WILLIAM SHAKESPEARE – DER PHÖNIX UND DIE TURTELTAUBE


Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


Sei der Vogel schönsten Lautes,
Nistend in Arabias Öde,
Sei der Herold, die Trompete!
Das Geflügel, auf ihn schaut es.
Doch du kreischender Gefährte,
Bösen Feindes Eingeweihter,
Du des Fiebers schlimmer Deuter,
Bleibe fern von dieser Herde!
Sei aus unserm Rat verwiesen
Jeder Vogel grob und arg,
Nur der Adler, der Monarch,
Müsse dies Begräbnis grüßen.
Priester sei, im Rock geziert,
Der die Totenhymnen kann,
Todes Prophezeier, Schwan,
Wie's dem Requiem gebührt.
Und du, Krähe, dreifach alte,
Die da ihr Geschlecht erzielt
Mit dem Atem, den sie stiehlt,
Zu dem Trauerzug dich halte!
Hier beginnt der Chor. Zusammen
Tönt es: Lust und Huld ist hin,
Taube nun und Phönix fliehn
Aus der Welt in Doppelflammen.
Liebten sich, wie wenn verdichtet
Lust in zwein zu Einem Wesen,
Trennungslos vereint gewesen.
Da hat Lust die Zahl vernichtet.
Herzen nah in Fernen schienen,
Denn nicht Raum war und doch Ferne
Zwischen Täubchen und dem Sterne.
Allen Wunder, außer ihnen.
Liebesstrahl durchzuckte so sie,
Dass der Phönix all sein Glück
Glühen sah im Taubenblick,
Jedes jedem ein Potosi.
Eigentum sich so verließ,
Dass im Selbst das Selbst verschwand,
Einzeln, doppelt zwar benannt,
Weder zwei noch eines hieß.
Selbst Vernunft, sie schien bedrängt,
Sah Getrenntes sich vereinen,
An sich selbst wie nichts erscheinen,
Schlichtes war so wohl vermengt,
Dass sie rief: wie treu gepaart
Hier in Eintracht Ein Geschlecht!
Recht hat Liebe nun, nicht Recht,
Wo Entfernung so beharrt.
Und erhob nun diese Klage
Um der Liebe Stern und Helden,
Taube, Phönix, die Entseelten,
Als Choral am Sarkophage:

Klagelied

Schönheit, Treue, Seltenheit,
Anmut in Einfältigkeit
Schlummern hier, dem Staub geweiht.
Nun verrinnt des Phönix Blut;
Täubchens Herz, so rein und gut,
Ewigkeiten selig ruht.
Ach der Kinder der Verschwundnen!
Nicht ohnmächtig die Gefundnen:
Keuschheit war in den Verbundnen.
Wahrheit scheint nur, hat kein Wesen?
Schönheit prahlt nur, einst gewesen.
Wahrheit, Güte, ach, verwesen.
Alle, die ihr gut und wahr,
Kommt zur Urne, bringt ihr dar
Ein Gebet dem Totenpaar!