DAS BUCH TOBIT

 

DEUTSCH VON TORSTEN SCHWANKE


NACH MARTIN LUTHER


LUTHER 1545 V2.0


I.


1 Es war ein Mann mit Namen Tobias, aus dem Stamm Naphtali, aus einer Stadt in Obergalilea, bei Aser, an der Straße zur linken Seite gegenüber dem Meer. 2 Der ward mit gefangen zu der Zeit Salmanassers, des Königs von Assyrien. Und wiewohl er also unter Frembden gefangen war, ist er dennoch von Gottes Wort nicht abgefallen. 3 Und alles, was er hatte, teilte er seinen mitgefangenen Brüdern und Verwandten mit. 4 Und wiewohl er der jüngste Mann war des Stammes Naphtali, so verhielt er sich doch nicht kindisch. 5 Und da sonst jedermann den goldenen Kälbern diente, welche Jerobeam, der König von Israel, hatte machen lassen, mied er doch solchen Gräuel 6 und hielt sich treu zum Tempel vnd Gottesdienst in Jerusalem und diente dort dem HERRN und betete an den Gott Israels. Er gab auch seine Erstlinge und Zehnten ganz treu, 7 also, dass er allezeit im dritten Jahr den Fremden, Witwen und Waisen ihren Zehnten gab. 8 Solches hielt er von Jugend auf nach dem Gesetz des HERRN.


9 Da er nun erwachsen war, nahm er sich eine Frau, aus dem Stamm Naphtali, mit Namen Anna, und zeugte mit ihr einen Sohn, welchen er auch Tobias nannte, 10 und lehrte ihn Gottes Wort von Jugend auf, dass er Gott fürchte und die Sünde meide.


11 Und als er mit seinem ganzen Stamm, mit seiner Frau und seinem Kind, unter den Gefangenen weggeführt ward in die Stadt Ninive 12 und jedermann aß von den Opfern und Speisen der Heiden, hütete er sich und verunreinigte sich nicht mit solcher Speise. 13 Und weil er von ganzem Herzen den HERRN fürchtete, gab ihm Gott Gnade vor Salmanassar, dem König von Assyrien, 14 dass der ihm erlaubte, frei umher zu gehen, wo er hin wolte, und auszurichten, was er zu tun hatte. 15 So zog er nun zu allen, die gefangen waren, ud tröstete sie mit Gottes Wort.


16 Und er kam in die Stadt Rages in Medien und hatte bei sich zehn Pfund Silber, womit ihn der König begabt hatte. 17 Und da er unter anderen Israeliten sah einen mit Namen Gabel aus seinem Stamm, der sehr arm war, gab er ihm das Geld und nahm dafür eine Handschrifft von ihm.


18 Lange danach aber, nach dem Tod Salmanassars, da dessen Sohn Senaherib nach ihm regierte, welcher den Kindern Israel feind war, 19 ging Tobias täglich zu allen Israeliten und tröstete sie und teilte einem jeglichen mit von seinen Gütern, was er konnte. 20 Die Hungrigen speiste er, die Nackten bekleidete er, die Erschlagenen vnd Toten begrub er. 21 Senaherib aber, der König, war geflohen aus Judäa, da ihjn Gott geschlagen hatte um seiner Lästerungen willen. Da er nun wiederkam, war er ergrimmt und ließ viele der Kinder Israel töten, deren Leichname Tobias begrub. 22 Als aber solches der König erfuhr, gebot er, ihn zu töten, und nahm ihm alle seine Güter. 23 Tobias aber floh mit seiner Frau und seinem Sohn und hielt sich heimlich bei guten Freunden auf.


24 Aber nach fünfundvierzig Tagen ward der König von seinen eigenen Söhnen erschlagen. 25 Und Tobias kam wieder heim. Und all sein Gut ward ihm wiedergegeben.



II.


1 Danach, an des HERRN Fest, da Tobias in seinem Hause ein leckeres Mahl zugerichtet hatte, sprach er zu seinem Sohn: Gehe hin und lade die Gottesfürchtigen aus unserem Stamm ein, dass sie mit uns essen. 2 Und als er wieder heimkam, sagte er dem Vater Tobias, dass einer auf der Gasse tot liege. 3 Da stand Tobias schnell auf vom Tisch, vor dem Essen, und ging zu dem toten Leichnam und hob ihn auf und trug ihn heimlich in sein Haus, dass er ihn des nachts heimlich begrabe. 4 Und als er die Leiche heimlich versteckt hatte, aß er sein Brot mit Trauer 5 und dachte an das Wort, welches der HERR geredet hatte durch Amos, den Propheten: 6 Eure Feiertage sollen zu Trauertagen werden. 7 Und des nachts ging er hin und begrub den Toten.


8 Seine Freunde aber alle straften ihn und sprachen: Jetzt erst neulich hat dich der König um dieser Sache willen töten wollen, und du bist kaum davongekommen, dennoch begräbst du die Toten? 9 Tobias aber fürchtete Gott mehr als den König und trug heimlich zusammen die Erschlagenen und behielt sie heimlich in seinem Haus, und des nachts begrub er sie.


10 Es begab sich aber an einem Tag, als er heimkam, als er Tote begraben hatte und müde war und sich neben eine Wand legte und einschlief,11 schmeiste eine Schwalbe aus ihrem Nest, das fiel ihm also heiß in die Augen, davon ward er blind! 12 Solche Trübsal aber ließ Gott über ihn kommen, auf dass die Nachkommen ein Vorbild der Geduld hätten, wie an dem heiligen Hiob. 13 Und nachdem er von Jugend an Gott gefürchtet und seine Gebote gehalten hatte, zürnte und murrte er nicht gegen Gott, dass er ihn hatte lassen blind werden, sondern blieb beständig in der Furcht Gottes und dankte Gott sein Leben lang. 14 Und wie die Freunde des heiligen Hiob ihn verspotteten, also verlachten Tobias seine eigenen Freunde und sprachen: 15 Wo ist nun dein Vertrauen, weshalb du deine Almosen gegeben und so viele Tote begraben hast? 16 Und Tobias strafte sie und sprach: 17 Sagt nicht so was, denn wir sind Kinder der Heiligen und warten auf ein Leben, 18 welches Gott geben wird denen, die im Glauben stark und fest bleiben vor ihm.


19 Anna aber, sein Weib, arbeitete fleissig mit ihrer Hand und ernährte ihn mit Weben. 20 Es begab sich aber, dass sie eine junge Ziege heim brachte. 21 Und da sie ihr Mann Tobias blecken hört, sprach er: Sieh zu, dass sie nicht gestohlen sei. Gib sie dem rechten Herrn wieder. Denn uns gebührt nicht, zu essen von gestohlenem Gut oder dasselbe anzurühren. 22 Über diese rede ward seine Hausfrau zornig, antwortete und sprach: Da sieht man, dass dein Vertrauen nichts ist und deine Almosen verloren sind. 23 Mit solchen und andere Worten warf sie ihm sein Elend vor.



III.


1 Da seufzte Tobias tief und begann zu weinen und zu beten und sprach: 2 HERR, du bist gerecht und all dein Tun ist recht und lauter Güte und Treue. 3 Und nun, mein HERR, sei mir gnädig und räche nicht meine Sünde, gedenke nicht meiner und meines Vaters Missetaten. 4 Denn weil wir deine Gebote nicht gehalten haben, sind wir auch dahin gegeben unseren Feinden, dass sie uns berauben, gefangen halten und töten, und wir sind zuschanden und Spott und Hohn geworden den Fremden, unter die du uns zerstreut hast. 5 Und nun, HERR, schrecklich ist dein Gericht, weil wir deine Gebote nicht gehalten und nicht recht gewandelt sind vor dir. 6 Ah, HERR, zeige mir Gnade und nimm meinen Geist weg im Frieden, denn ich will viel lieber tot sein als leben!


7 Und es begab sich des selben Tages, dass Sara, eine Tochter Raguels in der Meder Stadt Rages, auch übel geschmäht und gescholten ward von einer Magd ihres Vaters. 8 Der hatte man sieben Männer nacheinander gegeben, und ein böser Geist, Asmodäus genannt, hatte sie alle getötet, alsbald wenn sie mit ihr schlafen wollten. 9 Darum schalt ihres Vaters Magd sie und sprach: 10 Gott gebe, dass wir nimer einen Sohn oder eine Tochter von dir sehen auf Erden, du Männermörderin! 11Willst du mich auch töten, wie du die sieben Männer getötet hast? 12 Auf solche Worte hin ging sie in eine Kammer oben im Haus und aß und trank nicht drei Tage und drei Nächte und blieb beim Beten und Weinen und bat Gott, dass er sie von der Schmach erlösen möge.


13 Danach, am dritten Tag, da sie ihr Gebet vollendet hatte, lobte sie Gott und sprach: 14 Gelobt sei dein Name, HERR, Gott unserer Vorfahren. Denn wenn du zürnst, zeigst du Gnade und Güte, und in der Trübsal vergibst du Sünden denen, die dich anrufen. 15 Zu dir, mein HERR, kehre ich mein Angesicht, zu dir hebe ich meine Augen auf 16 und bitte dich, dass du mich erlöst aus dieser schweren Schmach oder mich von hinnen nimmst. 17 Du weißt, HERR, dass ich keinen Mann begehrt habe und meine Seele rein gehalten habe von aller böser Wollust 18 und habe mich nie zu unzüchtiger und leichtfertiger Gesellschaft gehalten. 19 Einen Mann aber zu nehmen, habe ich eingewilligt in deiner Furcht und nicht aus Frechheit. 20 Und entweder bin ich ihrer oder sie sind meiner nicht wert gewesen. Und du hast mich vielleicht einem anderen Mann aufgespart. 21 Denn dein Ratschluss steht nicht in des Menschen Gewalt.


22 Das weiß ich aber fürwahr: Wer Gott dient, der wird nach der Anfechtung getröstet und aus der Trübsal erlöst, und nach der Züchtigung findet er Gnade. 23 Denn du hast nicht Lust an unserm Verderben. Denn nach dem Unwetter lässt du die Sonne wieder scheinen und nach dem Heulen und Weinen überschüttest du uns mit Freuden. Deinem Namen sei ewiglich Ehre und Lob, du Gott Israels.


24 In der Stunde ward dieser beider Gebet erhört vom HERRN im Himmel. 25 Und der heilige Raphael, der Engel des HERRN, ward gesandt, dass er ihnen beiden helfe, weil ihr Gebet zugleich vor dem HERRN vorgebracht ward.



IV.


1 Da nun Tobias gedachte, dass sein Gebet also erhört wäre, dass er sterben dürfe, rief er seinem Sohn zu sich und sprach zu ihm: 2 Mein lieber Sohn! Höre meine Worte und behalte sie fest in deinem Herzen. 3 Wenn Gott wird meine Seele hinweg nehmen, so begrabe meinen Leib. Und ehre deine Mutter dein Leben lang. 4 Denke daran, was sie für Gefahren ausgestanden hat, als sie dich unter ihrem Herzen trug. 5 Und wenn sie gestorben ist, so begrabe sie neben mir.


6 Und dein Leben lang hab Gott vor Augen und im Herzen und hüte dich, dass du in keine Sünde einwilligst und tust etwas gegen Gottes Gebote.


7 Von deinen Gütern hilf den Armen und wende dich nicht ab von den Armen, so wird dich Gott wieder gnädig ansehen. 8 Wo du kannst, da hilf den Bedürftigen. 9 Hast du viel, so gib reichlich, hast du wenig, so gib doch das Wenige mit treuem Herzen. 10 Denn du wirst dir sammeln einen rechten Lohn in der Not, 11 denn die Almosen erlösen von allen Sünden, auch vom Tode, und du wirst nicht verlassen sein in der Not. 12 Almosen sind ein großer Trost vor dem höchsten Gott.


13 Hüte dich, mein Sohn, vor der Hurerei, und außer zu deinem Weib halte dich zu keiner andern.


14 Hochmut lass weder in deinem Herten noch in deinen Worten herrschen, denn er ist ein Anfang alles Verderbens.


15 Wer für dich arbeitet, dem gib bald seinen Lohn und halte niemand seinen verdienten Lohn vor. 16 Was du willst, dass man es dir tu, das tu einem andern auch du.


17 Teile dein Brot mit den Hungrigen und bedecke die Nackten mit deinen Kleidern. 18 Gib Almosen von deinem Brot vnd Wein bei dem Begräbnis der Frommen und iss und trink nicht mit den Sündern. 19 Allezeit suche Rat nur bei den Weisen.


20 Und danke allezeit Gott und bete, dass er dich regiere und du in allen deinen Vorhaben seinem Wort folgst.


21 Du sollst auch wissen, mein Sohn, dass ich zehn Pfund Silber, als du noch ein Kind warst, geliehen habe dem Gabel in der Stadt Rages in Medien, und seine Handschrift hab ich bei mir. Darum überlege, wie du zu ihm kommst und das Geld zurück forderst und ihm seine Handschrift wieder gibst.


22 Sorge dich um nichts, mein Sohn. Wir sind wohl arm, aber wir werden viel Gutes haben, wenn wir Gott werden fürchten, die Sünde meiden und Gutes tun.



V.


1 Da antwortete der junge Tobias seinem Vater und sprach: Alles, was du mir gesagt hast, mein Vater, das will ich tun. 2 Wie ich aber das Geld anmahnen soll, das weiß ich nicht. Er kennt mich nicht, so kenne ich ihn auch nicht. Was soll ich ihm für ein Zeichen bringen, dass er mir Glauben gebe? So weiß ich auch den Weg nicht dahin. 3 Da antwortete ihm sein Vater und sprach: Seine Handschrift hab ich bei mir. Wenn du die ihm weisen wirst, so wird er dir bald das Geld geben. 4 Geh nun hin und suche einen treuen Gefährten, der um Lohn mit dir ziehe, dass du das Geld in meiner Lebenszeit wieder bekommst.


5 Da ging der junge Tobias hinaus und fand einen feinen jungen Gefährten stehen, der hatte sich angezogen und war bereitet zu wandern, 6 und er wusste nicht, dass es der Engel Gottes war, grüßte ihn und sprach: Woher bist du, guter Gefährte? 7 Und er sprach: Ich bin ein Israelit. 8 Und Tobias sprach zu ihm: Weißt du den Weg ins Land Medien? 9 Er antwortete: Ich weiß ihn wohl und bin ihn oft gezogen und hab in der Herberge gelegen bei unserem Bruder Gabel, welcher wohnt in der Stadt Rages in Medien, welche liegt auf dem Berg Ekbatana. 10 Und Tobias sprach zu ihm: Lieber, warte ein wenig, bis das ich dies meinem Vater sage.


11 Und Tobias ging hinein und sagte solches seinem Vater, und der Vater verwunderte sich und bat den Jüngling, dass er hineinkomme. 12 Und er ging zum Alten hinein und grüßte ihn und sprach: Gott gebe dir Freude! 13 Und Tobias sprach zu ihm: Was soll ich für Freude haben, der ich im Finstern sitzen muss und das Licht des Himmels nicht sehen kann? 14 Und der Jüngling sprach zu ihm: Hab Geduld. Gott wird dir bald helfen. 15 Und Tobias sprach zu ihm: Willst du meinen Sohn beleiten in die Stadt Rages in Medien zu Gabel? So will ich dir deinen Lohn geben, wenn du wiederkommst. 16 Und der Engel sprach zu ihm: Ich will ihn hinführen und wieder zu dir herbringen.


17 Und Tobias sprach zu ihm: Ich bitte dich, sage mir an, aus welchem Geschlecht und von welchem Stamm bist du? 18 Und der Engel Raphael sprach: Sei zufrieden. Ist es nicht genug, dass du einen Boten hast? Was bedarfst du zu wissen, woher ich bin? 19 Doch dass du desto weniger dich sorgen musst, so will ich dir es sagen: Ich bin Azarias, des großen Hananja Sohn. 20 Und Tobias sprach: Du bist aus einem guten Geschlecht. 21 Ich bitte dich, du möchtest nicht zürnen, dass ich nach deinem Geschlecht gefragt habe. 22 Und der Engel sprach: Ich will deinen Sohn gesund hin und her führen. 23 Tobias antwortete: So zieht hin. Gott sei mit euch auf dem Weg, und sein Engel geleite euch.


24 Da nahm Tobias mit sich alles, was er mit ihm mitgeben wollte, und segnete Vater und Mutter, und zog mit seinem Gefährten dahin. 25 Und seine Mutter fing an zu weinen und sprach: Den Trost unseres Alters hast du uns genommen und ihn weggeschickt. 26 Ich wollte, dass das Geld nie gewesen wäre, nach dem du ihn weggeschickt hast. 27 Wir wären wohl zufrieden gewesen mit unserer Armut. Das wäre ein großer Reichtum, dass unser Sohn bei uns wäre. 28 Und Tobias sprach: Weine nicht! Unser Sohn wird frisch und gesund hin und her ziehen, und deine Augen werden ihn wiedersehen. 29 Denn ich glaube, dass der gute Engel Gottes ihn führe und alles wohl schicken wird, was er vorhat, also dass er mit Freuden wird wieder zu uns kommen. Also schwieg seine Mutter still und gab sich zufrieden.



VI.


1 Und Tobias zog hin, und ein Hund lief mit ihm. Und die erste Tagereise bleib er bei dem Strom Tigris. 2 Und er ging hin, dass er seine Füße wasche, und siehe, ein großer Fisch kam heraus, ihn zu verschlingen. 3 Vor dem erschrak Tobias und schrie mit lauter Stimme und sprach: O Herr, er will mich fressen! 4 Und der Engel sprach zu ihm: Ergreife in bei den Flossen und zieh ihn heraus. 5 Und er zog ihn aufs Land, da zappelte er vor seinen Füßen.


6 Da sprach der Engel: Schneide den Fisch auseinander, das Herz, die Galle und die Leber behalte, denn sie sind sehr gut zur Arznei. 7 Und etliche Stücke vom Fische brieten sie und nahmen es mit auf den Weg, das andere salzten sie ein, dass sie es unterwegs hätten, bis sie kämen in die Stadt Rages in Medien. 8 Da fragte Tobias den Engel und sprach zu ihm: Ich bitte dich, Azaria, mein Bruder, du möchtest mir sagen, was man für Arznei machen kann von den Stücken, die du mir zu behalten geboten? 9 Da sprach der Engel: Wenn du ein Stück vom Herz legst auf glühende Kohlen, so vertreibt solcher Rauch allerlei böse Gespenster von Mann und von Frau, also dass sie nicht mehr schaden können. 10 Und die Galle vom Fisch ist gut, die Augen damit zu salben, dass es einem den Star vertreibe.


11 Und Tobias sprach: Wo wollen wir denn einkehren? Und der Engel antwortete und sprach: 12 Es ist hier ein Mann mit Namen Raguel, dein Verwandter von deinem Stamm, der hat nur eine einzige Tochter, die heißt Sara, und sonst kein Kind. 13 Dir sind alle seine Güter beschert und du wirst die Tochter nehmen. 14 Darum wirb um sie bei ihrem Vater, so wird er sie dir geben zur Frau. 15 Da sprach Tobias: Ich habe gehört, dass sie bereits sieben Männern zuvor vertraut war, die sind nun alle tot. Und dazu sagt man, ein böser Geist habe sie getötet. 16 Darum fürchte ich mich, dass es mir nicht auch so möchte gehen, so würden denn meine Eltern vor Kummer sterben, weil ich ihr einziger Sohn bin.


17 Da sprach der Engel Raphael: Hör zu, ich will dir sagen, über welche der Teufel Gewalt hat, 18 nämlich über diejenigen, welche Gott verachten und allein um der Unzucht willen Weiber nehmen wie das dumme Vieh. 19 Du aber, wenn du mit deiner Braut in die Kammer kommst, sollst du drei Tage lang dich ihrer enthalten und nur mit ihr beten. Und dieselbe Nacht, wenn du wirst die Leber vom Fisch auf die glühenden Kohlen legen, so wird der Teufel vertrieben werden. 20 Die nächste Nacht aber sollst du zu ihr gehen züchtig wie die heiligen Patriarchen. 21 Die dritte Nacht wirst du erlangen, dass gesunde Kinder von euch geboren werden. 22 Wenn aber die dritte Nacht vorüber ist, so sollst du dich mit der Jungfrau vereinigen in Gottesfurcht, mehr aus Verlangen nach Leibesfrucht als aus böser Lust, dass du und deine Kinder den Segen erlangen, der dem Samen Abrahams zugesagt ist.



VII.


1 Und sie kehrten bei Raguel ein, und Raguel empfing sie mit Freude. 2 Und er sah Tobias an und sprach zu Anna, seinem Weibe: Wie gleich sieht der junge Geselle unserem Vetter. 3 Und als er das sagte, sprach er: Woher seid ihr, liebe Brüder? 4 Sie sprachen: Aus dem Stamm Naphtali sind wir, von den Gefangenen in Ninive. 5 Raguel sprach zu ihnen: Kennt ihr Tobias, meinen Bruder? Sie sprachen: Ja, wir kennen ihn wohl. 6 Und als er nun viel Gutes von Tobias redete, sprach der Engel zu Raguel: Der Tobias, nach dem du fragst, ist dieses Jünglings Vater. 7 Und Raguel neigte sich zu ihm, weinte und fiel ihm um den Hals und küsste ihn und sprach: O mein lieber Sohn! Gesegnet seist du! Denn du bist eines rechten frommen Mannes Sohn. 8 Und Anna, sein Weib, und Sara, ihre Tochter, fingen auch an zu weinen.


9 Danach gebot Raguel, einen Ochsen zu schlachten und das Mahl zu bereiten. 10 Und als sie sie baten, dass sie sich möchen zu Tisch setzen, sprach Tobias: Ich will heute nicht essen oder trinken, es sei denn, du gewährtest mir eine Bitte und sagtest mir zu, Sara, deine Tochter, mir zu geben. 11 Da Raguel das hörte, erschrak er, denn er gedachte, was den sieben Männern widerfahren war, welchen er zuvor seine Tochter gegeben hatte, und fürchtete sich, es möchte diesem auch also gehen. 12 Und da er nicht antworten wollte, sprach der Engel zu ihm: Scheue dich nicht, ihm die Magd zu geben, deine Tochter ist ihm vorherbestimmt zum Weibe, weil er Gott fürchtet, darum hat deine Tochter keines andern Mannes Frau werden mögen.


13 Da sprach Raguel: Ich zweifle nicht, dass Gott meine heißeen Tränen und Gebete erhört hat, 14 und glaube, dass er euch habe darum lassen zu mir kommen, dass meine Tochter diesen Mann bekommen wird, aus ihrem Geschlecht nach dem Gesetz Moses. Und nun hab keinen Zweifel, ich will sie dir geben. 15 Und er nahm die Hand der Tochter und legte sie Tobias in die Hand und sprach: Der Gott Abrahams und der Gott Isaals und der Gott Jakobs sei mit euch und helfe euch zusammen und gebe seinen Segen reichlich über euch. 16 Und sie nahmen einen Brief und schrieben die Ehestiftung 17 und lobten Gott und hielten Mahlzeit. 18 Und Raguel rief zu sich Anna, sein Weib, und bat sie, die andere Kammer zu richten. 19 Und sie führten hinein Sara, ihre Tochter, und sie weinte. 20 Und er sprach zu ihr: Sei getrost, meine Tochter, der HERR des Himmels gebe dir Freuden für all das Leid, das du erlitten hast!



VIII.


1 Und nach dem Abendmahl führten sie den jungen Tobias zu der Jungfrau in die Kammer. 2 Und Tobias dachte an die Rede des Engels und holte aus seinem Beutel ein Stück von der Leber und legte es auf die glühenden Kohlen. 3 Und der Engel Raphael nahm den Geist gefangen und verbannte ihn in die Wüste fern in Ägypten. 4 Danach mahnte Tobias die Jungfrau und sprach: Sara, steh auf, und lass uns Gott bitten heute und morgen, denn diese drei Nächte wollen wir beten. Danach wollen wir uns zusammen tun als Eheleute. 5 Denn wir sind Kinder der Heiligen, und uns gebührt nicht, solchen Stand anzufangen wie die Heiden, die Gott verachten.


6 Und sie standen auf und beteten beide fleißig, dass sie Gott behüten möge. 7 Und Tobias betete und sprach: HERR, mein Gott, du Gott unserer Vorfahren, dich sollen loben die Himmel, Erde und Meer, alle Wasser und Brunnen und alle Kreaturen und was darinnen ist. 8 Du hast gemacht Adam aus einem Lehmklos und hast ihm gegeben Eva als Hilfe. 9 Und nun, HERR, du weißt, dass ich nicht aus böser Lust diese meine Schwester zum Weibe genommen, sondern dass ich möge Kinder zeugen, dadurch dein heiliger Name ewig gepriesen und gelobt werde. 10 Und Sara sprach: HERR, erbarme dich unser, dass wir beide gesund mögen unser Alter erlangen.


11 Und um Mitternacht rief Raguel seine Diener und ging mit ihnen, dass sie ein Grab machten, 12 denn er sprach: Es möchte im vielleicht auch gegangen sein wie den andern sieben, welche mit ihr vertraut gewesen sind. 13 Und als sie das Grab gemacht hatten, kam Raguel zu seinem Weibe und sprach: 14 Schicke hin eine Magd und lass sie nachsehen, ob er auch tot sei, dass wir ihn vor Tagesanbruch begraben. 15 Und die Magd schlich in die Kammer, fand sie beide gesund und frisch, und schlafend beieinander. 16 Und sie brachte ihnen die gute Botschaft.


17 Und Raguel und sein Weib Anna dankten Gott und sprachen: Wir danken dir, HERR, du Gott Israels, dass es nicht geschehen ist, wie wir fürchteten. Denn du hast deine Barmherzigkeit an uns erwiesen und hast unseren Feind, der uns Leiden brachte, vertrieben. 18 Du hast dich erbarmt über diese zwei einzigen Kinder. Und nun, HERR, gib ihnen, dass sie dich allezeit loben für solche Gnade und dir allzeit Lob und Preis opfern, auf dass andere Leute an ihnen erkennen, dass du allein Gott bist in aller Welt.


19 Und alsbald befahl Raguel, dass sie das Grab wieder füllten, ehe es Tag würde. 20 Und sein Weib bat er, dass sie wieder ein Mahl zurichte und schaff ihnen alles Nötige auf den Weg. 21 Und er ließ zwei feiste Rinder schlachten und vier Schafe und lud alle seine Nachbarn und Freunde zu Gast. 22 Und Raguel ermahnte und bat Tobias, dass er zwei Wochen wolle bei ihm bleiben. 23 Und von allen seinen Gütern gab er die Hälfte Tobias und machte eine Verschreibung, dass nach seinem Tode die andere Hälfte auch Tobias zuteil werden sollte.



IX.


1 Da rief Tobias den Engel zu sich, denn er meinte, er wäre ein Mensch, und sprach zu ihm: Asaria, mein Bruder, ich bitte dich, höre mein Wort. 2 Wenn ich mich dir gleich selbst zu einem eigenen Knecht gäbe, so wäre es noch nichts gegen deine Wohltat. 3 Doch bitte ich dich, nimm diese Knechte und Kamele und zieh zu Gabel nach Rages in Medien und gib ihm diese Handschrift und nimm von ihm das Geld und bitte ihn, dass er wolle zu meiner Hochzeit kommen. 4 Denn du weißt, mein Vater zählt Stunde und Tag, und wenn ich einen Tag zu lang außen bliebe, so würde seine Seele betrübt. 5 Und du weißt, wie sehr mich Raguel gebeten hat, dass ich es ihm nicht abschlagen kann.


6 Da nahm der Engel Raphael vier Knechte von Raguel mit und zwei Kamele und zog nach Rages und fand Gabel und gab ihm die Handschrift und empfing das Geld von ihm 7 und sagte ihm an alles, was geschehen war vom Sohn des Tobias, und lud ihn zur Hochzeit ein.


8 Und da sie miteinander kamen in das Haus Raguels, fanden sie Tobias am Tisch. Und siehe, er stand vor ihnen auf, und sie küssten einander. Und Gabel weinte und lobte Gott und sprach: 9 Es segne dich der Gott Israels, denn du bist eines frommen, gerechten und gottesfürchtigen Mannes Sohn, der den Armen viel Gutes getan hat. 10 Gesegnet sei dein Weib und deine Eltern. 11 Und Gott gebe, dass ihr seht eure Kinder und eure Kindeskinder bis ins dritte und vierte Geschlecht. Und gesegnet sei dein Same von dem Gott Israels, der da herrscht und regiert in Ewigkeit. 12 Und als sie alle Amen gesprochen, setzten sie sich zu Tische. Und das Mahl und die Freude hielten sie in Gottesfurcht.



X.


1 Als aber der junge Tobias wegen seiner Hochzeit lange außen blieb, fing der alte Tobias, sein Vater, an, sich zu sorgen, und sprach: Warum wird mein Sohn wohl so lange außen bleiben, und was hält ihn auf? 2 Vielleicht ist Gabel gestorben und niemand will ihm das Geld wiedergeben. 3 Und sie wurden sehr traurig, Tobias und Anna, seine Hausfrau, und weinten beide darüber, dass ihr Sohn auf die bestimmte Zeit nicht wieder heim kam.


4 Und seine Mutter weinte, dass sie sich nicht wollte trösten lassen, und sprach: 5 Ah, mein Sohn, ah, mein Sohn! Warum haben wir dich lassen wandern, unsere einzige Freude, unser einziger Trost in unserm Alter, unser Herz und unser Erbe! 6 Wir hätten Schätze genug gehabt, wenn wir dich nicht hätten weggelassen. 7 Und Tobias sprach zu ihr: Schweige und sei getrost! Unserem Sohn geht es, wenn Gott will, gut. Er hat einen treuen Gefährten mit sich. 8 Sie aber wollte sich nicht trösten lassen und lief alle Tage hinaus und sah auf alle Straßen, von wo er herkommen sollte, ob sie ihn etwa erblicke.


9 Raguel aber sprach zu seinem Schwiegersohn Tobias: Bleib bei uns! Ich will einen Boten schicken zu Tobias, deinem Vater, und ihn wissen lassen, dass es dir gut geht. 10 Und Tobias sprach: Ich weiß, dass mein Vater und meine Mutter jetzt alle Tage und Stunden zählen und sind wegen mir tief bekümmert. 11 Und als Raguel mit vielen Worten Tobias bat und er auf keine Weise einwilligen wollte, vertraute er ihm Sara an und gab ihm die Hälfte aller seiner Güter, an Knechten und Mägden, an Vieh, Kamelen und Rindern, und viel Geld, und ließ ihn gesund und fröhlich von sich ziehen, und sprach: 12 Der heilige Engel des HERRN sei mit dir auf dem Wege und bringe dich gesund wieder heim, dass du deine Eltern gesund findest. Und Gott gebe, dass meine Augen mögen eure Kinder sehen, ehe ich sterbe!


13 Und die Eltern fassten die Tochter und küssten sie und ließen sie von sich und mahnten, dass sie ja wolle ihres Mannes Eltern ehren wie ihre eigenen Eltern, ihren Mann lieben, das Gesinde fleißig regieren und sich selbst züchtig verhalten.



XI.


1 Und auf dem Wege, da sie nach Haran kamen, welches auf halbem Wege nach Niniv liegt, am elften Tage, 2 sprach der Engel: Tobias, mein Bruder, du weißt, wie wir deinen Vater verlassen haben. 3 Wenn es dir gefällt, so wollen wir voraus ziehen, und dein Weib so gemach lassen hernach ziehen mit dem Gesinde und dem Vieh. 4 Und als Tobias solches gefiel, sprach Raphael: Nimm zu dir von des Fisches Galle, denn du wirst sie brauchen. 5 Da nahm Tobias des Fisches Galle zu sich, und sie zogen also voraus.


6 Anna aber saß täglich am Wege auf einem Berge, dass sie könne weit um sich sehen. Und als sie an dem Ort nach ihm aussah, ward sie ihres Sohnes gewahr von ferne und erkannte ihn von der Stunde an und lief hin und sagte es ihrem Mann, und sprach: Siehe, dein Sohn kommt!


7 Und Raphael sprach zu Tobias: Bald, wenn du wirst ins Haus kommen, so bete und rufe zum HERRN und danke ihm und geh danach zu deinem Vater und küsse ihn. 8 Und alsbald salbe ihm die Augen mit der Galle vom Fisch, welche du bei dir hast, so werden von der Stunde an seine Augen geöffnet werden und dein Vater wird wieder sehend und sehr froh werden.


9 Da lief der Hund voraus, welchen sie mit sich genommen hatten, und wedelte mit seinem Schwanz, sprang und verhielt sich fröhlich. 10 Und sein blinder Vater stand eilend auf und eilte, dass er sich stieß. Da rief er einem Knecht, der ihn bei der Hand führte, seinem Sohn entgegen. 11 Dergleichen tat die Mutter. Und sie küssten ihn und weinten beide vor Freude! 12 Und als sie gebetet hatten und Gott gedankt, setzten sie sich zusammen nieder.


13 Da nahm Tobias von der Galle des Fisches und salbte dem Vater seine Augen. Und er litt das fast eine halbe Stunde. 14 Und der Star ging ihm von den Augen, wie eine Haut von einem Ei. 15 Und Tobias nahm es und strich es von seinen Augen, und alsbald ward er wieder sehend. 16 Und sie priesen Gott, er und sein Weib, und alle, die es erfuhren. 17 Und Tobias sprach: Ich danke dir, HERR, du Gott Israels, dass du mich gezüchtigt hast und doch mir wieder geholfen, dass ich meinen geliebten Sohn wieder sehen darf!


18 Und nach sieben Tagen kam auch Sara, seines Sohnes Weib, mit all ihrem Gesinde, Vieh und Kamelen, und brachte viel Gold mit sich und auch das Geld, das er empfangen hatte von Gabel. Und Tobias erzählte seinen Eltern so viel Gutes, was Gott für ihn getan hatte durch den Gefährten, der mit ihm gezogen war. 19 Und Achior und Nabat, des Tobias Vettern, kamen zu ihm und wünschten ihm Glück, freuten sich mit ihm all des Glücks, das ihm Gott gegeben hatte. 20 Und sieben Tage lang aßen sie mit einander und waren fröhlich.



XII.


1 Danach rief Tobias seinen Sohn zu sich und sprach: Was sollen doch wir dem heiligen Manne, deinem Gefährten, geben, der mit dir gezogen ist? 2 Und Tobias antwortete seinem Vater: Wie können wir die große Wohltat, die er mir getan hat, vergelten? 3 Er hat mich gesund hin und zurück gebracht, hat das Geld selbst bei Gabel abgeholt, hat mir zu diesem Weibe geholfen, dazu hat er den bösen Geist vertrieben, und ihre Eltern erfreut, 4 ja, mich selbst hat er errettet, da mich der große Fisch fressen wollte, und hat dir wieder verholfen zu deinem Augenlicht und hat uns über die Maßen viel Gutes getan. 5 Wie können wir ihm denn solche große Wohltat vergelten? Aber ich bitte dich, mein Vater, biete ihm an die Hälfte aller Habe, die wir mit uns gebracht haben, dass er es annehmen wolle.


6 Und beide, Vater und Sohn, forderten ihn an einen Ort und baten ihn, dass er wolle annehmen die Hälfte aller Güter, die sie mit sich gebracht hatten. 7 Und er sagte heimlich zu ihnen: Lobt und dankt Gott im Himmel vor jedermann, dass er euch solche Gnade erwiesen hat. 8 Der Könige und Fürsten Rat und Heimlichkeit soll man verschweigen. Aber Gottes Werk soll man herrlich preisen und offenbaren. 9 Ein solches Gebet mit Fasten und Almosen ist besser, als viel Gold zum Schatz zu sammeln. Denn die Almosen erlösen vom Tode, tilgen die Sünden, halten am Leben. 10 Die Gottlosen aber bringen sich selber um ihr Leben.


11 So will ich nun die Wahrheit offenbaren und den heimlichen Befehl euch nicht verbergen. 12 Da du so heiß weintest und betetest, standest von der Mahlzeit auf und begrubst die Toten, bewahrtest die Leichen heimlich in deinem Hause und begrubst sie in der Nacht, da brachte ich dein Gebet vor den HERRN. 13 Und weil du Gott lieb warst, so musste es so sein, denn ohne Anfechtung konntest du nicht bleiben, auf dass du bewährt wurdest. 14 Und nun hat mich Gott geschickt, dass ich dich solle heilen und den bösen Geist vertreiben, der um Sara, deines Sohnes Weib, war. 15 Und ich bin Raphael, einer von den sieben Erzengeln, die wir vor dem HERRN stehen.


16 Als sie das hörten, wurden sie voll Furcht, zitterten und fielen auf ihr Angesicht zur Erde. 17 Und der Engel sprach zu ihnen: Seid getrost und fürchtet euch nicht! 18 Denn Gott hat es so haben wollen, dass ich bei euch gewesen bin, den lobt und dankt ihm. 19 Es schien wohl so, als esse und trinke ich mit euch, aber ich gebrauche unsichtbare Speise, die kein Mensch sehen kann. 20 Und nun ist es Zeit, dass ich zu dem wieder hingehe, der mich gesandt hat. Dankt ihr Gott und verkündigt seine Wunder!


21 Und als er das gesagt hatte, verschwand er vor ihren Augen, und sie sahen ihn nicht mehr. 22 Und sie fielen nieder drei Stunden lang und dankten Gott. Und danach standen sie auf und sagten solches weiter und verkündigten seine großen Wunder.



XIII.


1 Tobias aber tat seinen Mund auf, lobte Gott und sprach:


2 HERR, du bist ein großer, starker Gott, und dein Reich währt ewig.


Du züchtigst und tröstest wieder. Du kannst in die Hölle stoßen und wieder heraus führen. Deiner Hand kann niemand entfliehen.


3 Ihr Kinder Israel, lobt den HERRN, und vor den Heiden preist ihn.


Denn darum hat er euch zerstreut unter die Heiden, welche ihn nicht kennen, damit ihr seine Wunder verkündigt und die Heiden erkennen, dass kein allmächtiger Gott ist als er allein.


4 Er hat vns gezüchtigt wegen unserer Sünden, und durch seine Güte hilft er uns wieder.


5 Seht, was er an uns getan hat! Mit Furcht und Zittern lobt ihn in seinen Werken und preist den, der ewig herrscht.


6 Und ich will ihn auch preisen in diesem Lande, darin wir gefangen sind, denn er hat seine Wunder über ein sündiges Volk ergossen.


7 Darum bekehrt euch, ihr Sünder, und tut Gutes für Gott und glaubt, dass er euch Güte erweist.


8 Und ich will mich nun von Herzen freuen in Gott! 9 Lobt den HERRN, ihr seine Auserwählten, haltet Freudentage und preist ihn.


10 Jerusalem, du Gottesstadt, Gott wird dich züchtigen um deiner Werke willen, aber er wird sich wieder über dich erbarmen.


11 Lobe den HERRN für seine Gaben und preise den ewigen Gott, dass er deine Hütten wieder baue


Und alle deine Gefangen wieder hole, dass du ewig dich freuen mögest.


12 Du wirst wie ein heller Glanz leuchten, und an allen Enden auf Erden wird man dich ehren.


13 Von fernen Ländern wird man zu dir kommen und dir Geschenke bringen.


14 In dir werden sie den HERRN anbeten, und du wirst das Heiligtum heißen. Den großen Namen des HERRN werden sie in dir anrufen.


15 Verflucht werden sein alle, die dich verachten! Verdammt werden sein alle, die dich lästern!


Gesegnet werden sein alle, die dich erbauen!


16 Du aber wirst dich freuen über deine Kinder! Denn sie werden alle gesegnet und zum HERRN geführt werden. 17 Wohl denen, die dich lieben und die dir wünschen, dass es dir gut gehe!


18 Meine Seele, lobe den HERRN! Denn der HERR, unser Gott, wird die Stadt Jerusalem von aller Trübsal erlösen.


19 Wohl mir, dass die Übrigen von meinem Samen sehen werden Jerusalem in ihrer Herrlichkeit.


20 Die Pforten Jerusalems werden von Saphir und Smaragd gebaut werden und aus Edelsteinen ringsum alle ihre Mauern.


21 Mit weißem, reinem Marmor werden alle ihre Gassen gepflastert werden, und auf allen Straßen wird man Halleluja singen.


22 Gelobt sei Gott, der sie erhört hat, und sein Reich bleibe ewig über ihr. Amen.



XIV.


1 Nach dieser Geschichte, als Tobias war wieder sehend geworden, lebte er noch zweiundvierzig Jahre und sah seine Kindeskinder. 2 Und als er nun hundertundzwei Jahre alt war, ward er mit Ehren begraben in Ninive. 3 Denn da er sechsundfünfzig Jahre alt war, ward er blind, und im sechzigsten Jahr ward er wieder sehend. 4 Und er hat die übrige Zeit seines Lebens fröhlich zugebracht und nahm zu in Gottesfurcht und starb in gutem Frieden.


5 Vor seinem Tod aber forderte er Tobias, seinen Sohn, zu sich und sieben junge Knaben, seines Sohnes Kinder, und sprach zu ihnen: 6 Ninive wird bald zu Boden gehen. Denn das Wort des HERRN wird nicht fehlgehen. Aber in Medien wird es als denn noch eine Zeitlang Friede sein. 7 Und unsere Brüder, welche aus dem Lande Israel zerstreut sind, werden wiederkommen. Und unser Land, das jetzt Wüste ist, wird wieder allenthalben bewohnt werden. Und das Gotteshaus, das da verbrannt ist, soll wider gebaut werden, und werden wieder hin kommen alle, die Gott fürchten. 8 Und auch die Heiden werden ihre Götzen verlassen und werden nach Jerusalem kommen und da wohnen. 9 Und alle Heiden und Könige werden sich in ihr freuen und anbeten den Gott Israels.


10 So hört nun, meine Söhne, euren Vater: Dient dem HERRN in der Wahrheit und haltet euch zu ihm rechtschaffen. 11 Tut, was er geboten hat, und lehrt solches eure Kinder. Dass sie auch Almosen geben, dass sie Gott allzeit fürchten und ihm vertrauen von ganzem Herzen. 12 Und, liebe Kinder, hört mich und bleibt nicht hier in Ninive, sondern wenn ihr eure Mutter auch begraben habt neben mir in meinem Grabe, als denn macht euch auf, dass ihr fort zieht. 13 Denn ich sehe, dass die Sünden Ninives mit ihr ein Ende machen werden.


14 Und alsbald nach seiner Mutter Tod zog Tobias von Ninive fort mit seinem Weib, Kindern und Kindeskindern, und zog nach Medien zu seinem Schwiegervater und seines Weibes Verwandten. 15 Und er fand sie frisch und gesund in einem guten Alter und pflegte sie. Und als sie starben, drückte er ihnen auch die Augen zu. Und er bekam also das ganze Erbe und alle Güter Raguels. Und er lebte bis in das fünfte Geschlecht und sah seine Kinder und Kindeskinder. 16 Und als er neunundneunzig Jahre alt war, welche er in Gottesfurcht fröhlich zugebracht hatte, begruben ihn seine Freunde. 17 Und sein ganzes Geschlecht blieb in heiligem Lebenswandel, also, dass sie angenehm waren vor Gott und den Leuten und allen, die im Lande wohnten.