Das Buch Ishtar

 

deutsch von Torsten Schwanke


nach Martin Luther


Luther 1545 V.20



I.


1 Zu den Zeiten des Ahaschveros, der da König war von Indien bis an den Hindukusch, über hundertundsiebenund zwanzig Länder. 2 Und da er auf seinem königlichen Thron sa0 im Schloss Susan, 3 im dritten Jahr seines Königreichs, machte er bei sich ein Mahl allen seinen Fürsten und Knechten, nämlich den Gewaltigen in Persien und Medien, den Landpflegern und Obersten seiner Länder, 4 dass er sehen ließe den herrlichen Reichtum seines Königreichs und die köstliche Pracht seiner Majestät, viele Tage lang, nämlich hundertundachtzig Tage.


5 Und da die Tage vorüber waren, machte der König ein Mahl allem Volk, das im Schlosss Susan war, groß und klein, sieben Tage lang, im Hof des Gartens am Hause des Königs. 6 Da hingen weiße, rote und gelbe Tücher, mit Leinen und scharlachroten Seilen gefasst in silbernen Ringen auf Marmorsäulen. Die Bänke waren golden und silbern, auf einem Pflaster von grünen, weißen, gelben und schwarzen Marmorsteinen gemacht. 7 Und die Getränke trug man in goldenen Krügen, und immer anderen und anderen Krügen, und königlichen Wein die Menge, wie es denn der König konnte. 8 Und man gebot niemand, was er trinken solle, denn der König hatte allen Vorstehern in seinem Hause befohlen, das ein jeglicher tun solle, wie es ihm wohl gefiel.


9 Und die Königin Vashty machte auch ein Mahl, für die Weiber, im königlichem Hause des Königs Ahaschveros. 10 Und am siebenten Tage, da der König guten Mutes war vom Wein, gebot er Mehuman, Bistha, Harbona, Bigtha, Abagtha, Sethar und Karkas, den sieben Kämmerern, die vor dem König Ahaschveros dienten, 11 dass sie die Königin Vashty holten vor den König, nur mit der königlichen Krone bekleidet, dass er den Völkern und Fürsten zeige ihre Schönheit, denn sie war schön! 12 Aber die Königin Vashty wollte nicht kommen nach dem Wort des Königs durch seine Kämmerer. Da wurde der König sehr zornig, und sein Grimm entbrannte in ihm.


13 Und der König sprach zu den Weisen, die sich auf des Landes Sitten verstanden (Denn des Königs Angelegenheiten mussten geschehen vor allen Verständigen in Recht und Händel). 14 Die Nächsten aber bei im waren: Karsena, Sethar, Admatha, Tharsis, Meres, Marsena und Memuchan, die sieben Fürsten der Perser und Meder, die das Angesicht des Königs sahen und saßen obenan im Königreich: 15 Was für ein Recht man an der Königin Vashty tun sollte, weil sie nicht getan hatte nach dem Wort des Königs durch seine Kämmerer.


16 Da sprach Memuchan vor dem König und den Fürsten: Die Königin Vashty hat nicht allein an dem König übel getan, sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern in allen Ländern des Königs Ahaschveros. 17 Denn es wird solche Tat der Königin heraus gehen zu allen Weibern, dass sie ihre Männer verachten vor ihren Augen und werden sagen: Der König Ahaschveros gebot der Königin Vashty, zu ihm zu kommen, aber sie wollte nicht. 18 So werden nun die Fürstinnen in Persien und Medien auch so sagen zu allen Fürsten des Königs, wenn sie solche Tat der Königin hören. So wird sich Verachtung und Zorns genug erheben.


19 Gefällt es dem König, so lasse man ein königliches Gebot von ihm ausgehen und schreiben nach der Perser und Meder Gesetz, welches man nicht übertreten darf, dass Vashty nicht mehr vor den König Ahaschveros komme. Und der König gebe ihr Königreich ihrer Nachfolgerin, die besser ist als sie! 20 Und dass dieser Brief des Königs, der gemacht wird, in sein ganzes Reich (welches groß ist) erschalle, dass alle Weiber ihre Männer in Ehren halten, unter Großen und Kleinen. 21 Das gefiel dem König und den Fürsten, und der König tat nach dem Wort Memuchans. 22 Da wurden Briefe ausgesandt in alle Länder des Königs, in ein jegliches Land nach seiner Schrift, und zu jeglichem Volk nach seiner Sprache, dass ein jeglicher Mann der Herr in seinem Hause sei!



II.


1 Nach diesen Geschichten, da der Grimm des Königs Ahaschveros sich gelegt hatte, dachte er an Vashty, was sie getan hatte und was über sie beschlossen war. 2 Da sprachen die Knaben des Königs, die ihm dienten: Man suche dem König junge schöne Jungfrauen, 3 und der König bestelle Schauer in allen Ländern seines Königreichs, dass sie allerlei junge schöne Jungfrauen zusammen bringen ins Schloss Susan in den Harem, unter die Hand von Hage, des Königs Kämmerer, der die Weiber hütet, und gebe ihnen ihren Schmuck. 4 Und welche Dirne dem König gefällt, die werde Königin an Vashtys Statt. Das gefiel dem König, und er tat also.


5 Es war aber ein jüdischer Mann im Schloss Susan, der hieß Marduk, ein Sohn von Jair, dem Sohn von Simei, dem Sohn von Kis, dem Sohn von Jemini, 6 der mit weggeführt war von Jerusalem, da Jechanja, der König von Juda weggeführt ward, welchen Nebukadnezar, der König von Babel, wegführt hatte. 7 Und er war der Vormund von Hadassa (Myrthe), die ist Ishtar (Morgenstern), eine Tochter seines Vetters, denn sie hatte weder Vater noch Mutter, und sie war eine schöne und feine Dirne! Und da ihr Vater und ihre Mutter gestorben waren, nahm Marduk sie auf als Tochter.


8 Da nun das Gebot und Gesetz des Königs laut ward, und viele Dirnen in Haufen gebracht wurden ins Schloss Susan, unter die Hand von Hage, ward Ishtar auch genommen in des Königs Haus, unter die Hand von Hage, des Hüters der Weiber. 9 Und die Dirne gefiel ihm, und sie fand Barmherzigkeit vor ihm. Und er eilte mit ihrem Schmuck, dass er ihr ihren Anteil gebe, und sieben feine Dirnen von des Königs Frauenhaus dazu. Und er tat sie mit ihren Dirnen an den besten Ort im Harem. 10 Und Ishtar sagte ihm nicht an ihr Volk und ihre Verwandtschaft, denn Marduk hatte ihr geboten, sie sollte es nicht sagen. 11 Und Marduk wandelte alle Tage vor dem Hof am Harem, dass er erfahre, ob es Ishtar wohl ginge und was ihr geschehen würde.


12 Wenn aber die bestimmte Zeit einer jeglichen Dirne kam, dass sie zum König Ahaschveros kommen sollte, nachdem sie zwölf Monde im Frauenschmücken gewesen war (Denn ihr Schmücken musste so viel Zeit haben, nämlich sechs Monde mit Balsam und Myrrhe und sechs Monde mit guter Salbe, so waren denn die Weiber geschmückt) 13 alsdann ging eine Dirne zum König, und welche sie wollte, musste man ihr geben, die mit ihr vom Harem in des Königs Hause ginge. 14 Und wenn eine des abends hinein kam, die ging des morgens von ihm in den anderen Harem, unter die Hand von Saasgas, des Königs Kämmerer, der Konkubinen Hüter. Und sie musste nicht wieder zum König kommen, es sei denn, es gelüstete den König, und er ließ sie mit Namen rufen.


15 Da nun die Zeit für Ishtar herankam, der Tochter von Abihail, des Vetters von Marduk (die er zur Tochter hatte aufgenommen) dass sie zum König kommen sollte, begehrte sie nichts als was Hage, Königs Kämmerer, der Weiber Hüter, sprach. Und Ishtar fand Gnade vor allen, die sie ansahen. 16 Es ward aber Ishtar genommen zum König Ahaschveros ins königliche Haus im zehnten Mond, der da heißt Tebeth, im siebenten Jahr seines Königreichs. 17 Und der König gewann Ishtar lieb über alle Weiber, und sie fand Gnade und Barmherzigkeit vor ihm vor allen Jungfrauen. Und er setzte die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur Königin an Vashtys statt. 18 Und der König machte ein großes Mal allen seinen Fürsten und Knechten, das war ein Mahl um Ishtars willen. Und er ließ die Länder ruhen und gab königliche Geschenke.


19 Und da man das andere mal Jungfrauen versammelte, saß Marduk im Tor des Königs. 20 Und Ishtar hatte noch nicht angesagt ihre Verwandtschaft und ihr Volk, wie ihr denn Marduk geboten hatte. Denn Ishtar tat nach dem ort Marduks, da er ihr Vormund war.


21 Zur selben Zeit, da Marduk im Tor des Königs saß, wurden zwei Kämmerer des Königs, Bigthan und Theres, die die Tür hüteten, zornig und trachteten danach, ihre Hände an den König Ahaschveros zu legen. 22 Das ward Marduk bekannt, und er sagte es der Königin Ishtar, und Ishtar sagte es dem König in Marduks Namen. 23 Und da man solches erforschte, ward es gefunden. Und sie wurden beide an Bäumen aufgehängt. Und das ward geschrieben in die Chronik vor dem König.



III.


1 Nach diesen Geschichten machte der König Ahaschveros den Haman groß, den Sohn von Medatha, den Agagiter, und erhöhte ihn und setzt seinen Stuhl über alle Fürsten, die bei ihm waren. 2 Und alle Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, beugten die Knie und beteten Haman an. Denn der König hatte es also geboten. Aber Marduk beugte die Knie nicht und betete nicht an. 3 Da sprachen des Königs Knechte, die im Tor des Königs waren, zu Marduk: Warum übertrittst du des Königs Gebot? 4 Und da sie solches täglich zu ihm sagten und er ihnen nicht gehorchte, sagten sie es Haman, dass sie sähen, ob solches Tun Marduks bestehen würde, denn er hatte ihnen gesagt, dass er ein Jude wäre.


5 Und da Haman sah, dass Marduk vor ihm nicht die Knie beugte noch ihn anbetete, ward er voll Grimms 6 und verachtete es, dass er an Marduk allein sollte die Hand legen. Denn sie hatten ihm das Volk Marduks angesagt. Sondern er trachtete, das Volk Marduks, alle Juden, so im ganzen Königreich des Ahaschveros waren, zu vertilgen. 7 Im ersten Mond, das ist der Mond Nissan, im zwölften Jahr des Königs Ahaschveros, ward das Los geworfen vor Haman, von einem Tag zum andern und vom Mond Nissan bis auf den zwölften Mond, das ist der Mond Adar.


8 Und Haman sprach zum König Ahaschveros: Es ist ein Volk zerstreut und teilt sich unter alle Völker in allen Ländern deines Königreichs, und ihr Gesetz ist anders als das aller Völker, und sie tun nicht nach des Königs Gesetzen, und es ist vom Könige nicht zu leiden, sie also zu lassen. 9 Gefällt es dem König, so schreibe er, dass man es umbringe. So will ich zehntausend Zentner Silber abwägen unter die Hand der Amtleute, dass man es bringe in die Kammer des Königs. 10 Da tat der König seinen Ring von der Hand und gab ihn Haman, dem Sohn von Medatha, dem Agagiter, der Juden Feind. 11 Und der König sprach zu Haman: Das Silber sei dir gegeben, dazu das Volk, dass du damit tust, was dir gefällt.


12 Da rief man den Schreibern des Königs im dreizehnten Tage des ersten Mondes, und es ward geschrieben, wie Haman befahl an die Fürsten des Königs und zu den Landpflegern hin und her in den Ländern und zu den Hauptleuten eines jeglichen Volkes in den Ländern hin ind her nach der Schrift eines jeglichen Volkes und nach ihrer Sprache, im Namen des Königs Ahaschveros und mit des Königs Ring versiegelt. 13 Und die Briefe wurden gesandt durch die Läufer in alle Länder des Königs, zu vertilgen, zu erwürgen und umzubringen alle Juden, jung und alt, Kinder und Weiber, auf Einen Tag, nämlich auf den dreizehnten Tag des zwölften Monds, das ist der Mond Adar, und ihr Gut zu rauben.


14 Also war der Inhalt der Schrift, dass ein Gebot gegeben wäre in allen Ländern, allen Völkern zu eröffnen, dass sie auf den selbigen Tag geschickt wären. 15 Und die Läufer gingen hinaus eilend nach des Königs Gebot. Und am Schloss Susan ward angeschlagen ein Gebot. Und der König und Haman saßen und tranken. Aber die Stadt Susan ward irre!



IV.


1 Da Marduk erfuhr alles, was geschehen war, zerriss er seine Kleider und legte einen Sack an und Asche und ging hinaus mitten in die Stadt und schrie laut und kläglich 2 und kam vor das Tor des Königs, denn es durfte niemand zu des Königs Tor eingehen, der einen Sack anhatte. 3 Und in allen Ländern, an welchem Ort des Königs Wort und Gebot gelangt, war ein großes Klagen unter den Juden und viele fasteten, weinten, trugen Leid und lagen in Säcken und in der Asche. 4 Da kamen die Dirnen der Ishtar und ihre Kämmerer und sagten es ihr. Da erschrak die Königin sehr. Und sie sandte Kleider, dass Marduk sie anzöge und den Sack ablege. Er aber nahm sie nicht.


5 Da rief Ishtar den Hathach unter des Königs Kämmerern, der vor ihr stand, und befahl ihm, zu Marduk zu treten, dass sie erführe, was das wäre und warum er so täte? 6 Da ging Hathach hinaus zu Marduk auf die Gasse in der Stadt, die vor dem Tor des Königs war. 7 Und Marduk sagte ihm alles, was ihm begegnet wäre, und die Summe des Silbers, was Haman geredet hatte in des Königs Kammer abzuwägen um der Juden willen, sie zu vertilgen. 8 Und er gab ihm die Abschrift des Gebots, das in Susan angeschlagen war, sie zu vertilgen, dass er es Ishtar zeige und es ihr sage und gebiete ihr, dass sie zum König hinein ginge und täte eine Bitte an ihn und bitte um ihr Volk.


9 Und da Hathach hinein kam und sagte Ishtar die Worte Marduks, 10 sprach Ishtar zu Hathach und gebot ihm an Marduk: 11 Es wissen alle Knechte des Königs und das Volk in den Ländern des Königs, dass, wer zum König hinein gehe inwendig in den Hof, er sei Mann oder Frau, der nicht gerufen worden ist, der soll umgehend sterben (Es sei denn, dass der König den goldenen Zepter gegen ihn reiche, damit er lebendig bleibe) Ich aber bin nun in dreißig Tagen nicht gerufen worden, zum König hinein zu kommen.


12 Und da die Worte Ishtars wurden Marduk angesagt, 13 ließ Marduk der Ishtar wieder sagen: Denke nicht, dass du dein Leben errettest, weil du im Hause des Königs bist vor allen Juden. 14 Denn wo du wirst zu dieser Zeit schweigen, so wird eine Hilfe und Errettung „von einem andern Ort“ (ha-Makom) den Juden entstehen, und du und deines Vaters Haus werdet umkommen. Und wer weiß, ob du gerade um dieser Zeit willen zum Königtum gekommen bist? 15 Ishtar ließ dem Marduk antworten: 16 So gehe hin und versammle alle Juden, die in Susan vorhanden sind, und fastet für mich, dass ihr nicht esst und trinkt in drei Tagen, weder Tag noch Nacht. Ich und meine Dirnen wollen auch so fasten. Und so will ich zum König hinein gehen gegen das Gebot. Komm ich um, so komm ich um! 17 Marduk ging hin und tat alles, was ihm Ishtar geboten hatte.



V.


1 Und am dritten Tage zog sich Ishtar königlich an und trat in den Hof am Hause des Königs inwendig gegenüber dem Hause des Königs. Und der König saß auf seinem königlichen Thron im königlichen Hause gegenüber der Tür des Hauses. 2 Und da der König sah Ishtar, die Königin, stehen im Hof, fand sie Gnade vor seinen Augen. Und der König streckte den goldenen Zepter in seiner Hand zu Ishtar. Da trat Ishtar herzu und berührte die Spitze des Zepters. 3 Da sprach der König zu ihr: Was ist mit dir, Ishtar, Königin? Was forderst du? Auch die Hälfte des Königreichs soll dir gegeben werden! 4 Ishtar sprach: Gefällt es dem König, so komme der König mit Haman heute zu dem Mahl, das ich zugerichtet habe. 5 Der König sprach: Rasch, dass Haman tu, was Ishtar gesagt hat.


Da nun der König und Haman zu dem Mahl kamen, das Ishtar zugerichtet hatte, 6 sprach der König zu Ishtar, da er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Ishtar? Es soll dir gegeben werden. Und was forderst du? Auch die Hälfte des Königreichs soll dir gegeben werden. 7 Da antwortete Ishtar und sprach: Meine Bitte und mein Begehren ist, 8 hab ich Gnade gefunden vor dem König und so es dem König gefällt, mir zu gewähren meine Bitte und zu erfüllen mein Begehren, so komme der König mit Haman zu dem Mahl, das ich für sie zurichten will. So will ich morgen tun, was der König gesagt hat.


9 Da ging Haman des Tages hinaus fröhlich und guten Mutes. Und da er sah Marduk im Tor des Königs, dass er nicht aufstand noch sich vor ihm bewegte, ward er voll Zornes über Marduk / 10 Aber er hielt sich zurück. Und da er heimkam, sandte er hin und ließ holen seine Freunde und sein Weib Zeres 11 und erzählte ihnen die Herrlichkeit seines Reichtums und die Menge seiner Kinder und alles, wie ihn der König so groß gemacht hätte, und dass er über die Fürsten und Knechte des Königs erhaben wäre. 12 Auch sprach Haman: Und die Königin Ishtar hat niemand lassen kommen mit dem König zum Mahl, das sie zugerichtet hat, als nur mich, und ich bin auch morgen zu ihr eingeladen mit dem König. 13 Aber an all dem hab ich nicht genug, solange ich sehe den Juden Marduk am Königstor sitzen!


14 Da sprachen zu ihm sein Weib Zeres und alle seine Freunde: Man mache einen Baum fünfzig Ellen hoch und sage morgen dem König, dass man Marduk daran aufhänge! So kommst du mit dem König fröhlich zum Mahl. Das gefiel Haman wohl, und er ließ einen Baum zurichten.



VI.


1 In der selben Nacht konnte der König nicht schlafen, und ließ sich die Chronik und die Historien bringen. Da diese wurden dem König vorgelesen, 2 traf es sich, da geschrieben war, wie Marduk hatte angesagt, dass die zwei Kämmerer des Königs, Bigthana und Theres, die an der Schwelle hüteten, danach getrachtet hatten, die Hand an den König Ahaschveros zu legen. 3 Und der König sprach: Was haben wir Marduk für Ehre und Gutes dafür getan? Da sprachen die Knaben des Königs, die ihm dienten: Es ist ihm nichts geschehen. 4 Und der König sprach: Wer ist im Hof? (Denn Haman war in den Hof gegangen draußen vor des Königs Haus, dass er dem König sage, Marduk zu hängen an den Baum, den er ihm zubereitet hatte) 5 Und des Königs Knaben sprachen zu ihm: Siehe, Haman steht im Hof. Der König sprach: Lasst ihn hereintreten.


6 Und da Haman hinein kam, sprach der König zu ihm:/ Was soll man dem Mann tun, den der König gerne wollte ehren? Haman aber dacht in seinem Herzen: Wem sollte der König anders gern wollen Ehre erweisen als mir? 7 Und Haman sprach zum König: Den Mann, den der König gerne wollte ehren, 8 soll man herbringen, dass man ihm königliche Kleider anziehe, die der König pflegt zu tragen, und das Ross, da der König drauf reitet, und dass man die königliche Krone auf sein Haupt setze. 9 Und man soll solches Kleid und Ross geben in die Hand eines Fürsten des Königs, das der selbe den Mann anziehe, den der König gern ehren wollte, und führe ihn auf dem Ross in der Stadt Gassen und lasse rufen vor ihm her: So wird man tun dem Mann, den der König gerne ehren wollte!


10 Der König sprach zu Haman: Eile und nimm das Kleid und Ross, wie du gesagt hast, und tu also mit Marduk, dem Juden, der vor dem Tor des Königs sitzt, und lass nichts fehlen an allem, das du geredet hast. 11 Da nahm Haman das Kleid und Ross und zog Marduk an und führte ihn auf der Stadt Gassen und rief vor ihm her: So wird man tun dem Mann, den der König gerne ehren wollte. 12 Und Marduk kam wieder an das Tor des Königs.


Haman aber eilte nach Hause, trug Leid mit verhülltem Kopf 13 und erzählte seinem Weibe Zeres und seinen Freunden allen alles, was ihm begegnet war. Da sprachen zu ihm seine Weisen und sein Weib Zeres: Ist Marduk vom Samen der Juden vor dem du zu fallen angehoben hast, so vermagst du nichts gegen ihn, sondern du wirst vor ihm fallen. 14 Da sie aber noch mit ihm redeten, kamen herbei des Königs Kämmerer und trieben Haman, zum Mahl zu kommen, das Ishtar zugerichtet hatte.



VII.


1 Und da der König mit Haman kam zum Mahl, das die Königin Ishtar zugerichtet hatte, 2 sprach der König zu Ishtar des andern Tages, da er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Königin Ishtar, dass man es dir gebe, und was forderst du? Auch das halbe Königreich, es soll geschehen. 3 Ishtar, die Königin, antwortete und sprach: Hab ich Gnade vor dir gefunden, o König, und gefällt es dem König, so gib mir mein Leben umb meiner Bitte willen und mein Volk um meines Begehrens willen. 4 Denn wir sind verkauft, ich und mein Volk, dass wir vertilgt, erwürgt und umgebracht werden. Und wollte Gott, wir würden doch zu Knechten und Mägden verkauft, so wollte ich schweigen, so würde der Feind doch dem König nicht schaden.


5 Der König Ahaschveros redete und sprach zu der Königin Ishtar: Wer ist der? oder wo ist der, der solches in seinen Sinn nehmen dürfe, also zu tun? 6 Ishtar sprach: Der Feind und Widersacher ist dieser böser Haman! Haman aber entsetzte sich vor dem König und der Königin. 7 Und der König stand auf vom Mahl und vom Wein in seinem Grimm und ging in den Garten am Hause. Und Haman stand auf und bat die Königin Ishtar um sein Leben, denn er sah, dass ihm ein Unglück vom König schon bereitet war.


8 Und da der König wieder aus dem Garten am Hause in den Saal, da man gegessen hatte, kam, lag Haman an der Bank, auf der Ishtar saß. Da sprach der König: Will er auch die Königin vergewaltigen bei mir im Haus? Da das Wort aus des Königs Mund ging, verhüllten sie Haman das Antlitz. 9 Und Harbona, der Kämmerer einer vor dem König, sprach: Siehe, es steht ein Baum vorm Hause Hamans, fünfzig Ellen hoch, den er für Marduk gemacht hatte, der Gutes für den König geredet hat. Der König sprach: Lasst ihn daran aufhängen. 10 Also hängte man Haman an dem Baum auf, den er für Marduk gemacht hatte. Da legte sich des Königs Zorn.



VIII.


1 An dem Tage gab der König Ahaschveros der Königin Ishtar das Haus Hamans, des Judenfeindes. Und Marduk kam vor den König, denn Ishtar sagte, wie er zu ihr gehörte. 2 Und der König tat ab seinen Fingerring, den er von Haman hatte genommen, und gab ihn Marduk. Und Ishtar setzte Marduk über das Haus Hamans.


3 Und Ishtar redete weiter vor dem König und fiel ihm zu den Füßen und flehte ihn an, dass er wegtäte die Bosheit Hamans, des Agagiters, und seine Anschläge, die er gegen die Juden erdacht hatte. 4 Und der König streckte den goldenen Zepter zu Ishtar. Da stand Ishtar auf und trat vor den König 5 und sprach: Gefällt es dem König und habe ich Gnade gefunden vor ihm und ist es gelegen dem König und ich ihm gefalle, so schreibe man, dass die Briefe der Anschläge Hamans, des Sohnes von Medatha, des Agagiters, widerrufen werden, die er geschrieben hat, die Juden umzubringen in an allen Ländern des Königs. 6 Denn wie kann ich zusehen dem Übel, das mein Volk treffen würde? Und wie kann ich zusehen, dass mein Geschlecht umkomme?


7 Da sprach der König Ahaschveros zur Königin Ishtar und zu Marduk, dem Juden: Siehe, ich habe Ishtar das Haus Hamans gegeben, und ihn hat man an einem Baum aufgehängt, darum, dass er seine Hand an die Juden gelegt. 8 So schreibt nun ihr für die Juden, wie es euch gefällt, in des Königs Namen, und versiegelt es mit des Königs Ring. Denn die Schrift, die in des Königs Namen geschrieben und mit des Königs Ring versiegelt wurden, darf niemand widerrufen.


9 Da wurden gerufen des Königs Schreiber zu der Zeit im dritten Mond, das ist der Mond Sivan, am dreiundzwanzigsten Tage, und wurden geschrieben, wie Marduk gebot, an die Juden und an die Fürsten, Landpfleger und Hauptleute in den Ländern, von Indien an bis an den Hindukusch, nämlich hundertundsiebenundzwanzig Länder, einem jeglichen Land nach seiner Schrift, einem jeglichen Volk nach seiner Sprache, und den Juden nach ihrer Schrift und Sprache.


10 Und es ward geschrieben in des Königs Ahaschveros Namen und mit des Königs Ring versiegelt, und er sandte die Briefe durch die reitenden Boten auf jungen Maultieren. 11 Darin der König den Juden gab, wo sie in Städten waren, sich zu versammeln und einzustehen für ihr Leben und zu vertilgen, zu erwürgen und umzubringen alle Macht des Volkes und Landes, die sie ängstigten, samt den Kindern und Weibern, und ihr Hab und Gut zu rauben, 12 auf einen Tag, in allen Ländern des Königs Ahaschveros, nämlich am dreizehnten Tag des zwölften Mondes, das ist der Mond Adar.


13 Der Inhalt aber der Schrift war, dass ein Gebot gegeben wäre, in allen Ländern zu eröffnen allen Völkern, dass die Juden auf den Tag geschickt sein sollten, sich zu rächen an ihren Feinden. 14 Und die reitenden Boten auf den Maultieren ritten aus schnell und eilend, nach dem Wort des Königs. Und das Gebot ward am Schloss Susan angeschlagen.


15 Marduk aber ging hinaus von dem König in königlichen Kleidern, gelb und weiß, und mit einer großen goldenen Krone, angetan mit einem Leinen und purpurnem Mantel. Und die Stadt Susan jauchzte und war fröhlich. 16 Den Juden aber war ein Licht und Freude und Wonne und Ehre gekommen. 17 Und in allen Ländern und Städten, an welchen Ort des Königs Wort und Gebot gelangt, da ward Freude und Wonne unter den Juden, Wohlleben und gute Tage, dass viele der Völker im Lande Juden wurden, denn die Furcht vor den Juden kam über sie.



IX.


1 Im zwölften Mond, das ist der Mond Adar, am dreizehnten Tage, den des Königs Wort und Gebot bestimmt hatte, dass man es tun sollte. Eben desselben Tages, da die Feinde der Juden hofften, sie zu überwältigen, fand es sich, dass die Juden ihre Feinde überwältigen sollten. 2 Da versammelten sich die Juden in ihren Städten in allen Ländern des Königs Ahaschveros, dass sie Hand legten an die, so ihnen übelwollten. Und niemand konnte ihnen widerstehen. Denn die Furcht vor ihnen war über alle Völker gekommen. 3 Auch alle Obersten in den Ländern und Fürsten und Landpfleger und Amtleute des Königs erhoben die Juden, denn die Furcht vor Marduk kam über sie. 4 Denn Marduk war groß im Hause des Königs, und sein Ruhm erscholl in allen Ländern, wie er zunähme und groß würde.


5 Also schlugen die Juden an allen ihren Feinden mit der Schwertschlacht und würgten und brachten um und taten nach ihrem Willen an denen, die ihnen Feind waren. 6 Und im Schloss Susan erwürgten die Juden und brachten um fünfhundert Mann. 7 Dazu erwürgten sie Parsandatha, Dalphon, Aspatha, 8 Poratha, Adalja, Aridatha, 9 Parmastha, Arissai, Aridai, Vajesatha, 10 die zehn Söhne Hamans, des Sohnes von Medatha, des Judenfeindes. Aber an seine Güter legten sie die Hände nicht.


11 Zu der selben Zeit kam die Zahl der Erwürgten im Schloss Susan vor den König. 12 Und der König sprach zu der Königin Ishtar: Die Juden haben im Schloss Susan fünfhundert Mann erwürgt und umgebracht und die zehn Söhne Hamans. Was werden sie tun in den andern Ländern des Königs? Was bittest du, dass man es dir gebe? Und was forderst du mehr, dass man es tu?


13 Ishtar sprach: Gefällt es dem König, so lasse er auch morgen die Juden in Susan tun nach dem heutigen Gebot, dass sie die zehn Söhne Hamans an den Bäumen aufhängen. 14 Und der König gebot, also zu tun, und das Gebot ward in Susan angeschlagen. Und die zehn Söhne Hamans wurden aufgehängt. 15 Und die Juden versammelten sich in Susan am vierzehnten Tage des Mondes Adar und erwürgten in Susan dreihundert Mann. Aber an ihre Güter legten sie ihre Hände nicht.


16 Aber die andern Juden in den Ländern des Königs kamen zusammen und standen ein für ihr Leben, dass sie sich Ruhe schafften vor ihren Feinden, und erwürgten ihrer Feinde fünfundsiebzigtausend. Aber an ihre Güter legten sie ihre Hände nicht. 17 Das geschah am dreizehnten Tage des Mondes Adar, und sie ruhten am vierzehnten Tage des selben Mondes. Den machte man zum Tage des Wohllebens und der Freuden. 18 Aber die Juden in Susan waren zusammen gekommen am dreizehnten und vierzehnten Tage, und ruhten am fünfzehnten Tage. Und den Tag machte man zum Tag des Wohllebens und der Freuden. 19 Darumb machten die Juden, die auf den Dörfern und Flecken wohnten, den vierzehnten Tag des Mondes Adar zum Tag des Wohllebens und der Freuden, und sandte einer dem andern Geschenke.


20 Und Marduk beschrieb diese Geschichte, und sandte die Briefe zu allen Juden, die in allen Ländern des Königs Ahaschveros waren, nahen und fernen, 21 dass sie annähmen und hielten den vierzehnten und fünfzehnten Tag des Mondes Adar jährlich. 22 Nach den Tagen, darinnen die Juden zur Ruhe gekommen waren von ihren Feinden, und nach dem Mond, darinnen ihre Schmerzen in Freude und ihr Leid in gute Tage verwandelt war, dass sie die selben halten sollten für Tage des Wohllebens und der Freuden und einer dem andern Geschenke schicke und den Armen auch etwas mitteile.


23 Und die Jiden nahmen es an, dass sie angefangen hatten zu tun und was Marduk ihnen schrieb.24 Wie Haman, der Sohn von Madatha, der Agagiter, aller Juden Feind, gedacht hatte, alle Juden umzubringen und das Los werfen lassen, sie zu erschrecken und umzubringen. 25 Und wie Ishtar zum König gegangen war und geredet, dass durch Briefe seine bösen Anschläge, die er gegen die Juden geplant, auf seinen Kopf gekehrt würden, und wie man ihn und seine Söhne an den Bäumen aufgehängt hätte. 26 Daher sie diese Tage Purim nennen, nach dem Namen des Loses, nach allen Worten dieses Briefes, und was sie selbst gesehen hatten und was an sie gelangt war.


27 Und die Juden richteten es auf und nahmen es auf sich und auf ihre Samen und auf alle, die sich zu ihnen taten, dass sie nicht übergehen wollten, zu halten diese zwei Tage jährlich, wie die beschrieben und bestimmt wurden, 28 dass diese Tage nicht zu vergessen, sondern zu halten seien, bei Kindeskindern, bei allen Geschlechtern in allen Ländern und Städten. Es sind die Tage Purim, welche nicht sollen übergangen werden unter den Juden und ihr Gedächtnis nicht umkommen bei ihrem Samen.


29 Und die Königin Ishtar, die Tochter von Abihail, und Marduk, der Jude, schrieben mit ganzer Gewalt, zu bestätigen diesen andern Brief vom Purim 30 und sandten die Briefe an alle Juden in den hundertundzweiundsiebzig Ländern des Königreichs des Ahaschveros, mit freundlichen und treuen Worten, 31 dass sie bestätigten diese Tage des Purim auf ihre bestimmte Zeit, wie Marduk, der Jude, über sie bestätigt hatte und dieKönigin Ishtar, wie sie auf ihre Seele und auf ihren Samen bestätigt hatten die Geschichte des Fastens und ihres Schreiens. 32 Und Ishtar befahl, diese Geschichte dieses Purim zu bestätigen und in ein Buch zu schreiben.



X.


1 Und der König Ahaschveros legte Zins aufs Land und auf die Inseln im Meer. 2 Aber alle Werke seiner Gewalt ud Macht und die große Herrlichkeit Marduks, die ihm der König gab, siehe, das ist geschrieben in der Chronik der Könige in Medien und Persien. 3 Denn Marduk, der Jude, war der Zweite nach dem König Ahaschveros und groß unter den Juden und angenehm unter der Schar seiner Brüder, der für sein Volk Gutes zu tun suchte und redete das Beste für all seinen Samen.



Ende des Buches Ishtar.