CHRISTUS


VIER EPISCHE FRAGMENTE


VON TORSTEN SCHWANKE




DER HELIAND


ERSTER GESANG
Manche waren, welche ihr Mut bewog,
Das sie begannen, Gottes Wort
Zu verkünden, das Geheimnis, das der große Christus
Unter dem Menschengeschlechte vollendete, die Herrlichkeit,
Mit Worten und mit Werken. Da wollten der weisen
Leute Kinder loben die Lehre Christi,
Das heilige Wort Gottes, und mit ihren Händen schreiben
Schön in ein Buch, wie sie sollten seine Gebote
Halten, die Menschenkinder. Da waren vier Männer dazu
Unter der Menge, die hatten Vollmacht Gottes,
Hilfe vom Himmel, den Heiligen Geist,
Die Kraft Christi, sie wurden dazu auserwählt,
Dass sie das Evangelium allein sollten
In ein Buch schreiben, und die Gebote Gottes,
Das heilige himmlische Wort, nicht mehr Helden durften
Der Menschenkinder helfen, nur allein diese vier dazu
Durch die Kraft Gottes auserwählt wurden,
Matthäus und Markus, so waren die Männer geheißen,
Lukas und Johannes, sie waren Gott lieb,
Würdig zu dem Werk. Hatte ihnen der gewaltige Gott,
Den Helden, in ihrem Herzen den Heiligen Geist
Anbefohlen und beseelt den Sinn,
So manches weise Wort und großes Wissen,
Dass sie sollten erheben mit heiliger Stimme
Die Gottesrede, die gute, die Ohnegleiche
Unter den Worten dieser Welt, nichts hat jemals mehr
Den Herrn verherrliche oder schlechte Dinge
Und der Frevler Werk gestürzt oder der Feinde Drang,
Dem Streit widerstanden, weil er starken Sinn hatte,
Milden und guten, der der Meister war,
Adliger Urheber, allmächtiger Herr.
Das sollten die vier mit Fingern schreiben,
Setzen und singen und sagen immer weiter,
Was sie von Christi Kraft, der mächtigen,
Sahen und hörten, was er selber sprach,
Wie er unterwies und wirkte, Wunder tat,
Viele unter den Menschen, der mächtige Herrscher,
Wie er es von Anbeginn durch seine einige Kraft tat,
Da der Gewaltige sprach, da er die Welt schuf,
Und da alles begann mit Einem Worte,
Himmel und Erde und alles, was sie umschlossen,
Gewirktes und Gewachsnes: das ward alles mit dem Wort Gottes
Fest beschlossen und verfügt nach dem,
Welche Leute dann im Lande sollten
Weiter walten oder wo die Welt
Die Zeitalter enden sollte. Eins stand da noch
Den Menschenkindern bevor, und fünf waren vergangen,
Es sollte da das sechste Zeitalter selig
Kommen durch die Kraft Gottes und Christi Geburt,
Des besten Heilands, der voll Heiliges Geistes
In diesem Garten vielen zu Hilfe kam,
Den Menschenkindern zum Heil, gegen der Feinde Drang,
Gegen der Finsternis Rauch. Dann hatte der Herr und Gott
Den Römern verliehen das größte Reich,
Hatte der Herrschaft das Herz gestärkt,
Dass sie bezwungen hatten jegliches Volk,
Hatten von Roma aus die Reiche gewonnen,
Die Trotzigen, da saßen ihre Gouverneure
In jedwedem Land und hatten über die Leute Gewalt,
Über alle Fremdvölker. Herodes war
In Jerusalem über das jüdische Volk
Eingesetzt zum König, so ihn der Kaiser dort
Von Roma aus, der mächtige Herrscher,
Eingesetzt unter das Volk. Er war jedoch nicht verwandt
Mit den den Nachkommen Israels, nicht durch edle Geburt
Gekommen von ihrem Geschlecht, nur durch des Kaisers Gnade
Von Roma hatte er das Reich,
Dass ihm gehorsam sein mussten die Helden,
Die Nachkommen Israels, die Berühmten,
Unwandelbare Freunde, so lange er die Gewalt besaß,
Herodes, des Reiches, und die Herrschaft ausübte
Über das jüdische Volk.
Da war ein bejahrter Mann,
Der war ein erfahrener Greis und hatte beseelten Sinn,
Der war von den Leuten von Levi's Geschlecht,
Des Sohnes Jakobs, von gutem Volk,
Zacharias geheißen, der war ein gottseliger Mann,
Der immer gerne Gott diente,
Es wirkte nach Gottes Willen seine Ehefrau auch,
Die war eine alte Dame, nicht war ihr ein Erbe
In ihrer Jugendzeit beschert worden,
Sie lebten fern vom Laster, sangen das Lob Gottes,
Waren gehorsam dem Himmelskönig,
Priesen unsern Herrn, und nicht wollten sie Schlechtes
Unter dem Menschengeschlecht verüben, Frevel,
Nicht Schuld, nicht Sünde. War ihnen doch voll Sorgen ihr Herz,
Dass sie keinen Erben haben sollten,
Sondern waren kinderlos. Da mußte er das Gebot Gottes
In Jerusalem erfüllen, so oft an ihn der Dienst kam,
Da ihn sichtbar die Zeiten gemahnten,
So mußte er in dem Tempel des Gewaltigen Dienst tun,
Den heiligen Dienst vollbringen des Himmelskönigs,
Gottes Jünger. Begierig war er sehr,
Dass er alles im frommen Sinn vollführe.

ZWEITER GESANG

Da war die Zeit gekommen, | die bedeutet hatten
Weise Männer mit Worten, dass nun sollte den Tempel Gottes
Zacharias versehen. Da wurden dort versammelt viele,
Dort in Jerusalem, der jüdischen Leute,
Des Volkes in dem Heiligtum, wo sie den herrschenden Gott
Demütig anflehen sollten,
Den Herrn um seine Huld, dass sie der Himmelskönig
Aus ihrem Leiden entließe. Die Leute standen
Um das heilige Gotteshaus. Und es ging der geehrte Mann
In das Heiligtum hinein. Die andern harrten
Vor dem Tempel draußen, die Hebräer,
Bis der erfahrene Mann vollbracht hätte
Des Ewigen Willen. Wie er da den Weihrauch trug,
Der Alte, innen im Tempel, und um den Altar ging
Mit seinem Rauchfass, dem großen Gott zu dienen,
Vollführte fromm sein Amt,
Gottes Jünger, beflissen,
Mit reinem Herzen, wie man dem Herrn soll
Immer gerne dienen,
Von Grauen kamen ihm
Schrecken in dem Tempel, er sah einen Engel Gottes
In dem Heiligtum innen, der sprach ihn mit Worten an,
Er sagte, dass der fromme Diener nicht fürchterlich wäre,
Sagte, er solle sich nicht entsetzen; deine Taten sind, sprach er,
Dem Herrn lieb und deine Worte auch,
Dein Dienst ist seine Freude, dass du solche Andacht hast
An des Einen Kraft. Ich bin sein Engel,
Gabriel bin ich geheißen, der ich immer vor Gott steh,
Gegenwärtig dem Allherrn, es sei denn, dass er mich zu seinem Dienst
Irgendwohin senden wolle. Nun hieß er mich diesen Weg gehn,
Hieß mich, dass ich dir verkündete, dass dir ein Sohn geboren wird
Von deiner alten Gemahlin, gewährt sollte er dir werden
In dieser Welt, ein in Worten weiser Junge,
Der nie in seinem Leben je Rauschtrank kosten soll,
Vom Wein in dieser Welt, so hat ihm das Schicksal
Der Schöpfer bestimmt, und die Macht Gottes
Befahl, dass ich dir sage, dass er sollte ein Gefährte sein
Des Himmelskönigs, befahl, dass ihr ihn gut erziehen sollt,
Erziehen in Wahrheit, sprach, dass er ihm so viel Ehre
In Gottes Reich geben wollte,
Er sprach, dass der Knabe Johannes zum Namen
Haben sollte, gebot, dass ihr ihn so nennt,
Den Knaben, wenn er kommt, sprach, dass er Christi Freund
In dieser Welt werden sollte,
Gottes eigenen Sohnes, und sprach, dass sie rasch
Hierher auf seine Botschaft hin beide kommen sollten.
Zacharias redete und zu dem Engel sprach,
Zu des Herrn Boten, und sich der Taten begann
Zu wundern und der Worte, wie mag das geschehen, sprach er,
Im hohen Alter? Es ist uns schon zu spät,
Ein Kind zu gewinnen, wie du mit deinen Worten sprichst.
Wir hatten ein Alter vorher zwanzig Winter
Unserer Lebenszeit, ehe die Frau zu mir kam.
Dann waren wir zusammen siebzig Winter
Tisch- und Bettgenossen, seit ich sie mir zur Gattin erkor.
Da wir in unserer Jugend nicht erreichen konnten,
Dass wir einen Erben besitzen,
Den wir nähren an unserm Tisch, nun wir bejahrt sind,
Hat uns das Alter genommen die Kraft,
Dass wir sind an unsern Augen geschwächt, an unserem Gang,
Das Fleisch ist uns verfallen, die Haut ist faltig,
Unser Wuchs ist krumm, der Leib erschöpft,
Nun sind unsere Gebärden verändert,
Mut und Macht, wie wir einst so manchen Tag
Stark waren in dieser Welt. So mir das ein Wunder scheint,
Wie es so geschehen soll, wie du mit deinen Worten sprichst.


DRITTER GESANG

Da ward dem Himmelsboten Gram in seinem Gemüt,
Dass Zacharias seines Werkes so sich wundern konnte
Und das nicht wollte denken, dass ihn könnte der heilige Gott
So blutjung, wie er zuvor war,
Selber umschaffen, wenn Gott es wollte.
Gab ihm da zur Strafe, dass er nicht konnte ein Wort sprechen
Und melden mit seinem Mund, ehe denn dir ein Sohn wird
Von deiner alten Gemahlin, ein Knabe genährt,
Junges Kindlein geboren guten Geschlechts
Im Licht dieser Welt, dann erst sollst du wieder Worte sprechen
Und haben deiner Stimme Gewalt, nicht sollst du stumm bleiben
Längere Weile. Da ward es bald geschehen,
Gewirkt in Wahrheit, wie es in dem Tempel sprach
Der Engel des Allherrn, da ward der alte Mann
Der Sprache beraubt, obwohl er weisen Sinn
Trug in seiner Brust. Es wartete den ganzen Tag
Die Menge vor dem Tempel, es wunderten sich alle,
Warum er da so lange blieb, der preiswürdige Mann,
Der sehr erfahrene Greis dem Amt
Dienen musste, wie zuvor einige Männer nicht taten,
Wenn sie in dem Tempel des Herrn Opfer
Mit Händen darbrachten. Da kam der erfahrene Alte
Hervor aus dem Heiligtum. Die Männer drangen
Näher, es war ihr Verlangen groß,
Was er ihnen Gewisses sagen wollte,
Weise in Wahrheit. Er konnte da kein Wort sprechen,
Nichts sagen dem Gesinde, nur mit seiner rechten Hand
Bedeutete er den Männern, dass sie unseres Herrn
Lehre Folge leisten sollten. Die Leute verstanden,
Dass er hatte wirklich eine göttliche Erscheinung
Gesehen selber, obwohl er nichts sagen konnte,
Weise in Wahrheit. Da hatte er unseres Herrn
Opfer dargebracht, wie es sein Amt war,
Bestimmt unter den Männern.
Da ward bald danach die Macht Gottes verkündet,
Seine große Kraft. Da ward die Gattin gesegnet,
Die Frau in ihrem Alter, es sollte ihr ein Erbe,
Ein sehr göttlicher Mann gegeben werden,
Ein Sohn in der Burg. Es erwartete danach
Das Weib die Schöpfung, es schritt der Winter fort,
Es ging des Jahres Zeit. Johannes kam
An das Licht der Welt. Der Leib war schön,
Die Haut war rein, glatt die Nägel,
Die Wangen waren rosig. Dann traten weise Männer,
Wackere Männer zusammen, die Verwandten,
Sie wunderten sich über das Werk, warum es so geschehen,
Dass von so alten zwei Leuten gewonnen würde
Ein Sohn durch Geburt, wäre es nicht, dass es Gebot
Gottes selbst wäre. Sie erkannten wohl,
Dass es anders wirklich nicht sein mochte.
Da sprach dar ein alter erfahrener Mann, der viele kannte
Von weisen Worten, der hatte großes Wissen,
Der fragte, was sein Name sein sollte
In dieser Welt: Mir scheint an seiner Art
Wie auch an seinen Gebärden, dass er besser ist als wir,
Darum denke ich, dass ihn uns wahrhaftig Gott vom Himmel
Selber sandte. Da sprach gleich danach
Die Mutter des Kindes, die den Knaben hatte,
Das Kind, an ihrem Busen: Hier kam Gottes Gebot, sagte sie,
Vorigen Jahres, mit dem erstem Wort
Das Gebot, dass er Johannes nach Gottes Gnade
Heißen sollte, was ich in meinem Sinn
Nicht wage abzuwenden, da ich gehorchen muss
Da sprach ein übermütiger Mann, der ihr Verwandter war:
Nicht hieß je einer so, sagte er, edel geboren,
Unseres Stammes oder Geschlechts, lasst uns wählen einen andern
Beliebten Namen, den besitze er, wenn er darf.
Da sprach wieder der erfahrene Mann, der wusste zu reden:
Nicht gebe ich das frei, sagte er, der Ritter keinem,
Dass er Gottes Wort zu ändern beginne,
Sondern lasst uns darüber den Vater fragen, der erfahren ist
Und weise in seinem Leid. Obwohl er kein Wort sprechen kann,
Doch vermag er mit Buchstaben eine Schrift zu schreiben,
Einen Namen zu schreiben. Dann trat er näher,
Legte ihm eine Tafel auf den Schoß und bat ihn inständig,
Zu schreiben weise mit Wortzeichen,
Wie sie das heilige Kind heißen sollten.
Da nahm er die Tafel in die Hand, und in seinem Sinn dachte er
Sehr innig an Gott, den Namen Johannes
Weise schrieb er, und mit seinem Wort sprach
Er sehr beredt, er hatte wieder seiner Sprache Gewalt,
Des Wissens und der Weisheit. Die Strafe war vergangen,
Der schwere Gram, welchen der heilige Gott,
Der Allmächtige, bereitete, damit er in seinem Gemüt
Gott nicht vergäße, wenn er ihm wieder sendete einen Engel.

VIERTER GESANG

Nicht lange darnach, da es alles so geleistet ward,
Wie er dem Menschengeschlecht in vorigen Zeiten,
Gott der Allmächtige, versprochen hatte,
Dass er sein himmlisches Kind hierher in die Welt,
Seinen einzigen Sohn, senden wollte,
Dazu, dass er hier erlöse alle Leute,
Die Menschheit vom Weh. Da geschah, dass sein Engel
Nach Galiläa kam, der Erzengel Gabriel,
Der Bote des Allherrn, wo er ein Mädchen wusste,
Eine liebenswürdige Jungfrau, Maria war sie geheißen,
Die war eine reine Jungfrau. Sie hatte einen Mann,
Josef, sich erkoren, einen Mann von gutem Geschlechs,
Sie, die Tochter Davids. Das war ein schönes Mädchen,
Eine verlobte Braut, da sie der Engel Gottes
In Nazareth bei ihrem Namen
Nannte gegenwärtig und sie von Gott grüßte:
Heil dir, Maria, sprach er, du bist deinem Herrn sehr lieb,
Vom Herrn Geliebte, weil du voll der Weisheit bist,
Gnadenvolle, du sollst sein vor allen Frauen
Am meisten geweiht. Sei nicht zaghaft,
Nicht fürchte um dein Leben, nicht kam ich zu Gefahr,
Nicht bringe ich Trug, du sollst unseres Herrn sein
Mutter unter den Menschen, und du sollst den Sohn nähren,
Des Himmelskönigs Sohn, der soll Heiland zum Namen
Haben bei den Menschen, ein Ende kommt nicht
Des grenzenlosen Reiches, das er regieren soll,
Der erlauchte Herr. Da sprach die Jungfrau
Zu dem Engel Gottes, der Frauen Schönste,
Aller Mädchen anmutigste: Wie soll das werden so, sprach sie,
Dass ich ein Kind nähre, da ich nie einen Mann erkennen werde
In meinem ganzen Leben? Da hatte wieder ein Wort bereit
Der Engel des Allherrn und sprach zur Frau:
In dich soll der Heilige Geist vom Himmels komme
Mit der Kraft Gottes, so soll dir ein Kind geboren werden
In dieser Welt, des Ewigen Kraft
Soll dich von dem höchsten Himmelskönig
Überschatten mit Strahlen, nie ward schönere Geburt,
Nie so glorreich bei den Menschen, weil durch Macht Gottes
Er kommt in diese Welt. Da ward des Mädchens Sinn
Nach der Botschaft ganz geworben
Für Gottes Willen. Dann stehe ich hier bereit, sprach sie,
Zu solchem Dienst, dessen Gott mich würdigen will,
Die Magd bin ich des Herrn. Nun ich dir traue,
Werde mir nach deinem Wort, ganz wie es Gottes Wille ist,
Meines Herrn, mein Herz zweifelt nicht,
Nicht an Gottes Wort und Weisheit. Das Mädchen empfing
Die Gottes-Botschaft sehr willig
Mit reinem Sinn und mit tiefem Glauben
Und mit ewiger Treue. Da zeugte der Heilige Geist
Das Kind in ihrem Schoß, und sie in ihrer Brust erkannte
Und auch in ihrem Geist, und sie sagte es, wem sie wollte,
Dass sie hatte gesegnet des Allherrn Kraft,
Die heilige Kraft vom Himmel.
Da ward der Sinn Josefs,
Sein Gemüt verwirrt, der sich früher das Mädchen,
Die verlobte Jungfrau, die Frau edlen Geschlechte,
Gewonnen zur Gattin. Sie hatte ein Kind in sich,
Nicht dachte er daran, dass sich die Frau hatte
Bewahrt wachsam, nicht wußte er des Herrn
Frohe Botschaft, nicht wollte er sie sich zur Gattin
Heimholen, sich zur Ehefrau, er begann zu denken,
Wie er sie da verließe, wie ihr dennoch nicht würde Leid dadurch,
Beschwernis. Nicht wollte er sie danach
Anzeigen vor der Menge, er fürchtete, dass sie die Menschen
Des Lebens beraubten. So war der Leute Brauch
Nach dem alten Gesetz des Hebräer-Volkes,
Wer je im Unrecht ein Weib heimsuchte,
Dass es die Unkeuschheit büßen mußte,
Das Weib, mit seinem Leben. Nicht war jemals das Weib so gut,
Dass es bei den Leuten länger leben durfte
Und wohnen unter der Menge. Da begann der weise Mann,
Der gute Mann Josef in seinem Gemüt
Zu bedenken die Dinge, wie er die Jungfrau
Mit List verließe.
Da geschah nicht lange danach,
Dass zu ihm im Traum kam des Herrn Engel,
Des Himmelskönigs Bote, und gebot ihm, sie zu behalten,
Sie zu minnen in seinem Gemüt: Nicht sei du Marien abhold,
Der Geliebten dein, sie ist eine reine Frau,
Nicht denke du über sie hart, du sollst sie behalten,
Sie beschützen in dieser Welt, leiste du deine Minne-Treue
Wie du bisher getan, und bewahre deine Freundschaft mit ihr,
Nicht verlasse sie, da sie als Mutter sich freut
Eines Kindes in ihrem Schoß, es kommt durch das Gebot Gottes,
Des Heiligen Geistes, vom Himmel,
Das ist Jesus Christus, Gottes einzig geborenes Kind,
Des Allherrn Sohn, du sollst sie wohl behalten,
Sie ist heilig. Nicht lass du deinen Sinn zweifeln,
Nicht hindern deinen Mut. Da ward des Mannes Sinn
Bekehrt durch die Worte, dass er sich treu zu der Frau stellte,
Zu der Gottes-Magd, voller Minne, er erkannte die Macht Gottes,
Des Allherrn Gebot, da war ihm der Wille mächtig,
Dass er sie heilig halten mußte,
Und er diente ihr mit seinem Gesinde. Und sie so rein trug
Ganz in der Gnade Gottes, des Heiligen Geistes,
Den herrlichen Sohn, bis sie Gottes Bestimmung
Mächtig mahnte, dass sie an das Licht der Welt
Den Besten aller Söhne bringen sollte.
FÜNFTER GESANG

Da geschah, das von Roma des großen Mannes
Über all die Erdenvölker, des Augustus
Bann und Botschaft über sein großes Reich
Kam von dem Kaiser an alle Könige,
Daheim sitzende, so weit seine Gouverneure
Über die Landschaften der Leute regierten.
Die fremden Menschen sollten ihre Heimat aufsuchen,
Die Männer ihren Gerichtshof; nach ihres Herrn Boten
Käme zu dem Geschlecht jeder, woher er stammte,
Geboren in der Burg. Dem Gebot ward Folge geleistet
In der ganzen Welt, das Volk sammelte sich
In allen Burgen. Da reisten die Boten überall hin,
Die von dem Kaiser gekommen waren,
Schriftkundige Männer, und in Rollen schrieben sie
Sorgfältig jeden Namen auf,
Land und Leute, dass nicht möchte jemand
Der Bewohner nicht Steuer zahlen, die ihm sollte zahlen
Jeder Mann, eine Kopfsteuer.
Da machte sich auf auch mit seinen Lieben
Josef, der gute, wie es Gott der Allmächtige,
Der Gewaltige wollte, er suchte das glanzvolle Heim,
Die Burg in Bethlehem, wo ihrer beider Gerichtshof war,
Des Helden und auch der heiligen Jungfrau,
Marias, der gütigen. Dort war des Erlauchten Stuhl
In früheren Tagen, des Adels-Königs,
Davids, des guten, so lange, wie er die Herrschaft dort
Als König unter den Hebräern besitzen durfte
Und bewahren den Thron. | Sie waren seines Stammes,
Gekommen von seiner Familie, guten Geschlechts
Beide von Geburt. Die herrlichen Wirkungen
Maria mahnten und die Macht Gottes,
Dass ihr auf der Reise ein Sohn gegeben wird,
Geboren in Bethlehem, der Stärkste der Söhne,
Aller Könige kräftigster, kommen wird der Erlauchte
An das Licht der Welt, wie von ihm früher
Bilder waren und Zeichen viele geweissagt
In dieser Welt. Da ward es alles so erfüllt,
Wie es ehemals weise Männer gesprochen hatten,
In welcher Demut er diese Erde hier
Durch seine eigene Kraft heimsuchen wollte,
Der Menschen Herr. Da ihn die Mutter nahm,
Bekleidete ihn der Frauen Schönste
Mit reinem Linnen und mit ihren Händen
Legte sie liebreich den kleinen Mann,
Das Kind, in eine Krippe, der doch hatte Kraft Gottes,
Der Menschheit Herrscher. Da saß die Mutter vor ihm,
Die Frau wachend bewahrte ihn,
Sie hütete den heiligen Sohn, nicht war ihr Herz zweifelnd,
Der Magd des Herrn Mut war stark.
Da ward manchen die Botschaft kund
In dieser weite Welt. Wärter gewahrten,
Die Hirten draußen waren,
Bewahrten auf der Wacht, der Pferde zu pflegen,
Vieh auf dem Felde, sie sahen die Finsternis sich teilen,
Zerfließen in der Luft. Und da kam das Licht Gottes
In Strahlen durch die Wolken, und die Wärter
Umfloss es auf dem Feld. Sie gerieten in Angst,
Die Männer in ihrem Mut. Sie sahen den mächtigen
Gottes-Engel kommen, der zu ihnen sprach,
Gebot, dass die Wärter nichts fürchten sollten,
Kein Leid von dem Licht: Ich soll euch, sprach er, liebe Dinge,
Wahrhaftig ein Glück sagen,
Verkünden mächtige Kraft. Nun ist Christus geboren
In dieser stillen Nacht, der selige Sohn Gottes
In Davids Burg, der Herr, der gütige.
Das ist ein Frohlocken fürs Menschengeschlecht,
Aller Lebendigen Heil. Dort könnt ihr ihn finden,
In Bethlehem, den größten der Söhne.
Nehmt das als Zeichen, das ich euch erzähle
Mit wahren Worten, dass er da gewickelt liegt,
Das Kind, in einer Krippe, obwohl er König des Alls ist,
Herr der Erde und des Himmel und der Menschen Kinder,
Die Welt regierend. Eben wie er das Wort sprach,
Kam zum Engel eine Unzahl,
Heilige Heeresschar vom Himmel,
Fröhliches Volk Gottes! Und viel sprachen sie,
Sangen manchen Lobgesang dem Herrn der Menschen,
Erhoben da heiligen Sang, dann sie wieder zum Himmel
Schwebten sie durch die Wolken. Die Wärter hörten,
Wie der Engel Kraft den allmächtigen Gott
Wahrhaft mit Worten lobten:
Ehre sei, so sprachen sie, dem Herrn
In dem höchsten Reich, der Himmel Himmel,
Und Frieden auf Erden den Menschenkindern,
Den Menschen des Wohlgefallens, denen, die Gott erkennen
Mit reinem Herzen.
Die Hirten verstanden,
Dass sie ein mächtiges Wesen gemahnt hatte,
Eine fröhliche Botschaft! Sie entschieden sich, nach Bethlehem
Nachts zu eilen, es war ihr starkes Verlangen,
Dass sie den Christus sehen.


SECHSTER GESANG

Es hatte ihnen der Engel Gottes alles gezeigt
Mit lichten Zeichen, dass sie sich nun
Zu dem Gotteskind begeben sollten,
Und sie fanden sofort der Völker Fürsten,
Der Leute Herrn, und sie sangen den Lobpreis Gottes,
Dem Herrn mit eigenen Worten, und weit verkündeten sie
Inn der herrlichen Burg, was ihnen für ein Bild ward
Vom Himmel heilig gezeigt,
Fröhlich im Feld! Die göttliche Frau alles bewahrte
In ihrem Gedächtnis, die himmlische Jungfrau,
Die Gottes-Magd, was sie hörte die Männer sprechen.
Da erzog ihn der Frauen Schönste,
Die Mutter der Minne, der Menschen Herrscherin,
Das heilige, himmlische Kind. Die Männer sprachen
Am achten Tag, Fürsten des Volkes Israel,
Gute Freunde der Gottes-Magd,
Dass er Heiland zum Namen erhalten sollte,
Wie es der Erzengel Gabriel sprach
Mit wahren Worten, und der himmlischen Frau gebot,
Der Bote des Herrn, da sie den Sohn empfing
Im Heiligen Geist in dieser Welt. Es war ihr Wille mächtig,
Dass sie ihn heiligen musste,
Sie folgte dem Engel gerne.
Das Jahr schritt voran,
Bis der Friedefürst Gottes vierzig
Tage und Nächte zählte. Da sollten sie eine Tat verrichten,
Dass sie ihn in Jerusalem darbringen sollten,
Dem Herrn im Heiligtum. So war ihre Art und Weise,
Der Leute Landessitte, dass das nicht dürfte unterlassen
Eine Frau der Hebräer, wenn ihr zuerst ward
Ein Sohn geboren, dass sie ihn immer dorthin
Zu dem Gotteshaus bringe.
Da machten sich auf Josef und Maria,
Beide von Bethlehem, sie hatten das Kind bei sich,
Den heiligen Christus, und suchten das Haus Gottes
In Jerusalem, da sollten sie ihre Gabe darbringen
Dem Herrn im Heiligtum, nach der Art und Weise
Des jüdischen Volkes. Da fanden sie einen guten Mann,
Ein Alten im Heiligtum, einen edel gebornen.
Der hatte im Tempel viele Winter und Sommer
Gelebt im Licht. Oft sang er Lobpreis Gott
Mit reinem Herzen, er hatte in sich den Heiligen Geist
Und war selig, Simeon war er geheißen.
Ihm hatte gewiesen des Allherrn Kraft
Vor langer Zeit, dass er nicht sollte diese Welt verlassen
Und scheiden von der Erde, ehe ihm der Wunsch erfüllt sei,
Dass er den Christus sehen dürfe,
Den heiligen Himmelskönig. Da ward ihm sein Herz
Freudig in seiner Brust, da er sah das Kindlein kommen
In das Heiligtum. Da sagte er dem Allherrn Dank,
Dem allmächtigen Gott, dass er ihn mit seinen Augen sah,
Er ging ihm entgegen und empfing ihn gerne,
Der Alte mit den Armen, und er erkannte
Die Zeichen und Bilder und das Kind Gottes,
Den heiligen Himmelskönig. Herr, sprach er,
Ich will dich bitten, nun ich so gealtert bin,
Dass du deinen treuen Diener nun hinscheiden lässt
Zu deinem ewigen Frieden, wohin meine Ahnen gingen,
Die Weisen, fort von dieser Welt, nun mir mein Wunsch erfüllt ist
An diesem lieben Tag, dass ich meinen Fürsten sah,
Den holden Herrn, wie mir verheißen war
Vor langer Zeit. Du bist ein mächtiges Licht
Allen Völkern, die zuvor des Allerbarmers
Kraft nicht erkannten. Deine Kunst ist
Zum Gericht und zur Ehre, mein Herr,
Den Nachkommen Israels, deinem eigenen Volk,
Deinen lieben Sprößlingen. Mit Klugheit erzählte
Der alte Mann im Tempel der Frau, der besten,
Er sagte wahr, wie ihr Sohn soll
Über diesen Mittelgarten der Erde manchen werden
Zum Fall, andern zum Trost, den Menschenkindern,
Den Leuten zur schönen Liebe, die seine Lehre hörten,
Und denen zum Unheil, die nicht hören wollten
Christi Lehre. Und du sollst, sprach er, Trauer finden,
Schmerz in deinem Herzen, wenn ihn die Menschen
Mit Martern quälen, da wird dir ein großes Werk
Der Qual zu erdulden sein. Die Gottes-Magd verstand
Des weisen Mannes Worte.
Da kam dort eine Frau,
Eine betagtes Witwe in den Tempel. Anna war ihr Name,
Die Tochter Phenuels, sie hatte ihrem Herrn und Gott gut
Gedient mit Dankbarkeit, war eine tugendhafte Frau,
Nach ihrer Mädchenzeit, seit sie Frau eines Mannes ward,
Eines Großen in der Ehe, die edle Jungfrau,
Sie mußte sie mit ihrem Gemahl das Haus versorgen
Sieben Winter zusammen. Da ward ihr die Sorge,
Dass die gewaltige Macht des Schöpfers zerteilte
Ihr hartes Schicksal. Da war sie Witwe
In dem Friedenstempel vierundachtzig Winter
In ihrer Lebenszeit, wo sie nie den Tempel verließ,
Und sie dort ihrem Herrn Tag und Nacht,
Gott diente. Sie kam auch gegangen
In derselben Zeit, und sofort erkannte sie
Das heilige Kind Gottes und den Helden verkündete,
Den Heiligen in dem Heiligtum das Glück, das große,
Sie sagte, dass zu ihnen des Retters Rettung gekommen,
Die Hilfe des Himmelskönigs, nun ist der heilige Christus,
Der Herr selber in dies Heiligtum gekommen,
Zu erlösen die Leute, die hier nun schon lange harrten
In diesem Mittelgarten der Erde manche Weile,
Ein kleiner Haufen, dass nun der Dinge
Möge sich freuen manches Menschengeschlecht.
Da frohlockte das Volk in dem Tempel, hörte die Freudenbotschaft
Von Gott verkünden.
Die Gabe hatte nun dargebracht
Die liebe Frau im Tempel, wie es sich nach dem Gesetz gehörte
Und in der glänzenden Burg die Heilige Schrift befahl,
Der heiligen Schriftsteller Werk. Da begaben sich nach Hause
Von Jerusalem Josef und Maria,
Die heiligen Eheleute, sie hatten den Himmelskönig
Immer zum Gefährten, den Sohn des Herrn,
Der Menschen König.
So ward es berühmt
In dieser Welt, so weit sein Wille reichte,
Des Himmelskönigs Gedanke.


SIEBENTER GESANG

Obwohl jeder heilige Mensch
Den Christus erkannte, doch nicht ward es am Königs-Hof
Den Männern gemeldet, die ihm in ihrem Sinn
Nicht wohlgesonnen waren, sondern er war ihnen so verborgen
Mit Worten und mit Werken, bis dass von Osten
Sehr weise Männer gegangen kamen,
Drei Weise kamen zu dem Volk, tapfere Ritter,
Auf langem Weg durch die Länder dorthin,
Sie folgten einem leuchtenden Zeichen und suchten das Kind Gottes
Mit reinem Herzen, wollten sich ihm verneigen,
Sich bekennen als seine Jünger, so ritten sie durch Gottes Schöpfung,
Bis sie den Herodes dort, den Reichen fanden,
In seinem Saal sitzend, den betrügerischen König,
Den Starken mit seinen Männern, immer war er auf Mord begierig.
Da grüßten sie ihn höflich in königlicher Weise,
Ihn in seinem Saal, und er fragte,
Was sie für ein Werk in die Ferne führte
Die Männer auf die Wanderschaft und ob sie Gold mit sich hätten
Zur Gabe für einen Gönner, zu dem ihr wandernd kommt,
Gegangen zu Fuß, ich weiß nicht, von wo ihr seid,
Fürsten von andern Völkern, ich sehe, dass ihr adlig seid,
Ein Geschlecht von gutem Stamm, nie hierher eher kamen solche
Boten von andern Völkern, seit ich dieses Volk beherrsche,
Dieses weite Reich, ihr sollt mir in Wahrheit sagen,
Vor diesem Volk, warum seid ihr zu diesem Land gekommen?

Da sprachen zu ihm die Männer von Osten,
Wortgelehrte Weise, wir wollen dir in Wahrheit, sprachen sie,
Unser Werk erzählen,
Wir sagen aufrichtig, weshalb wir kamen hierher
Vom Osten dieser Erde. Einst waren da Adlige,
Beredte Freunde, die uns so viel
Hilfe verhießen vom Himmelskönig
Mit wahren Worten. Dann war dort ein kluger Mann,
Erfahren und sehr weise, einst war er,
Unser Ahne, nach Osten von hier gewandet, daher war der Mann
Der Sprachen so kundig, er konnte berichten Wort Gottes,
Weil es ihm hatte verliehen der Völker Herr,
Dass er konnte von der Erde aus von oben hören
Des Allmächtigen Wort, darum war sein Wissen groß,
Des Ritters Gedanken. Als er dann sollte
Aufgeben die Wohnung, der Familie Gesellschaft,
Verlassen der Väter Traum und suchen ein besseres Licht,
Da gebot er seinen Jünger, näher zu treten,
Die Erben und seine Knechte und Mägde,
Da sagte er wahr, was alles seitdem gekommen und
Geschehen in dieser Welt.
Da sagte er, dass hierher kommen würde ein weiser König,
Ruhmreich und mächtig, zu diesem Garten,
Von der besten Geburt, und sagte, dass es der Sohn Gottes wäre,
Sagte, dass er diese Welt beherrschen werde für immer
Bis zum Tag der Ewigkeit der Erde und des Himmels,
Er sagte, dass an dem selben Tage, wo ihn, den Seligen,
In diesem Garten die heilige Mutter zur Welt brächte,
So sagte er, dass von Osten her werde erscheinen
Ein Himmelsgestirn weiß strahlend, wie wir hier nicht hatten zuvor
Gesehen zwischen Erde und Himmel, kein anderes irgendwo,
Nie solch ein Kind, nie solch ein Zeichen, das zur Anbetung führt
Drei Männer aus dem Volk, und ließ sie bedenken,
Wann sie sehen werden von Osten aufsteigen
Das Gotteszeichen, dass sie sich aufmachen gleich,
Dass wir folgten dem Stern, wie er vorwärts ginge
Westlich über der Welt. Nun ist alles so gekommen
Durch die Kraft Gottes, der König ist erschienen,
Geboren heilig und rein, wir sahen sein Zeichen erscheinen
Heiter unter des Himmels Gestirnen, wie es der heilige Kaiser
Bestimmte, der Allmächtige selber, wir sahen jeden Morgen
Funkeln den strahlenden Stern, und wir gingen hinter dem Zeichen her
Wege durch Wüsten und Wälder. Das ist unser größter Wunsch,
Dass wir ihn sehen, wüssten wir nur, wo wir ihn suchen sollen,
Den Herrn in diesem Kaisertum,
Sage uns, in welchem dieser Geschlechter er entsprossen ist.

Da ward Herodes innen in der Brust
Weh ums Herz, es begann sein Gemüt sich zu empören,
Die Seele war voller Sorgen, da er sagen hörte,
Dass er ein Oberhaupt haben sollte,
Einen kräftigen König vom besten Geschlecht,
Den Seligen unter dem Gesinde. Da ließ er sich versammeln
Alles was in Jerusalem war von gelehrten Männern,
Alle die Weisesten in den Sprachen
Und die in ihrem Geist die Schrift kannten
Und wussten die Wahrheit. Und er fragte sie mit seinen Worten
Sehr sorgfältig, der neidische Mann,
Der König des Volkes, wo der Christus geboren
In der Weltwerden sollte,
Der beste Friedefürst. Da sagte ihm das Volk
Der Weisen wahr, dass sie wüssten,
Dass er werde in Bethlehem geboren, so steht es im Buch
Prophetisch verzeichnet, wie es die Wahrsager prophezeiten,
Freunde der Wahrheit, durch Gottes Kraft
Haben es weise Männer zuvor gesprochen,
Dass in Bethlehem der Burgen Hirte,
Der liebe Landesvater, das Licht erblicken werde,
Der kluge Ratgeber, der innehaben soll
Der Juden Herrschaft und werden mit seiner Gabe
Milde über dem Garten der Erde allen Völkern.


ACHTER GESANG

Da erfuhr ich, dass gleich, nachdem der betrügerische König
Der Wahrsager Worte den Fremdlingen sagte,
Die ins Ausland als Gesandte waren
Von ferne gezogen, und er fragte sie nachdem,
Wann sie auf den Wegen im Osten zuerst gesehen
Den Königsstern, das Zeichen leuchten
Heiter vom Himmel. Sie wollten ihm nichts verbergen
Und sagten es ihm aufrichtig. Da gebot er ihnen, weiter zu ziehen,
Gebot ihnen, dass sie ihr Werk ausrichteten
Um des Kindes willen. Und der König Gebot
war sehr hart, des Herrschers der Juden,
Den weisen Männern, ehe denn sie ziehen von Westen fort,
Dass sie ihm zuerst verkündeten, wo er den König sollte
Suchen an seinem Sitz, dass er dahin mit seinem Gesinde gehe,
Anzubeten das Kind. Da dachte er zum Mörder zu werden
Mit des Schwertes Schärfe. Da aber der allmächtige Gott
Dachte andre Gedanken, und Gott vermag mehr
Zu leisten in diesem Licht, was noch lange sichtbar ist,
Was verkündet die Kraft Gottes.
Da kam wieder das Zeichen hervor
In Strahlen in der Wolke. Da waren die weisen Männer
Bereit zu gehen. Sie begaben sich fort
Gehorsam der Botschaft, wollten das Kind Gottes
Selber suchen. Sie hatten kein Gesinde mehr,
Sie waren nur drei, wussten aber über alle Dinge Bescheid,
Waren sich treue Freunde, die die Gaben mit sich führten.
Da sahen sie weise auf, an dem Wolken-Gewölbe,
Auf zum hohen Himmel, wie da strahlten die weißen Sterne.
Sie erkannten die Zeichen Gottes, die waren für Christus hier
Gewirkt über dieser Welt. Die Männer gingen dem Zeichen nach,
Folgten andächtig dem Stern. Sie förderte, der es konnte,
Bis dass sie sahen, die reisemüden Männer,
Das prächtige Zeichen Gottes klar am Himmel
Stille stehen. Der lichte Stern leuchtete
Weiß über der Hütte, wo das heilige Kind
Wohnte nach eigenem Willen. Und ihn das heilige Weib behütete,
Die Dienerin Gottes demütig. Da ward der Wanderer Herz
Froh in ihrer Brust. Bei dem Zeichen verstanden sie,
Dass sie den Friedefürsten Gottes gefunden hatten,
Den heiligen Himmelskönig. Da sie in die Hütte hinein
Mit ihren Gaben gingen, die Getreuen von Osten,
Die reisemüden Männer, gleich erkannten sie,
Die Weisen, den König Christus. Die Wanderer fielen
Vor dem Kind auf die Knie zum Gebet und ihn in königlicher Weise,
Den Guten, grüßten und ihm die Gaben brachten,
Gold und Weihrauch, die Gottes-Zeichen,
Und Myrrhe dazu. Die Männer standen bereit
Vor ihrem heiligen Herrn, die das Kind mit ihren Händen
Fröhlich empfingen. Da begaben sich die frommen Männer,
Die Redner, zur Ruhe, die reisemüden Freunde,
In ein Gasthaus, wo ihnen Gottes Engel,
Den Schlafenden, in der Nacht einen Traum zeigte,
Eine Vision im Schlummer, wie es der Höchste selbst,
Der Allmächtige wollte, dass er ihnen mit Worten gebot,
Dass sie zurück einen andern Weg, die Gesandten, gehen sollten,
Heimzureisen in ihr Land, und den grausamen Mann
Herodes nicht aufsuchen sollten,
Den grimmigen König. Da kam die Morgenröte
In Strahlen zu dieser Welt. Da begannen die weisen Männer,
Zu sagen ihre Visionen, und selber erkannten sie
Des Ewigen Wort, weil sie große Weisheit
Trugen in ihrer Brust, und baten den Allmächtigen,
Den heiligen Himmelskönig, dass sie seiner Huld weiterhin
Dienten und seinem Willen, da sie zu Ihm gewendet den Sinn
Und ihr Gemüt an jedem Morgen.

Da fuhren wieder die Männer fort,
Die Gesandten von Osten, wie ihnen der Engel Gottes
Mit Worten gewiesen, sie nahmen einen anderen Weg,
Folgten Gottes Lehre, nicht wollten dem König der Juden
Von des Kindes Geburt die Boten von Osten
Etwas sagen, die reisemüden Männer,
Und kehrten zurück nach Gottes Willen.


NEUNTER GESANG

Da kam bald nach des herrschenden
Gottes Willen der Engel und sprach mit Josef,
Zeigte ihm im Traum, dem schlafenden Mann, bei Nacht,
Der Bote des Herrn, dass den Sohn Gottes
Der böse König suchen wollte,
Ihn zu berauben des Lebens. Nun sollst du ihn in Ägyptens
Land führen und unter den ägyptischen Leuten bleiben
Mit dem göttlichen Kind und mit der besten Magd
Wohnen in Ägypten, bis zu dir das Wort kommt
Deines Herrn, dass du das göttliche Kind
Wieder in die jüdische Landschaft führen sollst,
Deinen König. - Da von dem Traum erhob sich
Josef in seinem Zimmer und das Gottes-Gebot
Erkannte er gleich. Er machte sich auf den Weg,
Der Mann mit der Magd, und suchte sich ein anderes Volk
Jenseits der Wüste und wollte den Sohn Gottes
Seinen Feinden entführen. Da erfuhr
Herodes, der König, da er in seinem Reich saß,
Dass die weisen Männer waren von Westen heimgekehrt
Nach Osten zu ihrer Heimat und nahmen einen andern Weg,
Er wusste, dass sie ihm von ihrer Gotteserfahrung nicht wollten
Etwas sagen an seinem Hof. Da war ihm voll Zorn die Seele,
Das Gemüt bekümmert, er sagte, dass es ihm die Männer getan,
Die Weisen, zum Hohn. Und als er traurig da saß,
Erzürnt in seiner Brust, sagte er, dass er wüsste besseren Rat,
Einen andern Gedanken: Nun, da ich sein Alter kenne,
Weiß seiner Winter Zahl, nun kann ich gewinnen,
Dass er auf dieser Erde nicht alt wird
Hier unter dieser meiner Herrschaft.
Da gebot er so hart,
Herodes, über sein Reich, befahl seinen Knechten zu gehen,
Der König der Leute, befahl dass sie so viele Kinder
Durch ihre Hände des Hauptes beraubten,
So manche Kinder um Bethlehem, so viele, als da geboren wurden,
Bis zum Alter von zwei Jahren. Die Bluttat vollführten
Des Königs Genossen. Da sollte so manch ein kindlicher Mensch
Unschuldig sterben, nicht ward seitdem, noch früher,
So jämmerlicher Verrat an jungen Menschen begangen,
So ein erbärmlicher Tod. Die Frauen weheklagten,
Viele Mütter sahen ihre Kinder durchbohrt.
Nicht konnten sie ihnen helfen, obwohl sie mit beiden Händen
Ihr eigenes Kind mit den Armen umfingen,
Das liebe kleine, dennoch sollte es für immer das Leben aushauchen,
Das Kind vor der Mutter! Des Verbrechens Strafe
Achteten nicht die Übeltäter. Mit den Waffen
Vollführten sie großen Frevel, da fielen in Menge
Söhne, junge Männer, die Mütter beweinten
Junger Kinder Todesqual, Klage war in Bethlehem,
Lauter Jammer! Obwohl man ihre Herzen entzwei schnitt
Mit dem Schwert, doch konnte ihnen niemals bösere Tat
Werden in dieser Welt, den tragischen Weibern,
Den Ehefrauen in Bethlehem, sie sahen ihre Söhne vor sich,
Kindlich junge Männer, in Qual verscheiden,
Blutig auf ihrem Schoß! Die Schergen mordeten
Die unschuldige Schar, sie scherten sich um gar nichts,
Die Männer des Mordes, sie wollten Christus zu Tode quälen.
Da hatte ihn der kräftige Gott
Geschützt vor ihrer Wut, dass ihn nachts
Nach Ägypten die Männer führten,
Die Freunde mit Josef, zu der grünen Aue,
Zur besten der Erden, da ein Strom fließt,
Der mächtige Nil, nördlich zur See,
Der Fluten feinste. Da der Friedefürst Gottes
Wohnte mit gutem Willen, bis dass das Schicksal hinwegnahm
Herodes, den König, dass er verließ die Welt,
Der grausame, der Männer Alptraum. Da sollte der Grafschaft Macht
Haben sein Erbe, der ward Archelaus genannt,
Als Herzog der Helmträger,
Der sollte um Jerusalem das Judenvolk
Regieren. Da geschah das Wort
In Ägypten dem edlen Mann,
Das dort zu Josef Gottes Engel sprach,
Der Bote des Höchsten, der befahl ihm, wieder das Kind
Zu führen zum heimischen Land. Seinen Geist hat aufgegeben, sprach er,
Herodes, der König, er wollte ihn vernichten einst,
Ihn berauben seines Lebens. Nun magst du in Frieden führen
Das Kind zu eurem Volk, da nun der König nicht mehr lebt,
Der übermütige Fürst. All das erkannte Josef,
Die Gotteszeichen, und rüstete sich schleunig,
Der Mann mit der Magd, da sie fort wollten,
Beide mit dem Sohn, so erfüllten sie die herrlichen Fügungen,
Des Waltenden Willen, wie er früher mit seinen Worten geboten.


ZEHNTER GESANG

Sie begaben sich wieder nach Galiläa, Josef und Maria,
Die heiligen Eltern des Himmelskönigs,
Sie waren in Nazareth, wo der rettende Christus
Wuchs an Wohlgefallen, ward der Weisheit voll,
Bei war ihm die Gnade Gottes, er war geliebt von allen
Mutter-Verwandten, er nicht war andern Knaben gleich,
Der Gute in seiner Güte.
Da er das Alter
Von zwölf Jahren erreicht hatte, da war die Zeit gekommen,
Dass in Jerusalem die Juden
Ihrem Gott dienen wollten
Und seinen Willen tun. Da waren in dem Tempel
Von Jerusalem die der Juden versammelt,
Eine mächtige Manneskraft. Dort Maria war
In der Gesellschaft und hatte ihren Sohn mit sich,
Gottes einzigen Sohn. Als die Juden für ihre Sünden hatten,
Die Menschen, in dem Tempel, wie es im alten Bund geboten,
Sühne geleistet, da fuhren wieder die Leute fort,
Die Gerechten, nach ihrem Willen. Und da in dem Tempel blieb
Der mächtige Sohn Gottes, doch die heilige Mutter
Wusste es in Wahrheit nicht, sie dachte, er sei beim Haufen
Mit seinen Freunden. Sie erfuhr es
Erst am andern Tag, die adlige Frau,
Die selige Magd des Herrn, dass er in der Gesellschaft nicht war.
Maria ward das Gemüt voller Sorgen,
Es ward ihr weh ums Herz, da sie das heilige Kind
Nicht fand unterm Volk. Da klagte voller Weh
Die Gottesmagd. Sie begaben sich wieder nach Jerusalem,
Ihren Sohn zu suchen, und fanden ihn sitzen
In dem Tempel, wo die weisen Männer,
Sehr gebildete Berater, in Gottes Gesetz
Lasen und lehrten, wie man Lobpreis solle
Wirken mit Worten dem, der diese Welt erschafft.
Da saß mitten unter ihnen der mächtige Sohn Gottes,
Christus, der allwissende, wie ihn die Männer nicht erkannten,
Die den Tempeldienst vollzogen,
Und er fragte sie wissbegierig
Mit weisen Worten, sie wunderten alle sich sehr,
Wodurch doch ein Knabe solche Rede kann
Führen mit seinem Mund. Dort ihn die heilige Mutter fand
Sitzen in der Gesellschaft, und ihren Sohn grüßte sie,
Den allweisen, unter den Männern, sprach zu ihm mit ihren Worten:
Wie konntest du der Mutter, o der Menschen Liebster,
Solche Sorge bereiten, dass ich dich so schmerzhaft
Suchen musste, ich arme Frau,
Unter diesen Leuten? - Da sprach ihr Kind,
Mit weisen Worten: Weißt du doch sicher, sprach er,
Dass ich dort sein muss, wo ich mit Recht soll
Wohnen nach Gottes Willen, wo die Herrschaft hat
Mein ewiger Vater. - Die Männer nicht verstanden,
Die Gelehrten im Tempel, warum er das Wort sprach
Mit seinem Mund. Maria aber alles behielt,
Bewegte es in ihrer Brust, was sie da hörte ihr Kind sprechen
An weisen Worten.
Es begaben sich wieder
Fort von Jerusalem Josef und Maria,
Sie hatten zum Gefährten den Sohn des Herrn,
Aller Kinder liebstes von denen, die je geboren wurden,
Kinder einer Mutter, sie hatten hohe Minne zu ihm
Im reinen Gemüt, und er war gehorsam,
Gottes einziger Sohn, als Sohn der heiligen Mutter,
In seiner großen Demut, und gehorchte auch dem Pflegevater.
Nicht wollte er in seiner Kindheit schon seine große Kraft
Den Menschen zeigen, dass er solche Macht hatte,
Solche Herrschaft über die Welt, sondern nach seinem Willen wartete er,
Demütig unter dem Volk, dreißig Jahre,
Ehe denn er ein Zeichen zeigen wollte
Und sagen der Gesellschaft, dass er allein
In diesem Garten der Erde der Menschen Herr ist,
So hatte verbogen der heilige Sohn Gottes
Sein Wort und seine Weisheit und seine Allwissenheit,
Seine Einsicht und Vernunft. Nicht konnte man an seinen Reden sehen,
An seinen Worten nicht gewahr werden, dass er solche Weisheit hatte,
Der Denker der Gedanken Gottes, demütig wartete er
Auf sein erstes Zeichen. Noch war nicht die Stunde gekommen,
Dass er in diesem Garten der Erde sich offenbaren sollte
Und lehren die Leute, wie sie es mit dem Glauben halten sollten
Und den Willen Gottes tun. Es wussten das wohl manche
Leute im Land, dass er war wunderbar ans Licht gekommen,
Dennoch konnten sie ihn nicht ganz erkennen,
Ehe denn er sich selber auszusagen wünschte.

ELFTER GESANG

Da war Johannes von seiner Jugendzeit
Erwachsen in der Wüste. Da waren keine Bewohner,
Nur er allein dort als Anachoret für den allweisen Gott,
Der Einsiedler diente ihm so, verließ das Volksgedränge,
Der Menschen Gemeinschaft. Dort kam zu ihm mächtig
In der Wüste das Wort vom Himmel,
Die leise Stimme Gottes, der dem Johannes gebot,
Dass er des Christus Kunst und Kraft
In diesem Garten der Erde verkünden solle,
Befahl ihm, wahrlich mit Worten zu sagen,
Dass das Himmelreich den Helden-Söhnen
In der Landschaft, den Leuten, nahe gekommen,
Der Güter Höchstes. Ihn ihm war der Wille mächtig,
Dass er von solcher Seligkeit sagen musste,
So entschied er sich zu gehen dahin, wo der Jordan floss,
Das Wasser, nach Gottes Willen, und den Bewohnern den ganzen Tag,
In der Landschaft den Leuten, verkündete er,
Dass sie mit Gebet und Fasten die vielen Frevel
Und ihre eigenen Sünden büßen sollten,
Dass ihr rein werdet, sprach er, denn das Himmelreich
Ist nah gekommen den Menschenkindern, nun lasst in eurem Gemüt
Eure eigenen Sünden euch zur Reue bewegen,
All das Leid, das ihr in diesem Lichte getan, und meine Lehre hört,
Bekehrt euch nach meinen Worten, und ich werde euch im Wasser
Taufen, obwohl ich eure Taten nicht kann,
Eure eigenen Sünden, euch erlassen,
Dass ihr durch meine Hand rein werdet
Von schlimmen Handlungen, sondern der ist ans Licht gekommen,
Mächtig über die Menschen, der unter euch in der Mitte steht,
Obwohl ihr ihn nicht sehen wollt,
Der euch taufen soll auf den Namen des Herrn,
Im Heiligen Geist, der ist der Herr über alles,
Er wird alle Menschen von jedem Ich-Gedanken
Und von Sünden befreien, jeden, der da selig will
Werden in dieser Welt, der nur den Willen hat,
Dass er so tue, wie es diesen Leuten
Gebietet der Sohn Gottes. Ich bin für seine Botschaft
In diese Welt gekommen und soll ihm den Weg bereiten
Und lehren die Leute, wie sie es sollen mit ihrem Glauben halten
In ihrem reinen Sinn, und dass sie in die Hölle nicht müssen
Hinabfahren, in das Feuer, das heiße. Deswegen wird froh
Der Mensch in mancher Stunde. Wer die Missetaten lässt
Gerne, des Unholds Versuchung, der kann sich verdienen des Guten
Huld, des Himmelskönigs, wofern er treu bleibt
Dem all-liebenden Gott.
Hörer waren da in Menge
Auf die Lehre, die Leute meinten,
Starke, in Wahrheit, dass das der königliche Christus
Es selber wäre, da er so viel Gewisses sprach
An wahren Worten. Da wurde das weithin bekannt
Über das verheißene Land jedem Wirt
Und den Bauern auf ihren Höfen. Da kamen, ihn zu suchen,
Von Jerusalem der Judenleute
Boten von der Burg und fragten, ob er wäre der Sohn Gottes,
Was hier lange schon, sprachen sie, die Leute sagten,
Die Weisen, in Wahrheit, dass er solle in diese Welt kommen.
Johannes meldete und sprach dagegen
Zu den Boten standhaft: Nicht bin ich, sagte er, der Sohn Gottes,
Der wahre königliche Christus, aber ich soll ihm den Weg bereiten,
Meinem Herrn. - Die Helden fragten,
Die da mit dem Auftrag kamen,
Die Boten von der Burg: Wenn du nun nicht bist der Sohn Gottes,
Bist du dann Elias, der hier in früheren Tagen war
In diesem Volk, der noch uns heimsuchen wird
In diesem Garten der Erde? Sage uns, wer der Männer du bist!
Bist du einer derer, die hier früher waren,
Einer von den weisen Wahrsagern? Was sollen wir unseren Herren von dir
Sagen Gewisses? Nie war hier ein solcher Mann
In diesen Garten der Erde gekommen,
Durch Worte so ruhmreich! Weshalb vollziehst du hier die Taufe
Unter diesem Volk, wenn du von den Wahrsagern
Nicht einer bist?
Da hatte bereit
Johannes, der gute, die weise Antwort:
Ich bin Vorbote meines Herrn,
Des liebenden Gottes. Ich soll dies Land bereiten,
Dies Land nach seinem Willen, ich habe von seinem Wort mit mir
Die ernste Stimme, obwohl sie hier nicht viele verstehen wollen
Von den Männern in dieser Wüste, nicht bin ich gleich
Meinem Herrn, er ist mit seinen Taten so heilig,
Ruhmreich und mächtig, das wird kund allen
Menschen dieser Welt, dass ich nicht würdig bin,
Dass ich dürfte an seinen Sandalen, obwohl ich sei sein Sklave bin,
Einem so reichen Vater, die Riemen losbinden.
Um Vieles ist er besser als ich. Nicht ist ihm ein Bote gleich,
Nicht ein einziger auf der Erde, noch von nun an wird es einer
Werden in dieser Welt. Habt einen guten Willen,
Leute, und Glauben! Dann soll euch lange bleiben
Euer Geist rühmlich, wenn ihr die Hölle
Verlasst, der Bösen Traum, und sucht das Licht Gottes,
Des Vaters hohe Heimat, das ewige Reich,
Den hohen Himmelsgarten! Nicht sollt ihr zweifeln!


ZWÖLFTER GESANG

So sprach der junge Schüler nach Gottes Lehre
Den Männern die Kunde. In Menge sammelten sich
In Bethanien die Kinder Israels,
Sie kamen zu Johannes, des Königs Volk,
Die Leute, zu der Lehre, und ihren Glauben empfingen.
Er taufte sie jeden Tag und ihnen ihre Frevel verwies,
Der Bösen Willen, und lobte vor ihnen das Wort Gottes,
Seines heiligen Vaters. Das Himmelreich wird, sprach er,
Bereit sein für jeden Mann, der Gutes tut
Und dem Vater will mit reinem Herzen dienen
Und seinen Willen tun!
Nicht lange danach war es,
Dass sich von Galiläa aufmachte Gottes einziger Sohn,
Der ewige Sohn des Vaters, die Taufe zu suchen,
Da war in seiner Vollkraft des Allmächtigen Sohn,
Wie er bei dem Volk dreißig Jahre hatte
Der Lenze in seinem Lebensalter, da kam er nach seinem Willen,
Wo Johannes im Jordan
Den ganzen Tag lang Leute in Menge
Taufte zur Buße. Eben als der da seinen Herrn sah,
Den holden Heiland, da ward ihm sein Herz froh,
Dass ihm sein Wunsch erfüllt wurde, und sprach zu ihm sein Wort,
Der treue Jünger, Johannes zu Christus:
Nun kommst du zu meiner Taufe, mein Herr,
Volks-Gönner, der beste, so sollte ich zu deiner Taufe kommen,
Weil du bist der Könige kräftigster. - Christus gebot,
Der Herrscher, wahrlich, dass Johannes kein Wort mehr sprach.
Weißt du, das es unsso geziemt, sprach er, die Gerechtigkeit
Zu erfüllen nun
Nach Gottes Willen? - Johannes stand da,
Taufte den ganzen Tag viel Volk,
Kinder Gottes im Wasser, und auch den Herrn Christus,
Den Heiland, den Himmelskönig, taufte er mit seinen Händen,
In aller Bäder bestem, und sich zum Gebet
Neigte auf die Knie. Der kräftige Christus stieg herauf
Rein us der Flut, der Friedefürst Gottes,
Der liebe Meister der Leute. Und als er das Land betrat,
Öffnete sich des Himmels Tor| und kam der Heilige Geist
Von dem Vater von oben auf Christus herab,
War in Gestalt eines schönen Vogels,
Einer zärtlichen Taube, und setzte sich auf unseres Herrn Schulter,
Weilte über des Vaters Sohn. Da kam ein Wort vom Himmel,
Deutlich von der hohen Heiterkeit, und grüßte den Heiland,
Christus, aller Könige besten, und sprach, dass er ihn auserkoren habe
In seinem Reich und dass ihm der Sohn wohlgefalle,
Der Beste aller geborenen Männer,
Und dass er wäre aller Söhne Liebster!
Das durfte Johannes, wie es Gott wollte,
Hören und sehen. Er gab es bald danach
Den Menschen kund, dass sie einen gütigen
Herrn hatten. Das ist, sprach er, des Himmelskönigs Sohn,
Der Allherr, davon will ich ein Zeuge
Sein in dieser Welt, weil es mir sagte Gottes Wort,
Des heiligen Vaters Stimme, da er mir zu taufen gebot
Die Menschenkinder im Wasser, wo ich sah wahrlich
Den Heiligen Geist von der Himmelshöhe
In diesen Garten der Erde, den einzigen Gottmenschen sehend,
Kommen mit Kraft, und der, sagte er, sollte der Christus sein,
Der ewige Gottes-Sohn, den er taufen soll
Im Heiligen Geist, und der heilen wird in Menge
Der Menschen Sünden. Er hat die Macht von Gott,
Dass er erlassen kann jeglichem der Leute
Alle Schuld und Sünde. Dies ist Christus,
Gottes einziger Sohn, der Guten bester,
Ein Friedefürst gegen die Feindschaft.
Wohl euch, dass euch deswegen wird ein froher Sinn
In dieser Welt, dass euch der Wunsch gewährt wird,
Dass ihr schon lebend den Heiligen
Selber gesehen! Nun muss von Sünden frei
Mancher Geist hinan fahren nach Gottes Willen,
Von Schulden befreit, der mit Treue wollte
Für seine Lieben wirken, und kann nun an den rettenden Christus
Sicher glauben. Das soll zum Heil werden
Jedem Menschen, der gerne das Gute tut.



DREIZEHNTER GESANG

So erfuhr ich, dass Johannes jedem Menschen
Lobte, den Leuten, die Lehre Christi,
Seines Herrn, und das Himmelreich
Zu verdienen, der Güter Höchstes,
Seliges ewiges Leben.
Und nun er sich selber begab
Nach der Taufe, der Herr, der gute,
In die Wüste, des Königs Sohn,
Er war da in der Einöde Mitte, der Arbeiter Meister,
Eine lange Zeit, nicht hatte er der Leute Gesellschaft mehr,
Die Jünger zu Genossen, wie er sie sich selber auserwählte,
Er wollte sich versuchen lassen von dem Wicht,
Dem Satan selbst, der immer zur Sünde verlockt
Den Menschen, zur Ichsucht. Jesus war voller Mut,
Er kannte des Teufels verkehrten Willen, wie er diese Welt
Zuerst am Anfang, das Volk der Erde,
Verzaubert mit Sünden, da er die beiden Eheleute
Adam und Eva durch Untreue
Verführte mit seinen Lügen, so dass der Leute Kinder
Nach ihrem Hinscheiden die Hölle aufsuchen mussten,
Der Menschen sündige Geister. Das wollte der allmächtige Gott,
Der gnädige, wenden, und wollte dieser Menschheit geben
Das hohe Himmelreich, deshalb er hierher den heiligen Boten,
Seinen Sohn, sandte. Das war dem Satan
Harter Harm in seinem Herzen. Er missgönnte das Himmelreich
Dem Menschengeschlecht, er wollte den mächtigen Jesus
Mit denselben Versuchungen versuchen, den Sohn des Vaters,
Womit er Adam und Eva in frühesten Tagen
Listig betrogen, dass sie ihrem Herrn untreu wurden,
Betörte Satan sie mit Sünden, so wollte er tun dem Sohn des Vaters,
Dem heilenden Christus. Der aber war im Geiste fest
Gegen den Übeltäter, fest war des Königs Sohn,
Das Herz so hart wie Diamant, er wollte das Himmelreich
Den Leuten verdienen. Er war in der Wüste, der Herr des Landes,
Im Fasten vierzig Tage und Nächte,
Der Menschen Herr. Wie er da Trank und Speise nicht kostete,
So lange wagte ihm nicht der böse Wicht,
Der neidische Feind, näher zu kommen,
Zu grüßen ihn gegenwärtig, da er dachte, dass er Gott selber,
Ein übermenschliches Wesen, der Allmächtige wäre,
Der heilige Himmelskönig.
Als es ihn hungerte,
Dass es ihn begann menschlich nach Speise gelüsten
Nach den vierzig Tagen, trat der Feind heran,
Der finstere Übeltäter, der meinte, dass Jesus ein Mensch bloß
Wäre gewiss, der sprach ihn da mit seinen Worten an,
Es redete ihn der Erzfeind an: Wenn du Gottes Sohn bist, sprach er,
Warum befiehlst du nicht, wenn du die Macht hast,
Aller Menschensöhne bester, dass Brot aus diesen Steinen werde?
Heile deinen Hunger! - Da sprach zu ihm aber der heilige Christus:
Nicht können die Kinder, sagte er, nur allein vom Brot leben,
Die ie Leute, sondern sie sollen durch die Lehre Gottes
Bestehen in dieser Welt und sollen die Werke vollbringen,
Die da werden verkündet von der heiligen Zunge,
Von der Stimme Gottes. Das ist des Menschen Leben,
Der Leute, eines jeglichen, der das leisten will,
Was von des Allmächtigen Wort geboten wird. -
Da begann wieder zu versuchen und trat näher
Der ungeheure Feind zum zweiten Mal,
Er fahndete nach seinem Gewinn. Der Friedefürst duldete
Des Bösen Willen und gab ihm Gewalt,
Dass er mit seiner großen Kraft forschen mochte,
Jesus ließ sich da leiten von dem Leuteschinder,
Dass er ihn in Jerusalem auf dem Tempel Gottes
Oben hinauf stellte,
Auf aller Häuser höchstes, und mit höhnischen Worten sprach
Der Grimmige mit großer Anmaßung: Wenn du Gottes Sohn bist, sagte er,
Springe du zur Erde hinab, geschrieben war es ja schon lange
Und in dem Buch verzeichnet, wie geboten hat
Seinen Engeln der allmächtige Vater,
Dass sie dir auf jedem Wege Wärter sind,
Sie tragen dich auf ihren Händen, dass du nirgendwo
Mit deinen Füßen an einen Fels anstößt,
An einen harten Stein. - Da sprach aber der heilige Christus,
Aller Menschensöhne schönster: So steht auch im Buch geschrieben, sprach er,
Dass du nicht zu hart sollst den Herrn
Versuchen, deinen Herrscher, das gereicht dir zu gar keinem Frommen. -
Er ließ sich da zum dritten Mal von dem Volksverderber
Bringen auf einen hohen Berg, wo ihn der Verführer
Ließ alles übersehen, alle Völker der Erde,
Die Freude-bringenden Reichtümer und die Weltreiche
Und solches Erbe, wie diese Erde trägt
Von glänzenden Gütern. Und es sprach da der Feind
Und sagte, dass er ihm all diese Pracht übergeben wollte,
Hohe Herrschaft: Wenn du willst dich vor mir verneigen
Und fallen zu meinen Füßen und mich als Herrn
Anbetest auf den Knien. Dann lasse ich dich gebrauchen
All dieser Güter Schatz, den ich dir gezeigt habe. -
Da wollte nicht des Leidigen Worte längere Weile
Hören der heilige Christus, sondern er trieb ihn fort,
Den Satan verscheuchend, und sofort darauf sprach,
Aller Menschensöhne schönster, sagte, dass man beten soll
Zu dem allmächtigen Gott und Ihm, dem All-einigen,
Dienen demütig, die männlichen Ritter,
Die Helden in Gottes Huld, dann ist die Hilfe bereit
Jedem Menschen. - Da entfernte sich der Übeltäter
Sehr missmutig, Satan ging von dannen,
Der Feind, in die Schreckenstiefen. War da großes Volk
Von dem Allherrn von oben zu Christus gekommen,
Engel Gottes, die ihm wie Jünger sollten
Dienste leisten demütig, wie man soll dem Volksgott,
Dem Herrn in seiner Huld, dem Himmelskönig.




OTFRIED VON WEISSENBURG – CHRISTUS


ERSTER GESANG

O du mein Herr und Gott, ich bin dein Sklave
Und meine Mutter arm ist deine treue Magd.
Leg deinen Finger nur auf meine Lippen, Geist,
Berühr mit deiner Hand mir die geschickte Zunge,
Auf dass ich Lobpreis laut all deinen Werken singe
Und deines Sohns Geburt, der ist mein Herr und Meister,
Und dass ich davon sag, wie er begann zu lehren
(Und will dabei sein Wort beachten ganz genau)
Und von den Wundern, die er tat zu unsrer Freude,
Dass nun die ganze Welt an seinem Heile teilhat.
Und lass mich schreiben auch, auf dass wir Gott gefallen,
Wie wir verloren einst, er auf sich nahm den Tod,
Und wie er auffuhr dann hoch über alle Himmel,
Hoch übers Sonnenlicht und alle Erdenvölker.
Gib, Herr, dass ich im Lied nicht von der Wahrheit weiche
Und nicht für schöne Form die falschen Wörter wähle.
Ich schreibe dieses Werk allein zu Deinem Ruhm,
Nicht zu dem eignen Ruhm, auf dass ich nicht verderbe.
Wenn durch die Torheit mein es dennoch dazu kommt,
Dann tilge meine Schuld durch deine Gnade, Herr.
Ich sage dieses dir, nicht schlecht ist meine Absicht,
Vermeiden will ich auch ein jedes eitle Streben.
Ich sage meine Hoffnung nur, du kennst genau mein Herz,
Obwohl es innen ist, so kennst du es genau.
Und darum schenke mir nur deiner Gnaden Fülle,
Und wenn du anschaust mich, so denk, ich bin dein Kind,
Und achte aufmerksam auf alle meine Worte.
Und deine Gnade soll mein Lied zum Guten führen,
Beschütze mich vorm Feind, dass er mich nicht erobert,
Dass er mir schade nicht und bringt mir nicht Verderben.
Des Teufels Bosheit sei mir fern, die Gnade nah,
Das Übel sei verbannt. Herr, lenke meine Schritte!
Du bist allein der Herr und Meister aller Sprachen,
Du König jeden Volks und Vater aller Menschen.
Und deine Macht allein der Menschheit Sprache gab,
Dass ihnen es gelingt, in Sprachen schön zu singen,
Um dich zu preisen, Herr, in Ewigkeit zu loben,
Und dass du wirst erkannt und dass dir jeder dient.
Wenn du dir aus der Welt dir auswählst deine Jünger,
So lass mich immer sein bei denen, die du liebst,
Und dass ich diene dir in meiner Mutter Sprache,
In andern Sprachen auch, soweit ich es vermag,
Auf dass im Himmelreich ich dir zur Freude sei
Und ich mich ewig freu vor deinem Angesicht
Mit deiner Engel Chor, was ich mir nicht verdient,
Was einzig und allein mir kommt durch deine Gnade.
Denn den Geschöpfen stehst du helfend stets zur Seite,
Send deine Gnade mir, auf dass ich dich lobpreise
Und dass ich handle so, dass ich mein Heil verdiene,
Dir diene voller Kraft und keinem andern diene.
Auch möge von der Welt nichts weiter an mir haften,
Was deinem Willen nicht gemäß, mein guter Gott.
Ich bitt von Herzen dich, gib mir des Heiles Fülle
In Ewigkeit und reih mich zu den Jüngern ein.
Und lass mich, treuer Gott, in Heilsgewissheit leben,
Dass ich in jener Welt in höchsten Wonnen lebe,
In Freuden und in Lust in schönster Ewigkeit
Zu schönster Ewigkeit mit deinen Seligen!



ZWEITER GESANG

Es war im sechsten Mond, seit Johann ward empfangen,
Es waren dreimal zwei der wunderschönsten Monde,
Da kam die Kraft des Herrn, der Engel kam vom Himmel
Und brachte dieser Welt die schönste Freudenbotschaft,
Flog auf dem Sonnenpfad, flog auf der Sternenstraße,
Auf Wolkenwagen hoch zu der erhabnen Herrin,
Zu dieser Edelfrau, der heiligsten Maria!
Sie stammt von Fürsten ab, Geschlechter um Geschlechter.
Der Engel trat herein und fand sie voller Trauer,
Den Psalter in der Hand, den pflegte sie zu singen,
Damit beschäftigt auch, den schönsten Stoff zu weben
Aus allerfeinstem Garn, so war sie es gewohnt.
Da sprach er voller Huld, so wie es sich geziemt,
Wie gute Engel tun vor Gottes eigner Mutter:
Heil, schönstes Mädchen, dir, du allerschönste Jungfrau!
Von allen Frauen du bist Gott die Allerliebste!
Erschrick im Herzen nicht, dein Antlitz werd nicht bleich,
Denn du bist übervoll erfüllt von Gottes Gnaden!
Die Seher sagten wahr von dir, Gebenedeite,
Und haben Zeit um Zeit auf dich schon hingewiesen.
Du lichter Edelstein, du strahlend schöne Jungfrau,
Erhabne Mutter sollst du Gottes Sohne sein,
Gebären sollst du uns den Einzigen, den Herrscher,
Der herrscht im Himmel und im Meer und auf der Erde,
Den Schöpfer dieses Alls, und dies ist meine Botschaft,
Dass du gebierst den Sohn, gleich göttlich mit dem Vater.
Gott gibt ihm Heiligkeit und allerhöchste Ehre
Und König Davids Thron, du hegst ja keinen Zweifel,
Der er als König herrscht in dieser ganzen Menschheit
Für alle Zeit der Welt, so wirkt es Gottes Macht.
Der ganzen Schöpfungswelt wird er das Leben bringen
Und wird das Himmelreich für alle Menschen öffnen.
Die schönste Jungfrau sprach zum Boten Gottes dies,
Sie gab ihm Antwort so voll innerlichster Freude:
Herr, bin ich würdig denn, den Gottessohn zu stillen?
Wie soll denn das geschehn, dass ich geschwängert werde,
Da ich doch keinen Mann erkennen werde je!
Ich hatte ja gelobt und war auch fest entschlossen,
Dass ich mein Leben leb als gottgeweihte Jungfrau!
Der Engel sagte ihr in allerreinster Klarheit
Die überraschende und wundervolle Botschaft:
Ich teile, Jungfrau, dir ein Gottgeheimnis mit:
Heil wurde dir zuteil für alle Ewigkeit,
Denn wahrlich sag ich dir, dass dies dein Kindlein wird
Der Sohn des Höchsten sein, des hocherhabnen Gottes.
Sein Thron im Himmel steht, des Vaters Thron zur Rechten,
Kein König in der Welt, der ihm nicht dienen muss,
Kein Kaiser in der Welt, der ihm nicht Gaben bringt,
Zu Füßen fiele ihm und ihn anbetete.
Er wird die Lieben sein mit großer Kraft beschützen,
Jedoch den alten Feind wird er gefangen nehmen,
Auf Erden ist kein Ort, wohin er kann entfliehen,
Und unterm Himmel nichts ihm bietet eine Zuflucht,
Und stürzt er sich ins Meer, die Strafe ihn ereilt,
Das hohe Himmelreich verschließt der Heiland ihm.
Er spricht das Urteil ihm, beschlossen und gesprochen,
Hat ihn beschlossen in den Feuersee der Hölle.
Und deine Base nun, die aber unfruchtbar,
Die schon sehr vorgerückt im hohen Alter ist,
Nun geht sie schwanger gar mit einem Kind, so edel,
Wie edler keine Frau eins auf der Welt getragen.
Nichts ist unmöglich ja, wenn Gott es wirken möchte,
Und keiner widersteht der Macht von Gottes Wort. -
Ich bin die Gottesmagd, bin Gottes Eigentum,
So sprach Maria fromm, es wächst in mir sein Wort.
O Demut, sei gerühmt, du Ruhm der Heiligen,
Du machtest ja ihr Wort zur allerbesten Antwort.
Der Gott der Heiligkeit erwählt sie sich zur Mutter,
Sie nennt sich Gottesmagd, bereit, ihm ganz zu dienen.
Der Engel wieder flog gen Himmel zu dem Herrn
Und sagte Gott dem Herrn die Antwort Sankt Mariens.





DAS JESUS-EPOS

ERSTES BUCH

I

Vor dem Anfange war allein die Ewige Weisheit,
Und die Ewige Weisheit war Throngenossin der Gottheit,
Und die Ewige Weisheit war die dreifaltige Gottheit.
Diese Ewige Weisheit als der Sinn aller Schöpfung
Ward von Heraklitos von Ephesos Logos gepriesen
Und von der Stoa auch Logos genannt und Zeus oder Nous auch,
Diese Ewige Weisheit ward im Reiche der Mitte
Tao genannt von Lao Tse und Konfuzius, Mutter.
Diese Ewige Weisheit ist im Fleische gekommen,
Fleisch geworden in der seligsten Jungfrau Maria.
Diese ewige Weisheit war das Leben der Schöpfung,
Diese ewige Weisheit war die ewige Zoe,
Weltseele, Leben der Schöpfung, Liebe im Innern des Kosmos.
Dieser Logos, wie Heraklitos von Ephesos lehrte,
War die Seele der Seele des Menschen im Innern des Menschen.
Diese ewige Weisheit war die Herrlichkeit Gottes,
Diese Herrlichkeit oder strahlende Glorie Gottes
War, wie Mechthild sagte, der fließende Lichtglanz der Gottheit,
War das Licht, das den Kosmos erleuchtet, den Menschen erleuchtet,
War nicht wie Buddha der Erleuchtete, sondern vielmehr noch,
Die Erleuchtung, die erleuchtende Flamme der Liebe.
Diese ewige Weisheit war die Schöpferin, alles
Ward von ihr geschaffen, sie ist die Intelligenzia,
Sie ist die göttliche Allvernunft, schöpferisch tätig,
Die im reinen Akt aus dem Nichts die Materie schaffend
Einen Anfang setzte im Urkeim voll strahlender Kräfte,
Voller Engergien, die sich gestaltend zum Kosmos
Bildeten Raum und Zeit und in Entwicklungsepochen
Schließlich den Menschen als Mann und Frau, als Adam und Eva.
Halleluja, und diese göttliche Schöpferin Weisheit
Ist in Maria Mensch geworden: Jesus, mein Thema.


II

Also nun höre mich, Philothea, meine Geliebte,
Wie ich singe von Jesus Christus, Gottes Messias!
Wie im Heliand und wie im Evangelienbuche
Otfrieds, wie im Messias des seraphischen Klopstock
Will ich singen das Leben des lieben göttlichen Sohnes,
Wie es berichtet das Evangelium, alle vier Bücher,
Wie dem heiligen Lukas von der Kindheit des Meisters
Einst gesungen als Muse die selige Jungfrau Maria.
Von der Geburt will ich singen des lieben göttlichen Babys,
Wie es gestillt ward an den Brüsten der göttlichen Mutter,
Will vom dreizehnjährigen Kinde erzählen, dem frommen,
Von dem Kinde der Konfirmation, das die Weisen befragte,
Jesu Leben und Wunder und die Lehren der Weisheit,
Christi Kreuzweg und die Kreuzigung unsers Erlösers,
Singen will ich von den heiligen Frauen am Grabe
Und dem Auferstandenen, Magdalena begegnend,
Wie er gen Himmel entrückt ward in der goldenen Wolke
Und den heiligen Geist gesandt auf die heilige Kirche.
Wenn ich so sagen darf nach alter Dichtergewohnheit,
Ruf ich die Muse Urania an, die himmlische Muse,
Wie sie inspirierte Dante, Milton und Klopstock,
Sing mir, o Muse Urania, sing mir das Leben von Jesus!





DIE JESUS-GITA

ERSTER GESANG

PRIESTER
Was ist das für ein Krieg hier der Muslime
Und der Hebräer um Jerusalem!
Wie waffenstarrend stehen hier die Völker
Sich unversöhnlich feindlich gegenüber!
JOURNALIST
Als er sah die Armee der Islamisten,
Vernahm er Hussain, der sprach zu Hassan:
O Krieger Gottes, siehst du die Armee?
Wie groß ist der Muslime Heeresmacht!
Gewaltig stark ist Ali mit der Waffe!
Sein Waffenbruder in dem Krieg ist Memed!
Mohammed ist Gelehrter im Djihad!
Dort auf der andern Seite dieser Front,
Da stehen die Hebräer, Mosche, Dawid,
Jehuda, Simeon und Benjamin,
Jaakob, Jizak, Levi, und sie schreien
Zu Zebaoth, wir schreien zu Allah,
Wir alle sind gefürchtet böse Krieger,
Denn heilig ist der Krieg uns und der Terror,
Die orthodoxen Juden treiben Krieg
Und nennen Palästina Israel.
Und Josef als ein Christ kämpft mit den Juden,
Führt die hebräische Armee im Krieg,
Er, der ein Deutscher ist, ein Freund der Juden,
Er bläst das Schofarhorn der Tochter Zion!
Nun aber nenne weitere der Krieger
Der Islamisten und der Terroristen,
Die stehen im Djihad für Gott Allah,
Sieh Medschnun hier, verwirrt von wildem Wahnsinn,
Wie er die Bomben an dem Gürtel trägt,
Sieh hier Firhad, der ist bereit zum Selbstmord,
Zum Märtyrer, um Huris zu erobern,
Sieh auch Ossama hier, den bösen Mörder,
Der will die atomare Bombe haben,
Sieh hier die Saudis, sie verbrennen Bibeln
Und reißen nieder Kreuze von den Kirchen.
Allah ist Gott und Mahom sein Prophet!
Wir werden Syrien, Irak erobern,
Errichten die Scharia in Ägypten,
Sind Boko Haram in Nigeria
Und führen Kriege gegen Südsudan.
Messias Jesus wird vom Himmel kommen
Zum Weltgericht und wird für den Islam
Und seine Gotteskrieger Kriege führen
Und wird die Juden und die Christen töten!
Dann herrscht das Haus des Friedens auf der Erde,
Die Nichtmuslime stehn im Haus des Krieges!
Doch auch die Juden hören die Signale
Und hoffen auf den kommenden Messias,
Dann wird das Friedensreich auf Erden sein
Und David König sein in Israel
Und herrschen in der Stadt Jerusalem,
Dann das Gelobte Land vom Mittelmeer
Wird reichen über Gaza bis Ägypten,
Auch Äthiopien gehört den Juden,
Dann von dem Jordan und Jordanien
Reicht Israel bis an den Euphratstrom,
Irak dann und Iran sind dann gefallen,
In Babylon herrscht dann der Juden König,
Und Salomo wird Fürst des Friedens sein.
Jetzt aber Jesus kommt vom dritten Himmel
Auf einem Cherub-Wagen aus Kristall
Und wendet lächelnd sich zum Christen Josef,
Der bläst das Schofarhorn der Tochter Zion,
Er kündet Israel, Jerusalem
Und Palästina und der Araba:
Messias Jesus ist der Gottessohn,
Er kommt zum Jüngsten Tag und Weltgericht
Und herrscht dann tausend Jahre auf der Erde
Mit Sankt Maria, Königin des Friedens!
Und Jesus blies sehr laut das Schofarhorn
Und Josef blies sehr laut das Schofarhorn
Und Mosche blies sehr laut das Schofarhorn
Und Dawid blies sehr laut das Schofarhorn
Und Levi blies sehr laut das Schofarhorn
Und Jakob blies sehr laut das Schofarhorn
Und Jizak blies sehr laut das Schofarhorn.
O Herr des Himmels und der Erde,
Die Söhne Josefs bliesen auch das Horn.
Und da geschah ein großes Wunderzeichen,
Da sah man Mehmed auf dem Kriegsschauplatz,
In seiner Rechten hielt er das Gewehr,
Um Krieg zu führen gegen Christ und Jude,
Er rückte gegen Josef vor, der trug
Die blaue Fahne mit drei weißen Lilien.
Da sagte Jesus Christus zu dem Cherub,
Der seinen Wagen aus Kristall gelenkt:
Nur zu, mein Cherub, zu der schwarzen Erde,
Dort zwischen diese streitenden Armeen.
Ich möchte sehen dort die bösen Krieger,
Die morden wollen, die sich selbst ermorden,
Ich mach ein Ende diesem Blutvergießen,
Hier in den Ebenen von Palästina,
Bekehre die, die Mohammed gehorchen!
Und Josef betete zum Herrn (o Jahwe),
Er saß im Wagen voller Pferdestärke
Und seine beiden Söhne waren mit ihm:
Und Josef sagte: Jesus, schau die Menschen,
Großväter sind sie, Väter sind sie, Onkel,
Sind Brüder und sind Söhne und sind Enkel,
Sind Vettern, Neffen und sind Schwiegersöhne,
Sind Patenkinder oder Pflegesöhne.
Die Menschheit ist doch eine Weltfamilie,
Wir alle sind die Kinder Eines Vaters,
Und Araber und Juden sind doch Brüder!
So innig liebte Josef seine Feinde,
Sie waren alle ihm ans Herz gewachsen.
JOSEF
O Jesus, ich will keinen Krieg mehr führen,
Ich bin so müde all des Brudermordes.
Wie schwach ist mein Gebein, ich kann nicht gehen,
Die Zunge mir vertrocknet an dem Gaumen,
Ein Schauder rieselt mir durch meine Haut,
Ich bin so voll Entsetzen, voller Schrecken,
Die Waffe gleitet mir aus meinen Händen,
Ein Fieber reißt mir meine Haut in Fetzen,
Das Leben scheint zu schwer für meine Seele,
Mein schwacher Menschengeist versinkt in Ohnmacht,
Nichts kann ich tun, ich sehe nichts als Jammer!
Es ist nicht gut, o Jesus, dieser Krieg,
Nichts Gutes kommt von diesem Dritten Weltkrieg.
Ich habe Herrschaft, Reichtum und Genuss
Erworben, aber bin voll Traurigkeit.
Was kann der Sieg im Krieg für Freuden bringen?
Wer könnte profitieren von dem Mord?
Sag, welche Regel kann Belohnung finden?
Ist süß das Leben denn, mit Blut erkauft?
Sieh, die hier stehen, sind bereit zu sterben,
Wie schön ihr Leben war und voll Vergnügen,
Großvater, Vater, Sohn, so voller Kraft,
Die Schwiegerväter und die Schwiegersöhne,
Die Alten und die Freunde, voller Kraft.
Soll ich denn bringen Einem nur den Tod,
Auch wenn sie selbst versuchen, mich zu töten?
O Jesus, mit der Waffe schieß ich nicht,
Dass ich die Seelen in das Jenseits bringe.
Ich will auch nicht Erfolg auf Erden haben.
Den Feind zu töten, bin ich nicht geboren.
Ich habe Angst vorm Dritten Weltkrieg, Jesus.
Und stirbt mein Feind in diesem bösen Krieg,
So bin ich schuld an seinem Untergang.
Und meines Feindes Sünde fällt auf mich.
Ich hasse nicht die Jünger Mohammeds.
Es kann kein Frieden kommen aus dem Hass.
Wenn jene nun, von Zorn und Lust verblendet,
Nicht sehen, dass sie ihre Brüder morden,
Dass sie die Auserwählten Gottes töten,
Wie sollte ich so tun, wie ein Verbrecher?
Ich seh die Schuld, ich spüre diese Sünden,
O Jesus, der du liebst die ganze Menschheit!
Denn mit dem Sturz des Hauses Israel
Wird auch gestürzt der Juden Frömmigkeit.
Ach, in der Welt der Ritus wird geschändet,
Zuende ist die wahre Frömmigkeit,
Gottlosigkeit herrscht nun in allen Häusern.
Man nimmt nicht Fraun zum Sakrament der Ehe,
Im Wahnsinn blühen tolle Leidenschaften
Und die Familien werden ganz zerstört
Und Frauen treiben Unzucht mit den Frauen
Und Männer treiben Unzucht mit den Männern.
Sie schmieden nun an ihrem eignen Schicksal,
Der Ahnen Seelen ehrt nun keiner mehr,
Es betet keiner mehr für seine Ahnen
Und keiner opfert mehr den Herrnleib auf.
Ich aber singe stets die Psalmen Davids
Ich aber singe stets der Kirche Hymnen.
Und wenn wir Brüder, wenn wir Freunde töten,
Um Macht und Reichtum in der Welt zu haben,
Was ist das doch für eine Sünde, Jesus!
Ich will doch lieber treffen meine Brüder
Und wehrlos ihnen meinen Busen bieten,
Ich setz mich ihren scharfen Schüssen aus,
Sie geben böse Antwort Schuss auf Schuss.
Sprach Josef. Angesichts der beiden Heere
Ließ er die Waffe auf die Erde fallen,
Am Herzen krank und dunkel im Gemüt.



ZWEITER GESANG

JOURNALIST
Dem Mann, von Mitgefühl und Weh erfüllt,
Getrübt von Tränen, mutlos, sagte streng
Der Herr im Wagen seiner Cherubim:
JESUS
Wie hat dich solche Schwäche überkommen?
Woher die Mühe auf dem schweren Weg,
Dem Pfad der Tugend? Mein geliebter Josef,
Bewahre dich vor Schwäche! Sie beleidigt
Den Namen eines rechten Gotteskämpfers!
Erwache! Stehe auf, des Feindes Geißel!
Es ist sehr gut, zu leben als ein Bettler
Mit denen, die wir lieben in dem Leben,
Ist besser, als Geschmack am Blut zu haben
Und schuldbewusst den Krieg zu überleben.
Gewaltig in der Welt die Macht des Bösen!
Zu sein der Sieger oder der Besiegte,
Im Kriege sind sie alle die Besiegten.
Und die im Kriege mit uns stehen zornig,
Sie welken wie die Blätter in dem Herbst.
Ich bin voll Mitleid, das ist ohne Zweifel,
Gewiss ist mein Gedanke an den Frieden,
Du bist der Führer der verehrten Christen,
Du bist der Anwalt aller Krieges-Opfer.
Ich weiß, was heilen kann die tiefe Trauer,
Verbannung in den Seelen und den Sinnen,
Ich bin der Häuptling aller Völker, bin
Des Friedens Gott des Himmels und der Erde.
JOURNALIST
Da sagte Josef zu dem Herrn der Herzen
Und seufzend sagte er: Ich will nicht kämpfen! -
Er sprach es, statt das Schweigen zu bewahren.
Zu ihm mit liebevollem Lächeln Jesus,
Als Josef stand verzweifelt an den Fronten,
Ihm Jesus sagte dies in reinen Jamben:
JESUS
Du grämst dich da, wo ist kein Grund zur Trauer.
Du redest Worte, denen Weisheit fehlt.
Die weisen Herzens sind, beklagen nicht
Die Menschen, welche noch am Leben sind,
Und auch nicht jene, welche sterben müssen.
Ich bin unsterblich, du bist auch unsterblich
Und alle Menschenseelen sind unsterblich,
Sie werden alle da sein nach dem Tode.
Die leben gut, die leben auch für immer.
Der Mensch hat Kindheit, Jugend, Reife, Alter,
Es gibt den Wachstum und auch das Verwelken.
Das weiß der Weise, also keine Angst.
Die Seele lebt in seiner Sinne Leben,
Der Körper ist gemischt aus Elementen,
Sie leiden Winterfrost und Sommerhitze,
Sie kennen Liebesfreuden, Liebeskummer,
Das Leben ist nur kurz, trag es geduldig.
Als Weiser trage du des Lebens Leiden.
Die Seele ists, die deinen Leib bewegt,
Sie bleibe still in Freuden und in Leiden,
Sie ist unsterblich, das ists, was sie ist,
Nie hört sie auf, als Geist zu existieren.
Um diese Wahrheit einzusehen, Weiser,
Du trenne Akzidenzen von Substanzen,
Du trenne Zufall von dem innern Wesen,
Du trenne die Idee von ihrem Schatten.
Das Leben, Lieber, das ist unverwüstlich,
Es gibt das Leben, das in allen lebt.
Jedoch die Flüchtigkeit der Erdenformen,
Der irdischen Gestalten ist nicht eins
Mit der Substanz des ewiglichen Lebens,
Unsterblich ist der Geist, ist immerwährend,
Die Toten kehren heim zu ihrem Schöpfer.
So glaube du an die Unsterblichkeit
Und kämpfe für den Frieden in der Welt!
Gott ist ein Gott des Lebens, nicht des Todes,
Gott ist ein Gott des Friedens, nicht des Krieges,
Gott ist ein Gott der Ruhe, nicht des Chaos.
Des Menschen Geist ist eingehaucht von Gott,
Ist aus dem Nichts erschaffen im Moment,
Da ward der Mensch im Mutterschoß empfangen,
Gott ist der Herr des Lebens und des Todes,
Du sollst nicht töten, ist des Herrn Gebot.
Der Tod ist wie ein Traum, wie ein Erwachen,
Doch wehe dem, der einen Menschen tötet!
Der Tod nur scheidet von dem Leib die Seele,
Der Körper wieder wird zu Staub zerfallen,
Der Geist der Seele aber ist unsterblich,
Und auch der Leib wird einmal auferstehen.
Wenn nun die Seele sich vom Körper scheidet,
Ist sie die nackte Seele vor dem Herrn,
Nackt dann erwartet sie ihr neues Kleid,
Den auferstandnen Leib aus Himmelslicht.
Ich singe dir die Hymne nun der Psyche:
Die Psyche wird ermordet nicht vom Krieg,
Die Flamme kann die Psyche nicht verbrennen,
Das Wasser kann die Psyche nicht ertränken,
Der Sturmwind kann die Psyche nicht verwehen,
Die Erde kann die Psyche nicht begraben.
Die Psyche ist von Gott aus Nichts geschaffen
Im Augenblick der weiblichen Empfängnis,
Der Psyche Würdigkeit ist unantastbar,
Die Psyche bleibt im Innern unversehrt,
Die Psyche wird berührt nicht von der Welt,
Die Psyche ist unsterblich, sie lebt ewig,
Die Psyche ist in Gott allgegenwärtig,
Der Psyche Grazie ist unsichtbar,
Der Psyche Schönheit unbeschreiblich schön,
Das sagt kein Philosoph und kein Poet,
So ist die Psyche nun für dich erklärt.
Was trauerst du? Du musst nicht traurig sein!
Wie, wenn du siehst, dass eine Seele scheidet
Aus ihrem Leib und schwebt zu Gott im Himmel,
Was freust du dich nicht wie an einem Baby,
Das gottbeseelte, das geboren ward?
Das Ende der Geburt ist Bruder Tod,
Des Todes Ende die Geburt im Himmel.
Die Seele ist geweiht. Und trauerst du,
Du Friedensstifter zwischen zweien Heeren,
Und trauerst du um die Gestorbenen
Als ob die Menschen nimmer müssten sterben?
Du weißt nicht, wie der Embryo beseelt wird,
Du weißt nicht, wie die Seele sich vom Leib trennt,
Ich aber weiß die Wesen wahrzunehmen.
Warum denn bist du traurig noch, mein Lieber?
Wie wunderbar, wie sehnlich zu betrachten,
Wie voller Zweifel ists, davon zu sprechen,
Wie seltsam für die Zunge ists zu sagen,
Wie mystisch die Erkenntnis ist für jeden!
Wie staunt der Mensch doch über dieses Wunder,
Vorm Sprechen und vorm Hören ists vollbracht!
Das Leben Gottes ist in allem Leben.
Verschmäh, zu leiden wegen dieser Wonne!
Tu du dein Teil nur in dem Erdenleben,
Gedenk an deinen Ruhm und an dein Heil!
Nichts besseres kann je ein Mensch erfahren,
Als für den Frieden in der Welt zu kämpfen,
Sei Krieger du des Lichts und kämpfe tapfer,
Bekriege mit den Waffen du des Heils
Die Mächte und satanischen Gewalten,
Doch führe keinen Krieg mit Fleisch und Blut!
Der Tod für dich ist eine Himmelspforte,
Und meine Mutter ist die Himmelspforte,
Und Petrus hat allein den Himmelsschlüssel.
Nun kennst du deine Pflicht auf Erden und
Den Auftrag, Friedensstifter hier zu sein.
Soll denn in dieser Welt die Sünde herrschen?
Und frage nichts nach Nachruhm in der Welt,
Die kommenden Geschlechter werden lästern
Den Weisen, wie es tun die Zeitgenossen.
Sei du bereit, für deinen Herrn zu sterben
Und treu erfülle deine Standespflicht!
Die Krieger aber, die die Kriege lieben,
Die fahren in den Panzern durch die Welt
Und haben Panzerfäuste und Kanonen,
Die lästern dich, weil du den Frieden liebst,
Weil du den Heiland liebst, den Friedefürsten.
Und welches Schicksal könnte schlimmer sein:
Zu sterben und daheim beim Herrn zu sein
Im Himmelreich bei deinen Lieben, oder
Ein Mörder und ein Satansknecht zu sein
Und blutig herrschen über Erdensklaven
Und dann am Ende nicht zu Himmelsjungfraun
Zu kommen, sondern in das Höllenfeuer?
Und darum, Muttersohn, umklammere
Du immer deinen Herrn und seine Mutter,
Sei stark und mutig und getrost und kämpfe,
Dass die Kultur des Todes sich verwandle
In eine Zivilisation der Liebe!
Und ob du Freude fühlst und ob du trauerst,
Und ob du leidest oder triumphierst,
Ob du Erfolg hast oder Niederlagen,
Du bleibe ewiglich in meiner Liebe!
So gürte nun die Lenden des Gemütes,
Du sollst nicht sündigen, bemühe dich,
So weit geht meine Rede von dem Krieg.
Nun höre du der tiefen Weisheit Lehre,
Dass du Erkenntnis findest, festen Halt,
Wenn du ein Knecht willst sein voll guter Werke.
Hier ist kein Ende, was man wirken kann,
Hier wird die junge Hoffnung dich beflügeln
Auf Schätze in dem Himmel, Lohn des Herrn.
So fürchte keinerlei Verlust auf Erden,
Nur deinen Glauben darfst du nicht verlieren,
Der Glaube dich befreit von Todesfurcht,
Der Glaube dich erlöst von Höllenängsten.
Hier, Ruhm der Dichtkunst, geb ich eine Regel,
Die Seelen folgen ewigen Gesetzen,
Die Seele folgt Geboten felsenfest.
Doch fadenscheinig ist der Toren Rede,
Wenn falsch sie von den Paulusbriefen reden
Und sagen: Gnade wird allein uns retten
Und gute Werke sind nur Nichtigkeit. -
Zwar suchen sie die Wahrheit, schwach im Geist,
Sie reden von der Nichtigkeit der Werke,
Die Männer, welche vielen gläubig scheinen,
Die da den Glauben von den Werken trennen
Und auch verkünden einen falschen Glauben.
Verdienste muss der Gläubige sich sammeln,
Verdienste sammeln durch Geduld im Leiden,
Muss tragen liebevoll das eigne Kreuz
Und Sühne leisten für die vielen Sünden.
Die Gnade ist nicht ganz allein genug,
Als ob der Mensch nicht Willensfreiheit hätte,
Ein wahres Wort ist der Primat der Gnade,
Die Gnade inspiriert des Frommen Werke.
Zeig du mir deinen Glauben ohne Werke,
Ich zeig dir meinen Glauben durch die Werke.
Doch kann man sich die Gnade nicht erkaufen,
Die Gnade ist Geschenk des Geistes Gottes,
Der Glaube selbst ist ein Geschenk der Gnade,
Berufen aber ist der freie Wille
Des Menschen, Gottes Gnade anzunehmen
Und Mitarbeiter mit dem Geist zu sein.
Der Glaube muss in Liebe tätig sein,
Nach seinen Werken wird der Mensch gerichtet.
Ob körperlich, ob geistig sind die Werke,
Du tu die Werke der Barmherzigkeit.
Du nähre Kinder, welche hungrig sind,
Besuche du die krebserkrankten Frauen,
Die Sterbenden begleite im Gebet,
Nimm Flüchtlinge in deiner Heimat auf,
Hab Trost für alte Fraun, die einsam sind,
Belehre die, die nicht die Wahrheit kennen,
Ertrag geduldig die mit harten Herzen
Und bete für die Lebenden ums Heil
Und bleibe in Kontakt mit deinen Toten.
So sei aktiv und tue deine Arbeit,
Sei Bibellehrer für die Geistesarmen,
Sei Pädagoge für die Vaterlosen,
Sei Philosoph und lehre von der Weisheit,
Sei ein Prophet und ein Poet vor Gott!
Es ist nicht wichtig, ob die Werke groß sind,
Nur wichtig ist, dass groß die Liebe ist,
Dass du aus Gottesliebe tust die Werke.
Und wenn du Dichter bist und Philosoph,
Tu deine Arbeit als Apostel treu
Und suche nicht Applaus und Ruhm der Welt,
Und wenn du christliche Poeme schreibst,
So schreibe du für die geliebten Toten
Und suche nur den Lorbeerkranz von Gott.
Das Werk der Karitas ist wahrer Glaube.
Doch sollst du nicht begierig sein nach Lohn.
Empfange meine Liebe, leb in ihr,
Dich liebt dein Gott und Herr, der Vater Jahwe,
Der Geist gießt seine Liebe in dein Herz
Und breitet sie in deinem Herzen aus.
Sei nicht wie ein Kanal, der teilnahmslos
Die Liebe Gottes allen weiter gibt,
Dein Herz sei wie ein Kelch, der wird gefüllt
Bis zu dem höchsten Rand mit Gottes Liebe
Und überfließend weiter sich verströmt.
Behalte Gottes Liebe nicht für dich,
Des Jordan Quellen auf dem Berge Hermon,
Sie fließen in den See Tiberias,
Der gibt das Wasser weiter in den Jordan,
Und darum ist der See von Galiläa
Voll hundertdreiundfünfzig Arten Fische,
Jedoch der Jordan in dem Toten Meer
Sein Ende findet, strömt nicht weiter fort,
Das Tote Meer das Wasser gibt nicht weiter,
Und darum ist das Tote Meer ein totes Wasser.
Mit deiner Liebe zu den Nächsten liebe
Den Schöpfer, dessen Ebenbild der Mensch ist,
Du liebe Gott, weil Gott die Gottheit ist,
Du lieb den Herrn, weil Gott die Liebe ist
Und suche nicht allein des Herrn Geschenke.
Wie Mose geh ins Offenbarungszelt
Und meditiere über Gottes Wort
Und kontemplierend ruhe du im Geist.
Und dann wie Mose trete aus dem Zelt
Und bring die Herrlichkeit des Herrn dem Volk.
So aus dem kontemplierenden Gebet
Erwächst die heilige Aktion der Liebe.
Gott schreibt ja einen Liebesbrief der Welt,
Sei du der Stift in Gottes Dichterhänden.
Sei du ein Werkzeug Gottes für den Frieden
Und suche nicht, dass dich die Menschen lieben,
Genug sei dir die Liebe deines Gottes,
Du suche nur, die Menschen gut zu lieben.
Und suche nicht, dass du getröstet wirst,
Genug ist dir der Trost der Mutter Gottes,
Du suche, dass du gut die Armen tröstest.
JOSEF
Was ist das Zeichen eines Menschen, der
Geübt im kontemplierenden Gebet?
Muss er die Augen schließen, Hände falten?
Lebt er in Muße nur und Seelenruhe?
Entflieht er dieser Welt in frommer Weltflucht?
JESUS
Schau auf dem Karmel doch die Eremiten,
Wie frei sie sind von menschlichen Gefühlen.
Ob sich die Seele Gott-verlassen fühlt,
Gerade dann ist ihr der Herr am nächsten.
Und ob du tanzt und Halleluja singst,
Kannst du ein Narr doch sein in der Gemeinde.
Ein Wüstenvater lehrte seinen Schüler:
Geh zu dem Brunnen, ist das Wasser still?
Da warf er einen Stein in diesen Brunnen,
Da war das Wasser aufgewühlt und schlammig.
Siehst du dein Angesicht im Wasserspiegel?
Doch warte eine Zeit und komm dann wieder,
Der Schlamm gesunken ist zum Brunnengrund,
Der Wasserspiegel ist nun klar und heiter,
Nun kannst du sehn dein Angesicht im Spiegel.
Ich glaube, du verstehst des Abbas Lehre.
Wer übt das kontemplierende Gebet,
Der ist auch in der Seele dunklen Nacht
Erfüllt von Freude auf dem Seelengipfel.
Das beste Zeichen eines Auserwählten
Ist seine Liebe zu dem eignen Kreuz.
Der Auserwählte töte ab sein Ego,
Er wird gedemütigt, so lernt er Demut,
Der Stolz ist doch die Wurzel aller Laster.
Der Auserwählte streitet mit dem Fleisch,
Nicht ein Somatiker und Psychiker
Ist der Erwählte, nein, Pneumatiker.
Der Auserwählte flieht die eitle Welt,
Ist unbeeinflusst von dem Geist der Zeit.
Der Auserwählte streitet mit dem Teufel,
Im täglichen Gebet des Rosenkranzes
Er weiht der Frau sich, die zertritt die Schlange.
Der Auserwählte fleht um Gottes Weisheit,
Nicht um die stolze Weisheit dieser Welt,
Nicht um die Weisheit eitler Sinnlichkeit,
Nicht um okkulte Weisheit der Dämonen.
Der Auserwählte übt die Selbstbeherrschung,
Er folgt nicht den Instinkten und den Launen,
In Keuschheit reguliert er seine Triebe,
Regiert durch seinen Geist die Leidenschaften.
Doch sind die Leidenschaften gut geordnet,
So sind sie ein Motor für Lebenskraft.
Denn nicht die Apathie der Stoiker
Dein Ideal sei, sondern Gottes Friede.
O Sohn Mariens! Denk an deine Jugend,
Da du der Leidenschaft der Sinnlichkeit
Gefolgt und lebtest in Gewissensskrupeln
Und warst zerrissen zwischen Geist und Fleisch.
Mit meiner Mutter bin ich dir erschienen,
Du lagest in totaler Prostration
Vor mir und hast mich heilig angebetet,
Und ich erlöste dich von deinem Fleisch.
So sei du frei nun von der Augenlust
Und frei auch von der Lust an dieser Welt
Und sei du frei von aller Fleischeslust
Und von der Sucht nach irdischen Genüssen
Und habe deine Lust an Gott dem Herrn,
Denn Gott spricht: Mensch, ich habe Lust an dir!
Und denke an den Sommer deines Lebens,
Als du in jugendlicher Torheit branntest
In feuriger Passion um eine Frau,
Der zweimal sieben Jahre du gedient
Und sie verwechselt hast mit deinem Gott,
Wie du da allen Frieden ganz verloren
Und weltlich traurig warst und immer weintest,
Wie du zu allen Heiligen gefleht,
Dass du Erlösung findest von der Liebe,
Und wie dann Jahwe-Rapha, Gott, dein Arzt,
Dir Herzensfrieden gab und Seelenruhe
Und große Milde stiller Altersweisheit.
Nun will ich etwas dich vom Willen lehren,
Nicht von dem Lebenswillen Schopenhauers,
Nicht von des Übermenschen Willen Nietzsches,
Nein, deinen eignen Lebens-Willen sollst
Du unterwerfen Gottes Liebeswillen
Und deinen Willen mit dem Willen Gottes
Vereinigen in einem Akt der Liebe,
Dein Wille sei ganz eins mit Gottes Willen,
Denn über der Vereinigung der Willen
Die Einheit steht, es gibt nur Gottes Willen.
Der Wille Gottes ist die Liebe Gottes.
Wie du in der Commedia Divina
Gesehen hast, der Weg zu Gott dem Herrn
Geht über eine Zeit der Reinigung
Und dann durch eine Phase der Erleuchtung
Und dann zur Stunde der Vereinigung.
Durch Hölle, Fegefeuer, Paradies
Der Weg führt dich hinan zu Gottes Liebe.
Du wirst dich wohl erinnern noch an jene
Saison im Totenreich der Höllenängste,
Da Satan dich gequält und seine Ratten,
Und du erinnerst dich noch an die Jahre
Im Fegefeuer deiner Sinnlichkeit,
Da du gebrannt hast in der Sehnsucht Weißglut,
Nun will dich meine liebe Mutter führen
Den Weg der inneren Gefangenschaft
Und absoluter Menscheneinsamkeit
Und mystischer Vereinigung mit ihr,
Dem Sakrament der Mutterliebe Gottes.
Der Ozean der Allbarmherzigkeit
Erwartet dich, das Meer der Liebe Gottes,
Da badest du mit allen Gnaden Gottes,
Da wirst du wie ein Tropfen sein des Wassers,
Der in den Wein gemischt wird in den Kelch,
Und wirst ein Gott aus reiner Gnade werden
Und Gott sein in der göttlichen Natur!



DRITTER GESANG


JOSEF
Vom Meditieren und vom Kontemplieren
Hast du gesprochen und von guten Werken.
Ist besser denn ein frommer Müßiggang,
O Jesus, oder ist die Arbeit besser?
Und ist die Arbeit nicht ein Fluch von Eden,
Dass Adam in des Angesichtes Schweiß
Soll seine Arbeit tun, jedoch der Acker
Bringt Dornen nur und Nesseln nur hervor?
JESUS
Zwei Herrinnen hab ich dir zugewiesen,
Den beiden Frauen sollst du dienen treu.
Die eine, Sapientia Divina,
Sie will dein Studium und dein Gebet,
Sie lehrt dich Mystik, Weisheit, Poesie.
Die andere ist Caritas Divina,
Sie schickt dich aus dem Hause in die Welt,
Die Werke der Barmherzigkeit zu tun.
Wie Jakob Israel, der Patriarch,
Zwei Ehefrauen hatte in dem Haus,
So will ich dich zwei Frauen auch vermählen,
Der Caritas, der Sapientia.
Doch ich erinnre dich an jene Zeit,
Da du dich schon zum Zölibat entschieden,
Weil ich zu einer Jungfrau dich berufen,
Du hattest dein Gelübde abgelegt,
Zu leben ehelos fürs Himmelreich,
Doch überfiel Begier-Besessenheit
Dein Fleisch, du dachtest nur an Frauenkörper
Und die Vereinigung von Glied und Scheide,
Da war ein Weib dir nichts als Brust und Schoß
Und ewig lockte dich das Weib hinab,
Du schautest Ehefrauen lüstern an
Und brachest oft die Ehe in Gedanken.
Zu einem Wüstenvater sprach sein Schüler,
Dass er sich sehnt nach Lust und Frauenliebe.
Der Wüstenvater sagte zu dem Schüler:
Du modelliere dir aus Ton ein Weib,
So schön wie einst die Griechen Venus formten,
Dann denke dir, du nimmst sie dir zur Frau.
Und wie natürlich ist, wird sie gebären,
So modelliere dir zwei Kinder auch
Und mal dir das Familienleben aus:
Am Morgen hast du keine Zeit zum Beten,
Am Tage musst du dann zur Arbeit gehen,
Musst mit den Kindern Schulaufgaben üben,
In Urlaub fahren dann mit der Familie,
Die Frau will nicht im selben Bett mit dir
Mehr schlafen, weil sie sehr dein Schnarchen steht,
Du sehnst mit vierzig dich nach deinem Alter,
Wo groß die Kinder und schon aus dem Haus sind
Und wo du nicht mehr zu der Arbeit musst
Und endlich wieder Bibel lesen kannst.
Mein Sohn, ists das, was du mit Lust begehrst?
Da war der Schüler von der Lust geheilt
Und freute wieder sich am Zölibat.
Jetzt aber will ich von der Arbeit reden.
Im Alten Testament wird Gott der Schöpfer
In seinem Schöpfungswerke dargestellt
Als Arbeiter, sechs Tage wirkte er,
Am siebten Tage von der Arbeit ruhend.
Werkmeisterin, die schöpferische Weisheit,
Werkmeisterin und eine Architektin,
Baumeisterin, die baute diesen Kosmos,
Das gibt es nicht in andern Religionen.
Denn Brahma, Schöpfergott der Hinduisten,
Er träumt die Welt, die Welt ist nur sein Traum,
Der Gott der Inder schafft die Welt im Tanz,
Er schafft die Welt, indem er Flöte spielt.
Die Philosophen Griechenlands erklärten
Den Philosophen nur zum wahren Menschen,
Wenn diskutierend er spazieren geht
Am Markte oder in den Säulenhallen
Und in dem schönen Garten der Hetäre,
Doch Arbeit war ein Werk für Sklaven nur,
Und Sklaven hatten keine Menschenrechte.
Die Griechen kannten nur den Fluch der Arbeit,
Das Werk des Sisyphos, das sinnlos ist,
Wie täglich scheint die Mühsal einer Hausfrau.
Die Katholiken ehren sehr die Arbeit,
Der Männer und der Frauen Alltags-Arbeit,
Die kann getan sein zu der Ehre Gottes,
So kann man Liebe bringen in die Welt.
Es gibt ein Recht auf Arbeit. Und die Arbeit
Entfaltet schöpferisch die Menschenwürde,
Die Handarbeit, die Geistestätigkeit,
Die wird getan allein zu Gottes Ehre,
Wie hoch auf Spaniens Kathedralen ward
Gebildet die Skulptur zu Gottes Ehre,
Die von der Straße nicht gesehen wird,
Kein Mensch weiß etwas von des Künstlers Werk,
Der Künstler bildete für Gott allein.
Am Morgen bringe du dein Opfer dar,
Vereint mit meiner Kreuzigung, dem Opfer
Der Messe, da wir zwei auf dem Altar
Uns opfern auf dem Vater in dem Himmel,
Vereine du mit meinem Kreuzesopfer
Dein Kreuz, dass du im Alltag tragen musst,
Empfange von der Liturgie die Weisung,
Was heute von dir fordert Gott der Herr,
Dann geh und trag die Kommunion hinaus
Und leb die Messe in des Alltags Arbeit.
Und so wird deine Arbeit zum Gebet,
Ob mit den Händen oder mit dem Geist
Du deine Arbeit tust, die dir bestimmt,
Sie ist dein Kreuz, sie ist dein Sühneopfer.
Wenn du die Messe lebst in deiner Arbeit
Und lebst im Opfer, gibst dem Herrn dich hin,
Wirst du zu einem Miterlöser werden,
Wie meine Mutter Miterlöserin
Und Mittlerin der Gnaden Gottes ist,
Und kannst verstockte Sünder so bekehren
Und Arme Seelen aus dem Fegefeuer
Befreien durch dein Opfer und Gebet.
Ich zeigte dir die Mutter von Kalkutta,
Teresa, die die wahre Kali ist,
Wie Katholiken sagen in Kalkutta.
Bevor sie ging zum Werk der Nächstenliebe,
Blieb lange sie allein, mich anzubeten,
Vorm Allerheiligsten im Tabernakel
Und opferte sich auf und gab sich hin.
Und eine junge Schwester fragte sie:
O Mutter, groß ist in der Welt die Not,
Die Arbeit groß und kurz nur unsre Zeit,
Ob wir da nicht die Zeit verkürzen sollten,
Da knieen wir, um ruhig anzubeten?
Statt einer Stunde, eine halbe Stunde
Wär doch genug, um Jesus anzubeten?
Und Mutter sprach: Ich denke drüber nach.
Am nächsten Tag sprach sie zur jungen Schwester:
Die Not ist groß, und große Arbeit wartet,
Und darum brauchen wir den Herrn noch mehr,
Zwei Stunden nehmen wir uns nun zum Beten. -
Ich will noch weiter von der Arbeit sprechen.
Sophia heißt auf griechisch ja die Weisheit,
Ursprünglich war des Zimmermanns Geschick
Sophia. Und mein Pflegevater Josef
War Zimmermann, ein Architekt und Tischler.
Der erste Mai ist ja der Tag der Arbeit,
Der erste Mai ist auch der Tag von Josef
Dem Zimmermann, der mich als Kind gelehrt,
Das Holz zu lieben und auch schön zu schnitzen,
So war ich meines Pflegevaters Lehrling
Und tat die Arbeit auch des Zimmermannes.
Nicht saß ich dreißig Jahre meditierend
Im Schatten eines Feigenbaums wie Buddha,
Ich habe dreißig Jahre still gelebt
Im Schoß der Heiligen Familie und
Getan die Arbeit eines Zimmermannes.
Und als ich meine Jünger dann berufen,
Da rief ich Männer, die die Arbeit kannten,
Mit praktischem Geschick und Kenntnis, Fischer.
So habe ich die Arbeit selbst geheiligt
Und auch geheiligt das Familienleben,
In meiner Mutter alle Mutterschaft,
Im Pflegevater alle Vaterschaft,
Und in mir selbst die Kindheit und die Jugend.
Nun gibt es eine falsche Arbeitslehre,
Die Lehre ist der Philosophen Marx
Und Engels, dass die Arbeit erst den Affen
Zum Menschen machte, dass die Arbeit ist
Des Menschen Schöpfer und Erlöser auch,
Indem die Klasse der Proleten siegt
Und Arbeit alles wird in allem sein
Und durch den revolutionären Hass
Der auserwählten Klasse wird auf Erden
Das Paradies der Arbeiter und Bauern
Errichtet, aber Religion und Glaube
An Gott sind Opium nur für das Volk,
Den Himmel überlassen sie den Spatzen,
Auf Erden wollen sie die Zuckererbsen.
Da wird mit einem falschen Mystizismus
Der Welt gelehrt des Pauperismus Lehre,
Das gut der Mensch der Arbeit, aber böse
Die Menschen des privaten Eigentums,
Die haben nicht das Menschenrecht aufs Leben.
Infolge dieser Lehre sind gekommen
Die Antichristen Lenin, Stalin, Mao,
Pol Pot und Ho Chi-Minh und Ché Guevarra.
Das war die Diktatur des Atheismus,
Da ward die Christenheit zur Marterzeugin.
So hüte du dich vor dem Kommunismus,
Vermische nie des Christentumes Wahrheit
Mit einem christlichen Marxismus, Lüge
Ist das und eine falsche Prophetie,
Der auch Ernesto Cardenal erlegen.
Erkenne deine Pflicht und tu sie täglich,
Erfülle treu nur deine Standespflicht
Und achte nicht auf den Applaus der Menschen,
Du suche nichts als Gottes Wohlgefallen,
Denn wenn der Herr mit dir zufrieden ist,
Was schert es dich, ob Menschen dich verlästern?
Schreibst du Gedichte, nun, so schreib sie gut
Und sammle Sonnenstrahlen für den Winter,
Und wenn du Poesie schaffst über Mythen,
Besinge du das Samenkorn der Wahrheit,
Von dem die weisen Kirchenväter sprachen,
Und wenn du schaffen willst dein Frauenlob,
So schreib von Hoher Minne der Madonna,
Denn dies dein Werk gefällt Jehova gut.
JOSEF
Was aber tut der seelisch Kranke, Jesus,
Der nur noch träumen kann von schönen Mädchen,
Allweiblichkeit scheint ihm das Universum,
Und er vermag nicht mehr zu unterscheiden,
Wer die Geliebte ist und wer Maria,
Weltseele wer und wer die Mutter-Gottheit?
JESUS
Cupido ists, der Götze der Begierde!
Der Mann in seiner sexuellen Kraft,
Er betet an die sexuelle Frau,
Die Sexualität wird seine Gottheit!
Das ist der Heiden alter Phallus-Gott,
Das ist der Thyrsos-Stab des alten Bacchus,
Das ist der Hammer auch des alten Thor,
Das ist die Lingam-Säule auch des Shiva,
Das ist die alte Göttin Vulva auch,
Der man in Indien gebaut die Tempel.
Der Göttin Vulva dienten Tempelhuren,
Der Sex von Mann und Frau war Gottesdienst.
So folgtest du auch einst der Aphrodite,
Weil Botticelli sie so schön gemalt,
Praxiteles die Knidia geformt.
Du hast sogar gebetet zu der Göttin.
Dann aber hattest du die Lichterscheinung
Des Christus nach dem Tode deiner Oma,
Und Gott hat dir die Hagia Sophia
Geoffenbart, wie Jakob Böhme lehrte,
Der Bibel Göttin Hagia Sophia.
Die Gottheit sprach zu dir durch den Propheten
Hosea, der mit Gomer war verlobt:
Du wirst mich nicht mehr Göttin Venus nennen,
Ich rotte aus den Namen der Astarten,
Du wirst mich Hagia Sophia nennen,
Du wirst mich nicht mehr deine Herrin nennen,
Du nennst mich deine mystische Gemahlin. -
So unter Hagia Sophias Fahne
Du nun marschierst im Kriege mit dem Teufel,
Kehr nicht zurück zu Aphrodites Banner!



VIERTER GESANG

JESUS
Wie sich die Seele mit dem Herrn vereinigt
In einer mystischen Union und Ehe,
Das lehrte ich vor allem Karmeliter.
So der Prophet Elias und Elischa auch,
Die waren Meister mystischen Gebets.
Von ihnen stammten ab die Eremiten,
Die betend auf dem Berge Karmel lebten
Und weihten Unsrer Frauen ihre Höhlen.
Die Eremiten von dem Berge Karmel
Sind ausgewandert nach Europa dann,
Wo Unsre Frau erschien dem Simon Stock
Und reichte ihm das braune Skapulier,
Das du auch stets auf deinem Leibe trägst.
Teresa dann von Avila in Spanien
Den Karmel reformierte, und sie lehrte
Das innerliche Beten mit dem Herzen,
Johannes von dem Kreuz sang den Gesang
Der Hochzeit Sulamiths mit Salomo.
Therese von Lisieux, die kleine Blume,
Den kleinen Weg der Gotteskindschaft lehrte,
Die Liebe zu dem kleinen Jesuskind,
Die Mystik von den Sühneopferleiden.
Elisabetha von Dijon dann lehrte,
Den Himmel in dem Herzen schon zu haben,
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
Zu haben in dem innern Herzenstempel,
Teresa Benedikta von dem Kreuze,
Die weise Edith Stein, hat dich belehrt
In Weisheit und in Kreuzeswissenschaft.
Solch eine Zeugen-Wolke ist um dich,
Du bete stets zu deinen Heiligen.
JOSEF
Wir feiern jedes Jahr die schöne Weihnacht,
Wir singen Josef und Maria und
Das blondgelockte Jesuskind im Stroh,
Doch sagtest du dereinst, o Jesus Christus:
Eh Vater Abraham geboren wurde,
Bin ich gewesen. - Narren nun behaupten,
Dass du in einer Seelenwanderung
Und Reinkarnation schon oft gekommen,
Du warest Buddha, warest Zarathustra,
Du warst der Hohepriester Melchisedek.
Doch gibt es keine Seelenwanderung
Und Reinkarnation, ein Leben nur,
Wie Paulus sagt, und dann kommt das Gericht.
JESUS
Am Anfang war der Logos, war bei Gott,
Ein Gott der Logos, ist der Gott vom Gott,
Der wahre Gott vom wahren Gott, das Licht
Vom Licht. Und vor dem Anbeginn der Schöpfung
Der Logos war der Sohn, eins mit dem Vater,
Vereinigt beide in dem Geist der Liebe.
Schon Heraklit von Ephesos erkannte
Den Logos als das Ewige in all
Dem Werden und Vergehen der Natur,
Er sprach, dass dieser Logos innen wohne
Im Seelengrund des Menschen. Und die Stoa
Verehrte auch den Logos als Vernunft,
Als Allvernunft im Innern der Natur
Und in dem inneren der Seele auch,
Der Weise, der gemäß dem Logos lebe,
Der lebe glücklich in Vernunft und Tugend.
Und diese göttliche Vernunft, die Nous
Genannt ward oder Zeus, genannt ward Logos,
Bin ich und bin als Mensch mit Fleisch und Blut
Und Seelengeist und Gottheit einst geboren
Zur Zeit Augustus‘ von der Jungfrau-Mutter
Maria, welche vor und in und nach
Der göttlichen Geburt intakt geblieben,
Die Gottgebärerin, die Gottesmutter!
Dir aber habe ich mich offenbart
Als Hagia Sophia, Gottes Weisheit.
Das Urbild der Verehrer der Sophia
Ist Salomo, der weise Friedenskönig,
Auch Baruch oder Jesus Sirach liebten
Die Hagia Sophia und Maria,
Auch Paulus war Verehrer der Sophia
Und Philon auch von Alexandrien
Und Augustinus und Boethius
Und Dante auch in der Commedia
Und Heinrich Seuse und die Hildegard
Und Jakob Böhme auch und Sankt Grignion
Und Gottfried Arnold auch und Franz von Baader
Und Solowjew und Bulgakow und du!
Und ich bin diese Hagia Sophia!
Doch hab ich dir die Liebe auch gezeigt
Und die Vision von Hildegard von Bingen
Der Magna Mater Caritas Divina,
Die lag im breiten Ehebette Gottes,
Der Magna Mater Caritas Divina,
Die trug den eingebornen Sohn am Busen,
Die hält die Welt im Innersten zusammen!
Und die Mission der Caritas Divina
Hab ich gezeigt dir in Teresa, in
Der Großen Mutter Kali von Kalkutta,
Und als du Waisenkindern Vater warst,
Als du der Witwe warst ein Ehemann,
Da liebte Gott dich mehr als deine Mutter!
Einst lehrte dich ein Missionar aus China,
Ich meine Hudson Taylor mit dem Zopf:
Du bete, als ob alles einzig abhängt
Von deinem starken inneren Gebet,
Und dann tu deine Arbeit, als ob alles
Von deiner Arbeit abhängt ganz allein.
Denn tot ist Glaube ohne Liebestaten.
Du sollst nicht nur mit schönen Worten lieben,
Bist du auch inspirierter Minnesänger,
Des Worts Verehrer, du verachte Wörter,
Die nichts als Wörter sind, lieb in der Tat!
Und wenn du als ein Hoher Minnesänger
Der Dame dichtest goldne Schmeichelei
Und sie Madonna nennst und Himmelsgöttin,
Dann pass du auch auf ihre Hunde auf,
Dann gib du ihren Kindern auch zu essen,
Dann rate ihr bei irdischen Problemen,
Dann halte ihr die Hand im Sterbebett!
Von deiner inneren Zerrissenheit
Ich habe dich erlöst und eingetaucht
In eine tiefe Apathie und Ruhe
Der Seele und den Frieden dir geschenkt,
Zuerst den Frieden mit dem Vater Jahwe,
Dann deinen innerlichen Herzensfrieden,
Der Frieden mit der Mutter und der Freundin,
Der Frieden mit der ganzen Christenheit,
Den Frieden mit den Völkern dieser Erde,
Und auch, soweit es nur an dir gelegen,
Die Frieden auch mit allen deinen Feinden.
So lehrte dich die Königin des Friedens,
Und wenn du unter ihrem Mantel bist
Und ruhst als Kind an ihrem Mutterbusen,
Als Bräutigam am Unbefleckten Herzen,
Dann hast du innerliche Ruhe auch,
Wenn draußen in der Welt der Sturmwind bläst,
Die Meere beben und die Erde bebt,
Vulkane brechen aus, Kometen stürzen!
Dann ist in dir die Seelenruhe stärker
Und überwindet alle Schicksalsschläge,
Wie dich die Hagia Sophia lehrte
Durch ihren Philosophen Seneca.
Du bleib nur immer treu dem Corpus Christi!
Du weißt, im Sakramente des Altares
Sind Leib und Blut und Seele und die Gottheit
Des Christus wesentlich und wirklich da,
Da kniee du in meiner Gegenwart
Und bet mich an als deinen Herrn und Gott
Und höre auf mein aktuelles Wort
Im Evangelium und in der Predigt
Und dann empfange mich mit deinem Mund
Und werde, was da bist, ein Andrer Christus!
Askese lass dir nicht zuwider sein,
Beherrsche du dein Leben der Gefühle,
Lass dich von deinen Launen nicht beherrschen,
Sei freundlich allezeit zu jedermann
Und achte allzeit die Person des Nächsten,
Benutze keinen Menschen nur als Mittel
Und kränke keinen Menschen durch dein Wort,
Drum zügle deine Zunge in dem Mund,
Und rede über keinen Menschen schlecht,
Und deine Feinde sollst du nicht verfluchen.
Und strebe nicht nach Glück in dieser Welt,
Lass nicht die Lust dein höchstes Streben sein,
Verachte Mammon, mit dem Geld tu Gutes.
Auch sollst du nicht die Obrigkeit verlästern,
Sei nicht im Bund mit Revolutionären,
Denn niemand wird durch Mammons Gnade selig.
Und achte, was den Menschen heilig ist,
Und dränge deinen Glauben keinem auf.
Nun will ich von den wahren Werten reden,
Ich zeige dir die Werte-Pyramide.
Der Mensch will leben, reine Lüfte atmen,
Will sich ernähren, reines Wasser trinken,
Gesundes Brot verzehren und Gemüse
Und Fleisch, das chemisch nicht vergiftet ist,
Der Mensch begehrt, sich liebend fortzupflanzen
Und sexuelle Freuden zu genießen.
Dann will der Mensch gesellig sein, nicht einsam,
Will Kinder haben und will Freunde haben
Und leben in der kirchlichen Gemeinschaft,
Die Heimat ehren und das Vaterland,
Die Pflicht tun als ein Bürger seines Staates.
Dann will der Mensch die Schönheit auch genießen,
Des Gartens Schönheit oder der Musik,
Der Frauen Schönheit und der Poesie
Und wohnen auch in schönen Häusern und
Der ganzen Schöpfung Herrlichkeit genießen.
Dann will der Mensch den Geist befriedigen,
Er ehrt die Wissenschaft, er ehrt die Weisheit,
Die Weisheit aller Alten, aller Völker,
Er strebt nach Bildung und nach Welterkenntnis.
Der höchste Wert, nach dem die Menschen streben,
Das ist die Heiligkeit, die Gottesliebe.
Erst auf der Werte-Pyramide Gipfel,
Beim Streben nach der Heiligkeit vor Gott,
Erst da vollendet sich das Menschenbild.
Denn höher als das Glück steh dir das Kreuz,
Das Kreuz allein sei einzig deine Hoffnung.
Ich lad dich ein zum Sühneopferleiden,
Du leidest mit an der Passion des Herrn,
Du bist wie ich zu Tode tief betrübt,
Du bist wie ich vom Freundeskreis verlassen,
Du bist wie ich von deinem Gott verlassen,
Du fährst wie ich hinunter in die Hölle!
Und das ist dein Martyrium, das weiße,
Für alle deine Sünden tust du Buße
Und rettest so verstockte Sünder und
Befreist die Toten aus dem Fegefeuer
Und leistest Sühne für die Kränkungen,
Mit denen Protestanten meine Mutter
Beleidigen und mich in meiner Mutter,
Und stellvertretend für das deutsche Volk
Preist du die Makellose Mutter Gottes!
Der Vater in den Himmeln ist dein Jahwe,
Der schaut mit Wohlgefallen auf dein Opfer,
Er sieht in dir den Gottessohn am Kreuz,
Den lieben Sohn, des Vaters Wohlgefallen.
So habe ich die Wahrheit dich gelehrt,
Die absolute und katholische,
Die allumfassende, die Wahrheit Gottes.
Es gibt nur einen wahren Gott im Himmel,
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit,
Es gibt nur einen offenbarten Glauben,
Das ist das apostolische Bekenntnis,
Es gibt nur eine wahre Kirche, ja,
Sie heißt Ecclesia catholica.
So strebe nach der Wahrheit, nach der Weisheit,
Die Weisheit wird befreien dich von allen
Irrlehren oder Ideologien,
Den Sieg im Kampfe mit den Häresien
Hab ich der Gottesmutter übergeben.
Maria sei dir Lehrerin der Weisheit,
Vermittlerin, Versöhnerin der Weisheit,
Maria sedes sapientiae!
Und wenn dich Zweifel plagen, mein Geliebter,
Vertraue alle Zweifel der Madonna,
Sie wird dich unterrichten und belehren,
Dich täglich neu bekehren zu dem Herrn.
Nur Mut, mein Sohn! Maria ist ja bei dir!



FÜNFTER GESANG


JOSEF
Du sprichst vom Meditieren, Kontemplieren,
Du lobst die Werke auch der Caritas,
Was ist nun besser: Arbeit oder Beten?
JESUS
Bedenke einmal Jakobs Ehefrauen,
Da Lea war von großer Fruchtbarkeit,
Und Lea ist ein Inbegriff der Werke,
Doch ihre Augen waren matt, nicht leuchtend.
Sie war die Ungeliebte seiner Frauen,
Doch Rahel war die Favoritin Jakobs,
Und ihre Augen waren schön und leuchtend,
Und sie war schlank, von lieblicher Gestalt,
Sie ist der Inbegriff des innern Betens.
Und denke auch an meine lieben Freunde,
An Lazarus und Martha und Maria,
Wie Martha stets sich Alltagssorgen machte
Und dachte an das Haus nur, an die Arbeit,
Maria von Bethanien jedoch
Zu meinen Füßen saß und lauschte mir
Und war der Weisheit stille Beterin,
Und wie ich sagte: Martha, Martha, du
Machst dir viel Sorgen um die Alltagsdinge,
Maria hat das Bessere erwählt,
Ich will das Kontemplieren ihr nicht nehmen.
So ist das Kontemplieren besser doch.
Zuerst kommt ja die Liebe zu dem Herrn
Und dann kommt erst das Werk der Nächstenliebe,
Das ist die Hierarchie der Gnadengaben.
Und so ist gut das eheliche Leben
Und heilig ist der Sex auch in der Ehe,
Doch besser die Jungfräulichkeit für Gott.
Denn wenn der Mann mit einer Frau vermählt ist,
Dann sorgt er, wie er seiner Frau gefalle
Und wie er Frau und Kinder gut versorge,
Wer aber ehelos für Jahwe lebt,
Der sucht allein das Wohlgefallen Jahwes.
Das eine ist zwar gut, das andre besser,
Doch jeder lebe, wie er ward berufen.
Ja, jeder folge der Berufung, die
An ihn erging im inneren Gebet,
Der eine lebt als treuer Ehemann,
Der andre ist ein Ordensmann, ein Priester,
Der dritte lebt als Jungfrau in der Welt.
Doch alle sind zur Heiligkeit berufen,
Und ich erlaube nicht dem Ehemann
Und dem Familienvater, nicht zu streben
Nach Heiligkeit in Ehe und Familie.
Wem viel ward anvertraut von Gottes Geist,
Von dem wird viel gefordert im Gericht.
Ein jeder wird gerichtet von dem Richter
Nach seinem eignen Maße seines Glaubens,
Nicht alle glauben ja mit gleicher Kraft,
Ein jeder glaube, wie es ihm geschenkt ist.
So folge du dem Evangelium
Und setz das Evangelium konkret
In Taten um, soweit du es verstehst,
Buchstäblich Gottes Wort sollst du erfüllen.
Nicht jeder kennt das Evangelium
In gleicher Tiefe, aber was er weiß,
Was er versteht, soll er in Treue leben,
Dass er besteht vor dem Gericht des Wortes.
So lebe du nicht mehr dein eignes Leben,
Nein, ich will in dir leben, ich, der Weg,
Die Wahrheit und das Leben, ich bin in dir,
So werde du ein alter ego Christi,
Wie ich ein Gottmensch bin nach der Natur,
So werde du ein Menschengott aus Gnade,
Auf dass das Wort noch einmal werde Mensch
In dir und dass du wirst ein Andrer Christus.
Doch dazu muss ich reinigen dein Herz,
Und das geschieht in dunkler Nacht der Sinne,
Da siehst du Gottes Licht nicht mehr in dir,
Da fühlst du in dir nicht mehr Gottes Liebe,
Da schmeckst du nicht, wie süß ist Gottes Wort,
Du wirst gereinigt von der sinnlichen,
Gefühlsbedingten Liebe zu dem Herrn,
Und das ist schmerzlich für die Seele, ja,
Denn Kinder lieben doch zu sehr das Süße,
Doch wenn du reifen willst, erwachsen werden,
Dann musst du durch die dunkle Nacht der Sinne,
So wird ein reiner Glaube in dir reifen,
Dann stehst du ab von geistlicher Genusssucht
Und Völlerei und Sinnlichkeit des Geistes
Und liebst den Herrn auch in der Trockenheit,
Zu dir kommt neue Offenbarung in der Wüste.
Ein Christ soll aber nicht als Weltmann leben,
Der weltlich denkt ans Essen und ans Trinken,
Ans Geldverdienen, an den Sex mit Frauen,
Der Mensch lebt von der Arbeit nicht allein,
Wenn du am Tag den Rosenkranz gebetet,
Dann hast du mehr getan mit größerm Sinn,
Als wenn du im Büro dein Geld verdient,
Der Mensch lebt nämlich nicht vom Brot allein,
Und eines Tages wird die Menschheit merken,
Dass man das böse Geld nicht essen kann,
So wie der König Midas in dem Mythos,
Der bat von Gott, dass alles, was er anrührt,
Zu reinem Golde werde, und so wurde
Das Brot zu Gold, und so ist er verhungert.
Und hüte dich, dass nicht dein Herz verfinstert
Durch Leidenschaften werde, heißes Blut,
So dass dein Herz wird aufgewühlt und wild,
Dass in Begier-Besessenheit dein Herz
Nichts andres sieht mehr als den Schoß der Frau,
Dann werden deines Herzens Augen blind,
Dann siehst du nur das Weib, das ewig lockt,
Und nicht das Ewigweibliche, dass dich
Hinanzieht zu der Glorie der Liebe.
Doch wenn dein Herz ist rein, dann wirst du schauen
Wie einst Wladimir Solowjew geschaut,
Neun Jahre alt war er, als in der Kirche
Gesehen er die Hagia Sophia,
Die war nicht wie das kleine dumme Mädchen,
Die er geliebt, wovor die Amme warnte,
Nein, Hagia Sophia kam vom Himmel.
Und später in dem Britischen Museum,
Wo in der Bücherei gelesen er
Die Philosophen und die Theologen,
Da sah er wieder Hagia Sophia,
So schön sie war, er liebte sie von Herzen
Und nannte sie geheimnisvolle Freundin.
Dann hörte er den Ruf Sophias, die
Ihn nach Ägypten rief, so reiste er
Nach Kairo, ging dann einsam in die Wüste,
Die Beduinen hielten ihn für Satan,
Er aber sah im Licht der Morgenröte
Der Hagia Sophia Herrlichkeit,
Die unaussprechlich groß und licht und schön.
So suche stets die Herrlichkeit des Herrn,
Mein Licht, der ich bin Licht vom wahren Licht,
Ich bin das Licht, das jeden Mensch erleuchtet.
Ich bin das Licht der menschlichen Vernunft,
Wenn dir ein Licht aufgeht im reinen Denken,
Ich bin das Licht der Wahrheit, die dich freimacht,
Bin nicht die Finsternis der Meinungen,
Ich bin allein die absolute Wahrheit,
Ich bin das Licht des Glaubens, der erleuchtet,
Gehorsam nimm die Offenbarung an,
Wie ich sie meiner Kirche anvertraut,
Ich bin das Licht der Gnade, die dich heiligt,
Das Leben der Dreifaltigkeit in dir,
So hast du Anteil an der Gott-Natur,
Ich bin das Licht der Herrlichkeit im Himmel,
Da ist es alles ein kristallnes Meer,
Da alles wahr ist, alles klar und deutlich,
Die Gottheit offenbar und unverschleiert.
So preise du die Transzendenz des Vaters,
Die Immanenz der Mutterliebe Gottes!
Und wenn du schaust die Schönheit in der Schöpfung,
Erkenne wie im Spiegel Gottes Schönheit.
Ein Narr ist, der die Welt für einen Gott hält,
Doch in der Schöpfung sind die Spuren Gottes.
Ein Narr ist auch, der Gott von seiner Welt trennt,
Glaubt nur die transzendente Erstursache
Und glaubt nicht an die permanente Schöpfung
Und glaubt nicht an die Immanenz des Schöpfers.
Du aber hast geahnt im Sommergarten,
Wie da der Erdbeerbusch sich liebend sehnte
Zum Thymian und sich die Düfte mischten,
Wie in vitaler Grünkraft der Natur
Der schöpferische Eros Gottes glühte,
Das lehrte dich Sankt Hildegard von Bingen.
Doch keiner kann erkennen in der Schöpfung
Die Schönheit Gottes und die Liebe Gottes,
Der nicht den Weg geht innerlich vertieft.
Was wissen denn die Narren, die nichts kennen
Als die Materie der Außenwelt
Und haben keine Kenntnis ihrer Seele!
Das lehrte dich die heilige Teresa
Von Avila, dass deine Seele ist
Gleich einem Schloss mit sieben Kammern, die
Von außen sich nach innen zu bewegen,
Und in der siebten Kammer deiner Seele
Befindet sich das Brautgemach der Gottheit.
Und Edith Stein belehrte dich darüber,
Dass deine Seele wie ein Trichter ist,
Da geht es immer weiter in die Tiefe,
Doch gibt es keinen festen Grund der Seele,
Der Grund der Seele nämlich ist geöffnet
Zur innerlichen Gottheit, dem Geheimnis.
So hast du in der Freundin auch erkannt,
Dass ihre Seele siebenfach verschleiert,
Dass ihre Seele ein Mysterium,
Das mündet ins Mysterium der Gottheit.
Gott ist dir innerlicher, als du selbst bist,
Gott ist dir näher als die Halsschlagader,
Gott liebt dich mehr, als du dich selber liebst,
Gott kommt von außen nicht, vom Sternenhimmel,
Gott ist in dir, ist in dem Seelenfunken,
Gott ist dein angebornes Gottesbild,
Und darum ist auch jede Seele Christin.
So sagte Augustinus auch zu Gott:
O Schönheit, draußen hab ich dich gesucht,
Hab dich gesucht in der Natur, den Frauen,
Doch lebst du ja im Innern meiner Seele,
O Schönheit, und ich muss es doch bedauern,
Dass ich so spät dich erst geliebt, o Gott!
Was hindert dich, den Gott in dir zu schauen?
Das sind die Sünden. Und die Wurzelsünde,
Das ist der Stolz, da denkt der Mensch, er sei
Viel weiser als der einzig-weise Gott,
Das Gegengift dagegen ist die Demut,
So sprach Maria: Ich bin Gottes Magd.
Auch wiegt der Habsucht Sünde heut sehr schwer,
Da viele glauben an den Götzen Mammon,
Franziskus aber liebte Herrin Armut.
Sehr giftig ist der Neid, auch unter Christen,
Wenn einer klüger als die andern ist,
Dann kommt der Neid, dagegen hilft allein
Die Bruderliebe und die Dankbarkeit.
Ein heißes Feuer aber ist der Zorn,
Der nichts zu tun hat mit dem Zorne Gottes,
Die Wut sieht nichts und niemand, poltert nur,
Da muss man beten um den innern Frieden.
Das große Laster eurer Gegenwart
Ist die Luxuria, die wilde Wollust,
Da betet man den nackten Sexgott an,
Da muss man beten um Marias Reinheit.
Und maßlos sind sehr viele, auch die Kinder,
Im Essen maßlos und im Trinken maßlos,
Im Spielen maßlos und im Schlafen maßlos,
In der Begierde maßlos, selbst die Liebe
Wird maßlos, und die Frau wird dir zum Gott.
Und schwer belastet auch vom Überdruss
An Gottes Dingen sind sehr viele Seelen
Und lieben Trägheit mehr als Nächstenliebe,
Da muss man beten um den Geist des Herrn,
Der da lebendig macht und inspiriert.
Doch wenn du sieben Sünden überwindest
Und nimmst die siebenfache Tugend an,
Die Liebe und den Glauben und die Hoffnung,
Mut, Mäßigung, Gerechtigkeit und Klugheit,
Das sind der Himmelstreppe sieben Stufen,
Wenn du die gehst wie Magdalena einst,
Gelangst du zur Vereinigung mit Gott.
Drei Welten musst durchwandern du allein,
Dass du gelangst zur Einigkeit mit Gott,
Die erste Welt, die Welt der Reinigung,
Ist schmerzlich brennend wie das Fegefeuer,
Die zweite Welt, die Sphäre der Erleuchtung,
Sie gleicht dem Garten Eden auf dem Gipfel
Des steilen Berges deines Fegefeuers,
Die dritte Welt, die Welt der Einigung,
Das ist das Himmelreich in deinem Herzen,
Drei Sphären gibt es in der Welt der Einung,
Die erste Sphäre, das ist die Verlobung
Der Seele mit dem Herrn und Bräutigam,
Die zweite Sphäre ist die Gottes-Ehe,
Da ewig ist der Bund von Gott und Seele,
Die dritte Sphäre aber ist das Einssein,
Da ist die Seele Gottheit in der Gottheit.
So sage deinen Brüdern, deinen Schwestern:
Das Himmelreich ist kein verwunschner Garten,
Das Paradies ist die Umarmung Jesu!
Nun musst du gehn den Weg des Meditierens,
Beschau das Wort des Evangeliums
Und wie die Kuh kau Gottes Worte wieder.
Und täglich bete du den Rosenkranz
Und wende oftmals dich zur Vielgeliebten,
Ein jedes Ave ist ein Kuss Mariens.
Bet in der Liturgie das Vaterunser
Und komme dann vom mündlichen Gebet
Zum herzlichen Gebet mit eignen Worten
Und von dem herzlichen Gebete komm
Zum Meditieren über Gottes Weisheit.
Dann ruhe friedlich du im Geistes Gottes
Und ruhe im Gewölk der Herrlichkeit,
Nichtwissen ist wie eine goldne Wolke,
In der sich offenbart die Gottesweisheit.



SECHSTER GESANG

JESUS:
Ich habe dir doch einen Mann gezeigt,
Der nur für seine Arbeit leben wollte,
Der kannte keinen Sabbath, keinen Sonntag,
Der hatte keine Zeit für seine Frau,
Der wollte goldne Barren scheffeln,
Mit vierzig Jahren müßig dann zu gehen,
Der glaubte, dass die Arbeit und das Gold
Ihm die Erfüllung seiner Sehnsucht gebe,
Und dass der Mammon gebe Sicherheit.
Ich zeigte dir, wie er zusammenbrach,
Und in Verzweiflung an den Selbstmord dachte,
Schon mit dem Messer plante seinen Selbstmord,
Als ich erschien und rief ihn in mein Reich.
So glaubten an den Götzen Arbeit auch
Die Kommunisten, denen war die Arbeit
Der Menschheit Schöpfer und der Welten Heiland,
Sie schufen so ein Reich der Sklaverei,
Das ich gestürzt mit meiner Mutter habe.
Du achte besser auf dein Selbst mein Lieber,
Geh gnädig mit dir um, sonst tut es keiner,
Und liebe deine Seele, wie sie Gott liebt.
Wenn du dein Leben nicht vom Schöpfer annimmst,
Dann lehnst du ab des Universums Schöpfung
Und wünschest dir, du wärest nie geboren.
Was aber ist der Mensch, der Menschensohn,
O Gott, dass du ihn wertschätzt und ihn liebst?
Mein Lieber, rede du mit deiner Seele!
So tat es David auch in einem Psalm:
O meine Seele, was betrübst du dich
Und bist so ruhelos in mir, o Seele?
So musst du auch mit deiner Seele reden
Und liebe sie als deine beste Freundin!
Doch sollst du deine Seele nicht verwechseln
Mit jener Seele deiner Vielgeliebten,
Ihr seid nicht eins, ihr seid noch immer zwei!
Die Seele deiner Seele, das bin ich,
Ich lebe in dem Innern deiner Seele.
Ich habe dir das Charisma gegeben
Der Liebe zu der Weisheit, zu Sophia.
Du kannst nicht Griechisch, nicht Latein, Hebräisch,
Du kennst nicht Aristoteles und Thomas,
Auch ist dein Hirn zerstört von deiner Krankheit,
Doch gab ich dir die Weisheit in dem Geist,
Die du allein durch das Gebet erlangst
Und durch Geduld beim Hangen an dem Kreuz,
Dort wird unmittelbar die Weisheit eingegossen
Von Jesus Christus und von Sankt Maria.
Doch sollst du auch die Liebe nicht verschmähen!
Ich weiß, die Liebe hat dir weh getan,
Die Vaterliebe und die Mutterliebe
Und allermeist die große Frauenliebe!
So denkst du: Liebe ist ja nichts als Schmerz!
Doch fühlst du nicht, wie dich Maria liebt,
Bedingungslos und grenzenlos und brennend?
Sie lehrt dich, an die Liebe neu zu glauben.
Und ihre Liebe ist das Sakrament
Der Mutterliebe Gottes, die dich liebt,
Die Hagia Sophia, deine Frau!
Und bist du so geliebt von deiner Gottheit,
Dann fließe über auch von Nächstenliebe
Und siehe die Person an, die bedürftig,
Dann lernst du erst die rechte Bruderliebe,
Die dich vereint mit jedem Katholiken,
Dann lehre ich dich auch die Feindesliebe:
Für deine vielen Feinde sollst du beten!
Wähl dir zur Freundin deine Einsamkeit!
Ich sing die Hymne deiner Einsamkeit:
Es sagte Blaise Pascal dereinst so richtig,
Dass alles Übel einzig daher kommt,
Dass nicht der Mensch in seinem Hause bleibt.
Und in der Imitatio Christi sagte
Der weise Thomas und zitierte da
Den weisen Seneca, dass oft der Mensch
Mit einem vollen Herzen aus dem Haus geht
Und kommt frustriert mit leerem Herzen heim.
Und hast du das nicht oft erfahren schon?
So bleibe du allein mit der All-Einheit,
Denn der all-eine Gott ist eins mit dir.
Denn wenn du auch allein bist, doch nicht einsam
Bist du, denn Gott ist mit dir und Maria,
Schutzengel sind mit dir und Heilige.
So lerne du den Tod des eignen Ich!
Hat dir denn nicht auch Sokrates gesagt,
Der Philosophen Streben ist der Tod,
Um unverhüllte Wahrheit anzuschauen?
Und was ist anders eines Christen Tod,
Als ins All-Eine ganz allein zu gehen?
Wenn deine Seele ist betrübt zu Tode,
Dann an den Garten von Gethsemane
Erinnre dich und meine Todestrauer,
Wie alle Freunde mich allein gelassen,
Wie mich mein Freund mit einem Kuss verriet,
Wie mich die Priester und die Staatsbeamten
Verurteilt haben, ich sei Lästerer,
Wie ich verhöhnt ward als der Juden König,
Wie man mich angespuckt und mich geohrfeigt,
Wie unterm Kreuze ich zusammenbrach,
Noch Mitleid mit den armen Frauen hatte,
Wie ich ward angenagelt und durchbohrt‚
Und ich mich fühlte schrecklich Gott-verlassen,
Wie mir das Herz brach, ich verblutete,
Wie ich hinabgestiegen in die Hölle!
Bedenke das in deiner kranken Schwermut,
Dann spürst du, dass ich immer bei dir bin.
Lies oft im Evangelium die Verse,
Die schildern die erlösende Passion!
Denn das hat mehr Verdienst, als dich zu geißeln.
Und höre auf Teresas Ratschlag auch,
Wenn Fasten und Gebet, dann Fasten
Und Beten, Beten, Beten; und wenn Rebhuhn,
Dann Rebhuhn! Höre auf die Irren nicht,
Mit ihrer neuen Speisevorschrift, denn
Ihr Gott, das ist der Bauch; denn was du isst,
Das wird als Kot nur wieder ausgeschieden,
Und es ist alles rein dem, der Gott dankt.
Ich muss dich warnen vor der Sinnlichkeit,
Dein Ziel sei nur die Über-Sinnlichkeit.
Wenn nur der Mann die Ader schlagen hört
Und sieht die Frau nur an als Lustobjekt,
Als Sex-Idol, so wird sein Geist geblendet
Und er verliert die Ruhe seiner Seele.
Bewahre stets den Frieden deines Herzens,
Indem du Frieden machst mit Gott dem Schöpfer
Und deinen Willen einst dem Willen Gottes.
Vergiss die Wünsche deines Egoismus,
Der Herr allein dein Leben wird vollenden.
O wenn du einmal spürst die Ruhe Gottes,
Denn Gott ist Frieden, Gott ist die Eirene,
In Gott allein ist Frieden für die Seele.
Du weißt, des Ostens Kirchenväter sagen,
Dass Gott ist Ruhe, stille Apathie,
Nicht aufgewühlt von Eifersucht und Zorn,
Von Leidenschaft, Begierde, Habgier, Hass,
In Gott ist Frieden nur und tiefe Ruhe.
So bete für die Toten, dass sie kommen
Zu ihrer Ruhe, zu der Ruhe Gottes,
Und weihe du die Erde voller Krieg,
Nationen, Religionen voller Hass
Dem reinen Geist der Königin des Friedens.
Verehre du den unbefleckten Geist,
Den Geist der Weisheit, als den puren Geist,
Als Ruach ha kadosch, als sanftes Säuseln,
Und dieser stille friedevolle Geist
Wird ziehen dich in die Versenkung Gottes,
So atmest du die Liebe in die Welt
Und offenbarst den Menschen meinen Frieden.
Des Menschen Wille ist sein Himmelreich,
Des Menschen Wille ist sein Höllenfeuer.
Vereinige den Willen, die Vernunft,
Mit Gottes Liebe und mit Gottes Weisheit.
Wenn du den Willen unterwirfst dem Herrn
Und Knecht des Herrn bist, seinen Willen tust,
Dann bist du auf der ersten Stufe erst,
Die nächste Stufe ist Vereinigung
Aus großer Liebessehnsucht deiner Seele,
Da du verlobt bist mit des Schöpfers Willen,
Des Schöpfers Wille aber ist die Liebe,
Die Liebe mehr sucht als Vereinigung,
Die Liebe sucht das Einssein und die Einheit.
All-Einheit, Lieber, ist nicht ein Gefühl
Des Mystizismus in dem Rausch des Weins,
Wie Pantheisten lallen in der Nacht,
All-Einheit kommt, wenn du dem Meister gleich,
Der Jünger wird zu einem zweiten Christus,
Zu einem zweiten menschgewordnen Wort.
Wenn du jedoch die eignen Wünsche nur
Ins Zentrum deines Lebens stellst begehrlich
Und Erdengüter nur begehrst und Glück
Und Lust und Selbstverwirklichung des Ich,
Dann wirst du nicht zum Mann nach Gottes Herzen,
Dann wirst du nicht zum Menschen, eins mit Gott,
Dann wirst du nicht zum Menschengott aus Gnade,
Dann bleibst du Staub und Spielball der Dämonen.
Die Leidenschaften bringen Leiden nur,
Die Weisheit aber bringt dir Seelenruhe.
Die sexuellen Triebe, losgelöst
Von Liebe von Personen zu Personen,
Die sexuelle Lust lässt unerfüllt
Und unbefriedigt deinen Durst der Seele,
Ob du den Sex auch einen Sexgott nennst,
Die genitalienliebende Kythere,
Du weißt, nur Gott befriedigt deine Liebe.
Die Venus ohne Leidenschaft, die reine,
Die Venus Russlands hab ich offenbart,
Das ist die Lady Hagia Sophia,
Sie liebt dich mehr als je ein Weib dich liebte!