TILSITER ELEGIEN

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

ERSTE ELEGIE

Muse Urania, singe mir das Lehrgedicht weise
Von der göttlichen Schöpfung und Evolution der Geschöpfe!

Marcus, mein Bruder, wir wollen sprechen vom christlichen Glauben
Und des Menschen Vernunft, von der Offenbarung der Schöpfung
Und der Theorie der Evolution der Geschöpfe.
Diese Wissenschaft ist doch eine Herausfordrung heute
Für die wahre Theologie vom allweisen Schöpfer.

Die Naturwissenschaft hat große Bereiche des Denkens
Uns erschlossen, mein Marcus, die wir bisher noch nicht kannten,
So dass die Wissenschaft uns neue Erkenntnisse schenkte.
In der Freude über die Größe ihrer Entdeckung
Aber tendiert die Wissenschaft dazu, Bereiche des Denkens
Uns zu nehmen, die wir aber doch weiterhin brauchen.

Ihre Ergebnisse führen zu Fragen, die über den Kanon
Wissenschaftlicher Art und Methode hinausreichen, Marcus,
Die sich im Rahmen der Wissenschaft nicht beantworten lassen.
Dennoch sind es Fragen, die die Vernünftigen stellen,
Die man nicht überlassen darf den frommen Gefühlen.
Sondern man muss sie ansehen als vernünftige Fragen
Und vernünftige Arten finden ihrer Behandlung.

Es sind die großen Urfragen doch der Philosophia,
Die auf neue Weise nun vor uns stehen: die Frage
Nach dem Woher und Wohin des Menschen, des Kosmos im Ganzen.

Es gibt eine Rationalität der Materie,
Ja, man kann die Materie lesen, die stoffliche Mutter,
Sie hat eine Mathematik in sich, sie ist vernünftig,
Selbst wenn es auf dem langen Weg der Evolution auch
Irrationales gibt, Zerstörerisches und Chaos.
Aber an sich ist die mütterliche Materie lesbar.

Auch erscheint mir, dass der Welten-Prozess als ein Ganzes
Eine Rationalität hat. Trotz alles Irrens,
Trotz alles Wirrens durch den schmalen Korridor geht es
Kräftig hindurch, in der Auswahl der Mutationen, der guten,
Und in der Ausnutzung der geringen Wahrscheinlichkeit, ist der
Welten-Prozess als solcher doch rational und vernünftig.

Diese doppelte Rationalität, die sich wieder
Unserm menschlichen Denken korrespondierend erschließt, führt
Zwangsläufig zu der Frage, die über der Wissenschaft Grenzen
Weit hinausgeht, aber doch eine Vernunft-Frage ist es:
Woher stammt diese Rationalität? Gibt es etwa
Eine Ursprung-gebende Ratio, die sich in diesen
Zonen und Dimensionen von Vernünftigkeit spiegelt?

Der Disput zwischen Glaube und Evolutionen
Heftig ward geführt vor hundert Jahren, bis dann doch
Kam man zu einer einigermaßen friedlichen Lösung.
Pius der Zwölfte hatte die Frage der Arten-Entstehung
Des Lebendigen überlassen der Wissenschaftsforschung,
Und sein einziger Vorbehalt war, dass der Mensch nicht allein aus
Bio-Zusammenhängen erklärt werden könne, vielmehr sei
Jeder Mensch als ein geistbeseeltes Wesen ein neuer
Anfang, der aus der Biologie nicht ableitbar, sondern
Auf den Schöpfer verweist, den himmlisch zeugenden Vater.

Aber bei diesem Friedensschluss war der Streit um den Menschen
Nicht geschlichtet. Schon bald wussten Theologen nicht weiter
Von der Seele und ihrer unmittelbaren Erschaffung
Durch den Schöpfergeist, der die Seele gehaucht in den Körper.

Denn das klassische anthropologische Denken der Väter,
Welches formulierte den unverzichtbaren Glauben,
Ließ sich nicht leicht mit dem Denkansatz der Evolution in
Übereinstimmung bringen und dem umfassenden Anspruch
Der Naturwissenschaftler auf die Wahrheit vom Menschen.

Damals wurde bekannt die neue Vision mit dem Namen
Pierre Teilhard de Chardin, der die Totalitäten des Denkens
Der Naturwissenschaft verband mit den Totalitäten des Denkens
In der Theologie, der theologischen Schau des
Menschen. Von den Intuitionen dieses Gelehrten
Sind doch viele Anregungen ausgegangen, befruchtend
Das Gespräch der Naturwissenschaft mit Theologie und
Philosophie. Doch eine letzte Antwort ergab sich
Nicht, denn seine Naturwissenschaft war nur gegründet
Auf die Anatomie und die Morphologie, doch noch nicht auf
Den Prozess der Genetik, auch die Theologie blieb
Und die Philosophie blieb unbefriedigend damals.


ZWEITE ELEGIE

I

Lass mich nun zu dir reden, o du barmherzige Gottheit,
Mich, der ich nichts als Staub, mich, der ich Asche nur bin,
Lass mich dennoch reden, zu deiner Barmherzigkeit red ich,
Rede nicht zu dem Mann, der ist voll Hohn nur und Spott.
Gottheit, du lächelst meiner vielleicht, doch wendest dich zu mir,
Voller Barmherzigkeit ist Gottes Mutterschoß doch!
Aber was ist es, was ich reden möchte, o Gottheit?
Sag ich, dass ich nicht weiß, wie ich gekommen zur Welt?
Soll ich sagen: Wie ich kam in dies sterbliche Leben,
Diesen lebendigen Tod? Gibt es die Präexistenz?
Es empfingen mich die Tröstungen deines Erbarmens,
Wie ichs erfahren hab von dem Erzeuger, aus dem
Du mich erzeugtest, und von der guten irdischen Mutter,
In der du mich geformt, doch ich erinnre mich nicht.
Dann empfing mich die Tröstung der Milch aus den Brüsten!
Aber die Mutter nicht selbst füllte den Busen mit Milch,
Auch die Amme füllte nicht selbst mit Milch ihre Brüste,
Sondern du gabst die Milch mir, einem dürstenden Kind,
Du hast gemäß deiner ewigen Weisheit und ewigen Liebe
Brüste für mich gefüllt, Brüste, von Muttermilch prall!
Du verliehst mir die Eigenschaft, nicht mehr zu verlangen,
Als was gerne du gabst, was gern die Amme mir gab,
Was du der Amme gegeben, ihre strotzenden Brüste!
Denn der Ordnung gemäß und ihrem liebenden Trieb
Gab die Amme mir gern von der überfließenden Liebe,
Die du ihr verliehn. Diese wohltätige Art
Tat ihr selber wohl, doch stammte von ihr nicht alleine
Diese Liebe, sie war göttliches Medium nur.
Alle Liebe und alle Güte kommt von der Gottheit,
Nur die Gottheit ist gut, spendet den Kindern das Heil!
Später freilich erkannt ich dies erst, als du mich berufen,
Damals verstand ich allein, gierig zu saugen die Milch,
Ja, in behaglichem Lebensgenuss der Ruhe zu pflegen
Und bei leiblichem Schmerz schreiend zu sagen mein Weh.
Weiter nichts. Doch dann begann ich, lieblich zu lächeln,
Erst zu lächeln im Schlaf, dann auch zu lächeln am Tag.
So ists mir erzählt worden, und ich glaube es gerne,
Denn auch ein anderes Kind ließ mich beobachten dies.
Siehe, allmählich empfand ich, wo ich wirklich gewesen,,
Kundtun wollt ich den Wunsch, alle die Wünsche in mir,
Dass man sie mir erfülle, doch nicht vermocht ich zu reden,
Denn es wohnte der Wunsch tief in dem Inneren mir,
Aber die Menschen waren außer mir, keiner der Sinne
Drang in die Tiefe ein, ein in den inneren Kern.
Daher strampelte ich und schrie in Begierden und Wünschen,
Wenige Wünsche nur warens und solche allein,
Die nicht meinen Fähigkeiten entsprachen und Künsten.
Größer war immer der Wunsch als die vermögende Kunst.
Aber erfüllte man meinen Willen nicht, weil man die Wünsche
Nicht verstanden, vielleicht sie auch nur flüchtig erfüllt,
Ward ich zornig auf die Eltern, erwachsene Menschen,
Die mir nicht untertan, die mir nicht waren zu Dienst,
Und ich versuchte mich durch ein Brüllen, Schreien und Heulen
Zornig zu rächen, voll Wut, Wut und Enttäuschung und Zorn!
Dies ist der Kinder Art und Weise, die lernte ich kennen
An den Kindern, die ich kennengelernt in der Welt,
Diese lehrten mich mehr als meine verschwiegene Mutter,
Die mir niemals erzählt, wie ich gewesen als Kind.
Aber die Kindheit ist lang vorüber, und siehe, ich lebe.
Aber, o liebender Gott, du bist in Ewigkeit da,
Du bist vorm Anfang der Zeit, du hast die Zeit ja erschaffen,
Auch die Vorzeit ist dir völlig bekannt und vertraut.
Du bist der Urgrund der vergänglichen Wesen und Dinge,
Unwandelbarer Schoß, alle Ideen in dir
Sind in ewiger Gegenwart. Sag mir, o göttliche Weisheit,
Ob mein Leben begann einst in dem Mutterschoß erst,
Oder ob meine Psyche präexistent war im Himmel
Der Ideen und sah einst schon die Schönheit in Gott?
Darüber hab ich manches gehört vom heiligen Platon,
Auch mit den Augen sah schwangere Frauen ich oft.
Aber war ich noch vor der Mutter Schwangerschaft, Weisheit,
Meine Liebe, mein Gott, war ich ein Wesen zuvor?
Ich hab keinen, mit dem ich zu philosophieren vermöchte,
Und mein Vater hat nur Spott für den fragenden Sohn,
Unverständnis die Mutter, und die anderen Menschen,
Freunde, wissen nichts von den Geheimnissen, Gott.
Lachst du über solch eine Frage, glückselige Weisheit?
Aber ich lobe dich gern, alles bekenne ich treu.
Also bekenn ich, du bist der Ursprung von Himmel und Erde,
Unsichtbarer Welt wie auch der sichtbaren Welt,
Ursprung meines Lebens, Gott meiner törichten Kindheit,
Die ich lieber vergess, weil sie so unglücklich war!
Aber ich kann von anderen auf mich selber auch schließen.
Und ich vertraue den Fraun, was sie bezeugt über mich.
Damals schon war und lebte ich, schon an der Grenze der Kindheit
Suchte ich mein Gefühl deutlich zu machen im Wink.
Woher kommt die Seele, wenn nicht von Gott, und der Körper?
Kennt denn einer die Kunst, selbst sich zu schaffen aus Nichts?
Oder gibt es eine andere Quelle? Den Zufall?
Oder die Mutter Natur? Nein, meine Quelle ist Gott!
Gott, du hast uns geschaffen, mich und die anderen Menschen,
Du bist der Ewigkeit Gott und bist der Zeitlichkeit Gott,
Du bist das Wesen der Wesen, unveränderlich seiend,
In dir versinkt der Tag, den ich erlitten hab heut.
Nämlich in Gott ziehn die Zeiten ihre geordneten Bahnen,
Gott hält zusammen die Zeit, Jahre und Monde und Tag,
Gottes Äonen sind wie der heutige Tag, wie die Stunde,
Da ich dir klage mein Leid, all unsrer Großmütter Zeit
Ist für Gott ein ewiges Heute, ach, und das Morgen
Ist ein Heute für Gott, Ewigkeit, seliges Nun!
Das ist mir gleichgültig, wenn mich keiner begreift von den Narren!
Der dich nicht kennt, mein Gott, lern er dich kennen, o Gott!
Aber jene, die meinen dich zu kennen, die blinden
Blindenführer, mein Gott, - Jesus, dir klag ich mein Leid!

DRITTE ELEGIE
1

Ach! Wie sitzt die Stadt in Einsamkeit! Einst voll des Volkes,
Jetzt der Witwe gleich! Groß war sie mitten im Volk,
Eine schöne Prinzessin vieler schöner Provinzen,
Nun der Sklavin gleich, ach, von den Feinden versklavt!

Nun sie weint in den Nächten. Tränen benetzen die Wangen.
Kein Geliebter hat Trost, ach, und der Freund ward zum Feind!

Juda ging in die Gefangenschaft schlimmer Misere,
Schwerer Arbeit. Sie wohnt mitten in Mengen von Volk,
Findet keine Ruhe. Die ihr nachjagen, finden
Sie und holen sie ein, schenken ihr Elend und Weh!

Ach, es weinen die Wege von Zion. Zu der Versammlung
Keiner kommt mehr zu ihr. Trostlos und traurig ihr Tor.
Ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen jammern,
Ah, wie bitter ist doch und voll Gram ihr Gemüt!

Ihre Unterdrücker sind auf dem Gipfel der Stärke,
Feinde haben Erfolg. Schlimm war die Revolution,
Darum hat der Herr sie traurig gemacht. Ihre Kinder
Gehn in Gefangenschaft, gehn in des Feindes Verließ.

Tochter Zion ist genommen der Glorie Lichtglanz.
Und ihr Prinz ist ein Hirsch, findet die Aue nicht mehr.
Ihre Fürsten müssen einhergehen vor dem Verfolger,
Ohne Mut, ohne Kraft, ach, ohne Freude und Glück!

Und Jerusalem denkt an ihre Heimsuchung wieder,
Ruhelosigkeit, und sie erinnert sich dran,
Wieviel Begehrenswertes sie aus des Altertums Tagen
Hatte und welchen Schmuck. Niedergeschlagen ist sie
Heute und Volk und Heimat in den Händen der Hasser,
Niemand hilft ihr mehr. Sie erntet Hohn nur und Spott.

Ach Jerusalem sündigte, eine Unreine ist sie.
Die sie verehrten einst, ha, die verachten sie jetzt,
Weil sie offenbar sehen ihre beschämende Nacktheit!
Darum seufzt sie vor Gram, wendet vom Leben sich ab.

Ihre Unreinheit klebt an ihrem Röckchen, dem kurzen.
Sie bedachte nicht, wie es zum Schluß ihr ergeht,
Es ist ja auch zu wunderbar! Sie ist niedergesunken,
Findet keinen Trost. Wehe mir, Herr, sieh mein Weh!
Sieh auf meine Misere, mein erbärmliches Elend!
Allzu mächtig doch ist mir geworden der Feind.

Unterdrücker haben ausgebreitet die Hände,
Greifen ihr Kleinod an. Sie musste zusehen da
Wie die Heiden in ihr Heiligtum eintraten, wenn auch
Gott der Herr es verbot, dass sie ins Heiligste gehn.

Ach wie sehr seufzt ihr Volk und verlangt nach stärkender Speise,
Gibt sein Edles dahin für etwas nährendes Fleisch,
Um die Seele zu ermutigen. Wehe mir, Gottherr,
Schau und gewahre wie wertlos und nichtig ich ward!

Ist es denn gar nichts für euch, die ihr die Wege vorbei zieht?
Schaut und betrachtet, ob da ist vergleichbar ein Schmerz,
Schmerzen wie die Schmerzen, die auf mich wurden geworfen!
Ich machte traurig den Herrn, Gott an dem zornigen Tag!

Feuer der Höhe sandte Gott in meine Gebeine,
Dass es herrsche darin! Für meine Füße ein Netz
Hat er ausgebreitet und zugewandt seinen Rücken.
Trostlose Traurigkeit! Täglich ermatte ich mehr!

Meine Rebellion ist gefesselt von göttlichen Händen,
Und die Schlinge am Hals! Ach wie mir taumelt die Kraft!
Gott hat seine Hände gelegt an den elenden Sklaven,
Und ich steh nicht mehr auf, bette mich nur noch im Tod!

Gott hat niedergetreten meine Mächtigen alle.
Eine Vereinigung rief gegen mich Gott voll Gewalt,
Meine Jugend zu vernichten. Der Herr hat die Jungfrau
Tochter Juda zerquetscht, wie in der Kelter den Wein.

Das beweine ich, und aus den Augen strömen mir Wasser,
Denn der Tröster ist fern, der mir bereitete Trost.
Meine Söhne sind trostlos traurig, verzweifelt im Elend,
Und es herrscht in der Welt überall siegreich der Feind.

Zion breitet aus ihre Hände, doch da ist kein Tröster.
Gott hat um Jakob rings feindliche Menschen gestellt
Und geboten den Unterdrückern: Jerusalem soll nun
Eine Unreine sein mitten im feindlichen Volk.

Gott ist gerecht. Ich rebellierte gegen die Stimme.
Hört, ihr Völker, und seht, wie so entsetzlich mein Schmerz!
Jungfraun und Jünglinge gingen in der Gefangenschaft Kerker,
Ach so groß ist mein Schmerz. Aber der Herr ist gerecht.

Meine Geliebten rief ich, doch sie betrogen mich alle.
Priester sind in der Stadt, Älteste sind in der Stadt,
Alle suchen Speise, um ihre Seele zu stärken,
Suchen nährendes Fleisch, suchen den tröstenden Wein.

Weh mir, weh mir, Herr, ich leide schreckliche Qualen!
In dem Inneren brennts, bitter ist in mir mein Herz!
Ich war rebellisch, draußen das Schwert, der Männermord, drinnen
In dem Hause der Tod, der mich der Kinder beraubt!

Meine Freunde hören mein Seufzen und trösten mich doch nicht.
Meine Feinde sehn meine Misere, sind froh.
Das hast du getan. Lass kommen die richtende Stunde,
Dass es den Feinden ergeht, wie es mir schlecht nun ergeht!

Herrgott, lass ihr Böses vor dein Angesicht kommen,
Handle an ihnen so, wie du gehandelt an mir
Wegen meiner Rebellion. Meiner Seufzer sind viele,
Und mein Herz ist matt, ach, und mein Leib ist geschwächt.

2
O wie hat Gott die Tochter Zion bewölkt doch mit Ingrimm,
Niedergeschmettert hat er Israels Schönheit und Reiz
Von dem Himmel zur Erde, er hat nicht mehr gedacht seiner Fußbank
In des Jammers Zeit, ach, an dem Tage des Zorns.

Gott hat alle Wohnsitze Jakobs zerstört ohne Mitleid,
Tochter Juda hat er all ihre Burgen zerstört,
Ihre Hochburgen hat er in glühender Rage zerschmissen,
Er hat entweiht den Fürst, alle die Herren im Land.

Alle Krafthörner Israels hat er im Zorne zerschlagen,
Er hat die rechte Hand sich in dem Rücken versteckt
Vor dem Feind und in Jakob Flammen des Feuers entzündet,
Flammen, die fressen umher alles im Umkreis des Lands.

Er hat den Bogen gespannt wie ein Feind, erhoben die Rechte,
Wie ein Gegner, zerschlug alles, was Augen war schön,
Seine Rage ausgeschüttet wie Flammen des Feuers,
Tochter Zion im Zelt ward überschüttet von Glut.

Gott ist wie ein Feind geworden, Jakob vernichtet,
Zitadellen sind hin, Festungen alle dahin.
Er hat der Tochter Juda nichts als Klagen bereitet,
Nichts als Kummer und Qual, so ist voll Tränen ihr Herz!

Er hat seinen Tabernakel zerwühlt wie den Garten,
Und sein Versammlungszelt hat er in Rage zerstört.
Gott ließ in Zion Festversammlung und Freuden des Sabbat
In Vergessenheit leider geraten. Im Zorn
Und im Ärger verachtete Gott die Könige Judas
Und die Priester im Zelt, opfernd im Heiligtum Gott.

Gott hat seinen Altar beiseite getan und des Tempels
Heiligtümer verschmäht. Mauern der Burgen hat er
Ausgeliefert den Händen der Feinde. Im Tempel der Gottheit
Klang die Stimme des Feinds, ach, wie am freudigen Fest.

Gott wollte ruinieren der Tochter Zion Gemäuer,
Er hat die Meßschnur gespannt. Er hat die strafende Hand
Nicht von ihr abgewandt, bis er sie verschlungen im Zorne.
Burgen voll Lamentation! Burgmauern alle zu schwach!

Tore sanken in den Grund, die Riegel zerbrochen,
Alle Schlösser zerstört. Fürsten und Könige sind
Unter den Völkern, wo sie Jungfrau Torah nicht mehr finden,
Ach der Prophet schaut nun keine Vision mehr von Gott.

Und die Alten der Tochter Zion sitzen am Boden
Und vor Kummer verstummt, streuen sich Staub auf das Haupt,
Haben gegürtet ihr Sackleinen, tragen den Gürtel der Buße,
Jungfraun Jerusalems lassen nun hängen den Kopf.

Tränen erfüllen meine Augen, die innern Organe
Sind sehr aufgewühlt, ach, und die Leber ist krank,
Meine Leber ist ausgeschüttet zum Staube der Erde
Wegen des Zerbruchs, wehe, der Tochter des Volks,
Da die niedlichen Säuglinge und die lieblichen Kinder
Überwältigt sind, ach, sie sind kraftlos und schwach.

Ihren Müttern sagen sie: Wo ist Speise, wo Trank nun?
Auf den Plätzen der Stadt sind sie geschwächt und verletzt
Wie Verwundete und Verletzte mit tödlichen Wunden,
An der Mutterbrust schütten die Seelen sie aus!

Tochter Jerusalem, womit soll denn ich dich vergleichen?
Was soll mein Zeugnis sein? Jungfrau, o wem bist du gleich,
Womit soll ich trösten, Tochter Zion, dein Trauern?
Dein Zerbruch ist ein Meer! Wer wird dich heilen, mein Herz?

Deine Propheten schauen dir Geschmackloses, Leeres,
Deine Perversion haben sie dir nicht enthüllt.
So hätten abgewendet sie deine Gefangenschaft, aber
Nichtige Sprüche nur hörst du bei all deiner Last.

Die vorübergehen, schlagen die Hände zusammen
Und sie pfeifen dir nach, schütteln den Kopf über dich,
Sagen: Ist das die Stadt, die man nennt die vollkommene Schönheit,
Das Entzücken der Welt, Wonne unendlichen Alls?

Deine Feinde zerreißen das Maul sich über dich, Jungfrau,
Pfeifen höhnisch dir nach, knirschen mit Zähnen. Man sagt:
Ha, wir fraßen sie auf! In der Tat ist dieses die Stunde,
Die wir sehnlich erharrt, die wir nun schauen und sehn.

Gott vollbrachte seinen Plan, vollbrachte sein Wort nun,
Wie er zur Vorzeit gesagt. Ohne Erbarmen zerstört
Gott und ließ die Feinde sich freuen über dich, Jungfrau,
Deiner Heimsuchung Horn hoch hat erhoben der Herr.

Und ihr Herz schreit laut zum Herrn. O Mauer der Tochter
Zion, lass du am Tag strömen die Tränen, zur Nacht
Nieder strömen die Tränen lass wie die Fluten des Stromes,
Gib nicht Ruh und lass feucht deine Augäpfel sein!

Und erhebe dich in der Nacht und klage dein Wehe,
Schütte dein Herz aus wie Wasser am Anfang der Nacht,
Heb deine Hände zu Gott für die Seelen all deiner Kinder,
Die von Hunger geschwächt sind und verdursten am Markt.

Gottheit, schau und gewahre, wen du mit Härte behandelst!
Sollen die Frauen denn fressen die Leibesfrucht gar,
Kinder ihrer zarten Fürsorge? Sollen Propheten
Denn in dem Heiligtum liegen ermordet im Blut?

In den Straßen und auf der Erde Jünglinge liegen,
Alte liegen im Staub. Jungfraun und Jünglinge sind
Durch das Schwert gefallen. O du mordest im Zorne,
Niedergemetzelt hast du ohne Erbarmen, mein Gott!

Du hast den Terror im Umkreis aufgerufen zum Feste,
Keiner in Zeiten des Zorns konnte entkommen dem Feind,
Keiner überlebte. Die ich auf Händen getragen,
Kinder, die ich erzog, die hat geraubt mir der Feind!

3
Ich bin der elende Mann, der die Rute des rasenden Zorns sah.

Gott führte mich in die Nacht, führte mich nicht in das Licht.

Gott wandte Tag für Tag seine Hand gegen seinen Verlassnen.

Fleisch und Haut ward mir alt, Knochen zerbrach mir der Herr.

Bitternis gab er und Härte schlug mich von jeglicher Seite.

Ach, ich wohn in der Nacht, so wie die Toten im Grab.

Mauern zog er gegen mich auf, ich komm nicht heraus mehr,
Eisenkette beschwert meinen gefangenen Leib.

Wenn ich auch schreie und brülle, verschließt er sich meinen Gebeten.

Meine Wege verbaut Gott mir mit Quadergestein,
Und den Pfad meiner Füße mir verwirrte der Höchste.

Gott stand da wie ein Bär, lag wie ein Löwe im Busch.

Gott ließ mich wandeln Wege ins Abseits, er hat mich zerrissen,
Trostlos traurig gemacht, trostlos mich traurig gemacht.

Er hat den Bogen gespannt und nahm mich zum Ziel seiner Pfeile.

Köcherkinder sind mir in die Nieren gebohrt.

Ein Gelächter bin ich den Leuten und täglich ihr Spottlied.

Bitternis macht mich satt, ich bin vom Wermut getränkt.

Meine Zähne hat er zermalmt. Ich lieg in der Asche.

Friede floh mein Gemüt. Schönheit vergaß ich vor Weh.

Ach, dahin ist mein Leben, zunichte die Hoffnung auf Jahwe.

Mach dir doch bewußt, Jahwe, wie elend ich bin.
Ich gedenke des Schierlingsbechers, des Giftes der Schlange.

Niedergesunken ist, ach, meine Seele in mir.

Doch meine Seele wandte sich zur Jugend der Hoffnung.

Das ist doch Jahwes Huld, ich bin nicht gänzlich zerstört.

Gottes Mutterschöße sind voll von Gottes Erbarmen,
Frisch jedes Morgenrot, ja, seine Treue gewiss.

Gott ist mein Anteil, spricht meine Seele, ihn will ich erwarten.

Gott ist gut zu dem Mann, der ihn erwartet, der sucht.

Schön ists, Hoffnung zu haben, zu warten auf Jahwes Erlösung
Voller Sehnsuchtsglut, still im Gebete versenkt.

Gut ists dem Mann, sein Joch zu tragen in Jahren der Jugend.

Gut dem einsamen Mann, nachdenklich stille zu sein,
Wenn er zu tragen hat mit der Seele die Lasten der Leiden.

Leg er den Mund in den Staub! Oh, da ist Hoffnung vielleicht.

Lass er sich Ohrfeigen geben, mit Vorwürfen sättigen! Dulde!

Denn der Herr verbirgt sich nicht für immer. Getrost!

Gott mutet Trübsal zu, doch liebt auch mit inniger Güte.

Nicht von Herzen betrübt Jahwe die Menschen mit Gram.

Dass man Gefangene tritt mit Fußtritten höhnisch und herzlos,

Rechte des Mannes beugt vor dem Gesichte des Herrn,

Und die Worte des Mannes verwirft, das alles sieht Jahwe!


VIERTE ELEGIE

1

Lass uns einen neuen Anfang nun machen, ich weise
Darauf hin, dass der Staat aller Moralien kennt
Drei der Laster. Inkontinenz und Rohheit vermeide!
Was dem Laster wehrt, Tugend und Kontinenz ists.
Gegen die Vertierung ist am passendsten Tugend,
Übermenschliche Kraft, Tüchtigkeit, Held oder Gott,
So wie Priamos sagte vom unsterblichen Hektor:
Nicht der Sohn eines Manns, sondern ein Göttersohn er!

Wenn also Männer Göttern gleichen heroischer Tugend,
Wird diese Art gestellt gegen den Zustand des Tiers.
Tiere haben keine Laster, keinerlei Tugend,
Also sind sie kein Gott, ist doch die göttliche Art
Höher als Tugend, und tugendhafte Menschen sind Götter,
Aber der Abschaum ist Laster und sündiger Pfuhl!

Jetzt wird selten ein Mensch gefunden, der gottähnlich herrlich,
Wie der Spartaner sagt, sieht er den heiligen Mann,
Nennt er gottähnlich ihn, doch ist der sündige Pöbel
Viehischer Laster Brut, so ist der dumme Barbar.
Aber manche tierische Art kommt nur durch Erkrankung.
Aber böse genannt wird auch der viehische Mann,
Der von Grund auf in allen Lastern zuhause ist, Tiermensch.
Davon spreche ich noch, aber jetzt red ich zuerst
Von der Inkontinenz und der verweichlichten Schlaffheit
Und von der Kontinenz, Ausdauer, heldischer Kraft.
Doch sind beide nicht identisch mit Laster und Tugend,
Sondern sind Unterart, sind andere Gattung des Seins.
Lasst uns beobachten doch die Fakten, die Schwierigkeit lasst uns
Diskutieren und sehn alle die Meinungen an
Über Erkrankungen menschlichen Geistes. Falls nicht vorhanden,
Sehn wir das Häufigste an, sehn wir die Hauptschuld uns an.
Falsche Einwände werden wir entkräften durch Wahrheit,
Lassen den törichten Hauf unweiser Schwätzer in Ruh,
Lassen ungestört die sinnlosen Meinungen vieler,
Aber beweisen genug Wahrheit, wie Gott sie uns gibt.

Jetzt wird Kontinenz und Ausdauer von dem Dichter betrachtet,
Unter den Dingen gut sind sie und lobenswert auch.
Aber Inkontinenz und dazu die verweichlichte Schlaffheit,
Diese Dinge sind schlecht, sie sind verwerflich, gemein.
Und der Mensch wird betrachtet, ob er kontinent ist, ob
Inkontinent und bereit, göttliche Kraft zu verschmähn.
Und der inkontinente Mann wohl weiß im Gewissen,
Das was er tut, das ist schlecht, tut es aus Leidenschaft doch.
Aber der kontinente Mann kennt appetitliche Neigung,
Folgt dem Prinzip der Vernunft, lebt in der Mäßigung keusch.
Alle Vernünftigen nennen den Keuschen und Maßvollen weise
Und gerecht, doch den Mann, der wie ein Tier lebt, nur Narr!
Manche können zügellose Männer von keuschen
Nicht unterscheiden und dumm werden verwechselt die zwei.
Narren sagen, der Mann der praktischen Weisheit und Klugheit
Kann nicht tugendhaft sein, weise und keusch und gerecht.
Andere sagen, Männer der praktischen Weisheit bedürfen
Heftigen Zorn und Gewinn, Ehre und Ruhm in der Welt.
Dies wird alles gesagt von den maßlos begierigen Menschen,
Unkeusch und zügellos, wie es heut vorlebt die Welt.


2

Jetzt frag ich, wie ein Mann, der zu recht urteilt, inkontinent ist?
Dass er so sich verhält, ist doch unmöglich, vielmehr
Wäre es seltsam, wenn ein Sokrates dächte genauso,
Wissen ist in dem Mann, der sich beherrschen kann, und
Sollte er etwa einhergehen wie ein Sklave der Triebe?
Sollte er sein der Knecht seiner selbsteigenen Schuld?
Sokrates war da anderer Meinung, Beherrschung und Keuschheit
Ist nicht Inkontinenz, niemand, so sagte er gut,
Handelt gegen die Einsicht, wenn sie handeln als Sünder,
So weil die Einsicht fehlt, weil sie die Torheit beherrscht.
Aber diese Ansicht widerspricht den deutlichen Fakten,
Und so frage ich mich, was denn passiert mit dem Mann,
Wenn er töricht handelt entsprechend der Herrschaft der Torheit?
Ist er unwissend nur, oder ist unrein sein Herz?
Denn der Mann, der nicht ausschweifend lebt, der denkt vor der Sünde
Nicht an die eigene Schuld, doch ist die Schuld offenbar.
Aber andere stimmen dem Sokrates zu und behaupten
Von dem Täter der Schuld, dass ihn die Torheit verführt,
Dass er das rechte Wissen nicht hat von der Schuld seiner Sünde
Und der Schönheit, die liegt in der Keuschheit allein.
Hat er die Weisheit noch nicht erkannt, die Schönheit der Keuschheit?
Dann nur schwach widersteht aller Verführung ein Mann,
Und sie versagen durch Appetit auf die Lüste, die Männer.
Sympathisiere nicht mit der Verführung zur Schuld,
Sympathisiere nicht mit dem Bösen, mit dem Versucher.
Ist das Weisheit doch nur, die dem Feind widersteht!
Aber ein Mann ist nicht klug, der sich nicht selber beherrscht, nein,
Praktische Weisheit ist, selbst zu beherrschen den Trieb.
Nämlich ein wahrhaft Weiser ist der Freund guter Werke,
Der die Tugend liebt, Keuschheit und Reinheit und Zucht.

Wenn man starken und schlechten Appetit hat, so nicht doch
Beim gemäßigten Mann, Fresser sind Maßvolle nicht,
Aber wenn der Appetit gut ist, gemäß dem Charakter,
Ist das Maßhalten gut bei dem gemäßigten Mann,
Aber beim schwachen Appetit ist Maßhalten keine
Tugend der sittlichen Zucht, da man nicht Widerstand braucht.

Wenn ein Mann bereit ist, jede Meinung zu achten,
Ist es schlecht, denn es heißt, dass er die Wahrheit nicht liebt,
Dieser wird auch falsche Meinungen achten. Wenn aber
Nicht auf Meinung gebaut, sondern auf Wahrheit ein Mann,
Wird er, wie Sokrates sagt, widerstehen selbst dem Odysseus,
Wenns eine Lüge ist, was ihm Odysseus befiehlt.

Ferner ist das sophistische Argument etwas schwierig:
Wenn der Wunsch entsteht, anderm als Wahrheit den Sieg
Zu vergönnen, wenn nur die eigenen Meinungen siegen,
Nur weil man nicht widerlegt irriger Meinungen Schein.
Torheit mit Unbeherrschtheit gekoppelt, das ist keine Tugend.
Sondern der Richter sagt, was da ist böse, was gut,
Also wird der Beherrschte tun das Gute, nicht Böses,
Das, was er wirken soll, nicht was zu meiden dabei.

Ferner ist unbeherrscht, der tut nur, was ihm genehm ist,
Nicht das Bessere tut, weil er sich selbst nicht beherrscht.
Aber wer überzeugt werden kann, seine Meinung zu ändern,
Hoffnung auf Heilung gibt’s immer bei solch einem Mann.
Wer von der Richtigkeit überzeugt ist, was er zu tun hat,
Der lässt nicht davon ab, was man auch redet mit ihm.
Aber wer unbeherrscht ist, der redet gern andere Worte,
Als er als Handelnder tut, wahrt der Besonnenheit Schein.

Wenn nun Unbeherrschtheit und Beherrschtheit betroffen
Werden in dieser Welt, wo sind die wenig besonnenen
Narren zu finden? Nicht jeder ist unbeherrscht ja in allem,
Doch der Nichtsnutz zumeist selbst nicht beherrscht seinen Trieb.


3

Einiger Art sind die Schwierigkeiten, die sich ergeben,
Einiges widerlegt nachdenklich-weise der Mann,
Andre behaupten die Herrschaft auf den irdischen Feldern,
Wahrheit zu finden ist schwierig dem Denkenden selbst.
Handeln die unbeherrschten Menschen wissentlich oder
Ohne Wissen zumeist? Wenn sie denn wissen, ja, wie
Wissen sie denn? Und was begegnet denn den Beherrschten,
Unbeherrschten auch? Trauer und Schmerzen und Glück.
Und die unbeherrschten und die beherrschten der Menschen,
Sind sie einander gleich? Oder verschieden vielleicht?
Und befassen sich Unbeherrschtheit oder Beherrschtheit
Denn mit jedem Objekt, sei es nun Leid, sei es Lust?
Denn bei welchem Ding sind ungezügelte Menschen
Ungezügelt? Ists nicht in dem verwandten Bereich?
Nämlich einer denkt, er solle die Freude verfolgen
Immer und überall, koste es was es auch will,
Aber der andere nicht allein verfolgt nur die Freude,
Sondern ein höheres Gut, etwa das Gute an sich.

Manche sagen, es ist die Meinung, nicht die Erkenntnis,
Die sie zügellos macht, aber was sag ich dazu?
Ist es doch die Meinung, die sie halten für Wahrheit,
Die sie zügellos macht, halten für Wesen den Schein.

Manche aufgrund ihrer schwachen Überzeugungen haben
Nichts als Meinungen nur, also sie handeln danach,
Handeln nicht gegen das eigene Urteil der irrigen Meinung,
So wie Wissende auch folgen der Wahrheit Gesetz,
Ob nun Weisheit oder nur Meinung, man folgt seiner Ansicht,
Denn die Narren sind fest überzeugt von dem Schein,
Denken, sie haben die Wahrheit gefunden am Boden der Flasche,
So überzeugt ist der Weise von Wahrheit und Gott.


FÜNFTE ELEGIE

1

Büchlein, nun ohne mich, ich gönns dir, geh in die Hauptstadt.
Wehe, wehe, dass deinem Meister erlaubt nicht zu gehen!
Geh, doch ohne Schmuck, so ziemt es sich für den Verbannten:
Traurig, zu tragen die Kleidung dieser elenden Zeiten.
Du wirst nicht verkleidet mit hyazinthenem Purpur -
Das ist keine passende Farbe, in Trauer zu gehen -
Kein Papier von Zedernöl und auch kein Zinnober,
Keine weißen Häupter und Hörner um finstere Stirnen.
Glückliche Bücher werden geschmückt mit solcherlei Dingen:
Du sollst stattdessen mein trauriges Schicksal im Auge behalten.
Nicht spröder Bimsstein, um deine Kanten glatt zu polieren,
Dass du zerlumpt gesehn wirst, mit dem Haar in Verwirrung.
Keine Schande in deinen Flecken, denn wer sie anschaut,
Der wird wissen, dass sie durch meine Tränen verursacht.
Geh, Buch, grüße die lieben Orte mit herzlichen Worten:
Ich will unter ihnen auf Füßen gehen, ich kann es.
Wenn in der Masse ist einer, der mich nicht hat vergessen,
Wenn es einen gibt, der fragt noch, wie es mir gehe,
Sage, ich sei am Leben, doch leugne, dass es mir gut geht:
Dass ich noch am Leben bin, ist ein Geschenk meines Gottes.
Schweige ansonsten, und lass ihn lesen, der mehr lesen möchte -
Vorsicht, zu sagen zufällig, was nicht benötigt wird weiter,
Denn der Leser wird sich an meine Sünden erinnern,
Stimmen der Massen machen mich zum gemeinen Verbrecher.
Hüte dich, mich zu verteidigen, trotz all des Spottes:
Meinen schlimmen Fall wird man nicht verteidigen können.
Findest zu jemand, welcher seufzt um meine Verbannung,
Welcher liest deine traurigen Verse mit tränenden Augen,
Schweigend wünsche er, ungehört von den hämischen Feinden,
Meine Strafe werde gemildert vom zärtlichen Kaiser.
Für mich selbst ich wünschte, wer auch immer mir gut ist,
Dass er die Götter bitte, gnädig zu sein meinem Leiden:
Dass es geschehe: Der Herrscher, der im Zorn mich verbannt hat,
Gebe mir das Recht, in der römischen Heimat zu sterben.
Wenn du gehorchst, kann man dich zur Verantwortung ziehen,
Buch, und kann übel reden von meines Genius' Blüte,
Wenn auch die Untersuchung ist die Pflicht eines Richters
Aller Umstände. Du bist sicher in ewigen Zeiten.
Feingesponnene Verse sind vom ruhigen Geiste:
Meine Tage sind getrübt durch plötzliches Elend.
Verse fragen nach Dichtern mit Privatsphäre, Freizeit:
Ich ward durch Winterstürme auf stürmische Meere geworfen.
Jeder fürchtet Schäden am Vers, doch ich bin verloren
Und bin immer in Angst vor einem Schwert an der Kehle.
Was ich geschaffen habe, wird die Kritiker freuen:
Sie werdens lesen, was immer es ist, mit freundlicher Nachsicht.
Bringe Homer, den Mäoniden, in solche Gefahren,
Sein Genie selbst würde unter der Schwierigkeit scheitern.
Also geh, mein Buch, bekümmre dich nicht um den Ruhm und
Schäme dich nicht zu missfallen einem strengeren Leser.
Denn nicht freundlich zu mir ist gegenwärtig Fortuna,
Was denn sollen mir dabei Lob und Ehre und Nachruhm?
Siehe, ich wurde berühmt durch mein Verlangen nach Nachruhm.
Und ich wollt mir gewinnen einen bleibenden Namen.
Doch genug jetzt. Ich hasse diese Studien, Verse,
Mir ist so weh, dass mein Witz mich brachte in die Verbannung.
Geh du für mich, denn du kannst es, und blicke auf Roma.
Wenn die Götter mir nur zugeständen mein Büchlein!
Weil du Ausländerin in einer mächtigen Stadt bist,
Glaube nicht, dass du als Fremde kommst ins Gedränge.
Wenn dir ein Titel auch fehlt, sie werden den Stil doch erkennen:
Wolltest du sie auch täuschen, doch klar ist, ich hab dich erschaffen.
Aber geh nur ruhig, meine Verse werden nicht schaden,
Ich bin nicht so populär wie ichs früher gewesen.
Wenn auch einer meint, man sollte dich Büchlein nicht lesen,
Weil du meine Schöpfung, und stößt dich weg voll Verachtung,
Sage: Schau doch den Titel: Es sind nicht der Liebeskunst Verse,
Diese Arbeit hat schon bekommen, was sie verdiente.
Mag auch sein, du hast mich gefragt, ob senden ich möchte
Dich zum Palatin, um Cäsars Haus zu erklettern -
Möge Augustus, der Gott, die Stelle mir gerne verzeihen!
Denn ein Blitz von diesem Gipfel ist auf mich gefallen.
Ja, ich weiß, es gibt Barmherzigkeit dort in der Höhe,
Aber ich fürchte die Götter, mächtig, uns Schaden zu bringen.
Falken, das kleinste Geräusch ihrer Flügel bringt ja schon Terror,
Wenn die Turteltäubchen ihre Krallen verletzen.
Auch nicht das Lamm wagt sich zu entfernen weit von der Weide,
Einmal den Klauen eines hungrigen Wolfes entrissen.
Und wenn Phaeton lebte, er würde den Himmel vermeiden,
Wegen der Sonnenpferde, die er töricht berührte.
Ich gestehe, ich fürchte, ich fühlte Juppiters Waffe,
Und es suchen mich feindliche Blitze, donnerts am Himmel.
Jeder Grieche, dem capharäischen Felsen entkommen,
Immer wandte weit sich ab vom euböischen Wasser.
Und mein Schiff, von einem mächtigen Sturme zerbrochen,
Fürchtet die Nähe der Stelle, wo es wurde vernichtet.
Also Vorsicht, mein Buch, und schau mit schüchternem Geiste,
Wenn sein Inhalt wird von den mittleren Ämtern gelesen.
Eine zu hohe Höhe such ich zerbrechlicher Flügel,
Ikarus gab seinen Namen ja dem Salzwasser sterbend.
Es ist schwer zu sagen, ob zu bedienen das Ruder
Oder die Brise, doch achte auf Ort und auf Stunde.
Wenn du siehst, er ergeht sich schön in der Muße der Freizeit
Oder alles ist ruhig, wenn er den Ärger verloren,
Während du zögerlich bist in der Angst, dem Erzürnten zu nahen,
Jemand wird mit kurzem Wort dich bitten zu gehen.
Doch am guten Tag und glücklicher als du gewohnt bist,
Kannst du landen und mit Leichtigkeit klagen mein Unglück.
Entweder kann dir keiner helfen oder Achilles
Lehrt dich: Nur der Mensch kann helfen, der mich verwundet.
Nur soll man nicht schaden, wenn man die Macht hat zu helfen,
Meine Hoffnung ist kleiner als meine schlimmste Befürchtung,
Vorsicht, sei leise und wecke keine bösen Gefühle,
Sei mir nicht ein zweiter Grund für entsetzliche Strafen!
Doch wenn du zugelassen wirst zum inneren Tempel,
Wenn du erreichst mein Haus, die Bücherregale voll Bücher,
Du wirst sehen, deinen Brüdern ist es genügend,
Allen, die wurden in Handarbeit voller Sorgfalt gefertigt.
Und der Rest der Menge wird offen zeigen die Titel,
Denn sie tragen den Namen auf freiliegenden Flächen.
Aber du siehst drei sich verstecken in dunkler Umgebung,
Denn noch immer, wie alle wissen, lehren sie Liebe.
Meide sie, oder wenn du die Nerven hast, rufe die Bücher
Ödipus gleich oder Telegonus Mörder des Vaters!
Sei gewarnt, wenn du irgend noch Sorge hast um den Vater,
Liebe nicht eins dieser drei, obwohl es dir beigebracht wurde.
Da sind auch fünfzehn Bücher noch über wechselnde Formen,
Lieder, gerettet gerade vorm Ritual der Bestattung.
Sage ihnen, das Gesicht meines eignen Vermögens
Kann gerechnet werden unter die Metamorphosen.
Jetzt mein Gesicht auf einmal verändert die Stimmung,
Einmal ist Grund zum Heulen und einmal Grund zum Entzücken!
Ich hab Aufträge mehr noch für dich, wenn du mich nur bittest,
Aber ich fürchte sehr der trägen Verzögerung Ursach.
Buch, wenn du alles, was ich denke, durchgeführt habest,
Wirst du eine schwere Last auf den Inhaber legen.
Schnell, der Weg ist lang! Mein Leben ist hier am Ende,
Hier am Ende der Erde, fern dem Lande der Heimat.


2

Götter des Meers und des Himmels, was bleibt übrig als Beten?
Nicht die Rippe des sturmgepeitschten Schiffes zertrümmert,
Tut es nicht, ich bitt euch, zu schreiben dem zornigen Kaiser!
Oft, wenn ein Gott uns drückt, kommt eine andere Hilfe.
Gegen Troja Vulkanos, Apollo aber für Troja,
Venus war gnädig zu Troja, Pallas Athene war feindlich.
Juno hasste Aenäas, unterstützte den Turnus,
Aber Aenäas war sicher durch die Allmacht der Venus.
Furchtbar Neptun oft fordert heraus den schlauen Odysseus,
Aber Minerva rettete ihn vorm grimmigen Onkel.
Und geht mir es etwa anders als allen den Duldern,
Steht mir keine Macht bei gegen die zornige Gottheit?
Taugenichts, ich verschwende die leeren Worte vergebens!
Zwar es spricht mein Mund, durch schwere Wellen bedrängt, doch
Schleudert meine Worte weg der ängstliche Notus,
Lässt es nicht zu, dass meine Gebete erreichen die Götter!
Also der gleiche Wind bläst ins Gebet und ins Segel,
Wer aber weiß, warum ich nur so doppelt bestraft bin?
Weh mir, ah weh mir! Diese Berge türmenden Wassers!
Jetzt, so denk ich, erreicht das Wasser die Sterne am Himmel!
Welche Abgründe sinken unter den gähnenden Fluten!
Jetzt, so denk ich, berühren sie des Tartaros Dunkel!
Überall dort, wo ich bin, gibt’s nichts als Meere und Lüfte,
Hier geschwollene Wellen und dort bedrohliche Wolken
Und dazwischen das donnernde Dröhnen und Murren der Winde.
Wissen die Wellen des Meeres nicht, welchem Herrn zu gehorchen?
Jetzt der Eurus stürmt voll Macht aus dem purpurnen Osten,
Jetzt der Zephyr stürzt hinab in den Abend im Westen,
Jetzt der gefrorne Boreas schwärmt vom trocknen Polarstern,
Notus kämpft mit der gegenüberliegenden Stirne.
Unsicher ist der Steuermann, was er meiden soll oder
Wo er steuern soll, seine Kunst ist ratlos vorm Übel.
Sicherlich sind wir erledigt! Keine Hoffnung auf Rettung!
Während ich rede, durchnässen die sprühenden Wellen mein Antlitz.
Dies wird meine Lebensdauer verkürzen, die Lippen
Beten vergeblich! Ich werde schlucken die Todesgewässer!
Meine getreue Frau nur trauert um meine Verbannung,
Sie ist die Einzige, krank wegen mir, sie weiß es und stöhnet.
Sie sieht mich nicht geschleudert durch den Abgrund des Meeres,
Von den Stürmen verfolgt, sie sieht mich nicht kurz vor dem Tode.
Gut, dass ich ihr nicht erlaubte, mit mir zu gehen,
Oder ich armer Teufel ertrüge mehrere Tode!
Nun, wenn ich sterbe, dann ist sie doch frei von Gefahren,
Dann wird überleben meine bessere Hälfte.
Ah, was für schnelle Flammenblitze aus finsterer Wolke!
Was für ein gewaltiger Krach erklingt aus dem Äther!
Dieser Schlag auf die Bretter in den Wellen ist ähnlich
Dumpfen Schlägen der Kanone gegen die Mauern.
Kommt eine Welle, überragend die anderen Wellen,
Nach der neunten der Wellen und vor der elften der Wellen.
Nein, ich fürchte den Tod nicht, doch dies elende Sterben!
Rette mich vorm Ertrinken! Und der Tod ist ein Segen!
Ein natürlicher Tod – ein Tod durch das Messer - zumindest
Ruht dein Körper auf festem Boden, bei friedlicher Ebbe,
Und es gibt Klagen von andern und das Grab als die Hoffnung,
Nicht, um Futter für die Fische im Meere zu werden.
Wenn ich verdient solchen Tod – ich bin nicht der einzige Mensch hier.
Warum sollen mit mir die schuldlosen Menschen ertrinken?
Götter droben und die ihr die grünen Meere beherrschet,
Himmlische Scharen! Unterlasst die Drohungen bitte!
Elender Mensch ich! Lasst mir doch das Leben! Ich dulde
Cäsars Grimm und Zorn im vorherbestimmten Gebiete.
Wenn ihr mir das Urteil fällt, das zwar ich verdiene,
Meine Schuld nach Recht bestraft, doch verdien ich den Tod nicht.
Wenn mich der Kaiser will schicken hinab zum stygischen Wasser,
Bräuchte er nicht dazu die Hilfe der himmlischen Götter.
Er hat eine Macht, die ihm gegönnt sei, über mein Leben,
Wegnehmen kann er, was er gegeben, ists nur sein Wille.
Ihr, ich bitt euch, die ich sicher nicht böse verwundet,
Kümmert euch bitte doch jetzt um mein Elend, die tödlichen Nöte!
Doch wenn ihr alle bereit seid, dieses Würmchen zu retten,
Dieses Leben ist ruiniert, man muss es nicht retten.
Doch beruhigt die Meere, lasst wehen stiller die Winde,
Rettet mich und ich will ertragen Exil und Bestrafung.
Ich weiß nicht zu pflügen das Meer zum Handel mit Waren,
Gierig, Reichtum ohne Ende mit Macht zu erwerben,
Noch Athen zu erreichen, das einst als Student ich besuchte,
Noch die asiatischen Städte, die Orte, die sah ich,
Auch nicht wollt ich zum großen Alexandrien segeln,
Oder zu meinem Vergnügen den gelben Nilus erblicken.
Nur ich bitte um günstige Winde. Aber wer glaubt mir?
Günstige Winde dem Segel zum Land der Sarmaten!
Ich bin gezwungen, zu berühren das Ufer des Pontus,
Und ich klage, mein Flug aus der Heimat ist leider zu langsam.
Dass mir die Reise verkürzt wird, das sind meine Gebete,
Um die Menschen in Tomis zu sehn im fremdesten Lande.
Wenn ihr mich liebt, so haltet zurück die widrigen Stürme,
Mögen begünstigen eure Kräfte das schiffende Fahrzeug!
Wenn ihr aber mich hasst, so treibt mich ins Land der Verbannung,
Denn ein Teil meiner Strafe ist der Ort des Exiles.
Winde, fahrt meinen Körper schnell, verweilt nicht so träge,
Warum meine Segel erwünschen Italiens Küste?
Cäsar will das nicht! Bewahrt nicht, den er vertrieben!
Lasst mich doch sehen das Land des Pontus mit eigenen Augen.
Er befielt, ich verdiene die Strafe, ich möchte den Frommen
Und Gerechten nicht anklagen, der bestraft meine Sünden.
Doch wenn der Sterblichen Werke niemals täuschen die Götter,
Wisst ihr doch, dass meine Schuld kein schlimmes Verbrechen.
Wenn ihr es wisst und wenn mein Fehler mich irregeführt hat,
Dann war zwar mein Gedanke dumm, doch ich war nicht böse,
Denn bescheiden habe ich immer das Haus doch begünstigt,
Und Augustus war mir immer Gesetz meines Handelns,
Wenn ich die seligen Zeitalter ihm als Führer gesungen,
Ich bot Weihrauch dem Kaiser, meinem menschlichen Gotte -
War doch solches meine Absicht, drum rettet mich, Götter!
Tat ich übel, dann möge die Welle ersäufen mein Leben!
Irre ich? Oder sind schon verschwunden die finsteren Wolken?
Wird gedemütigt schon des wechselnden Ozeans Welle?
Nicht der Zufall herrscht, ihr seid als Zeugen geladen,
Die wir nicht betrügen, und bringt mir Rettung und Hilfe!


3

Wenn die triste Erinnerung kommt in den grübelnden Geist mir,
Denke ich jener Nacht, der letzten Stunde in Roma,
Wenn ich mich recht erinnere an die Nacht, die mir lieb ist,
Lieb zu mir war, aus meinen Augen strömen die Tränen!
Schon war der Tag gekommen, den Cäsar Augustus bestimmte
Als den Tag meiner Fahrt von des fernen Italiens Küsten.
Da war nicht genügend Zeit und Lust zu bereiten
Das Notwendige, lange zögert betäubt meine Seele.
Ich hab gar nicht gedacht an Sklaven oder Gefährten,
Ihre Kleidung und andern Bedürfnisse für die Verbannung.
Ich war wie benommen, von Jupiters Blitzen getroffen,
Der ich lebte, doch unbekannt mein Leben den Leuten.
Aber wenn Kummer auslöschte oder trübte mein Denken -
Endlich meine Sinne begannen, sich neu zu beleben,
Ich sprach mit Freunden, die ich traurig am Ende verlassen,
Einem oder zweien, so wenigen, wie mir verblieben.
Als ich weinte, mein Weib in meinen Armen bitterlich weinte,
Tränen strömten ihr maßlos über die schuldlosen Wangen.
Meine Tochter war fern, war an der libyschen Küste,
Und so konnte sie nichts von meinem Schicksal erfahren.
Wo auch immer ich war, da klangen Schmerzen und Trauer,
Innen war der Anschein von einem lauten Begräbnis.
Frauen und Männer kamen zur Trauerfeier und Kinder,
Jeder Winkel des Hauses hatte strömende Tränen.
Wenn man ein gutes Beispiel für etwas geringes verwendet,
Dies war das Antlitz von Troja, als sie wurde getroffen.
Jetzt die Schreie der Männer und der Hunde verstummen,
In der Höhe führt Luna die mitternächtlichen Pferde.
Und ich sah sie, das Kapitol im leuchtenden Mondschein,
Nah an meinem Hause, aber, ach, das war sinnlos,
Also betete ich: Ihr Mächte hier in der Nähe,
Soll denn eure Tempel mein Auge nimmermehr sehen,
Götter, die ihr besitzt die große Stadt des Quirinus,
Ich muss verzichten! Empfangt meinen Gruß für ewige Zeiten!
Ist es zu spät auch, doch gebt euren Schutz, euren Schirm mir,
Im Exil befreit mich von dem Wüten des Hasses,
Und erklärt dem Gottmenschen, was mich irregeführt hat,
Dass es nicht meine Schuld ist, ein Verbrechen zu denken,
Dass meiner Schmerzen Autor weiß, was Götter schon wissen.
Wenn der Gott zufrieden ist, so bin ich nicht elend.
Also sprach ich zu den Göttern Gebete wie dieses,
Mehr noch flehte mein Weib, ihr Schluchzen erstickte die Schreie.
Sie warf sich nieder vor den Laren, entfesselter Haarflut,
Und berührte die kalten Bilder mit zitternden Lippen,
Worte ergoss sie vor den Penaten, eigene Worte,
Nicht dazu bestimmt, dem beweinten Manne zu helfen.


SECHSTE ELEGIE

Mir die Tatsache: Ehrfurcht vor den Verdiensten des Krieges,
Muse! Den Mann mir sage, den Italiener zerschlagen
Unter Waffen, der als Erster trug Africas Namen.
Bet ich, dass mir erlaubt ist, gut und lässig zu saugen
Von dem Trank des sakralen, süßen Amor, und Schwestern,
Wenn ihr erstaunt, so singt. Jetzt meine ländlichen Freunde,
Stille der Felder, Wiesen und Wälder und blühende Blumen,
Flüsse und Hügel und Haine, sonnige Leichtigkeit bringt mir
Die Fortuna zurück. Die Lieder, die ihr zur Warnung
Singt, die stellt wieder her mit Mut. Ihr, sichersten Maßes,
Messend die Hoffnung der Herrlichkeit, die unsre Götter uns geben,
So sind wir Sieger und schleppen fünf unschuldige Wunden,
Schleppen unschuldige Wunden durch den sterblichen Körper,
Um zu äußersten Ehren zu bringen. Ihr bringt uns dann wieder
Gipfel-Gesang vom Parnassus, beziehend sich auf die Liebe,
Wenn ihr Karl erfreut, und wenn sie werden empfangen,
Werden Tränen vergossen vielleicht (getäuscht wird die Seele),
Du verrückter ewiger Diener. Das Wichtigste ist doch
Dies in dem Reich des Moderators Trinacrian, Ehren
Von Hesperien, die erklären die Herrlichkeit Gottes,
Richter sitzen auf ihren Richtstühlen, welche verdienen
Lange Lorbeer-Reden etikettierender Dichter,
Welche fragen und Opfer bringen der Ruhe des Herzens,
Ihre Gastfreundschaft, für die Lesungen dann im Theater...


SIEBENTE ELEGIE

Sprach der Engel Gabriel: Nun will ich zeigen dem Seher,
Was gewiss geschieht. Es werden drei Könige aufstehn,
Könige Persiens, aber der Vierte ist reicher als alle.
Wenn er in seinem Reichtum am mächtigsten ist, wird er streiten
Gegen das Königreich Griechenland. Dann wird ein mächtiger König
Aufstehn und herrschen mit großer Macht. Sein Wille gelingt ihm.
Wenn er auf dem Gipfel der Macht ist, wird er sein Reich mit
Eigener Hand zerbrechen und das Reich dann verteilen
In die vier Winde des Himmels, und seine Nachkommen werden
Herrschen mit geringerer Macht, sein Reich wird vernichtet
Werden und ausgerottet und wird gegeben den Fremden.

Und der König des Südens war einer der Fürsten des Königs,
Der wird mächtig werden, doch auch ein andere Machtmensch
Wird sich erheben, wird herrschen, groß wird sein seine Herrschaft.
Aber nach etlichen Jahren werden sie werden zu Freunden.
Und die Tochter des Königs des Südens wird kommen gen Norden
Zu dem König des Nordens, und sie wird Einigung machen.
Aber ihr wird die Macht der kämpfenden Arme nicht bleiben,
Er und sein Arm bleibt auch nicht bestehen, sie wird übergeben
Werden, sie wird übergeben werden, samt denen,
Die sie gesendet haben, und auch samt ihrem Erzeuger,
Der ihr für eine Weile Kraft und Stärke gegeben.
Aber es wird ein Zweig von ihrem Stamme aufkommen,
Der wird kommen mit Heereskraft und dem König des Nordens
In die Burgen einfallen, ihm gelingts, er wird siegen.
Auch wird er ihre Götter und Göttinnen, Statuen, Bilder,
Goldschmuck und Silberschmuck wegführen nach Ägypten und manche
Jahre stehen bleiben vor dem König des Nordens.
Aber der König des Nordens zieht zum König des Südens
In sein südliches Land, doch wird er kehren gen Norden.