VON TORSTEN SCHWANKE
DAS NIBELUNGENLIED
NACHGEDICHTET VON TORSTEN SCHWANKE
ERSTER GESANG
Viel Wunder sagt man
uns und Sagen alter Zeit,
Von Helden, wert des
Ruhms, voll Mut und Tapferkeit,
Von Freuden und vom
Fest, von Weinen, Trauern, Klagen,
Von kühner Ritter
Krieg magst du nun hören sagen.
Es wuchs im Land
Burgund ein edles Mädchen rein,
Dass in dem ganzen
Land nichts Schönres konnte sein,
Kriemhilde rief man
sie, die schönste aller Weiber,
Dass viele Ritter
drum verloren ihre Leiber.
Zu lieben diese
Frau, das brachte keine Scham,
Manch Ritter warb um
sie, es war ihr keiner gram.
Schön war sie ohne
Maß, die Jungfrau, anzuschauen,
Der Jungfrau Tugend
war das Schmuckstück aller Frauen.
Drei Fürsten
pflegten sie, die waren gut und reich,
So Günther, Gernot
auch, war ihnen keiner gleich,
Und Giselher war
jung, ein auserkorner Degen,
Sie ihre Schwester
war, die sie sie taten pflegen.
Die Herren waren
mild, ihr Stammbaum voller Mark,
Von Kräften maßlos
kühn die Ritter, ruhmreich stark,
Es war ihr Land
genannt zu Recht nach dem Burgunder,
Die sie in Etzels
Land noch taten große Wunder.
Sie wohnten an dem
Rhein in Worms mit großer Kraft,
Es diente in dem
Land die stolze Ritterschaft
Mit Ehre und mit
Ruhm in ihres Lebens Zeiten,
Bis Jammer kam und
Tod durch zweier Frauen Streiten.
Die Mutter Ute hieß,
die reiche Königin,
Der Vater Dankwart
hieß, der ihnen zum Gewinn
Im Tode hinterließ,
was wollte er vererben,
Der gute treue Mann
in seines Alters Sterben.
Drei Fürsten waren
sie, wie ich schon kund getan,
Vom großem Mut und
stark, und ihnen untertan
War manch ein Ritter
stolz, davon die Märchen sagten,
Von Mut und
Tapferkeit, die immer unverzagten.
Von Tronje Hagen war
und auch der Bruder sein,
Der schnelle
Dankwart auch, von Metz Herr Ortewein,
Zwei Grafen auch
dazu, der Eckewart, der Gere,
Und Volker von
Alzei, der starke und der hehre.
Der Küchenmeister
war Herr Rumold, der aß gern,
Und Sindold, Hunold
auch, die ritterlichen Herrn,
Die dienten an dem
Hof, des Königs Untertanen,
Und Ungenannte noch
dazu mit edlen Ahnen.
Der Marschall
Dankwart war, es war der Neffe sein
Des Königs
Truchsess, der geliebte Ortewein,
Und Schenke Sindold
war, dem Weine nicht zu wehren,
Und Hunold Kämmerer,
die Ritter hoher Ehren.
Und von des Hofes
Ruhm und von der Manneskraft
Und von der Würde
Stolz und edler Ritterschaft
Und wie sie lebten
gern mit Wonne all ihr Leben,
Davon nicht Einer
dir kann ganze Kunde geben.
In ihrem hohen Ruhm
da träumte Frau Kriemild,
Sie zög den Falken
auf, der stark und schön und wild,
Zwei Adler griffen
ihn, wie sie es konnte sehen,
Ihr konnt in dieser
Welt nicht größer Weh geschehen.
Sie sprach zur
Mutter dies, Frau Ute glaubt es kaum:
Der Falke, den du
ziehst, wie deute ich den Traum?
Der Falke, den du
ziehst, das ist ein Mann und Ritter,
Behüte ihn der
Gott, sonst wird es sehr ihm bitter.
Was sprichst von
Liebe du, getreue Mutter mein,
Ich will doch ohne
Mann im Leben immer sein,
So bleib ich jung
und schön, bis mich der Tod dann töte,
Dass ich vom Ehejoch
nicht kriege große Nöte.
Sprich nicht so
töricht, Kind, die Mutter sagt es so,
Sollst du in dieser
Welt von Herzen werden froh,
Das kommt von
Liebeslust, du bist ein schönes Weibchen,
Dass dir der Herr
gewähr noch eines Mannes Leibchen.
Lass bleiben diesen
Spruch, geliebte Mutter mein,
Es hat an mancher
Frau gelehrt der Augenschein,
Wie süße
Liebeslust gelohnt mit schweren Leiden,
Dass Gott mich nur
verschont, ich will sie beide meiden.
Kriemhild in ihrem
Sinn hielt sich von Minne frei,
Der Guten ging so
Tag um Tag sehr still vorbei,
Sie kannte keinen
Mann, der ihr gewährte Wonnen,
Bis sie mit Ehren
doch noch einen Mann gewonnen.
Es war der Falke,
den die Träumerei ihr bot,
Den Ute ihr
beschied. O Weh dem frühen Tod!
Von Minne rotes Blut
war da allein zu erben!
Ach, mancher Mutter
Sohn starb durch des Einen Sterben!
ZWEITER GESANG
Da wuchs in
Niederland das edle Königskind,
Der Vater Siegmund
hieß, die Mutter hieß Sieglind,
In einer festen
Burg, der weithin wohlbekannten,
Dort unten an dem
Rhein, die Königsburg hieß Xanten.
Ich sag vom Helden
dir, wie er zum Schönen ward,
Der war vor aller
Schmach und Schande stets bewahrt,
Von großem Namen
war der junge Held, der kühne,
Und Ruhm und Ehre
bot die Erde ihm, die grüne.
Genannt ward
Siegfried er, der edle Ritter gut,
Der prüfte manchen
Mann in stolzem Rittermut,
Es führte ihn die
Kraft, bis er ein Land gefunden,
Ein fremdes Land und
schön im Reiche der Burgunden.
Bevor der kühne
Held geworden war zum Mann,
Hat er mit eigner
Hand doch Wunder schon getan,
Davon man je und je
will singen unde sagen,
Verschweigen muss
ich viel in diesen bösen Tagen.
In seiner besten
Zeit, in seiner Jugend Tag,
O Lied, vom Wunder
du des jungen Siegfried sag,
Wie Ruhm an ihm
erblüht und wie er schön zu schauen,
Und darum liebten
ihn die sanftesten der Frauen.
Erzogen ward mit
Fleiß, wie es geziemend war,
Der junge Held, der
tat, was Zucht ihn ihm gebar.
Der wird zur Zierde
noch dem Vaterlande ehrlich,
In allen Dingen fand
man diesen Jüngling herrlich.
Erwachsen war er
nun, um an den Hof zu gehn,
Die Leute sahn ihn
gern, die jungen Mädchen schön,
Die wünschten, dass
er käm noch oftmals an ihr Gitter,
Sie mochten ihn sehr
gern, das wusste wohl der Ritter.
Doch ohne Hüter
kaum ließ reiten man das Kind,
Mit Kleidern
schmückte schön die Mutter ihn, Sieglind,
Auch haben ihn
belehrt die allerklügsten Weisen,
So taten Land und
Volk des Knaben Tugend preisen.
Nun war er in der
Kraft, dass er schon Waffen trug,
Was er dazu
gebraucht, das gab man ihm genug.
Schon warb der junge
Mann um Mädchen, schön von Sinnen,
Die wollten wohl mit
Gunst den schönen Siegfried minnen.
Der Vater Siegfried
tat dem ganzen Hofe kund,
Er wollte ein Gelag
begehn im seinem Grund,
Die Botschaft
brachte man in andrer Herren Länder,
Dem Heimischen, dem
Gast, gab Ross er und Gewänder.
Und wer zu finden
war nach edler Eltern Art,
Sollt Ritter werden
da, die jungen Knappen zart,
Die lud man in das
Land zur Lust vor allen Dingen,
Mit Siegfried sie
zugleich den Schwertschlag da empfingen.
Viel Wunder sagte
man vom fröhlichen Gelag,
Da Siegmund und
Sieglind gewannen an dem Tag
Viel Ruhm durch ihre
Gunst, sie schenkten viele Hemden,
Da ritten in das
Land zur Herrlichkeit die Fremden.
Vierhundert Knappen
da man wollte kleiden ein
Mit Siegfried, und
dazu manch junges Mädchen fein
Geschäftig war am
Werk, war jede eine Holde,
Die Frauen trugen da
von Edelstein, vom Golde.
Da wollten Schmuck
und Zier sie auf die Kleider nähn
Dem jungen
Königssohn, der ließ es auch geschehn.
Man stellte Stühle
auf, es regten sich die Hände,
Da Siegfried Ritter
ward am Tag der Sonnenwende.
Zur Kirche ging
hinein manch treuer Gottesknecht
Und manch ein Ritter
treu. Die Alten hatten recht,
Dass dienten sie dem
Sohn, das war zurecht geschehen,
Sie hatten Kurzweil,
froh, den schönen Sohn zu sehen.
Da man zum Ruhm des
Herrn die alte Messe sang,
Da kam vom
Gottesvolk gewaltig groß der Drang,
Dass man zu Rittern
mach die allerbesten Knappen,
Wie es dem Brauch
gemäß, die ritten stolze Rappen.
Man eilte und man
fand gesattelt Rosse viel,
Da ward auf
Siegmunds Hof sehr laut das Ritterspiel,
Da hörte tosen man
im Saal und im Palaste
Den allerfrohsten
Schall vom Heimischen, vom Gaste.
Da schon von alt und
jung so mancher Stoß erklang,
Die Lanzen
splitterten, Lärm in die Lüfte drang,
Die Lanzensplitter
sahn gefällig an die Kenner,
Das sahn mit
Kurzweil an die Frauen und die Männer.
Man bat, zu lassen
das, man zog die Pferde fort,
Zerbrochen sah man
auch viel feste Schilde dort
Und manchen
Edelstein, gefallen in die Gräser,
Zerschellt vom
harten Stoß, das glaube nur, mein Leser.
Die Gäste setzten
sich, so wie man ihnen riet,
Zu Tische, wo vom
Schlaf der beste Wein sie schied,
Der beste Wein vom
Rhein, dem keiner wollte wehren,
Dem Heimischen und
Gast kredenzt in besten Ehren.
So viel sie Kurzweil
dort gefunden in dem Land,
Das fahrende, das
Volk, doch keine Ruhe fand,
Sie dienten um die
Gunst mit scharfen Schwertes Streiche,
Zur Zierde ward ihr
Ruhm in König Siegmunds Reiche.
Der junge Siegfried
ward vom Könige begabt
Mit Stadt und Land
und Burg, die sonst der Herr gehabt,
Den Schwertgenossen
auch gab Hab und Gut der Weise,
Die sie geführt ins
Land, die freute sie, die Reise.
Das fröhliche Gelag
ging bis zum siebten Tag,
Sieglinde gab dem
Volk, dies ihr zum Ruhme sag,
Viel goldenweißes
Gold dem lieben Sohn zuliebe,
Dass ihr und ihrem
Sohn das Volk befreundet bliebe.
Ja, da blieb keiner
arm der Fahrenden im Land,
Die hatten manches
Kleid, ein Ross auch an der Hand,
Als lebten sie nur
noch ein Stündchen im Gefilde,
Wie war doch das
Gesind so freundlich und so milde.
Mit Ehre, Ruhm und
Lob verging die Lustbarkeit,
Die Reichen hörte
man noch sagen zu der Zeit,
Dass sie dem
Königssohn gern wären untertänig,
Das wollte Siegfried
nicht, das war ihm wert nur wenig.
Die ganze Lebenszeit
von Siegmund und Sieglind
Nicht trug die Krone
er, der lieben Eltern Kind,
Doch herrlich wollt
er doch und voll des Ruhmes werden,
Der junge
Rittersmann, ein Heros sein auf Erden.
Dass keiner ihn
beschimpf, seit er die Waffen trug,
Er schlief nur
kurzen Schlaf, der Ritter ohne Trug,
Er suchte nur den
Kampf mit seiner Hand, der starken,
Das machte ihn
bekannt in allen fremden Marken.
DRITTER GESANG
Den Herrn beschwerte
kaum ein schweres Herzeleid,
Er hörte Rede oft
von einer schönen Maid,
Die lebte in
Burgund, da ginge es nach Wünschen,
Von der bald Freud
und Leid erfahren viele Menschen.
Von ihrer Schönheit
hoch vernahm man weit und breit,
Und auch von dem
Gemüt man sprach zur selben Zeit
Bei Jungfraun an dem
Hof und ritterlichen Helden.
Viel Gäste kamen da
zu Günther, wie zu melden.
Um ihre Liebe man
die Männer werben sah,
Kriemhild in ihrem
Sinn, sie sprach dazu nicht Ja,
Dass einem Manne sie
in Minne wäre gnädig,
Der war ja noch
nicht da, dem sie wird untertänig.
Da auf die Liebe
sann Sieglindes schönes Kind,
Der andern Werben
war zuwider ihm wie Wind,
Er möchte mit
Verdienst zur Frau die Auserwählte,
Bald war Kriemhilde
auch dem Siegfried die Vermählte.
Die Freunde rieten
ihm und die am Hofe stehn,
Wenn er die Minne
sich zum Schicksal ausersehn,
So solle werben er
und sich der Frau nicht schämen.
Da sagte Siegfried:
Ich will mir Kriemhilde nehmen.
Die Königstochter,
die lebt im Burgunder Land,
Und ihre Schönheit
ist auf Erden mir bekannt,
Kein Kaiser ist so
reich und dächte er an Minne,
Dem sie nicht würdig
wär, die schöne Königinne.
Die Rede hörte auch
der König Siegesmund,
Es sagte dies sein
Volk, ihm ward die Rede kund,
Und was gewollt sein
Sohn. Weh wars ihm um den Erben,
Dass dieser wollte
um das schöne Mädchen werben.
Das hört die
Königin, treuherzige Sieglind,
Die große Sorge
trug um ihr geliebtes Kind,
Sie kannte Günther
wohl und mochte ihn nicht leiden.
Die Werbung wollte
man dem Siegfried nun verleiden.
Der kühne Siegfried
sprach: Geliebter Vater mein,
Ich möchte ohne
Glück der Liebeslust nicht sein,
Wenn ich nicht
werben darf, die meine Sinne lieben. -
Was man auch sprach,
er ist sich selber treu geblieben.
Ist dir zu raten
nicht, der König sagte so,
So will ich, was du
willst, und bin von Herzen froh
Und will dir helfen,
wie die Liebe zu erwecken.
Doch König Günther
hat da manchen stolzen Recken.
Und wär kein andrer
da als Hagen nur, der Held,
Der ist voll Übermut
und Stolz in dieser Welt,
So dass ich fürchten
muss, es wird uns noch zum Sterben,
Wenn wir um
Liebesgunst des schönen Mädchens werben.
Was ist da für
Gefahr, das Wort hob Siegfried an,
Wenn ich im Guten
nicht sie mir erbitten kann,
Mag ich erwerben sie
mit starken Ritterhänden
Und ich erzwinge sie
von allen Reiches Enden.
Die Rede tut mir
leid, sprach König Siegesmund,
Denn würde dieses
Wort am Rhein dort unten kund,
Du dürftest nimmer
ziehn in König Günthers Reiche,
Denn Günther,
Gernot auch, sind wahrlich Ohnegleiche.
Erwerben mit Gewalt
darf niemand eine Magd,
Sprach König
Siegesmund, das sei dir nur gesagt,
Doch willst mit
Rittern du zu den Burgundern reiten,
Die Freunde hier am
Hof, die werden dich begleiten.
So ist mir nicht
zumut, fiel Siegfrieds Rede ein,
Dass Freunde folgen
mir bis an den Vater Rhein
In großem Heereszug
ins Land der schönen Städtchen,
Ich werbe mir allein
das allerschönste Mädchen.
Ich will sie werben
schon allein auf eigne Hand,
Zwölf Männer nehm
ich mit in der Burgunder Land,
Dazu verhelfe mir,
mein guter Vater, gerne. -
Man gab den Freunden
da viel Kleider voller Sterne.
Da hörte von dem
Plan die Mutter auch, Sieglind,
Da trauerte sie sehr
um ihr geliebtes Kind,
Dass sie ihn noch
verliert durch Günther und die Seinen,
Die alte Königin,
da hörte man sie weinen.
Und Siegfried ging
zu ihr, wo er sie weinen sah
Und zu der Mutter
sprach er voller Liebe da:
Du weine nicht, o
Frau, bewein nicht meinen Willen,
Sei ohne Sorge nur,
die Tränen magst du stillen.
Nun helf mir zu der
Fahrt in der Burgunder Land
Und gebe meiner
Schar und mir ein Prachtgewand,
Wie stolze Männer
es in stolzer Würde tragen,
Dann will ich ewig
dir den Dank von Herzen sagen.
Ist dir zu raten
nicht, so sagte Frau Sieglind,
So helf ich dir zur
Fahrt, mein einzig liebes Kind,
Mit allerschönstem
Kleid, das Ritter je getragen,
Für dich und deine
Schar, du brauchst nicht Dank zu sagen.
Da neigte danken
sich vor jener Frau der Mann.
Er sprach: Von
Freunden nehm ich zu der Reise an
Nicht mehr als
Ritter zwölf, verseh die mit Gewändern.
Ich schau, wies mit
der Maid dort steht in jenen Ländern.
Da saßen schöne
Fraun am Tag und in der Nacht,
Die ohne Muße und
mit vielem Fleiß gemacht
Des Königssohnes
Staat, sie woben immer leise.
Für Siegfried war
gewiss der Plan zu seiner Reise.
Sein Vater legt ihm
an das herrliche Gewand,
Darin er ziehen
wollt aus seinem Vaterland,
Die lichten Panzer
da hell blitzten im Gefilde,
Die Helme waren hart
und schön und breit die Schilde.
Nun sahen sie die
Fahrt zu den Burgundern nahn,
Voll Sorgen und voll
Angst sich an die Männern sahn,
Ob einer wiederkommt
zum Lande seiner Väter.
Und Waffen und
Gewand nun legten an die Täter.
Wie schön war jedes
Pferd, die Decken golden, rot,
War keiner schöner
doch als Siegfried in der Not,
Als Siegfried und
die Schar, die war ihm untertänig,
Nun ging es nach
Burgund, zu der Burgunder König.
Den Urlaub gaben ihm
der Herr, die Herrin auch,
Er tröstete ihr
Leid mit sanften Wortes Hauch:
Ihr braucht zu
weinen nicht um eures Sohnes Willen,
Seid ohne Sorge nur,
ihr sollt die Tränen stillen.
Es war den Rittern
leid, auch seufzte manche Maid,
Sie ahnten wohl im
Geist, dass sie nach mancher Zeit
Entgelten müssten
dies, durchs Sterben lieber Freunde,
Sie hatten Grund zum
Leid, es gab ja viele Feinde.
Am siebten Tage da
zu Worms wars an dem Strand,
Die Kühnen ritten
schon und trugen ihr Gewand,
Das war von reinem
Gold, sie ritten auf den schnellen,
Den Rossen stark und
sanft, die Siegfried sich gesellen.
Die Schilde waren
neu und hell dazu und breit
Und ihre Helme hart,
als nun mit dem Geleid
Der kühne Siegfried
ritt in König Günthers Länder,
Man sah an Helden
nie so herrliche Gewänder.
Der Schwerter
Spitzen da zur Erde hingen schwer,
Die auserkorne Schar
trug manchen harten Speer,
Zwei Ellen lang der
Speer, den Siegfried da getragen,
Sein Schwert war
scharf, der Knauf war schön, nicht auszusagen.
Goldfarben war der
Zaum in jedes Ritters Hand,
Der Riemen Seide
war. So kamen sie ins Land,
Da allenthalben die
Burgunder nahn zu gaffen,
Und Günthers
Mannschaft kam und viele feiste Pfaffen.
Die Ritter hoch
beherzt, so wie manch treuer Knecht,
Den Herrn entgegen
sind geeilt nach Landesrecht,
Begrüßten in dem
Land von Herzen ihre Gäste,
Die Pferde nahm man
an und führte sie zum Feste.
Die Pferde wollte
sie nun führen zu der Rast,
Da aber Siegfried
sprach, der hoch willkommne Gast:
Lasst uns die Pferde
noch, bis Ruhe wir gewinnen,
In einer kurzen Zeit
wir wieder ziehn von hinnen.
Man lasse uns den
Schild, ihn nicht von dannen trag.
Wo ich den König
find, du junger Bursche, sag,
Den König Günther,
reich in der Burgunder Reichen. -
Da sagte einer ihm
vom König ohnegleichen.
Willst du den König
sehn, das kann sehr leicht geschehn,
In jenem großen
Saal ich hab ihn jüngst gesehn
Mit seiner Helden
Schar, der schweren Waffen Kenner,
Du findest dort bei
ihm die allertreusten Männer.
Nun war die Kunde
auch dem König schon gesagt,
Dass auf dem Hofe
sind die Ritter unverzagt,
Sie tragen Panzer
fest und funkelnde Gewänder,
Doch keiner kennt
die Schar in der Burgunder Länder.
Und Wunder nahms den
Herrn, woher gekommen sein
Die Ritter herrlich
in der lichten Kleider Schein
Und mit so scharfem
Schwert und mit so schönen Scheiden.
Dass niemand ihms
gesagt, war König Günthers Leiden.
Die Antwort gab dem
Herrn von Metz Herr Ortewein,
Voll Kraft und hohem
Mut der Ritter konnte sein:
Da wir sie kennen
nicht, befehle du, zu gehen
Den Onkel Hagen, der
soll sie genau besehen.
Ihm sind die Reiche
kund und jedes schöne Land,
Wenn er die Herrn
erkennt, es mach sie uns bekannt. -
Der König Hagen
rief und die um Hagen stehen,
Den sah man stark
und stolz zu seinem König gehen.
Warum nach ihm der
Herr, frug Hagen ihn, geschickt?
Es werden Ritter
fremd in meinem Haus erblickt,
Die niemand kennt im
Land. Du hast in alten Tagen
Vielleicht sie schon
gesehn? Das, Hagen, sollst du sagen.
Das will ich, Hagen
sprach. Zum Fenster trat er drauf
Ließ schweifen auf
die Schar der stolzen Augen Lauf.
Er mochte ihr Gerät
und alle die Gewänder,
Doch Fremde waren
sie in der Burgunder Länder.
Er sprach: Woher die
Schar gekommen an den Rhein,
Es möchten Fürsten
wohl und Fürsten-Boten sein,
Und schön ist jedes
Pferd und Kleid, das ist zu melden,
Von wo gekommen sie,
sind wahrlich stolze Helden.
Und Hagen sagte
dies: So viel ich kann verstehn,
Ich hab mein Lebtag
noch den Siegfried nicht gesehn,
Doch glaube ich, er
kam von fremden fernen Orten,
Ich glaube doch, er
ists, der herrlich schimmert dorten.
Er bringt ein neues
Wort hierher in unser Land,
Die Nibelungen
stark, die schlug des Helden Hand,
Schlug Schilbung,
Nibelung, die reichen Königssöhne,
Er wirkte Wunder gar
mit großer Kraft, der Schöne.
Als einsam war der
Held und aller Hilfe bar,
Fand er an einem
Berg, gewiss, das Wort ist wahr,
Der Nibelungen Hort
und Männer, hell wie Sonnen,
Die waren ihm ganz
fremd, bis Kunde er gewonnen.
Der Nibelungen Hort
hervor getragen ward
Aus einem tiefen
Berg, nun Wunder offenbart,
Wie teilen wollten
da den Schatz die Nibelungen,
Da sah das Siegfried
und es wunderte den Jungen.
So kam er ihnen nah,
dass er die Männer sah,
Sie sahen Siegfried
auch. Der eine sagte da:
Hier kommt der
starke Held, der Herr der Niederlanden. -
Eine Abenteuer dort
des Helden Geister fanden.
Und sie empfingen
ihn, der Schilbung, Nibelung,
Einhellig baten ihn
die beiden Fürsten jung,
Dass er den Schatz,
den Hort, begönne, klug zu teilen.
Und er gelobte es,
und er begann zu eilen.
Er sah so viel
Gestein, so sagt es das Gedicht,
Dass hundert Wagen
wohl die Lasten trügen nicht,
Und viel vom gelben
Gold vom Land der Nibelungen,
Das sollte sein
geteilt von diesem Mann, dem jungen.
Sie gaben ihm zum
Lohn des Königs Niblung Schwert.
Doch ihnen ward der
Dienst sehr übel da gewährt,
Den leisten ihnen
sollt der Heros an dem Borne,
Der hat es nicht
vollbracht, sie waren voll vom Zorne.
Er musste ungeteilt
die Schätze lassen sehn,
Da kämpften gegen
ihn die zwei, zu widerstehn,
Mit ihres Vaters
Schwert, mit Balmung harter Sorte,
Da stritt der starke
Held um Niblungs Land und Horte.
Zu Freunden hatten
sie zwölf Männer kühn und groß,
Die Riesen waren,
wie wird er die Riesen los?
Er sie erschlug im
Zorn, das war die Kraft des Jungen,
Und tausend Ritter
er bezwang der Nibelungen.
Und mit dem scharfen
Schwert, das Balmung ward genannt,
Von Schreck und
Angst besiegt war mancher, übermannt,
Zumal vom scharfen
Schwert, doch auch vom Sohn und König,
Das Land mit Burgen
sie ihm machten untertänig.
Die Königssöhne
nun, die schlug er beide tot,
Er kam durch
Alberich darauf in große Not,
Der wollte seine
Herrn mit großem Zorne rächen,
Eh Siegfrieds Stärke
ward geoffenbart dem Frechen.
Im Kampf bestehen
konnt ihn nicht der starke Zwerg.
Wie Löwen grausam
wild sie liefen an den Berg,
Wo er die Kappe dort
der Tarnung sich errungen,
Gegeben ward der
Hort dem Siegfried nun, dem jungen.
Die zogen in den
Streit, die starben in der Hatz.
Und Siegfried trug
zum Berg hin wiederum den Schatz,
Von wo genommen ihn
der Nibelungen Orden,
Und nun war Alberich
sein Kämmerer geworden.
Er schwor ihm einen
Eid, er diente ihm als Knecht,
Zu jeder Art von
Dienst er wurde ihm gerecht. -
So Tronjes Hagen
sprach. Das hat der Held geschaffen,
War nie ein Ritter
je so voll von Kraft und Waffen.
Ein Abenteuer noch
ist mir von ihm bekannt,
Denn einen Drachen
schlug des hohen Helden Hand,
Als er gebadet hat
im Blut, ward fest die Haut ihm,
Dass nichts
verwundet ihn, so hat man oft geschaut ihn.
Das man ihn gut
empfängt, der beste Rat ist das,
Dass wir verdienen
nicht des Ritters schnellen Hass,
Er ist so kühn, man
soll die Augen auf ihn heften,
Der manches Wunder
tat mit seinen frommen Kräften.
Und König Günther
sprach: Gewiss, du redest wahr,
Schau, wie er da
steht stolz in jeglicher Gefahr,
Der Ritter voller
Mut und die da um ihn stehen,
Wir wollen zu ihm
und den andern Rittern gehen.
Und Hagen sprach:
Das tu mit Manneswürde schon,
Er ist von gutem
Stamm, ist eines Königs Sohn,
Und wir er sich
benimmt, - mein Christus hat gelitten -
Er ist um großes
Werk hierher zu uns geritten.
Da sprach des Landes
Herr: Willkommen heiß ich ihn,
Denn ich vernahm
wohl, dass er adlig ist und kühn,
Dass er das auch
genießt im Lande der Burgunden. -
Und Günther ging
dahin, wo Siegfried er gefunden.
Die Ritter und ihr
Herr empfingen nun den Mann,
Dass er von ihrem
Gruß der Gnade Huld gewann,
Da neigte sich vorm
Herrn der Ritter ausersehen,
In Tugend sah und
Zucht man ihn vorm König stehen.
Mich wundert dieses
sehr, sprach Günther mit Verstand,
Von wo, du edler
Held, du kommst in unser Land,
Und was du hier
begehrst zu Worms am Rhein, dem Vater.
Da sprach der Gast:
Das sag ich dir, o mein Berater.
Ich hörte sagen oft
in meinem Vaterland,
An deinem Hofe sein,
das hätt ich gern erkannt,
Die besten Männer
stolz, so hab ich oft vernommen,
Und Ritter hohen
Muts, und drum bin ich gekommen.
So hört ich auch
dazu die Männer oft gestehn,
Dass keinen König
je man hat so stark gesehn,
Das rühmte oft mein
Volk im Vaterland mit Klarheit,
Und prüfen will ich
das, ob es die reine Wahrheit.
Ein Ritter bin ich
auch, der einst die Krone trägt,
Und gerne wollt ich,
dass der Ruhm sich zu mir legt,
Dass ich mit Recht
besitz die Leute aller Enden,
Mein Haupt und
meinen Ruhm ich will dafür verpfänden.
Wenn du denn bist so
kühn, wie jeder von dir sagt,
So frag ich nicht,
obs lieb dem Knecht ist und der Magd,
Nein, ich erzwinge
mir, was hier von großem Werte,
Die Burgen und das
Land, mit meinem scharfen Schwerte.
Der König war
erstaunt und auch das Volk umher,
Als sie vernahmen so
sein mächtiges Begehr,
Dass er zu rauben
kam das Land von Männern, Dirnen,
Das hörten sie und
gleich sie waren heiß im Zürnen.
Wie hab ich das
verdient, sprach Günther da, der Held,
Mein Vater herrschte
lang in der Burgunder Welt,
Und dass ich die
verlier durch einen Helden bitter?
Ich will beweisen
dir, auch wir sind starke Ritter.
Ich lass davon nicht
ab, fiel da ihm Siegfried ein,
Von deinen Kräften
mag dein Land befriedet sein,
Ich will es haben
nun, mein Erbe auch, o König,
Gewinnst du es durch
Kraft, soll sein dir untertänig.
Dein Erbe oder
meins, das schlagen gleich wir an,
Und wer den andern
Mann dann überwinden kann,
Dem dient das alles
dann, das Volk, das Land, die Speise. -
Dem Hagen
widersprach und gleichfalls Gernot leise.
So steht uns nicht
der Sinn, sprach Gernot, wurde rot,
Nach neuem
Landgewinn, dass mancher sollte tot
Von Händen liegen
da, ist unser Land das reiche,
Gehorsam uns zu
Recht, die wir sind Ohnegleiche.
Es standen da voll
Mut und Grimm die Freunde sein,
Darunter war von
Metz der edle Ortewein,
Der sprach: Die
Sühne will von Herzen hier ich dämpfen,
Ruft euch auch
Siegfried jetzt ganz grundlos zu den Kämpfen.
Wenn ihr, die Brüder
auch, ihm bietet keine Wehr,
Und ob er mit sich
führt ein ganzes großes Heer,
So wollt ich wirken,
dass der Held von hartem Holze
Beiseite wird
gestellt in Übermut und Stolze.
Da zürnte voller
Kraft der Held von Niederland:
Erheben wider mich
darf sich nicht deine Hand,
Ich bin ein
Königssohn, du bist ein Königssklave,
Zwölf Ritter deiner
Schar, die fänden meine Strafe.
Nach Schwertern rief
da laut von Metz Herr Ortewein,
Der Hagens
Schwestersohn von Tronje durfte sein,
Dass der so lange
schwieg, das war dem König bitter.
Doch für den
Frieden sprach da Gernot, kluger Ritter.
Lass bleiben deinen
Zorn, hub weise Gernot an,
Uns hat doch
Siegfried noch nichts Böses angetan,
Im Guten scheiden
wir und nicht wie böse Feinde,
Das rat ich sehr,
dass wir uns werden gute Freunde.
Der starke Hagen
sprach: Das ist uns wahrlich Leid
Und allen Rittern
hier, dass er zum Kampf und Streit
Gekommen an den
Rhein, er wollte es nicht lassen,
Sonst täte ihn mein
Herr gewiss nicht herzlich hassen.
Da Siegfried wieder
sprach, der krafterfüllte Held:
Wenn, was ich sagte,
dir, o Hagen, nicht gefällt,
So lasse ich es
sehn, und meine Hände halt ich
Am Schwert, um in
Burgund zu siegen noch gewaltig.
Das will ich wenden
ab, sprach Gernot in der Not.
Und seiner
Ritterschar zu reden er verbot
In ihrem Übermut,
das wäre ihm leid gewesen.
Da dachte Siegfried
an die Maid, das Engelswesen.
Was soll uns denn
der Streit, sprach Gernot in der Not,
Wie viele Helden da,
ach, fänden nur den Tod,
Das bringt uns wenig
Ruhm, sind wir des Todes Speise. -
Da König Siegmunds
Sohn gab seine Antwort weise:
Was zögert Hagen
denn und auch Herr Ortewein,
Dass er nicht in den
Kampf eilt mit den Freunden sein,
Der manche Freunde
hat, bereit zu großen Kriegen? -
Jedoch nach Gernots
Rat die klugen Ritter schwiegen.
Du sollst willkommen
sein, sprach Giselher, das Kind,
Und deine
Ritterschar, die mit gekommen sind,
Wir dienen gerne
dir, soll Freundschaft in der Not sein. -
Da schenkte man dem
Gast ins Glas Burgunder Rotwein.
Da sprach des Landes
Wirt: Was uns hier nur gehört,
Verlangst du es, es
sei in Gnade dir gewährt.
Wir teilen gern mit
dir vom Hab und Gut und Blute. -
Da ward dem
Siegfried doch gemilderter zumute.
Da hob man ihnen auf
die Waffen, das Gewand,
Man suchte Wohnung
auch, die beste, die man fand,
Und Siegfrieds
Knappe auch, er hatte Ruhestunden,
Man sah den
Fremdling gern im Reiche der Burgunden.
Das hatte doch sein
Mut verdient, und das ist wahr,
Ihn sah wohl selten
wer, der ihm nicht freundlich war,
Man bot ihm großen
Ruhm an manchen schönen Tagen,
Ja, mehr als tausend
Mal, mehr als ich könnte sagen.
Die Herren hatten
Lust und die da um sie stehn,
Und Siegfried
allermeist, das ließ man auch geschehn.
Es war ihm keiner
gleich, so mächtig seine Kräfte,
Ob warfen sie den
Stein, ob schleuderten die Schäfte.
Nach Hofes Sitte nun
auch ließen vor den Fraun
In schönster
Lebenslust sich alle Ritter schaun,
Da sah den Helden
man, der von den Niederlanden,
Den Minneritter, den
so gut die Mädchen fanden.
Die schönsten Fraun
am Hof, die fragten mit Begehr,
Wo denn der stolze
Mann, der edle Ritter wär.
So schön gewachsen
ihn die jungen Mädchen fanden,
Sie sprachen oft von
ihm, dem Herrn der Niederlanden.
Was man beginnen
wollt, er war dazu bereit,
Der er im Herzen
trug die wunderschöne Maid,
Die Schöne liebte
ihn, die ihn noch nie gesehen,
Und die doch, dass
er gut und fromm war, mocht verstehen.
Wenn dann man auf
dem Hof den Waffentanz begann,
Die Ritter, Knappen
auch, so sah es immer an
Kriemhilde vom
Balkon, die Schöne, die Erlauchte,
Und mehr zu ihrer
Lust nicht die Prinzessin brauchte.
Und wüsst er, dass
ihn sieht, die er im Sinne trug,
Es wäre ihm der
Lust und Seligkeit genug,
Ich glaube sicher,
wenn sie sähen seine Augen,
Es wär kein andres
Glück, was noch ihm könnte taugen.
Und wenn bei Rittern
er am Königshofe stand,
Wo man geübt die
Lust in diesem schönen Land,
Wie stand er dann so
schön, der Sprößling der Sieglinde,
Dass manches Mädchen
ihn wohl heimlich herrlich finde.
Es dachte manchmal
auch: Wie kann das nur geschehn,
Dass ich das Mädchen
schön mit Augen könnte sehn,
Die Herzenskönigin?
Ich liebe sie mit Schauern!
Doch noch ist sie
mir fern, ich denk daran mit Trauern.
So oft die Könige
nun ritten durch ihr Land,
Die Ritter waren da
den Königen zur Hand,
Auch Ritter
Siegfried ritt, da sehnten sich die Frauen,
Er selbst war
liebeskrank, dass seine Augen tauen.
So wohnt er bei dem
Herrn, und was ich sag, ist wahr,
In König Günthers
Land er lebte für ein Jahr,
Da er die Minne-Maid
mit Augen nicht gesehen,
Von der ihm
Liebeslust und Leiden musst geschehen.
VIERTER GESANG
Nun fremde Botschaft
kam in König Günthers Land,
Durch ferne Boten
wards dem König zugesandt,
Die trugen kalten
Hass, die unbekannten Recken.
Als sie das Wort
gehört, da mussten sie erschrecken.
Die nenne ich euch
nun: Der eine Ludger war
Vom schlimmen
Sachsenland, ein König stark und klar,
Auch König Ludegast
von Dänemark zu melden,
Die hatten zu dem
Krieg geworben manchen Helden.
Die Boten kamen an
in König Günthers Land,
Die seine Feinde
schnell zu ihm ins Reich gesandt.
Da fragte man ums
Wort die Fremden, Unbekannten,
Bis sie die
Botenschar zum Hof des Königs sandten.
Der König grüßte
sie: Willkommen der da kam,
Doch wer euch
hergeschickt ins Land, ich nicht vernahm,
Dass ihr das tut mir
kund, und was sind eure Werke. -
Sie fürchteten sich
sehr vor König Günthers Stärke.
Erlaube uns, o Herr,
wir geben dir Bericht
Von unsrer Herren
Wort, verschweigen dir es nicht,
Wir nennen dir die
Herrn, die unsre Gnadenspender,
Sind Ludger,
Ludegast, die wollen deine Länder.
Die zwei sind voller
Zorn, du nur vernehme das,
Der beiden Herren
Herz trägt heftig heißen Hass,
Sie wollen führen
Krieg mit Worms am Vater Rheine,
Sind viele Ritter
da, sei du gewarnt, ich meine.
Zwölf Wochen dauert
das, dann wird der Krieg geschehn.
Hast du nun Freunde,
nun, so lass sie bei dir sehn,
Die schützen
Frieden, Burg und grünes Land, das milde,
Hier Beulen kriegen
sie in Helme und in Schilde.
Willst du
verhandeln, nun, so mach es offenbar,
So reitet euch nicht
nah der Feinde Kriegerschar,
Die Feinde stark,
das Heer, zu wehem Herzeleide,
Davon verderben nur
die Ritter in dem Streite.
Noch einen
Augenblick, dann kennt ihr meinen Mut,
Bis ich mich klug
bedacht, so sprach der König gut,
Hab ich noch Freunde
hier, ich will es ihnen sagen,
Die böse Botschaft
muss ich meinen Freunden klagen.
Dem starken Günther
war dies Treiben Leid genug,
Den bösen
Botenspruch er fest im Herzen trug,
Nach Hagen schickte
er und die da um ihn stehen,
Und sagte auch dem
Knecht, er soll zu Gernot gehen.
Die Besten kamen da,
so viel man derer fand.
Er sprach: Es will
der Feind in unser Vaterland
Mit großer
Kriegerschar, das muss ich leider klagen,
Das ist nicht unsre
Schuld, dass sie uns widersagen.
Dem wehre unser
Schwert, sprach Gernot, zornesrot,
Wer sterben soll,
der stirbt, der liegt am Boden tot.
Ich nicht vergess
den Ruhm des Ritters mein, den frommen,
Es dräng der Feinde
Heer nur an, sie sind willkommen.
Da Tronjes Hagen
sprach: Das scheint mir gar nicht gut,
Denn Ludger,
Ludegast, die sind voll Übermut,
Wir können sammeln
nicht das Heer in kurzen Tagen,
So sprach der kühne
Held, ich will es Siegfried sagen.
Da gab den Boten man
die Wohnung in der Stadt.
Ob sie auch waren
feind, sie gut zu pflegen bat
Der König Günther
gut, der tat ja nichts als Gutes,
Bis er den Freund
erprobt, der beisteht ihm voll Mutes.
Im Herzen trug der
Herr viel Sorge doch und Leid,
Da sah ihn trauern
trist ein Ritter allbereit,
Der konnte wissen
nicht, was war dem Herrn geschehen,
Da bat den König
er, den Kummer zu gestehen.
Ich wundre mich doch
sehr, so sagte Siegfried froh,
Wie doch die
Heiterkeit aus deinem Herzen floh,
Wie du die
Lebenslust sonst mochtest heiter pflegen. -
Zur Antwort gab der
Herr ihm dies, der feine Degen:
Wohl mag ich allem
Volk nicht sagen von dem Weh,
Das muss
verschwiegen sein, was ich im Geiste seh,
Nur treuem Freunde
soll man klagen seine Nöte. -
Und Siegfrieds
Antlitz ward von Weiße und von Röte.
Und Siegfried sprach
zum Herrn: Was blieb dir denn versagt?
Ich helfe dir sehr
gern im Leid, das du geklagt.
Und suchst du einen
Freund, so will ich einer werden,
Und will dir sein
getreu, solang ich bin auf Erden.
Das lohne dir mein
Gott, die Rede scheint mir gut,
Und kann mir helfen
auch die Kraft nicht und der Mut,
So freut mich doch
das Wort des treuen holden Helden,
Und leb ich etwas
noch, so will ich es vergelten.
So sollst du hören
nun, was mich so traurig macht.
Vom Boten meines
Feind ward Botschaft mir gebracht,
Die Feinde mit dem
Heer, sie nahn, die Unbekannten.
Das ist noch nie
geschehn in meinen Heimatlanden.
So sei nicht traurig
drum, sprach Siegfried treu und grad,
Befriede dein Gemüt
und folge meinem Rat,
Lass mich erwerben
dir den Ruhm, der Ehre Frommen,
Bevor die Feinde all
in deine Heimat kommen.
Wenn dreißigtausend
auch von Kriegern kämen her
Der starken Feinde,
doch ich fürchte sie nicht mehr,
Und hätt ich
tausend nur, du kannst dich drauf verlassen. -
Der Herr sprach: Das
verdien ich nicht, lass dich umfassen.
So gib mir eine
Schar von Rittern, tausend Mann,
Da ich von Männern
nicht mehr leider stellen kann
Als starker Ritter
zwölf, dass ich der Feinde wehre,
So soll dir dienen
treu mein Herz mit Macht und Ehre.
Und Hagen helfe auch
und auch Herr Ortewein,
Und Dankwart,
Sindold auch, sie sollen mit mir sein,
Auch reiten soll mit
mir Herr Volker mit den Messern,
Der führt die Fahne
rot, ich kenne keinen Bessern.
Die Boten lass du
heim in ihrer Herren Land,
Dass sie uns bald da
sehn, mach ihnen das bekannt,
So dass die Burgen
hier im Land befriedet seien. -
Der König rief die
Schar, die Heimat zu befreien.
Sie gingen an den
Hof, die Ludger ausgesandt,
Sie freuten sich der
Fahrt zurück ins Heimatland,
Und Günther ihnen
bot viel Goldes, was sie freute,
Sie waren wohlgemut
im sicheren Geleite.
Nun sagt, sprach
Günther noch, sagt meinen Feinden an,
Dass ihre Reise
blieb in Klugheit ungetan,
Doch wollen sie mein
Land mit Krieg mir abgewinnen,
Wird ihnen Not
bekannt, ihr Heer, das wird zerrinnen.
Den Boten Hab und
Gut man in die Hände trug,
Von solchem hatte
der Burgunder Herr genug,
Die Ludger
ausgesandt, es mussten nicht verschmähen,
Die Urlaub nahmen
nun, froh aus dem Land zu gehen.
Als nun der Boten
Schar zur Mark der Dänen kam
Und König Ludegast
die Botschaft nun vernahm,
Was man gesagt am
Rhein, als man ihm das verkündigt,
Sein eignes Böses
ward beklagt, drin er gesündigt.
Sie sagten ihm, in
Worms sei mancher Held zu sehn,
Darunter sah man
auch bei König Günther stehn,
Der Siegfried ward
genannt, ein Held aus Niederlanden. -
Leid war es
Ludegast, dass so die Dinge standen.
Als die von Dänemark
vernahmen diese Mär,
Da eilten sie, um
Hilf sich zu gewinnen mehr,
Bis König Ludegast
bald hatte zwanzigtausend,
Ein großes
Dänenheer, so wie die Nordsee brausend.
Da kam von Sachsen
auch der König Ludger her,
Bis vierzigtausend
sie nun waren und noch mehr,
Die ritten allesamt
hinab zu den Burgunden.
Doch hatte auch ein
Heer der Günther schon gefunden.
Die nächsten
Freunde und der treuen Brüder Heer,
Die wollten in den
Krieg nun reiten waffenschwer,
Und Hagens Helden
auch dem König sich vertrauen,
Doch musste diese
Schar dem Tod ins Antlitz schauen.
Sie schickten sich
zur Fahrt, sie wollten nun hinan,
Es trug die Fahne
rot Herr Volker, kühner Mann,
Die ritten nun von
Worms zum Rhein wie Totengeister,
Von Tronje Hagen war
des Heeres Waffenmeister.
Und Sindold war
dabei, und Hunold war dabei,
Die Gold verdienten
sich, das gab der König frei,
Und Hagens Bruder
auch, der Sohn von Hagens Schwester,
Dankwart und
Ortewein, die Helden, immer fester.
Herr König, bleib
zu Haus, dies Siegfried nicht verschwieg,
Da deine Ritter mir
ja folgen in den Krieg,
Sei gutes Mutes nur
und bleibe bei den Frauen.
Du kannst mir Ruhm
und Hab und Gut wohl anvertrauen.
Die kommen wollten
her nach Worms am Vater Rhein,
Die sollen dir
gewiss nicht schlimmer Schaden sein,
Ich werde in ihr
Land so nahe ihnen kommen,
Da wird der Übermut
den Feinden bald genommen.
Durch Hessen nun vom
Rhein er mit den Helden ritt,
Bis in der Sachsen
Land, wo er als Ritter stritt,
Sie brannten ab das
Land, die sie nach Rache dürsten,
Da Sorge ward
bekannt und Not den beiden Fürsten.
Zur Grenze kamen
sie, die Knechte rückten an,
Der starke
Siegfried, nun, zu fragen er begann:
Seht das Gesinde an,
für wen ist es gewachsen? -
So übel ging es nie
den ritterlichen Sachsen.
Die Knappen hüten
soll der tapfere Gesell,
Herr Dankwart,
dieser ist als Degen scharf und schnell,
Dann raubt uns
Ludger nicht die Männer und die Sachen,
Lasst ihn mit
Ortewein die Nachhut nur bewachen.
So reite selber ich,
sprach Siegfried voller Mut,
Dem Feind entgegen,
um zu bleiben auf der Hut,
Bis ich erkunde, wo
ich meine Feinde finde. -
Da stand im
Waffenschmuck der Sprößling der Sieglinde.
Dem Hagen er befahl
das Volk, zog vorwärts dann,
Befahl dem Gernot
auch das Volk, dem kühnen Mann,
So ritt er nun
allein ins Feindesland der Sachsen,
Wo er dem Streite
war mit Heldenmut gewachsen.
Da schaute er ein
Heer, das da im Felde zog,
Dass da sein eignes
Heer gewaltig überwog,
Wohl vierzigtausend
da, bereit zu Krieg und Blute,
Doch Siegfried sah
das Heer mit fröhlich hohem Mute.
Da hatte sich ein
Held aus seiner Kriegerschar
Erhoben auf den
Wall, der wohl gewappnet war,
Der Siegfried
schaute an, und Siegfried tat ihm nicken,
Und beide waren
stolz, mit großem Zorn zu blicken.
Ich sag euch, wer
der war, der stand an jenem Tag
So stolz auf seinem
Wall, der Schild zur Linken lag,
Das war der
Ludegast, der Herr im Waffenhemde.
Es sprengte gegen
ihn der ritterliche Fremde.
Nun hatte Ludegast
den Gegner sich erkorn,
Sie gaben ihrem Ross
die Peitsche und den Sporn,
Sie hoben mit dem
Schild den harten Donnerhammer,
Da kam der Ludegast
in allzu großen Jammer.
Gehorsam trugen da
die Rosse sehr geschwind
Die Feinde in den
Krieg, als bliese wilder Wind,
Dann ritterlich
zurück sie ritten mit den Zäumen,
Sie beide da vom
Glück mit scharfem Schwerte träumen.
Der König Siegfried
schlug, es schalle laut umher,
Da stob es von dem
Held, als wenn es Feuer wär,
Von jenes Helden
Hand mit feuerroten Funken,
Der Held von
Niederland im Kampf ist nicht gesunken.
Auch schlug ihm
Ludegast manch bitterbösen Schlag,
Ein jeder auf dem
Schild mit großer Stärke lag,
Bis dreißig kamen
an von Sachsenfeindesscharen
Zur Hilfe ihrem
Herrn. Die Siege Siegfrieds waren.
Drei starke Wunden,
die er jenem König schlug
Durchs lichte
Panzerhemd, das war doch hart genug,
Das Schwert mit
seinem Schaft entlockte Blut den Wunden,
Da hatte Ludegast
viel Traurigkeit gefunden.
Ums Leben bat er ihn
und bot ihm an sein Land
Und sagte ihm, er
wird Herr Ludegast genannt.
Die Sachsenkrieger
nahn, die hatten wohl gesehen,
Was war da auf dem
Wall, der Mauer, dort geschehen.
Er führt ihn gerne
fort, da wurde er berannt
Von dreißig
Sachsen, doch es wehrte seine Hand
Die edle Geisel, er
schlug um sich da mit Schlägen.
Noch größern
Schaden tat der fein geschliffne Degen.
Die dreißig schlug
er tot, die Sachsen tot er schlug,
Nur einer lebte
noch, der ritt nun schnell genug,
Die Botschaft
brachte er von dem, was da geschehen,
Die Wahrheit konnte
man an Beulenhelme sehen.
Leid wars dem
Könige, dem Herrn vom Dänenland,
Der Herr gefangen
ward, das wurde nun bekannt,
Dem Bruder sagt man
das, den ich gleich toben sehe
Und maßlos jähem
Zorn, das Schicksal tat ihm wehe.
Nun wurde Ludegast
der König weg gebracht
Zu König Günthers
Schar von Siegfrieds Übermacht,
Der Hagen ihn
befahl, das hörte gern der Gute,
Als er vernahm das
Wort, war er von frohem Mute.
Und man gebot der
Schar: Die rote Fahne hisst!
Da sagte Siegfried:
Wohl, noch viel zu schaffen ist
Bis zu der
Versperzeit, verlier ich Leib und Seele,
Ich doch im
Sachsenland noch manches Weibchen quäle.
Vom Vater Rhein du
Schar, nehmt nun die Chance wahr,
Ich führe euch zur
Schlacht zu König Ludgers Schar,
Da haut ihr manchen
Helm mit starken Heldenhänden,
Bekannt wird ihnen
Not, eh wir uns wieder wenden.
Da Gernot sprang
aufs Ross und die da um ihn stehn,
Die rote Fahne ließ
der frohe Spielmann wehn,
Herr Volker, stolzer
Held, der ritt mit seinen Scharen,
Die Knappen wachten
auf, die guten Mutes waren.
Es zählte doch die
Schar nicht mehr als tausend Mann,
Zwölf Helden von
dem Rhein. Zu stäuben da begann
Der trockne
Straßenstaub, man zog durch die Gefilde,
Da sah man schimmern
schön die Helme und die Schilde.
Die Sachsen kamen an
mit ihrem Kriegerheer,
Mit Schwertern
scharf und spitz, die Schneiden schnitten sehr
Die Helden an der
Hand, die Helden zu versehren.
Die Gäste wollten
sie von Land und Burgen wehren.
Die Herren führten
nun das eigne Volk heran,
Auch Siegfried kam
heran und mit ihm die zwölf Mann,
Die er sich
mitgebracht vom Niederlande mutig,
Am Tag sah man im
Sturm die vielen Hände blutig.
Und Sindold, Hunold
auch, und Gernot, zornesrot,
Die schlugen in dem
Krieg so manchen Krieger tot,
Die ihrem kühnen
Mut wohl konnten selber trauen.
Da mussten weinen
laut die schönen Sachsenfrauen.
Herr Volker, Hagen
auch, und auch Herr Ortewein,
Die löschten in dem
Krieg so manchen Kriegers Schein,
Da floss das rote
Blut, die Kühnen in den Schlachten.
Und Dankwarts Hände
auch der Wunder viel vollbrachten.
Die Dänen hoben
auch die Hände hoch und wild,
Und von so manchem
Stoß laut schallte mancher Schild,
Und von den
Schwertern scharf manch Wunde ward geschlagen.
Die Sachsen wüteten
in jenen bösen Tagen.
Als die Burgunder
nun gedrungen in den Kampf,
Gehauen wurden da
viel Wunden in dem Dampf,
Und auf den Sätteln
sah man da die Helden bluten.
So warben um den
Ruhm die Ritter, diese Guten.
Man hörte lauten
Schall der Helden, in der Hand
Die Waffen scharf,
da kam die Schar von Niederland
In Feindesreihen
dicht, die ein die Feinde nahmen,
Die einst mit
Siegfried schön, zwölf stolze Ritter, kamen.
Von denen von dem
Rhein kam ihnen niemand gleich,
Man konnte fließen
sehn den Bach des Blutes reich
Durch manchen harten
Held, von Siegfrieds Hand, der schnellen,
Da fand er Ludger
auch bei seinen Heer-Gesellen.
Die Umkehr dreimal
da der Heros unternahm
Zum Ende seiner
Schar. Auch Ritter Hagen kam,
Der half vollbringen
ihm die Heldentaten mutig,
Dass mancher Ritter
ist verschieden, staubig, blutig.
Der starker Ludger
nun den Helden Siegfried fand,
Wie er erhaben, hoch
und stolz in seiner Hand
Trug Balmung, dieses
Schwert, das schlug so manchen Schlimmen,
Darüber tat der
Herr erzürnen und ergrimmen.
Da gab es starken
Drang und lauten Schwerter-Klang,
Da das Gesinde nun
auf das Gesinde drang,
Die beiden Ritter
nun versuchten sich zu dämpfen,
Die Heere wichen,
groß der Hass war in den Kämpfen.
Dem Herrn vom
Sachsenland, dem war es wohl bekannt,
Sei lieber Bruder
fiel in ihrer Feinde Hand,
Er wusste nicht
durch wen, obs Siegfried war gewesen,
Er dacht an Gernot
mehr, den Helden auserlesen.
Da schlug mit hartem
Schwert des Herren Ludger Schwert,
Und unterm Sattel so
dem Siegfried sank das Pferd,
Doch bald erhob er
sich. Der Held, gleich einem Turme,
Der kühne Siegfried
war jetzt wütend in dem Sturme.
Da half ihm Hagen
auch und Gernot zornesrot
Und Dankwart, Volker
auch, da lagen viele tot,
Und Sindold, Hunold
auch und Ortewein, die Degen,
Die konnten in dem
Krieg den Feind zu Boden legen.
Untrennbar in dem
Kampf die Fürsten waren sehr,
Und über Helme hart
sah fliegen man den Speer,
Und durch die
Schilde auch von mancher Hand der Helden,
Von Blut gerötet,
das will ich in Wahrheit melden.
In diesem starken
Sturm sank nieder mancher Mann
Von seinem hohen
Ross. Einander rannten an
Nun Siegfried mit
dem Feind, mit Ludger im Gewehre,
Da flogen Lanzen und
es flogen scharfe Speere.
Des Königs Ludger
Schild zerbrach durch Siegfrieds Hand,
So Sieg erworben hat
der Held von Niederland
Am kühnen
Sachsenherrn, in jenes Kampfes Wochen,
Auch mancher Panzer
ward von Dankwart da zerbrochen.
Nun König Ludger
hat auf einem Schild erkannt
Die Adlerkrone, die
gemalt hat Siegfrieds Hand,
Da wusst er wohl, es
war der starke Held berufen,
Zu seinen Freunden
laut der Herr begann zu rufen:
Lasst ab von diesem
Krieg ihr, die mir untertan,
Denn König
Siegmunds Sohn getroffen hab ich an,
Den starken
Siegfried, den hat sicher ohne Zweifel
In Sachsenland
geschickt der bitterböse Teufel.
Der Fahne er gebot
zu sinken in dem Streit,
Den Frieden wollte
er, der ward ihm mit der Zeit,
Doch Geisel wurde er
mit allen seinen Jungen
In König Günthers
Land, von Siegfried so bezwungen.
Nach allgemeinem Rat
ließ ab man von dem Streit,
Viel Helme sah man
da, verbeulte weit und breit,
Die sanken aus der
Hand, so viele man gefunden,
Die waren rot von
Blut von Rittern der Burgunden.
Sie fingen manchen
ein, sie hatten große Macht,
Und Gernot, Hagen
auch, die nahmen sich in Acht,
Und die Verletzen
man bringt zu der Heilkunst Kennern,
Gefangen an den
Rhein kam Schar von tausend Männern.
Der Haufen, der
verlor, der ritt nach Dänemark,
Die Sachsen stritten
auch nicht so gewaltig stark,
Dass man sie loben
kann, das schuf den Kriegern Leiden.
Und man beklagte die
gefallen in dem Streiten.
Sie ließen ihre
Wehr und brachten sie zum Rhein,
Gewonnen hatte so
mit den Genossen sein
Der junge Siegfried
stark, er tat es so vollbringen.
Den Ruhm ihm
zugestand sein Herr vor allen Dingen.
Den Boten schickt
nach Worms der Gernot nach der Not,
Daheim im Vaterland
den Freunden er entbot,
Was ihm gelungen
war, und welcher Sieg zu sehen,
Es war vom kühnen
Mann um Heldenruhm geschehen.
Der Bote eilte
schnell, so ward es angesagt,
Da freuten sich in
Lust, die vorher Leid geklagt,
Der Botschaft
freuten sich, die ihnen war gekommen,
Da ward von Frauen
schön ein Fragespiel vernommen.
Wie es dem Heer
gelang, wie es gelang dem Heer,
Man rief den Boten
auch zur Jungfrau Kriemhild her,
Nur heimlich das
geschah, damit er nichts verlaute,
Denn einer war
dabei, dem sie ihr Herz vertraute.
Als in die Kammer
sie den Boten kommen sah,
Die schöne
Kriemhild sprach zu ihm voll Güte da:
Nun sag ein gutes
Wort, so geb ich dir vom Golde,
Und tust du‘s ohne
Trug, so bin ich dir die Holde.
Wie war in diesem
Streit mein Bruder Gernot da
Und meine Freunde
all? Ob man auch Tote sah?
Wer war der Beste
da? Das mögest du mir sagen. -
Der gute Bote
sprach: Wir mussten nicht verzagen.
Zuvörderst in dem
Krieg war keiner doch so toll,
O Königstochter
schön, wenn ich es sagen soll,
Als wie der fremde
Mann von hohen Niederlanden,
Den Wunder wirkend
mit der Hand die Guten fanden.
Was von den Rittern
da im Krieg geschehen war,
Von Dankwart, Hagen
auch, des Königs treuer Schar,
Wie tapfer da man
stritt und schlug viel rote Wunden,
War keiner herrlich
wie der Sprössling von Siegmunden.
Sie haben in dem
Sturm erschlagen manchen Mann,
Doch von den Wundern
da kein Mensch es sagen kann,
Die Siegfried wirkte
da, der Ritter in dem Streiten,
Den Sachsenfrauen er
verursacht viele Leiden.
Auch fiel von seiner
Hand manch Liebling einer Braut,
Es scholl sein
harter Schlag auf harte Helme laut,
Aus Wunden taten sie
verströmen und verbluten.
Er ist der Beste
doch von allen unsern Guten.
Da hat auch viel
getan von Metz Herr Ortewein,
Was ihm gelungen mit
dem scharfen Schwerte sein,
Das fiel vor ihm
verletzt zur Erde, unsrer Mutter,
Es schuf die größtre
Not dein vielgeliebter Bruder.
Was jemals in dem
Sturm des Krieges ist geschehn,
Dem Auserwählten
muss die Wahrheit man gestehn,
Burgunder stolz und
stark bestanden auf den Fahrten,
Die sie vor aller
Schmach die Ehre sich bewahrten.
Man sah von Händen
da der Sättel viel geleert,
Als so erklang das
Feld von manchem goldnen Schwert,
Die Ritter von dem
Rhein, die ritten in den Zeiten,
Die Feinde besser
doch vermieden alles Streiten.
Und die von Tronje
kühn auch schufen großes Leid,
Als mit des Volkes
Kraft sich traf das Heer im Streit,
Da schlug so manchen
tot die Hand vom Helden Hagen,
Davon wär in
Burgund des Ruhmes viel zu sagen.
Und Sindold, Hunold
auch, und Gernot in dem Heer,
Und Rumold auch war
kühn, sie schufen viel Beschwer,
Dass König Ludger
muss beklagen es zu Zeiten,
Dass er des Rheines
Herrn gerufen hat zum Streiten.
Den allerhöchsten
Kampf, der je im Land geschah,
Vom Anfang bis zum
Schluss, was irgend jemand sah,
Hat Siegfried da
vollbracht mit Waffen und mit Wehre,
Dass Geiseln er
gebracht zu König Günthers Ehre.
Wie zwang mit seiner
Kraft der sieggewohnte Held,
Wovon nun Ludegast
den Schaden nur behält,
Und auch vom
Sachsenland Herr Ludger auch, sein Bruder.
So höre du mein
Wort, du unsres Volkes Mutter!
Gefangen hat die
zwei des Helden Siegfried Hand,
Nie solche Geiseln
sah das liebe Vaterland,
Die bringt nun an
den Rhein der Heldenmut des Kühnen. -
Frau Kriemhild
konnte der Bericht zur Freude dienen.
Gesunde führte man
wohl tausend Mann hier hin
Und Sterbenswunde
auch, o hehre Königin,
Wohl hundert
Blutende man bracht ins Land der Väter,
Von allem diesem war
der Siegfried nur der Täter.
Die uns im Übermut
bekämpften hier am Rhein,
Die müssen nun in
Haft bei König Günther sein,
Die bringt mit Jubel
man hierher in unsre Lande. -
Wie sie errötete,
als man es ihr bekannte!
Ihr schönes Antlitz
ward vor Freude rosenrot,
Da lebend war
entflohn aus so brutaler Not
Der wundervolle
Held, Herr Siegfried, starker Degen.
Sie war auch voller
Glück ob all der Freunde Segen.
Die schöne Dame
sprach: Du machtest mir bekannt
Die
Freudenbotschaft, drum sei dir dies Goldgewand,
Zehn Mark geb ich
dazu, die sollst du freudig tragen. -
Drum mag man gute
Mär gern reichen Damen sagen.
Da gab man ihm zum
Lohn zehn Mark, ein goldnes Kleid.
Da trat auf den
Balkon so manche hübsche Maid
Und schaute auf den
Weg, da sah man sich bewegen
In der Burgunder
Land hocherzig gute Degen.
Gesunde kamen da,
der Wunden Gruppe kam,
Die hörten gern den
Gruß von Freunden ohne Scham.
Der Wirt mit manchem
Gast da ritt in hohen Freuden,
Mit Freuden war er
ja entkommen schwersten Leiden.
Die Seinen er
empfing, die Fremden auch zugleich,
Wie anders es nicht
ziemt dem König fromm und reich,
Und sagte denen
Dank, die waren da gekommen,
Dass sie den Sieg
mit Ruhm im Wettersturm genommen.
Nun Günther sagen
ließ von Freunden sich das Wort,
Wer da gefallen war
im Kriege an dem Mord,
Gefallen sechzig
Mann, erloschen ihre Kerzen,
Das musste man mit
Mut und Männlichkeit verschmerzen.
Nun die Gesunden
sind gekommen, in der Hand
Verbeulte Helme viel
in König Günthers Land.
Von Pferden sprang
das Volk da vor des Königs Halle,
Bei freundlichem
Empfang war Lärm von frohem Schalle.
Da gab man
Unterkunft den Rittern in der Stadt,
Der König seine
Schar mit Trank gesegnet hat,
Die Wunden pflegte
man an manchem Mannesbilde,
Und auch am tapfern
Feind er zeigte seine Milde.
Er sprach zu
Lüdegast: Willkommen sei mit Huld,
Ich kam zu Schaden
groß durch deine schlimme Schuld,
Vergelten will ich
nun den Zorn von meinen Feinden
Und gebe Segenslohn
den vielgetreuen Freunden.
Nun, sage ihnen
Dank, so sagte Ludger da,
So hohe Geiseln man
noch nie im Reiche sah,
Um Haft für Ritter
wir in allen Ehren schachern
Und flehn um deine
Huld an deinen Widersachern.
So lasse ich euch
zwei, sprach Günther ledig gehen,
Nur dass die Feinde
mir zu ihrem Worte stehn,
Die Bürgschaft ich
verlang, damit sie stets hienieden
In meinem Heimatland
bewahren mir den Frieden.
Man brachte sie zu
Bett, wo man sie gut gepflegt,
Wo mancher Wunde
sich aufs weiche Kissen legt,
Gesunden schenkte
man viel Wein in ihren Becher,
Da das Gesinde froh,
feucht-fröhlich ward wie Zecher.
Verbeulte Schilde
man da in die Kammern trug,
Die Sattel rot von
Blut, man sah davon genug,
Verbergen ließ man
sie, so weinten nicht die Frauen,
Viel Ritter
kriegesmüd die schönen Damen schauen.
Dass man die Gäste
pflegt, der König drauf bestand,
Von Heimatbürgern
und von Fremden voll das Land.
Und die zu Tod
verletzt, die ließ er ärztlich pflegen.
Wie war ihr Übermut
im Staube nun gelegen!
Dem Arzt mit seiner
Kunst, dem bot man reichen Sold,
Von Silber rein und
von dem allerreinsten Gold,
Wenn er die Helden
heilt, die Todeswunden haben,
Dazu den Gäste bot
der König schöne Gaben.
Wer heim zu reisen
dann begehrt in neuem Mut,
Den bat zu bleiben
man, wie man mit Freunden tut.
Der König dachte
nach, welch Lohn sei zu gewähren
Der treuen
Rirtterschar, die stritt für seine Ehren.
Und Gernot sagte
dies: Man lasse sie in Ruh,
In sieben Wochen
dann, das sag man ihnen zu,
Wird wiederkommen
dann zu festlichem Gelage
Und heil sein dann,
der wund gelegen diese Tage.
Um Urlaub Siegfried
bat, der Herr von Niederland.
Als König Günther
ward Herrn Siegfrieds Wunsch bekannt,
Bat er ihn
liebevoll, ihm weiter beizustehen.
Wärs um die
Schwester nicht, so wär es nie geschehen.
Dazu war er zu
stolz, dass man ihm zahle Sold,
So sehr er den
verdient. Der König war ihm hold
Und seiner Freunde
Schar, die das mit angesehen,
Was da von seiner
Hand im Kriege war geschehen.
Er wollte bleiben
für die wunderschöne Maid,
Vielleicht dass er
sie schau. Und das nach einer Zeit
Geschah nach seinem
Wunsch, dass er sie kennen lernte.
Dann in sein
Vaterland er heiter sich entfernte.
Der Wirt begehrte
nun, was Rittern gut gefällt,
Da spielte
Ritterspiel gutwillig mancher Held.
Auch Throne standen
da bei Worms am Uferstrande
Für die, die kämen
bald in der Burgunder Lande.
Nun in der schönen
Zeit, bis mancher Ritter kam,
Die schöne
Kriemhild von der frohen Mär vernahm,
Dass ein Gelage soll
gefeiert sein zum Preise,
Da dachten schöne
Fraun daran mit großem Fleiße.
Gewand und Bänder
bunt, das liebten Frauen sehr.
Frau Ute, die war
reich, vernahm die schöne Mär
Von Rittern voller
Stolz, die sollten baldigst kommen.
Da wurden aus dem
Schrank die Kleider schön genommen.
Den Kindern machte
sie zur Zierde Rock und Kleid,
Womit sich schmückte
schön die Frau, die junge Maid.
Und vielen Rittern
stolz aus heimatlichen Ländern
Und Fremden auch sie
schuf die Zierde von Gewändern.
FÜNFTER GESANG
Man sah die Helden
Tag für Tag im Ritt am Rhein,
Die bei dem
Hofgelag wohl gerne mochten sein,
Und für die Könige
sie kamen in die Länder,
Da gab man ihnen
viel der Rosse und Gewänder.
Es war auch das
Gestühl schon jedermann bereit,
Dem höchsten,
besten, ja, so hörte man Bescheid,
Und dreißig Fürsten
da sind bei dem Hofgelage,
Die Frauen
schmückten sich mit Gold an jenem Tage.
Geschäftig sah man
dort auch Giselher, das Kind,
Wer fremd und
heimisch war, dem war er wohl gesinnt,
Und Bruder Gernot
auch in Waffen und in Wehren,
Die Ritter grüßte
man, die Männer da mit Ehren.
Viel Sättel
goldenrot sie führten in das Land
Und manchen
schmucken Schild, manch herrliches Gewand
Sie brachten an den
Rhein und zu dem Höfgelage.
Manch Ungesunder
dacht an Freuden alter Tage.
Wer wund im Bette
lag, vordem gelitten Not,
Vergessen durfte
der, wie bitter ist der Tod.
Die Kranken man
vergaß, die Siechen, zu beklagen,
Es freute jeder sich
an schönen Feiertsagen.
Wie wollten leben
sie in heiterem Genuss!
Da ohne Maßen Lust
und Glück im Überfluss
Die Leute hatten
froh, am Himmel schien die Sonne,
In Günthers ganzem
Land da lachte laut die Wonne!
Als Pfingsten kam,
das Fest, da sah man alle gehn,
Gekleidet voller
Pracht die Ritter wunderschön,
Fünftausend oder
mehr, dem Hofgelag entgegen,
Da kurze Weile war
und Frohsinn allerwegen.
Und Günther trug im
Sinn, was er schon längst erkannt,
Von tiefstem
Herzensgrund der Mann aus Niederland
Des Königs
Schwester liebt. Zwar sah er sie noch nimmer,
Doch ihre Schönheit
war mehr als der Mädchen Schimmer.
Er sprach: Nun ratet
mir, ob Untertan, ob Held,
Wie wird das
Hofgelag am besten aufgestellt,
Dass wir zu Spotte
nicht noch werden mit der Stärke,
Es liegt dem
Lobgesang allein am guten Werke.
Da zu dem König
sprach von Metz Herr Ortewein:
Soll dieses Hofgelag
von höchsten Ehren sein,
So lasst die Gäste
nur die schönen Kinder sehen,
Die mit so vielem
Ruhm sich in Burgund ergehen.
Was wär des Mannes
Lust, was freut er sich zu schaun,
Wenn nicht die
Mädchen jung und schöne reife Fraun?
Drum deine Schwester
soll nun zu den Gästen gehen. -
Der Rat war gut und
klug, zu manchem Heil geschehen.
Dem Ratschlag folg
ich gern, der König sagte so,
Und jeder, der‘s
erfuhr, der ward darüber froh.
Frau Ute also nun
mit ihrer Tochter gehe
Und mit den Mädchen
schön zum Hof, dass man sie sehe.
Da ward aus manchem
Schrein gehoben ein Gewand,
So viel man in dem
Schrein die weißen Kleider fand,
Und Spangen, Spitzen
auch von feinsten Seidenfädchen,
So schmückten
minnig sich sehr hübsch die jungen Mädchen.
Und mancher junge
Held nur kannte ein Begehr,
Das er gefallen mög
den schönen Frauen sehr,
Die lieber er gehabt
als selbst des Königs Lehen.
So manche ließ sich
sehn, die nie zuvor gesehen.
Da ließ der König
nun mit seiner Schwester gehn
Der Ritter hundert
Mann, zu ihrem Dienst ersehn,
Zu ihrer Mutter
Dienst, zum letzten Lanzensplitter,
Das war das Volk am
Hof Burgund, das waren Ritter.
Frau Ute sah man
nahn, und mit ihr anzuschaun
Ein Volk von Frauen
war, von schönen Edelfraun,
Wohl hundert und
noch mehr, gehüllt in Seidenfädchen,
Mit Kriemhild kam
das Volk der jungen hübschen Mädchen.
Aus ihren Kammern
sah man alle Frauen gehn,
Da war ein starker
Drang bei Männern ausersehn,
Die standen alle
starr und staunten in dem Städtchen,
Ob ihnen wird die
Huld, zu schaun dies schönste Mädchen.
Nun kam die
Minnefrau, schön wie das Morgenrot
Tritt strahlend aus
der Nacht. Adieu der Herzensnot,
Der Held war nun
erlöst, ihm war sein Heil geschehen,
Als er die Herrin
sah in Minne vor ihm stehen!
Vom Leide leuchtete
ihr mancher Edelstein,
Die Farbe rosenrot
gab einen schönen Schein,
Und was ein Mann
begehrt, er muss es doch gestehen,
Dass nie auf Erden
ward so schöne Frau gesehen.
Und wie der Vollmond
licht vor lichten Sternen schwebt
Und sich in seinem
Glanz aus dunklen Wolken hebt,
So wahrlich glänzte
sie vor andern schönen Frauen
Und gab den Helden
so ein neues Selbstvertrauen.
Sie reichen
Kämmerer, sie schritten vor ihr her,
Die Ritter
hochgemut, sie ließen sie nicht mehr,
Sie drängten, dass
sie sehn das minnigliche Mädchen.
Dem Siegfried war es
lieb und wieder leid im Städtchen.
Er sann: Wie dacht
ich je, ich wäre makellos,
Zu lieben diese
Frau? Das war ein Wahnsinn bloß.
Darf ich sie nicht
mehr sehn, ach weh, das wär mir tödlich! -
Er ward von Liebe
bleich und ward vor Liebe rötlich.
Da stand Sieglindes
Sohn, wie mancher Held ihn kennt,
Als wär beschrieben
er auf altem Pergament
Von Künstlers
Meisterhand, so war es da zu melden,
Das man auf Erden
nie noch fand so schönen Helden.
Und der mit
Kriemhild ging, der sprach da einen Bann,
Dass aus dem Wege
geh vor Kriemhild jeder Mann,
Die Herzen hohen
Muts, die freuten sich, zu schauen
Mit Kriemhild voller
Zucht und Tugend schöne Frauen.
Da sagte von Burgund
der König Gernot dies:
Dem Helden, der so
treu dir seine Dienste leoß,
O Günther, Bruder
mein, dem biete guten Lohn an
Im Kreis der
Ritterschaft und biet ihm keinen Hohn an.
Sag Siegfried, dass
er nun zu unsrer Schwester kommt,
Dass ihn das Mädchen
grüßt, wie es den Mädchen frommt.
Die niemals Ritter
je gegrüßt, die soll ihn grüßen.
So Siegfried möge
uns das Vaterland versüßen.
Die Freunde gingen
nun zum Platz, wo man ihn fand,
Sie sprachen zu dem
Herrn von Friesland-Niederland:
Der König dir
erlaubt, du sollst zum Hofe gehen,
Dich grüßt die
Schwester sein, die Huld soll dir geschehen.
Von diesem Wort der
Held im Herzen war erfreut,
Er trug im Herzen da
viel Freude ohne Leid,
Dass Utes Tochter er
soll sehen noch hienieden.
In minniglicher
Zucht empfing die nun Siegfrieden.
Als sie den stolzen
Mann nun vor sich stehen sah,
Die Wange ward ihr
rot, die Schöne sagte da:
Willkommen,
Siegfried, Held und Ritter ohne Fehle! -
Da ward von ihrem
Gruß verzaubert seine Seele.
Er neigte sich und
dankt der Frau aus tiefster Brust,
Sie zueinander trieb
der Minne Sehnsuchtslust,
Mit lieben Augen,
die wie feuerheiße Kohlen,
So sahen sie sich
an, doch heimlich und verstohlen.
Ward da mit sanftem
Druck liebkost die weiße Hand
In
Minnezärtlichkeit? Das ist mir nicht bekannt.
Doch glaub ich, es
geschah, das liebevolle Streicheln.
Wer Liebe sich
ersehnt, der mag nicht länger heucheln.
Und in der Maienzeit
und in der Sommerzeit
In seinem Herzen
trug der Ritter benedeit
So hoher Wonnen
Lust, wie er sich da gewonnen,
Da ihm zur Seite
ging die Schönste der Madonnen.
Da dachte mancher
Mann: Ach wär das mir geschehn,
Dass ich so mit ihr
ging, wie ich ihn hab gesehn,
Dass ich auch bei
ihr läg, das wär der Freuden Same. -
Es diente nie ein
Held so heilig seiner Dame.
Aus welchem Lande
auch ein Gast gekommen war,
Er nahm im
Königssaal nur unsre Beiden wahr.
Ihr war erlaubt, den
Mann mit Zärtlichkeit zu küssen,
Nie schwelgte er
bisher in solcherlei Genüssen.
Von Dänemark der
Herr hob an und sprach gesund:
Für diesen hohen
Gruß liegt mancher Kranke wund,
Wie ich hier merke
wohl, von Ritter Siegfrieds Händen.
Gott möge
nimmermehr ihn zu den Dänen senden.
Und allenthalben man
befahl zu weichen dann
Der schönen
Kriemhild, und so manchen Rittersmann
Sah gut erzogen man
zu Gottes Kirche gehen.
Von ihr geschieden
ward der Ritter ausersehen.
Zum Münster ging
sie da und mit ihr viele Fraun,
Da war als schönste
Zier die Königin zu schaun,
Dass da in
Lustbegier so mancher ging verloren,
Die Augenweide sie
der Ritter auserkoren.
Und Siegfried
wartete, bis aus war der Gesang
Der Messe, da zum
Heil der Seele sagt man Dank,
Dass ihm gewogen
war, die er im Sinn getragen,
Die sie die Schönste
war, wie es nicht auszusagen.
Und als sie aus dem
Dom nach Gottes Messe kam,
Da brachte man zu
ihr den Helden wundersam,
Da dankte ihm die
Maid, die voll der schönen Minne,
Dass er in jedem
Krieg den Sieg für sie gewinne.
Nun Siegfried, lohn
dir Gott, so sprach das schöne Kind,
Der du zu Recht
verdienst, dass alle Ritter sind
Dir zugetan und
treu, wie alle es gestehen. -
Und er begann die
Frau voll Liebe anzusehen.
Stets diene ich dem
Herrn, sprach Siegfried da, der Mann,
Und bette nicht mein
Haupt in fauler Muße Bann,
Bis dass sein Wunsch
geschieht, denn das ist meine Ehre,
Das tu ich, liebe
Frau, mir deine Huld gewähre.
Zwölf schöne Tage
lang, wenn morgens es getagt,
Da sah den Ritter
man bei seiner reinen Magd,
Die immer auf den
Hof zu ihren Freunden gehen,
Dem Helden ist ihr
Dienst aus Minnehuld geschehen.
Glück, Freude,
Wonne, Lust und lauten Schall von Stahl
Vernahm man jeden
Tag vor König Günthers Saal,
Davor und drinnen
auch, wenn kühne Ritter nahten.
Und Ortwein, Hagen
auch, die taten Wundertaten.
Und was man wollte
tun, man sah dazu bereit
In einem hohen Maß
die Ritter, stark im Streit,
Da vor der Gäste
Schar sich mancher Held bekannte,
Das war ein schöner
Schmuck in König Günthers Lande.
Die lagen lange
wund, die standen zum Gefecht,
Zur Kurzweil kämpfte
da so manch ein Fürstenknecht,
Sie hielten fest den
Schild und schossen mit den Schäften,
Da halfen viele mit
und waren reich an Kräften.
Und beim Gelage an
dem Hof war recht der Wirt
Mit bester Speise
da, die dann zur Stärkung wird,
Kein Tadelwort
erklang, es darf kein Zank entstehen,
Man sah ihn
freundlich jetzt zu seinen Gästen gehen.
O sprach: O
Heldenschar, bevor ihr reitet hin,
Nehmt meine Gaben
an, denn das ist mir im Sinn,
Ich sag euch ewig
Dank, nehmt gern von meinem Gute
Und teilt es unter
euch, denn so ist mir zumute.
Und die von
Dänemark, die sprachen mit Verstand:
Bevor wir reiten
heim in unser Vaterland,
Gewähre Frieden
uns, denn sonst sind wir verdorben,
Weil mancher Mann
von uns ist in dem Krieg gestorben.
Und Lüdegast, der
Herr, der war nicht länger wund,
Des Sachsenlandes
Fürst, der wieder ward gesund.
Doch manchen Toten
hat man in dem Land gelassen.
Und König Günther
ging, um Siegfried zu umfassen.
Da sprach er zu dem
Mann: Gib Rat in meiner Müh.
Die Gäste wollen
schon fort reiten morgen früh
Und bitten mich um
Gunst und das wir leisten Sühne.
Was scheint dir gut
getan? Was sagt der Held, der kühne?
Was sie mir bieten
an? Sie haben mir gewollt
Zu geben Säcke voll
von rötlichgelbem Gold,
Dass ich sie lasse
frei, fünfhundert volle Kübel.
Da Siegfried aber
sprach: Das, König, wäre übel.
Lass frei den Dänen
ziehn, lass frei den Sachsen gehen,
Nur dass die Herren
sich fortan nicht unterstehn,
Mit Feindschaft und
mit Krieg in unser Land zu kommen.
Nimm du der Fürsten
Hand, so sei der Schwur genommen.
Dem Ratschlag folg
ich gern, sprach König Günthers Mund.
Dem beiden Feinden
ward gegeben solches kund,
Dass niemand Gold
begehrt, das Günther sie geboten.
Nun ruhten von dem
Streit die Müden und die Toten.
Und manchen
schmucken Schatz trug willig man herbei,
Das wurde
aufgeteilt, geschenkt den Freunden frei,
Fünfhundert
deutsche Mark den Männern zu verehren.
Denn so riet Gernot
das, der kluge Mann voll Ehren.
Um Urlaub baten sie,
und heim in ihren Staat
Die Gäste wollten,
die sich Kriemhild noch genaht,
Frau Ute auch
genaht, der Königin der Minnen.
Zum Urlaub zog noch
nie so große Schar von hinnen.
Die Häuser leerten
sich, als man von dannen ritt,
Im Lande aber blieb
und auch die Tugend mit
Der König und sein
Volk, da schön die Helden prangen,
Und jeden Tag ist
wer zu Kriemhilds Haus gegangen.
Auch Urlaub hat
begehrt Herr Siegfried, unser Held,
Verzweifelt war er
fast, so war sein Sinn bestellt.
Der König hörte
es, die Stirn in krausen Falten.
Doch Giselher, das
Kind, der hat ihn abgehalten.
Wo, Siegfried,
willst du hin? Was wäre denn dein Ziel?
Ich bitte dich:
Bleib hier beim schönen Ritterspiel,
Bei König Günther
und dem Volk und seinen Fürsten.
Viel schöne Damen
weiß ich nach dem Helden dürsten.
Der starke Siegfried
sprach: Dann lasst den Renner stehn,
Ich wollte zwar
hinweg, die Lust tat mir vergehn,
Tragt auch die
Rüstung fort, zwar wollt ich in die Heimat,
Doch sprach Herr
Giselher, der manchen schönen Reim hat.
So blieb der kühne
Mann dem Freund zuliebe dort.
Ihm wär in keinem
Land, ihm wär in keinem Ort
So wohl gewesen
doch, wie hier bei den Burgundern,
Wo über Kriemhild
er tat täglich sich verwundern.
Weil sie so
wunderschön, der starke Ritter blieb.
Mit mancher Lust und
Spiel die Zeit man sich vertrieb.
Frau Minne ihn
bezwang, die führt zu Herzensnöten,
Frau Minne
schließlich gar tat ihren Diener töten.
SECHSTER GESANG
Und wieder neue Mär
erhob sich an dem Rhein,
Man sprach, es gäbe
doch so schöne Mädchen rein,
Dass eine davon
freit der König Günther leise.
Das schien dem
ganzen Hof der Ritter klug und weise.
Da war die Königin,
die wohnte in dem Meer,
Der keine Frau war
gleich, wie war sie schön so sehr,
Schön über alles
Maß und mächtig ihre Kräfte,
Sie schoss um
Minnesold mit Rittern ihre Schäfte.
Die Steine warf sie
weit und hüpfte ihnen nach,
Wer ihre Liebe will,
muss sie besiegen, ach,
Gewinnen in dem
Spiel. Die Frau war rein geboren,
Doch wer den Kampf
verlor, hat auch den Kopf verloren.
Die Königstochter
hat das manches Mal gemacht.
Am Rheine das erfuhr
ein Ritter voller Macht,
Der wandte seinen
Sinn auf dieses schönste Weibchen,
Drum viele Ritter
auch verloren Leben, Leibchen.
Als einst mit seiner
Schar saß da der König hehr,
Von allen Seiten
ward beraten hin und her,
Wen sich der Herr zu
Frau soll frein, schön anzuschauen,
Die er zur Gattin
nimmt, des Landes liebe Frauen.
Da sprach der Fürst
vom Rhein: Ich möchte an die See,
Will zu Brunhilde
hin, dass ich die Schöne seh,
Um ihre Liebe wag as
Leben ich vom Leibe,
Ich geb das Leben
auf, wird sie mir nicht zum Weibe.
Ich rate davon ab,
sprach Siegfrieds weiser Sinn,
Denn Sitte schlimm
und grimm pflegt da die Königin,
Wirbst du um diese
Frau, das kommt dir bös zu stehen,
Dum lasse davon ab,
auf diese Fahrt zu gehen.
Doch König Günther
sprach: Ein Weibchen ward noch nie
Geboren so voll
Kraft, im Kampfe will ich sie
Wohl überwinden
leicht, die man die Starke nannte. -
Schweig, sagte
Siegfried da, sie ist die Unbekannte.
Und wären deiner
vier, das könnte nicht gedeihn
Vor ihrem wilden
Zorn, drum lass den Willen sein,
Das rate ich dir
treu, entgehe gern dem Sterben,
Du sollst um ihren
Leib nicht voller Liebe werben.
Sei stark sie, wie
sie will, auf Reisen muss ich gehen,
Will zu Brunhilde
hin, mag, was da will, geschehn,
Um ihrer Schönheit
preis begeh ich jede Lüge.
Sie komme an den
Rhein, dass Gott mir dieses füge.
So will ich raten
dir, sprach Hagen unentwegt,
Dass Siegfried
bittest du, dass er es mit dir trägt,
Der großen Sorge
Last, so rat ich mit dem Munde,
Weil er von Brunhild
hat die ganz gewisse Kunde.
Du guter Siegfried,
Freund, wirst du mir Helfer sein,
Zu werben um das
Weib? Tu nach der Bitte mein,
Gewinn sie mir zur
Frau, das wundervollste Weibchen,
Ich wage für die
Frau Ruhm, Leben, Ehre, Leibchen.
Und Siegfried
Antwort gab, er, König Siegmunds Sohn:
Ich tu‘s,
versprichst du mir dein Schwesterchen zum Lohn,
Die schöne
Kriemhild, ach, die Herrliche, die Hehre,
Sonst keinen Lohn
fürs Werk ich immerdar begehre.
Sprach Günther Ja
dazu, versprach sie Siegfrieds Hand.
Und kommt Brunhilde
schön in dies mein Vaterland,
So will ich dir zum
Weib die liebe Kriemhild geben,
So magst du mit der
Frau in Freuden immer leben.
Da schworen einen
Eid die beiden Ritter hehr,
Das schuf den beiden
doch viel Mühe und Beschwer,
Eh sie das
Wunderweib zum Vater Rheine brachten.
Die Sorgen ihnen
noch die Zeit beschwerlich machten.
Ich hörte sagen
einst von manchem wilden Zwerg,
Die Schilde tragen
und bewohnen manchen Berg,
Die Tarnungskappen
sie zu machen kunstreich taugen,
Und wer dieselbe
trägt, ist unsichtbar den Augen.
Zugleich zu Schlag
und Stich weiß niemand ihn zu sehn,
So lang er diese
trägt, kann keiner ihn erspähn,
Kann keiner hören
ihn in dieeser Zwergen-Wehre,
Ihm wächst die
größte Kraft, so meldet es die Märe.
Die Tarnungskappe
nun nahm Siegfried auf die Fahrt,
Die er gewonnen
einst auf seine Heldenart
Von Alberich, dem
Zwerg, der bildete das Gitter.
Nun auf die Reise
gehen die Recken und die Ritter.
Wenn Siegfried stark
und stolz die Tarnungskappe trug,
Gewann er in dem
Zeug der Heldenkraft genug,
Zwölf Männer sind
so stark, so sagte man im Städtchen,
So er gewann mit
Lust das allerschönste Mädchen.
Auch war beschaffen
so die Nebelkappe gut,
Ein jeder drin
vermag zu handeln voller Mut,
Was immer er
gewollt, und keiner kann ihn sehen.
So Brunhild er
gewann, durch die viel Leid geschehen.
Nun sag mir, lieber
Freund, eh unsre Fahrt gescheh,
Wie wir mit
Ehrenschein wohl kommen über See?
Dass in Brunhildes
Land wir kommen allerwegen,
Da brauchen wir die
Schar von dreißigtausend Degen.
Wie groß ist unser
Volk, sprach Siegfrieds weiser Sinn,
Doch ist voll
Grimmigkeit die hohe Königin,
Dass sterben muss
das Volk von ihrem Übermute.
Ich rat dir
besseres. Du bist der kühne Gute.
Auf Heldenweise wir
wallfahren an den Rhein,
Die Ritter nenn ich
dir, die sollen mit uns sein,
Es seien zwei und
zwei allein mit uns zu sehen,
Dass du erwirbst die
Frau, was sonst auch wird geschehen.
Der eine bin ich
selbst, du sollst der andre sein,
Der Dritte Hagen
ist, so kann es gut gedeihn,
Der Vierte Dankwart
ist, der Recke herrlich brausend,
Wir brauchen nicht
zum Streit die Schar von dreißigtausend.
Die Nachricht hör
ich gern, der König sagte so,
Eh wir auf Reisen
gehn, da wär ich herzlich froh,
Was für ein Kleid
wir da vor Frau Brunhilde tragen,
Wie es geziemt der
Frau. Das, Freund, sollst du mir sagen.
Das allerbeste
Kleid, das irgend einer fand,
Trägt man zu jeder
Zeit in Frau Brunhildes Land,
Drum lass uns
Kleider schön vor jener Dame tragen,
So dass man nicht
zur Scham wird später von uns sagen.
Da sagte Günther
dies: So will ich selber gehn
Zu meiner Mutter
lieb, so möge es geschehn,
Dass ihre Mägde
schön uns schaffen solche Kleider,
Dass wir sie tragen
stolz ins Land der Jungfrau weiter.
Dass deine Schwester
hör von deinem Geist und Mut
Und kunstreich wirke
uns die schönen Kleider gut,
Sprach Tronjes Hagen
da mit wundervollen Sitten,
Musst du die Mutter
nicht, die fromme Ute bitten.
Zu Kriemhild Günter
sprach, er wünsche sie zu sehn,
Und Siegfried
wünscht das auch. Eh sie das ließ geschehn,
Da tat die Schöne
sich mit schönstem Kleid bekleiden.
Dass beide Herren
nahn, das ließ ihr Herz nicht leiden.
Da waren Mägde
auch, geschmückt nach ihrem Stand.
Und Freund und
Bruder kam, und da sie das erkannt,
Erhob sie sich vom
Stuhl. Wie vornehm sie gegangen,
Als sie den Bruder
und den edlen Freund empfangen!
Willkommen,
Bruderherz und sein Genosse rein,
Nun wissen möchte
ich, so sprach die Jungfrau fein,
Was euer Wünschen
ist, dass ihr zum Hof gekommen,
So lasst es hören
mich, was ist der Ritter Frommen.
Und König Günther
sprach: Weil in ein fernes Land
Zu werben reiten
wir, da braucht es ein Gewand,
Ein zierliches
Gewand, o Schwester, will ich sagen,
Dass wir in Sorgen
groß mit festem Mut es tragen.
Nun sitze,
Bruderherz, so sprach das Königskind,
Erfahren lasse mich,
wer denn die Frauen sind,
Die ihr erwerben
wollt im Lande fremder Fürsten? -
Nach Freund und
Bruder sah man da die Jungfrau dürsten.
Mit beiden ging sie
hin, wo sie gesessen war,
Zum schönsten
Ruhebett, ich rede gut und wahr,
Mit Bildern
aufgestickt, von weißem Gold erhaben.
Sie durften bei der
Frau die schönste Muße haben.
Ein liebevoller
Blick und gnadenreiches Sehn,
Da war den beiden da
von jener Frau geschehn.
Und Siegfried trug
im Sinn die Frau, die war sein Leben,
Er diente ihrer
Huld, sie werde ihm gegeben.
Und König Günther
sprach: Geliebte Schwester mein,
Wenn du dabei nicht
hilfst, so wird es niemals sein,
Zum Abenteuer wir
begehren nach Brunhilde,
Da brauchen wir ein
Kleid, das schön ist, o du Milde.
Die Königstochter
sprach: Geliebter Bruder mein,
An meiner Hilfe kann
euch wohl gelegen sein,
So werdet inne, dass
ich will es euch bereiten.
Erwirbst du nicht
die Frau, das schafft der Schwester Leiden.
Was dir gefallen
mag, ich bin dazu bereit,
Und tu es herzlich
gern, so sprach das Wonneweib,
Du edler Ritter
sollst mich nicht vergebens bitten,
Gebiete deiner Magd,
so fordern es die Sitten.
Wir wollen,
Schwesterherz, ein gutes Prachtgewand,
Das soll bereiten
uns Kriemhildes weiße Hand.
Lass deine Mägde
das besorgen, Fäden wirken.
Wir reiten dann
getrost zu nordischen Bezirken.
Die reine Jungfrau
sprach: Wir schaffen euch das Kleid,
Dass ihr mit Würde
tragt vor jener Wundermaid,
Mein Bruder und mein
Freund, nun hört nur, was ich sage,
Wir haben Seide
fein, dass man als Kleid sie trage.
Wer sind die Männer
denn, so sprach die Königin,
Die mit zum Hofe
ziehn, mit ganz getreuem Sinn? -
Ich und drei andre
noch, das mögest du verstehen,
Und Dankwart, Hagen
auch, mit uns zu Hofe gehen.
Nun merke,
Schwesterherz, wir brauchen ein Gewand,
Dass ohne Schande
wir stehn in Brunhildes Land,
So höre,
Schwesterherz, was Freund und Bruder sagen,
Wir starken Männer
vier, wir brauchens in vier Tagen.
Und das gelobte sie.
Die Herren schieden hin.
Da rief der Mägde
Schar die hohe Königin,
Aus Kemenaten still
ihr nahten dreißig Mädchen,
Die in der Kunst
geschickt, die Fleißigsten im Städtchen.
Aus China-Seide fein
und weißer als der Schnee
Und Samt Arabiens
und grüner als der Klee
Sie machten das
Gewand, geschmückt mit Edelsteinen,
Kriemhilde schnitt
das Kleid mit ihrer Hand, der feinen.
Von seltner Fische
Haut gewirkt ward der Bezug,
Zu schauen fremd dem
Volk, das staunte da genug,
Die Seide fein und
weiß, darein ward Gold getragen,
Man konnte Wunder
wohl von dem Gewande sagen.
Wie in Marokko und
wie auch in Lybia
Der allerfeinste
Stoff, der ward gesehen da,
Das trägt ein
Königskind im höfischen Getriebe.
Da zeigte Kriemhild
klar, wie groß war ihre Liebe.
Da sie ein teures
Kleid begehrten zu der Fahrt,
So ward am Hermelin
und Iltis nicht gespart,
Drauf Flecken waren
schwarz, die auf den Pelzen lagen,
Das trägt ein
schneller Held sehr gern bei den Gelagen.
Vom Gold Arabiens,
von manchem Edelstein,
Die Mädchen, müßig
nicht, die Arbeit war nicht klein,
Sie schufen das
Gewand mit Fleiß in sieben Wochen.
Die Männer auch
bereits auf ihre Waffen pochen.
Gerüstet standen
sie, da sah man schon am Kliff
Gezimmert voller
Fleiß ein schönes starkes Schiff,
Das tragen sollte
sie hinunter zu den Meeren.
Den Mädchen tat das
Herz schon ziemlich weh, den hehren.
Zu jenen Männern
sprach man da, es sei bereit,
Was tragen sollten
sie, das wunderbare Kleid,
Was sie erbeten, das
war alles nun geschehen.
Sie wollten Länger
nicht am Vater Rheine stehen.
Und zu den Männern
ward ein Bote nun gesandt,
Sie sollte schauen
an das herrliche Gewand,
Ob es den Helden wär
zu kurz, vielleicht zu lange.
Es war vom rechten
Maß. Man sprach den Mädchen Danke.
Und wer sie immer
sah, der musste das gestehn,
Es wär ein solches
Kleid auf Erden nicht zu sehn,
Drum mochten sie es
gern am Königshofe tragen,
Vom besserm
Ritterstaat weiß keiner was zu sagen.
Den hübschen
Mädchen ward sehr höflich Dank gesagt.
Um Urlaub baten nun
die Ritter unverzagt.
In ritterlicher
Zucht vollbrachten das die Reinen.
Und manches Auge
ward getrübt vom Tränenweinen.
Sie sprach: O
Bruderherz, du bliebest besser hier
Und wirbst ein
andres Weib, viel weiser schien es mir,
Dass du nicht wagen
musst das Fleisch, das Blut, das Leben.
Hier in der Nähe
auch mags schöne Frauen geben.
Sie alle ahnten wohl
der Zukunft Ungemach,
Und alle weinten da,
was immer einer sprach.
Da ward von Tränen
bleich das Gold auf ihrem Mieder,
Die Tränen fielen
schwer von feuchten Augen nieder.
Sie sprach: Mein
Siegfried, Freund, lass dir befohlen sein
Auf Treue und auf
Huld den lieben Bruder mein,
Dass er nicht in dem
Land Brunhildes mir verende. -
Und er versprach es
ihr in ihre schlanken Hände.
Da sprach der
Edelmann: So lang mein Leben währt,
Von allen Sorgen
sei, o Herrin, unbeschwert,
Ich bring geborgen
ihn wohl heim ins Heimatstädtchen,
Das glaube mir dein
Herz. - Da dankte ihm das Mädchen.
Die Schilde
goldenrot, die trug man an den Strand,
Und schaffte zu dem
Schiff die Rüstung, das Gewand.
Sie wollten endlich
fort. Die Pferde ließ man kommen.
Den schönen Frauen
da im Auge Tränen schwommen.
Ans Fenster stellte
sich manch liebevolles Kind.
Des Schiffes Segel
schon ergriff ein starker Wind
Die starken Ritter
stolz, die fuhren auf dem Rheine.
Wer sei der Kapitän
der segelnden Gemeine?
Sprach Siegfried:
Das bin ich! Ich kann euch auf der Flut
Wohl führen an das
Ziel, ihr Helden stark und gut,
Der rechte
Wasserweg, der wird von mir gefunden. -
So schieden sie mit
Lust vom Lande der Burgunden.
Das Ruder Siegfried
schon mit fester Hand ergriff,
Und vom Gestade
schob er auf den Strom da Schiff.
Und König Günther
kühn, der selber nahm das Ruder,
Da trennten sich vom
Land der Freund und auch der Bruder.
Sie hatten Brot und
Fleisch und reichlich guten Wein,
Den besten, den es
gibt am alten Vater Rhein.
Die Rosse standen da
in Ruhe und in Stille.
Das Schiff ging
ruhig, denn so war es Gottes Wille.
Das starke Segel
bläht die Luft nun voller Macht,
Sie fuhren
meilenweit, bis niedersank die Nacht,
Mit gnadenreichem
Wind sie trieben zu den Meeren.
Das tat den Frauen
weh, den herrlichen und hehren.
Am zwölften Morgen
wars, da in Brunhildes Land
Sie angekommen sind,
nur Siegfried wars bekannt,
Zur Isenheimer Burg,
das möchte ich euch sagen,
Dass dahin ward das
Schiff vom Meereswind getragen.
Als König Günther
nun die vielen Burgen sah
Und auch das weite
Land, es sprach der König da:
Sag, Siegfried,
lieber Freund, sind dir bekannt die Felder?
Wem denn gehört die
Burg und wem die Eichenwälder?
Ich hab mein Leben
lang, das will ich gern gestehn,
So eine schöne Burg
mit Augen nie gesehn,
Wie hier in diesem
Land, o Siegfried, Burgenkenner,
Die diese Burg
gebaut, das waren weise Männer.
Zur Antwort
Siegfried sprach: Das ist mir wohl bekannt,
Brunhildes sind die
Burg, die Wälder und das Land.
In Isenheim, der
Burg, das glaube mir fürwahr,
Da wirst du heute
sehn von Schönen eine Schar.
Euch Helden rate
ich: Seid alle voller Mut
Und sprecht in Einem
Geist, denn das nur scheint mir gut,
Denn wenn wir heute
noch zu Frau Brunhilde gehen,
Dann müssen wir in
Angst vor der Prinzessin stehen.
Wenn wir die liebe
Frau bei ihrem Volke sehn,
Dann sollt ihr
Helden klug der Dame Rede stehn.
Und Günther sei
mein Herr, ich bin ihm untertänig,
So wird der Wunsch
erfüllt von unserm guten König.
Sie waren gleich
bereit, zu tun, was er gesagt,
Sie voller Übermut
und stark und unverzagt,
Sie sprachen, wie er
sprach, das sollte ihnen frommen,
Als König Günther
zu Brunhilde war gekommen.
Sprach Siegfried:
Gerne tu ichs nicht, für dich allein
Und für dein
Schwesterherz, ich will die Jungfrau frein,
Die ist mir wie mein
Blut, mein Atem und mein Leib.
Ich will die
Jungfrau nur, ich will kein andres Weib!
SIEBENTER GESANG
Das Schiff war zu
der Zeit gefahren übers Meer,
Gelandet bei der
Burg, da schaute Günther hehr
Hoch oben in der
Burg die allerschönsten Mädchen,
Die blieben
unerkannt dort hinterm Fensterlädchen.
Er fragte Siegfried
nun, den Freund und Bruder sein:
Sag, hast du Kunde
von den Mädchen schön und rein,
Die schauen dort
herab zu uns hier auf den Fluten?
Gewiss ist gut ihr
Herr, so herrlich sind die Guten!
Da sagte Siegfried
kühn: Nun möchtest du wohl spähn
Nach diesen Mädchen
jung, dann musst du mir gestehn,
Wer werde deine
Braut, wär dir die Wahl gegeben. -
Das will ich,
Günther sprach, der Ritter voller Leben.
Da schau ich Eine
nur im höchsten Fenster an,
Im Kleide
schwanenweiß, wie die betört den Mann,
Die wählt mein Auge
sich, den schönsten aller Leiber!
Und wäre ich hier
Herr, sie wär mein Weib der Weiber!
Sehr gut erkoren hat
dein Auge seinen Schein,
Es ist Brunhilde,
ist die schönste Jungfrau rein,
Nach der dein Herz
begehrt, der Geist, der Körper züchtig. -
Und ihre noble Art
schien Günther schön und richtig.
Und die Prinzess
befahl, vom Fenster fort zu gehn,
Den Mädchen jung
und hübsch, sie sollten da nicht stehn,
Den Fremden frei zur
Schau in ihren leichten Hemden.
Die jungen Mädchen
sahn noch einmal nach den Fremden.
Wie waren sie
verschämt vor diesen hohen Herrn,
Wie junge Mädchen
sind in ihrer Keuschheit gern!
Doch an das
Fensterloch sind dennoch sie getreten,
Wo sie die Männer
sahn, die kamen wie erbeten.
Vier Männer waren
es, die kamen in das Land,
Der kühne Siegfried
nun ein Ross zog an den Strand.
Die Männer sahen
auf zu jenen jungen Frauen,
Und Günther schien,
es sei Maria gar zu schauen!
Und Siegfried hielt
am Zaum das starke schnelle Ross,
Das herrlich glänzte
schön und schnaubte vor dem Schloss,
Bis König Günther
fest im Sattel war gesessen.
So diente Siegfried
ihm, was später er vergessen.
Dann Siegfried zog
sein Ross auch aus dem Schiff heran,
Er hatte solchen
Dienst doch keinem sonst getan,
Dass er am Bügel
gar für einen Helden stünde,
Die Mädchen sahen
das, die schönen, wie ich künde.
Es war auf gleiche
Art den Herrn allzeit bereit
Von Farbe weiß wie
Schnee das Pferd und auch das Kleid,
Den Herren allesamt,
und Schilde weiß und golden,
Die schimmerten sehr
schön in Händen jener Holden.
Des Sattels
Edelstein, der Lederriemen schmal,
So ritten herrlich
sie vor Frau Brunhildes Saal,
Dran Glocken hingen
still, die goldenen und roten.
Sie kamen in das
Land, so wie der Geist geboten.
Mit neu geschliffnem
Speer und scharfem spitzem Schwert,
Das zu den Sporen
hing den edlen Herren wert,
Die Helden führten
es am Gurt durch Burg und Städtchen.
Brunhilde alles sah,
das wunderschöne Mädchen.
Und Dankwart war
dabei und Bruder Hagen auch,
Die beide trugen
schön und rabenschwarz wie Rauch
Ein reich gewirktes
Kleid, verschönernd ihre Milde,
Und gut und breit
und lang sie führten ihre Schilde.
Es war aus Indien
der schönste Edelstein,
Der glänzte an dem
Kleid mit wunderbarem Schein.
Und unbehütet blieb
das Schiff in seinen Fluten.
So ritten zu der
Burg die Vier, die Edlen, Guten.
Und hundert Türme
da sie sahen allzumal,
Drei lange Gänge
und zuletzt den schönsten Saal
Von edlem Marmor
weiß, und grün wie Gras sein Schimmer,
Da die Prinzessin
saß mit Mägden in dem Zimmer.
Da aufgeschlossen
war die Burg und aufgetan,
Brunhildes Knechte
sind gekommen bald heran,
Empfingen Gast für
Gast im Land der Frau, der Milden,
Befreit ward jeder
da von Pferden und von Schilden.
Da sprach der
Kämmerer: Nun gebt mir euer Schwert
Und euren Panzer
auch. - Das wird dir nicht gewährt,
Sprach Tronjes Hagen
da, ich will es selber tragen. -
Und Siegfried von
der Art des Hofs begann zu sagen.
Die Sitte dieser
Burg, das sei euch gleich gesagt,
Ist: Keine Waffe
trägt ein Gast hier unverzagt.
Die Waffen bringen
lasst, wie sie zu euch es sagen. -
Und wider Willen
folgt des Königs Ritter Hagen.
Man schenkt den
Gästen ein, wünscht ihnen süße Ruh.
Und manchen
schnellen Mann sah man dem Hofe zu
Mit Schritten eilen
schnell in königlichem Kleide.
Dem Kühnen folgte
da manch Blick, der Augenweide.
Nun ward Brunhilde
auch gesagt die neue Mär,
Dass unbekannte
Schar zur Burg gekommen wär
In herrlichem
Gewand, geflossen mit den Fluten.
Die Frage da
entströmt der Maid, der schönen, guten:
Lasst hören mich
das Wort, so sprach die Jungfrau rein,
Wer ist die fremde
Schar, wer mag die Gruppe sein,
Die ich dort stehen
seh, das sollt ihr jetzt mir melden,
Und wem zuliebe wohl
gekommen sind die Helden?
Der Knechte einer
sprach: O Frau, ich muss gestehn,
Dass keinen je zuvor
ich jemals hab gesehn,
Doch einer steht
dabei, und der hat Siegfrieds Weise,
Empfange diesen gut,
so rate ich dir weise.
Der andre Ritter
dort, sehr löblich scheint er mir,
Er könnte König
sein, o Frau, ich sag es dir,
Und fernes
Fürstentum er könnte gut verwalten,
Erhaben steht er bei
den anderen Gestalten.
Der dritte Ritter
dort hat einen derben Sinn,
Und schönen Wuchs
dazu, o hohe Königin.
Sein Blick ist voll
Gewalt, er sendet viele Blicke,
Er ist von grimmem
Mut, das man darein sich schicke.
Der jüngste Ritter
dann, der scheint mir liebestoll,
Man sieht den jungen
Mann, der scheint mir liebevoll,
Jungfräulich ist
sein Geist und edel seine Haltung.
Dass ihm kein Leid
gescheh, der herrlichen Gestaltung!
So freundlich sein
Gesicht, so gut gebaut sein Leib,
Zum Weinen brächte
er manch minnigliches Weib,
Wenn er in Zorn
gerät, sein Körper ist so herrlich,
An Tugend ist er
reich und fromm und klug und ehrlich.
Und die Prinzessin
sprach: Nun bringt mir mein Gewand.
Und ist nun
Siegfried hier gekommen in mein Land
Um meiner Minne
Sold, so nehm ich ihm das Leben!
Ich fürcht ihn
nicht so sehr, um mich ihm hinzugeben.
Die schöne Brunhild
trug ein wunderschönes Kleid,
Auch gab ihr das
Geleit so manche schöne Maid,
Wohl hundert Mädchen
jung, sie waren anzuschauen,
Die Gäste kamen
gern, zu sehn die schönen Frauen.
Bei ihnen wandelt
auch manch Mann aus Isenland,
Brunhildes Ritter,
das geschärfte Schwert zur Hand,
Das war den Gästen
leid, wie ich es möchte melden,
Sie standen auf vom
Stuhl, die stets bereiten Helden.
Als die Prinzessin
nun den schönen Siegfried sah,
Da sprach sie
höflich nett, sie sprach zum Ritter da:
Willkommen,
Siegfried, hier in meinem schönen Schlosse!
Warum kamst du
hierher, du und dein Weggenosse?
Ich danke dir, o
Frau Brunhilde wunderschön,
Prinzessin, dass
dein Gruß zu mir kommt mit Getön,
Den edlen Ritter
sieh hier bei mir stehn, den Hehren,
Er ist mein Herr,
und ihn gebührt es zu verehren.
Er ist ein Fürst am
Rhein, was soll ich sagen mehr?
Und dir zuliebe nur
sind wir gekommen her,
Er will dich lieben,
was auch mit ihm mag geschehen,
Bedenke dich,
versuch nicht, ihm zu widerstehen.
Der König Günther
heißt, ein König reich und hehr,
Erwirbt er sich dein
Herz, nichts sonst ist sein Begehr.
Um seinetwillen bin
ich mit hierher gefahren,
Wärs nicht für
ihn, ich tät die Reise mir ersparen.
Sie sprach: Ist er
dein Herr, stehst du in seinem Sold,
So soll in meinem
Spiel er Meister werden hold,
Und wenn er mich
besiegt, so will ich mich vermählen,
Wir werden einig
dann mit Körpern und mit Seelen.
Und Tronjes Hagen
sprach: O hohe Königin,
Was ist das für ein
Spiel? Und eh dir den Gewinn
Mein König Günther
lässt, so müsst es stehen übel.
Er mag wohl füllen
noch die schönen Frauen Kübel.
Den Stein soll
werfen er und springen hinterher
Und leicht wird es
nicht sein, er werfe auch den Speer.
Doch mit dem Ruhm
verliert den Leib ihr und das Leben,
Drum denkt scharf
nach, ich will den grimmen Tod euch geben.
Und Siegfried, der
war schnell, er trat zum König hin
Und bat ihn: Rede
frei mit dieser Königin
Ganz nach dem
Wunsche dein und sei nur ohne Bangen,
Ich steh dir listig
bei in deinem Unterfangen.
Und König Günther
sprach: O du Prinzessin hehr,
Gebiete, was du
willst, und wäre es noch mehr,
Um deiner Schönheit
Pracht versklav ich meine Geister,
Ich opfre meinen
Kopf, wenn ich nicht werd dein Meister.
Als seiner Rede Wort
vernahm die Königin,
Da forderte sie auf
zum Kampfspiel um Gewinn,
Da trug zu diesem
Kampf ein schönes Kleid die Milde
Und goldnen Panzer
vor der Brust und feste Schilde
Ein seidnes
Waffenhemd zog an die junge Maid,
Dass sie kein
Lanzenstich verletze in dem Streit,
Von Stoffen weiß
und fest von Libyen, dem Lande,
Und Säume von
Brokat erglänzten an dem Rande.
Jedoch ihr Übermut
den Gästen hat gedroht,
Und Dankwart, Hagen
auch, die hatten große Not,
Wie es dem Herrn
ergeht, bedachten sie sehr bitter.
Sie dachten: Diese
Fahrt bekommt nicht gut dem Ritter.
Und Siegfried voller
Lust, der tiefgelehrte Mann,
Eh einer es bemerkt,
trat an das Schiff heran,
Die Tarnungskappe
fort verborgen fand er liegen,
Die zog er eilig an,
das Mädchen zu besiegen.
Er eilte schnell
zurück, da standen Ritter viel,
Die Königin begann
ihr ritterliches Spiel,
Da ging er heimlich
hin, der junge Ritter tragisch,
Von allen ungesehn,
durch Zauberkünste magisch.
Gezogen war ein
Kreis, da sollte es geschehn,
Das ritterliche
Spiel, das jeder wollte sehn,
Wohl siebenhundert
Mann sah da man Waffen tragen,
Und wer das Spiel
gewinnt, das soll die Wahrheit sagen.
Brunhilde nahte nun,
die man bewaffnet fand,
Die streiten wollte
so um ihrer Väter Land.
Sie trug die Seide
weiß und goldne Fäden immer,
Die Farbe ihrer Haut
gab drunter schönsten Schimmer.
Und das Gesinde kam,
das trug in fester Hand
Aus rotem Gold den
Schild mit einem weißen Rand,
Mit hartem
Stahlbeschlag, die Herrlichste im Städtchen,
Die kam gegangen
froh und siegsbewusst, das Mädchen.
Getragen ward der
Schild auf einem Kissen fein,
Und grün wie Gras
der Glanz von teurem Edelstein,
Der Edelstein da
stritt mit Goldglanz an Gefunkel.
Wen diese Jungfrau
nimmt, der siegen muss im Dunkel.
Und bucklig war der
Schild, so ward es mir gesagt,
Drei Spannen dick
der Schild, den trug die reine Magd,
Sehr reich an Stahl
und Gold, den schätzten alle Kenner,
Und Kämmerer zu
viert ihn trugen einst, die Männer.
Als Hagen voller
Kraft den Schild nun kommen sah,
In großem Unmut
sprach der Held von Tronje da:
Wie, König Günther,
nun? Hier geht es ohne Zweifel
Um Leben oder Tod!
Das Mädchen ist ein Teufel!
Von ihren Kleidern
hört, sie hat davon genug,
Von weißer Seide
fein den Waffenrock sie trug,
Der edel war und
rein, es ging davon ein Scheinen
Von der Prinzessin
aus wie Glanz von Edelsteinen.
Da brachte man der
Frau gewaltig, mächtig, breit
Den schnellen
Wurfspieß stark, den warf sie allezeit,
Der hart und
ungeschlacht, von Länge und von Schwere,
An beiden Seiten
scharf war dieser Speer der Speere.
Von dieses Speers
Gewicht verkündet nun mein Mund,
Es wog der Wurfspieß
schwer wohl etwa hundert Pfund,
Ihn trugen mühsam
drei von Frau Brunhildes Knechten.
Und Günther sorgte
sich da schon vor den Gefechten.
Er dachte in dem
Geist: Was soll das werden hier?
Der Teufel aus dem
Pfuhl, wie schützt er sich vor ihr?
Wär ich nur erst am
Rhein, wär so der Herr mir gnädig,
Die Jungfrau bliebe
lang wohl meiner Liebe ledig.
Er trug in seinem
Geist, das wisst nur, Leid genug.
All seine Rüstung
ihm ein Knecht zur Stelle trug,
Bewaffnet stand der
Fürst in seiner Rüstung drinnen.
Vor Schmerzen Hagen
kam dabei fast ganz von Sinnen.
Und Hagens Bruder
sprach mit ritterlicher Art:
Im Geist bereue ich
zum Hofe diese Fahrt!
Wir hießen Ritter
einst, nun lassen wir die Leiber!
Soll uns verderben
hier im Land dies Weib der Weiber?
Das ist mir ein
Verdruss, die Fahrt in dieses Land.
Ach hätte Hagen nur
sein Schwert in seiner Hand
Und ich das meine
auch, sie sollten zum Gefechte
Sehr übermütig
gehn, die sind Brunhildes Knechte.
Bescheiden seien
sie, das glaubt gewiss mir nur,
Wenn ich den Frieden
auch beschwor mit einem Schwur,
Bevor ich sterben
seh den lieben Herrn und Meister
Und in das
Totenreich fährt ab sein Geist der Geister.
ACHTER GESANG
Und Siegfried ging
davon zum Hafen an dem Strand,
In seinem
Tarnungshut ein gutes Schiff er fand,
Darin verborgen
stand des Königs Siegmund Kindchen,
Das Schiff zog
weiter fort, als ob es trieb ein Windchen.
Wer sah den
Steuermann, wie schnell das Schiff da floss
Von Siegfrieds
großer Kraft, die er als Mann genoss?
Man meinte, dass das
Schiff getrieben wird vom Windchen,
Nein, Siegfried
lenkte es, der Frau Sieglinde Kindchen.
Und als der Tag
verging und nach der dunklen Nacht
Kam er zu einem
Land, da herrschte große Macht,
Das hundert Meilen
wohl und weiter sich geschwungen,
Da fand er einen
Schatz im Land der Nibelungen.
Der Heros fuhr
allein zu einem Ufer breit,
Da band er fest das
Schiff, der allezeit bereit,
Er fand auf einem
Berg hoch eine Burg gelegen,
Er suchte
Unterschlupf, wie es die Müden pflegen.
Da kam er vor die
Tür, die ihm verschlossen stand,
Die Ehre schützten
sie, die Sitte noch im Land,
Er klopfte an die
Tür, der Ritter voller Minnen,
Behütet war die
Tür, da traf er aber drinnen
Den ziemlich starken
Mann, der wachte Nacht und Tag,
Bei dem zu jeder
Zeit auch seine Waffe lag,
Der sprach: Wer
pocht so stark an diese Tür im Grimme? -
Der kühne Siegfried
hob da vor dem Tor die Stimme
Und sprach: Ich bin
ein Held, so öffne du mir bald,
Sonst breche ich mir
Bahn von draußen mit Gewalt,
Ob du auch gern in
Ruh im Zimmer wärst gelegen. -
Ach, das verdross
den Mann, was Siegfried sprach verwegen.
Der kühne Riese
trug der harten Rüstung Bann,
Den Helm auf seinem
Haupt, der große starke Mann,
Der griff nach
seinem Schild und tat nun auf die Pforte
Und stand vor
Siegfried da mit Grimm an jenem Orte.
Wie er zu wecken
wagt so manchen kühnen Mann?
Da schlug mit
schneller Hand er an den Gegner an,
Der Fremde schütze
sich vor dieses Wächters Schlägen,
Der hieb ihm auf den
Schild, ihn kurz und klein zu legen
Mit einem Eisenstab,
so litt der Heros Not,
Fast schien zu
fürchten er, der Held, den Bruder Tod,
Als dieser Wächter
stark gewaltig ihn geschlagen.
Doch Siegfried
stärker war, der Held, in jenen Tagen.
Gewaltig stritten
sie, da schallte Stahl auf Stahl,
Man hörte fern den
Lärm in König Niblungs Saal.
Doch Siegfried
schließlich band den Mann, hat ihn bezwungen.
Die Märe wurde kund
im Land der Nibelungen.
Das Streiten hatte
fern gehört in seinem Berg
Der kühne Alberich,
der war ein wilder Zwerg.
Und er bewaffnete
sich selbst und hat gefunden
Den edlen fremden
Mann, der seinen Feind gebunden.
Und Alberich war
stark und hatte Mut genug
Und Helm und Panzer
er an seinem Leibe trug
Und eine Geißel
schwer von Gold in seinen Händen.
Er lief zu Siegfried
nun, das Schicksal tat ihn senden.
Und sieben Knöpfe
schwer, die hingen vorne dran,
Womit der nun den
Schild dem ritterlichen Mann
Mit ganzer Kraft
zerbeult, da ging der Schild in Splitter.
In Sorge um sein
Licht des Seins geriet der Ritter.
Und den zerbrochnen
Schild er mit der Linken schwang
Und in die Scheide
stieß die Waffe, die war lang.
Den Wächter wollte
er nicht lassen Todes Beute,
Wie Treue ihm gebot,
er schonte seine Leute.
Und Siegfried rannte
nun an Alberich heran
Und griff ihm bei
dem Bart, den greisen krummen Mann,
Er zog an seinem
Bart, der Zwerg schrie auf vor Schmerzen.
Die Züchtigung des
Herrn ging Alberich zu Herzen.
Laut rief der wilde
Zwerg: Ich wär dir untertan,
Wenn ich den
Eidschwur nicht schon einem hätt getan,
Dem musste schwören
ich. Doch lasse mir das Leben,
Und bis zu meinem
Tod bin ich dir treu ergeben.
Und er band Alberich
wie jüngst den Riesen auch,
Und Siegfrieds große
Kraft, die wurmte ihn im Bauch.
Da sagte Alberich:
Wie nun soll ich dich nennen? -
Ich heiße
Siegfried, doch du solltest mich wohl kennen.
So gut ist mir dein
Wort, so sagte Alberich,
An deinem Heldenwerk
ich spüre sicherlich,
Dass du den Ruhm
verdienst, des Landes Herr zu werden.
Ich tu, was du
befiehlst, du großer Herr der Erden!
Und Ritter Siegfried
sprach: So gehe du geschwind
Und bring die Besten
mir, die in der Burg hier sind,
Der Nibelungen viel,
ich möchte tausend sehen,
So lass ich auch
kein Leid am Leben dir geschehen.
Er löste Alberich,
den Riesen auch vom Band,
Da lief der Zwerg
geschwind, wo er die Ritter fand,
Er weckte alle auf,
die da vor Niblung stehen:
Wohlan denn,
Heldenschar, ihr sollt zu Siegfried gehen!
Sie sprangen auf vom
Bett und waren gleich bereit,
Wohl tausend Ritter
schnell im festen Eisenkleid,
Er brachte sie zum
Ort, wo Siegfried er gefunden,
Der grüßte höfisch
nett die Schar in jenen Stunden.
Viel Kerzen flammten
auf, man schenkte ein den Trank,
Dass sie gekommen
sind, er sagte dafür Dank,
Er sprach: Ihr sollt
mit mir wallfahren auf den Fluten. -
Da willig jeder Held
gewesen von den Guten.
Dreitausend Ritter
wohl, sie kamen ungezählt,
Und tausend wurden
nur, die Besten auserwählt.
Man brachte ihren
Helm, die Waffen und die Schilde.
Er wollte führen
sie zum Lande der Brunhilde.
Er sprach: Ihr
Ritter gut, sei eines euch gesagt,
Dass ihr auch
Kleider schön an jenem Hofe tragt,
Denn schauen werden
uns die allerschönsten Weiber,
Drum soll ihr
schmücken schön mit Kleidern eure Leiber.
Die Narren möchten
mich wohl gar der Lüge zeihn?
Wie so viel Ritter
dort beisammen mögen sein?
Woher kommt ihnen
Fleisch? Woher denn auch die Kleider?
Auch dreißig
Länderein bescheren das nicht, leider.
Vernommen habt ihr
doch, dass Siegfried war sehr reich,
Der Nibelungenschatz
war sein, das Königreich.
Drum gab genug er
auch der Schar an jenem Platze,
So viel man tragen
kann vom Nibelungenschatze.
Und eines Morgens
früh begannen sie die Fahrt.
Wie schnelle Männer
sind um Siegfried da geschart!
Mit guten Pferden
und den Truhen voll Gewänder
Sie zogen stolz
hinein in Frau Brunhildes Länder.
Da auf den Zinnen
stand manch liebenswertes Kind.
Und die Prinzessin
sprach: Wer wohl die Männer sind,
Die ich dort fließen
seh so ferne auf dem Meere?
Sie führen Segel,
weiß wie Schnee und Frauenehre.
Da sprach der Fürst
vom Rhein: O das ist mein Geleit,
Die ich auf meiner
Fahrt verließ von hier nicht weit,
Ich habe sie geholt,
und nun sind sie gekommen. -
Der Gäste
Herrlichkeit ward staunend wahrgenommen.
Da sah man Siegfried
stehn im Schiffe vorne an
In herrlichem Gewand
und manchen schönen Mann.
Und die Prinzessin
sprach: O König, hör mich fragen,
Soll grüßen ich
die Schar, soll ich den Gruß versagen?
Er sprach: Du
solltest vor die Burg zum Hafen gehen,
Dass sie willkommen
sind, dass sie das auch verstehn. -
Und die Prinzessin
tat, wie ihr der Herr geraten.
Und Siegfried grüßte
sie zuerst in ihren Staaten.
Sie hatten
Unterkunft und Truhen dem Gewand,
So viele waren da
der Gäste in dem Land,
Dass sie sich
allesamt da drängten mit den Scharen,
Die wollten wieder
heim zu den Burgundern fahren.
Und die Prinzessin
sprach: Dem bin ich huldvoll hold,
Der zu verschenken
weiß mein Silber und mein Gold
Den Gästen und dem
Fürst, so viel ich je errungen. -
Und Dankwart sagte
da, sein Wort ist so erklungen:
Prinzessin edel, gib
du mir die Schlüssel nur,
Verschenken will ich
es, ich bin auf rechter Spur,
Wem Schande wird
zuteil, die treffe mich alleine! -
Das leuchtete ihr
ein, wie milde war der Reine.
Als Hagens Bruder
nun dort mit dem Schlüssel stand,
Viel Gaben reich und
schön verschenkte seine Hand,
Wer wollte eine
Mark, dem ward so viel gegeben,
Dass alle Armen auch
in Freuden könnten leben.
Wohl hundert Pfund
und mehr, die gab er ohne Wahl,
Da ging in schönstem
Kleid so mancher aus dem Saal,
Die nie zuvor am
Leib ein solches Kleid getragen.
Die Königin
vernahms, da musste sie doch klagen.
Sie sprach zum König
so: Das ist ein weiser Rat,
Wenn nichts mir
bleiben soll von meinem Kleiderstaat,
Wie Dankwart es sich
denkt, dahin ist alles Golde.
Wer solchem
widersteht, dem bin ich hold, die Holde.
Es gibt so reiches
Gut, der Ritter denkt zur Not,
Ich mach ein
Testament und denke an den Tod,
So ist dem aber
nicht, ich will noch nicht verenden,
Kann meines Vaters
Gut auch selber wohl verschwenden.
Von Tronje Hagen
sprach: O Frau, sei dir bekannt,
Der König von dem
Rhein hat Gold und hat Gewand,
Zu geben volles Maß,
so ist es ihm nicht nötig,
Dass er Brunhildes
Gut zu rauben ist erbötig.
O nein, wenn ihr
mich liebt, so sprach sie zu dem Herrn,
Die Reisekisten füll
ich, zwanzig Kisten gern
Mit Gold und
Seidenstoff, das will von meinen Händen
Ich ins Burgunder
Land als ein Geschenk ich senden.
Und in die Kisten
lud man manchen Edelstein,
Der Dame Kämmerer,
sie mussten auch da sein,
Sie wollt es nicht
vertraun, dass Dankwart tät es machen.
Und Günther, Hagen
auch, die fingen an zu lachen.
Und die Prinzessin
sprach: Wem nun gehört das Land?
Das soll bestimmen
erst die meine, deine Hand. -
Der edle König
sprach: So mögest du nun rufen,
Wer immer dir
gefällt, zum Herrn ihn zu berufen.
Ein naher guter
Freund stand bei der Jungfrau da,
Der Mutter Bruder
wars, der Onkel stand ihr nah:
Freund, ich befehle
dir die Burgen und die Auen,
Bis Günthers Diener
kommt, dem will ich sie vertrauen.
Aus dem Gesinde
wählt zweitausend Mann sie und
Bestimmte, dass mit
ihr sie fahren nach Burgund
Mit tausend Rittern
aus dem Land der Nibelungen.
Sie machten sich
bereit, sind an den Strand gedrungen.
Sie führte mit sich
auch wohl neunzig schöne Fraun,
Und hundert Mädchen
auch, die herrlich anzuschaun,
Die säumten gar
nicht lang, um stets bereit zu scheinen.
Und wer zu Hause
blieb, ach, der begann zu weinen.
In adeliger Zucht
die Frau nun räumt ihr Land,
Die Freunde küsste
sie, die sie als treu befand,
Mit gutem Urlaub
dann sie kamen zu dem Strande,
Die Jungfrau
nimmermehr kam heim zum Vaterlande.
Und auf der Fahrt
erscholl so mancher Freude Spiel
Und Kurzweil da
erklang und Lust und Muße viel,
Auch hob sich zu der
Fahrt ein gnadenreiches Windchen,
Sie fuhren ab vom
Land, da weinte manches Kindchen.
Doch wollte sie den
Herrn nicht lieben auf der Fahrt
Und die Vereinigung
ward bis zum Haus gespart,
Zum Haus im schönen
Worms, beim Hofgelag der Damen,
Dahin nun fröhlich
all die Helden endlich kamen.
NEUNTER GESANG
Da sie gefahren
sind, bis an den neunten Tag,
Sprach Tronjes Hages
dies: So hört nun, was ich sag:
Wir sandten nicht
das Wort nach Worms am Vater Rheine,
Die Boten sollen
gehen ins Heimatland, das reine.
Und König Günther
sprach: Das was du offenbart,
Das ist sehr recht,
auch hat doch keiner diese Fahrt
So gern getan wie
du, so reite in die Heimat,
Weil niemand doch
wie du aufs Vaterland den Reim hat.
Nun wisse, lieber
Herr, ich bin dazu nicht gut,
Lass in der Kammer
mich und bleiben auf der Flut,
Ich will den Frauen
hier behüten die Gewänder,
Bis dass wir bringen
sie in der Burgunden Länder.
Den Siegfried
schicke du mit gutem Wort dahin,
Der mag wohl Bote
sein mit tugendreichem Sinn,
Du sollst den
Siegfried, Herr, um diese Reise bitten,
Bei deiner Schwester
Huld und ihren guten Sitten.
Der König rief den
Mann, der kam, als man ihn fand,
Er sprach zu ihm:
Wir sind schon nah dem Vaterland,
Da sende Boten ich
zur Schwester mein, die feine,
Und auch zur Mutter
mein, die leben an dem Rheine.
So bitt ich
Siegfried nun, dass er die Reise tut,
Ich danke dir dafür,
so sprach der König gut,
Doch Siegfried sagte
Nein, er wollte widerstehen,
Bis König Günther
so begann, ihn anzuflehen:
Er sprach: Du reite
nun und tu den Willen mein,
Um Kriemhilds Willen
tu‘s, so wills das Mädchen fein,
Dass es belohne mir
die junge Maid, die kecke. -
Und Siegfried dies
vernahm, da sagte Ja der Recke.
Befehle, was du
willst, es soll gemeldet sein,
Ich will es sagen
gern dem schönen Mädchen fein.
Die ich im Herzen
trag, soll ich auf die verzichten?
Ich sage ihr dein
Wort mit meinem Spruch und Dichten. -
So sag der Mutter
mein, Frau Ute, Königin,
Dass ich auf dieser
Fahrt voll guten Mutes bin.
Was ich geworben
hab, den Brüdern sags voll Ehre,
Den treuen Freunden
auch verkünde du die Märe.
Verschweige nichts
davon der schönsten Schwester mein,
Ich will ihr mit
Brunhild zu treuen Diensten sein,
So sag auch Knecht
und Magd und wer mir untertänig,
Was je gewollt der
Mann, das alles hat der König.
Und sag es Ortwein
auch, dem schönen Neffen mein,
Dass er den Stuhl
erbau am großen Vater Rhein,
Dem Freunden sage
an, ich will es nicht verschleiern,
Dass mit Brunhilde
ich will froh die Hochzeit feiern.
Die Schwester bitte
du, ihr werde das bekannt,
Dass ich mit meiner
Schar gekommen bin ins Land,
Dass sie dann nett
empfang die Frau, die mir erschienen,
So will ich
Kriemhild stets als treuer Diener dienen.
Und bei Brunhilde
bat und die in ihrer Fron
Um freien Urlaub nun
Herr Siegfried, Siegmunds Sohn,
So wie es sich
gehört, da ritte er an den Rheinfluss,
Kein bessrer Bote
war mit solchem großen Einfluss.
Mit vierundzwanzig
Mann in Worms nun kam er an,
Der ohne seinen
Herrn und König kam heran,
Da mühten alle sich
die Ritter voller Wunden,
Sie dachten, dass
der Herr der Burg den Tod gefunden.
Ein jeder stieg vom
Pferd und hatte guten Mut,
Da kam der Giselher,
der junge König gut,
Sein Bruder Gernot
kam, der konnte nicht verstehen,
Dass nicht bei
Siegfried war der Günther auch zu sehen.
Willkommen,
Siegfried, Herr, nur sage du mir an,
Wo ist der Günther
nur, der König, Gottes Mann?
Brunhildes Kraft hat
ihn wohl von uns weggenommen?
So wäre zu Schaden
uns ja ihre Huld bekommen. -
Die Sorge lass nur
sein, dir und den Freunden sein
Ich biete meinen
Dienst, er ist der König mein,
Ich ließ ihn gut
bewahrt, der mich nach Hause sandte,
Dass ich sein Bote
bin im deutschen Vaterlande.
Nun soll es fügen
sich, und wie es auch gescheh,
Dass ich die Königin
und dass ich Kriemhild seh,
Die sollen hören
das, es stärke ihre Geister,
Dass mit Brunhilde
gut es geht dem Herrn und Meister. -
Da sagte Giselher:
So sprich bei ihnen vor,
Der Schwester sagst
du so viel Liebes in das Ohr.
Sie hat noch große
Angst um den geliebten Bruder.
Das Mädchen sieht
dich gern, auch ist sie ja kein Luder. -
Und Siegfried sagte
drauf: Wo ich ihr dienen kann,
Da will ich immer
treu und willig sein als Mann.
Wer sagt den Frauen
an, dass ich mit Botschaft komme? -
Da eilte Giselher,
der ritterliche Fromme.
DAS GUDRUN LIED
ERSTER GESANG
Wie Sigebant König
wurde und ein Fest feierte
In Irland lebte ein
ein ehrenvoller König,
Sein Name Sigebant,
und Ger sein Vater war,
Die Mutter Ute hieß,
sie war ein Königskind,
Für ihre Tugend
liebt der König sie zu Recht.
Der starken König
Ger, wie aller Welt bekannt,
Gehörten Burgen
viel und sieben Fürstentümer,
Viertausend Krieger
auch, die seine Untertanen,
Besitz und Ehre er
mit ihnen sich gewann.
Den jungen Sigebant
berief man an den Hof,
Wo er erlernen
sollt, was Edlen nötig ist,
Zu reiten mit dem
Speer, und Schwert und Spieß zu brauchen,
Dass das ihm vor dem
Feind zugute einmal kommt.
Er wuchs bis zu dem
Tag, da er die Waffen nahm,
Als Held verstand er
es, die Waffen zu gebrauchen,
Weswegen man ihn
pries bei Kriegern und Verwandten.
Und niemals war der
Held in seinem Werk verdrossen.
Nach einer kurzen
Zeit der Tod hat sie getrennt,
Was auch dem Adel
heut noch großen Kummer schafft,
Es gibt Beweise des
in allen Fürstentümern,
Wir müssen voller
Angst stets rechnen mit dem Tod.
Die Mutter Sigebants
war Witwe, und sie blieb es,
Der weitberühmte
Held es deshalb unterließ,
Zu werben um ein
Weib, zur Ehe sie zu nehmen.
Die Königstöchter
schön doch sehnten sich nach ihm.
Doch seine Mutter
riet, sich eine Frau zu suchen,
Auf dass dadurch
sein Land und er gewürdigt würden
Und nach dem großen
Schmerz durch seines Vaters Tod
Der Sippe und ihm
selbst nur Glück und Freude folge.
Der Mutter guter Rat
gefiel dem Sohn sehr gut,
Und er befolgte ihn,
man soll der Mutter folgen.
Man werbe eine Frau,
und zwar die Allerbeste,
Norwegen ihr Zuhaus.
Ihm halfen die Verwandten.
Sie wurde ihm
verlobt, so ward es mir erzählt,
Als Hofgesinde gab
man ihr die schönsten Mädchen
Und siebenhundert
Mann aus Frideschotten auch,
Die zogen mit ihr
gern, weil sie den König schätzten.
In Jungfraunehre
ward gebracht die Maid zum König
Von ihren Rittern,
wie der Sitte es gemäß.
Und wer sie sehen
wollt, der eilte schnell herbei,
Drei Meilen weit der
Weg war ganz erfüllt von Menschen.
Die Blumen und das
Gras, die waren bei den Wegen
Zertreten von der
Schar, die mit gekommen war.
Es war die
Jahreszeit, in der das Grüne spross,
Die Vögel in dem
Wald mit Künsten Lieder sangen.
Von frohem jungen
Volk sind viele mit geritten.
‚Und manch ein
Lasttier trug manch herrliches Gewand,
Die brachte das
Gesind aus ihrer Heimat mit,
Und tausend Tiere
sind mit Schatz und Kleid beladen.
In schöner Pracht
empfing man da das liebe Mädchen
An zweier Länder
Rand, wohin sie trieb der Westwind,
Trieb auf des Meeres
Flut sie an der Länder Grenze.
Man gab ihr ein
Quartier, der König dafür sorgte.
Und zum Empfang man
bot dem Mädchen einen Tjost.
Als der nach manchem
Kampf vorbei gegangen war,
Da führte man die
Frau ins eigne Land von Ger.
Dort wurde mächtig
sie und später weltberühmt.
Wie man ihr dienen
konnt, man war dazu bereit.
Den guten Pferden
hing die teure Satteldecke
Bis zu den Hufen,
bis hinunter in das Gras.
Ei! Guter Laune voll
war Irlands Herrscher da!
Als er die liebe
Maid zu küssen war gewillt,
Man drängte sich um
ihn mit mancher Müh und Not.
Wie stieß da Schild
auf Schild und Buckel gegen Buckel,
Das hörte dröhnen
man, konnt keiner das vermeiden.
Am nächsten Morgen
gleich gemeldet ward voraus,
Dass nun die schöne
Braut ins Land des Fürsten kommt,
Wo sie beim Helden
soll die Königskrone tragen.
Als seine Königin
erwarb sie großen Dank.
Ach dass er bei ihr
liegt, schien keinem Menschen passend,
Sie war schon
Königin, und er war noch ein Knappe.
Er musste König
sein und über Fürsten stehen.
Da half die Sippe
ihm. Er wurde weltberühmt.
Fünfhundert Ritter
ihm den Schlag des Ritters gaben,
Und was man nur
begehrt an Pferden und an Kleidung
Und gute Rüstung
auch, das wurde ihm gewährt,
Dem König jung und
gut, nicht wankend in der Ehre.
In Irland herrschte
er nun fortan viele Tage,
Wobei sein hoher
Ruhm ward nimmermehr geringer.
Er richtete die
Schuld, das Leid der Armen rächend,
Er war voll Großmut
stets, in allem echt ein Held.
Aus seinen
Länderrein erwuchs ihm große Ernte.
Und seine Königin
war gut wie er gesinnt.
Und hätte sie die
Macht von dreißig Königreichen
Und wärs ihr
Eigentum, sie alles tät verschenken.
Wie ich vernommen
hab, es war im dritten Jahr,
Dass in dem Ehebett
ein Kindlein sie geboren.
Das wurde gleich
getauft, man gab ihm einen Namen,
Der Name Hagen war,
der Mann ist weltberühmt.
Erzogen ward er gut
und auch gepflegt mit Sorge.
Wenn er den Ahnen
folgt, wird er gewiss ein Held.
Ihn pflegten kluge
Fraun und manches schöne Mädchen,
Den Eltern war das
Kind die schönste Augenweide.
Als es im Alter war
von sieben Jahren dann,
Da sah man ihn nun
oft behütet von den Rittern,
Verleidet waren
Fraun ihm da, er liebte Männer,
Doch später dann
nicht mehr, er wurde weg entführt.
Wo Waffen sah das
Kind dort auf dem Königshof,
Die sah er ganz
genau, und da geschah es oft,
Dass Helm und
Kettenhemd er wünschte sich zur Kleidung.
Das gab er später
auf, die Hoffnung ward zerstört.
Und eines schönen
Tags saß Sigbant auf der Treppe
Und seine Königin
hat klug mit ihm geredet
Dort unterm
Zedernbaum: Wir haben großen Ruhm,
Mich wundert aber
eins, das will ich nicht verschweigen.
Er fragte, was das
sei, da sprach die edle Frau:
Ach dass ist mein
Verdruss und dieses tut mir leid,
Dem Leben und dem
Herz, dass ich dich selten seh
Bei deiner Krieger
Schar zu meiner Augenweide.
Drauf fragte sie der
Herr: Warum soll das geschehen,
Dass du vor meiner
Schar von Kriegern schautest mich?
Lass mich das wissen
nur, o edle Königin,
Denn deinetwegen
nehm ich große Müh auf mich.
Sie sprach: So
mächtig ist kein Mensch sonst in der Welt.
Der so viel Burgen
hat und auch so große Länder,
Und Gold und
Edelstein und auch das reine Silber,
Doch handeln wir
nicht so. Ach, so mag ich nicht leben!
Herr König, nimm
mein Wort ganz ohne Feindschaft auf:
Als ich noch
unvermählt in Frideschotten lebte,
Da sah ich jeden Tag
die Ritter meines Vaters
Bemühen sich um
Ruhm, was hier ich nie erlebt.
Ein König voller
Macht, wie du gefeiert wirst
Und wie du selbst
betonst, soll öfters Gäste laden.
Mit Rittern soll er
oft turnieren in dem Tjost,
Dass für sein
Erbland er und sich viel Ruhm gewinne.
Es ist ein fauler
Sinn von manchem starken Fürsten,
Dass ohne Maß und
Ziel sie Erdenschätze sammeln,
Doch sind sie nicht
bereit, mit anderen zu teilen,
Was soll die Wunde
da, verdient im Heldenkampf?
Und drauf der König
sprach: Du spottest über mich!
Ich will mich ja
bemühn, dem Wunsche zu entsprechen,
Auf dass sich mein
Gemüt doch niemals davon wende,
Man muss mich lehren
nicht der Fürsten Zucht und Sitte.
Sie sprach: So
schick ins Reich und sende zu den Fürsten,
Und Schätze,
Kleider viel, du biete als Geschenk,
Ich schicke Boten
auch zu meiner Sippe Leuten
Und lad sie
freundlich ein, dann flieht mich der Verdruss.
Und Irlands König
sprach, an seine Frau gewandt:
Gern will ich folgen
dir, wie es schon oft geschah,
Dass man auf
Frauenrat ein Fest versprochen hat.
Und unsre Sippen
will ich laden an den Hof.
Da sprach die
Königin: Das macht mir großes Glück,
Ich selbst will
manches Kleid fünfhundert Frauen schenken
Und sechzig Mädchen
auch will geben ich Gewänder. -
Der König das
vernahm, er sprach, das sei ihm lieb.
Als er das Fest
beschloss, da achtzehn Tage später
Den Sippen gab er da
die Kunde von dem Fest,
Dass, wer nach
Irland will auf seinem Pferde reiten,
Er nach der
Winterzeit die Sommerzeit erwarte.
Und wie ich es
gehört, der Fürst ließ Sitze bauen,
Das Holz zu jedem
Sitz man aus dem Walde trug,
Für sechzigtausend
Mann ließ er da Bänke zimmern,
Der Schenke wusste
das, der Truchsess zu beschaffen.
Auf Wegen vielerlei
sie ritten dann herbei,
Bis zu dem großen
Ruhm aus allen Fürstentümern
Wohl neunzigtausend
Mann zum Hof des Königs kamen,
Und jeder, der da
kam, der wurde gut bewirtet.
Und aus dem
Vorratsraum man brachte manches Kleid.
Was jeder da
begehrt, das gab man ihm sehr gern.
Auch Schilde
schenkte man und manches Ross aus Irland,
Die edle Königin
auch schmückte manche Frau.
Sie schenkte Kleid
um Kleid, sie schenkte tausend Frauen
Und vielen Mädchen
jung, was jungen Mädchen steht,
Mit Band und
Edelstein und schöner feiner Seide,
Die liebenswerten
Fraun, sie sahen prächtig aus.
Und jeder, der es
wollt, erhielt ein schönes Kleid,
Und Pferde tummelten
sich an der Knappen Händen,
Sie brachten manchen
Schild und manchen langen Speer.
Frau Ute aber saß
am Fenster hochgeachtet.
Der König hat
erlaubt den Gästen das Turnier,
Da wurde dann der
Glanz von manchem Helm getrübt.
Die Damen
vielgelobt, die saßen nah dabei,
Auf dass genau sie
sehn, was jene Helden trieben.
Das Kampfspiel
währte lang, wie es oft üblich ist.
Der König wollte
auch beim Fest sich sehen lassen,
Deswegen lobte ihn
die Frau, die Königin,
Die mit den andern
Fraun hoch auf der Zinne saß.
Nachdem er selber
ritt, wie sichs geziemt für Fürsten,
Das war kein Grund
zur Scham, da ließ er ehrenvoll
Der großen Arbeit
Müh für seine lieben Gäste
Zu Ende bringen. Und
dann ging man zu den Damen.
Die schöne Ute auch
begrüßte da die Fremden,
Begrüßte manchen
Freund. Dabei hat sie gewonnen
So manchen Gastes
Gunst, die sie auch gern bekamen
Von Ute ein
Geschenk, was niemals zu verschmähen.
Die Ritter und die
Fraun, die fand man bei einander.
Der Plan des
Hausherrn war den Gästen wohl bekannt,
Dass er auf seinem
Fest den Gästen Ehre gönne.
Und als es Abend
war, da gabs noch ein Turnier.
Das Fest, das wärte
noch bis an den neunten Tag.
Was man auch alles
dort an Rittersitten zeigte,
Das bracht dem Volk
des Spiels fürwahr nicht Langeweile.
Sie hatten Arbeit
viel und auch der Arbeit Nutzen.
Posaunen, Jägerhorn
man hörte lauthals dröhnen,
Was man auch dort
begann, der Harfe Spiel, der Flöten,
Gesang und
Lautenspiel und Pfeifen auch und Geigen,
Das taten sie mit
Ernst. Dafür sie kriegten Kleider.
Am zehnten Tage
früh, hört nur die Seltsamkeit,
Da mussten nach der
Lust doch viele es beklagen,
Denn aus dem
Festtagslärm entstand ein neues Treiben,
Nach all der süßen
Lust kam bittres Herzeleid.
Der König voller
Glück bei seinen Gästen saß,
Da trat ein Wandrer
vor, erreichte es mit Eifer,
Wer traute ihm das
zu? dass er mit viel Geschick
Am allerschönsten
spielt, da sahn ihn an die Fürsten.
Ein Iren-Mädchen
schön, sie führte damals auch
Den jungen
Königssohn an ihrer Hand dorthin.
Und mit ihr gingen
Fraun und auch verwandte Leute,
Die ihn der Zucht
gemäß zum Tugendheld erzogen.
Und in des Königs
Burg vernahm man großen Lärm,
Die Leute lachten
laut, andauernd, überall.
Des Hagen Pädagog
sich nahe drängt heran,
So dass das Mädchen
man, das Kind bald nicht mehr sah.
Des Königs großes
Leid, das nahte sich dem Herrn,
Frau Ute und auch er
erfuhren großes Leid.
Der böse Satanas,
der sandte seinen Boten
Von ferne in das
Reich. Das endet jammervoll.
Es war ein wilder
Greif, der her geflogen kam.
Ein großes Unglück
konnt der König nun erblicken
An seinem Sohn, den
er erziehen ließ zur Tugend.
Durch diesen starken
Greif hat er den Sohn verloren.
Es wurde dunkel
dort, wohin ihn trug der Flug,
Als wär er ein
Gewölk. Er war besonders stark.
Doch unter dem
Geschwätz, da nahm es keiner wahr,
Das Mädchen mit dem
Kind stand draußen ganz allein.
Und von des Greifen
Kraft die Bäume stürzten um.
Und als die edle
Maid den Vogel kommen sah,
Sie rettete sich
selbst und ließ das Kind zurück,
So seltsam ist die
Mär, man achtet sie als Wunder.
Der Greif ließ sich
herab und packte sich das Kind
Mit seinen Krallen
hart. Dabei bewies er so,
Wie schrecklich wild
er war, von Grausamkeit erfüllt,
Das musste nun
fortan das ganze Volk beweinen.
Ganz laut schrie
jetzt das Kind, es war ja sehr erschrocken.
Er trug es in die
Höh mit seiner großen Kraft,
Dann flog er in der
Luft den fernen Wolken zu,
Darüber musste nun
der Iren König weinen.
Und die Verwandten
auch erfüllte Leid und Trauer,
Und sie beklagten
sehr des lieben Kindes Tod.
Der König und sein
Weib, sie waren sehr betrübt,
Und alle jammerten
um dieses liebe Kind.
Und weil so groß
das Leid, drum ward das schöne Fest
Auch abgebrochen
schnell. Der Greif durch seine Tat
Hat alle so
verstört, dass sie in großem Kummer
Und Trauer gingen
ab. Betroffen waren alle.
Der König weinte
sehr, die Tränen strömten ihm,
Jedoch die Königin,
sie sagte sehr gefasst,
Dass er das Jammern
lass, weil jeder sterben muss:
Es möge enden so,
wie Gott im Himmel will.
Die Gäste wollten
heim, da sprach die Königin:
Ihr edlen Helden
sollt noch etwas hier verweilen
Und Silber sollt und
Gold von uns ihr nicht verschmähen,
Dass ich euch
schenken will, ich bin euch sehr gewogen.
Die Ritter neigten
sich, und alle sagten ihr
Den Lobpreis und den
Dank. Der König aber ließ
Her bringen
Seidenstoff, der doch nicht war zerschnitten.
Und mancher Gast, er
war gekommen aus der Ferne.
Und Pferde gab der
Herr, und Kampfross auch und Zelter,
Aus Irland Tiere
schön, gewachsen hoch und kräftig.
Er gab auch rotes
Gold und Silber ungewogen,
Der König ließ
sehr gut für seine Gäste sorgen.
Und Abschied nahm
die Frau von mancher Edeldame
Und manchem Fräulein
schön, Geschenke gab sie ihnen,
Die ehrten alle
Fraun, sie trugen schöne Kleider,
Zu Ende war das
Fest, sie zogen aus dem Reich.
ZWEITER GESANG
Wie Hagen von dem
Greif weggeschleppt wurde
Belassen wirs dabei,
wie man hier Abschied nahm,
Und greifen wieder
auf, welch eine schlimme Reise
Mit einem wilden
Greif das liebe Kind erlebte.
Doch seiner Sippe
Volk erlitt sehr großen Kummer.
Gestorben war er
nicht, weil Gott es so gebot,
Doch drohte ihm
darum besonders große Not,
Weil ihn der alte
Greif zu seinen Jungen brachte.
Als er die vor sich
sah, erwuchs ihm manche Mühe.
Sobald der alte
Greif bei seinem Nest ankam,
Aus seinen Krallen
ließ das Kind er zu den Jungen.
Ein Junges packte
ihn, doch dass er ihn nicht fraß,
Zeigt deutlich die
Gewalt der großen Liebe Gottes.
Zerreißen wollten
sie das Kind mit ihren Krallen,
Doch hört die gute
Mär von der Gefahr des Kindes
Und wie der kleine
Herr aus Irland blieb am Leben.
Jedoch ein junger
Greif den Knaben schleppte fort.
Von Baum zu Baum er
flog mit unserm lieben Kind,
Doch täuschte sich
der Greif, er war ja nicht so stark,
Er ruht auf einem
Ast, doch dem war er zu schwer,
Der lieber wär im
Nest, der stürzte auf die Erde.
Dieweil der Greif
gestürzt, entfiel ihm auch das Kind.
Das fremde kleine
Kind verbarg sich im Gebüsch.
Noch ward ihm Speise
nicht, so litt er großen Hunger.
Doch später half er
oft den fremden schönen Frauen.
Gott wirkte Wunder
groß, das kann man wohl behaupten.
Durch die Gewalt des
Greifs wars früher schon gewesen,
Drei Königstöchter
sind dahin getragen worden,
Sie waren in der
Näh. Doch niemand kann erklären,
Wie sie sich in der
Zeit am Leben doch gehalten,
Nur Gott im Himmel
hat für sie gesorgt aus Gnade.
Und Hagen sollte
dort nicht leben ganz allein,
Der Knabe fand die
Fraun in einer Felsenhöhle.
Und als die Mädchen
ihn am Berge schleichen sahen,
Da glaubten sie
zuerst, er sei ein wilder Zwerg,
Ein Ungeheuer, sei
entstiegen gar dem Meere.
Doch als er näher
kam, empfingen sie ihn freundlich.
Als Hagen sie
erblickt, sie flüchteten zunächst
Zur Felsenhöhle um,
ihr Herz war voller Angst,
Eh sie entdeckten
dann, dass er ein Christenmensch.
Er hat sie dann
befreit von mancher schweren Sorge.
Die Älteste zu ihm:
Was wagst du dich zu uns,
Da wir vom
Himmelsgott die Zuflucht hier erhalten?
Zu deinen Freunden
geh, geh in das wilde Meer.
Wir haben Müh genug
und leiden viele Schmerzen.
Da sprach der Knabe
dies: Lasst mich doch bei euch bleiben,
Und glaubtet ihr mir
doch, ich bin getaufter Christ.
Mich hat ein wilder
Greif geschleppt zu diesem Felsen,
Ich bliebe gern bei
euch, allein kann ich nicht leben.
Und drauf empfingen
sie den Knaben liebevoll.
Und später sollen
sie erfahren seine Hilfe.
Da fragten sie ihn
aus, woher er sei gekommen,
Doch hatte Hunger
er, er mochte nicht erzählen.
So sprach der Knabe
dies: Ich habe großen Hunger,
Könnt ihr nicht
euren Trank, die Speise mit mir teilen?
Ich hab drei Tage
schon darauf verzichten müssen,
Weil mich der Greif
hierher wohl hundert Meilen schleppte.
Darauf ein Mädchen
sprach: Es ist nun einmal so,
Dass nicht den
Schenken wir und nicht den Truchsess sahen
In unserem Exil,
dass sie uns Speise bringen. -
Sie lebten nur von
Gott und waren jung und weise.
Da suchten sie
sogleich von Kräutern und von Pflanzen,
Den Liebling
Sigebants mit solchem zu ernähren,
Wovon sie lebten
selbst, davon sie brachten ihm,
Das war ein
Himmelsbrot, das ihm die Mädchen gaben.
Er musste essen
Kraut, weil er ja Hunger hatte,
Denn sicher qualvoll
ists, zu sterben Hungerstod.
Er lebte bei den
Fraun dort viele Tage noch,
Mit gutem Willen er
half tüchtig diesen Frauen.
Sie gaben auf sich
acht, das muss ich doch bezeugen.
Dort wuchs mit
Kummer er in seiner Kindheit auf,
Bis dass das junge
Volk in allen ihren Sorgen
Dort vor der Höhle
sahn ein seltnes Wunderwesen.
Denn eines Tages
kam, ich weiß es nicht woher,
Ein Schiff mit
Rittern an und landete am Felsen.
Ein Beben in der See
schuf ihnen große Not,
Die fremden Mädchen
sind geraten da in Angst.
Und jedes Schiff
zerbarst und keiner ward gerettet.
Als das vorüber
war, da kam der alte Greif,
Der manchen Toten
nun zu seinem Neste schleppte.
Die Sorge um den
Mann betrübte manche Frau.
Die jungen Greife
nun das Fleisch zur Speise kriegten,
Da flog der alte
Greif vom Neste wieder fort
Und dann hinaus aufs
Meer, ich weiß nicht, welche Richtung.
Sie hatten auf dem
Berg gelassen einen Nachbarn.
Und Hagen Männer
sah und Ritter von dem Kreuze
Am Strande liegen
da, die dort ertrunken waren.
Er glaubte, dass er
noch der Männer Nahrung finde,
Aus Ehrfurcht vor
dem Greif er leise schlich zum Strand.
Da fand er weiter
nichts als einen Mann gewappnet,
Deswegen er noch Not
erleiden muss vom Greif.
Er zog das Hemd ihm
aus, des schämte er sich nicht,
Den Bogen und den
Pfeil er bei dem Toten sah.
Dann legte sich das
Kind die Rüstung selber an.
Hoch oben in der
Luft er hörte schon ein Brausen.
Der junge Ritter hat
sich zu viel Zeit gelassen,
Als Hagen fern vom
Fels, da kam der alte Greif.
Er stürzte sich
voll Zorn gleich nieder auf den Strand,
Den Bürger, den er
dort zurückgelassen hatte,
Den wollt er allzu
gern verschlingen auf der Stelle.
Doch jetzt war Hagen
kühn geworden selbst zum Helden.
Mit seiner schwachen
Kraft er hatte viele Pfeile
Am Bogen angelegt,
geschossen von der Sehne,
Doch traf er nicht
das Tier. Wie sollte er sich retten?
Er wagt es mit dem
Schwert. Die Mädchen jammerten.
Trotz der geringen
Kunst er kämpfte recht verbissen.
Er schlug dem alten
Greif den Flügel von der Achsel,
Verletzte mächtig
ihn an einem seiner Beine,
So dass sich dieser
nicht mehr weg begeben konnte.
Und das war Hagens
Sieg. Der eine war nun tot,
Da kam der zweite
an, der brachte neue Not.
Doch alle er
erschlug, die Alten und die Jungen.
Es half dabei ihm
Gott, allein schafft er es nicht.
Als er das
Wunderwerk gut hatte nun vollbracht,
Ließ er die Damen
all aus ihrem Felsen kommen.
Er sprach: Genießt
doch jetzt die Lüfte und die Sonne,
Weil Gott vom Himmel
uns erneute Freude gönnt!
Sie grüßten artig
ihn. Oft wurde er sogleich
Von diesen jungen
Fraun auf seinen Mund geküsst.
Ihr alter Vogt war
tot. Was konnte sie nun hindern,
Nun hier hin oder
dort vom Felsen aus zu gehen?
Als ihr größte Not
von ihnen war genommen,
Der Heimatlose nun
sehr gut zu schießen lernte,
Dass Vögel ihm im
Flug nicht mehr entweichen konnten.
Als er die Not
bedacht, er lernte, was er brauchte.
Der unerschrocken
ward, war kühn und friedevoll.
Was von den Tieren
er für schnelle Sprünge lernte!
Dem wilden Panther
gleich er eilte über Felsen.
Er war sein eigner
Herr, verlassen von der Sippe!
Wie oft ging er zum
Meer, um schön sich zu zerstreuen!
Er sah dann in der
Flut die rohen Fische schwimmen,
Er konnt sie fangen
wohl, könnt er sie nur genießen.
Kein Feuier auf dem
Herd, verdross ihn alle Tage.
Von einer Wohnung
aus er zog auch in den Wald.
Dort sah er manches
Tier, voll Wildheit und voll Kraft.
Und da war eins, das
ihn mit Gier verschlingen wollte,
Er schlug es mit dem
Schwert, es spürte seinen Zorn.
Dem wilden Drachen
hat das Tier geähnelt sehr.
Er zog die Haut ihm
ab, er ward an Kräften reich,
Ihn dürstete nach
Blut, als er vom Blute trank,
Gewann er große
Kraft und einen neuen Geist.
Und in des Tieres
Haut er hüllte da sich ein.
Und einen Löwen
fand er ganz in seiner Nähe,
Der konnt ihm nicht
entfliehn. Wie schnell er zu ihm sprang!
Er tötete ihn
nicht, er nahm ihn freundlich an.
Das Tier, das er
zuvor erschlagen hatte dort,
Das wollte er jetzt
heim in seine Wohnung tragen.
Die Fraun genossen
nun alltäglich seine Liebe,
Von diesem fremden
Fleisch erhöht sind Herz und Geist.
Kein Feuer hatten
sie, doch Holz war da genug,
Aus einem harten
Stein er schlug nun viele Funken,
Was vorher mangelte,
ward ihnen nun gewährt.
Da brieten sie das
Tier, das tat kein Koch für sie.
Als sie das Fleisch
verzehrt, da wuchsen ihre Kräfte,
Da wurden auch
belebt die Sinne durch den Herrn.
Sie wurden schöner
stets und ziemlich lobenswert,
Als ob sie sind
daheim im Lande ihres Vaters.
Der wilden Hagen war
kräftig wie zwölf Männer,
Weshalb im Leben er
ein hohes Lob gewann.
Doch es betrübte
ihn und auch die jungen Mädchen,
Dass in der Wüste
sie für immer bleiben sollten.
Die Mädchen baten
ihn, sie an das Meer zu führen,
Sie gingen
schamerfüllt, sie trugen dünne Kleider,
Die ließen manches
sehn, die selber sie geflochten,
Wo sie der Hagen
fand in diesem fremden Land.
Und zwanzig Tage da
sie zogen durch den Wald.
Und eines Morgens
früh erblickt der junge Mann
Ein schwerbeladnes
Schiff, es kam von Garadie.
Die Mädchen
heimatlos bedrückte sehr ihr Kummer.
Und Hagen rief ganz
laut, und es verdross ihn nicht,
Wie sehr auch durch
den Wind die Meereswellen wogten,
Die Balken ächzten.
Die dort in der Nähe schifften,
Für Nixen hielten
sie, als sie die Mädchen sahen!
Der Herr des
Schiffes war vom guten Land Salmee.
Und Hagen und sein
Volk, die kannte er schon lange,
Weil er ihr Nachbar
war. Doch keiner von den Pilgern
Erkannte nun den
Sohn des Sigebant von Irland.
Der Graf ließ nicht
das Schiff zum Meeresstrande rudern.
Der Ritter
landesfremd bat nur um Gottes Willen
Hinweg zu bringen
sie von diesem wilden Ufer,
Die Seelen wurden
still, er nannte Jesu Namen.
Mit andern Männern
er sprang nun ins kleine Boot,
Es währte eine
Zeit, bis er erfahren konnte,
Obs Geister sind des
Walds, ob wilde Meeresweiber,
Er hat im Leben nie
gesehen solche Wesen.
Bevor er ging an
Land, er fragte sie sogleich:
Seid ihr getauft und
Christ, was aber tut ihr hier?
Er sah die Körper
an, gehüllt in Moos und Laub,
Die Mädchen baten
dann, mit ihnen fort zu reisen.
DRITTER GESANG
Wie Hagen auf das
Schiff kam
Sie stiegen in das
Schiff, da gab man ihnen Kleidung,
Der Pilger Kleider,
die ins fremde Land sie zogen.
Zwar war es
peinlich, doch sie trugen Männerkleidung,
Da schämten sie
sich sehr. Nun endet ihre Klage.
Als nun die Mädchen
schön das Pilgerschiff betreten,
Da schritten ihnen
gleich die Rittersleut entgegen.
Sie grüßten voller
Huld die edlen Fürstentöchter,
Obwohl sie doch
zuerst erschienen waren schrecklich.
Sie blieben in der
Nacht im Schiffe auf der See,
Die Lage ungewohnt
bedrückte sehr die Mädchen.
Empfinden sie die
Huld, so scheinen sie mir weise.
Der Graf von
Garadie gab ihnen gutes Essen.
Sie aßen nun das
Mahl, er setzte sich zu ihnen,
Sie sollten sagen
ihm, dem Graf von Garadie,
Wer sie in ihrem
Reiz einst auf die Meerflut brachte.
Den Mädchen taten
doch die Fragen nur noch weh.
Die Älteste, sie
sprach, die zwischen ihnen saß:
Das wisse nur, mein
Herr, ich bin aus fernem Land,
Dem schönen India,
wo König war mein Vater,
Als er noch lebte,
ich gewinne nie die Krone.
Die Mittlere, sie
sprach: Von weither komme ich,
Mich hat ein wilder
Greif aus Portugal geraubt,
Der Herr des Landes
dort mich nannte seine Tochter,
Der weithin war
bekannt als ein gerechter Herrscher.
Die Jüngste von den
Fraun, die bei dem Grafen saß,
Erklärte artig:
Herr, mein Herr, ich sage dir,
Aus Island stamme
ich, dort war der Herr mein Vater,
Von meiner Sippe
ward ich leider weit entrückt.
Der edle Ritter
sprach: Gott hat es gut gefügt,
Dass bei der Sippe
er euch nicht verbleiben ließ,
Dass er in seiner
Huld euch von der Not erlöste,
Indem ich, Mädchen,
euch an dieser Küste fand.
Es wär nicht nötig,
noch danach zu fragen weiter,
Wie es gekommen sei,
dass von den Greifen sie,
Die schleppten sie
zum Nest, sind nicht getötet worden.
Sie litten manches
Leid, dass sie nicht mehr erwähnten.
So wandte sich der
Graf nun an den jungen Mann:
Mein lieber guter
Freund, so lass mich bitte wissen,
Nachdem die jungen
Fraun ihr Schicksal mir berichtet,
Da wüsst ich gern
von dir, wo deine Heimat ist.
Da sagte Hagen wild:
Das will ich dir erzählen.
Mich hat ein alter
Greif verschleppt auch an die Küste,
Mein Vater Sigebant,
ich stamm aus Irland und
Hab eine lange Zeit
bei diesen Fraun gelebt.
Drauf fragten alle
sie: Wie konnte das geschehen,
Dass du beim alten
Greif so lange leben konntest? -
Da sagte Hagen jung:
Es wollte Gottes Gnade.
Ich hab mit aller
Kraft mich an dem Greif versucht.
Erklär das bitte,
sprach der Herr von Garadie,
Wie du die Not
besiegt. - Ich schlug den Greifen tot,
Die Greifen alt und
jung, ist keiner mir entkommen,
Bei denen hab ich
stets gebangt doch um mein Leben.
Drauf alle meinten
dies: Du bist ein starker Held,
So können dich mit
Recht die Menschen alle loben,
Das hätten Tausende
von uns doch nicht geschafft,
Dass wir sie
schlügen tot. Du hast wohl Glück gehabt.
Der Graf und sein
Gefolg nun fürchteten den Jüngling.
Er war besonders
stark, das schadet ihnen noch.
Man wollte da mit
List ihn von den Waffen trennen,
Er wehrte sich voll
Zorn. Sie dachten schlecht von ihm.
Und schließlich
sprach der Graf: Mir wird das Glück zuteil
Nach mancherlei
Verlust, den ich erlitten habe.
Stammst du von
Irland her und bist der Königssohn
Des Königs
Sigebant, behalt ich dich als Geisel.
Du kommst mir eben
recht, das sei dir nur gesagt,
Denn deine Sippe hat
viel Unheil mir getan
Im Lande Garadie,
das ihnen nahe liegt,
Sie schlugen Helden
tot und nahmen sie gefangen.
Der junge Hagen
sprach: Ich bin daran nicht schuld,
An dem, was man dir
tat. Bring mich zu ihnen heim.
Die Rache und den
Streit ich glaub ich kann versöhnen.
Lass mich in
Freundlichkeit zu meiner Sippe heim.
Der Graf zum
Jüngling sprach: Du musst mein Geisel sein.
Die schönen Mädchen
doch, sie werden mein Gesinde,
Ich will sie, mir
zum Ruhm, in meinem Lande halten. -
Doch Hagen kam das
Wort wie schändliches Geschwätz vor.
Voll Zorn der
Jüngling sprach: Ich will kein Geisel sein.
Verlange niemand
das, der weiterleben will.
Seemänner, aber
ihr, bringt bitte mich nach Haus,
Ich geb euch guten
Lohn, Ich zahl mit echten Münzen.
Er will, dass meine
Fraun ihm als Gesinde dienen.
Auch ohne dass er
hilft, sie werden doch gerettet.
Und ist hier einer
klug, der folge meiner Weisung.
Setzt eure Segel so,
dass wir nach Irland fahren.
Die Männer fingen
ihn, der Graf hat das geboten.
Doch Hagen stand zu
nah, in Not sind sie geraten.
Er zog wohl dreißig
Mann an ihrem Haar ins Meer,
Und seines Körpers
Kraft den Pilgern ward bekannt.
Und hätten nicht
die Fraun den Streit geschlichtet lieblich,
Er hätte auch den
Graf von Garadie erschlagen.
Die arm sind oder
reich, die waren gleich für ihn.
Und die Matrosen nun
nach Irland mussten wenden.
Sie eilten, dass sie
nicht ihr Leben auch verlören,
Sie mussten sehr den
Zorn des jungen Hagen fürchten.
Nun siebzehn Tage
lang sie waren fleißig tätig,
Sie hatten Angst vor
ihm, sie sahn sein wildes Tun.
Als er sich nun dem
Reich des Vaters näherte,
Die großen Berge
dort, die kannte er von früher,
Erblickte er am Meer
schon eine hohe Burg,
Dreihundert Türme
stark und schön er konnte sehen.
Da lebte Sigebant
mit seiner edlen Frau.
Die Pilger sorgten
sehr sich um ihr eignes Leben,
Dass sie der Iren
Herr geschlagen hätte tot,
Falls er entdeckt
das Schiff. Doch Hagen das verhindert.
Da wandte sich der
Mann nun an die Wegbegleiter:
Ich stifte Frieden
gern, obwohl ich keine Macht
Im Lande habe hier.
Ich sende dorthin Boten
Und will den alten
Hass der Völker nun beenden.
Und wer sich reichen
Lohn bei mir verdienen will,
Und wer die
Botschaft gern, die ich entbiete ihm,
Dem König
überbringt, dem geb ich reichlich Gold.
Und meine Eltern
auch ihn reich belohnen werden.
Und von den Pilgern
zwölf ließ er von dannen reiten.
So fragt den König
nun, so sprach der junge Herr,
Ob Hagen, seinen
Sohn, er wiedersehen will,
Den ihm ein Greif
geraubt und deshalb Kummer machte.
Gut, wenn der König
nicht die Sache glauben will,
Dann fragt die
Mutter nur, ob sie es euch bestätigt,
Dass sie mich haben
will zu ihrem eignen Kind,
Wenn sie an meiner
Brust ein goldnes Kreuzchen findet.
Die Boten ritten nun
von dort ins nahe Land,
Wo in der festen
Burg Frau Ute mit dem Herrn war,
Und der erkannte
gleich das Volk von Garadie,
Die waren ihm ja
feind. Der König wurde zornig.
Er fragt, wie man es
wagt, in dies sein Land zu kommen.
Da sprach ein Pilger
dies: Dein Sohn, der junge Hagen,
Der hat uns her
geschickt. Wenn wer ihn sehen möchte,
Der in der Nähe
ist, dann kann das bald geschehen.
Drauf sagte
Sigebant: Ihr lügt vergeblich, Leute.
Er ist gestorben ja,
dass meines Kindes Tod
Mir oft den innern
Sinn im Herzen schon bewegte. -
Wenn du‘s nicht
glauben willst, so frag doch deine Frau,
Der er ja oft genug
ganz nah gewesen ist,
Ob er an seiner
Brust ein goldnes Kreuzchen hatte,
Und wenn man das an
ihm bestätigt findet dann,
Und wenn ihr beide
wollt, so anerkennt das Kind.
Dies wurde nun
sogleich Frau Ute so verkündigt.
Da freute sie sich
sehr, die vorher Kummer hatte.
Sie sprach: Lasst
reiten uns, dass wir die Wahrheit sehen. -
Der König satteln
ließ für sich und seine Freunde.
Da sprach ein Pilger
dies und sprach es zu Frau Ute:
Willst du mir
folgen, Frau, so möchte ich dir raten,
Nimm mit ein gutes
Kleid für schöne junge Mädchen,
Die sein Gesinde
sind, gewiss dir Ehre machen.
Recht kostbar war
das Kleid, das brachte mit die Herrin,
Auch folgten ihr,
der Frau und Königin, viel Ritter.
Herr Hagen wartet
schon dort an dem Meeresstrande,
Wo die aus Garadie
an seiner Seite standen.
VIERTER GESANG
Wie Hagen von Vater
und Mutter empfangen wurde
Als Hagen Männer
sah und Frauen reitend kommen,
Da wollt er ihnen
gern entgegen gehen freundlich,
Wer ihn begrüßen
wird, das wollte er wohl sehen.
Da gab es ein
Gedräng im Kreise der Verwandten.
Der König grüßte
ihn, hieß ihn im Land willkommen,
Er sprach: Bist du
der Held, der hin zu uns gesandt,
Und der als Mutter
ließ die Königin ansprechen?
Ist diese Botschaft
wahr, so freu ich mich von Herzen.
Frau Ute sprach, die
Frau, in allem schönen Anstand:
Lass uns nur abseits
gehen von all den andern Leuten,
Dass sicher ich
erkenn, ob ihm gebührt die Krone. -
Sie sah das rechte
Kreuz, da grüßten sie den Prinzen.
Im Auge Tränennass
sie küsst ihn auf den Mund.
Bisher war ich
erkrankt, jetzt fühl ich mich gesund.
Willkommen, Hagen
du, du bist allein mein Kind.
Nun jeder auf dich
hofft, der hier beim König lebt.
Der König trat
heran, sehr groß war seine Freude,
Dass ihm aus
Herzensglück die Freudentränen flossen
Aus seiner Augen
Stern. Und das geschah zu Recht,
Dass er dem liebe
Kind die Vaterliebe zeigte.
Die Mädchen
heimatlos, die führte man zu Ute.
Sie schenkte ihnen
Pelz von weißer, brauner Farbe,
Ein perlbesetztes
Kleid, das stand den Mädchen gut.
Die Frau von
Sigebant hat ihre Not gelindert.
Man kleidete die
Fraun, wie Schönen es geziemt,
Sie hatten sich
geschämt im Zwischenraum der Zeit,
Nun waren sie
geschmückt mit wunderschönen Gürteln,
Der Herr und sein
Gefolg begrüßten schön die Damen.
Und Hagen bat den
Herrn und sein Gefolge nun,
Dem Volk von Garadie
sich gnädig zu erweisen
Und ihnen alle
Schuld barmherzig zu verzeihen.
Und Hagen hat
erreicht, dass man dem Volk vergab.
Nachdem durch einen
Kuss der König Freundschaft schloss,
Entgalt man ihnen
das, was sie verloren hatten.
Das bracht dem Volk
Gewinn und Hagen Ansehn ein.
Die Feindschaft war
vorbei nun mit der Iren König.
Den Gästen brachte
man zum Meeresstrande hin,
Durch Hagens
Friedensschluss gesichert, Speisen, Kleider,
Damit zwei Wochen
lang sie ruhen können dort.
Die Gäste sagten
Dank dem gnadevollen Hagen.
Dann ritten jubelnd
sie, die Leute, in das Land,
Und zu der Burg
Baljan es kamen viele Leute
Aufgrund der
Nachricht, dass der junge Königssohn
Doch noch am Leben
sei, was keiner glauben wollte.
Und Hagen ließ die
Fraun, die drei, nicht unbeachtet,
Er ließ zu jeder
Zeit den Mädchen Bäder ein.
Man reichte Kleidung
dar. Den liebenswerten Mädchen
Er diente unbeirrt,
er war zwar jung, doch weise.
Und Hagen wuchs
heran und wurde bald zum Mann,
Mit Rittern trieb er
da, was man nur je begonnen,
Was Rittersmänner
tun mit Worten und mit Werken.
Und später war er
groß in seines Vaters Land.
Nach vierzehn Tagen
ließ man die Matrosen fort,
Die müde von der
Fahrt gerastet hatten hier.
Zur Freude seines
Sohns der König gab den Pilgern
Geschenke reinen
Golds, auf dass sie Freunde bleiben.
Der junge Hagen
lernt, was Helden können müssen,
Und mehr als sonst
ein Mann, so dass er keineswegs
Empfinden musste
Scham. Ihn lobten schöne Frauen.
Wie groß die
Großmut war, wie unerwartet groß!
Und tapfer war er
auch, wie mir berichtet ward,
Er wagte es sogar,
der Sippe Leid zu rächen.
Bedacht auf Ehre
stets in allen Streitigkeiten,
Im Lande hörte man
von diesem Helden singen.
Der aufgewachsen war
im Wüstenland, der Knabe,
Bei wilden Tieren,
keins von ihnen schaffte es,
Ihm springend zu
entfliehn, wenn er es haben wollte,
Am Strande hatte er
mit Frauen viel erlebt.
Sein Name Hagen war,
doch später hieß er auch
Der Dämon aller
Herrn. Und wegen seiner Kraft
War Hagen
weltberühmt, in allen Königreichen.
Ja Hagen machte da
dem Namen Hagen Ehre.
Die Sippe riet ihm
da, sich eine Frau zu freien.
Die Frau war in der
Näh, und nirgends auf der Welt
Und all dem
Erdenrund gabs eine Schönere.
Er kannte sie
bereits, sie teilten manchen Kummer.
Und Hilde hieß die
Frau, sie kam aus India.
Sie war zu ihm stets
nett in großer Not gewesen,
Wo er zum ersten Mal
sie fand in einer Höhle,
In keinem Land hätt
er ein schönres Weib gefunden.
Der Herr zur Eile
drängt, dass er mit hundert andern
Empfängt das
Ritterschwert. Und tausend Mark versprach er
Für Pferd und für
Gewand den Kameraden Hagens.
Und Hagen sagte nur,
dass er bereit zur Ehe.
Das ließ der Irren
Herr im ganzen Reich verkünden,
Man teilte allen
mit, wann findet statt die Hochzeit,
Dann auch sein
Großmut soll verkündet werden allen,
Das Fest ward
angesagt, in einem Jahr, drei Tagen.
Die Ritter wollten
hin, bereiteten sich fleißig,
Man machte Schilde,
hell und bunt gefärbt und schön,
Auch Sättel machte
man, die kostbar waren, fest,
Brustriemen,
Zaumzeug auch, mit Gold sehr schön verziert.
Auf einer Wiese groß
man stellte Zelte auf,
Den Königsgästen
all. Und was sie wünschten nur,
Das ward gewährt
der Schar, man schuf bequeme Sitze,
Aus jeder Richtung
sah man Königsgäste kommen.
Und Hagens Gäste,
die zur Ritterweihe gingen,
Beschenkte reich der
Herr, was gut dem Volk gefiel,
Auch die aus fremdem
Land hierher gekommen waren,
Es waren tausend
Mann, die schmückte er mit Kleidern.
Den Freunden sagte
nun Herr Hagen. Mir geraten
Habt ihr, ich werde
Herr. Das ziemt mir um so mehr,
Wenn, die ich
herzlich lieb, die mir die Krone gibt,
Ich lass nicht davon
ab, bis ich ihr Sorgen lohne.
Sie fragten, wer sie
sei, so fragten seine Männer,
Die vor dem ganzen
Hof als Herrin sollte gelten.
Er sagte: Hilde
ists, die stammt aus India,
Die mir und meinem
Volk bereitet keine Schande.
Und als sie hörten,
dass man Hilde krönen wollte,
Gefiel der Mutter
das, dem Vater auch recht gut,
Die weise maßvoll
war, dem Lande Ehre brachte.
Sechshundert Ritter
man mit Ritter Hagen weihte.
Nach Christen-Sitte
nun man segnete sie beide,
Sie wurden nun
gekrönt. Nicht länger ward gewartet,
Der Herr und seine
Frau voraus den Scharen ritten,
Des Königs Männer
da turnierten manchen Tjost.
Herr Sigebant ritt
selbst mit hochgemutem Sinn,
Nicht darauf
achtend, ob es ihn viel kostete,
Als dieses
Ritterspiel ward ordentlich beendet,
Da hatten an dem Hof
die Diener viel zu tun.
Sie stellten Stühle
auf, die Sessel und die Tische
In einer großen
Zahl. Die Messe war zu Ende.
Frau Ute ritt zum
Hof und viele Damen mit ihr,
Die Damen anzuschaun
war Lust den jungen Rittern.
Als König Sigebant
bei Dame Ute saß,
Bei Hagen Hilde saß,
da sprach davon das Volk,
Das Hagen gut
gewählt mit seiner lieben Braut.
Die Ritter kämpften
da, die Lanzen splitterten.
Der Iren König nun
beendete das Mahl,
Und Gras und Blume
ward getreten in den Staub,
Und viele Gäste da
sich fühlten so gesund,
Dass vor den Frauen
sie geritten zum Turnier.
Und zwanzig Ritter
da mit ihren Schilden waren
Dem Wiesengrün
genaht, da ward voll Kraft gekämpft.
Und mancher
Zweikampf da ward vorgeführt von ihnen,
Die Damen sahen zu,
sonst wär es schlecht gewesen.
Auch König Sigebant
sein Sohn ritt zum Turnier,
Das schaute seine
Braut, sie freute sich darüber.
Dass sie in fernem
Land ihm einst geholfen hatte,
Vergalt er ihr jetzt
gern, er war ein großer Held.
Da sah man
staubbedeckt gleich bei dem König reiten
Zehn Ritter und noch
fünf, die gleichfalls Fürsten waren
Und hatten Land von
ihm, die Christen und die Heiden,
Die dienten beide
treu dem König und dem Sohn.
Da währte lang das
Fest, da war die Freude groß
Bei Stößen und
Gedräng, bei Lärmen und Getöse,
Der Herr die Gäste
rief, vom Mühen abzulassen,
Und er erlaubte es,
sich zu den Fraun zu setzen.
Und vor den Fürsten
all erklärte Sigebant:
Dem Hagen, meinem
Sohn, das Land ich überlasse,
Die Bürger und die
Burg, die nah und fern im Lande,
Und meine Diener
auch, man soll ihn Meister nennen.
Als Siegebant, der
Fürst, verzichtet auf die Herrschaft,
Ging Hagen nun
daran, verlieh das Land, die Burgen,
In bester Absicht.
Er erschien den Fürsten tüchtig,
Die nahmen an das
Land, das gern sie von ihm nahmen.
Und nach dem
Fürstenrecht dem jungen König ward
Manch Rechte
ausgestreckt. Und er gab seinen Gästen
Von ferne und von
nah Gewänder, Pferde, Schätze.
O dieses Fest des
Herrn gefällt noch heut den Armen!
Am Hof die Frauen
auch, die mit ihm in das Land
Gekommen waren. Nach
der einen ward geschickt,
Dass sie zu Hilde
käm und zu dem jungen König,
Sie kam aus Island,
war so schön, wie man es mag.
Ein Fürst wollt sie
zur Frau, der bei der Königin
Gesehen hatte schon.
Er konnte sicher sagen,
Dass sie mit großem
Recht die Krone tragen dürfe,
Die Hildes Freundin
war, ihr ward ein Land zum Lohn.
Die Gäste trennten
sich vom König und den Leuten,
Die edle Jungfrau
auch, man führte sie hinweg
Ins schöne
Schwedenland ins Fürstentum des Fürsten,
Nach ihrem großen
Leid erlebte sie nun Freude.
In Irland Hagen nun
war über alle Richter,
Wo immer Unrecht er
bei seinen Leuten fand,
Da wurden sie von
ihm bestraft mit rechter Strenge.
In einem Jahr ließ
er enthaupten achtzig Männer.
Dann führt er einen
Krieg im Lande seiner Feinde,
Das arme Volk jedoch
verschonte er vorm Feuer,
Wo aber jemand stolz
und voller Hochmut war,
Zerbrach er seine
Burg und schlug ihm Todeswunden.
Wo er zum Kampf
erschien, war er ein starker Ritter,
Dem Ritterhochmut er
hat beigebracht die Demut,
Und wegen seiner
Kraft man nannte nah und fern
Der Fürsten Dämon
ihn, das schreckte seine Feinde.
So lebte glücklich
er, er hatte reichlich Freuden,
Sein Weib aus India
gebar ihm auch ein Kind,
Ein schönes
Töchterlein, die nach der Mutter Hilde
Ward Hilde auch
genannt. Von ihr wird noch berichtet.
Der wilde Hagen nun
ließ gut sein Kind erziehen
Dass weder
Sonnenschein noch Wehn des Winterwindes
Sie jemals
angerührt. Sie ward von allen Frauen,
Vom ganzen Stamm
beschützt, sie traute ihnen gern.
Zwölf Jahre war sie
alt, da war das junge Mädchen
Geworden
wunderschön. Man sprach von ihrer Schönheit.
Und Fürsten edel,
stark, die dachten schon daran,
Wie sei die
Minnehuld des Mädchens zu erwerben?
Der Fürsten Einer
war, der kam aus Dänemark,
Im Lande Waleis. Als
er von dem Mädchen hörte,
Sie sei so
wunderschön, er dachte nur an sie.
Doch Hagen nahm voll
Wut dem Botenmann das Leben.
Man schickte Boten
viel um dieses schöne Mädchen,
Doch Hagen tötete
sie all im Übermut,
Kein Mann sollt
haben sie, der schwächer wär als Hagen,
Da sprach man
überall von dieser Meinung Hagens.
Und zwanzig Boten
ließ er hängen an den Galgen,
Die wegen Hilde man
geschickt zu Hagen hatte.
Wer sich nicht
rächen konnt, den schmerzte das sehr tief,
Doch mancher Mann
begehrt sie gar nicht mehr zur Frau.
Doch gab es Ritter
noch, die weiter um sie warben.
Und ist ein Ritter
stolz, so sagt man unterm Volk,
So findet sich ein
Mann, der stolzer ist als er.
Ach dieses Mädchen
schön dem Vater machte Sorgen.
FÜNFTER GESANG
Wie Wate nach Irland
zog.
Erwachsen war ein
Held im schönen Dänemark,
Im Sturm der
Grenzmark dort, wie allgemein bekannt.
Dort lebte seine
Schar, die gut ihn hat erzogen,
In Nordland
herrschte er, war mächtig, angesehen.
Und Einer seiner
Schar, der Wate ward genannt,
Vom Helden hatte er
empfangen Burg und Land.
Weil er gezählt zur
Schar, erzog ihn Wate gut,
Er lehrte Sitte ihn,
ließ ihn nicht aus den Augen.
Der Herrscher
Dänemarks war Sohn von Wates Schwester,
Der starke Horant,
der sich machte dann verdient
Um König Hetel, so
dass dieser ihm die Krone
Zu tragen gönnte
und ihm dann die Krone schenkte.
Und Hetel selbst
voll Macht in Hegelingen lebte,
Dem wilden Nordland
nah, wie ich noch singen will.
Dort Burgen hatte er
wohl siebzig oder mehr,
Und die Verwalter
dort, die dienten ihm in Ehren.
In Friesland
herrschte er auch über Land und Meer,
Und Dietmers, Waleis
auch, die sind in seiner Macht.
Und Hetel war so
stark, und groß war seine Sippe,
Der kühn und tapfer
war, besiegte oft die Feinde.
Er war ein
Waisenkind und sehnte sich danach,
Ein schönes Weib zu
frein. Sein Vater, seine Mutter,
Die waren beide tot.
Er war der Länder Erbe.
Die Sippe war zwar
groß, doch liebte er sie nicht.
Der Adel riet ihm
da, er soll zur Hochzeit schreiten
In angemessner Art.
Da sprach der junge Herrscher:
Ich kenne keine
Frau, die hier in Hegelingen
Wär ehrenvolle
Braut, in meinem Haus die Herrin.
Drauf sprach von
Nifland dies der junge Ritter Morung:
Ich weiß von einer
Frau, die, wie ich sagen hörte,
Die Schönste aller
Fraun auf dieser ganzen Erde.
Wir streben nun
danach, sie werde deine Braut.
Und Hetel fragte,
wer sie sei, woher sie wäre.
Und Morung sagte
drauf: Die Hilde ist aus Irland,
Ihr Vater Hagen
heißt, der stammt von Gers Geschlecht.
Und käme sie hier
her, du wärst für immer froh!
Und Hetel sprach,
der Fürst: Mir ward jedoch gesagt,
Wer immer um sie
wirbt, den liebe nicht der Vater,
Und mancher edle
Mann sei deshalb schon gestorben.
Nein, keinem besten
Freund ich gönnte solchen Tod.
Und Morung sprach
darauf: Schick jemand anders hin.
Lass Horant kommen
nur, denn ihm sind ja bekannt
Die Sitten Hagens
dort, die er zu sehn bekam.
Und ohne seinen Rat
kann Hilfe nicht geschehen.
Und Hetel sprach:
Den Rat befolg ich. Sie ist schön.
Doch musst du
dorthin mit, wo man sie werben will,
Weil ich mit Recht
nur dir zutrauen kann das Gute.
Da wird dir Ruhm und
Lohn, wenn sie wird meine Herrin.
Und Boten ritten aus
ins schöne Dänemark,
Wo man den Horant
fand inmitten seiner Sippe,
Er ließ ihm sagen,
dass er gern ihn sehen würde,
In sieben Tagen
schon, wenn er so freundlich wäre.
Die Boten kamen an,
und Horant hörte zu,
Da war zu treuem
Dienst der gute Mann bereit,
Gern wollt er
leisten, was Herr Hetel von ihm wollte.
Draus später wuchs
ihm viel Gefahr und große Mühe.
Er ritt zum
Königshof mit sechzig seiner Leute.
Nachdem zu Hause er
den Abschied fromm genommen,
Beeilte er sich
sehr, um alles zu erfahren,
Wie er dem Hetel nur
in Ehren dienen könnte.
Am siebten Morgen
kam er in das Hegelingen,
Er und sein bester
Freund, sie waren gut gekleidet.
Und als der König
nun entgegen ging den Rittern,
Da neben Horant sah
er Frute auch, den Dänen.
Es war dem König
lieb, dass sie gekommen waren,
Er sah sie ziemlich
gern, denn dadurch wurde ihm
Genommen ab die
Angst, die ihn zuvor bedrückte.
Er sagte: Frute,
Freund und Vetter, sei willkommen!
Und Horant, Frute
auch, vor König Hetel traten,
Er fragte, wie es
steht daheim in Dänemark.
Drauf sagten diese
zwei: Vor kurzer Zeit wir haben
In manchem schweren
Kampf geschlagen große Wunden.
Er fragte, wo zum
Kampf sie hingezogen wären.
Ins schöne
Portugal, dort haben wir geschlagen
Den König
Portugals, der wollts uns nicht erlassen,
Weil er in unsrer
Mark oft Schaden angerichtet.
Ach nehmt das nicht
zu ernst, so sprach der junge Hetel,
Denn Wate, der ist
alt, der wird die Mark den Stürmen
Preisgeben
nimmerdar, weil er sie ja beherrscht.
Und der empfängt
den Lohn, der Wate raubt die Burg!
Die Männer gingen
nun in eine große Halle
Und setzten dort
sich hin. Und Horant sprach mit Frute,
Sie sprachen jung
und kühn, von schöner Frauen Liebe.
Das hört der König
gern, gab ihnen reichen Lohn.
Dann aber Hetel bat
um eine Antwort Horant:
Dass du mich wissen
lässt, wenn du es selber weißt,
Wie stehts um Hilde
nun, die junge Königin?
Ich wollt ihr
Botschaft wohl und meinen Dienst erweisen.
Da sprach der kühne
Mann: Das ist mir gut bekannt,
Ein solches holdes
Weib hab nirgends ich gefunden,
Wie es die Hilde
ist, die Herrliche aus Irland,
Des wilden Hagen
Kind, ihr steht die Krone gut.
Und Hetel fagte
noch: Und könnte es wohl sein,
Dass Vater Hagen mir
das schöne Mädchen gäbe?
Wenn ich ihm gut
erschein, so möchte ich sie lieben.
Und jenem geb ich
Lohn, der sie für mich gewinnt.
Das wird gelingen
kaum, so sagte Horant drauf,
Als Bote keiner wird
in Hagens Länder reiten,
Ich selber würde
auch mich niemals dahin drängen,
Wer nämlich dahin
kommt, der wird gehängt, erschlagen.
Sprach Hetel
wiederum: Wie sehr ich sie ersehne!
Wenn er den Boten
hängt, so mag er selber sterben,
Der König Hagen.
Und wenn noch so stark er ist,
So wird sein grimmer
Sinn ihm noch Verderben bringen.
Drauf sagte Frute
dies: Wenn Wate wollte nun
Als Bote reiten hin
ins Königreich der Iren,
Gelingen könnt es
uns, wir bringen dir das Mädchen,
Sonst bringe man uns
um und breche uns das Herz.
Und König Hetel
sprach: Ich werde also gleich
Ins Sturmland
senden, denn ich bin gewiss mir dessen,
Dass Wate reitet
gern, wohin ich ihn auch schicke.
Auch Irolt komme mit
vom hohen Volk der Friesen.
Die Boten ritten
schnell und eilten in das Sturmland,
Wo sie den Wate dort
bei seinen Leuten trafen.
Und man bestellte
ihm, er soll zum König kommen.
Der wunderte sich
sehr, was wohl der Herrscher wolle.
Er fragte, ob er
auch soll Helm und Rüstung tragen
Und von dem eignen
Volk mitnehmen seine Leute.
Da sprach der Bote
dies: Das hab ich nicht gehört,
Dass Krieger er
bedarf, nur du allein sollst kommen.
Und Wate war bereit.
Er ließ zurück die Leute
Im Land und in der
Burg, dann stieg er auf sein Pferd.
Es folgte keiner
ihm, nur zwölf von seinen Männern.
Und Wate, äußerst
kühn, er ritt geschwind zum Hof.
Nach Hegelingen kam
der Mann und eilte dann
Nach Campatille. Das
war König Hetel lieb,
Entgegen eilt er ihm
und dachte dabei nach,
Wie Wate er, den
Freund, empfangen soll, den Alten.
Der Herrscher grüßte
ihn mit Freundlichkeit und sagte:
Willkommen, Wate! Es
ist ja schon lange her,
Seit ich dich hab
gesehn, seit wir zusammen saßen,
Entschlossen zu dem
Krieg, die Feinde zu besiegen.
Und Wate sprach zu
ihm: Die guten Freunde sollen
Zusammen bleiben
stets, so kann man um so besser
Gerettet werden vor
der Übermacht der Feinde. -
Er griff ihn bei der
Hand in freundlicher Gesinnung.
Sie setze beide sich
nun abseits von den andern.
Der König war voll
Macht und Wate hochgeachtet,
Doch war er auch
voll Stolz in allen seinen Plänen.
Und Hetel dachte
nach, wie er ihn locken könne.
Der junge Herrscher
sprach: Ich hab nach dir geschickt,
Denn einen Boten
brauch ich in die Länder Hagens.
Ich kenne keinen
sonst, der besser dazu taugte,
Als dich, mein
lieber Freud, du bist dazu geeignet.
Der alte Wate
sprach: Was ich auch wirken soll,
Zu Liebe dir und
Ruhm, das will ich gerne tun,
Das glaube mir
getrost, ich tu es alles richtig,
Nach deinem Willen
treu, falls mich der Tod nicht hindert.
Die Sippe riet mir
das, so sagte König Hetel,
Falls Hagen, wild
und stark, mir seine Tochter gibt,
Dass sie dann
Königin in meinem Lande werde.
Mein ganzes Herz
allein ist auf die Frau gerichtet.
Doch Wate ward voll
Zorn: Wer immer dies geraten,
Dem wäre es nicht
leid, wenn heute schon ich sterbe.
Kein anderer
bestimmt als Frute wars, der Däne,
Der dich verführte,
dass ich Hilde dir kann bringen.
Die liebevolle Maid
wird ja sehr stark bewacht.
Ich lasse eher nicht
bestimmen mich zum Werk,
Bis Horant mit mir
kommt und Frute auch, der Däne,
Die dich verführten,
dass ich Hilde zu dir bringe.
Und Hetel wollte
gleich zu diesen beiden senden.
Man macht es
mehreren bekannt von seinen Freunden,
Dass sie zum König
jetzt zum Hofe kommen sollen.
Ein heimliches
Konzil fand jetzt schon nicht mehr statt.
Als Wate, alt und
kühn, den jungen Horant sah,
Den Dänen Frute
auch, da sagte er sogleich:
Gott lohn es euch,
den zwein, dass ihr auf meinen Ruhm
Seid doch zu sehr
bedacht, dass ich zum König komme.
Ihr habt euch sehr
bemüht, dass ich der Bote sei,
Nun müsst ihr beide
auch mit mir zusammen reisen,
So dienen wir dem
Herrn um seine Huld und Gnade.
Wer meine Ruh
verscheucht, soll meine Sorgen teilen.
Und Horant sprach zu
ihm: Ich werde gerne reisen,
Und müsste ich es
nicht, ich wollt mich doch nicht schonen,
Ich scheue keine
Müh, zu sehen schöne Frauen,
Dass durch die
Frauen wird der Sippe Glück zuteil.
Und Frute sprach:
Ich will an siebenhundert Männer
Zur Reise nehmen
mit. Herr Hagen gönnt ja keinem
Als sich nur selber
Ruhm. Mag er sich herrlich scheinen,
Will er bezwingen
uns, den Stolz er bald vergisst.
Herr König, baue
nun für diese Meeresfahrt
Uns aus
Zypressenholz ein gutes starkes Schiff,
Das deine Mannschaft
gut in seinem Bauche aufnimmt.
Die Seiten man
beschlag sehr schön mit Silberspangen.
Und kümmer dich um
Brot und Fleisch, das Männer brauchen,
Lass Helme schmieden
auch mit guter Handwerkskunst,
Und harte Rüstungen,
dass wir sie mit uns nehmen,
Dass Hagens Tochter
wir mit Leichtigkeit gewinnen.
Auch Horant, mein
Cousin, er ist ein weiser Mann,
Soll in dem Laden
stehn, wie ich es wohl ihm gönne,
Und Spange oder Ring
verkaufen an die Frauen
Und Gold und
Edelstein, so wird man uns vertrauen.
Wir wollen Waffen
auch verkaufen und Gewänder.
Da es um Hagens Kind
nun so gefährlich steht,
Dass niemand sie
erwirbt, der da nicht kämpfen mag,
So wähle Wate
selbst, wen er zur Reise mitnimmt.
Der alte Wate
sprach: Ich kann nicht Kaufmann sein.
Ich habe nie Besitz
mir ruhig angehäuft,
Mit Kriegern teilte
ich, das ist noch heut mein Sinn,
Ich bin auch nicht
geschickt, den Frauen Schmuck zu schenken.
Mein Vetter Horant
hat mich also vorgeschlagen.
Er weiß ja recht
genau, wie es um Hagen steht,
Der ja so stark sein
soll wie vierundzwanzig Männer.
Hört von der
Werbung er, entkommen wir ihm nicht.
Herr König, lass
auch schnell bedecken unser Schiff
Mit Bretterboden
gut, denn innen soll es sein
Von guten Kämpfern
voll, die uns verteidigen,
Wenn Hagen, wild und
stark, uns nicht entkommen lässt.
Und hundert Ritter
lass, die kriegerisch gerüstet,
Mit uns nach Irland
ziehn und segeln in die Ferne,
Mein Vetter Horant
soll zweihundert Männer haben,
Die in dem Laden
stehn, dann kommen schöne Frauen.
Und bauen soll man
auch dazu drei gute Koggen,
Die Pferde und das
Brot in unsre Nähe bringen,
Das Brot reicht für
ein Jahr. Wir sagen Hagen dann:
Wir sind mit Mühe
nur entflohn der Stürme Land,
Bei König Hetel
sind in Ungunst wir geraten.
Wir wollen oftmals
dann mit herrlichen Geschenken
Zu Vater Hagen und
zur Tochter Hilde gehen,
Dann wird vom König
uns ein treuer Schutz gewährt.
Wir sagen dann dem
Herrn, dass wir geächtet sind,
So Hagen, wild und
kühn, wird Mitleid mit uns haben,
Den Fremden
heimatlos wird Unterkunft gewährt,
So lässt uns Hagen
wohl im Lande nichts entbehren.
Und Hetel fragte so:
Wann wird es soweit sein,
Dass ihr von hinnen
zieht, ihr meine lieben Freunde? -
Nun, nach der
Winterzeit, wenns wieder Frühling wird,
Dann ausgestattet
wir erneut zum Hofe kommen.
Inzwischen soll man
das, was nötig ist, beschaffen,
Wie Segel, Ruder
auch, mit Sorgfalt ausgeführt,
Galeeren, Koggen,
die wir durch die Meerflut steuern,
Dass Meeresbrandung
stark uns keinen Schaden bringt.
Herr Hetel sagte da:
Nun reitet wieder heim,
Und sorgt euch nun
nicht mehr um Rüstungen und Pferde,
Denn die euch folgen
bald, die rüste gut ich aus,
Dass ihr mit Würde
euch den Damen zeigen könnt.
Nun Wate Abschied
nahm und ritt ins Land der Stürme,
Und Horant, Frute
auch, die ritten auch sogleich
Ins schöne
Dänemark, wo sie die Herrscher waren,
Sie wollten sich dem
Dienst für Hetel nicht entziehen.
Und Hetel nun
daheim, er führte aus die Pläne,
Die Zimmermänner
stark, die wirkten allezeit,
Die Schiffe bauten
sie, so gut sie es vermochten,
Die Fugen an dem
Kiel beschlugen sie mit Silber.
Der Mastbaum stark
und fest ward herrlich aufgerichtet,
Die Ruder man umgab
mit Gold, so rot wie Glut,
Und mit dem weißen
Gold, der Herrscher war ja reich,
So gut gerüstet
wars, wenns dann auf Reisen ginge.
Da ward das Ankertau
von weitem hergeschafft,
Aus Reicharabia, und
früher oder später
Gabs nicht so gutes
Tau, war nirgends aufzutreiben,
Die Hegelinger so
das Meer befahren sicher.
Und an den Segeln
ward die Arbeit gut getan,
Zur Eile mahnt der
Herr. Zum Segel wählte man
Die beste Seide
fein, die beste, die man fand.
Die Arbeit ruhelos
die Männer taten da.
Wer wird das glauben
mir, dass man den Anker selbst
Aus Silber
schmiedete? Des Königs ganzes Streben
Auf Liebe zielte ab.
So trieb er manchen Mann
Zu schneller Arbeit
an, der er auf Eile drängte.
Gesichert ward das
Schiff mit Balken und mit Planken,
Zum Schutz vor Sturm
und Krieg. Geschickt nach denen ward,
Die sollten auf die
Fahrt zu jener schönen Frau,
Der König lud dazu
nur jene, die er schätzte.
Aus Sturmland Wate
ritt, wo er den Hetel traf.
Die Pferde trugen
schwer an Silber und an Rüstung.
Er brachte mit
dorthin vierhunder starke Männer.
Und König Hetel
stark empfing die kühnen Gäste.
Der Däne Horant
kam, der tapfre Held, geritten.
Wohl tausend oder
mehr gewonnen hatte Hetel
An Boten, die
bereit, die wollte Hetel senden,
Das wäre nicht
geglückt, wär er nicht reich gewesen
Und Morung voller
Mut vom freien Friesland kam,
Zweihundert Kämpfer
auch. Dem König ward gesagt,
Dass sie in Helm und
Wehr und Rüstung sind gekommen.
Auch Irolt nahte
bald. Sie waren Hetels Freunde.
Von Nordland Irolt
war besonders vorbereitet,
Auch waren seine
Schar und er so ausgestattet
Sie keinen Menschen
je um etwas bitten müssten,
Wenn auch der König
selbst sie nicht versorgen wollte.
Der König grüßte
sie, so wie es sich gehörte.
Und Irolt reiche er
sehr freundlich seine Hände,
Dann ging er zu dem
Ort, wo Wate sich gesetzt.
Und als die Helden
klug dann auf die Reise sollten,
Da ließ man überall
mit Sorgfalt darauf achten,
Dass da von allem
war, was sie zur Reise brauchten.
Sie stellten selber
fest: das Schiff war gut gerüstet.
Und Hetel voller
List zu Hilde sandte Boten.
Zwei neue Schiffe
auch, die gut und fest beschaffen,
Und neue Koggen auch
sie hatten auf dem Meer,
Und noch ein Schiff
dazu, das beste, das man fand
Zu Lande und zu See,
zu jeder Zeit das beste.
Nun segelten sie
los. Die Pferde und die Rüstung,
Die waren schon an
Bord. Und Wate gab zuletzt
Dem König seinen
Rat, nur wohlgemut zu bleiben,
Bis dass sie kämen
heim, die treu ihm dienen würden.
Der König sprach
voll Weh: Nimm dich besonders an
Der Unerfahrenen, in
meinem Dienst, der Männer,
Die segeln ohne
Angst. Um deines Ruhmes willen,
Gib diesem jungen
Volk nur stets ein gutes Beispiel.
Und Wate sprach zum
Herrn: Was immer dort man tut,
Sorg du zu Haus
dafür, dass deines Herzen Mut
Dir werde nicht
geschwächt, wo es um Ehre geht.
Das Erbe hüte du,
ich will das Beispiel geben.
Der kühne Frute war
zum Hüter nun der Schätze
Von Gold und
Edelstein und andern Dingen auch.
Der König gab es
gern, was man nur von ihm wünschte,
Wollt Frute eins, so
gab der König dreißig Stücke.
Man wählte hundert
Mann, die in dem Schiff geheim
Verborgen sollten
sein, falls es zum Kampfe käme,
Wo man das Mädchen
mit viel List erringen wollte.
Der König auch
versprach Geschenke voller Wert.
Und Leute aller Art
sie nahmen dorthin mit,
So Ritter wie auch
Knecht, dreitausend Mann in Summe,
Als ob mit großer
Müh die Heimat sie verließen.
Und Hetel sagte nur:
Sei Gott mit euch vom Himmel!
Und Horant sprach
zum Herrn: Sei du nur unbesorgt,
Siehst du uns kommen
heim, dann könntest du erblicken
Die wunderschöne
Maid, die sollst du gut empfangen. -
Der König hört das
gern, obwohl noch fern die Heimkehr.
Mit einem
Abschiedskuss er schied von manchem Mann.
Im Blick auf die
Gefahr, die sie erwarten sollte,
Erfüllte Trauer
ihn, er sorgte sich um sie.
Der König konnte
sich im Herzen selbst nicht trösten.
Es war von Nutzen,
dass ein starker Nordwind blies,
Nach ihrem Wunsche
trieb er vorwärts ihre Segel.
Die Schiffe glitten
still, als sie das Land verließen.
Matrosen mit
Geschick belehrten Unerfahrne.
Zu sagen weiß ich
nicht und weiß nicht zu bestimmen,
Wie sie in kurzer
Zeit von dreißig Tagen nachts
Gefahren auf dem
Meer. Geschworen hatten sie,
Dass sie sich jeden
Mann im Schiffe nehmen an.
Und wie die Absicht
auch auf wildem Meere war,
So mussten hier sie
doch oft bittre Schmerzen leiden.
Da ruhten sie auch
aus, wann es geschehen konnte.
Wer auf dem Meere
fährt, muss oft auch leiden Not.
Und tausend Meilen
wohl hat sie das Meer getragen
Und bis zu Hagens
Burg, so hört ich die Erzählung.
Die lügen aber
dumm, sie da behaupten, er
Wär Polens
Herrscher, das sagt nicht die Tradition.
Aus Hegelingen die
sind also angekommen,
Man nahte Hagens
Burg, sie wurden wahrgenommen.
Die Leute staunten
sehr, aus welchem Königreich
Sie kamen übers
Meer in festlichen Gewändern.
Sie legten nun das
Schiff mit schwerem Anker fest
Und ließen dann
sogleich die weißen Segel nieder.
Es dauerte nicht
lang, bis man die Neuigkeit
Gehört in Hagens
Burg, dass Fremde angekommen.
Das Schiff verließen
sie und trugen auf den Strand,
Was man bedurfte da
und was man so begehrte,
Das fand man alles
da, die Fremden waren reich.
Zwar Geld besaßen
sie, doch kamen nicht zum Einkauf.
Und edlen Händlern
gleich erblickte man am Strand
Wohl sechzig oder
mehr von Männern schön gekleidet.
Der Däne Frute war
ihr Führer unter ihnen,
Er trug ein schönres
Kleid als alle andern Männer.
Der Richter nun der
Stadt Baljan im Lande Hagens,
Er ritt, weil jene
Schar der Fremden angekommen,
Mit seinem Trupp
dahin, wo jene Fremden waren,
Die Händler reich
und schlau, die doch sich gut benahmen.
Der Richter fragte
sie, von wo sie hergekommen,
Gekommen über See.
Ich sag die reine Wahrheit!
Der Führer Frute
sprach: Das Land liegt weit entfernt.
Und wir sind Händler
reich und haben reiche Herren.
Herr Wate sich erbat
Verträge von dem Richter.
Man konnte sehen
hier an dem Benehmen stolz,
Dass in der Heimat
er ein strenger Herrscher war.
Zu König Hagen nun
man jene Gäste brachte.
Er sagte: Meinen
Schutz und mein Geleite auch
Will bieten ihnen
ich. Der soll am Galgen enden,
Der diese fremden
Herrn nur irgendwie belästigt.
Sie seien unbesorgt,
im Lande sind sie sicher.
Dem König gaben sie
für etwa tausend Mark
Geschenke kostbar
schön, obwohl er nichts begehrte,
Nicht Einen Pfennig,
nur dass sie ihn sehen ließen,
Wie groß war ihr
Besitz, was Mann und Frau gefalle.
Herr Hagen dankte
sehr und sprach: Und soll ich noch
Drei Tage leben nur,
so soll euch, meinen Gästen,
Vergolten werden
das, was ihr mir habt gegeben.
Und wär ein Mangel,
nun, so müsste man mich tadeln.
Der König teilte
auf, was ihm die Schar geschenkt,
Die Ringe für den
Arm, die konnten schönen Frauen
Gefallen sehr, dazu
die schönsten Gürtelschnallen,
Und Kopfschmuck,
Fingerring, all das verteilte Hagen.
Und Frau und Tochter
auch das hatten wohl gesehen,
Geschenke voller
Wert, geschenkt von reichen Händlern
In König Hagens
Land, so etwas sah man nie.
Und Horant, Wate
auch, zum Hof die Gaben sandten.
Der Seidenkleider
viel, die besten, die es gab,
Und Stoffe auch mit
Gold, die trug man an den Strand.
Purpur und
Seidenstoff aus Bagdad war hier wertlos.
Und Leinwand
schenkten sie, die beste, die es gab.
Zu jedem
Seidenkleid, das man zum Hof gebracht,
Gabs einen
Unterrock, genug der Unterröcke.
Wohl vierzig Ballen
Stoff, es mochte mehr noch sein.
Wär Gnade käuflich,
so verdienten sie die Gnade.
Gesattelt brachte
man zwölf Pferde aus Kastilien
Und Rüstung
mancherlei und manchen schönen Helm
Ließ bringen man
zur Burg, zwölf Schilde noch dazu,
Die eingefasst in
Gold. Die Gäste gaben gerne.
Und mit den Gaben
viel ritt Horant an den Hof
Und mit ihm Irolt
auch. Dem König ward berichtet,
Als man von neuem
ihm von ihnen Nachricht brachte,
Sie seien
Landesherrn, wie am Geschenk zu sehen.
Zum Hofe kamen auch
an vierundzwanzig Männer,
Die führten sie mit
sich, die herrlich anzusehen.
Sie trugen solch ein
Kleid, als würden heute sie
Geweiht zum
Rittertum, wie Hagens Ritter meinten.
Und einer sprach zum
Herrn: Du sollst die reichen Gaben,
Die man dir bringen
wird, o König, gern empfangen,
Und doch vergiss es
nicht, den Gästen auch zu danken. -
Wie reich er selbst
auch war, er dankte sehr den Gästen.
Ich danke ihnen
gern, wie ich es schuldig bin. -
Und seine Kämmerer,
die ließ er dorthin gehen,
Sie sollten das
Geschenk in Einzelheiten anschaun.
Als sie gesehn das
Gut, wie staunten sie da sehr.
Es sprach der
Kämmerer: O Herr, ich muss dir sagen,
Es sind Gefäße
hier aus Silber und aus Gold,
Mit Edelsteinen
auch, sehr kostbar und erlesen.
Sie haben Gaben von
zehntausend Mark gegeben.
Er sprach: Es mag
die Schar mit Glück gesegnet sein.
Ich will die Gaben
nun mit meinen Kriegern teilen. -
Der König schenkte
viel, gab jedem einzelnen,
Der etwas wünschte
sich, dem gab er nach Begehren.
Der Herrscher bat
die zwei, den Irolt, Horant auch,
Zu setzen sich zu
ihm, dann hob er an zu fragen,
Woher gekommen sie
in dies sein Königreich.
Nie haben Fremde je
mich also reich beschenkt. -
Und darauf Horant
sprach: Das will ich, Herr, erklären,
Wir hoffen auf die
Huld von dir, so will ichs klagen:
Wir sind Vertriebene
aus unserm eignen Land,
Ein König voller
Macht hat sich an uns gerächt.
Da sagte Hagen wild:
Wie wird er denn genannt,
Für den ihr eure
Burg, das Land verlassen habt?
Ich sehe eure Art,
er könnte euch behalten,
Wenn er Verstand
besitzt, denn ihr scheint wirklich tüchtig. -
Er forschte, wie der
hieß, der jene Schar verbannt,
Und auch durch
welche Schuld sie sind vertrieben worden,
Dass sie nun auf der
Flucht sich fremde Reiche suchten.
Und Horant darauf
sprach: Das geb ich dir bekannt.
Sein Name Hetel ist
vom Lande Hegelingen.
Gewalt und Stärke
sind und Macht in seiner Hand.
Er ists, der uns
beraubt so mancher süßen Freuden,
Auf dass wir nun zu
Recht gestimmt sind auf die Trauer.
Der wilde Hagen
sprach: Nun ist das Glück gekommen,
Vergolten wird euch
nun all das, was er genommen,
Es sei denn, dass
mir selbst das Meine ging verloren.
Den Hegelinger Herrn
sollt ihr um nichts mehr bitten.
Und wollt ihr Helden
hier bei mir im Lande bleiben,
So will ich teilen
gern die Länder, die ich habe.
Der Hetel hat euch
nie gegeben solche Gnade,
Was er euch auch
geraubt, ich geb euch zehnmal mehr. -,
Wie gerne blieben
wir, sprach Horant drauf, der Däne,
Doch was, wenn Hetel
uns von Hegelingen hier
Entdecken würde, da
er jeden Seeweg kennt,
Wir müssten bangen
dann, er ließe uns nicht leben. -
Und Hagen sprach,
der Herr, er sagte zu den Fremden:
Gebt eure Bindung
auf zu ihm, so habt ihr Ruhe.
Der Hetel wagt es
nicht, hier euch zu eurem Schaden
Zu suchen hier euch
auf, das wär ja mir zur Schande. -
Er ließ sie in der
Stadt gleich eine Wohnung finden,
Und deren Bürger
bat der wilde König Hagen,
Dass sie erweisen
Huld den Fremden, wo sie können,
Dass jeder müde
Held von seiner Seefahrt ruhe.
Die Bürger dieser
Stadt erfüllten seine Bitte,
Bereit und willig,
und wohl vierzig oder mehr
Der schönsten
Häuser sie den fremden Gästen räumten
Für die aus
Dänemark die Bürger zogen aus.
Zum Strande brachten
sie die vielen Sachen nun,
Die waren in dem
Schiff, sie dachten oft daran,
Dass lieber sie im
Kampf und Streite kämpfen wollten,
Als zu erwarten
Glück der schönen Hilde wegen.
Der König Hagen nun
die fremden Gäste fragte,
Ob sie sein Brot und
Wein so lang genießen wollten,
Bis sie besäßen
hier bald eigne Fürstentümer.
Der Däne Frute
sprach: Da müssten wir uns schämen.
SIEGFRIED
ERSTER GESANG
1
Ja, Siegfried preis
ich, ich den Helden preise,
Der da zum Weisesten
der Männer ritt.
Es sage meine
Zukunft mir der Weise,
Das ist es, was ich
voller Demut bitt.
Als Mächtigsten der
Erde preist dich jede,
Dein Ruf in allen
Fürstentümern töne.
Von Weisheit
unterrichtet deine Rede,
Dein Körper ist ein
Wunderwerk an Schöne.
Erringen wirst du’s,
alles Leid vergelten,
Mit deiner Kraft den
wahren Sieg erringen.
Du wirst den
Lindwurm harter Worte schelten,
Du wirst den
dreisten Drachen niederzwingen.
O weiser Mann, du
sage Siegfrieds Seele,
Was ihm begegnen
wird, du sprich das Wort.
Den Drachen findest
du in seiner Höhle,
Du raubst ihm all
sein Gold aus seinem Hort.
Ich sage dir, was
meine Seele schaut,
Ich sag es mit dem
Munde überm Kinne:
Die Kluge wird es
sagen dir, die Braut,
Der du geöffnet mit
dem Schwert die Brünne.
Sie wird dich
Gnadenreichen Runen lehren,
Sie wird in allen
Menschenzungen reden,
Gibt Antwort deinem
männlichen Begehren,
Wird Epen singen aus
dem alten Schweden.
So wird es sein, ich
lerne alle Stäbe,
Ich raune alle
Runen, reite weiter.
Sag, Weiser, mir, wo
ich in Zukunft lebe,
Ob ich besteigen
darf die Himmelsleiter.
Da murmelte der
Weise in den Bart:
Reden ist Silber,
aber Gold ist Schweigen.
Und Siegfried
sprach: Was ward dir offenbart?
O Seher, sieh, du
mußt von allem zeugen!
In deinem Lose
liegen keine Laster,
Das, Herr und
Meister, sollst du nie vergessen.
Doch siehe, welken
muß des Herbstes Aster,
Im Winter siehst du
roter Rosen Blässen.
Solange aber Saat
und Ernte gehen,
Solange Frost sich
wechselt mit der Hitze,
Solange wird dein
hoher Ruhm bestehen,
Es schreiben ihn des
Allerhöchsten Blitze!
Und Siegfried
sprach: Orakel muß ich tragen,
Dein Wort im Meer
der Dunkelheiten schwimmt.
Der Weise sprach:
Ich muß dir alles sagen,
O Mensch, dir ist
dein Todestag bestimmt!
Ein Mädchen weiß
ich, schön von Angesicht,
Der Heimirs-Tochter
Name ist Brunhilde,
Sie ist so strahlend
wie des Nordens Licht,
Doch kalt wie
Gletschereis und ohne Milde.
Und Siegfried
sprach: Wie könnte es mir schaden,
Das schön von
Angesicht ist Frau Brunhilde?
Was nützen ihres
Leibes Anmutsgnaden,
Wenn kalt die Seele
ist und ohne Milde?
Erwirken wird die
Schöne vielen Kummer,
Fast rollt dir ab
vom Rad das Lebensfädchen,
Schläfst keinen
Schlaf mehr, schlummerst keinen Schlummer,
Betört bist du von
jenem schönen Mädchen!
Der Lebensbaum, den
Lebensfaden flocht er
Und ließ um mich
das Band als Fessel laufen?
Kann ich des
Volksgebieters schöne Tochter
Mit eines
Brautgeschenkes Reichtum kaufen?
Ihr werdet euch die
höchsten Eide schwören,
Doch wenn du bist
bei Gudrun erst gesessen,
Denn unfreiwillig
wird sie dich betören,
Dann hast du die
Brunhilde bald vergessen!
Wie? lüge ich wie
Zwerge in den Städtchen
Tief unterm
Gletscher, weiß ich nur zu scherzen?
Brech ich den Eid,
gegeben einem Mädchen,
Die ich zu lieben
schien von ganzem Herzen?
Die alte Grimhild
wird die Tochter geben,
Daß du sie freist
auf einer Hochzeitsfeier,
Die schöne Gudrun
ist das lichte Leben
Und keusch wie
Lilien unterm weißen Schleier.
Und hätte Siegfried
da sein Ja gesprochen
Und sich zur Braut
erwählt die schöne Maid,
So hätte seine
Liebe doch gebrochen
Der alten Liebe
ersten Treue-Eid!
Das ist für
Grimhild aber nur ein weniges
Und wenig ist es
ihr, ob du mußt sterben!
Sie wird dich
bitten, für des Gotenköniges
Verwaistes Bett
Brunhilde zu erwerben!
Unheil und Übel
droht und ich muß sterben,
Der Lebensfaden von
dem Rad mir rollt,
In Minne soll ich um
das Mädchen werben
Für einen andern?
Bin ihr selbst doch hold!
Der Gotenkönig ist
ein kluger Fuchs,
Du bist ein edler
Hirsch in seinem Röhren.
Da tauscht ihr die
Gestalt und tauscht den Wuchs,
Und Gunther wird die
Treue-Eide schwören.
Du hast nun Gunthers
Wandel und Gestalt
Und Gunther deine
Stirn und deine Milde.
Und so verlobst du
dich für Gunther bald
Mit Heimirs Tochter.
Wehe dir, Brunhilde!
Und liegen wirst du,
der du lenkst das Heer,
Bei jener Jungfrau,
in dem Bett beblümt,
Als wenn es deine
eigne Mutter wär,
Und darum wirst du
in der Welt berühmt.
Und Gudrun liebst du
dann als deine Braut,
Doch bös verbunden
dünkt sich dann Brunhilde,
Da sie dem
Gotenkönig anvertraut,
Auf böse Rache
sinnt sie ohne Milde.
Und was genügt zur
Rache jener Maid,
Da wir der Frau den
Gotenkönig bieten?
Der Edlen schwor ich
einen Treue-Eid
Und hielt ihn nicht.
Drum hat sie keinen Frieden.
Die Grimme wird dann
ihrem Gatten sagen,
Du habest schlecht
die Treue ihm gehalten.
Und Gudrun wird als
deine Witwe klagen,
Dein Ruhm wird auf
der Erde nicht veralten.
Dir bleibt ein
Trost, Gepriesener der Frauen,
Dich singen wird
dereinst ein stiller Beter.
Nie mehr wird Gottes
große Sonne schauen
Solch einen Mann wie
dich, o Drachentöter!
Und Siegfried
sprach: O Segen uns beim Scheiden,
Weissagung ward mir
hier, das ist schon Segen.
Du würdest gern
mehr Segen mir beeiden,
Wenn es an dir,
Prophet, nur hätt gelegen.
2
Der Recke Siegfried
reiste in die Heide,
Auf dass er dort den
Drachen Fafnir töte.
O Nordens Heide,
schöne Augenweide,
O Erika im Gold der
Morgenröte!
Und Siegfried grub
sich eine große Grube,
Da wo der Drache an
das Wasser kroch.
Du stiegst nun in
die Grube, Heldenbube,
Und trugst dort die
Verborgenheit als Joch.
Und Fafnir blies von
oben bittres Gift,
Und Siegfried stach
von unten mit dem Schwerte,
Ein Tropfen roten
Drachenblutes trifft
Gleich die
Empfänglichkeit der schwarzen Erde.
Und Fafnir sprach:
Bei der Walhalla Saal,
Gebildet aus dem
Golde und den Erzen,
Wie heißest du? Es
steckt dein scharfer Stahl,
Steckt deine blanke
Klinge mir im Herzen!
Doch Siegfried sagte
seinen Namen nicht,
Damit der böse
Feind ihn nicht verfluche!
So lehrte Odin ja im
Spruchgedicht,
Das stand
geschrieben in der Weisheit Buche.
Und Siegfried
sprach: Ich heiße Wundertier
Und keine liebe
Mutter nenn ich mein,
Die Götter gaben
keinen Vater mir,
So einsam pilgre ich
und ganz allein.
Und Fafnir sprach:
Wie ließest du dich reizen,
Den armes Lindwurm
tödlich zu ermorden?
Dein Schöpfer
wollte nicht mit Gaben geizen,
Du bist der
Mächtigste im ganzen Norden!
Mich reizte
Tapferkeit und Mut und Herz,
Ein Herz, das einen
Mann zum Manne macht.
Mit meiner Hand, der
Schärfe meines Schwerts,
Mit meiner Hand hab
ichs allein vollbracht.
Und Fafnir sprach,
der Böse, gar nicht hold,
Zu Siegfried, da er
röchelte im Sterben:
Der gleißend rote
Schatz, das gelbe Gold,
Des Drachen
Testament, wird dich verderben!
Doch Reichtum wollte
er und Gold genießen,
Das wollte Siegfried
bis zum Todestage,
Da seine Seufzer in
den Schatten fließen
Und um ihn seufzt
der dunklen Witwe Klage.
Du nimmst für
nichts den dunklen Spruch der Nornen,
Du hältst mein Wort
für Rede ohne Sinn?
Du wirst verstrickt
in Disteln und in Dornen
Und gibst dem Reich
der Hel die Seele hin!
Denn dies steht in
der Nornen Schicksalsbuch,
Geschrieben in
Walhallas goldner Schrift:
Das Gold des
Lindwurms wird dem Mann zum Fluch,
Das Gold des Drachen
ist dem Mann ein Gift!
Wohl bist du
furchtbar, feurig roter Wurm,
Vom harten Herzen
Gift sprüht aus der Nase.
Sag an, wie heißt
die Insel mit dem Turm,
Da einigt mit den
Nornen sich der Ase?
Die Insel, wo die
Götter Herzblut mischen,
Es ist die
Unvermeidliche-im-Meer!
Da Götter bechern
an den goldnen Tischen
Und Donars Hammer
steht und Odins Speer.
Dir, Recke, rate ich
in meinem Sterben,
Reit fort von hier,
dein Roß tu einen Satz,
Das Gold mit seinem
Glanz wird dich verderben,
Des Manns Verderben
ist der rote Schatz!
Du rietest so, ich
werde dennoch fliegen
Zum goldnen Schatz
auf purpurroter Heide.
Der Drache liegt in
seinen letzten Zügen,
Daß Hel ihn in dem
Höllenreiche weide!
Als Siegfried tötete
den Drachen, tötet
Er ihn mit seines
Freundes Regin Schwerte.
Und da das
Drachenblut die Erde rötet,
Da nahte Regin auf
der roten Erde.
Heil dir, o
Siegfried, Segen deinem Handeln,
Du kühnster Sohn
der keuschen milden Magd!
Von allen Männern,
die auf Erden wandeln,
Kein Mann ist so wie
du so unverzagt.
Wird uns erheben der
Walkyre Schwinge,
Dann zeigt sich, wer
den Göttern war zur Lust,
Ist mancher Held
doch, welcher nie die Klinge
Gestochen hat in
eines Feindes Brust.
Stolz bist du,
Siegfried, stolz auf deine Macht,
Abwischest du im
Grase allen Gram.
Du hast mir meinen
Bruder umgebracht,
Ein Teil der Schuld
auf Regin selber kam.
Und Regin mit der
Schärfe seines Schwerts
Und mit dem Herzen
voll von Heldenmut,
Er schnitt dem
Drachen auf das harte Herz
Und trank des
Lindwurms heißes rotes Blut.
O Siegfried, siehe
hier des Lindwurms Gabe,
Sein Herz, du brate
es am Feuer lang,
Damit ich rotes Herz
zu essen habe,
Nachdem ich schon
vom roten Blute trank.
Und Siegfried,
sitzend unterm Birkenbaum,
Er briet das Herz,
bis dass er Regin weckte,
Da spritzte von dem
Blute roter Schaum,
Den Siegfried sich
vom rechten Finger leckte.
Da kam das Herzblut
ihm auf seine Zunge,
Da ging der Sinn ihm
über, auf das Ohr,
Da sah er Meisen in
dem schönen Schwunge,
Und er verstand den
Sang vom Meisen-Chor.
Die Meisen sangen
ihre Sangesweise:
Es brät das Herz am
Feuer Siegfried keusch,
Der dünkt uns
wahrlich tugendhaft und weise,
Wenn er es isst, das
lichte Lebensfleisch!
Und Siegfried hörte
leis die Meisen sprechen,
Da tief er in dem
Birkenschatten sann:
Schaut, Regin möchte
seinen Bruder rächen
Und sinnt auf böses
Werk, der böse Mann!
Den eitlen Schwätzer
manches eitlen Schwatzes,
Den sende er in
Höllenfeuerrauch!
Dann nehm er sich
die Herrlichkeit des Schatzes,
Gelagert unter jenes
Lindwurms Bauch.
Er scheint uns
unklug, liegt er länger still
Und wahrt sich nicht
vor drohenden Gefahren.
Denn dort schläft
Regin, der ihm Böses will,
Und Siegfried weiß
vor ihm sich nicht zu wahren.
Und Siegfried schlug
dem Regin ab das Haupt
Und sandte jenen
Sünder hin zur Hölle.
Es lächelte der
Birkenbaum belaubt,
Es sang die Meise
mit der süßen Seele:
Ich weiß ein Weib,
ein wunderschönes Mädchen,
Ich wünscht es dir,
ach wär sie dir gegönnt!
Sei schön das
Schicksal, licht das Lebensfädchen,
Daß Siegfried
Gudrun sich erwerben könnt!
3
Und Siegfried kam zu
Gjuhi, Gudruns Vater,
Da ward ihm
reichliches Geschenk vertraut,
Er freute sich und
dankte dem Berater,
Dann führte Gudrun
man herein, die Braut.
O Gudrun, schönster
Mond in allen Nächten,
Sei Jungfraunspiegel
du der Heldensonne,
Birg Siegfried du in
deinen Lockenflechten
Und sei für ihn ein
Himmel voller Wonne!
Die Männer fuhren
dann, Brunhilde freien;
Sie gäb sich
Siegfried, wenns das Schicksal wollte.
Wer aber wagts, dem
Schicksal zu verzeihen?
Der schneeigen
Brunhild das Schicksal grollte.
Und Siegfried warb
für Gunther um Brunhilde,
Da lag er neben
seines Schwertes Schneide,
Nicht zu berühren
ihres Leibes Milde
Und nicht zu
deflorieren ihre Scheide.
Sie saßen einsam in
der Abendstunde,
Da gern die Barden
Zauberrunen kerben.
Da seufzte sie: O
meines Lebens Wunde!
Dich will ich,
Siegfried, oder ich will sterben!
Die rasche Rede hat
sie bald gereut:
Bin ich doch
Gunthers Blume unter Dornen
Und Siegfried nur an
Gudrun sich erfreut,
So walten über uns
die grimmen Nornen!
Brunhilde wandelte
durch Eis und Gletscher,
Es schmerzte sie,
daß Siegfried Gudrun herzte.
Sie ward zum wilden
Wolf, dem Zähnefletscher,
Den seine eigne
wilde Wollust schmerzte.
Der Maienminne Wonne
ist mir fremd,
Denn meinen Liebsten
muss ich doch entbehren!
Nun trag ich hartes
Hassen unterm Hemd
Und will in heißem
Zorn mich ganz verzehren!
Kann ich den süßen
Siegfried selbst nicht haben,
Führt er sein
Schäfchen nicht in meine Hürde,
So weigre ich dem
Gunther meine Gaben,
Verzichte auch auf
seine Königswürde!
Da wurde Gunther
brennend eifersüchtig,
Dass Siegfried die
Brunhilde ihm entzogen.
Und Gunther, sonst
in aller Tugend tüchtig,
Entbrannte in des
Eifers Feuerwogen.
Brunhilde ist mein
einziges Verlangen,
Die Wonne meines
Blutes, mein Ergötzen!
Soll eher mich die
heiße Hel empfangen,
Als dass die Braut
ich lass mit ihren Schätzen!
Und Gunthers Bruder
war bereit zum Morden,
Er bohrte Siegfried
durch das Herz das Schwert.
Dir, Siegfried, Weh!
Das Übel kommt aus Norden!
Doch unvergänglich
deiner Seele Wert!
Die gute Gudrun
schlief an Siegfrieds Seite,
Als sie erwachte,
hat sie weh geweint:
O littest du nicht
mehr an deinem Leide!
Die Sonne sank! O
tot ist Baldurs Freund!
Da raufte sie sich
die geflochtnen Haare
Und schlug sich an
die schöne Apfelbrust:
Mein Brautbett ward
dem Bräutigam zur Bahre!
Mein Jungfraunschoß
ihm Grabes Staub und Dust!
Gesunken ist die
süße Heldensonne,
Die Gott als Zeichen
gab Germania!
Zur Hel
hinabgestiegen meine Wonne!
Wär ich bei ihm im
Totenreiche da!
Beruhige dein
Weinen, Gudrun du,
Schau her, die
jungen Brüder alle leben,
Du wende deine Liebe
ihnen zu,
Dich voller Liebe
ihnen hinzugeben.
Ach meine kleinen
Brüder, sanft wie Schwestern,
Kommt alle her und
weint an meinem Busen!
Ihr grauen
Schwanenküken in den Nestern,
Die Schwanin hüllt
euch in des Flaumes Flusen!
Verdorbne Brüder
Gunthers, Drachensaat,
Ich hörte wie die
Midgardschlange lacht,
Versammelt ihr euch
doch zum bösen Rat
Mit Lokis Listen in
der Neumondnacht!
Des Übels Wurzel,
wehe, ist Brunhilde,
Die Eifersucht
entbrannte in dem Weib,
Des Bösen Braut, so
ohne alle Milde,
Hat mir gemordet
meines Liebsten Leib!
Da sank die Königin
in lautem Stöhnen,
Der König von
Germanien war nun tot!
Sie salbte seinen
Leib mit ihren Tränen
Und ihre Tränen
waren Perlen rot!
Sie schlug die Hände
also laut zusammen,
Dass auf dem Tische
bebten alle Becher,
Versprühten ihren
Met wie goldne Flammen:
Allvater selber
sende einen Rächer!
Allvaters Sohn, er
gebe diesem Held
Nach seinem
wundervollem lichten Lieben
Die Heimat einst auf
jenem Ida-Feld,
Das sei in
Schicksalstafeln eingeschrieben.
Brunhilde lachte,
kalt wie Gletschereis,
Sie höhnte kalten
Herzens, hart vor Hass:
Unliebe ward mir,
das ist nun der Preis,
Ich stillte meinen
Zorn! Das war ein Spaß!
Doch Gunther sprach:
Sei still, Verderberin,
Dein harter Hass
entraubt dich alles Schönen!
In Liebe zu dem
Toten gab sich hin
Die Jungfrau Gudrun,
ganz benetzt von Tränen.
So weinte Gudrun um
den Königlichen,
In dem der Glanz
Germaniens war gesunken.
Dem Weibe alle ihre
Sinne wichen
Und traurig funkelte
ihr Seelenfunken.
4
Die holde Gudrun
sprach: Als reine Maid
Erzog mich meine
Mutter für das Grab.
Der Vater gab mir
Seide und Geschmeid,
Der mich dem
liebsten Mann zur Gattin gab.
Und Siegfrieds
herrliche Charakternase
War Zeichen: Er war
Eiche über Büschen,
War weißer
Hirschbock über Fuchs und Hase,
Er war der
Königsbecher auf den Tischen.
Lauch blüht er über
grüner Gräser Sprießen,
Vor allen Helden war
er wahrlich hold.
Bis ihn die
Grimmigen erschlagen ließen
Allein um eines
bösen Weibes Gold.
Im Süden sah ich
Siegfried immer so:
Die Krähen krächzen
und die schwarzen Raben,
Der Adler jubelt,
seiner Sonne froh,
Der Wolf heult um
den Helden voller Gaben.
Wie sagtet alle ihr
mir Schmach gemeinsam
Und grüßtet mich
mit Gruß von Grimm und Graus!
Von Männern ging
ich fort, allein und einsam,
Zu sammeln bei der
Wölfe Leichenschmaus.
Die Mitternacht war
tief, der Mond war dunkel,
Ich saß bei
Siegfried, mein Gewand zerrissen.
Viel sanfter schaute
Wolfes Blickgefunkel,
Ließ er mich bald
mein Witwenleben missen!
Da zog ich durch des
Waldes dunkles Tor, ah,
Ich war ein
schwaches Weib, doch frei und stark.
Und sieben Jahre
lebte ich bei Thora,
Der Busenfreundin
mein in Dänemark.
Da hörte Grimhild,
meine Mutter, Kunde,
Wie ich so tief
betraure den Gemahl,
Mein Herz allein war
eine Herzenswunde,
Ich weinend saß in
meiner Freundin Saal.
Sie legte aus der
Hand die Runenzeilen
Und rief die sieben
Söhne in den Saal.
Wer ist bereit, die
Schwester lieb heilen,
Zu rächen den
erschlagenen Gemahl?
Da reiste Gunther,
soll ich es erwähnen,
Und mit ihm
Jarrisleif und Jarriskar
Und Eimod auch und
mit ihm von den Dänen
Der Recke Waldar,
der ein Eichbaum war.
Ein jeder reichte
Gold und Silberkettchen,
Es sollte Schmuck
den Schwanenhals mir schmeicheln,
Ein jeder wollte
locken mich ins Bettchen,
Um Siegfrieds Frau
die Apfelbrust zu streicheln.
Sie schenkten Met
mir ein und Apfelmost,
Ob ich mich freuen
könnte, eine Braut,
Ob ich mich öffnen
werde ihrem Trost,
Doch hab ich mich
den Tröstern nicht vertraut.
Weh mir! da brachte
Grimhild mir den Becher,
Den Becher mit dem
kalten Trank, dem herben.
Wie schmeckte mir
die Bitterkeit doch lecker,
Ein Wohlsein trank
ich auf das erste Sterben!
Der Becher war
gefüllt mit reinem Tau,
Entsprungen aus dem
Brunnen dreier Nornen.
Ich leerte ihn, ich
bitterliche Frau,
Der Kelch umwunden
war mit Rosendornen.
Der Becher war
geziert mit Runenstäben,
Wie war die Weisheit
mir doch unergründlich,
Wie Leid mir lebte
in dem Frauenleben
Und Tod mich freite
jährlich, täglich, stündlich!
O welche Bosheit in
dem bittren Bier,
Das Unkraut wucherte
beim goldnen Weizen,
Die Eingeweide
reichte dar das Tier,
Und Hexen zauberten,
mich aufzureizen.
Die Leber eines
Schweines war gesotten,
Ich sollte durch das
Licht der Zukunft schauen.
Und Speichel gabs,
die Seele zu verspotten,
Und rote Milch vom
Monatsblut der Frauen.
Und so bedacht vom
Kelch der Bitterkeit,
Den mir die Gotin
reichte dar zum Mahl,
Vergaß ich gar in
allem meinem Leid,
Was einst mein König
sprach im Hochzeitssaal.
5
Drei Könige sind
vor mir hingesunken,
Sie wollten alle
meinen Schoß verehren.
Dann kam die Mutter
mit den Augenfunken,
Sie sprach mit einem
Rauschen wie von Meeren:
Ich gebe dir, o
Gudrun, reines Gold,
Empfange deines
Vaters reiches Erbe.
Dass diese Spange um
den Arm dir rollt,
Dich kränzt der
grüne Hopfenkranz, der herbe.
Dein Erbe seien
Töchter dir der Hunnen,
Ein goldner Gürtel
ringsum dich ergötze.
Lass schöpfen einen
Mann aus deinem Brunnen,
Dem Manne Atli auf
den Schoß dich setze.
Da weigerten sich
alle sieben Seelen
In mir und ich
verneinte meine Mutter:
Ich werde nimmer,
nimmer mich vermählen,
Besonders niemals
mit Brunhildens Bruder!
Dass ich dem König
treu, soll keinen wundern,
Und wäre er im
Jenseits auf den Meeren.
Für keinen Mann
mehr will ich mich ermuntern,
Will Atli seine
Hoffnung nicht gewähren.
Ich leide ja an
unstillbarer Schmerzwut,
Kann mich des Königs
Körper nicht erlaben!
Ja, trinken immer
wieder denn sein Herzblut
Die Krähen und die
schrecklich schwarzen Raben?
Da zwang die Mutter
mir den Gatten auf,
Stahl mir die Ehre
meiner Witwentreue.
Gewähre Odin in der
Sterne Lauf,
Dass ich an einem
Fluche mich erfreue!
Ich will mit
zauberstarkem Runenraunen
Dem alten Atli
seinen Traum besprechen,
Liegt er im Samen
unter Entendaunen,
Will ich an seiner
Güte Geiz mich rächen!
Drei Weiber wecken
ihn zur Mitternacht,
Drei dunkle Nornen
mit gespaltner Zunge.
Die eine lästert,
eine höhnt und lacht
Und eine spottet aus
geschwärzter Lunge.
Da hört er Orgelton
mit seinen Ohren,
Ein Donnerwetter aus
dem Göttersaal.
Da sieht er Gudrun
seine Brust durchbohren
Mit ihres harten
Hasses scharfem Stahl.
Er sehe flammend
blitzen einen Dolch,
Das Feuer sei ihm
einer Hausfrau Zorn.
In seinem Eingeweide
wühlt der Molch,
Der nährt sich am
mit Gift gefüllten Born.
Und alle hohen
Bäume, die er pflanzte,
Ihm werde
ausgerissen alles Holz.
Das rote Herz der
Buche um ihn tanzte,
Dass es erniedrige
des Mannes Stolz.
Von seiner Hand soll
ihm ein Habicht steigen
Und stürzen steil
in seinen Untergang.
Dem soll sich Maus
und Hase nimmer zeigen,
Er hungre, bis er
ganz sich selbst verschlang.
Dann soll er dieses
hohen Habichts Herz
Ganz füllen mit den
Blumenhonigpollen
Und es verschlingen,
rot wie Minneschmerz,
Das da von
schwermutschwarzem Blut geschwollen.
Er schlafe ruhelos
in schweren Leiden,
Kein blauer Balsam
soll vom Mond ihm schimmern.
Ein Wolf entsteige
seinen Eingeweiden
Und eine Wölfin hör
er heulend wimmern.
Und Wolf und Wölfin
sollen ihm verfaulen
Und stinken soll des
Fleisches Aas abscheulich,
Da soll es munden
ihm, da soll es maulen,
Und Ekel wird es ihm
und Grausen gräulich.
Ihm sollen Räuber
von der Decke baumeln
Und die Erhängten
vor den schwarzen Fenstern.
Er soll in Furcht
und Angst und Schrecken taumeln
Und untergehen mit
den Nachtgespenstern.
So ritze Runen ich
in rote Buchen,
Gelesen aus der
Weisheit Schicksalsbuch.
Dem Bösen sollen
alle guten Götter fluchen,
So fürchterlich ist
einer Jungfrau Fluch!
6
Die Dienerin des
alten Atli sprach,
Sie habe seine Frau
gesehn, den Stern,
Sie sah sie kosend
in dem Schlafgemach
Mit Dietrich ruhn,
dem Herrlichen von Bern.
Der alte Atli, von
der Magd betört,
In seiner Seele nach
der Ruhe sucht,
Doch blieb die Seele
wild und aufgestört,
Sich selbst
verzehrend in der Eifersucht.
Und Gudrun sprach,
die Jungfrau voller Milde,
Versöhnt in ihrer
Seele, sanft so sehr:
Was leidest du, o
Bruder der Brunhilde,
Was macht das Herz
dir schwer? Du lachst nicht mehr!
Und Atli sprach: Du
mögest mich nicht strafen,
Die Magd hat mir das
Schrecklichste enthüllt.
Sie sah dich bei dem
Berner Dietrich schlafen,
Ihr wart ganz bloß
und nackend in das Bett gehüllt.
Und Gudrun sprach,
die wunderholde Maid,
Vornehm hat sie
gesprochen, fraulich fein:
Ich leiste dir den
göttlich-wahren Eid,
Gesprochen überm
weißen Opferstein!
Ich schwöre dir bei
aller Götter Thron,
Dass ich mit
Dietrich nichts zu schaffen hatte,
Er pflückte nimmer
meiner Blüte Lohn,
Sie sei alleine dir
zuteil, mein Gatte.
Schlang ich die Arme
auch um seinen Hals
Und ordnete des
Halses Silberkette,
Ich schwöre bei der
Königin des Alls,
Ich lag ihm niemals
bei in einem Bette.
Und küsste er mir
etwa meine Hand
Mit seinen
wortbegabten Manneslippen,
Daran auch Frigg
nichts Ungetreues fand,
Er küsste nur, wie
an dem Kelch zu nippen.
Selbst wenn ich
meine Wange gnädig bot
Und wenn er meine
warme Wange weich fand,
Vor Scham und
Schande ward ich nimmer rot,
Und unsres Hauses
Gast mich gnadenreich fand.
Und weiß ich auch,
wo seine Blicke ruhten,
Wie Taubenaugen in
den Felsenritzen,
So bot ich mehr
nicht seinen Augengluten
Als unterm feinen
Hemd der Brüste Spitzen.
Und wenn ich auch im
Wohlgeruch der Düfte
Des Maien band mit
meinen schlanken Händen
Den
Keuschheitsgürtel lose von der Hüfte,
Erlaubt ich nie ihm,
anzusehn die Lenden.
Und was des Weibes
innerlichste Pforte
Betrifft, so hat er
niemals sie durchschritten.
Wir teilten Pflaumen
nur mit süßem Worte,
Der Saft ist ihm aus
seiner Hand geglitten.
Und glaubst du
meiner Jungfraunehre nicht,
Beschwöre ich dich
bei den Weltenachsen,
Berufe ein zum
göttlichen Gericht
Ein Dutzend
Richterschöffen von den Sachsen.
7
Und in die Halle
traten ein die Helden,
Da Atli saß in
seines Thrones Sessel.
Die Götter sollen
ihre Unschuld melden,
Und auf das Feuer
stellte man den Kessel.
Zum Lodern brachte
man die glimme Glut,
Die rot wie Rosen
und so weiß wie Mehl,
Als stammte diese
Feuerflammenflut
Vom Feuerpfuhle aus
dem Hort der Hel.
Man füllte Wasser
in den Kessel ein
Und brachte es zum
Sieden und zum Kochen.
Auf Gudruns Wange
lag ein Feuerschein,
Lag Glut auf schön
gewölbten Wangenknochen.
Die Barden schlugen
Schilde wild im Takte
Und murmelten ein
magisches Geraun.
Da warf man in das
Wasser drei Smaragde,
Grün wie die Augen
dieser Frau der Fraun.
So grün die Augen
wie kristallne Flut,
Wenn darauf ruht das
goldene Geschwele
Des Nordlichts mit
der sanften reinen Glut;
So sanft und rein
war ihre schöne Seele.
Die schlanke weiße
Hand am Schwanenarm
Lag auf dem Herzen,
welches glühend pochte,
Sie sollte strecken
sich, zu großem Harm,
Zu großem Glück,
ins Wasser, welches kochte.
O Liebe Frouwa von
den fernen Wanen!
Du sanfteste
Begleiterin der Braut,
Beschütz mich vor
des Mannes bösem Ahnen,
Dir hab ich meine
Unschuld anvertraut.
O Liebe Frouwa du
von Folkwangs Felsen!
Du Königin der
himmlischen Walkyren,
Der Unschuldsmädchen
mit den Schwanenhälsen,
Du mögest mich mit
den Smaragden zieren.
O Liebe Frouwa von
Walhallas Garten!
Ich hörte Lobgesang
von dir so gern,
Du weißt, nichts
andres wollt ich je erwarten
Von meinem Diener
Dietrich je von Bern.
Da streckte sie die
schlanke weiße Hand
Ins heiße Wasser
hin, die weiße schlanke.
Den alten Atli
voller Unverstand
Durchzuckte da ein
frevelnder Gedanke.
Die Jungfrau hob
darauf die drei Smaragde,
Sie hob sie
triumphierend in die Höhe,
Es hielt sie ihre
weiße Hand, die nackte,
Dass alle Menschheit
ihre Unschuld sehe.
ZWEITER GESANG
1
O Kriemhild, scheues
Mädchen, / sie sah im Traum ein Bild,
Sie hatte einen
Falken, / vor allen Falken wild,
Zwei Adler ihn
zerfleischten / mit scharfen Eisenklaun,
Wie weh ihr wurde,
als sie / das musst mit eignen Augen schaun!
Zu Ute, ihrer
Mutter, / floh nun das Mädchen fein,
Den Traum sie wollte
deuten - / O möcht es anders sein! –
Der Falke, den du
zähmtest, / das ist ein Edelmann,
Ihn segne Gott im
Himmel! / Denn es ist bald um ihn getan.
Was sprichst du mir
von Männern, / du strenge Mutter mein,
Vor aller Ritter
Liebe / will ich behütet sein,
In unberührter
Schönheit / ich sinke in den Tod,
Der Männer
Frauenliebe, / sie soll mir schaffen keine Not!
Gelob es nicht zu
eilig, / die Mutter mahnt dich so,
Willst du in diesem
Leben / von Herzen werden froh,
Vom Manne lass dich
lieben, / wie schön ist doch sein Leib,
Du wirst, wenn Gott
es möchte, / noch eines Helden Eheweib.
O nein, ich wills
nicht hören, / du liebe Mutter mein,
Ich hab es oft
vernommen, / es muß die Wahrheit sein,
Dass Liebe noch mit
Leiden / zuletzt wird nur belohnt,
Ich meide Lust und
Liebe, / ob Schmerz und Gram mich dann verschont!
2
Es war in
Niederlande, / da wuchs ein Königskind,
Der Vater, der hieß
Siegmund, / die Mutter hieß Sieglind.
Es thronte dieser
König, / der weit und breit bekannt,
In einer Stadt am
Rheine, / und Xanten war der Ort genannt.
So einen starken
Helden / gebar noch nie ein Weib,
Er hatte keinen
Makel / an Seele oder Leib.
Der Ritter war sehr
mutig, / war kraftvoll und gewandt,
Sein Name ward mit
Ehre / in dieser weiten Welt genannt.
Der Ritter, der hieß
Siegfried, / von dem singt mein Gesang,
Die Kühnheit zu
erproben / ritt er den Rhein entlang,
Erwarb sich reiche
Länder / mit heldenstarker Hand,
Bis er bei den
Burgundern / die allerstärksten Ritter fand.
3
Am schönen Tag von
Pfingsten, / zu Worms, der Stadt am Rhein,
Da war ein lauter
Jubel, / war ein Frohlocken fein,
Der Sachsen Heer
geschlagen, / die Feinde flohn in Hast,
Zwei Könige
gefangen, / der Lüdeger, der Lüdegast.
Es war in aller
Munde / der Sieger in dem Streit,
Dass Siegfried trug
im Herzen / die Kriemhild, diese Maid,
Die Tochter war von
Ute, / heut durfte er sie schaun
Im goldnen Schmuck
der Krone, / die Allerschönste aller Fraun!
Wie viel des frohen
Volkes / auf allen Wegen lief,
Als nun zur
Morgen-Messe / die Kirchenglocke rief!
Da gab es viel zu
sehen, / genug für alt und jung,
Viel Schmuck und
schöne Kleider / und manchen stolzen Waffenprunk!
So wie die
Morgenröte / aus dichter Wolken Flor,
So trat aus ihrem
Zimmer / die schöne Frau hervor,
An ihren stolzen
Schritten / erfreute sich das Herz
Des Helden, der so
lange / um sie erlitten Liebesschmerz!
So wie das Licht der
Luna / vor allen Sternen strahlt,
Die jüngst noch an
dem Himmel / mit ihrem Glanz geprahlt,
So überstrahlte
Kriemhild / auch noch die schönste Maid,
In Siegfried aber
kämpften / da miteinander Lust und Leid.
Er dachte in dem
Geiste: / In Liebe dir zu nahn,
Wie kann ich das
beginnen? / Die Liebe ist ein Wahn!
Doch müsste ich
dich meiden - / ich wäre lieber tot!
Da war auf seinen
Wangen / die Glut von Liebe voller Rot.
So stand der Sohn
der Sieglind, / als hätt des Meisters Hand
Mit meisterlichen
Farben / auf Leinwand ihn gebannt.
Da nahte sich ihm
Kriemhild / mit Frauen im Geleit:
Sei mir willkommen,
Lieber, / so sprach die wundersüße Maid.
Dich lohne Gott im
Himmel! / So hob sie wieder an:
Weil du an meinem
Bruder / viel Gutes hast getan,
Den Feind, der uns
bekriegte, / zwang deine fromme Hand,
Drum sind wir dir
gewogen, / die Fürsten aus Burgunderland.
Mit königlicher
Demut / er ihr die Antwort gab:
Ich will dir mehr
noch dienen, / dir dienen bis ans Grab,
Es soll mein Haupt
nicht ruhen, / bis ich erworben mir
Von dir die Gnade,
Kriemhild, / du aller Mädchen schönste Zier.
In milden
Frühlingstagen, / im Maiensonnenschein,
Da konnte keiner
froher / und keiner heitrer sein.
Die keinen Mann je
grüßte, / die reichte ihm zum Gruß
Das lilienweiße
Händchen, / dass er ihr gebe einen Kuss.
4
Einst eine
Königstochter, / ihr Thron auf hoher See,
Ihr Leib von weißer
Schönheit, / so weiß wie Winterschnee,
Ihr Herz so hart und
frostig, / so männlich ihre Kraft,
Mit kampferprobten
Rittern / schoss um die Wette sie den Schaft.
Die Steine warf sie
weithin, / sie selbst auch weithin sprang.
War einer ihrer
Ritter / nach ihrer Liebe bang,
Im Dreikampf musst
er siegen. / Verlor er nur Ein Spiel,
Des schlimmsten
Henkers Händen / sein hochgemutes Haupt verfiel!
Da war der Herr vom
Rheine, / wollt fahren auf die See,
Er wollt um Brunhild
werben, / es gehe, wie es geh.
Ich trage solch
Verlangen / nach ihrem weißen Leib,
Mein Leben will ich
lassen, / wenn sie nicht wird mein Eheweib!
Willst du in den
Gefahren / mir ein Genosse sein,
So will ich dir zu
Diensten / dir meine Kraft auch weihn.
Und wird sie mir zu
eigen, / dies wunderschöne Weib,
Wirst du das kühnste
wagen, / ich setze Leben ein und Leib.
Zur Antwort gab ihm
Siegfried, / des Siegmund stolzer Sohn:
Ich kenn für solch
ein Wagnis / nur Einen süßen Lohn,
Zum Lohne will ich
Kriemhild, / die Fürstentochter mild,
Gib du mir deine
Schwester / und all dein Sehnen wird gestillt!
So soll es sein,
sprach Günther, / ich geb dir meine Hand,
Kommt je die schöne
Brunhild / in mein geliebtes Land,
So soll sich meine
Schwester / als Braut dir bräutlich nahn,
Und aller Mädchen
Krone, / in Liebe sollst du sie umfahn!
Mit einem Eid
bekräftigt / ward, was sie sprachen da,
Die Stunde heißen
Kampfes / war ihnen jetzt schon nah,
Denn bis sie
Brunhild brachten / ins Vaterland am Rhein,
Die beiden stolzen
Ritter, / sie mussten treu verbunden sein.
5
Der männlichstarke
Siegfried, / der Held aus Niederland,
Der stieß von dem
Gestade / das Schiff mit eigner Hand,
Und König Günther
selber / sich unterm Ruder bog.
O wie das schnelle
Schiff doch / den Vater Rhein hinunter flog!
Und schon am
zwölften Morgen, / so sagt der Muse Mund,
Erhob sich aus den
Fluten / der schönen Insel Rund,
Die Isenstein
genannt ward, / der Brunhild Insel-Land,
Von Siegfrieds
scharfen Augen / sie wurde alsogleich erkannt.
Dort sechsundachtzig
Türme / hoch glänzten überm Meer,
Da waren drei
Paläste / und war ein Saal so hehr,
Von weißem Marmor
leuchtend / und Teppich, grün wie Gras,
Auf ihres Thrones
Sessel / im Kreis von Männern Brunhild saß.
Da waren schöne
Gäste / im goldnen Königssaal,
Aus Brunhilds Augen
blitzte / es licht wie Blitzes Strahl:
Willkommen, lieber
Siegfried! / Was lenktest du dein Schiff
Zu Isenstein, der
Insel, / durch Wogenschwall und Felsenriff?
Mein König, der
heißt Günther, / ist stolz und stark und kühn,
Um deine Liebe will
er / im Kampfe sich bemühn,
Nur seines Wunsches
wegen / hab ich die Fahrt gewagt,
Er ist mein Herr,
sonst hätten / mir andre Reisen mehr behagt.
Ist Günther
Siegfrieds König / und Siegfried Günthers Knecht,
Soll er das Spiel
versuchen, / es bleibt das alte Recht,
Erweist er sich als
Sieger, / bin ich sein Eheweib,
Geschieht es, dass
ich siege, / verliert das Leben ihr, den Leib.
Der starke Siegfried
murmelnd / zu König Günther trat,
Zu seiner Werbung
gab er / dem Freunde einen Rat:
Verkünde dein
Verlangen / der stolzen Königin,
Ich weiß dich wohl
zu schützen / vor ihrem bitterbösen Sinn!
Da sprach der Herr
vom Rheine: / O Königin so hehr,
Sag mir, was du
gebietest, / und wäre es auch mehr,
Ich trag solch ein
Verlangen / nach deinem weißen Leib,
Mein Leben will ich
lassen, / wenn du nicht wirst mein Eheweib!
Als Brunhild, diese
stolze, / dies starke Wort vernahm,
Die stärkste
Kampfbegierde / die Fürstin überkam,
Zum Kampf ließ sie
bereiten / in heißem Übermut
Die Rüstung und die
Schilde, / die glänzten wie des Goldes Glut.
Indessen schlich
sich Siegfried / an seines Schiffes Bord,
Er nahm der Tarnung
Kappe, / die lag verborgen dort
Vorm Späherblick
der Feinde, / er jene Kappe fand,
Die setzt er auf das
Haupt sich / und ward von keinem mehr erkannt.
6
Am weißen Arme oben
/ sie streifte das Gewand
Und hob den Speer
zur Schulter / und nahm den Schild zur Hand,
Denn Kampf begehrte
Brunhild, / die männlichstarke Maid,
Sie maß mit Spott
im Blicke / den Ritter in dem Eisenkleid.
Fern von den lieben
Freunden, / allein auf weitem Plan,
Dem Wunder zu
begegnen - / wohl ficht ihn Sorge an –
Wo ist geblieben
Siegfried, / im Kampfe sein Gesell,
Da schlugs ihm auf
die Schulter / und lachte etwas hoch und hell.
Wer hat mich
angetastet? / Ich kann doch niemand sehn!
So dacht er, doch er
konnte / ein leises Wort verstehn:
Ich bin es selber,
Siegfried, / der Weggefährte dein,
Vor Brunhilds
Satanskünsten / sollst du ganz ohne Sorge sein!
Lass deinen Schild
nur fallen, / gib mir ihn in die Hand,
Und achte auf den
Zauber, / den mach ich dir bekannt,
Tu du, als tätst du
kämpfen, / ich will den Kampf bestehn,
Was Brunhild Böses
trachtet, / uns beiden soll es nicht geschehn!
Da schoss auch schon
die böse, / von Zorn erfüllte Maid,
Sie traf den Schild,
den neuen, / so lang er war und breit,
Den hielt in seiner
Linken / der Mutter Sieglind Kind,
Das Feuer stob und
sprühte, / als blase drein ein Wirbelwind.
Dem kühnen Ritter
Siegfried / brach aus dem Munde Blut,
Doch nahm er sich
zusammen / mit wilden Kriegers Mut,
Den Speer, den sie
geschleudert / auf seines Schildes Rand,
Hat er
zurückgeschleudert / mit kampferprobter Kriegerhand.
Nun Glut stob aus
dem Ringe, / als blies hinein der Wind,
Schoss mit der Kraft
des Zornes / der Mutter Sieglind Kind,
Brach in die Kniee
Brunhild, / sie konnt nicht widerstehn,
Noch war in diesem
Leben / ein solches Leid ihr nicht geschehn.
Die stolze schöne
Brunhild / vom Boden rasch aufsprang:
Ich sage, König
Günther, / für diesen Speerwurf Dank!
Noch dachte sie, das
hätte / des Königs Hand getan,
Doch fällte diese
Starke / ein andrer doch, ein stärkrer Mann.
Sie lief nun übern
Rasen, / vor Zorn bebt ihr der Leib,
Den Stein in höchste
Höhe / hob nun das starke Weib,
Sie stieß mit
Manneskräften / ihn weit von ihrem Stand
Und sprang ihm nach
im Sprunge, / da klirrte ihr das Kriegsgewand.
Der Stein fiel auf
die Erde, / er fiel zwölf Meter weit,
Und dennoch weiter
sprang sie, / die schnelle schöne Maid.
Dies noch zu
übertreffen / es galt jetzt alle Kraft,
Es ging um Leib und
Leben / und um des Wettkampfs Meisterschaft.
Der junge Ritter
Siegfried / war kraftvoll und war schlank,
Den Stein stieß er
noch weiter / und weiter er noch sprang,
Auch lieh der
Tarnung Kappe / dem Helden Kraft genug,
Dass er noch König
Günther / auf seinem Sprunge mit sich trug.
Der Sprung, der war
gelungen, / gewonnen war das Spiel,
Nun sah man König
Günther / stehn einsam an dem Ziel.
Da brannten
Brunhilds Wangen / vor Scham und Schande rot,
Als sie dem
Überwinder / der Überwundnen Gruß entbot.
7
Vor einer
Vesper-Messe / erhob sich Hall und Schall
Von Rittern und von
Rossen, / von Schild- und Lanzenprall,
Denn Günthers
großer Burghof / barg dort der Gäste viel,
Die Fürsten und die
Ritter, / der Adel übte Reiterspiel.
Zwei Königinnen
saßen / auf thronendem Gestühl
Und folgten mit den
Blicken / zwei Rittern im Gewühl.
Und laut aufjauchzte
Kriemhild: / Ich habe einen Mann,
Die Reiche alle
wären / mit Fug und Recht ihm untertan!
Doch über Brunhilds
Wangen / ein Schatten huschte leicht:
Ja, gibt es nur euch
beide, / vielleicht, dass ihr’s erreicht,
Dass alle diese
Länder / euch würden untertan,
Solange Günther
aber / auf Erden lebt, sagt ab dem Wahn!
Und wieder jauchzte
Kriemhild: / So schau doch, wie er geht!
Wie er so stolz und
männlich / vor seinem Volke steht!
So strahlt des
Mondes Scheibe / vor Sternen auserwählt,
Die ganze Welt der
Wonne / ward mir als Gatte anvermählt!
Ich weiß, aus aller
Munde, / sprach da die Königin,
Hört man den Helden
preisen / und seinen edlen Sinn,
Doch strahlt auch
Siegfrieds Name / in noch so hellem Glanz,
Doch Günther raubt
dem Ritter / des Ruhmes und der Ehre Kranz!
Da sagte sanfter
Kriemhild: / So herrlich ist mein Mann,
Dass nie ihn eine
Lippe / genügend preisen kann,
An Ehre und an
Tugend / ist er so überreich,
Du musst es
zugestehen, / er ist wohl König Günther gleich.
Nun musst du, liebe
Kriemhild, / mich ja nicht falsch verstehn,
Es ist von mir das
Loben / nicht ohne Grund geschehn,
Sie haben’s
eingestanden / in meinem Vaterland,
Als nämlich König
Günther / mit Manneskraft mich überwand,
Und als er meine
Liebe / im Sturme sich gewann,
Da sprach der edle
Siegfried: / Ich bin des Königs Mann.
Drum hab ich ihn zu
eigen, / er selbst hat es gesagt.
Nein, sprach die
schöne Kriemhild, / das hätte wenig mir behagt.
Und schlecht
geworben hätten / für mich die Brüder mein,
Wenn ich sollt eines
Knechtes / vertraute Gattin sein.
Ich bitte dich, o
Brunhild, / ich rat in Liebe dir:
Lass solches
ungesprochen / und sei es nur aus Huld zu mir.
Nein, nein, ich
wills nicht lassen, / so sprach des Königs Weib,
Wie sollte ich
entsagen / dem, der mit seinem Leib
Und seinem ganzen
Leben / zum Dienst mir untertan?
Bei diesen Worten
zornig / hob Kriemhild neu zu loben an:
Du musst ihm wohl
entsagen! / Vernimm es jetzt von mir:
Nie leistet doch
mein Siegfried / Vasallendienste dir,
Er überragt an
Ehren / selbst noch den Bruder mein,
Ich werde doch vor
Schande, / vor Schmach doch stets behütet sein.
Du reckst dich in
die Höhe! / Wie zornig klang das Wort!
Das möge man
beweisen, / gleich jetzt, an diesem Ort,
Ob man des Landes
Herrin / nicht mehr der Ehre zollt
Als einer
Königsschwester, / der Magd der Königin so hold!
Nein, bei der
Allmacht Gottes, / ich bin ganz tadelfrei,
Und heut vor allem
Volke / es dir bewiesen sei,
Es sollen alle
Ritter / und Könige es sehn,
Daß vor des Landes
Herrin / ich wags, zum Dom hinein zu gehn.
Nun kleidet, meine
Mädchen, / euch in das Prachtgewand,
Im Nibelungenschatze
/ mein Gatte Goldnes fand
Und schöne
Edelsteine, / die zieren euren Leib,
Es wahrlich soll
bereuen / die Schmähungen des Königs Weib!
8
Nun vor der
Kirchenpforte / mit herrlichem Geleit
Stand Brunhild, bis
auch Kriemhild / zum Kirchgang war bereit.
Doch ihr gebot die
Herrin: / Bleib vor der Türe stehn,
Es soll die Magd der
Herrin / nicht vor des Landes Herrin gehn!
Da sprang von
Kriemhilds Lippen / das schicksalsschwere Wort:
Ach, hättest du
geschwiegen / mir heut und immerfort,
Wohl hast du ihn
geschändet, / den schönen weißen Leib,
Wie kann die
Konkubine / nur sein des Königs Eheweib!
Du nennst mich
Konkubine, / du wortereiches Weib?
Ja, dich und keine
andre, / denn deinen weißen Leib,
Den liebte vorher
Siegfried! / Wohl war dir, Stolze, bang,
Als dich der rasche
Ritter / in starkem Liebeskrieg bezwang!
Wie weh da wurde
Brunhild, / das weiß nur Gott allein,
Und Kriemhild mit
den Mädchen / trat in die Kirche ein,
Da hoben Hass und
Zanken / und heiße Feindschaft an,
Darum von schönen
Frauen / beweint ward manch ein starker Mann.
Die Messe war
gesungen - / und Brunhild, dumpf ihr Sinn,
Sie dachte alter
Zeiten, / die stolze Königin,
Da trat sie aus der
Kirche, / im Herzen Gram und Pein:
Du nennst mich
Konkubine? / Das muss erst noch bewiesen sein!
Und wieder schmähte
Kriemhild: / Was lässt du mich nicht gehn?
Du kannst doch
diesen Goldring / an meinem Finger sehn,
Den schenkte mir
mein Siegfried, / einst trug ihn deine Hand,
Des Königs Mann, so
weiß ich, / ihn dir im Liebeskrieg entwand.
Der Ring von reinem
Golde, / der ward mir einst entwand,
Es blieb, der ihn
gestohlen, / bis heut mir unbekannt,
Nun hat er sich
verraten, / der ungetreue Dieb!
Der heiße Hass die
Frauen / zu immer wildern Worten trieb.
Nun nennst du meinen
Gatten / noch einen schlimmen Dieb!
Da schwiegst du
besser, Brunhild, / wär dir die Ehre lieb!
Der Gürtel solls
beweisen, / der hier um meinen Leib,
Dass ich die
Wahrheit sage: / Du warst doch vorher Siegfrieds Weib!
In Tränen brach
zusammen / die herrlich hohe Frau,
Denn es glich
Kriemhilds Gürtel / dem eignen ganz genau,
Er war von feinster
Seide, / mit manchem Edelstein.
Unseliges Geheimnis
/ konnt länger nicht verborgen sein.
9
Es war im Odenwalde,
/ sie ritten auf die Pirsch,
Sie jagten Bär und
Wildschwein / und auch den schnellen Hirsch,
Und Günther war und
Hagen / die Herren dieser Jagd,
Die Hörner bliesen
lustig - / auf Böses waren sie bedacht.
Und Hagen Tronje
sagte: / Wenn es euch so behagt,
Die Treiber und die
Hunde / wir teilen vor der Jagd,
So werden wir
erkennen, / ich und der König mein,
Wer auf der Jagd im
Walde / im Jagen Meister möchte sein.
Ach Hagen Tronje,
immer / weißt du den besten Rat,
Lasst mir nur einen
Rüden, / der so gefressen hat,
Dass er die Spuren
wittert / des Wilds im grünen Tann,
So wird mir reiche
Beute, / so sagte Fraue Kriemhilds Mann.
Da zog mit seinem
Spürhund / ein grauer Jäger vor,
Bis sich in Waldes
Dickicht / des Wildes Spur verlor,
Was da vom sichern
Lager / gescheucht von Jägern ward,
Erlegten die
Genossen / nach regelrechter Jägerart.
Und Günther war im
Walde / mit manchem kühnen Mann,
Und vierundzwanzig
Hunde, / die brachen durch den Tann
Mit wütendem
Gebelle, / die Jäger stürmten nach,
Der Hörner heller
Jagdruf / im Walde rief Frau Echo wach.
Das war für manches
Wildtier / des Lebens letzter Tag,
Oh was des schönen
Wildes / da auf der Strecke lag,
Was man zur Küche
schleifte, / der Braten mancherlei,
Wohl dachte jeder
Jäger, / dass er des Jagens Meister sei.
Nun ward das Horn
geblasen - / in Einem langen Hall –
Von allen Enden
ritten / die Jäger in das Tal,
Es lud das Horn die
Ritter / zu fettem Imbiss ein,
Sie sollten König
Günther / als Gäste hochwillkommen sein.
So lasst den Wald
uns leeren, / rief Fraue Kriemhilds Mann,
In lustigem
Geplauder / sie ritten durch den Tann,
Da scheuchten sie
ein Tier auf / von zornig wildem Mut,
Sie jagten einen
Bären, / wie lachte da der Ritter gut.
So schaut doch,
meine Jäger, / darf ich den Augen traun,
Dort zu des Königs
Tische / treibt ruhig Meister Braun!
Ich räum auf meinem
Rosse / ein Plätzchen ein dem Tropf,
Es halten in der
Küche / die Mägde schon bereit den Topf.
Der Hund ward
losgelassen, / so schnell verging die Hatz,
Der schnelle Held
erreichte / den Bär mit Einem Satz,
Umschlang ihn mit
den Armen / und band ihm Arm und Maul
Und hob den braunen
Bruder / vor sich auf seinen schnellen Gaul.
So ritt der frohe
Ritter / zur Herbergsstätte ein,
Da ließ er seiner
Fesseln / den Bären ledig sein,
Der eilte in das
Dickicht / des Walds in raschem Trab,
Jedoch die
Hundemeute / trieb ihn von seinem Wege ab.
So also in die Küche
/ der braune Gast geriet,
Wo man als
Leckerbissen / ihn für die Männer briet,
Im Fette in der
Pfanne / erlitt er Ungemach,
O weh dem guten
Bären, / der bratend überm Feuer lag!
Man hörte Knechte
fluchen, / der Hundeschar Gebell,
Der Herren frohes
Jauchzen, / der Hörner Blasen hell,
Das war so ein
Gewimmel, / das wird nicht ausgesagt,
Oh wie dem frohen
Siegfried / das Treiben voller Lust behagt!
10
Der frohe Siegfried
scherzte: / Mich wundert Eines heut,
Dieweil uns nun die
Küche / viel Leckerbissen beut,
Warum die Schenken
kargen / mit rotem Wein vom Rhein?
Die Jäger soll man
pflegen. / Wer ohne Wein mag Jäger sein?
Zur Antwort gab ihm
Hagen / im ungetreuen Mut:
Wir wählen statt
des Weines / des Wassers keusche Flut!
Hier nah quillt eine
Quelle / an einer Linde breit,
Da wär der starke
Siegfried / von seines Durstes Qual befreit.
Der Rat hat manchem
Ritter / besonders gut behagt,
Und weiter sagte
Hagen: / Man hat mir oft gesagt,
Besiegen könne
Kriemhilds / Gemahl kein Mann im Lauf,
Will er das heut
beweisen? / Heut nehm ich’s mit dem Helden auf.
Ja, willst du es
versuchen, / sprach Fraue Kriemhilds Mann,
So nehme ich die
Wette, / o kühner Hagen, an,
Lass uns zusammen
rennen / zu jener Quelle kühl,
Den soll man Sieger
nennen, / den man zuerst erblickt am Ziel.
Und weiter sagte
Siegfried: / Es sei noch mehr gesagt,
Dieweil ihr nur die
Kleidung / auf euren Körpern tragt,
Will ich den Speer
noch tragen / und auch mein Jagdgewand.
Er warf sich um den
Köcher, / das Schwert sich an die Hüfte band.
Und Günther nun und
Hagen, / sie waren schnell bereit,
Die keine Waffen
trugen, / im leichten Unterkleid
Sie liefen durch das
Grüne, / schnell wie ein Pantherpaar,
Und konnten doch
nicht hindern, / dass Siegmunds Sohn der Sieger war.
11
Es glich dem Sohn
der Sieglind / kein andrer Mann an Wert,
Das Schwert vom
Leibe lösend, / den Köcher auf die Erd,
Den starken Speer
anlehnend / an breiter Linde Ast,
So stand er an der
Quelle, / der holde königliche Gast.
Den Schild er legte
nieder, / wo still die Quelle floss,
Wo gern der Recke
Siegfried / jetzt einen Trank genoss,
Den heißen Mund zu
feuchten - / der Held doch niemals trank,
Bevor sein Herr
getrunken, / und erntete so bösen Dank!
Der Quelle Wasser
rannen, / so klar, so rein, so hell,
Sich König Günther
beugte / hinab zum stillen Quell,
Genoss des frischen
Trankes, / den Waldes Kraft uns beut.
Wie gerne hätt auch
Siegfried / des frischen Trankes sich erfreut.
Doch als nun der
sich neigte / hinab zur klaren Flut,
Traf ihn der böse
Mörder, / der zielte wirklich gut,
Des Helden Blut vom
Herzen / sprang dem an sein Gewand.
Weh des Verrats, des
feigsten, / den je verübt ein Ritter hant!
So sank er in die
Blumen, / ein kraftlos müder Mann,
Das Blut von seinem
Herzen / in heißem Sprudeln rann,
Er, Held in allen
Stürmen, / hier konnt er nicht bestehn,
Er konnte nur
beklagen / das Leid, das hier ihm war geschehn.
Um den Verletzten
standen / die Jagdgenossen all,
Wer irgend treu
geblieben, / beklagte seinen Fall,
Das schien sehr
vielen Rittern / ein freudenleerer Tag,
Als er, der
Meisterjäger, / so jämmerlich am Boden lag.
Auch der Burgunder
König / beweinte seinen Tod,
Doch zornig sagte
Siegfried: / Jetzt hat es keine Not,
Dass der beklagt den
Schaden, / der selber ihn ersann,
Er hätts verhindern
sollen, / so wär der Mord auch nicht getan.
Zum letzten sprach
der müde, / der todesmüde Held:
Willst du, mein
König Günther, / noch irgend auf der Welt
Erweisen eine Huld
mir, / lass dir befohlen sein
Zu deiner Gunst und
Gnade / die treue Bettgenossin mein!
Lass sie genießen,
dass sie / ist deiner Mutter Kind,
Bleib ihr zu allen
Stunden / doch liebevoll gesinnt,
Denn meinen treuen
Vater / werd ich nicht wieder sehn –
Nie ist an einem
Freunde / solch ein Verrat noch je geschehn!
Die Blumen in dem
Grünen, / von Blut sie wurden nass,
Er rang mit seinem
Tode, / nicht lange währte das,
Des Todes Waffe,
wehe, / sie schmerzte allzu sehr,
So musste er
verblassen, / der Ritter, treu und sanft und hehr.
Als das die Ritter
sahen, / dass dieser Heros tot,
Auf seinen Schild
sie legten, / der war von Feingold rot,
Den Fürst der
Niederlande / und saßen dann zu Rat,
Wie sie verbergen
könnten / die ungeheure Missetat.
Da sagten viele
Männer: / Ein Übel ist geschehn,
Wir können diese
Wahrheit / doch nie der Frau gestehn,
Wir wollen einfach
sagen: / Der Fraue Kriemhild Mann
Erschlug die
Räuberbande, / die singend lärmte durch den Tann.
Da sagte Hagen
Tronje: / Das geht mich gar nichts an,
Ich schaff ihn schon
hinüber, / der Kriemhild toten Mann,
Das soll sie ruhig
wissen, / dass ich der Mörder bin,
Was musste sie
verspotten / auch meiner Herrin stolzen Sinn!
So harrten sie des
Dunkels / und fuhren auf dem Rhein,
Es konnten Helden
niemals / so böse Jäger sein,
Das Wild, das sie
erlegten, / schuf Edelfrauen Not
Und auch so manchem
Jäger / es brachte noch den bittern Tod.
DRITTER GESANG
Hier findet ihr ein
Lied vertraut
Von Siegfried mit
des Hornes Haut,
Das klingt im
Nibelungenton,
Wie ich auch sang
die Gudrun schon.
Und wenn ihr lest
der Verse Tanz,
Gewiss mir gebt den
Eichenkranz.
Es war in Niederland
ein König gut bekannt,
Mit großer Macht
und Kraft, der Siegmund ward genannt,
Dem ward von seiner
Frau ein Sohn, der Siegfried hieß,
Von diesem Siegfried
nun in diesem Liede lies.
Das Kind war guten
Muts, von Stärke überfloss,
Was Siegmund und die
Frau von Herzen sehr verdross,
Er wollte keinem
Mann auf Erden sein ein Knecht,
So zog er bald davon
und suchte das Gefecht.
Da sprach des Königs
Rat: So lasst ihn ziehen hin,
Wenn er nicht
bleiben will, denn darin liegt ein Sinn.
Und gebt ihm Waffen
auch, die stiften Unheil zwar,
Doch wird er so ein
Held und lebt so manches Jahr.
So schied der junge
Mann, der junge kühne Mann.
Da lag in einem Wald
ein Dorf, da kam er an,
Er kam zu einem
Schmied, dem wollt er dienen recht,
Das Eisen schmieden
heiß als eines Schmiedes Knecht.
Das Eisen schlug er
heiß und schlug es gar entzwei,
Und wenn man ihn
bestraft, erklärte er sich frei,
Den Meister schlug
er und den Knecht, das dumme Kind,
Wie er ihn los wird,
oft der Meister grübelnd sinnt.
Da lag ein Drache
bei der Linde jeden Tag,
Da schickt der
Meister ihn, dass er den Drachen frag.
Ein Köhler saß im
Wald, wie‘s andre Köhler gibt,
Den sollt er fragen,
dass er ihm die Kohlen gibt.
Damit, so meint der
Schmied, der Drache wird verbrannt.
So kam er zu dem
Baum, der Drache ward verbannt.
Er schlug den
Drachen tot, der junge Mann gar bald,
Zum Köhler ging er
dann, der wartete im Wald.
Er kam in einen
Busch, da lagen Drachen viel
Und Ottern, Kröten
auch, das war kein heitres Spiel,
Er sah sie liegen da
am Berg und in dem Tal,
Da riss er Bäume
aus mit Wurzeln ohne Zahl.
Die warf er aufs
Gezücht, das sonst kein andrer fing,
Die blieben alle da,
das war ein Schreckensding.
Zum Köhler lief er
da, dass der ihm Feuer gib,
Er zündete das Holz
und das Gezücht vertrieb.
Der Drachen Hornhaut
schau, wie die im Bache fließ,
Das wundert
Siegfried sehr, den Finger drein er stieß,
Der Finger wurde
kalt und trug nun Hornhaut auch,
Er badete im Bach
von Kopf zu Fuß und Bauch.
Er war voll Hornhaut
da, nur an der Schulter nicht,
So fand er auch den
Tod, so meldet die Geschicht,
Wie Dichter singen
gern zu ihrem Saitenspiel.
Er kam an Gibichs
Hof, da waren Männer viel.
Er diente gern und
warb dem Herrn die Tochter ab,
Dass König Gibich
sie ihm zur Gemahlin gab.
Achte Jahre liebt er
sie. Hört, was geschah dem Mann,
Wie sie ihm ward
zuteil, was Wunder er begann.
Nun mögt ihr hören
gern: Der Nibelungen Hort
Gefunden ward, so
reich, gefunden ward er dort
Von Siegfried,
diesem Mann, der fand ihn an der Wand,
Den dort ein Zwerg
verschloss, der Nibling ward genannt.
Als nun den Nibling
einst der Tod im Berg vertrieb,
Er ließ drei Söhne,
die den Hort auch hatten lieb.
Sie saßen in dem
Berg beim Nibelungen-Hort,
Darum sich in der
Welt hob Jammer nur und Mord.
Sehr viele Helden
kühn erschlagen wurden dort,
Im harten Streit aus
Gier nach diesem goldnen Hort,
Dass keiner kam
davon, das geb ich euch bekannt,
So Dietrich starb
von Bern und Meister Hildebrand.
Die Stadt lag an dem
Rhein, die wurde Worms genannt,
Ein König Gibich
dort beherrschte alles Land,
Der hat mit seiner
Frau drei Söhne schön gezeugt,
Und eine Tochter
schön, so schön, der Dichter schweigt.
Der Knaben waren
drei des Königs, wie ich sag,
Die Schwester war
sehr schön, die einst an einem Tag
Am offnen Fenster
stand, da flog ein Drache her
Und raubte sich die
Maid mit goldnen Locken schwer.
Erleuchtet ward die
Burg, als ob sie sei entbrannt,
Da flog der Drache
mit der Jungfrau in der Hand,
Er schwang sich in
die Luft hoch in das Wolkenkleid.
Die Eltern standen
da und ach voll Traurigkeit.
Er führt sie ins
Gebirg auf einen großen Stein,
Des Schatten war so
groß, beschattete den Hain,
Die Jungfrau
wunderschön, sie war dem Drachen lieb,
Dass ihr von Speis
und Trank genug zur Stärkung blieb.
Der ließ sie auf
dem Stein bis in das dritte Jahr,
Da sie kein Mensch
gesehn, das glaubt, denn es ist wahr,
Sie war ein junges
Kind, zwölf Jahre oder mehr,
Sie weinte täglich
sehr, sie weinte täglich sehr.
Der Drache legt sein
Haupt der Jungfrau in den Schoß,
Es war auch seine
Kraft gewaltig, wahrlich groß,
Wenn er den Atem
ließ, den Atem in sich sog,
Dann zitterte der
Berg, wo hoch der Drache flog.
Am lichten Ostertag
der Drache ward zum Mann.
Da sprach die
Jungfrau rein: Nur Übel seh ich an,
Den Vater schmerzt
es sehr, die Mutter gibt sich hin
Nur großer
Traurigkeit, die edle Königin.
O weh, mein lieber
Herr, die Tage mir vergehn,
Da ich den Vater und
die Mutter nicht gesehn,
Und auch die Brüder
nicht. Es möge recht dir sein,
Dass ich sie
wiederseh, so danke ich dir fein.
Lass du mich nur
nach Haus, mich in der Heimat Hain,
Den Kopf geb ich als
Pfand, komm wieder auf den Stein,
Gewähre das, mein
Herr, beim Herren Zebaoth,
Dann will ich immer
treu bewahren dein Gebot.
Da sprach das böse
Tier zur keuschen Jungfrau schön:
Die Eltern wirst du
doch auf Erden nimmer sehn,
Noch andre Kreatur,
du immer einsam schweigst,
Mit Seele und mit
Leib hinab zur Hölle steigst.
Du schönstes
Mädchen, du sollst dich nicht schämen mein,
Ich nehme dir nicht
weg den Geist, das Leben dein,
Ab heut fünf Jahre
noch, dann wirst du mir getraut,
Dann nehm ich dir
als Mann das Blümchen Jungfernhaut.
So warte du auf mich
fünf Jahr und einen Tag,
So mach ich dich zur
Frau, wie sich das schicken mag,
Sonst Leib und Seele
dein muss in den Höllengrund,
Du Königstochter,
ich mach das dem König kund.
Was ich dir sage
nun, das ist gewisslich wahr:
Ein Tag in dieser
Welt bei Gott sind tausend Jahr,
So warte du auf mich
bis an den Jüngsten Tag,
Dann wirst du
endlich mein, sonst ich dich dort verklag.
Das Mädchen betete:
O liebster Jesus Christ,
Ich hörte oft das
Wort, dass du allmächtig bist
Auf Erden und im All
und über alle Ding,
Du sprachst, der
Höllengrund in tausend Stücke ging.
Maria, Gottesmagd
und Himmelskaiserin,
Ich weihe mich dir
ganz, die ich dein Mädchen bin,
Wie von dir spricht
das Buch, dass du bist Gottes Frau,
Hilf mir von diesem
Stein, die ich dir ganz vertrau.
Wär nur die
Bruderschaft auf diesem hohen Stein,
Sie opferten sich
auf fürs liebe Schwesterlein
Und führten mich
nach Haus als Retter aus der Not. -
Aus ihren Augen
floss ein Strom von Tränen rot.
Der König Boten
schickt hinaus ins ganze Land
Nach seiner Tochter
schön, obs jemand sei bekannt,
Wo seine Tochter
wär, sein Schmerz in dieser Welt,
Ob sie errette so
ein tugendreicher Held.
Da war zu jener Zeit
ein Jüngling in der Fron,
Der Siegfried hieß,
der auch war eines Königs Sohn,
Der war so voller
Kraft, dass er die Löwen fing
Und sie zum
Volkesspott dann an die Latten hing.
Und dieser Siegfried
war zum Mann geworden bald
Und eines Morgens
auf der Jagd im Tannenwald
Mit Falke und mit
Hund, der junge Ritter stolz,
Da er mit seiner
Schar geritten durch das Holz.
Da lief des Jägers
Hund und schlug mit Bellen an,
Da ritt der junge
Held ihm nach, der junge Mann,
Da kam er an ein
Stück, darauf der Drache saß,
Vor ihm die Jungfrau
lag im feuchten grünen Gras.
Und Siegfried eilt
ihm nach bis auf den vierten Tag,
Da er nicht aß und
trank und nicht im Zelte lag,
Bis an den vierten
Tag, da er vorm Berge stund,
Was Siegfried nicht
verdross, er eilte nach dem Hund.
Er war verirrt im
Wald, wo nichts die Augen sahn,
Da Wege oder Steg
war alles abgetan,
Er sprach: O Jesus
mein, was hab ich hier gewagt?
Ich hab noch nicht
zum Trost die kaiserliche Magd!
Gefochten Siegfried
hat als Ritter sieben Jahr,
Da dienten ihm sehr
gern fünf kluge Zwerge gar,
Sie gaben diesem
Herrn freiwillig hin ihr Gut,
Der einen Wurm
erschlug in Wahnsinn und in Wut.
Da kam der Siegfried
nun zum hohen Drachenstein,
Er hatte nie gesehn
solch festes Felsgestein,
Da müde wurden nun
das Ross und auch der Mann,
Der kletterte, der
Held, den Felsen nun hinan.
Da Siegfried nun,
der Held, den Drachen schaute, ach,
Nun sollt ihr hören
auch, was da der Ritter sprach:
O höchster Herr und
Gott, was trug mich doch hier her?
Mich täuschte
Satanas. Tu Wunder nun, mein Herr!
Wie bald um
Siegfried da die Finsternis begann!
All seine Waffen
nahm der ritterliche Mann.
Wenn Gott vom Himmel
will, so sprach der junge Herr,
Aus diesem dunklen
Wald ich komme nimmermehr.
Er ging zu seinem
Ross und wollte reiten bald,
Da sah er jagen ihn
in diesem finstern Wald
Den Eugelein, den
Zwerg, sein Pferd wie schwarze Kohl,
Ein perlenreines
Kleid mit Gold durchwoben wohl.
Er führt an seinem
Leib die Zobelpelze schwer,
Dazu Gesinde mit,
wie ich das sagen hör,
Er war ein König,
reich, behaglich, stolz und klug,
Der es gewiss mit
Ruhm und Ehre herrlich trug.
Er trug auf seinem
Haupt die Krone edler Art,
Wie nie in dieser
Welt gesehen Gleiches ward,
Da in der Krone saß
so mancher Edelstein,
Wie nie in dieser
Welt so Schönes mochte sein.
Da sprach der kluge
Zwerg, wie er gesehn den Herrn,
Was er da zu ihm
sprach, das magst du hören gern.
In Tugend er empfing
der jungen Helden bald.
Er sprach: Nun sag,
mein Herr, was tust du in dem Wald?
Dir danke Gott der
Herr, sprach Ritter Siegfried süß,
Für deine Treue,
Zwerg, dass ich die auch genieß.
Wie soll der Name
denn von meinem Vater sein?
Ich bitte, sag mir
das, auch von der Mutter mein.
Nun aber Siegfried
war gewesen sieben Jahr
Bei seinen Eltern
nicht, da graute ihm kein Haar,
Da ward er fern
gesandt in einen finstern Wald,
Der Meister ihn
erzog, er ward zum Manne bald.
Da sprach zu ihm der
Zwerg, als Siegfried zwanzig war:
Willst du es wissen,
so vernehme ganz und gar,
Sieglinde, Mutter
dein, von Adel ist ihr Born,
Von König Siegmund
du gezeugt bist und geborn.
Du kehre heim, o
Mann, zu deiner Eltern Fest,
Und tust du das
nicht bald, dein Leben dich verlässt.
Auf diesem Stein
hier sitzt ein wilder Drache vorn,
Und wenn er dich
besiegt, dein Leben ist verlorn.
Es wohnt auf diesem
Stein die schöne Jungfrau-Magd,
Das wisse du gewiss,
es sei dir hier gesagt,
Sie stammt von
Christen ab, kommt von dem König her,
Wird ohne Gottes
Huld gerettet nimmermehr.
Ihr Vater Gibich
heißt, der da regiert am Rhein,
Kriemhild, die
Königin, ist ihr Mutter fein.
Da sprach der junge
Held: Das ist mir wohl bekannt,
Wir waren uns sehr
lieb in unserm Vaterland.
Da Siegfried nun,
der Held, des Zwerges Wort vernahm,
Das Schwert stieß
in den Grund, zum Drachenfelsen kam,
Da schwor er einen
Eid, der auserwählte Mann:
Die Jungfrau rette
ich, zieh sie zu mir heran!
Da sprach der kluge
Zwerg: O Siegfried, stolzer Mann,
Nimmst du umsonst
dich gern der lieben Jungfrau an
Und schwörest einen
Eid, so gib mir Urlaub bald,
Die Jungfrau, sie
wird dein, im tiefen dunklen Wald.
Und hättest du
Gewalt auch über alle Welt
Und siebzig Völker,
dass sie dienten dir, o Held,
Die Christen, Heiden
auch, dir wären untertan,
Die Jungfrau dennoch
bleibt, wo wir sie sitzen sahn.
Da aber Siegfried
sprach: O nein, du kleiner Zwerg,
Bei deiner Treue,
hier vor diesem hohen Berg,
Hilf mir gewinnen
doch die schöne Jungfrau rein,
Sonst schlag ich ab
dein Haupt mitsamt der Krone dein.
Verlör mein Leben
ich durch dieses Himmelsweib,
Verliere ich es
gern, die Seele und den Leib,
Nur Gott der Herr
allein zu helfen mir vermag,
Sonst niemand helfen
kann, ich dir die Wahrheit sag.
Da ward dem jungen
Mann nach heißem Zorn zumut,
Den Zwerg griff er
beim Haar, der stolze Ritter gut,
Und warf ihn voller
Kraft an eine Felsenwand,
Dass ihm die Krone
sank hinunter in den Sand.
Der sprach: Still
deinen Zorn, du hoher stolzer Mann,
Ich will dir raten,
was ich eben raten kann,
Und will mit Treue
dir aufhelfen auf den Berg. -
Dich reitet Satanas!
Was redest du, o Zwerg?
Der sprach: Ein
Riese ist, mit Namen Cuperan,
Dem tausend Riesen
im Gefilde untertan,
Der hat den
Schlüssel, der den Drachenfels erschließt. -
Den zeig mir,
Siegfried sprach, dass es die Maid genießt.
Den sollst du zeigen
mir, so lass ich dir den Leib. -
Da sprach der kluge
Zwerg: Und kämpfst du um das Weib,
So tus in kurzer
Zeit, wie es nicht andre gab. -
Ich freu mich,
Siegfried sprach, dass ichs vernommen hab.
Da weist er
Siegfried hin zum Berge ganz und gar,
Wo bei der
Felsenwand des Riesen Wohnung war.
Und Siegfried rief
hinein in jenes Riesen Haus,
Da kam mit Kraft zu
ihm der Riese gleich heraus.
Da sprang der wilde
Mann von seiner Felsenwand,
Mit einem Eisenstab
in der behaarten Hand.
Wer trug dich denn
hierher, du schöner Bube klein?
Gar bald in diesem
Wald soll es dein Ende sein.
Das sag ich dir
gewiss: Verloren ist dein Leib. -
Da sagte Siegfried:
Gott erlöst das junge Weib.
Gott wird mir geben
Kraft und Tüchtigkeit und Macht,
Dass du mir geben
musst die Jungfrau in der Nacht.
Denn darum schreien
wir nur über dich den Mord,
Dass du gefangen
hältst das schönste Mädchen dort
Auf diesem Felsen,
der schaut in die Lande weit,
Vier Jahre lang
schon sie dort liegt in großem Leid.
Da ward dem wilden
Mann nach großem Grimm zumut,
Dass mit dem
Eisenstab er Siegfried schlagen tut,
Mit seiner Stange
lang. Was aber nun geschah?
Den langen Eisenstab
man über Bäumen sah.
Der Riese Cuperan
schlug oftmals, ohne Zahl,
Den Eisenstab hinein
zum Erdengrund im Tal,
Dann schlug auf
Siegfried er: O Kind, ich töte dich!
Doch Siegfried
sprang hinweg fünf Meter hinter sich.
Und Siegfried sprang
hervor zur Jungfrau voller Wert,
Der Riese bückte
sich zur schwarzen Mutter Erd,
Ihm Wunden Siegfried
schlug, das Blut in Strömen lief,
Sind Wunden nie so
viel geschlagen und so tief.
Da sprang der Riese
auf, an Siegfried drang heran
Mit seinem Eisenstab
und sprach: Du kleiner Mann,
Verloren ist dein
Leib, und nun verscheide still.
Da aber Siegfried
sprach: Ich sterb, wenn Gott es will!
Und als der wilde
Mann der Wunden Schmerz empfand,
Ließ fallen er den
Stab und floh zur Felsenwand.
Da hat ihn Siegfried
wohl gebracht in Todespein.
Da dacht er an die
Maid, gefangen dort allein.
Der Riese sich
verband die offnen Wunden bald,
Zog eine Rüstung an
und stapfte durch den Wald,
Die Rüstung war
getaucht in heißes Drachenblut,
Des Kaisers Rüstung
selbst war nicht so fest und gut.
Der Riese an den
Gurt ein scharfes Schwert sich band,
Das war sehr lang
und scharf, gemacht für seine Hand,
Die Schneide war
sehr scharf, man gäb dafür ein Reich.
Wenn er zum Kampf
auszog, er mordete sogleich.
Er setzte auf sein
Haupt sogleich den Stahlhelm hart,
Wie goldne Sonne,
die auf ihrer Meeresfahrt,
Er nahm zur Hand den
Schild, der wie ein Stadttor war,
War fest und hart
und dick, das glaube mir fürwahr.
Da sprang der Riese
vor von hoher Felsenwand,
Er trug den Stab von
Stahl in seiner rechten Hand,
Er schnitt damit die
Luft, zerschnitt damit den Sturm,
Da klang der Stab,
so klingt die Glocke in dem Turm.
Sag an, du kleiner
Mann, sprach ihn der Riese an,
Dich führt wohl
Satanas, was hab ich dir getan,
Dass du mich morden
willst in meinem eignen Haus? -
Du lügst, sprach
Siegfried da, ich rief dich nur heraus.
Da sprach der Riese
wild: Du Bruder, sei verflucht!
Vergelten will ichs
dir, dass du mich hast gesucht.
Und hättest du das
nur vermieden, wär es gut,
Nun hänge du am
Strick für deinen Übermut!
Das wehre Gott, du
Feind, der aller Tugend bar,
Zum Hängen kam ich
nicht in diesen Wald fürwahr,
Lass du mich holen
nur die Maid vom Felsgestein,
Sonst wisse du
gewiss, du musst des Todes sein!
Da sprach der Riese
wild: Das lass dir sein gesagt,
Ich geb dir
nimmermehr vom Felsenhort die Magd,
Ich will dir sagen,
Mann, du kennst nicht meinen Mut,
Du sollst nicht
lüstern sein nach einer Jungfrau Blut.
Drum widersetze ich
mich deinem Widerstreit. -
Da sagte Siegfried
dies: Ich bin schon früh bereit.
Da kämpften sie,
die zwei, sie taten sich Gewalt
Mit scharfem
Schwertschlag dort im tiefen finstern Wald.
Von ihrer beider
Kraft ein solcher Kampf geschah,
Wie man das Feuer
wild auf ihren Helmen sah,
Wie gut der Schild
auch war, und den der Riese trug,
Doch Siegfried ihn
geschwind in tausend Stücke schlug.
Der an den Riesen
ist und seine Wehr gerannt,
Er riss ihm von dem
Leib sein stählernes Gewand,
Da stand mit Blut
befleckt der Riese Cuperan,
Doch fünfzehn
Wunden ihm tat schmerzlich Siegfried an.
Laut ruft in seiner
Not der Riese Cuperan:
Du edler Herr, du
mir was zum Genießen an,
Du kämpfst mit
ganzer Kraft und ganzer Männlichkeit,
Du bist ein edler
Herr, der gerne mir verzeiht.
Du stehst im Alter
hier, bist doch ein kleiner Mann,
Verglichen so mit
mir. Ich nicht gewinnen kann.
Doch lasse leben
mich, so will ich geben dir
Die Rüstung,
Schwert und Schild und alles Ding von mir.
Das will ich gerne
tun, sprach Siegfried da, der Mann,
Gibst du vom Steine
mir die Jungfrau aus dem Bann. -
Ich schwöre Treue
dir, sollst ohne Zweifel sein,
Ich geb dir von dem
Stein die schöne Jungfrau rein.
Da schworen sie
vereint zusammen einen Eid.
Und Siegfried hielt
den Eid, da er beschwor die Maid,
Doch untreu war zu
ihm der Riese Cuperan,
Dass Siegfried noch
zuletzt ein großes Leid gewann.
Da sprach der Riese
stark zum Ritter hoch und hehr:
Bei Gott, mein
lieber Freund, die Wunde schmerzt mich sehr. -
Er riss von seinem
Leib sein seidenes Gewand,
Mit dem der Untreu
er die Wunde selbst verband.
Da sprach die Untreu
dies: So wisse, Bruder mein,
Da liegt der hohe
Stein. Wo mag die Türe sein?
Das wollen wir
beschaun, du tugendhafter Mann.
Was ich dem Freunde
tu, sei gut vollzogen dann.
Da gingen sie
vereint zu eines Wassers Quell,
Der ungetreue Mann
griff nach dem Schwerte schnell,
Und Siegfried ging,
der Held, ging vor ihm in den Wald,
Da sprang der böse
Freund auf Siegfrieds Nacken bald.
Er gab den Siegfried
da sehr grausam einen Schlag,
Dass da der Ritter
fromm ihm unterm Schilde lag,
In den Gebärden so,
als wäre er schon tot,
Aus Nase und aus
Mund das Blut ihm strömte rot.
Da Siegfried lag,
der Held, ihm unterm Schilde breit,
Kam Eugel an, der
Zwerg, zu helfen ihm bereit.
Er nahm den Nebelhut
und warf ihn auf den Mann.
Der Riese war ihm
feind, er hat verloren dann.
Der Riese lief zum
Baum und suchte da den Mann:
Der Teufel führte
dich, vielleicht hats Gott getan,
Ein Zeichen dir
gewirkt? Du tatest erst hier stehn,
Du lagest
hingestreckt, und bist nicht mehr zu sehn.
Da lachte bei dem
Wort der Zwerg, der kleine Mann.
Er hob den Helden
auf und setzt ihn auf den Plan.
Da saß er eine
Zeit, der auserwählte Held,
Bis neu er Kraft
gewann, der Ritter auserwählt.
Da Siegfried, unser
Held, nun zu sich selber kam,
Da sah er sitzen da
den Engel wundersam.
Das lohnt dir Gott,
sprach er, du lieber kleiner Mann,
Was soll ich sagen
sonst? Du hast mir wohl getan.
Da sprach der liebe
Zwerg: Das musst du recht verstehn,
Wär ich gekommen
nicht, wär Leiden dir geschehn.
Folg meiner Lehre
nun, nimm die die Jungfrau gar.
Geh mit dem
Nebelhut, nimmt keiner dich gewahr.
Da sagte unser Held:
Das möchte wahr nicht sein.
Hab tausend Leben
ich, soll jedes Treue sein.
Das wagte alles ich
fürs Mädchen wunderschön.
Ich wills versuchen
noch, obs kann mit wohl ergehn.
Wie er so ritterlich
die Nebelkappe rief!
Das Schwert in
seiner Hand er schlug ihm Wunden tief,
Dem ungetreuen
Freund. Laut rief er dann zur Magd.
Ihr Hände voller
Kraft, den Riesen mir erschlagt!
Du kämpfst mit
ganzer Kraft und deines Leibes Macht,
So seh ich einzig
dich stehn vor mir voller Pracht,
Und schlägst du nun
mich tot, du auserwählter Mann,
Wer soll dich führen
dann zur reinen Magd hinan?
Drum Siegfried,
unser Held, gedankenvoll gedenkt
Wohl an die Liebe,
die ihn hin zur Jungfrau lenkt.
Der Riese leben
soll, der ungetreue Freund.
So hebe dich hinweg
den breiten Weg, mein Feind!
Und weise mir den
Weg zur reinen Jungfrau fromm,
Ich schlag dir ab
den Kopf, der ich zur Jungfrau komm. -
Der ungetreue Freund
war da in großer Not
Bei all der
Todesangst, die ihm der Ritter bot.
Sie gingen nun
vereint zum Drachenstein im Sand.
Der Ungetreue hielt
den Schlüssel in der Hand.
Da schloss er auf
den Stein, die Tür ward aufgetan,
Dass Siegfrieds
Augen da acht Meter Tiefe sahn.
Da tat der Stein
sich auf, ward unten aufgesperrt,
Da Siegfried in der
Hand den Schlüssel unbeschwert,
Er hat ihn aus dem
Schloss genommen bald hinfort.
Nun heb du dich
hinweg, wähl einen andern Ort!
Sie wurden beide
matt, da nahten sie dem Stein,
Und Siegfried, unser
Held, sah da die Jungfrau rein.
Sie fing zu weinen
an. So war es einst geschehn:
In meines Vaters
Haus ich hab dich einst gesehn!
So sprach die
Jungfrau: Sei willkommen, Liebster mein,
Die Mutter und ihr
Mann, die leben an dem Rhein,
Und meine Brüder
auch. Wie gehts den Fürsten nun?
Das sage du mir an,
dann kann ich ruhig ruhn.
Da sagte Siegfried:
Still, und lass dein Trauern sein,
Geh du mit mir
vereint, du schönste Jungfrau rein,
Ich helfe dir mit
Kraft aus deiner großen Not,
Sonst will ich
lieber hier für dich gehn in den Tod!
Das lohnt dir Gott,
mein Held, mein Siegfried stark und schön,
Doch wirst du können
auch dem Drachen widerstehn?
Er ist der Satanas,
wie ich ihn hab gesehn.
Und siehst du ihn,
musst fest du in der Wahrheit stehn.
Und Siegfried
sprach, der Held: Er mag so schlimm nicht sein.
Ich geb nicht gerne
auf die große Arbeit mein.
Ich stritt mit ihm
so sehr, dem gegnerischen Mann,
Wenn er der Teufel
ist, so greife ich ihn an.
Das, Siegfried,
lohnt dir Gott. Die Arbeit weit und breit
Hast du für mich
getan, die junge schöne Maid,
Und hilft dir Gott
der Herr, das wisse ohne Wahn,
Dann bin ich dir
auch treu, wie keiner sonst getan.
Nun näher trat zum
Stein der Riese Kuperan,
Er sprach: Hier ist
ein Schwert geborgen, wohl getan,
Damit ein Ritter
stark das Drachentier besiegt,
Kein Schwert auf
Erden sonst, dass so das Tier bekriegt.
Das sprach er von
dem Schwert und sah die Wahrheit an,
Doch achtete er
nicht auf jenen guten Mann,
Der Riese stolz und
groß schlug nun den Ritter wund,
Der kaum mit einem
Bein auf festem Felsen stund.
Er griff den Riesen
an, es gab ein Ringen da,
Der Fels erzitterte.
Als das die Jungfrau sah,
Sie weinte voller
Angst, als obs ihr Ende sei,
Sie sprach: Ach
guter Gott, steh heut dem Guten bei!
Und wenn der Mann
für mich verliert den schönen Leib,
Im Herzen Jammer
dann wohnt stets im Klageweib,
Verfallen werde ich
in dieser wehen Not
Auf diesem Felsen
hier und wünsche mir den Tod!
Drum Siegfried, du
mein Held, bewahre deinen Leib,
Und denke an dein
Werk und an ein armes Weib. -
Da Siegfried sprach,
der Held: Ich liebe dich so sehr,
Du schöne Jungfrau
rein, nur sorge dich nicht mehr.
Da fand der
Ringkampf statt. Das sah das schöne Weib,
Der Ungetreue da
verlor den großen Leib.
Denn Siegfried griff
ihn an, den ungeheuren Mann,
Und zerrte ihn vom
Fels und tat ihn in den Bann.
Der Riese neigte
sich vor Siegfried auf dem Feld,
Lass nur am Leben
mich, du tugendhafter Held,
Das bitte ich dich
sehr, du Ritter unverzagt.
Wie war ich treulos
oft! Dem Himmel sei‘s geklagt!
Da Siegfried sprach,
der Held: Dein Wort ist nun verlorn.
Ich sah die Jungfrau
an, die Jungfrau rein geborn. -
Er fasste ihn am Arm
und warf ihn von dem Stein,
Dass er
zersplitterte. Da lacht die Jungfrau rein.
Da Siegfried nun,
der Held, kam auf den Stein zu stehn,
Da ging er
freundlich ernst zur reinen Jungfrau schön.
Du Schönste aller
Fraun, lass nun dein Weinen sein,
Ich bin gesundet nun
durch dich, o Jungfrau rein.
Nun helfe ich dir
auch aus deiner wehen Not,
Wenn nicht, so liege
ich im Staube besser tot. -
Das, Siegfried,
lohnt dir Gott, du Ritter einer Maid,
Doch fürchte ich,
es kommt zu uns noch andres Leid.
Da Siegfried sprach,
der Held: Den Schmerzen auch geweiht,
Ich inniglicher
Mann, so naht mir neues Leid.
Genesen bin ich nun
an diesem dritten Tag,
Nun Brot und Fleisch
und Wein und tiefen Schlaf ich mag.
Da Eugel sehr
erschrak, der Zwerg so klein und gut,
Und auch die
Jungfrau rein, bei Siegfrieds bösem Mut.
Da kleine Eugel
sprach: Ich bringe Speis und Trank,
Zur Herzensstärkung
dir, dem Herrn zu Lob und Dank.
Für vierzehn Tage
geb ich Speis und Trank genug. -
Und auf den hohlen
Berg er Trank und Speise trug,
Ihm dienten da am
Tisch die Zwerge klein und gut,
Dazu die Jungfrau
rein, und Siegfried schöpfte Mut.
Eh sie gegessen
schon, erklang mit einem Mal
Ein Schall, als ob
der Berg nun stürzte in das Tal.
Darüber sehr
erschrak das junge Mädchen fein
Und sprach: Du
lieber Mann, das wird dein Ende sein!
Wenn auch die ganze
Welt in unsern Händen wär,
Verloren wären wir,
das wisse, Heros hehr. -
Da Siegfried sprach,
der Held: Wer nimmt das Leben uns,
Da es auf Erden ist
ein Hauch des Gottesmunds?
Und Siegfried mit
dem Hemd wischt ab der Magd den Schweiß,
Die Magd in
Minnelust, die war vor Schrecken heiß.
Und Siegfried
sprach: Nur Mut, da ich ja bei dir bin. -
Die Zwerge von dem
Tisch, die flohn voll Angst dahin.