HOSEA I-III

Bibel-Andacht

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


EINFÜHRUNG

Hosea (auch: Hoschea, in der Vulgata Osee) war ein biblischer Prophet, der etwa zwischen 750 und 725 v. Chr. im Nordreich Israel wirkte. Das ihm zugeschriebene gleichnamige Buch eröffnet die Reihe des Zwölfprophetenbuchs in der Bibel, mit der Geschichte über ein Gottesbild, das Hosea auf der Grundlage der eigenen leidvollen Liebeserfahrung entwickelte, und das die verzweifelte Liebe zu Israel darstellt. Sein Werk wird unter den zwölf kleineren (das heißt kürzeren) Propheten eingereiht. Der Name Hosea bedeutet: Er rettet.

Hoseas eigene Liebesgeschichte war eine Leidensgeschichte. Er heiratete eine Frau, die ihm immer wieder untreu wurde. Er beschwor sie, sperrte sie sogar ein, um weitere Treffen mit ihren Liebhabern zu verhindern. Er beschimpfte sie als Hure oder versuchte es mit pädagogischen Strafmaßnahmen. Diese katastrophale Ehe, in der der Betrogene trotz ihrer Untreue nicht von seiner Geliebten lassen kann, wurde als Symbol für Israel genommen, dessen Volk mehrere Götter wie eine Hure verehrte. Hoseas Geduld, der weder seine Frau, noch die Hoffnung auf ihre Rückkehr aufgibt, zeugt von einer großen, anrührenden Leidenschaft.

Ich möchte Hosea nicht in erster Linie geschichtlich betrachten, sondern symbolisch. Des Propheten Ehe mit der Hure Gomer symbolisiert die Ehe Gottes mit Israel. Das nennt man Brautmystik. Besonders das Hohelied Salomos wird verstanden als Ausdruck der Brautmystik.

Hier nun einige Gedanken über die Brautmystik des Hohenliedes.
Das Hohelied ist eine Schrift der biblischen Weisheitsliteratur, bestehend aus Liebesgedichten. In diesem erotischen Wechselgesang wird eine Liebesbeziehung zwischen einer jungen Frau namens Sulamith und dem König Salomo geschildert, der auch als Dichter der Schrift genannt wird. Im Altertum wurde das erotische Lied symbolisch ausgelegt, eine Tendenz, die das ganze Mittelalter anhielt und erst im 19. Jahrhundert bei Herder abgebrochen wurde. Vorher lehnten die Kommentatoren eine weltliche, wörtlich-erotische Auslegung ab und interpretierten das Liebesgedicht als Beschreibung der Liebe zwischen Gott und seinem auserwählten Volk (im Judentum) bzw. zwischen Christus und der Kirche als Braut Christi (im Christentum). Aus Kommentaren zum Hohelied entstand so eine Brautmystik, die eine ausdrücklich auch leibbezogene, persönliche Gestalt mystischer Erfahrung darstellt.

Das Judentum hat den Weg einer sinnbildlichen Deutung des Hohenliedes vorgezeichnet, indem es für die Kommentare auf Bilder vom Bund Gottes mit seinem Volk als Liebe, Brautschaft und Ehe und auf die prophetische Brautsymbolik zurückgriff. Jesaja verwendet beispielsweise das Bild der Braut, um Israels neuen Glanz in der Wiederherstellung durch Jahwe nach der glanzlosen Zeit im Exil zu beschreiben.

Auch Motive des Neuen Testaments wurden für die Interpretation des Hohenlieds genutzt. Die Gegenwart des Bräutigams Jesus bei den Jüngern und die endzeitliche Wiederkunft des Bräutigams Christus drücken mit den Worten der Brautsymbolik die intensive Verbindung und Treue der Gemeinde aus. Paulus sieht die Gemeinde als Braut Christi, sogar mit dem Wort „Jungfrau“ statt „Braut“.

Als Antwort auf die Frage, wen die Braut Sulamith des Hohenlieds darstellen soll, trafen im zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert insbesondere die Kommentare des jüdischen Rabbi Akiba (1.Jahrhundert n. Chr.) und des antiken christlichen Theologen Origenes (2. Jahrhundert) aufeinander. Akiba interpretierte das Lied als eine Darstellung der Beziehung zwischen Gott und dem Volk Israel. Bei Origenes ist die Braut dagegen die individuelle Seele.

Die Kirchenväter Hippolyt (170–235) und Cyprian von Karthago (200 bis 258) sehen die die Kirche als Braut Christi. In den Hohelied-Interpretationen von Methodios von Olympos (bis 312) und bei Ambrosius von Mailand (339–397) findet man eine Deutung der Braut als gottgeweihte Jungfrau.

Nun lesen wir Hosea, Kapitel 1. Hört gut zu. Im Anschluss an den Text machen wir eine Runde, da jeder von euch ein Wort oder einen Satz des Textes wiederholt, was euch persönlich angesprochen hat, berührt, erstaunt, oder was eine Frage oder ein Problem darstellt.

HOSEA I

Hoseas Familie als Bild für Israel

1 In diesem Buch sind die Worte des Herrn an Hosea, den Sohn Beeris, aufgeschrieben. Damals regierten in Juda nacheinander die Könige Usija, Jotam, Ahas und Hiskia. In Israel herrschte König Jerobeam, der Sohn Joaschs.
2 Als der Herr zum ersten Mal zu Hosea sprach, befahl er ihm: "Such dir eine Hure, und mache sie zu deiner Frau! Du sollst Kinder haben, die von einer Hure geboren wurden. Denn mein Volk ist wie eine Hure: Es ist mir untreu und läuft fremden Göttern nach."
3 Hosea heiratete Gomer, die Tochter Diblajims. Sie wurde schwanger und brachte einen Jungen zur Welt.
4 "Nenne deinen Sohn Jesreel", sagte der Herr zu Hosea, "denn bald werde ich das Blutbad rächen, das König Jehu in Jesreel angerichtet hat.1 Ich werde seine Nachkommen bestrafen und dem Königreich Israel ein Ende machen.
5 In der Ebene Jesreel werde ich das gesamte Heer Israels auslöschen."
6 Gomer wurde danach wieder schwanger und brachte ein Mädchen zur Welt. Da sprach der Herr zu Hosea: "Nenne das Kind Lo-Ruhama2! Denn ich habe kein Erbarmen mehr mit den Israeliten und werde ihre Schuld nicht länger vergeben!
7 Aber mit den Judäern will ich Mitleid haben: Ich werde sie retten, denn ich bin der Herr, ihr Gott. Ich werde aber nicht für sie Krieg führen und ihnen nicht mit Bogen und Schwert, mit Pferden und Reitern helfen."
8 Als Gomer ihre Tochter Lo-Ruhama nicht mehr stillte, wurde sie ein drittes Mal schwanger und brachte einen Jungen zur Welt.
9 Da sagte der Herr: "Er soll Lo-Ammi3 heißen. Denn ihr seid nicht mehr mein Volk, und ich bin nicht mehr für euch da.

Nun lesen wir als Parallel-Stelle dazu Hesekiel Kapitel 16, Verse 1 bis 14. Anschließend werden wir wieder Worte sammeln, die euch berührt haben. In dem nun folgenden Text spricht Jahwe als Bräutigam zu seiner jungen Braut Jerusalem, der Jungfrau.

HESEKIEL XVI

Jerusalem, die junge Braut

1 Der Herr sprach zu mir:
2 "Sterblicher Mensch, mach den Einwohnern Jerusalems deutlich, was für schreckliche Dinge sie getrieben haben!
3 Verkünde ihnen: So spricht Gott, der Herr: Jerusalem, du bist in Kanaan zur Welt gekommen; dein Vater war ein Amoriter, deine Mutter eine Hetiterin.
4 Nach deiner Geburt wurde nicht einmal deine Nabelschnur abgeschnitten. Niemand hat dich gewaschen und mit Salz abgerieben, niemand dich gewickelt.
5 Kein Mensch hatte Mitleid mit dir und erbarmte sich über dich. Noch am Tag deiner Geburt warf man dich aufs freie Feld, weil jeder nur Verachtung für dich übrig hatte.
6 Ich kam an dir vorüber und sah dich hilflos und blutverschmiert am Boden liegen. Da sagte ich zu dir: 'Du sollst am Leben bleiben
7 und heranwachsen wie eine Blume auf dem Feld!' Du blühtest auf und wurdest zu einer schönen Frau voller Anmut. Deine Brüste wuchsen, dein Haar war voll und schön. Aber immer noch warst du völlig nackt.
8 Wieder kam ich an dir vorüber, und ich sah, dass du alt genug warst, einen Mann zu lieben. Da breitete ich meinen Mantel über dich aus und bedeckte deinen nackten Körper als Zeichen dafür, dass du meine Frau sein solltest. Ich, der Herr, schwor dir Treue und schloss mit dir einen Bund fürs Leben. So wurdest du meine Frau.
9 Ich badete dich, wusch dir das Blut ab und salbte dich mit duftenden Ölen.
10 Ich zog dir ein buntes, kostbares Kleid und Sandalen aus bestem Leder an. Du bekamst von mir ein Stirnband aus feinem Leinen und einen seidenen Umhang.
11 Ich gab dir wertvollen Schmuck, legte dir Spangen an die Arme und eine Kette um den Hals.
12 Deine Nase schmückte ich mit einem Ring, ich gab dir Ohrringe und setzte dir eine prachtvolle Krone auf.
13 Du warst geschmückt mit Silber und Gold, du kleidetest dich in Leinen, Seide und bunt gewebte Stoffe. Die feinsten Speisen bekamst du: Brot, gebacken aus bestem Mehl, Honig und Öl. So wurdest du wunderschön und würdig, eine Königin zu sein.
14 Bei allen Völkern erzählte man sich von deiner Schönheit; sie war makellos und vollkommen durch den Schmuck, den ich, der Herr, dir geschenkt hatte.


Nun folgen die weiteren Verse von Hesekiel 16. Jetzt beklagt sich der Ehemann Jahwe, dass seine Jungfrau-Braut Jerusalem zur Hure geworden ist, dass heißt, sie hat die Ehe mit Jahwe gebrochen und Hurerei mit anderen Göttern getrieben. Merkt euch wieder die Verse, die ich ansprachen.

Jerusalem, die Hure

15 Aber du - du hast dir viel auf deine Schönheit eingebildet. Dass sie überall gerühmt wurde, nutztest du reichlich aus: Jedem, der dir über den Weg lief, hast du dich angeboten und dich ihm an den Hals geworfen.
16 Aus deinen bunten Kleidern machtest du dir ein Lager auf den Höhen, wo den Götzen geopfert wird. Dort schliefst du mit jedem, den du bekommen konntest. So etwas hätte niemals geschehen dürfen!
17 Du nahmst den Schmuck aus Silber und Gold, den ich dir geschenkt hatte, und machtest dir männliche Götterfiguren daraus. Mit ihnen hast du mich betrogen.
18 Deine bunt gewebten Kleider zogst du ihnen an und brachtest ihnen als Opfer den Weihrauch und das Öl dar, die du von mir bekommen hattest.
19 Das Brot aus bestem Mehl, Honig und Öl, das ich dir gegeben hatte, hast du ihnen geopfert, um sie für dich zu gewinnen. Das alles hast du getan; dies bezeuge ich, der Herr.
20 Die Söhne und Töchter, die du mir geboren hattest, warfst du den Götzen zum Fraß vor. War die Hurerei, die du getrieben hattest, dir noch zu wenig?
21 Musstest du auch noch meine Kinder schlachten und als Opfer für andere Götter verbrennen?
22 Während du den widerlichen Götzen Opfer darbrachtest und die Ehe mit mir brachst, hast du keinen Gedanken an die Zeit verschwendet, in der du nackt und hilflos in deinem Blut lagst.
23 Darum sage ich, der Herr: Es wird dir schlecht ergehen! Denn dein schlimmes Treiben war dir noch nicht genug:
24-25 An jedem öffentlichen Platz hast du dir ein Bett für deine Hurerei errichtet, ja, an jeder Straßenecke bautest du deine Heiligtümer. Du hast deine Schönheit missbraucht und deine Beine gespreizt für jeden, der vorüberkam. Unaufhörlich triebst du deine schamlose Hurerei.
26 Du ließest dich mit den Ägyptern ein, deinen Nachbarn mit dem großen Glied. Du schliefst mit ihnen, um mich zu kränken.
27 Darum hob ich drohend meine Hand und nahm dir einen Teil von dem weg, was ich dir geschenkt hatte. Ich lieferte dich den gierigen Philisterinnen aus, die dich hassen; doch sogar sie verabscheuten deine schamlose Hurerei.
28 Als Nächstes warfst du dich den Assyrern an den Hals, weil du immer noch nicht genug hattest. Du schliefst mit ihnen, aber dein Verlangen war auch dann noch nicht gestillt.
29 Du triebst es auch mit den Babyloniern, dem Händlervolk, doch selbst danach hattest du noch nicht genug.
30 Ich, der Herr, sage dir: Wie sehr warst du von brennender Begierde beherrscht, du hast es schlimmer getrieben als die schlimmste Hure!
31 An jeder Straßenecke hast du einen Altar für deine Liebesdienste errichtet und an jedem öffentlichen Platz ein Bett für deine Hurerei aufgestellt. Dabei benahmst du dich nicht einmal wie eine gewöhnliche Hure, denn du lehntest jede Bezahlung ab.
32 Du Ehebrecherin! Andere Männer hast du deinem Ehemann vorgezogen!
33 Jeder Hure gibt man Geld, du aber hast deinen Liebhabern sogar noch Geschenke gegeben und sie bestochen, damit sie von überall her kommen und mit dir schlafen!
34 So machtest du genau das Gegenteil von dem, was andere Huren tun: Du warfst dich jedem an den Hals, während dir keiner nachlief; niemand gab dir Geld, im Gegenteil: Du bezahltest, damit man mit dir schlief. So weit ist es mit dir gekommen!
35 Darum, du Hure, höre, was ich, der Herr, dir sage:
36 Du hast deinen Körper schamlos entblößt, um mit allen deinen Liebhabern zu schlafen; du hast deinen abscheulichen Götzen gedient und für sie deine Kinder geschlachtet.
37 Darum werde ich nun deine Liebhaber zusammenrufen - alle, die du geliebt, und alle, die du verachtet hast. Von überall her lasse ich sie kommen, damit sie gegen dich aussagen. Dann ziehe ich dir vor ihren Augen die Kleider aus, damit sie deinen nackten Körper sehen.
38 Ich werde dich verurteilen, so wie man Mörderinnen und Ehebrecherinnen verurteilt. Weil ich eifersüchtig und zornig bin, spreche ich dir das Todesurteil.
39 Ich gebe dich in die Gewalt deiner Liebhaber; sie werden deine Hurenaltäre und deine Heiligtümer zerstören. Sie reißen dir die Kleider vom Leib, nehmen deinen prächtigen Schmuck weg und lassen dich nackt und hilflos liegen.
40 Sie hetzen die Volksmenge gegen dich auf, die dich steinigt und mit ihren Schwertern zerstückelt.
41 Deine Häuser brennen sie nieder und vollstrecken das Urteil an dir vor den Augen vieler Frauen. So bereite ich deiner Hurerei ein Ende - dann kannst du dir keinen Liebhaber mehr kaufen!
42 Wenn sich schließlich mein Zorn gelegt hat, ist auch meine Eifersucht verflogen, und ich bin wieder ruhig und gelassen.


HOSEA II

Wiederholung des letzten Abends:

Wir haben letzte Woche über Gottes Ehe mit der Jungfrau Israel gesprochen. Wie im Hohenlied Salomo tritt Gott bei den Propheten als leidenschaftlicher Bräutigam auf. Wir haben betrachtet, dass Jahwe nach jüdischer Auffassung Bräutigam der Jungfrau Israel ist, nach der Auffassung der christlichen Kirchenväter aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert ist Christus Bräutigam seiner jungfräulichen Braut Kirche, aber auch der einzelnen christlichen Seele. Der Prophet Hosea hat von Gott den Auftrag bekommen, eine Hure zu heiraten. Diese Ehe ist ein Abbild für die Ehe Jahwes mit Israel, denn die Jungfrau Israel ist auch zur Hure geworden. Sie ist ihrem Ehemann Jahwe untreu geworden und hat Hurerei getrieben mit kanaanäischen Fruchtbarkeitsgöttern. Im Kult der Fruchtbarkeitsgötter gab es die Tempelprostitution. Indem heidnische Männer mit einer Tempelhure schliefen, beschworen sie die Hochzeit von Himmelsgott und Erdgöttin. Ich gab eine kurze Einführung zur Brautmystik, das heißt, der Tradition des Glaubens, wo man sich Gott als Bräutigam vorstellt und die Vereinigung mit Gott ersehnt. Wir sprachen dabei vor allem über das Hohelied Salomo. Nun geht es weiter mit der Einführung zur christlichen Brautmystik. An diesem zweiten Abend geht es um die Brautmystik im Mittelalter. Das sind katholische Traditionen. Am dritten Abend geht es dann um die Brautmystik in der Reformation und im Pietismus.

BRAUTMYSTIK II

Die mystische Vereinigung zwischen Gott und Mensch mit dem Bild der geistlichen Hochzeit hält sich auch in der theoretisch-theologischen Mystik. In der mystischen Theologie wird die Liebessymbolik auf das Verhältnis des einzelnen Gläubigen zu Gott angewendet und oft sogar eine Einheit des Gläubigen mit Gott angestrebt.

In den Paulusbriefen und im Johannesevangelium ist die Rede von einer „Einwohnung“ Gottes im Menschen, die besonders im Abendmahl von den Gläubigen als Vereinigung von Mensch und Christus erfahren werden kann. In der katholischen Eucharistiefeier wird der Wunsch ausgesprochen, dass alle Gläubigen von den Enden der Erde kommen, um das Hochzeitsmahl des Lammes zu feiern in Gottes Reich.

Der Kirchenvater Tertullian (zweites Jahrhundert) schrieb von den ersten christlichen Jungfrauen, die sich Gott verlobt hatten.
Aber die eine oder die andere verlobt sich Gott.“
Tertullian übertrug als erster den Brautschaftsgedanken des Neuen Testaments von der Kirche auf den einzelnen Christen.
Bereits zu dieser Zeit wurde das Vorhaben der gottgeweihten Jungfräulichkeit als geistliche Eheschließung aufgefasst. Wenn eine Jungfrau dieses Gelübde brach, galt sie als Ehebrecherin und hatte als Folge den Ausschluss aus der Kirche zu tragen. Ein Weihegebet der Kirche über die Jungfrau, aus dem 5. Jahrhundert, hebt den ehelichen Charakter dieser mystischen Vereinigung mit Christus hervor:
Obwohl die Jungfrauen die Würde des Ehebundes, den du gesegnet hast, erkennen, verzichten sie dennoch auf das Glück einer Ehe; denn sie suchen einzig, was das Heiligtum der Ehe bedeutet: die Verbindung Christi mit seiner Kirche. Die Jungfräulichkeit um Christi willen erkennt in dir, o Gott, ihren Ursprung, sie verlangt nach dem Leben, das den Engeln eigen ist, und sehnt sich nach der Vermählung mit Christus. Er ist der Bräutigam derer, die im Stand der Jungfräulichkeit leben.“

Höchstes Ziel war im Mittelalter die mystische Vereinigung mit Gott, ein „Gottspüren“ oder in einem weiteren Sinn „ein Bewusstsein der unmittelbaren Gegenwart Gottes“. Dieses Spüren Gottes wird im Mittelalter auch erotisch aufgeladen, und Gotteserkenntnis als Begegnung zwischen Ich und Gott im Sinne einer heiligen Hochzeit zwischen Seele und Gott oder Christus gedeutet.

Bernhard von Clairvaux (zwölftes Jahrhundert) versucht in seinen Schriften eine ekstatische Gottesverbindung, eine Verherrlichung der Seele anschaulich zu machen. Seit Bernhard verbindet sich die Brautmystik auch mit Elementen der Leidens- und Kreuzmystik.

In dem Buch Das fließende Licht der Gottheit gestaltete Mechthild von Magdeburg (dreizehntes Jahrhundert) in lyrischen Dialogen von Suchen und Finden, Trennung und Vereinigung der Liebenden, der mystischen Gottsuche der Seele wie der göttlichen Zuwendung zum Menschen.

Johannes Tauler (14. Jahrhundert) verwendete für den Weg der Vereinigung mit Gott die Vorstellung vom Nichts: Indem der Mensch „die allerwahrste Erkenntnis des eigenen Nichts“ erlangt, wird er „eins mit Gott“. Mensch und Gott begegnen einander, und dann fließt der eine Abgrund in den anderen Abgrund, „versinkt das geschaffene Nichts in das ungeschaffene Nichts“.

Der Mystik des Johannes vom Kreuz (16. Jahrhundert) liegt eine Heilsdramatik der Vermählung zugrunde: die Liebesbewegung geht von Gott aus, der nicht allein sein will, die Menschheit als Braut des Sohnes erschafft und immer wieder um sie wirbt – bis zur Menschwerdung und Hingabe des eigenen Lebens am Kreuz. Die Schöpfung steht von vornherein im Verhältnis einer innigsten Zugehörigkeit zu Gott, sie ist Gabe an Jesus und Gabe um Jesu willen, nicht Werk eines weltabgewandten allmächtigen Wesens. Der Sohn ist derjenige, der durch seine Ehe die Schöpfung gottwürdig macht. Die Menschwerdung wird schließlich als erlösender Ehevollzug und wunderbarer Tausch zwischen dem Sohn und der Braut verstanden, wobei eine Gleichgestaltung der Geliebten stattfindet. Diese Gleichgestaltung ist das Zeichen vollkommener Liebe.


Jetzt lesen wir Hosea 2. Hört gut zu. Anschließend sage jeder, welches Wort oder welcher Vers euch berührt hat, wo Fragen sind, worin sich einer wiedererkannt hat, was bei euch einen Gedankenblitz ausgelöst hat.

1 Doch es kommt die Zeit, da werden die Israeliten so zahlreich sein wie der Sand am Meer; man wird sie nicht zählen können. Ich habe ihnen gesagt: Ihr seid nicht mein Volk. Dann aber werden sie 'Kinder des lebendigen Gottes' heißen.
2 Alle Männer aus Juda und Israel werden sich versammeln und ein gemeinsames Oberhaupt wählen. Sie werden das ganze Land in Besitz nehmen. Was für ein großer Tag wird das sein, wenn meine Saat aufgeht!1
3 Dann sollt ihr euren Schwestern und Brüdern in meinem Auftrag verkünden: 'Ihr seid mein Volk, ich habe Erbarmen mit euch.'"
4 "Klagt euer Land an, ihr Israeliten! Bringt euer Volk vor Gericht! Schon lange ist eure Mutter Israel nicht mehr meine Frau, und darum will auch ich nicht länger ihr Mann sein! Sie soll die Zeichen einer Hure von ihrem Gesicht und ihren Brüsten entfernen.
5 Sonst werde ich sie nackt ausziehen und hilflos machen wie bei ihrer Geburt. Ihr Land mache ich zur Wüste, zu einer dürren Einöde, ja, ich will sie verdursten lassen!
6 Auch mit ihren Kindern werde ich kein Mitleid haben, denn sie sind Hurenkinder.
7 Ihre Mutter hat sich mit fremden Männern eingelassen. Sie ging mit ihnen ins Bett und dachte: 'Es lohnt sich, bei meinen Liebhabern zu bleiben, denn sie geben mir, was ich brauche: Brot und Wasser, Wolle und Flachs, Öl und Wein.'
8 Darum versperre ich ihr den Weg mit Mauern und lasse ihn mit Dornengestrüpp überwuchern, so dass sie nicht mehr weiter weiß.
9 Vergeblich läuft sie hinter ihren Liebhabern her. Sie wird sie suchen, aber nicht finden. Zuletzt wird sie sich besinnen: 'Ich will nach Hause zurückkehren, zu meinem ersten Mann; denn bei ihm ging es mir besser.'
10 Sie hat nicht erkannt, dass ich es war, der ihr Getreide, Most und Öl gegeben hat. Mit Silber und Gold habe ich sie überschüttet, sie aber hat alles ihrem Götzen Baal zu Füßen gelegt.
11 Zur Erntezeit werde ich dafür sorgen, dass sie kein Getreide und keinen Wein bekommt. Auch Wolle und Flachs nehme ich ihr weg, damit sie sich keine Kleider nähen kann.
12 Vor den Augen ihrer Liebhaber ziehe ich sie nackt aus und stelle sie öffentlich zur Schau; niemand kann sie davor bewahren.
13 Ihren Freudenfesten mache ich ein Ende, sie wird keinen Neumond oder Sabbat und kein anderes großes Fest mehr feiern.
14 Ihre Weinstöcke werde ich zerstören und ihre Feigenbäume fällen. Denn sie hat gesagt: 'Das habe ich von meinen Freunden für meine Liebesdienste bekommen.' Alles, was sie gepflanzt hat, lasse ich von Gestrüpp überwuchern; und den Rest werden die wilden Tiere fressen.
15 Denn sie hat mich vergessen. Statt für mich hat sie für ihre Götzen Feste gefeiert und ihnen Opfer dargebracht. Sie hat sich mit Ringen und Ketten geschmückt und ist ihren Liebhabern nachgelaufen. Deshalb werde ich sie bestrafen. Darauf gebe ich, der Herr, mein Wort."
16 "Doch dann werde ich versuchen, sie wiederzugewinnen: Ich will sie in die Wüste bringen und in aller Liebe mit ihr reden.
17 Dort wird sie auf meine Worte hören. Sie wird mich lieben wie damals in ihrer Jugend, als sie Ägypten verließ. Dann will ich ihr die Weinberge zurückgeben; das Achortal, das Unglückstal2, soll für sie ein Tor der Hoffnung sein.
18 Ja, ich, der Herr, verspreche: An diesem Tag wird sie nicht mehr zu mir sagen: 'Mein Baal', sondern sie wird mich wieder ihren Mann nennen.
19 Den Namen Baal werde ich aus ihrem Mund nicht mehr hören, nie wieder wird sie die Namen anderer Götter erwähnen.
20 Ich will einen Bund schließen mit den wilden Tieren, den Vögeln und den Kriechtieren, damit sie ihr keinen Schaden zufügen. Ich werde die Kriege beenden und alle Bogen und Schwerter zerbrechen. Das alles werde ich tun, damit sie in Frieden und Sicherheit leben kann.
21 Die Ehe, die ich an diesem Tag mit dir, Israel, schließe, wird ewig bestehen. Ich schenke dir Liebe und Barmherzigkeit, ich schütze dich und helfe dir;
22 immer werde ich treu sein und dich nie verlassen. Daran wirst du erkennen, dass ich der Herr bin!
23 In jener Zeit werde ich die Bitten Israels erhören. Aus dem Himmel lasse ich Regen auf die Erde fallen,
24 und die Erde wird Getreide, Weintrauben und Oliven hervorbringen. Dann wird Israel genug zu essen haben und satt werden.3
25 Ich werde dafür sorgen, dass mein Volk sich wieder in seinem Land ansiedeln kann. Es wurde als eine Nation bezeichnet, 'die kein Erbarmen findet'; doch die Zeit kommt, in der ich mich über mein Volk erbarmen werde. Es war einst 'Nicht mein Volk'; nun aber sage ich zu ihm: 'Du bist mein Volk', und Israel wird antworten: 'Du bist mein Gott!'"


Nun lesen wir noch Hesekiel 23. Auch hier geht es um Gottes Ehe. Allerdings hat Gott hier zwei Geliebte, Jerusalem und Samarien, die beide Huren sind.

HESEKIEL XXIII

1 Der Herr sprach zu mir:
2 "Sterblicher Mensch, höre die Geschichte von zwei Frauen, Töchter derselben Mutter.
3 Schon in ihrer Jugend, als sie noch in Ägypten lebten, ließen sie sich mit vielen Männern ein, die ihnen ihre Unschuld nahmen und ihre jungen Brüste streichelten.
4 Die ältere heißt Ohola und die jüngere Oholiba. Ohola ist Samaria, Oholiba ist Jerusalem. Sie wurden meine Frauen und brachten Söhne und Töchter zur Welt.
5 Doch hinter meinem Rücken wurde Ohola mir untreu. Sie warf sich ihren Liebhabern an den Hals, den kriegerischen Assyrern,
6 die sich in Purpur kleideten und angesehene Statthalter und Befehlshaber waren. Alle waren schöne junge Männer, gute Reiter hoch zu Ross.
7 Mit den Söhnen der angesehensten Familien Assyriens betrog sie mich und lud große Schuld auf sich, weil sie deren Götzen verehrte.
8 Auch die Ägypter wollte sie nicht aufgeben, die schon in ihrer Jugend mit ihr geschlafen und ihre jungen Brüste gestreichelt hatten.
9 Darum gab ich sie in die Gewalt ihrer assyrischen Liebhaber, die sie ja unbedingt haben wollte!
10 Sie vollstreckten das Urteil an ihr: Sie zogen ihr das Kleid hoch, dass alle ihren nackten Körper sehen konnten, nahmen ihr die Söhne und Töchter weg und töteten sie selbst mit dem Schwert. So wurde sie zum warnenden Beispiel für alle Frauen.
11 Ihre Schwester Oholiba hatte alles mit angesehen, und trotzdem trieb sie es noch schlimmer. Ihre Schamlosigkeit übertraf die ihrer Schwester bei weitem.
12 Auch sie warf sich den Assyrern an den Hals, den prächtig gekleideten Statthaltern und Befehlshabern, allesamt schöne junge Männer, gute Reiter hoch zu Ross.
13 Ich sah, dass auch sie große Schuld auf sich lud; darin waren beide Schwestern gleich.
14 Aber Oholiba trieb es noch schlimmer: Sie sah Bilder von Babyloniern, mit roter Farbe an die Wand gemalt.
15 Um ihre Hüften trugen sie einen Lendenschurz, ihren Kopf bedeckte ein wehender Turban. Es waren hervorragende Soldaten aus Babylonien, dem Land der Chaldäer.
16 Beim Anblick dieser Bilder packte Oholiba die Gier, und sie schickte Boten nach Babylon.
17 Da kamen die Babylonier zu ihrem Liebesnest, sie schliefen mit ihr und machten sie dadurch unrein. Oholiba aber wandte sich sofort wieder von ihnen ab, nachdem sie ihre Gier befriedigt hatte.
18 In aller Öffentlichkeit beging sie Ehebruch und zeigte ihren nackten Körper jedem, der ihn sehen wollte. Darum trennte ich mich von ihr, so wie ich es auch bei ihrer Schwester getan hatte.
19 Sie aber trieb es nur noch schlimmer, sie dachte zurück an ihre Jugend, als sie sich mit den Ägyptern eingelassen hatte.
20 Wieder packte sie die Gier nach ihren früheren Liebhabern, deren Glied so groß war wie das eines Esels und die so brünstig waren wie ein Hengst.
21 Ja, sie sehnte sich danach, wieder mit ihnen zu schlafen wie in ihrer Jugend, als die Ägypter ihre jungen Brüste streichelten.
22 Darum höre, Oholiba, was ich, der Herr, dir sage: Deine früheren Liebhaber, die du verlassen hast, hetze ich nun gegen dich auf. Von allen Seiten werden sie auf dich einstürmen:
23 die Babylonier und Chaldäer, Männer von den Stämmen Pekod, Schoa und Koa, und mit ihnen die Assyrer. Es sind schöne junge Männer, Statthalter und Befehlshaber, die besten Soldaten und angesehensten Leute im Volk, gute Reiter hoch zu Ross.
24 In Scharen fallen sie über dich her; ein Heer aus vielen Völkern stürmt auf Kriegswagen heran. Sie umstellen dich, bewaffnet mit Langschilden, Rundschilden und Helmen. Ich liefere dich ihrem Gericht aus, und sie werden dich nach ihren Gesetzen verurteilen.
25 Weil ich eifersüchtig und zornig bin, sorge ich dafür, dass sie ihren Zorn an dir auslassen: Deine Nase und deine Ohren schneiden sie dir ab, und deine Nachkommen töten sie mit dem Schwert. Ja, alle deine Söhne und Töchter nehmen sie dir weg, und dein ganzer Besitz wird ein Raub der Flammen.
26 Sie reißen dir die Kleider vom Leib und nehmen deinen kostbaren Schmuck weg.
27 So mache ich deinem abscheulichen Tun und deiner Hurerei, die du schon in Ägypten getrieben hast, ein Ende. Dann wirst du nicht mehr nach den Ägyptern Ausschau halten - ja, du wirst nicht einmal mehr an sie denken.
28 Denn ich, der Herr, liefere dich deinen Liebhabern aus, von denen du dich voller Hass abgewandt hast.
29 Hasserfüllt werden sie nun über dich herfallen und alles an sich reißen, was du dir mühsam erworben hast. Dann lassen sie dich nackt zurück, dass jeder deinen Körper sehen kann. Weil du es so schlimm getrieben und ständig die Ehe gebrochen hast,
30 wird dies deine gerechte Strafe sein. Ja, anderen Völkern bist du nachgelaufen, ihre Götter hast du angebetet und so große Schuld auf dich geladen.
31 Du bist dem schlechten Beispiel deiner Schwester gefolgt, darum gebe ich dir denselben Becher in die Hand, den sie trinken musste.
32 Ich, der Herr, kündige dir an: Gelächter und Spott wird dich treffen, den Becher deiner Schwester musst du leeren. Viel passt dort hinein, denn er ist tief und breit.
33 Er macht bekümmert und betrunken, der Becher voll Angst und Zerstörung, den schon deine Schwester Samaria trinken musste.
34 Bis zur Neige trinke ihn, ja, schlürfe ihn aus bis zum letzten bitteren Tropfen. Und mit seinen Scherben zerkratze deine Brüste! Ich, der Herr, fordere dich dazu auf.
35 Du hast mich vergessen und mir den Rücken gekehrt, darum musst du nun auch die Folgen deines Ehebruchs tragen!"
36 Weiter sprach der Herr zu mir: "Sterblicher Mensch, bist du bereit, über Ohola und Oholiba Gericht zu halten? Dann tu es! Erinnere sie an all die abscheulichen Dinge, die sie getrieben haben!
37 Ehebruch und Mord werfe ich ihnen vor: Sie haben mich mit ihren Götzen betrogen und für sie die Kinder verbrannt, die sie mir geboren hatten.
38 Aber das genügte ihnen noch nicht: Meinen Tempel haben sie entweiht und den Sabbat nicht als heiligen Tag geachtet.
39 Wenn sie ihre Kinder für die Götzen geschlachtet hatten, gingen sie noch am selben Tag in meinen Tempel und entweihten ihn dadurch. Ja, so trieben sie es in meinem Heiligtum!
40 Klag die beiden weiter an: Immer wieder habt ihr Boten in die Ferne geschickt, um Männer anzulocken, die dann gerne kamen. Für sie habt ihr euch herausgeputzt: Ihr habt ein Bad genommen, die Augen geschminkt und euch mit Schmuck behängt.
41 Dann habt ihr euch auf euer prunkvolles Bett gesetzt. Einen Tisch mit Weihrauch und duftendem Öl habt ihr vor euch aufgebaut, obwohl doch beides mir gehören sollte.
42 Ihr umgabt euch mit einer lärmenden, ausgelassenen Menge; laut zechten die unzähligen Männer, die aus der Wüste zu euch gekommen waren. Sie streiften euch Armreife über die Hände und setzten euch prunkvolle Kronen auf den Kopf.
43 Ich dachte: Sie sind es gewohnt, die Ehe zu brechen, jetzt treiben sie es schon wieder und haben auch noch Freude daran.1
44 Die Männer gehen zu ihnen wie zu Huren. Immer wieder laufen sie zu Ohola und Oholiba, diesen schamlosen Frauen.
45 Aber aufrichtige Männer werden ihnen das Urteil sprechen, nach den Gesetzen für Ehebrecherinnen und Mörderinnen. Denn sie haben die Ehe gebrochen, und an ihren Händen klebt Blut!
46 Ich, der Herr, befehle: Eine Menschenmenge soll sich versammeln, sie misshandeln, ausrauben
47 und schließlich steinigen und mit Schwertern zerstückeln! Danach sollen ihre Söhne und Töchter getötet und ihre Häuser verbrannt werden.
48 Ohola und Oholiba, ich mache eurer Hurerei ein Ende! Alle Frauen in Israel sollen gewarnt sein, damit sie nicht genauso schamlos die Ehe brechen wie ihr.
49 Man wird euch für eure Hurerei bestrafen, und ihr müsst für die Sünden büßen, die ihr mit euren Götzen begangen habt. Dann werdet ihr erkennen, dass ich Gott, der Herr, bin."


HOSEA III

Am letzten Abend haben wir über die Brautmystik des Mittelalters gehört. Mechthild von Magdeburg sagte: Herr, liebe mich oft und heftig und lange! Wir lasen Hosea, zweites Kapitel. Darin wurden uns die Verse 21 und 22 wichtig: „Die Ehe, die ich an diesem Tag mit dir, Israel, schließe, wird ewig bestehen. Ich schenke dir Liebe und Barmherzigkeit, ich schütze dich und helfe dir; immer werde ich treu sein und dich nie verlassen. Daran wirst du erkennen, dass ich der Herr bin!“ Auch wenn die Braut Gottes untreu wird, Gott bleibt immer treu. Aber die Braut Gottes wird auch als Ehebrecherin und Hure bezeichnet, die sich mit anderen Göttern vereinigt. Da fanden wir bemerkenswert Hesekiel 23, Vers 20: „Wieder packte sie die Gier nach ihren früheren Liebhabern, deren Glied so groß war wie das eines Esels und die so brünstig waren wie ein Hengst.“ Dieser Bibelvers trieb den Christinnen die Schamröte ins Gesicht und ist doch Gottes Wort. Nun kommen wir wieder zur Geschichte der Brautmystik. Diesmal geht es um Reformation und Pietismus.


Der protestantische Pfarrer Valentin Weigel (16. Jahrhundert) stellt neben den „Christus für uns“ den „Christus in uns“. Weigels mystische Theologie beinhaltet die Vorstellung eines völligen Verschmelzens von Gott und Mensch. Nach Aussage des pietistischen Theologen Johann Henrich Reitz (17. Jahrhundert) hätten die Frauen „durch ihre Einfalt“ zugleich einen besseren Zugang zum Mystischen und Göttlichem, sodass sie sich in ihre Rolle als Braut leichter einfügen könnten.

Der Pietist Gottfried Arnold (17. Jahrhundert) dachte, der Sündenfall sei die Teilung des Menschen in eine weibliche und eine männliche Seite. Nun wurde die Seele des Gläubigen als weiblich interpretiert, die nach dem Bräutigam sucht. Gottfried Arnold schildert in der Schrift Das Geheimnis der göttlichen Sophia in erotischen Bildern aus dem Hohelied die Vereinigung des Gläubigen mit der personifizierten Weisheit Gottes. Hier kehrt sich also das Geschlechterverhältnis um, zu einer himmlischen Braut und einem irdischen Bräutigam.

In der Mystik des Barocks wird die Vorstellungen des Einswerdens mit Gott unter dem Bild von Verlobung und Vermählung wieder aufgenommen. Der Dichter und Mystiker Angelus Silesius beeinflusst diese Entwicklung. Johann Sebastian Bach arbeitete in seinen Kantaten, Oratorien und Passionen die mystischen Hochzeitstexte musikalisch um. Er verwendet dabei die Lyrik der Brautmystik bei Gerhard Tersteegen (18. Jahrhundert), Paul Gerhard (17. Jahrhundert) oder Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (18. Jahrhundert). Diese evangelischen Pfarrer haben auch die Theologie der Brautmystik in Texten und Predigten weiterentwickelt. Die Braut erscheint hier als Tochter Zion oder als einzelne Seele oder als Gemeinde. Im ersten Teil von Bachs Weihnachtsoratorium steht Großes bevor; die Tochter Zion steht hier für die Erwartung der christlichen Gemeinde auf den kommenden Herrn:

Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben,
Den Schönsten, den Liebsten bald bei dir zu sehn!
Deine Wangen – müssen heut viel schöner prangen,
Eile, den Bräutigam sehnlichst zu lieben!“

In der Matthäuspassion singt die Seele dem Bräutigam Jesus:

Ich will dir mein Herze schenken,
Senke dich, mein Heil, hinein!
Ich will mich in dir versenken;
Ist dir gleich die Welt zu klein,
Ei, so sollst du mir allein
Mehr als Welt und Himmel sein.“

Das Adventslied „Tochter Zion, freue dich“ thematisiert die Hochzeitsvorbereitungen Zions beim Einzug Jesu in Jerusalem einprägsam. Gelegentlich werden die Texte der Brautmystik, etwa bei Zinzendorf oder in der Marienfrömmigkeit, poetisch überschwänglich. Der Titel eines geistlichen Liederbuches von Emilie Juliane von Barby-Mühlingen lautet: Der Freundin des Lammes geistlicher Braut-Schmuck zu christlicher Vorbereitung auf die Hochzeit des Lammes.


Nun lesen wir Hosea 3. Merkt euch, welches Wort oder welcher Vers euch auffällt und werft ihn anschließend unkommentiert in die Runde.

Israel wird umkehren

1 Der Herr sprach zu mir: "Obwohl deine Frau deine Liebe nicht erwidert hat, sondern ständig die Ehe bricht, sollst du sie wieder bei dir aufnehmen und sie lieb haben. Denn auch ich liebe die Israeliten, obwohl sie anderen Göttern nachlaufen und deren Opfermahlzeiten essen1."
2 Da kaufte ich meine Frau für fünfzehn Silberstücke und viereinhalb Zentner Gerste zurück
3 und sagte zu ihr: "Du wirst jetzt bei mir bleiben und dich mit keinem anderen Mann mehr einlassen. Aber ich werde lange Zeit nicht mit dir schlafen."
4 Genau so wird es Israel ergehen: Lange Zeit werden sie ohne König und Fürsten sein, es wird keine Schlachtopfer und keine heiligen Steinmale geben, auch keine Götterfiguren und Priestergewänder.
5 Und dann wird Israel zurückkommen und den Herrn, seinen Gott, suchen. Das ganze Volk wird einen Nachkommen Davids als König anerkennen. Zitternd werden sie in dieser letzten Zeit zum Herrn zurückkehren und ihre Hoffnung ganz auf seine Güte setzen.

Nun lesen wir Jesaja 54, 1-10. Wieder geht es um die Braut Gottes.

JESAJA LIV

Die schwere Zeit ist vorbei!

1 Sei fröhlich, du Unfruchtbare, auch wenn du nie ein Kind geboren hast! Juble und singe, du Kinderlose! Denn du, die du allein bist, wirst mehr Kinder haben als eine Frau, die einen Mann hat.
2 Vergrößere dein Zelt! Spann die Zeltdecken weiter aus! Spare nicht! Verlängere die Seile, und schlag die Pflöcke fest ein!
3 Denn du wirst dich nach allen Seiten hin ausbreiten: Deine Kinder werden das Land anderer Völker in Besitz nehmen und die zerfallenen Städte neu besiedeln.
4 Hab keine Angst, du wirst nicht mehr erniedrigt werden! Niemand darf dich je wieder beschämen. Du wirst vergessen, wie man dich in deiner Jugend gedemütigt hat, und nicht mehr an die schwere Zeit zurückdenken, in der du als Witwe allein dastandst.
5 Denn der Herr, der dich erschaffen hat, ist dein Ehemann. Er heißt "der Herr, der allmächtige Gott". Er ist der heilige Gott Israels, dein Erlöser, und der Gott der ganzen Welt.
6 Jerusalem, du bist wie eine verstoßene Frau, die tief enttäuscht ist, weil ihr Mann, der sie als junge Frau liebte, sie verlassen hat. Doch der Herr ruft dich zu sich zurück
7 und sagt zu dir: "Nur für kurze Zeit habe ich dich verlassen. Ich will dich wieder zu mir holen, denn ich liebe dich immer noch.
8 Im Zorn habe ich mich für einen Augenblick von dir zurückgezogen. Doch ich habe Erbarmen mit dir, und meine Liebe wird nie mehr aufhören. Das verspreche ich, der Herr, dein Erlöser.
9 Damals nach der großen Flut schwor ich Noah: Nie mehr wird die ganze Erde überschwemmt werden! Und heute schwöre ich: Ich bin nicht mehr zornig auf dich, Jerusalem! Nie mehr werde ich dir drohen!
10 Berge mögen einstürzen und Hügel wanken, aber meine Liebe zu dir wird nie erschüttert, und mein Friedensbund mit dir wird niemals wanken. Das verspreche ich, der Herr, der dich liebt!"