Magdalena.
Ich sah Maria Magdalena vom Himmel erscheinen und die Wiederkunft Jesu vorbereiten. Magdalena ist eine sehr schöne Frau.
Ich sah sie erst in einem goldenen und weißen Kleid, ihr Schleier auf dem Haupt war aus Sonnenlicht und umfloss den ganzen keuschen femininen Geistleib. Dann sah ich sie, die lichter war als die Sonne. Ihr Lichtkleid war transparent und ihr weißer Leib rein wie Kristall, wie eine lebendige Quelle. Sie sprach: Ich komme vom Himmel. Bereitet euch auf die Wiederkunft Jesu vor. Kehrt um und betet, betet, betet! Ich bin die Königin der Liebe und liebe dich!
Und ich sah Jesus, den Logos, auf einem weißen Pferd vom Himmel kommen. Er begründet auf Erden das Tausendjährige Reich, die Kultur des Lebens, die Zivilisation der Liebe. Jesus wird über alle Völker auf Erden herrschen. Dann wird Jesus als Kaiser aller Völker angebetet und Magdalena als Kaiserin aller Völker. Und es wird Friede sein.
Josef.