Luther 1545 V2.0
Revision von Torsten Schwanke
I
1. Das Hohelied Salomonis. 2 Er küsse mich mit dem Kuss seines Mundes! Denn deine Brüste sind berauschender als Wein! 3 Dass man deine gute Salbe rieche, dein Name ist eine ausgegossene Salbe, darum lieben dich die Mädchen.
4 Zieh mich dir nach, so laufen wir. Der König führt mich in seine Kammer. Wir freuen uns und sind fröhlich über dir. Wir denken an deine Brüste öfter als an den Wein! Die Frommen lieben dich!
5 Ich bin schwarz, und sehr schön, ihr Töchter von Jerusalem, wie die Zelte von Kedar, wie die Teppiche Salomos. 6 Seht mich nicht so an, dass ich so schwarz bin, denn die Sonne hat mich so verbrannt. Meiner Mutter Söhne zürnen mit mir, man hat mich zur Hüterin der Weinberge bestellt, aber meinen eignen Weinberg hab ich nicht behütet.
7 Sage mir an, du, den meine Seele liebt, wo du weidest, wo du ruhst am Mittag, dass ich nicht hin und her gehen muss bei den Herden deiner Genossen.
8 Weißt du es nicht, du Schönste unter den Weibern, so geh hinaus zu den Fußstapfen der Schafe und weide deine Zicklein bei den Hirtenzelten.
9 Ich vergleiche dich, meine Geliebte, einem Prachtross am Wagen Pharaos. 10 Deine Wangen sehen lieblich aus mit den Spangen und dein Hals mit den Ketten. 11 Wir wollen dir goldene Ketten machen mit silbernen Kugeln.
12 Da der König sich her wandte, gab mein Narde ihren Geruch. 13 Mein Geliebter ist mir ein Büschel von Myrrhe, der zwischen meinen Brüsten hängt. 14 Mein Geliebter ist mir eine Traube von Zyperblumen in den Weingärten von Ayn-Gedi.
15 Siehe, meine Geliebte, du bist schön, schön bist du! Deine Augen sind Taubenaugen. 16 Siehe, mein Geliebter, du bist schön und lieblich. Unser Bett grünt, 17 unseres Bettes Balken sind Zedern, unseres Bettes Latten sind Zypressen.
II.
1 Ich bin eine Rose von Scharon und eine Lilie im Tal. 2 Wie eine Rose unter Dornen, so ist meine Geliebte unter den Töchtern. 3 Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Geliebter unter den Söhnen. Ich sitze unter dem Schatten dessen, den ich begehre, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß.
4 Er führt mich in den Weinkeller, und die Liebe ist seine Fahne über mir. 5 Er erquickt mich mit Rosinen und labt mich mit Äpfeln. Denn ich bin krank vor Liebe! 6 Seine Linke liegt unter meinem Haupt und seine Rechte liebkost mich.
7 Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem, bei den Rehen oder bei den Hindinnen auf dem Feld, dass ihr meine Geliebte nicht aufweckt noch aufregt, bis es ihr selbst gefällt.
8 Da ist die Stimme meins Geliebten. Siehe, er kommt und hüpft auf den Bergen und springt auf den Hügeln. 9 Mein Geliebter ist gleich einem Rehbock oder jungen Hirsch. Siehe, er steht hinter unserer Mauer und sieht durchs Fenster und guckt durch den Vorhang.
10 Mein Geliebter antwortet und spricht zu mir: Steh auf, meine Geliebte, meine Schöne, und komm! 11 Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist weg und dahin, 12 die Blumen sind hervorgekomen im Land, der Lenz ist er gekommen und die Turteltaube lässt sich hören in unserem Land, 13 der Feigenbaum hat Knospen gewonnen, die Weinstöcke haben Augen gewonnen und geben ihren Geruch. Steh auf, meine Geliebte, uvnd komm, meine Schöne, komm! 14 Meine Taube in dem Felsloch, in der Felsritze, zeig mir deine Gestalt und lass mich hören deine Stimme, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt reizend.
15 Fngt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben. Denn unsere Weinberge haben Augen gewonnen. 16 Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, der unter den Lilien weidet.17 Bis der Tag kühl werde und der Schatten weiche, kehre um, werde wie ein Rehbock, mein Geliebter, oder wie ein junger Hirsch auf dem Scheideberg.
III.
1 Ich suchte des nachts in meinem Bette den meine Seele liebt! Ich suchte, aber ich fand ihn nicht. 2 Ich will aufstehen und in der Stadt umhergehen auf den Gassen und Straßen und suchen den meine Seele liebt. Ich suchte, aber ich fand ihn nicht. 3 Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen. Habt ihr nicht gesehen den meine Seele liebt? 4 Da ich ein wenig vorüber kam, da fand ich den meine Seele liebt. Ich halte ihn und will ihn nicht loslassen, bis ich ihn bringe in meiner Mutter Haus, in meiner Mutter Kammer.
5 Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem, bei den Rehen oder Hindinnen auf dem Feld, dass ihr meine Geliebte nicht aufweckt noch aufregt, bis es ihr selbst gefällt.
6 Wer ist sie, die heraufkommt aus der Wüste wie ein gerader Rauch, wie ein Geruch von Myrrhe, Weihrauch und allerlei Pulver eines Apothekers?
7 Siehe, um das Bett Salomo her stehen sechzig Starke aus den Starken in Israel. 8 Sie halten alle Schwerter und sind geschickt zu kämpfen. Ein jeglicher hat sein Schwert an seiner Hüfte um des Terrors willen in der Nacht.
9 König Salomo ließ sich eine Sänfte machen von Holz vom Libanon, 10 deren Säulen waren silbern, die Decke golden, der Sitz purpurn, der Boden mittendrin war lieblich belegt von den Töchter aus Jerusalem.
11 Geht heraus und schaut an, ihr Töchter Zions, den König Salomo in der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt hat am Tag seiner Hochzeit und am Tag der Freuden seines Herzens.
IV.
1 Siehe, meine Geliebte, du bist schön! Siehe, schön bist du! Deine Augen sind Taubenaugen zwischen deinen Zöpfen. Dein Haar ist wie die Ziegenherde, die herunter wallen vom Berge Gilead. 2 Deine Zähne sind wie die Herde mit beschnittener Wolle, die aus dem Bad kommen, die Zwillinge tragen, und ist keine unter ihnen unfruchtbar. 3 Deine Lippen sind wie eine scharlachrote Schnur, und deine Rede ist lieblich. Deine Wangen sind wie der Spalt am Granatapfel zwischen deinen Zöpfen. 4 Dein Hals ist wie der Turm Davids, mit Brustwehr gebaut, daran tausend Schilde hängen und allerlei Waffen der Starken. 5 Deine zwei Brüste sind wie zwei junge Zwillingskitze der Gazelle, die in den Lilien weiden, 6 bis der Tag kühl werde und der Schatten weiche. Ich will zum Myrrheberg gehen und zum Weihrauchhügel.
7 Du bist ganz schön, meine Geliebte, und ist kein Makel an dir! 8 Komm, meine Braut, vom Libanon, komm vom Libanon, geh herein, tritt her von der Höhe Amana, von der Höhe Senir und dem Hermon, von den Wohnungen der Löwen, von den Bergen der Panther. 9 Du hast mir das Herz genommen, meine liebe Schwester-Braut, mit deiner Blicke einem und mit deiner Halskette.
10 Wie prachtvoll sind deine Brüste, meine liebe Schwester-Braut! Deine Brüste sind berauschender als Wein! Der Duft deiner Salben übertrifft alle Würze. 11 Deine Lippen, meine Braut, sind wie triefender Honig! Honig und Milch sind auf deiner Zunge! Und deiner Kleider Geruch ist wie der Geruch des Libanonwaldes.
12 Meine liebe Schwester-Braut! Du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Brunnen. 13 Dein Körper ist wie ein Lustgarten von Granatäpfeln, mit edlen Früchten, Zypertrauben mit Narde, 14 Narde mit Safran, Kalmus und Zimt, mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhe und Aloe, mit allen besten Gewürzen, 15 wie ein Gartenbrunnen, wie eine Quelle lebendigen Wassers,/ die vom Libanon-Berg fließen.
16 Geh, Nordwind, und komm, Südwind, und blase in meinen Garten, dass seine Gewürze triefen!
17 Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse seine edlen Früchte!
V.
1 Ich komme, meine liebe Schwester-Braut, in meinem Garten. Ich habe meine Myrrhe samt meinen Gewürzen abgebrochen. Ich habe meinen Seim samt meinem Honig gegessen. Ich habe meinen Wein samt meiner Milch getrunken. Esst, meine Lieben, und trinkt, meine Freunde, und werdet betrunken!
2 Ich schlafe, aber mein Herz wacht. Da ist die Stimme meins Geliebten, der anklopft: Tu mir auf, liebe Geliebte, meine Schwester, mein Täubchen, meine Selige! Denn mein Haupt ist voll Tau und meine Locken voll Nachttropfen. 3 Ich habe meinen Rock ausgezogen, wie sollte ich ihn wider anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich sie wieder besudeln?
4 Ah, mein Geliebter steckt seine Hand durchs Loch! Und mein Leib bebt ihm entgegen! 5 Da stand ich auf, dass ich meinem Geliebten auftäte. Meine Hände troffen von Myrrheöl und Myrrheöl lief über meine Finger an dem Riegel am Schloss! 6 Und da ich meiem Geliebten aufgetan hatte, war er weg und dahin gegangen.
Da ging meine Seele heraus nach seinem Wort. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Ich rief, aber er antwortete mir nicht. 7 Es fanden mich die Hüter, die in der Stadt umhergehen, die schlugen mich wund, die Hüter auf der Mauer nahmen mir meinen Schleier! 8 Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem: Findet ihr meinen Geliebten, so sagt ihm, dass ich vor Liebe krank liege!
9 Wer ist dein Geliebter vor andern Freunden, o du Schönste unter den Weibern? Wer ist dein Geliebter vor andern Freunden, dass du uns so beschworen hast? 10 Mein Geliebter ist weiß und rosig, auserwählt unter Tausenden. 11 Sein Haupt ist das feinste Gold. Seine Locken sind kraus, schwarz wie ein Rabe. 12 Seine Augen sind wie die Augen von Tauben. Seine Zähne sind an den Wasserbächen, mit Milch gewaschen, und stehen in Fülle. 13 Seine Wangen sind wie die wachsenden Gewürzgärten der Apotheker. Seine Lippen sind wie Rosen, die mit fließenden Myrrhen triefen. 14 Seine Hände sind wie goldene Ringe voller Türkise. Sein Leib ist wie reines Elfenbein, mit Saphiren geschmückt. 15 Seine Beine sind wie Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen. Seine Gestalt ist wie Libanon-Berg, erlesen wie Zedern. 16 Sein Gaumen ist süß und lieblich. Ein solcher ist mein Geliebter, mein Geliebter ist ein solcher, ihr Töchter von Jerusalem.
VI.
1 Wo ist denn dein Geliebter hingegangen, o du Schönste unter den Weibern? Wo hat sich dein Geliebter hingewandt? So wollen wir ihn mit dir suchen. Mein Geliebter ist hinab gegangen in seinen Garten, in den Gewürzgarten, dass er weide in dem Garten und Rosen pflücke. 2 Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, der unter den Lilien weidet.
3 Du bist schön, meine Geliebte, wie Tirza, lieblich wie Jerusalem, schrecklich wie Heerscharen! 4 Wende deine Augen von mir ab, denn sie machen mich brünstig! Deine Haare sind wie eine Herde Ziegen, die vom Berge Gilead nieder wallen. 5 Deine Zähne sind wie eine Herde Schafe, die aus dem Bad kommen, die Zwillinge tragen, und ist keine unfruchtbar unter ihnen. 6 Deine Wangen sind wie ein Spalt am Granatapfel zwischen deinen Zöpfen.
7 Sechzig sind der Königinnen und achtzig der Konkubinen und Jungfrauen ohne Zahl! 8 Aber nur Eine ist meine Taube, meine Selige! Eine ist ihrer Mutter die Liebste und die Auserwählte ihrer Mutter. Da sie die Töchter sahen, priesen sie diese selig, und die Königinnen und Konkubinen lobten sie. 9 Wer ist sie, die hervorbricht wie die Morgenröte, lieblich wie der Mond, herrlich wie die Sonne, gewaltig wie die Sterne?
10 Ich bin hinab in den Nussgarten gegangen, zu schauen die Sträucher am Bach, zu schauen, ob der Weinstock blüht, ob die Granatäpfel grünen. 11 Meine Seele wusste nicht, dass er mich auf den Wagen Aminadibs gesetzt hatte.
12 Kehre wieder, kehre wieder, o Sulamith, kehre wieder, kehre wieder, dass wir dich schauen! Was seht ihr Sulamith an im Tanz von Mahanajim?
VII.
1 Wie schön ist dein Gang in den Sandalen, Prinzessin! Deine Lenden sind gebogen wie zwei Spangen, die des Meisters Hand gemacht hat! 2 Dein Nabel ist wie ein runder Becher, dem nimmer der Mischwein mangelt! Dein Bauch ist wie ein Weizenhaufen, umsteckt mit Blumen. 3 Deine zwei Brüste sind wie zwei junge Zwillingskitze der Gazelle! 4 Dein Hals ist wie ein Elfenbeinturm! Deine Augen sind wie die Teiche in Heschbon am Tor von Bath-Rabbim. Deine Nase ist wie der Turm auf dem Libanon-Berg, der nach Damaskus sieht. 5 Dein Haupt ist wie der Karmel! Das Haar auf deinem Haupt ist wie Purpur, in dem ein König gefangen liegt!
6 Wie schön und wie lieblich bist du, o Liebe voller Wollust! 7 Deine Gestalt ist gleich einer Palme und deine Brüste gleich den Weintrauben! 8 Ich sprach: Ich will die Palme besteigen und ihre Datteln pflücken! Lass deine Brüste sein wie Trauben am Weinstock! Und deines Mundes Duft sei wie Äpfel 9 und deine Kehle wie guter Wein, der meinem Geliebten glatt eingehe, und er redet trunken! 10 Mein Geliebter ist mein, und er bleibt mir treu.
11 Komm, mein Geliebter! Lass uns aufs Feld hinausgehen und in dem Dorf bleiben. 12 Dass wir früh aufstehen und in die Weinberge gehen, dass wir sehen, ob der Weinstock blüht und Augen gewonnen habe, ob die Granatapfelbäume ausgeschlagen sind. Da will ich dir meine Brüste geben! 13 Die Liebesäpfel geben den Geruch, und vor unserer Tür sind allerlei edle Früchte. Mein Geliebter, ich hab dir beide, die von gestern und die von heute, aufgespart.
VIII.
1 O dass du mein Bruder wärst, der meiner Mutter Brüste gesogen hätte! Wenn ich dich draußen fände und dich küssen wollte, dass mich niemand verhöhnte! 2 Ich wollte dich führen und in meiner Mutter Haus bringen, wo du mich lehren solltest. Da wollte ich dich tränken mit gemischtem Wein und mit dem Most meiner Granatäpfel. 3 Seine Linke liegt unter meinem Haupt und seine Rechte liebkost mich.
4 Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem, dass ihr meine Liebste nicht aufweckt noch aufregt, bis es ihr selbst gefällt. 5 Wer ist sie, die heraufkommt von der Wüste und lehnt sich auf ihren Geliebten? Unter dem Apfelbaum weckte ich dich, da deine Mutter dich geboren hatte, da mit dir gelegen hatte, die dich empfangen hat.
6 Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz und wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stärker als der Tod und Leidenschaft heißer als die Hölle! Ihre Glut ist feurig und ein Flamme von Jah, 7 dass auch viele Wasser nicht können die Liebe auslöschen noch die Ströme sie ersaufen. Wenn einer alles Geld in seinem Haus um die Liebe geben wollte, so gelte das nichts.
8 Unsere Schwester ist klein und hat noch keine Brüste. Was sollen wir mit unserer Schwester tun, wenn man sie nun freien will? 9 Ist sie eine Mauer, so wollen wir silbernes Bollwerk darauf bauen. Ist sie eine Tür, so wollen wir sie befestigen mit Zedernbalken. 10 Ich bin eine Mauer und meine Brüste sind wie Kuppeln! Da bin ich geworden vor seinen Augen wie eine, die Frieden gefunden.
11 Salomo hat einen Weinberg in Baal-Hamon. Er gab den Weinberg den Hütern, dass jeder für seine Früchte brächte tausend Silberlinge. 12 Mein Weinberg ist vor mir. Dir, Salomo, gebühren tausend, aber den Hütern zweihundert samt seinen Früchten.
13 Die du wohnst im Garten, lass mich deine Stimme hören! Die Genossen merken darauf.14 Flieh, mein Geliebter, und sei gleich einem Rehbock oder jungem Hirsch auf den Balsambergen!