LAMENTATIONEN

 

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

 

 

ERSTE ELEGIE

 

Ach! Wie sitzt die Stadt in Einsamkeit! Einst voll des Volkes,

Jetzt der Witwe gleich! Groß war sie mitten im Volk,

Eine schöne Prinzessin vieler schöner Provinzen,

Nun der Sklavin gleich, ach, von den Feinden versklavt!

Nun sie weint in den Nächten. Tränen benetzen die Wangen.

Kein Geliebter hat Trost, ach, und der Freund ward zum Feind!

Juda ging in die Gefangenschaft schlimmer Misere,

Schwerer Arbeit. Sie wohnt mitten in Mengen von Volk,

Findet keine Ruhe. Die ihr nachjagen, finden

Sie und holen sie ein, schenken ihr Elend und Weh!

Ach, es weinen die Wege von Zion. Zu der Versammlung

Keiner kommt mehr zu ihr. Trostlos und traurig ihr Tor.

Ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen jammern,

Ah, wie bitter ist doch und voll Gram ihr Gemüt!

Ihre Unterdrücker sind auf dem Gipfel der Stärke,

Feinde haben Erfolg. Schlimm war die Revolution,

Darum hat der Herr sie traurig gemacht. Ihre Kinder

Gehn in Gefangenschaft, gehn in des Feindes Verließ.

Tochter Zion ist genommen der Glorie Lichtglanz.

Und ihr Prinz ist ein Hirsch, findet die Aue nicht mehr.

Ihre Fürsten müssen einhergehen vor dem Verfolger,

Ohne Mut, ohne Kraft, ach, ohne Freude und Glück!

Und Jerusalem denkt an ihre Heimsuchung wieder,

Ruhelosigkeit, und sie erinnert sich dran,

Wie viel Begehrenswertes sie aus des Altertums Tagen

Hatte und welchen Schmuck. Niedergeschlagen ist sie

Heute und Volk und Heimat in den Händen der Hasser,

Niemand hilft ihr mehr. Sie erntet Hohn nur und Spott.

Ach Jerusalem sündigte, eine Unreine ist sie.

Die sie verehrten einst, ha, die verachten sie jetzt,

Weil sie offenbar sehen ihre beschämende Nacktheit!

Darum seufzt sie vor Gram, wendet vom Leben sich ab.

Ihre Unreinheit klebt an ihrem Röckchen, dem kurzen.

Sie bedachte nicht, wie es zum Schluß ihr ergeht,

Es ist ja auch zu wunderbar! Sie ist niedergesunken,

Findet keinen Trost. Wehe mir, Herr, sieh mein Weh!

Sieh auf meine Misere, mein erbärmliches Elend!

Allzu mächtig doch ist mir geworden der Feind.

Unterdrücker haben ausgebreitet die Hände,

Greifen ihr Kleinod an. Sie musste zusehen da

Wie die Heiden in ihr Heiligtum eintraten, wenn auch

Gott der Herr es verbot, dass sie ins Heiligste gehn.

Ach wie sehr seufzt ihr Volk und verlangt nach stärkender Speise,

Gibt sein Edles dahin für etwas nährendes Fleisch,

Um die Seele zu ermutigen. Wehe mir, Gottherr,

Schau und gewahre wie wertlos und nichtig ich ward!

Ist es denn gar nichts für euch, die ihr die Wege vorbei zieht?

Schaut und betrachtet, ob da ist vergleichbar ein Schmerz,

Schmerzen wie die Schmerzen, die auf mich wurden geworfen!

Ich machte traurig den Herrn, Gott an dem zornigen Tag!

Feuer der Höhe sandte Gott in meine Gebeine,

Dass es herrsche darin! Für meine Füße ein Netz

Hat er ausgebreitet und zugewandt seinen Rücken.

Trostlose Traurigkeit! Täglich ermatte ich mehr!

Meine Rebellion ist gefesselt von göttlichen Händen,

Und die Schlinge am Hals! Ach wie mir taumelt die Kraft!

Gott hat seine Hände gelegt an den elenden Sklaven,

Und ich steh nicht mehr auf, bette mich nur noch im Tod!

Gott hat nieder getreten meine Mächtigen alle.

Eine Vereinigung rief gegen mich Gott voll Gewalt,

Meine Jugend zu vernichten. Der Herr hat die Jungfrau

Tochter Juda zerquetscht, wie in der Kelter den Wein.

Das beweine ich, und aus den Augen strömen mir Wasser,

Denn der Tröster ist fern, der mir bereitete Trost.

Meine Söhne sind trostlos traurig, verzweifelt im Elend,

Und es herrscht in der Welt überall siegreich der Feind.

Zion breitet aus ihre Hände, doch da ist kein Tröster.

Gott hat um Jakob rings feindliche Menschen gestellt

Und geboten den Unterdrückern: Jerusalem soll nun

Eine Unreine sein mitten im feindlichen Volk.

Gott ist gerecht. Ich rebellierte gegen die Stimme.

Hört, ihr Völker, und seht, wie so entsetzlich mein Schmerz!

Jungfraun und Jünglinge gingen in der Gefangenschaft Kerker,

Ach so groß ist mein Schmerz. Aber der Herr ist gerecht.

Meine Geliebten rief ich, doch sie betrogen mich alle.

Priester sind in der Stadt, Älteste sind in der Stadt,

Alle suchen Speise, um ihre Seele zu stärken,

Suchen nährendes Fleisch, suchen den tröstenden Wein.

Weh mir, weh mir, Herr, ich leide schreckliche Qualen!

In dem Inneren brennts, bitter ist in mir mein Herz!

Ich war rebellisch, draußen das Schwert, der Männermord, drinnen

In dem Hause der Tod, der mich der Kinder beraubt!

Meine Freunde hören mein Seufzen und trösten mich doch nicht.

Meine Feinde sehn meine Misere, sind froh.

Das hast du getan. Lass kommen die richtende Stunde,

Dass es den Feinden ergeht, wie es mir schlecht nun ergeht!

Herrgott, lass ihr Böses vor dein Angesicht kommen,

Handle an ihnen so, wie du gehandelt an mir

Wegen meiner Rebellion. Meiner Seufzer sind viele,

Und mein Herz ist matt, ach, und mein Leib ist geschwächt.

 

 

ZWEITE ELEGIE

 

O wie hat Gott die Tochter Zion bewölkt doch mit Ingrimm,

Nieder geschmettert hat er Israels Schönheit und Reiz

Von dem Himmel zur Erde, er hat nicht mehr gedacht seiner Fußbank

In des Jammers Zeit, ach, an dem Tage des Zorns.

Gott hat alle Wohnsitze Jakobs zerstört ohne Mitleid,

Tochter Juda hat er all ihre Burgen zerstört,

Ihre Hochburgen hat er in glühender Rage zerschmissen,

Er hat entweiht den Fürst, alle die Herren im Land.

Alle Krafthörner Israels hat er im Zorne zerschlagen,

Er hat die rechte Hand sich in dem Rücken versteckt

Vor dem Feind und in Jakob Flammen des Feuers entzündet,

Flammen, die fressen umher alles im Umkreis des Lands.

Er hat den Bogen gespannt wie ein Feind, erhoben die Rechte,

Wie ein Gegner, zerschlug alles, was Augen war schön,

Seine Rage ausgeschüttet wie Flammen des Feuers,

Tochter Zion im Zelt ward überschüttet von Glut.

Gott ist wie ein Feind geworden, Jakob vernichtet,

Zitadellen sind hin, Festungen alle dahin.

Er hat der Tochter Juda nichts als Klagen bereitet,

Nichts als Kummer und Qual, so ist voll Tränen ihr Herz!

Er hat seinen Tabernakel zerwühlt wie den Garten,

Und sein Versammlungszelt hat er in Rage zerstört.

Gott ließ in Zion Festversammlung und Freuden des Sabbat

In Vergessenheit leider geraten. Im Zorn

Und im Ärger verachtete Gott die Könige Judas

Und die Priester im Zelt, opfernd im Heiligtum Gott.

Gott hat seinen Altar beiseite getan und des Tempels

Heiligtümer verschmäht. Mauern der Burgen hat er

Ausgeliefert den Händen der Feinde. Im Tempel der Gottheit

Klang die Stimme des Feinds, ach, wie am freudigen Fest.

Gott wollte ruinieren der Tochter Zion Gemäuer,

Er hat die Meßschnur gespannt. Er hat die strafende Hand

Nicht von ihr abgewandt, bis er sie verschlungen im Zorne.

Burgen voll Lamentation! Burgmauern alle zu schwach!

Tore sanken in den Grund, die Riegel zerbrochen,

Alle Schlösser zerstört. Fürsten und Könige sind

Unter den Völkern, wo sie Jungfrau Torah nicht mehr finden,

Ach der Prophet schaut nun keine Vision mehr von Gott.

Und die Alten der Tochter Zion sitzen am Boden

Und vor Kummer verstummt, streuen sich Staub auf das Haupt,

Haben gegürtet ihr Sackleinen, tragen den Gürtel der Buße,

Jungfraun Jerusalems lassen nun hängen den Kopf.

Tränen erfüllen meine Augen, die innern Organe

Sind sehr aufgewühlt, ach, und die Leber ist krank,

Meine Leber ist ausgeschüttet zum Staube der Erde

Wegen des Zerbruchs, wehe, der Tochter des Volks,

Da die niedlichen Säuglinge und die lieblichen Kinder

Überwältigt sind, ach, sie sind kraftlos und schwach.

Ihren Müttern sagen sie: Wo ist Speise, wo Trank nun?

Auf den Plätzen der Stadt sind sie geschwächt und verletzt

Wie Verwundete und Verletzte mit tödlichen Wunden,

An der Mutterbrust schütten die Seelen sie aus!

Tochter Jerusalem, womit soll denn ich dich vergleichen?

Was soll mein Zeugnis sein? Jungfrau, o wem bist du gleich,

Womit soll ich trösten, Tochter Zion, dein Trauern?

Dein Zerbruch ist ein Meer! Wer wird dich heilen, mein Herz?

Deine Propheten schauen dir Geschmackloses, Leeres,

Deine Perversion haben sie dir nicht enthüllt.

So hätten abgewendet sie deine Gefangenschaft, aber

Nichtige Sprüche nur hörst du bei all deiner Last.

Die vorübergehen, schlagen die Hände zusammen

Und sie pfeifen dir nach, schütteln den Kopf über dich,

Sagen: Ist das die Stadt, die man nennt die vollkommene Schönheit,

Das Entzücken der Welt, Wonne unendlichen Alls?

Deine Feinde zerreißen das Maul sich über dich, Jungfrau,

Pfeifen höhnisch dir nach, knirschen mit Zähnen. Man sagt:

Ha, wir fraßen sie auf! In der Tat ist dieses die Stunde,

Die wir sehnlich erharrt, die wir nun schauen und sehn.

Gott vollbrachte seinen Plan, vollbrachte sein Wort nun,

Wie er zur Vorzeit gesagt. Ohne Erbarmen zerstört

Gott und ließ die Feinde sich freuen über dich, Jungfrau,

Deiner Heimsuchung Horn hoch hat erhoben der Herr.

Und ihr Herz schreit laut zum Herrn. O Mauer der Tochter

Zion, lass du am Tag strömen die Tränen, zur Nacht

Nieder strömen die Tränen lass wie die Fluten des Stromes,

Gib nicht Ruh und lass feucht deine Augäpfel sein!

Und erhebe dich in der Nacht und klage dein Wehe,

Schütte dein Herz aus wie Wasser am Anfang der Nacht,

Heb deine Hände zu Gott für die Seelen all deiner Kinder,

Die von Hunger geschwächt sind und verdursten am Markt.

Gottheit, schau und gewahre, wen du mit Härte behandelst!

Sollen die Frauen denn fressen die Leibesfrucht gar,

Kinder ihrer zarten Fürsorge? Sollen Propheten

Denn in dem Heiligtum liegen ermordet im Blut?

In den Straßen und auf der Erde Jünglinge liegen,

Alte liegen im Staub. Jungfraun und Jünglinge sind

Durch das Schwert gefallen. O du mordest im Zorne,

Nieder gemetzelt hast du ohne Erbarmen, mein Gott!

Du hast den Terror im Umkreis aufgerufen zum Feste,

Keiner in Zeiten des Zorns konnte entkommen dem Feind,

Keiner überlebte. Die ich auf Händen getragen,

Kinder, die ich erzog, die hat geraubt mir der Feind!

 

 

DRITTE ELEGIE

 

Ich bin der elende Mann, der die Rute des rasenden Zorns sah.

Gott führte mich in die Nacht, führte mich nicht in das Licht.

Gott wandte Tag für Tag seine Hand gegen seinen Verlassnen.

Fleisch und Haut ward mir alt, Knochen zerbrach mir der Herr.

Bitternis gab er und Härte schlug mich von jeglicher Seite.

Ach, ich wohn in der Nacht, so wie die Toten im Grab.

Mauern zog er gegen mich auf, ich komm nicht heraus mehr,

Eisenkette beschwert meinen gefangenen Leib.

Wenn ich auch schreie und brülle, verschließt er sich meinen Gebeten.

Meine Wege verbaut Gott mir mit Quadergestein,

Und den Pfad meiner Füße mir verwirrte der Höchste.

Gott stand da wie ein Bär, lag wie ein Löwe im Busch.

Gott ließ mich wandeln Wege ins Abseits, er hat mich zerrissen,

Trostlos traurig gemacht, trostlos mich traurig gemacht.

Er hat den Bogen gespannt und nahm mich zum Ziel seiner Pfeile.

Köcherkinder sind mir in die Nieren gebohrt.

Ein Gelächter bin ich den Leuten und täglich ihr Spottlied.

Bitternis macht mich satt, ich bin vom Wermut getränkt.

Meine Zähne hat er zermalmt. Ich lieg in der Asche.

Friede floh mein Gemüt. Schönheit vergaß ich vor Weh.

Ach, dahin ist mein Leben, zunichte die Hoffnung auf Jahwe.

Mach dir doch bewußt, Jahwe, wie elend ich bin.

Ich gedenke des Schierlingsbechers, des Giftes der Schlange.

Nieder gesunken ist, ach, meine Seele in mir.

Doch meine Seele wandte sich zur Jugend der Hoffnung.

Das ist doch Jahwes Huld, ich bin nicht gänzlich zerstört.

Gottes Mutterschöße sind voll von Gottes Erbarmen,

Frisch jedes Morgenrot, ja, seine Treue gewiss.

Gott ist mein Anteil, spricht meine Seele, ihn will ich erwarten.

Gott ist gut zu dem Mann, der ihn erwartet, der sucht.

Schön ists, Hoffnung zu haben, zu warten auf Jahwes Erlösung

Voller Sehnsuchtsglut, still im Gebete versenkt.

Gut ists dem Mann, sein Joch zu tragen in Jahren der Jugend.

Gut dem einsamen Mann, nachdenklich stille zu sein,

Wenn er zu tragen hat mit der Seele die Lasten der Leiden.

Leg er den Mund in den Staub! Oh, da ist Hoffnung vielleicht.

Lass er sich Ohrfeigen geben, mit Vorwürfen sättigen! Dulde!

Denn der Herr verbirgt sich nicht für immer. Getrost!

Gott mutet Trübsal zu, doch liebt auch mit inniger Güte.

Nicht von Herzen betrübt Jahwe die Menschen mit Gram.

Dass man Gefangene tritt mit Fußtritten höhnisch und herzlos,

Rechte des Mannes beugt vor dem Gesichte des Herrn,

Und die Worte des Mannes verwirft, das alles sieht Jahwe!

Jahwe sieht unsere Not, seine Barmherzigkeit kommt!

 

 

VIERTE ELEGIE

 

Schwarz ist das Gold geworden, das Reingold hat sich gewandelt.

Steine des Heiligtums warf in den Gassenkot man.

Ach, die wertgeschätzten Kinder Zions, gewogen

Sonst auf der Waage mit Gold, sind nun den Tontöpfen gleich,

Gleich sind die Kinder nun den Werken der Arbeiterhände.

Aber auch der Schakal säugt an der Brust seine Brut,

Aber die Tochter des Volkes gleicht der Straußin der Wüste!

Ach, dem Säugling hängt durstig die Zung‘ aus dem Mund,

Kinder betteln um Brot, doch niemand gibt ihnen Speise.

Die einst Süßigkeit speisten, die liegen nun matt

In der Gosse. Wer trug einst scharlachne Stoffe als Kleidung,

Liegt jetzt auf dem Mist, Hiob, dem Elenden, gleich.

Ach die Perversion der Tochter des Volkes ist schlimmer

Selbst als Sodoms Schuld, homoerotische Lust,

Sodom ward in Einem Augenblick schrecklich vernichtet,

Und es rührte sich da keine sie rettende Hand.

Ihre Geweihten waren wie Schnee und Milch, ihre Glieder

Röter als der Rubin, Saphire waren ihr Schmuck.

Nun aber ihre Gestalten sind schwarz vor Finsternis, keiner

Sie in der Gosse erkennt, schrumpelnd die Haut am Gebein,

Ihre Haut so vertrocknet wie der Balken des Galgens.

Ach wie sind sie nun schwach, einst voll lebendiger Kraft!

Den vom Schwert Erschlagenen ging es vielmals noch besser

Als den Leute, die starben der Hungersnot Tod,

Oder wie jenen, die verschmachteten, wurden durchstochen

Von dem Mangel an Frucht, wie sie sonst wächst auf dem Feld.

Ach, die barmherzigen Frauen kochten die eigenen Kinder,

Sie zu fressen, ach, in dem Ruin meines Volks.

Jahwe hat seine Rage vollendet, den glühenden Ingrimm

Ausgeschüttet und hat Feuer gelegt in der Stadt,

Feuer gelegt in Zion, die Fundamente zu fressen.

Könige dieser Welt hätten es nimmer geglaubt,

Nicht die Weltbewohner, dass der Gegner und Feind kam

Durch Jerusalems Tor, Zion erobernd mit Macht.

Wegen der Sünden der Propheten, des Irrtums der Priester

Wurde inmitten der Stadt grausam vergossen das Blut.

Ach, sie irrten zitternd durch die Gassen wie Blinde,

Ganz besudelt mit Blut, die man nicht anrühren mag.

Riefen die Leute: Weg mir euch, Unreine, fort nun,

Fasst nichts an mit der Hand! Flohn sie und irrten umher,

Sprach man unter den Völkern: Sie sollen länger nicht bleiben!

Jahwes Angesicht hat sie vertrieben, denn er

Wollte sie nicht mehr sehen, die Priester nicht mehr ertragen,

Wo man hat mit dem Greis keine Barmherzigkeit mehr.

Unsere Augen schmachteten, aber nach nichtiger Hilfe.

Ausschau hielten wir so wie ein Wachturm allein,

Aber nach einem Volk, dass uns nicht retten wird, niemals.

Unseren Schritten nach jagt man wie Jäger und Hund,

Und wir durften nicht sinnend auf unseren Marktplätzen wandeln.

Unser Ende ist nah, unsere Zeit ist erfüllt,

Unser Ende ist nah herbei gekommen im Zorne.

Die uns verfolgten, die waren wie Geier der Luft,

Im Gebirge verfolgten sie uns und tief in der Wüste.

Unser Atemhauch, Gottes Messias, er ward

Von den Feinden gefangen genommen, liegt in der Grube.

Ach wir sprachen: Wie gut wollten wir leben in ihm,

Gut in seinem kühlen Schatten unter den Völkern.

Jauchze und sei froh, Edom, Bewohner der Welt,

Jauchze und sei froh, die du wohnst in Uz in dem Walde!

Zu dir kommt der Kelch! Trinke und zeige dich nackt!

Aber deine Perversion wird haben ein Ende,

Tochter Zion, denn Er führt dich nicht mehr ins Exil!

Aber Edom, deine Frevel heimsuchen wird er

Und dich hinstellen nackt, nackt vor den Augen der Welt!

 

 

FÜNFTE ELEGIE

 

Denke daran, o Jahwe, wie es uns schlimm ist ergangen,

Sieh unsre Schande an. Unsere Erbteile sind

In die Hände der Feinde gekommen und unsere Häuser

In des Feindes Hand. Wir sind wie Waisen, denn ach,

Unsere Väter sind tot und unsere Mütter sind Witwen.

Wasser trinken wir nur gegen das silberne Geld,

Holz kommt nur für Geld, dass brennen im Hause die Herde.

Unsre Verfolger sind hart uns im Nacken. Und wir

Haben uns müde gearbeitet, aber es gibt keine Ruhe.

Der Ägypter Land gaben wir, Assur die Hand,

Dass wir Speise bekämen zum Sattwerden unserer Bäuche.

Unser tägliches Brot gib uns, o Vater, auch heut!

Unsere Väter sind fehl gegangen und wurden zu Nichtsen.

Müssen wir tragen nun unserer Väter Vergehn?

Sklaven beherrschen uns und niemand zerschlägt ihre Fäuste.

Unser tägliches Brot kommt unter Lebensgefahr,

In dem Antlitz der Schwerter in der glühenden Wüste.

Unsere Haut aber glüht so wie ein kochender Herd,

Wie ein Feuerofen brennt vor brennendem Hunger.

Ach sie haben die Fraun Zions bedrängt und gequält,

Ach sie haben geschändet die Jungfraun in Judas Provinzen.

Und die Fürsten sind alle gehängt von dem Feind,

Und die Greisinnen wurden nicht geehrt von den Frevlern.

Und der junge Mann Mühlsteine schleppt und das Kind

Stolpert beim Holztragen. Und es sitzen erfahrene Alte

Nicht mehr ruhig im Tor, Jünglinge singen nicht mehr,

Jungfrauen singen nicht mehr zu schönen Musikinstrumenten.

Ach des Herzens Lust wurde zur Traurigkeit uns,

Unsere Tänze wurden zu Ritualen der Trauer!

Unseres Hauptes Kranz ist uns gefallen vom Kopf.

Wehe, wehe, o Jahwe, so haben wir alle gesündigt!

Unser Herz ist krank, krank ist die Seele in uns,

Unsere alten Augen sind matt und müde geworden

Wegen des Zionsbergs, wie er in Trümmern nun liegt.

Wilde Hunde laufen nun über die Hügel von Zion.

Aber du, o Herr, ewiglich sitzt du im Thron,

Herrschst von Äon zu Äon, o Jahwe, ewiger König!

Willst du vergessen uns, die wir sind einsam, allein?

Sollen wir denn das ganze Leben verbringen verlassen?

Bring uns, Jahwe, zurück, heimkehren lass uns zu dir!

Ja, erneuere unsere Wonne wie einst in der Jugend!

Oder verachtest du uns? Bist du denn ewig erzürnt?