HANS SACHS: DIE 12 EHRENHAFTEN FRAUEN DES ALTEN TESTAMENTS

Herausgegeben von Torsten Schwanke



Eva, die geberendt (Gn 3) 

Sara, die gesegnet (Gn 14) 

Rebecca, die gehorsam (Gn 25) 

Rahel, die holdselig (Gn 29) 

Lea, die geduldig (Gn 30) 

Jael, die redlich (Ri 4) 

Ruth, die gütig (Rt 1) 

Michal, die trew (I Sam 19) 

Abigail, die vernünfftig (I Sam 25) 

Judith, die messig (Jdt 13) 

Hester, die senfftmütig (Est 5) 

Susanna, die keusch (Dan 13) 


Hans Sachs: Der ehren-spiegel der zwölf durchleuchtigen frawen

deß alten testaments.


Eva, die geberendt. Genesis 3.


Eva, die was ein weyb Adam.

Auß seyner seyten sie Gott nam,

Segnet sie und macht sie fruchtbar,

Zu erfüllen die erden gar.

Inn der unschuld stund sie nicht lang.

Sie ward betrogen durch die schlang.

Durch sie gieng in die welt der tod.

Darumb sie strafft der Herre Got,

Das sie inn schmertzen solt gebern,

Adam gantz unterthenig wern.

Also wardt Eva, wie man find,

Ein mutter aller menschen-kind.

Also ein weyb ist hie auff ern

Geordnet, kinder zu gebern;

So sie mit glauben ist geziert,

Durch geberen sie selig wirdt.



Sara, die gesegnet. Genesis 14.


Sara was Abrahames weyb,

Die was gar unfruchtbar von leyb.

Gott aber sprach zu Abraham:

Ich will erwecken dir ein sam

Auß Sara; den heiß Isaac!

Ich will sie segnen auff den tag.

Nach dem wort Gott Sara heimsucht

Das sie ward schwanger einer frucht,

Die ward erzogn auss Gottes forcht.

Sara auch Abraham gehorcht.

Hielt ihn vor augen unnd inn ehrn.

Darumb thet Got sein segen mehrn,

Also ein bider weib auch mehr

Ihr kinder ziech auss Gottes ehr,

Inn ehr halt ihren mann allwegen

So erlangt sie auch Gottes segen.



Rebecca die gehorsam. Genesis 25.


Rebecca, ein weyb Isaac.

Als Abraham schickt auss ein tag

Sein sun zu werben umb die magd,

Das ihren eltern wol behagt,

Fragten ihr tochter und gar billich

Ob sie mit wolt: das war sie willig

Gehorsam und ganz untertan.

Darnach als Isaac, ihr man,

Sie bat, das sie ihn bruder nant,

Als er war frembdling in dem land,

Auff das in nicht träff ein unfal,

Wardt sie gehorsam alle mal,

Also ein fromme tochter wol

Iren elteren volgen sol,

Dem mann gehorsam sein all zeyt.

Gehorsam bringt gutwilligkeyt.



Rahel, die holdselig. Genesis 29.


Rahel, ein gemahel Jacobs,

Ein schönes weyb, wirdig des lobs,

Darumb er dienet siben jar.

Jacob sie gar holdtselig war

Und liebet sie für Lea weyt.

Darnach sie ihm nach langer zeyt

Joseph, sein lieben sun, gebar,

Den er segnet holdselig gar.

Zu letzt starb sie an der geburt,

Als Ben-Jamin geboren wurd.

Den liebet Jacob von wegn allein

Der holdseligen mutter sein.

Also ein weyb sey auch holdselig,

Ihrem ehmann lieblich, gefellig!

Als dann sie auch geliebet wirdt.

Holdseligkeyt new lieb gebirt.



Lea, die geduldig. Genesis 30.


Lea, ein gemahel Jacob,

Gedultig, schlicht inn ihrer prob,

Wann sie het auch ein blöd gesicht,

Darumb sie Jacob liebet nicht,

Derhalb sie war zum teyl veracht.

Got aber sie gantz fruchtbar macht,

Das sie Jacob sechs sun gebar.

Derhalb sie Jacob liebet gar.

Also durch Lea ausserkorn

Wurden sechs ertzvätter geborn,

Und was sie vor unschuldig lied,

Wardt ihr elend verkert inn fried.

Also ein fraw auch hab geduld!

Was sie vom mann leydt umb unschuld,

Zu letzt es ihr zu gutem diendt.

Gedult alle ding uberwindt.



Jael, die redlich. Richter 4.


Jael, ein fraw deß mans Heber,

Haben all redlich frawen ehr.

Sissera mit neun hundert wagn

Kam, das land Israel zu schlagn.

Gott aber macht inn sie ein flucht.

Der hauptmann sich zu retten sucht,

Verbarg sich inn der frawen kamer.

Sie nam eyn nagel und ein hamer,

Als er entschlieffe, sie mit not

Schlug durch sein kopff, das er blieb tod.

Also errettet wardt das land

Durch der redlichen frawen hand.

Also ein redlich weyb allzeyt,

Wo es sich in der not begeyt,

Wo sie auch mannes hertz und hand.

Redligkeyt erhelt leut und land.



Ruth, die gütig. Ruth 1.


Ruth was eyn haußfraw Chylion,

Ein Moabytin, als ihr mon

Starb inn der thewrung, die er floch.

Als nun ihr schwiger heymwarts zoch,

Sprach Ruth, das weyb, weynend zu ihr:

Mein schwiger, ich will nicht von dir.

Dein volck mein volck, dein Got mein Got!

Bey dir bleyb ich lebend und tod.

Mit ir zoch Ruth nach dem begern,

Alda sie inn der gersten-ern

Erwarb Boas, ihren nach-mon.

Da kam Davidis vatter von.

Also ein gütig weyb auff erdt

Irs mannes freund halt lieb und werd,

Sey gütig gegen jung und alt!

Gütigkeyt Gott endtlich bezalt.



Michal, die trew. 1 Samuel 19.


Michal, ein fraw kunig David.

Als er von Saul verfolgung lied

Und er inn sein hauß gab die flucht

Und als man ihn zu tödten sucht,

Sprach Michal: Bleybst du hie in sorgn,

So werden sie dich tödten morgn.

Und auß hertzlich weyblicher trew

Ließ sie David on alle schew

Hinden durch ein fenster herab,

Das er entran, die fluchte gab,

Wardt durch sein trewes weyb erredt,

Sunst het sein schweher ihn getödt.

Also ein trewes byder-weyb

In not erret ihrs mannes leyb,

Wo man ihn fehrlich scheding wolt.

Trew ist edler, dann klares gold.



Abigail, die vernünfftig. 1 Samuel 25.


Abigail, ein weyb Nabal,

Der David het gehönt ein mal.

Darumb David erzürnet wardt,

Kam ihn zu tödten auff der fart.

Abigail vermercket das,

Versünet David auff der straß

Mit brot und wein, rosin und feign.

Daheym was die vernünfftig schweygn,

Ließ mit rhu ihren truncken man,

Biß er frü nüchtern auff was stan.

Also sie durch ir gut vernunfft

Für-kam groß unglückes zukunfft.

Also ein byder-weyb vernünfftig

Fürkum das ungelück zukünfftig,

Straff ihren man zit nüchterkeyt!

Vernunfft ihr frucht bringt alle zeyt.



Judith, die mässig. Judith 15.


Judith, ein mässige witfraw.

Als Holofernes het genaw

Umblegt die stat Bethuliam,

Fastend sie inn das heere kam,

Geschmucket inn der messigkeyt.

Holofernes ein mal bereyt,

Entzündt inn ihrem schönen bild,

Judith sich mässigklichen hielt.

Als er sich truncken nyder leyt,

Die mässig ihn das haupt abschneydt.

Erret durch mässigkeyt noch mehr

Das volck und auch ihr weiblich ehr.

Also ein weyb an allen ort

Sey mässig inn werck unde wort,

In kleydung, speyß und tranck noch mehr!

Mässigkeyt beschützt frawen ehr.



Hester, die senffmütig. Hester 5.


Hester, ein fraw kung Aschweros,

Der ließ außgehn ein mandat groß,

Die Juden auff ein tag zu tödten.

Hester ihr volck sach in den nöten,

Legt an ihr künigkliches kleid

Unnd inn grosser senfftmütigkeyt

Sie ein zu ihrem herren trat

Und für ihr volck senfftmütig bat.

Der künig was sie gweren thon.

Also auff den bößwicht Amon

Thet dieser Juden unglück walgn,

Das er starb an seym eygen galgn.

Also ein bider weyb senfftmütig

Mach ihres mannes zorn gütig

Mit guten wortten ausserkorn!

Senfftmütigkeyt stillt grimmen zorn.



Susanna, die keusch. Danielis 13.


Susanna, ein weyb Joachim,

Schamhafftig, keusch lebt sie mit im.

Als sie eins was inn ihrem garten,

Waren sie zwen bößwicht verwarten

Und ihr begerten zu unehrn.

Die keusch ihr beyder sich was wern.

Do sie nit wolt, sie die verklagten.

Unschuldig lüg sie auff sie sagten.

Sie ward gefüret zu dem tod.

Iedoch sie frey errettet Got;

Erweckt den geist Danielis,

Das man die keuschen ledig ließ.

Also ein züchtig keusches weyb,

Eh sie ließ schenden ihren leib,

Ehe solt sie leyb und leben lon.

Keuscheyt ist eines weybes kron.



Beschluß.


Bey diesen zwölf durchleuchting frawen

Mag man gar augenscheinling schawen

Warinn steh weyblich preiß und ruhm:

Zwölff tugent erzelt in der sum:


Vort erst, so sie kinder gebern,

Seugen, wartn und helffen ernehrn,

Embsig und unverdrossen frisch,

Nicht faul, unheußlich und schluchtisch:

Zum andern, ihr kindt straffen, lehrn

Und auff ziehen zu Gottes ehrn,

Nicht rho, unachtsam und ablessig,

Auch nicht zu hert sein, mittelmessig;

Zum dritten, so sie ihren man

Sind gfölgig, ghorsam, undterthan,

Nicht eygensinnig, widerspennig,

Nicht hertmeulig und widerwenig;

Zum vierdten, so sie sind holdselig,

Dem mann lieblich, freundlich gefellig,

Nicht stoltz, frech, mutwillig, üppich,

Böckisch, heunisch, leunisch, schnüppig;

Zum funften, so sie sind gedultig

Inn widerwertigkeit unschuldig

Nicht klaghafft, unwillig, wehmütig

Nicht endtig, fluchend und gantz wütig;

Zum sechsten, so sie redlich thetig,

Auffrichtig, stathaft sind und rhetig,

Nicht leichtfertig, fürwitz und leppisch,

Wanckelmütig, gschwetzig und deppisch;

Zum sybenden, so sie sind gütig,

Gen mannes freundschaft auch dienstmütig

Halten sie nicht unwerd, verächtig,

Sind ihn nicht hessig, neydig, prächtig;

Zum achtn, so sie den mannen trew,

Dienstlich, gutwillig sind on rew,

Nicht tuckisch, verschlagn, vertrogn,

Arglistig, popitzend, verlogn;

Zum neundten, so sie sind vernunfftig,

Bescheyden inn unfal zukünfftig,

Nicht unverstanden, unfürsichtig,

Gech, thöricht, doll und unaufrichtig;

Zum zehenden, so sind sie mässig,

Nicht vernascht, versuffen und fressig,

Nicht hoffertig inn schmucken ziern,

In dantzen, spielschafft und purschiern:

Zum aylfften, so sie sind senfftmütig,

Gen den mannen sitlich und gütig,

Nit zenckisch, hädrisch, grämisch, peyssig,

Nicht zornig, poldrent, böß und reyssig;

Zum zwölften, so sie sind keusch, züchtig,

Ersam, schamhafft und tugentfrüchtig,

Nicht bübisch, unzüchtig, schamloß,

Inn worten und geberden bloß.

Durch der zwölff edlen tugent stam

Erhaben wird weyblicher nam,

Und welche fraw diese zwölff tugent

Übet inn ihr blüenden jugent,

Der lob wirdt sich im alter mehrn,

Auff das ihr nam in hohen ehrn

Gedechnußwirdig aufferwachs.


Das wünscht von Nürnberg Hanns Sachs.

Anno salutis MCCCCCXXX, 

am xi tag Novembris