DIE MUTTER ODER ANNAS ODEN

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


ERSTE ODE

Heute ging ich den Weg durch unser Osternburg
Still mit Josef allein, sagte mein volles Herz,
Wie ich wünsche ein Kind mir,
Wie so gern will ich Mutter sein!

Doch Diavolo will leider kein Kind von mir,
Und er ist doch der Mann, der mir zur Seite ist,
Welcher will mit mir schlafen,
Aber will nicht der Liebe Frucht!

Josef, sprach ich zu ihm, ich will die Mutterschaft!
Aber was, wenn der Mann zeugen will nicht ein Kind,
Will den Spaß nur der Wollust,
Doch Verantwortung will er nicht?

Soll ich heimlich denn nicht lassen die Pille fort,
Dass befruchtet der Schoß doch eine Frucht empfängt?
Denn dann muss doch der Mann ein
Vater eigenen Samens sein!

Aber Josef sprach: Nein, Anna, geliebte Frau,
Wenn die Leibesfrucht du heimlich ihm unterschiebst,
Wird der Zeuger ein schlechter
Vater eigenen Samens sein.

Josef meint es nur gut, will dass der Zeuger auch
Kindes-Vater ist, nicht Spender des Samens nur.
Doch was Josef mir nicht sagt,
Ist, wie Mutter ich werden kann?

Ach, ich träume vom Kind, ach, ich will schwanger sein!
Die Natur ists der Frau, Mutter und schwanger sein,
Mutterliebe zu schenken
Ihrem eignen geliebten Kind!


ZWEITE ODE

Endlich schwanger! Ach Gott, groß ist die Leibesfrucht
Schon im schwangeren Schoß! Ich bin ein Berg, mein Bauch
Kathedrale des Lebens,
Tempel ich für den Sohn in mir!

Auf dem Fest der Geburt Josefs war gestern ich,
Da Diavolo sich zankte mit einem Mann,
Freund und Bruder von Josef,
Der an Jesus den Christus glaubt.

Ich saß still nur dabei, lauschte dem schönen Lied:
Meine mystische Braut, Bogen und Pfeil sind dein,
Sarah, Abrahams Liebste,
Skorpionweib im Petticoat!

Da ich hochschwanger war, trank ich vom Rotwein nichts,
Aber Josef den Kelch leerte bis auf den Grund,
Trank auf meine Befruchtung,
Segnend fromm meine Leibesfrucht!

Heute hab ich geborn, hab in dem Hospital
Meinen Georg geborn! Was für ein schönes Kind!
O wie schön seine Nase!
Welches Licht in dem Augenblau!

Welcher kusslicher Mund! Er liegt auf meinem Bauch,
Ruht am Busen und schläft! Ich bin glückselig, Gott,
Welch ein Wunder des Lebens
Die Geburt eines Kindes ist!

Mein Geliebter, mein Sohn, schau in die Augen mir,
Licht der Seele und Licht! Komm an die Brüste, trink!
Eine heilige Kuh bin
Ich, mein Euter ist voll von Milch!

Im Millennium ist dieser mein Sohn geborn,
Ein Jahrtausendkind ist Georg, und er wird noch
Drachen töten als Ritter!
Gott, wie selig ich heute bin!



DRITTE ODE

Nun im Krankenhaus ich liege mit Georg, ich,
Mutter, liege im Bett, und in der Wiege er,
Kommt mein Freund zu Besuch und
Voll Bewunderung schaut er drein,

Sieht die Mutter im Bett, ha, ich empfinde wohl,
Wie der Mann mich begehrt, aber er ist mein Freund,
Dessen Keuschheit ich schätze,
Und so schaut er zu meinem Sohn,

Und die Liebe, die er hat für die Mutter-Braut,
Schenkt er ganz nun dem Sohn, nennt ihn sein Herzenskind,
Will ihn taufen im Bad der
Frommen Wiedergeburt im Geist,

Wie er sagte, und gab eine Ikone mir,
Wie im russischen Volk Unsere Liebe Frau,
Gottes Mutter, verehrt wird,
Große Mutter mit Gottessohn!

O wie traurig sie schaut, sieht in die Zukunft aus,
Sieht das kommende Leid ihres geliebten Sohns!
Welche Liebe der Mutter!
Sie ist Mutter Natur für mich.

Und dann gab mir der Freund eine Ikone noch,
Da Sankt Georg, der Held, sitzt auf dem weißen Ross,
Mit der Lanze den Drachen
Satan tötet, der Heilige!

Da sind Josef und ich mystisch im Geist vereint,
In der Liebe zum Volk Russlands und Russlands Gott
Und den Dichtern der Russen,
Zu der russischen Muse Ruhm!

Ich hab Tolstoi geliebt, las auch den Bakunin,
Ich studierte den Geist Tolstois, des friedlichen,
Meine Seele war voll vom
Evangelium Tolstois fromm.

Josefs Lieblingspoet, Puschkin ists, der Prophet,
Der die Schönheit geschaut, himmlischer Venus Leib!
Und den Solowjew liebt er,
Seher, göttlicher Weisheit Freund!


VIERTE ODE

O mein Söhnchen, mein Schatz, du willst die Mutterbrust,
Willst die nährende Milch, Liebe dazu als Trank,
An dem Busen der Mutter
Willst du Liebe und Lebenslust!

Georg, niedlicher Sohn, willst du denn ewiglich
Liegen mir an der Brust, an der geliebten Brust,
Die doch Josef begierlich
Anschaut, trinken auch möchte er!

Nicht mehr Mutterbrust sag ich und nicht Stillen mehr,
Nein, ich sage jetzt Tse, sag das chinesische
Wort für Meister der Weisheit,
Das bezeichnet jetzt meine Brust.

Nun ich sage: Das Wort! Dieses bezeichnet dann
Mutterliebe und Brust. Willst du das Wort, mein Sohn,
Willst vom Worte du trinken,
Willst du trinken des Wortes Milch?

Wenn ich stehe am Tisch und an dem Telefon
Mit den Freundinnen sprech, kommst du, mein kleiner Sohn,
Eben lerntest du laufen,
Kommst und hebst mir das Hemdchen hoch

Und entblößt meine Brust, weil du begierig bist
Nach der Muttermilch Trank, legst an die Brust den Mund,
Saugst in durstigen Zügen,
Während ich mit der Freundin sprech.

Josef hat mir erzählt, dass einst in China der
Letzte Kaiser es war, der im Palast gelebt
Der Verbotenen Stadt mit
Seiner Amme, die er geliebt.

Sieben Jahre alt war da schon der Kaiser, da
Er die Amme noch stets heimsuchte um die Milch,
Wenn die Mutter auch kalt war,
Süß die Amme und mütterlich.

Du mein Kaiser, mein Schatz, trinke du nur die Milch,
Saug die Liebe, die Lust, sag du zum Leben Ja,
Gottes Muttermilch trinke,
An den Brüsten des Herrn den Trost!


FÜNFTE ODE

Georg krabbelt noch meist, manchmal auch geht er schon.
Und wie freut er sich sehr, kommt zu Besuch der Freund,
Ja, wenn Josef kommt, siehe,
Schaut mein Kindlein nur Josef an.

Mit dem Arsch schaut er nicht mehr zu Diavolo,
Kümmert einzig allein sich um den Josef noch,
Er versucht schon zu sprechen,
Josef bringt ihm das Sprechen bei.

Georg krabbelt zu ihm, Josef nimmt ihn zu sich,
Setzt ihn sich auf den Schoß, nimmt ihn in seinen Arm,
Schaut mit liebenden Blicken
In die Augen dem Pflegesohn.

Georg interessiert sich für die Mutter nicht,
Ist der Vater nur da, Vater des Herzens, der
Pate, einzig nur Josef
Ist noch interessant fürs Kind.

Doch das habe ich gern und es erfreut mich sehr,
Dass mein Josef, mein Freund, so sehr mein Söhnchen liebt!
Und von Josef ich dachte
Schon in lustiger Jugendzeit,

Dass als Vater er wär liebevoll, zärtlich, gut,
Herzlich liebender Mann. Und so ist nun es auch,
Und mein niedliches Kindchen
Hat den Vater sich frei erwählt.

Nicht den Zeuger, den Schwanz, sondern das Vaterherz,
Abbild Gottvaters, ja, himmlischen Vaters Bild,
Denn es spüren die Kinder,
Wo die göttliche Liebe ist.

Darum freu ich mich sehr, kommt zu Besuch der Freund,
Ja, ich bitte ihn oft: Komm nur recht oft zu uns,
Denn es liebt dich mein Knabe,
Und ich liebe dich auch, mein Freund!

Denn mein Kind ist ein Stück ja von der Mutter Fleisch,
Der die Mutter du liebst, liebe nun auch den Sohn.
Sohn und Mutter sind eins, sind
Voll der Liebe zum Herzensfreund!

Da mein Georg dich liebt, liebt dich die Mutter auch,
Herzensvater des Sohns, Vater nach Gottes Bild,
Nach dem Herzen des Vaters
Du ein Vater und wahrer Mann!


SECHSTE ODE

Heute wickelte ich Georg am Winkeltisch,
Der Kommode, da lag er in der Windel nackt,
Und ich zog ihm sein Nachthemd
An, das Josef so niedlich fand,

Dieses rötliche Kleid, schwärzlich gepunktet, und
Georg schaute daraus licht aus den Augen blau,
Lag er still im Marien-
Käfer-Kleidchen so hübsch und süß.

Dieser Käfer, sprach er, heißt nach Maria, weil
Dieser Käfer vertilgt Blattläuse in dem Laub,
Wie Maria vernichtet
Die Dämonen, die reine Frau.

Josef schaute zu mir, wie ich zum Sohn gebeugt,
Wie mein bräunliches Haar fiel auf das Angesicht
Meines niedlichen Kindes
Mit verwirrender Zärtlichkeit.

Josef sagte: Mein Schatz, diese verwirrende
Frauenzärtlichkeit ist Ebenbild mir für die
Zart-verwirrende Liebe
Der Madonna, die meine Braut!

Und ich sagte: Mein Schatz, denkst du der Jugend noch,
Da am Mittelmeer wir lagen am Strande nackt
Und uns liebten vereinigt
In dem rauschenden Meeresschaum,

Wie ein Kindlein da war, spielte im weißen Sand,
Welchen Benjamin rief zärtlich die Mutter, und
Wir auch Mutter und Vater
Werden wollten von Kindern, da

Du das Söhnchen getauft, unseren Zukunftssohn,
Buffodontel, den Sohn, du dann das Töchterlein
Akkadanu getauft hast,
Kinder göttlicher Mutterschaft?

Nun, mein Josef, mein Schatz, bist du der Zeuger nicht,
Aber Vater bist du, wir nicht im Bett vereint,
Buffodontel ist dennoch
Unser herzlich geliebter Sohn.

So auch wird es doch wahr, was wir dereinst geträumt,
Nur platonisch, mein Freund, ohne die Sinnlichkeit,
Wie die Jungfrau zum Kinde
Kam der Vater zu seinem Sohn!


SIEBENTE ODE

Wie ich Afrika lieb, eine Kandake bin,
Die ich trommle so gern auf meiner Djembe laut,
Laut mit rhythmischen Schlägen,
Rhythmus Afrikas in dem Blut!

Afrikaner, mein Freund, Trommler Pascal, du lehrst
Mich den Rhythmus, den Schlag, auch meine Freunde sind
Mit im Kursus des Trommelns,
Afrikanischem Trommelkurs.

Und mein liebliches Kind stets in der Nähe ist,
Er hört Afrikas Puls, wenn er im Wagen liegt,
In dem Wagen das Kindlein,
Josef passt auf das Kindlein auf.

Wenn ich trommle, dann geht Josef spazieren mit
Meinem lieblichen Kind, führt meine Leibesfrucht
In dem Wagen spazieren,
Georg lauscht, Josef betet leis,

Betet Rosenkranz und Ave Maria, dies
Mantra murmelt er leis in seinem schönen Bass,
Seine Bass-Stimme herzlich
Kommt volltönend aus seinem Bauch.

Immer murmelt er neu Ave Maria und
Immer benedeit er Jesus, die Leibesfrucht,
Und wie Muttermilch saugt mein
Georg Josefs Gebete auf.

An der Stimme erkennt Georg das Vaterwort,
Das Maria nur spricht, Jesus, Maria stets,
In dem Mantra der Mutter
Wird mein lauschendes Kindchen groß.


ACHTE ODE

Ich bin schwanger, erneut schwanger mit einem Kind!
Zwar Diavolo nicht wollte ein zweites Kind,
Wie er auch schon das erste
Nicht gewollt hat, der Lumpenhund!

Zwar er will seinen Spaß, will seinen Schwanz im Schoß,
Doch Verantwortung nicht will er für Leibesfrucht
Übernehmen und Vater
Sein für das, was er selbst gezeugt.

Aber ich will das Kind, ja, ich hab so getan,
Als verhütete ich, sagte Diavolo:
Nur getrost, denn ich nehm die
Anti-Kinderlein-Pille, Mann!

Doch ich nahm sie nicht, nein, weil ich doch wollte sein
Schwanger, Mutter sein gern von einem zweiten Kind,
Und nun ist es gekommen,
Wie ichs wünschte von der Natur.

Heute ging ich den Weg zu dem Kanal, dem Deich,
Sagte Josef, dem Freund: Lieber, ich bin erneut
Schwanger, Lieber, was sagst du?
Und er freute von Herzen sich!

Und er sagte: Mein Schatz, sehr lieb ich Georg schon,
So als wär er mein Sohn, und er sagt ja auch
Vater zu mir, er denkt, er
Hätte einen nicht nur, nein, zwei

Väter hätte der Sohn, ja, und so glaubt er auch,
Dass nicht ein Gott allein herrsche im Himmelreich,
Nein, zwei Götter, so denkt er,
Gibt es, beide sind voller Macht,

Ein Gott aber ist gut, aber der andre bös,
Und der gute Gott ist Vater im Himmelreich,
Doch der böse Gott Vater
Ist der Lüge, ein Mörder er!

Aber nun, o mein Schatz, kommt noch ein zweites Kind,
Und ich weiß nicht, ob ich noch einmal lieben kann
Mit der gleichen Begeistrung
Noch ein anderes Kind von dir!

Hab ich Liebe genug, noch einmal so verrückt
Und wahnsinnig zu sein, wieder zu lieben ein
Kind des Herzens, noch einmal
So zu lieben, wie Georg ich

Liebe? Gott möge mir Liebe ins Herz genug
Geben auch für das Kind, dass dir im Schoße lebt!
Und nun: Sei du willkommen,
Neuer Mensch in dem Mutterschoß!


NEUNTE ODE

Nicht ein einsames Kind, nein, sondern Zwillinge
Hab im Schoße ich nun, eineiig Zwillinge,
Söhne, wie ich sie liebe,
Aber bin auch von Furcht erfüllt.

Und Diavolo sagt: Mache die Kinder weg!
Mach sie weg, sagt er nur, höhnischen Grinsens, bös,
Bös verzerrter Grimasse,
Wie ein Mörder von Anbeginn.

Doch Diavolo ists, der sie gezeugt im Schoß,
Wars sein Same doch, der sich mit dem Ei vereint,
Und wie soll ich alleine
Ohne Vater und ohne Mann

Denn die Kinder erziehn, diese drei Söhne mein,
Bin auch arbeitslos, arm, habe nicht Geld genug.
So ich will zur Beratung,
Ob die Abtreibung richtig wär?

Und ich bitte den Freund Josef, dass er mit mir
Fährt zum staatlichen Amt, das mich beraten will,
Zum Familien-Amte,
Und er will mich begleiten und

Während ich mich berat, passt er auf Georg auf.
Doch was sagte er noch, Josef, in seiner Art?
Alles Leben ist heilig,
Sagte Josef sehr ernst zu mir.

Ja, dass heilig das Sein, heilig das Leben ist,
Heilig Mutter Natur, das kann ich glauben, ja,
Heilig, heilig das Leben!
Wenn da nur diese Angst nicht wär.

Und nun sitz ich beim Amt. Josef im grünen Park
Sitzt mit Georg, der spielt, Josef den Rosenkranz
Betet, Ave Maria,
Mutter, schütze die Zwillinge!

Himmelskönigin du, Mutter der Lebenden,
Gib den Zwillingen Recht, dass sie das Licht der Welt
Doch geboren erblicken,
Dass die Abtreibung nicht geschieht,

Darum weih ich dem Herz meiner Gebieterin
Dieser Zwillinge Sein, rette ihr Leben, Frau,
Du die Abtreibung hindre,
Notre Dame de la vie, Marie! -

Und so saß ich im Amt, fühlte im Herzen heiß
Wehmut, Sehnsucht und Glut heiliger Liebe für
Meine Zwillinge, leben
Sollen beide und sterben nicht!


ZEHNTE ODE

Josef malte ein Bild, nämlich er malt jetzt gern,
Malt Ikonen der Frau Weisheit, und mir gab er
Die Madonna-Ikone,
Und erklärte mir dies sein Bild:

Schau, ein Foto von dir, Anna, war mein Modell,
Da du Georg im Arm, ihn an den Busen presst,
Du Modell der Madonna,
Georg ist hier das Jesuskind.

Überm Haupt dir geht auf vollkommen rund der Mond,
Dieser Heiligenschein zeigt dich als Heilige,
Jungfrau Mondgöttin, Anna,
Himmelskönigin auf dem Mond.

Und der Lebensbaum da neben dir, liebe Frau,
Stand im Paradies einst, oder es ist das Kreuz,
Das umrankt ist von Reben
Praller Trauben, mein Weinberg du.

Dir zu Füßen am Rand unten am Bild, da siehst
Du der Cherubim zwei, oder sinds Seraphim,
Die Madonna verehren,
Engelskönigin, Himmelsfrau,

Diese Cherubim sind Kinder, noch nicht geborn,
Sind die Zwillinge dein, dir in dem Mutterschoß
Selig wohnende Menschen,
Die gekommen von Gott dem Herrn,

Die gekommen von Gott, oder wie Klopstock sagt,
Von dem Adama-Stern, dort lebt die Kinderschar
Ungeborener Seelen,
Engel, schauen den Schöpfer an.

So bist du das Modell einer Madonna und
Georg ist das Modell hier für das Jesuskind
Und die Zwillinge beide
Sind Modelle der Cherubim.

Die Ikone verehr, es ist das heilige
Bild der Schutzfrau von dir, dir und den Kinderlein,
Der Familie Schutzfrau,
Die ich tief in dem Staub verehr.


ELFTE ODE

Ja, die Zwillinge sind ziemlich verschieden schon,
Wenn auch eineiig sie, dennoch verschieden schon
Im Charakter, die Menschen,
Wahren Menschen im Mutterschoß.

Da ist einer, der speist munter genüsslich vom
Mutterkuchen, sein Mund liebt den Genuss, den Trank
Von dem Fruchtwasser, groß wird
Er, befriedigt von Speis und Trank,

Und gesättigt sein Geist ist an dem Liebesmahl,
An dem Wollustmahl hier tief in dem Mutterschoß,
Ein Genießer, ein Süßer,
Mit den saugenden Lippen, Schatz.

Und der Bruder ist klein, ist ein Asket des Herrn,
Der das Fasten beginnt schon in dem Mutterschoß,
Er liegt traurig im Dunkeln,
Dürstend nach der Gerechtigkeit,

Er bekommt nichts vom Brot, hat auch nicht Wein genug,
Hungerleider des Herrn, sehnsüchtig Schmachtender,
Des Verzichtes Gelehrter,
Der von Liebe und Luft nur lebt.

Josef sagte zu mir, weise ist Josef ja,
Von der Psychologie, Zwillinge in dem Schoß
Doch erfahren das Leben
Unterschiedlich. Wird einer satt,

So im Leben wird er stehen präsent und stark,
Alle achten auf ihn, alle verlieben sich
In den Starken und Schönen
Mit zufriedenem Saugermund,

Der wird immer geliebt werden in dieser Welt,
Wird ein Liebling, ein Schatz, seliger Küsser er
Vor dem Herrn, ein erfreuter
Freudenbringer. Der Andere,

Der gehungert im Schoß, der wird im Schatten stehn
Seines Bruders, der wird kränklich und schwächlich sein,
Zaghaft, unscheinbar, hungernd
Wie ein Schatten der Unterwelt.

Heute war ich beim Arzt, der mir eröffnete,
Dass der Schwache zu schwach, weil ihm der Stärkere
Allen Kuchen genommen,
So des Schwächeren Leben ist

Von dem Tode bedroht, darum es eilig ist,
Dass ich beide gebär. Nun mit dem Kaiserschnitt
Sollen beide geboren
Werden, Kaiser von Gottes Huld.


ZWÖLFTE ODE

Nun geboren sind sie, Zwillinge, sie sind da,
Sehn den Lichtglanz der Welt, ich bin im Krankenhaus,
In dem Brutkasten beide
Sind zusammen und schlafen warm.

Josef heute war da bei mir im Krankenhaus,
Und die Zwillinge gab eins nach dem anderen
Ich dem Freund in die Arme,
Er nahm beide als Kinder an.

Maximilian dies, der dir im Arme schläft,
So zufrieden und satt, selig in deinem Arm,
Der dir ruht an dem Herzen
Wie Johannes an Jesu Brust.

Du umarmst ihn so warm wie eine Mutter fast,
Muttervater, mein Freund, der voll Barmherzigkeit
Einer Glucke vergleichbar
Küken unter die Flügel nimmt.

Hier ist Simeon, der kleine und schwache Sohn,
Der im Arme dir liegt, groß seine Augen, Geist,
Der dir schaut in die Augen,
Liebe suchend in deinem Blick.

Sei nur vorsichtig, Freund, der ist aus Porzellan,
Sei kein Elefant, nein, sei du ein rosa Schwan,
Josef, du bist ein Wesen,
Bist ein Wesen, ein rosa Schwan!


DREIZEHNTE ODE

Wenn ich mittags im Bett halte den Mittagsschlaf,
Meine Männer zu zweit wiegen die Zwillinge.
Dem Diavolo geb ich
Meinen Simeon in den Arm,

Maximilian geb Josef ich in den Arm.
Josef wiegt dann den Schatz, Ave Maria stets,
Marianisches Mantra,
Murmelnd mystisch in seinen Bart.

Mir hat Josef erzählt: Anna, Professor Freud
Sprach vom Penisneid einst, den jede Frau besitzt,
Ich besitze den Stillneid,
Würde geben gern meine Brust,

Maximilian liegt mir so vertraut im Arm,
Wenn das Fläschchen mit Milch ich ihm als Vater geb,
Hätt ich Brüste der Mutter,
Wär ich inniger ihm vertraut!

Josef hat es gesagt. Aber die Muttermilch
Kommt von mir doch allein. Simeon aber ist
Viel zu schwach, um zu saugen,
Trinkt die Milch nicht an meiner Brust,

Wie die heilige Kuh Indiens werde ich
Dann gemolken von der Pumpe an meiner Brust,
Dass das Euter des Rindes
Schenkt dem Simeon Muttermilch,

Der am Fläschchen dann trinkt, also wird er gestillt.
Maximilian trinkt mir an der Mutterbrust,
Saugt mit schmatzendem Munde
Mir am Busen, der süße Schatz.

Also lieg ich im Bett, barbusig, Josef kommt,
Maximilian saugt schmatzend die Muttermilch,
Und ich weiß wohl, o Josef
Dass du auch meine Brust begehrst!