AN DIE HURI


VON TORSTEN SCHWANKE


1


Der Ramadan-Mond


Bist du Zeuge des genauen Moments

An diesem sehr sprichwörtlichen unvorhersehbaren Tag

Als jeder die Lücke störte 

Aber der Ramadan-Mond einen Schritt machte


Niemand konnte es zuerst genau bestimmen

Ob es aus einem schwarzen Loch 

Oder einem unerforschten Wasserbrunnen käme

Wer kann das sagen


Jetzt sind ein oder zwei Tage vergangen vergangen

Der Mond ist auf der Überholspur und schwebt hoch

Und füllt die Kugel mit ruhigem weichem Licht


Ah Kumpel überhole die höflichen Glühwürmchen

Tonnen davon bleiben nachts wach

Bevor sie weg fliegen und weit weg

In den epischen Teil der Nacht verschwinden

Beim Zusammenfluss des schwarzen Mondes

Nur um einen Blick auf ein Muster zu erhaschen

Ein Morgenstern oder ein sich bildender Nadelstrahl

Ein Lichtstreifen auf einem zart beleuchteten Diagramm

Premiere des ersten Errötens des Eid-Mondes

Doch wenn man es nur zeitlich bestimmen kann 

Wann wird es blinken


Tief unten ein schwarzer Mond alle Augen sind schwarz

Doch wie kann man sehen 

Ah der unberechenbare schwarze Mond 

Sollte er nur einen kurzen Blick zeigen 

Überschütten die Erde mit des Eides Freude


Wird er in kürzester Zeit auftauchen weit weg von der Sicht

Galaxien erhellen die schattigen Ecken der Nacht

Ein Huri im Garten Eden schlägt Alarm

Der verschleierte Feenhaufen drückt den Himmel

Jeder Stern wirft seinen Hut nur um zuerst zu sagen

Wann ein Halbmond auftauchen wird

Und mit dem ersten Mondlicht geht es 

Und schiebt das Boot hinaus


Ein Spaziergang den schwarzen Mond hinunter

Ohne dass ein Licht oder Wasser ins Blau gegangen ist

Als ob er tot wandeln würde mit verbundenen Augen

Dezimalstellen von Pi sind vom Design her nicht definiert

Aber alles genau auf den Spitzenwert


Es gibt immer noch eine unmarkierte Leerstelle

Die das Licht auf diesem Weg nicht malt

Und dieses Mal wird die Zeit nicht sagen 

Ob es jemanden gibt der es kann

Sollte also die Huri es wagen zu rennen 

Dann eilt sie auf ihren makellosen Makel zu

Um die Himmelskönigin zu fragen


Oh viel Glück für sie eine Wilde

Bestimme den schwarzen Mond seinen ersten Blick

Genau dann, wenn der Eid-Mond auftaucht

Kläre uns auf wir sind mehr als gespannt

Sag es uns auch zwitscher es nicht einfach an die Sterne



2


Lasst uns ins Paradies fliegen


Der Eid-Mond ist voller Freude

Lass es uns versuchen zu fliegen weit weg

Zum unsterblich schwingenden Paradies

Das hoch auf dem Elixierfluss schwebt 

Die triumphierende Freudenwelle strömt 

Von der geheimen Endlinie herauf 

Oben über dem Lapislazuli-Himmel 

Ein Schmetterlingspaar sonnt sich still 

Und stilvoll im Sonnenlicht 

Es geht in Zeitlupe weiter 

Und beleuchtet die Nacht 

In der ein Glühwürmchen 

Auf einem vom Mondlicht flankierten 

Stück des Mondes sitzt 

Aber du und ich wir werden 

In unserer schönen Muttersprache singen 

In der gleichen ursprünglichen Sprache 

Wie Adam mit Eva spricht und so

Die Engel lauschen im Paradies

Komm lass es uns versuchen

Zu fliegen weit weg

Auf den Flügeln des Mondlichts 

Werden wir weit weg sein

Am Mond vorbeischlendernd 

Werden wir durch die sternenübersäten Winkel schlendern

Die Augen öffnen 

Und für ein oder zwei Momente 

Sanft auf einem Stern sitzen 

Wir werden kilometerlange Galaxien 

Über den mondbeschienenen Seen des Blaus sehen

Die hinreißende Lauten spielen 

Die Frühlingsnacht blüht 

Und das süße Dornröschen wacht auf 

Und spielt Flöte 

Musikalische Dämmerlichter füllen den Himmel 

Komm lass es uns versuchen 

Zu fliegen weit weg

Wir werden Sharaban Tahura trinken 

Den heiligen Wein des Paradieses 

Und ein für alle Mal werden wir uns 

Vom Tod verabschieden 

Unsere Geschichte wird den göttlichen Boden füllen 

Die Flora und Fauna des Himmels 

Jeder und jede wird auf unserer Seite glänzen 

Keine Huri wird jemals finito sagen 

Unsere Geschichte zu singen 

Wie Adam es für Eva tat 

Verblüffte es zuerst die Engel

Die die Natur aller Dinge im Paradies erzählten 

Wir werden das noch einmal ohne ein Grinsen tun 

Dieses Mal werden wir den liebenden Schöpfer sehen



3


Israfel


Im Himmel wohnt ein Geist

Dessen Herzenssaiten eine Laute sind

Keiner singt so wild

Wie der Engel Israfel

Und die schwindligen Sterne (so erzählen Legenden)

Die ihre Hymnen beenden und dem Zauber

Seiner Stimme beiwohnen sind ganz stumm.


Oben schwankend

In ihrem höchsten Mittag errötet

Der verliebte Mond vor Liebe 

Während der rote Levin 

(mit den schnellen Plejaden sogar, die sieben waren) 

Im Himmel innehält um zuzuhören 

Und sie sagen (der Sternenchor 

Und die anderen Zuhörer) 

Dass Israels Feuer dieser Leier zu verdanken ist 

An der er sitzt und singt 

Der zitternde lebendige Draht

Von diesen ungewöhnlichen Saiten


Aber die Himmel die die Engel betraten

Wo tiefe Gedanken eine Pflicht sind 

Wo Eros ein erwachsener Gott ist 

Wo die Huri-Blicke

Von all der Schönheit durchdrungen sind

Die wir in einem Stern anbeten


Darum bist du nicht unrecht

Israfel der ein leidenschaftliches Lied verachtet

Dir gehören die Lorbeeren

Bester Barde weil der Klügste

Lebe fröhlich und lang


Die Ekstasen oben

Mit deinen brennenden Metren zusammenpassen

Dein Kummer deine Freude dein Hass deine Liebe

Mit der Inbrunst deiner Laute

Wohl mögen die Sterne stumm sein


Ja der Himmel ist dein 

Aber dies ist eine Welt von Süßem und Saurem

Unsere Blumen sind nur Blumen,

Und der Schatten deiner vollkommenen Glückseligkeit

Ist unser Sonnenschein


Wenn ich wohnen könnte 

Wo Israfel wohnte und er wo ich wohne

Er würde vielleicht nicht so wild

Eine sterbliche Melodie singen

Während eine kühnere Note als diese

Von meiner Leier im Himmel anschwellen könnte



4


Die Sommerhummeln


Der Himmel ist

So hell wie ein Lapislazuli-Ton

Die Huri-schöne Himmelsjungfrau färbte sich

In allen Blautönen

Bis zur Tür sie muss hindurch gekommen sein


Siehe wie die Hummeln des rosigen Frühlings

Auf ihren Flügeln sind

Ah die süße fließende

Südbrise weht zusammen mit den blauen Bienen

Sie müssen gedacht haben

Sie summen hoch

Aber nein 


Das tief darunter sitzende Meer ist unterwegs 

Und springt in den blauen Himmel 

Und gleitet von den Wolken herab 

Die das Land fegen und tanzen auf den Flüssen

Inzwischen muss die schlafende Schönheit des stillen Landes

Von den lieblichen Wassernymphen geweckt werden

Die Talsohle ist noch weit entfernt und das Wasser stürzt

So sind die Hummeln sanft herabsteigend

Unter dem offenen Himmelsgemälde

In die Honigquelle gucken die Freier



5


Sie


Sie hat mich verblüfft als ich ihr Aussehen zum ersten Mal

gesehen habe noch nie so gesehen nicht einmal in Büchern


Ein Engel der vom Himmel gefallen ist

Um zu mir zu sagen Hi Toto


Sie hat sofort meine volle Aufmerksamkeit bekommen

Und ich habe keine Anmaßung gezeigt


Sie lebt jetzt in den Korridoren meiner Gedanken

Du wirst keine Dame finden die so zärtlich und freundlich ist


Jetzt vermisse ich sie wie ich die Luft vermisse wenn ich aufhöre zu atmen

Sie lebt in mir also helfe Gott mir dass sie


Torsten Schwanke sieht



6


Märtyrer


Der seltsame Glaube der

Einen Mann dazu bringt so viel zu tun 

Für die Belohnung des Martyriums 

Zweiundsiebzig schwarzäugige Jungfrauen zu ficken

Hat eine ironische Wendung in der Enttäuschung 

Dass ein Glaube der

So sorgfältig gepflegt wird 

Mit der Huri enttäuscht 

Und der Fehler in der Übersetzung ist stattdessen 

Ein Paradies aus weißen Rosinen



7



Mit einer strahlenden östlichen Braut

Wie eine Huri an meiner Seite

Mit einer strahlenden östlichen Braut

Wie eine Huri an meiner Seite



8


Herbstfest


Da stand eine imaginäre unsichtbare Huri-Fee

Wie eine Braut unter einem Ahornbaum

Gekleidet in prismenfarbigen

Chiffon mit ätherischen Schimmer

Und zarten Seidenhauchen

Sie hatte ihre kleine Hochzeit im Herbst

Und Feenwesen wuselten überall um sie herum 

So dünn und flatterhaft wie nur sie sein können

Während Safranblätter

In zeremonieller Hochzeit auf sie herabfielen

Ein Herbstritual

Und wie das hübsche Konfetti der Natur


Äste entblößt

Doch der Herbst ist erhaben

Für die Entzückung des Welkens

Die gertenschlanke Fee wäre fast

In Henna-Ahornblättern ertrunken

Als sie mit einem braunen Bräutigam Verstecken spielte

Im Haufen getarnt



9


Sie hat bestanden ich glaube sie hat mich angelächelt

Es war eine Soubrette oder auch eine Huri

Ich weiß nicht ob die Wirkung moralisch oder physisch war

Aber ihr Schritt beim Gehen machte Musik

Was dein lärmendes und schlammiges Pflaster o Paris

Hat diese unbeschreiblichen Visionen 

Ich hielt ihre auf mich gerichteten Augen für zwei Sterne

Frisches und glückliches Kind Spatzen und Bachstelzen

Haben weniger wilde Fröhlichkeit und Lebhaftigkeit

Sie trug ein sommerliches Taftkleid

Kleine käferfarbige Stiefel

Die Luft eines Schattens der vor Einbruch der Nacht vergeht

Ich weiß nicht was dem stolzen Ding die Hoffnung erlaubte


Während ich nachdachte glaubte ich immer noch sie zu sehen

Selbst nachdem sie geflohen und verschwunden war

Und ich nachdenklich mitten auf der Straße stand und

Dieses gnädige Wesen geblendet betrachtete 

Hatte ich mein Auge im Raum und meine Seele im Himmel

Eine alte Frau halb Katze und halb Furie

Ihr Kinn sträubte sich mit einem fusseligen Bart

Entsetzlich gekleidet in einen finsteren Lumpen

Schrecklich und sprach wie mit einem Maulkorb

Sagte mit leiser Stimme zu mir: Will Monsieur dies Mädchen?

O armer Kolibri verkauft von einer Raupe