DAS KUDRUN LIED

NACHGEDICHTET VON TORSTEN SCHWANKE


DIESES BUCH HANDELT VON KUDRUN


ERSTER GESANG


Wie Sigebant König wurde und ein Fest feierte


In Irland lebte ein ein ehrenvoller König,

Sein Name Sigebant, und Ger sein Vater war,

Die Mutter Ute hieß, sie war ein Königskind,

Für ihre Tugend liebt der König sie zu Recht.


Der starken König Ger, wie aller Welt bekannt,

Gehörten Burgen viel und sieben Fürstentümer,

Viertausend Krieger auch, die seine Untertanen,

Besitz und Ehre er mit ihnen sich gewann.

Den jungen Sigebant berief man an den Hof,

Wo er erlernen sollt, was Edlen nötig ist,

Zu reiten mit dem Speer, und Schwert und Spieß zu brauchen,

Dass das ihm vor dem Feind zugute einmal kommt.


Er wuchs bis zu dem Tag, da er die Waffen nahm,

Als Held verstand er es, die Waffen zu gebrauchen,

Weswegen man ihn pries bei Kriegern und Verwandten.

Und niemals war der Held in seinem Werk verdrossen.


Nach einer kurzen Zeit der Tod hat sie getrennt,

Was auch dem Adel heut noch großen Kummer schafft,

Es gibt Beweise des in allen Fürstentümern,

Wir müssen voller Angst stets rechnen mit dem Tod.


Die Mutter Sigebants war Witwe, und sie blieb es,

Der weitberühmte Held es deshalb unterließ,

Zu werben um ein Weib, zur Ehe sie zu nehmen.

Die Königstöchter schön doch sehnten sich nach ihm.


Doch seine Mutter riet, sich eine Frau zu suchen,

Auf dass dadurch sein Land und er gewürdigt würden

Und nach dem großen Schmerz durch seines Vaters Tod

Der Sippe und ihm selbst nur Glück und Freude folge.


Der Mutter guter Rat gefiel dem Sohn sehr gut,

Und er befolgte ihn, man soll der Mutter folgen.

Man werbe eine Frau, und zwar die Allerbeste,

Norwegen ihr Zuhaus. Ihm halfen die Verwandten.


Sie wurde ihm verlobt, so ward es mir erzählt,

Als Hofgesinde gab man ihr die schönsten Mädchen

Und siebenhundert Mann aus Frideschotten auch,

Die zogen mit ihr gern, weil sie den König schätzten.


In Jungfraunehre ward gebracht die Maid zum König

Von ihren Rittern, wie der Sitte es gemäß.

Und wer sie sehen wollt, der eilte schnell herbei,

Drei Meilen weit der Weg war ganz erfüllt von Menschen.


Die Blumen und das Gras, die waren bei den Wegen

Zertreten von der Schar, die mit gekommen war.

Es war die Jahreszeit, in der das Grüne spross,

Die Vögel in dem Wald mit Künsten Lieder sangen.


Von frohem jungen Volk sind viele mit geritten.

Und manch ein Lasttier trug manch herrliches Gewand,

Die brachte das Gesind aus ihrer Heimat mit,

Und tausend Tiere sind mit Schatz und Kleid beladen.


In schöner Pracht empfing man da das liebe Mädchen

An zweier Länder Rand, wohin sie trieb der Westwind,

Trieb auf des Meeres Flut sie an der Länder Grenze.

Man gab ihr ein Quartier, der König dafür sorgte.


Und zum Empfang man bot dem Mädchen einen Tjost.

Als der nach manchem Kampf vorbei gegangen war,

Da führte man die Frau ins eigne Land von Ger.

Dort wurde mächtig sie und später weltberühmt.


Wie man ihr dienen konnt, man war dazu bereit.

Den guten Pferden hing die teure Satteldecke

Bis zu den Hufen, bis hinunter in das Gras.

Ei! Guter Laune voll war Irlands Herrscher da!


Als er die liebe Maid zu küssen war gewillt,

Man drängte sich um ihn mit mancher Müh und Not.

Wie stieß da Schild auf Schild und Buckel gegen Buckel,

Das hörte dröhnen man, konnt keiner das vermeiden.


Am nächsten Morgen gleich gemeldet ward voraus,

Dass nun die schöne Braut ins Land des Fürsten kommt,

Wo sie beim Helden soll die Königskrone tragen.

Als seine Königin erwarb sie großen Dank.


Ach dass er bei ihr liegt, schien keinem Menschen passend,

Sie war schon Königin, und er war noch ein Knappe.

Er musste König sein und über Fürsten stehen.

Da half die Sippe ihm. Er wurde weltberühmt.


Fünfhundert Ritter ihm den Schlag des Ritters gaben,

Und was man nur begehrt an Pferden und an Kleidung

Und gute Rüstung auch, das wurde ihm gewährt,

Dem König jung und gut, nicht wankend in der Ehre.


In Irland herrschte er nun fortan viele Tage,

Wobei sein hoher Ruhm ward nimmermehr geringer.

Er richtete die Schuld, das Leid der Armen rächend,

Er war voll Großmut stets, in allem echt ein Held.


Aus seinen Länderrein erwuchs ihm große Ernte.

Und seine Königin war gut wie er gesinnt.

Und hätte sie die Macht von dreißig Königreichen

Und wärs ihr Eigentum, sie alles tät verschenken.


Wie ich vernommen hab, es war im dritten Jahr,

Dass in dem Ehebett ein Kindlein sie geboren.

Das wurde gleich getauft, man gab ihm einen Namen,

Der Name Hagen war, der Mann ist weltberühmt.


Erzogen ward er gut und auch gepflegt mit Sorge.

Wenn er den Ahnen folgt, wird er gewiss ein Held.

Ihn pflegten kluge Fraun und manches schöne Mädchen,

Den Eltern war das Kind die schönste Augenweide.


Als es im Alter war von sieben Jahren dann,

Da sah man ihn nun oft behütet von den Rittern,

Verleidet waren Fraun ihm da, er liebte Männer,

Doch später dann nicht mehr, er wurde weg entführt.


Wo Waffen sah das Kind dort auf dem Königshof,

Die sah er ganz genau, und da geschah es oft,

Dass Helm und Kettenhemd er wünschte sich zur Kleidung.

Das gab er später auf, die Hoffnung ward zerstört.


Und eines schönen Tags saß Sigbant auf der Treppe

Und seine Königin hat klug mit ihm geredet

Dort unterm Zedernbaum: Wir haben großen Ruhm,

Mich wundert aber eins, das will ich nicht verschweigen.


Er fragte, was das sei, da sprach die edle Frau:

Ach dass ist mein Verdruss und dieses tut mir leid,

Dem Leben und dem Herz, dass ich dich selten seh

Bei deiner Krieger Schar zu meiner Augenweide.


Drauf fragte sie der Herr: Warum soll das geschehen,

Dass du vor meiner Schar von Kriegern schautest mich?

Lass mich das wissen nur, o edle Königin,

Denn deinetwegen nehm ich große Müh auf mich.


Sie sprach: So mächtig ist kein Mensch sonst in der Welt.

Der so viel Burgen hat und auch so große Länder,

Und Gold und Edelstein und auch das reine Silber,

Doch handeln wir nicht so. Ach, so mag ich nicht leben!


Herr König, nimm mein Wort ganz ohne Feindschaft auf:

Als ich noch unvermählt in Frideschotten lebte,

Da sah ich jeden Tag die Ritter meines Vaters

Bemühen sich um Ruhm, was hier ich nie erlebt.


Ein König voller Macht, wie du gefeiert wirst

Und wie du selbst betonst, soll öfters Gäste laden.

Mit Rittern soll er oft turnieren in dem Tjost,

Dass für sein Erbland er und sich viel Ruhm gewinne.


Es ist ein fauler Sinn von manchem starken Fürsten,

Dass ohne Maß und Ziel sie Erdenschätze sammeln,

Doch sind sie nicht bereit, mit anderen zu teilen,

Was soll die Wunde da, verdient im Heldenkampf?


Und drauf der König sprach: Du spottest über mich!

Ich will mich ja bemühn, dem Wunsche zu entsprechen,

Auf dass sich mein Gemüt doch niemals davon wende,

Man muss mich lehren nicht der Fürsten Zucht und Sitte.


Sie sprach: So schick ins Reich und sende zu den Fürsten,

Und Schätze, Kleider viel, du biete als Geschenk,

Ich schicke Boten auch zu meiner Sippe Leuten

Und lad sie freundlich ein, dann flieht mich der Verdruss.


Und Irlands König sprach, an seine Frau gewandt:

Gern will ich folgen dir, wie es schon oft geschah,

Dass man auf Frauenrat ein Fest versprochen hat.

Und unsre Sippen will ich laden an den Hof.


Da sprach die Königin: Das macht mir großes Glück,

Ich selbst will manches Kleid fünfhundert Frauen schenken

Und sechzig Mädchen auch will geben ich Gewänder. -

Der König das vernahm, er sprach, das sei ihm lieb.


Als er das Fest beschloss, da achtzehn Tage später

Den Sippen gab er da die Kunde von dem Fest,

Dass, wer nach Irland will auf seinem Pferde reiten,

Er nach der Winterzeit die Sommerzeit erwarte.


Und wie ich es gehört, der Fürst ließ Sitze bauen,

Das Holz zu jedem Sitz man aus dem Walde trug,

Für sechzigtausend Mann ließ er da Bänke zimmern,

Der Schenke wusste das, der Truchsess zu beschaffen.


Auf Wegen vielerlei sie ritten dann herbei,

Bis zu dem großen Ruhm aus allen Fürstentümern

Wohl neunzigtausend Mann zum Hof des Königs kamen,

Und jeder, der da kam, der wurde gut bewirtet.


Und aus dem Vorratsraum man brachte manches Kleid.

Was jeder da begehrt, das gab man ihm sehr gern.

Auch Schilde schenkte man und manches Ross aus Irland,

Die edle Königin auch schmückte manche Frau.


Sie schenkte Kleid um Kleid, sie schenkte tausend Frauen

Und vielen Mädchen jung, was jungen Mädchen steht,

Mit Band und Edelstein und schöner feiner Seide,

Die liebenswerten Fraun, sie sahen prächtig aus.


Und jeder, der es wollt, erhielt ein schönes Kleid,

Und Pferde tummelten sich an der Knappen Händen,

Sie brachten manchen Schild und manchen langen Speer.

Frau Ute aber saß am Fenster hochgeachtet.


Der König hat erlaubt den Gästen das Turnier,

Da wurde dann der Glanz von manchem Helm getrübt.

Die Damen vielgelobt, die saßen nah dabei,

Auf dass genau sie sehn, was jene Helden trieben.


Das Kampfspiel währte lang, wie es oft üblich ist.

Der König wollte auch beim Fest sich sehen lassen,

Deswegen lobte ihn die Frau, die Königin,

Die mit den andern Fraun hoch auf der Zinne saß.


Nachdem er selber ritt, wie sichs geziemt für Fürsten,

Das war kein Grund zur Scham, da ließ er ehrenvoll

Der großen Arbeit Müh für seine lieben Gäste

Zu Ende bringen. Und dann ging man zu den Damen.


Die schöne Ute auch begrüßte da die Fremden,

Begrüßte manchen Freund. Dabei hat sie gewonnen

So manchen Gastes Gunst, die sie auch gern bekamen

Von Ute ein Geschenk, was niemals zu verschmähen.


Die Ritter und die Fraun, die fand man bei einander.

Der Plan des Hausherrn war den Gästen wohl bekannt,

Dass er auf seinem Fest den Gästen Ehre gönne.

Und als es Abend war, da gabs noch ein Turnier.


Das Fest, das wärte noch bis an den neunten Tag.

Was man auch alles dort an Rittersitten zeigte,

Das bracht dem Volk des Spiels fürwahr nicht Langeweile.

Sie hatten Arbeit viel und auch der Arbeit Nutzen.


Posaunen, Jägerhorn man hörte lauthals dröhnen,

Was man auch dort begann, der Harfe Spiel, der Flöten,

Gesang und Lautenspiel und Pfeifen auch und Geigen,

Das taten sie mit Ernst. Dafür sie kriegten Kleider.


Am zehnten Tage früh, hört nur die Seltsamkeit,

Da mussten nach der Lust doch viele es beklagen,

Denn aus dem Festtagslärm entstand ein neues Treiben,

Nach all der süßen Lust kam bittres Herzeleid.


Der König voller Glück bei seinen Gästen saß,

Da trat ein Wandrer vor, erreichte es mit Eifer,

Wer traute ihm das zu? dass er mit viel Geschick

Am allerschönsten spielt, da sahn ihn an die Fürsten.


Ein Iren-Mädchen schön, sie führte damals auch

Den jungen Königssohn an ihrer Hand dorthin.

Und mit ihr gingen Fraun und auch verwandte Leute,

Die ihn der Zucht gemäß zum Tugendheld erzogen.


Und in des Königs Burg vernahm man großen Lärm,

Die Leute lachten laut, andauernd, überall.

Des Hagen Pädagog sich nahe drängt heran,

So dass das Mädchen man, das Kind bald nicht mehr sah.


Des Königs großes Leid, das nahte sich dem Herrn,

Frau Ute und auch er erfuhren großes Leid.

Der böse Satanas, der sandte seinen Boten

Von ferne in das Reich. Das endet jammervoll.


Es war ein wilder Greif, der her geflogen kam.

Ein großes Unglück konnt der König nun erblicken

An seinem Sohn, den er erziehen ließ zur Tugend.

Durch diesen starken Greif hat er den Sohn verloren.


Es wurde dunkel dort, wohin ihn trug der Flug,

Als wär er ein Gewölk. Er war besonders stark.

Doch unter dem Geschwätz, da nahm es keiner wahr,

Das Mädchen mit dem Kind stand draußen ganz allein.


Und von des Greifen Kraft die Bäume stürzten um.

Und als die edle Maid den Vogel kommen sah,

Sie rettete sich selbst und ließ das Kind zurück,

So seltsam ist die Mär, man achtet sie als Wunder.


Der Greif ließ sich herab und packte sich das Kind

Mit seinen Krallen hart. Dabei bewies er so,

Wie schrecklich wild er war, von Grausamkeit erfüllt,

Das musste nun fortan das ganze Volk beweinen.


Ganz laut schrie jetzt das Kind, es war ja sehr erschrocken.

Er trug es in die Höh mit seiner großen Kraft,

Dann flog er in der Luft den fernen Wolken zu,

Darüber musste nun der Iren König weinen.


Und die Verwandten auch erfüllte Leid und Trauer,

Und sie beklagten sehr des lieben Kindes Tod.

Der König und sein Weib, sie waren sehr betrübt,

Und alle jammerten um dieses liebe Kind.


Und weil so groß das Leid, drum ward das schöne Fest

Auch abgebrochen schnell. Der Greif durch seine Tat

Hat alle so verstört, dass sie in großem Kummer

Und Trauer gingen ab. Betroffen waren alle.


Der König weinte sehr, die Tränen strömten ihm,

Jedoch die Königin, sie sagte sehr gefasst,

Dass er das Jammern lass, weil jeder sterben muss:

Es möge enden so, wie Gott im Himmel will.


Die Gäste wollten heim, da sprach die Königin:

Ihr edlen Helden sollt noch etwas hier verweilen

Und Silber sollt und Gold von uns ihr nicht verschmähen,

Dass ich euch schenken will, ich bin euch sehr gewogen.


Die Ritter neigten sich, und alle sagten ihr

Den Lobpreis und den Dank. Der König aber ließ

Her bringen Seidenstoff, der doch nicht war zerschnitten.

Und mancher Gast, er war gekommen aus der Ferne.


Und Pferde gab der Herr, und Kampfross auch und Zelter,

Aus Irland Tiere schön, gewachsen hoch und kräftig.

Er gab auch rotes Gold und Silber ungewogen,

Der König ließ sehr gut für seine Gäste sorgen.


Und Abschied nahm die Frau von mancher Edeldame

Und manchem Fräulein schön, Geschenke gab sie ihnen,

Die ehrten alle Fraun, sie trugen schöne Kleider,

Zu Ende war das Fest, sie zogen aus dem Reich.



ZWEITER GESANG


Wie Hagen von dem Greif weggeschleppt wurde


Belassen wirs dabei, wie man hier Abschied nahm,

Und greifen wieder auf, welch eine schlimme Reise

Mit einem wilden Greif das liebe Kind erlebte.

Doch seiner Sippe Volk erlitt sehr großen Kummer.


Gestorben war er nicht, weil Gott es so gebot,

Doch drohte ihm darum besonders große Not,

Weil ihn der alte Greif zu seinen Jungen brachte.

Als er die vor sich sah, erwuchs ihm manche Mühe.


Sobald der alte Greif bei seinem Nest ankam,

Aus seinen Krallen ließ das Kind er zu den Jungen.

Ein Junges packte ihn, doch dass er ihn nicht fraß,

Zeigt deutlich die Gewalt der großen Liebe Gottes.


Zerreißen wollten sie das Kind mit ihren Krallen,

Doch hört die gute Mär von der Gefahr des Kindes

Und wie der kleine Herr aus Irland blieb am Leben.

Jedoch ein junger Greif den Knaben schleppte fort.


Von Baum zu Baum er flog mit unserm lieben Kind,

Doch täuschte sich der Greif, er war ja nicht so stark,

Er ruht auf einem Ast, doch dem war er zu schwer,

Der lieber wär im Nest, der stürzte auf die Erde.


Dieweil der Greif gestürzt, entfiel ihm auch das Kind.

Das fremde kleine Kind verbarg sich im Gebüsch.

Noch ward ihm Speise nicht, so litt er großen Hunger.

Doch später half er oft den fremden schönen Frauen.


Gott wirkte Wunder groß, das kann man wohl behaupten.

Durch die Gewalt des Greifs wars früher schon gewesen,

Drei Königstöchter sind dahin getragen worden,

Sie waren in der Näh. Doch niemand kann erklären,


Wie sie sich in der Zeit am Leben doch gehalten,

Nur Gott im Himmel hat für sie gesorgt aus Gnade.

Und Hagen sollte dort nicht leben ganz allein,

Der Knabe fand die Fraun in einer Felsenhöhle.


Und als die Mädchen ihn am Berge schleichen sahen,

Da glaubten sie zuerst, er sei ein wilder Zwerg,

Ein Ungeheuer, sei entstiegen gar dem Meere.

Doch als er näher kam, empfingen sie ihn freundlich.


Als Hagen sie erblickt, sie flüchteten zunächst

Zur Felsenhöhle um, ihr Herz war voller Angst,

Eh sie entdeckten dann, dass er ein Christenmensch.

Er hat sie dann befreit von mancher schweren Sorge.


Die Älteste zu ihm: Was wagst du dich zu uns,

Da wir vom Himmelsgott die Zuflucht hier erhalten?

Zu deinen Freunden geh, geh in das wilde Meer.

Wir haben Müh genug und leiden viele Schmerzen.


Da sprach der Knabe dies: Lasst mich doch bei euch bleiben,

Und glaubtet ihr mir doch, ich bin getaufter Christ.

Mich hat ein wilder Greif geschleppt zu diesem Felsen,

Ich bliebe gern bei euch, allein kann ich nicht leben.


Und drauf empfingen sie den Knaben liebevoll.

Und später sollen sie erfahren seine Hilfe.

Da fragten sie ihn aus, woher er sei gekommen,

Doch hatte Hunger er, er mochte nicht erzählen.


So sprach der Knabe dies: Ich habe großen Hunger,

Könnt ihr nicht euren Trank, die Speise mit mir teilen?

Ich hab drei Tage schon darauf verzichten müssen,

Weil mich der Greif hierher wohl hundert Meilen schleppte.


Darauf ein Mädchen sprach: Es ist nun einmal so,

Dass nicht den Schenken wir und nicht den Truchsess sahen

In unserem Exil, dass sie uns Speise bringen. -

Sie lebten nur von Gott und waren jung und weise.


Da suchten sie sogleich von Kräutern und von Pflanzen,

Den Liebling Sigebants mit solchem zu ernähren,

Wovon sie lebten selbst, davon sie brachten ihm,

Das war ein Himmelsbrot, das ihm die Mädchen gaben.


Er musste essen Kraut, weil er ja Hunger hatte,

Denn sicher qualvoll ists, zu sterben Hungerstod.

Er lebte bei den Fraun dort viele Tage noch,

Mit gutem Willen er half tüchtig diesen Frauen.


Sie gaben auf sich acht, das muss ich doch bezeugen.

Dort wuchs mit Kummer er in seiner Kindheit auf,

Bis dass das junge Volk in allen ihren Sorgen

Dort vor der Höhle sahn ein seltnes Wunderwesen.


Denn eines Tages kam, ich weiß es nicht woher,

Ein Schiff mit Rittern an und landete am Felsen.

Ein Beben in der See schuf ihnen große Not,

Die fremden Mädchen sind geraten da in Angst.


Und jedes Schiff zerbarst und keiner ward gerettet.

Als das vorüber war, da kam der alte Greif,

Der manchen Toten nun zu seinem Neste schleppte.

Die Sorge um den Mann betrübte manche Frau.


Die jungen Greife nun das Fleisch zur Speise kriegten,

Da flog der alte Greif vom Neste wieder fort

Und dann hinaus aufs Meer, ich weiß nicht, welche Richtung.

Sie hatten auf dem Berg gelassen einen Nachbarn.


Und Hagen Männer sah und Ritter von dem Kreuze

Am Strande liegen da, die dort ertrunken waren.

Er glaubte, dass er noch der Männer Nahrung finde,

Aus Ehrfurcht vor dem Greif er leise schlich zum Strand.


Da fand er weiter nichts als einen Mann gewappnet,

Deswegen er noch Not erleiden muss vom Greif.

Er zog das Hemd ihm aus, des schämte er sich nicht,

Den Bogen und den Pfeil er bei dem Toten sah.


Dann legte sich das Kind die Rüstung selber an.

Hoch oben in der Luft er hörte schon ein Brausen.

Der junge Ritter hat sich zu viel Zeit gelassen,

Als Hagen fern vom Fels, da kam der alte Greif.


Er stürzte sich voll Zorn gleich nieder auf den Strand,

Den Bürger, den er dort zurückgelassen hatte,

Den wollt er allzu gern verschlingen auf der Stelle.

Doch jetzt war Hagen kühn geworden selbst zum Helden.


Mit seiner schwachen Kraft er hatte viele Pfeile

Am Bogen angelegt, geschossen von der Sehne,

Doch traf er nicht das Tier. Wie sollte er sich retten?

Er wagt es mit dem Schwert. Die Mädchen jammerten.


Trotz der geringen Kunst er kämpfte recht verbissen.

Er schlug dem alten Greif den Flügel von der Achsel,

Verletzte mächtig ihn an einem seiner Beine,

So dass sich dieser nicht mehr weg begeben konnte.


Und das war Hagens Sieg. Der eine war nun tot,

Da kam der zweite an, der brachte neue Not.

Doch alle er erschlug, die Alten und die Jungen.

Es half dabei ihm Gott, allein schafft er es nicht.


Als er das Wunderwerk gut hatte nun vollbracht,

Ließ er die Damen all aus ihrem Felsen kommen.

Er sprach: Genießt doch jetzt die Lüfte und die Sonne,

Weil Gott vom Himmel uns erneute Freude gönnt!


Sie grüßten artig ihn. Oft wurde er sogleich

Von diesen jungen Fraun auf seinen Mund geküsst.

Ihr alter Vogt war tot. Was konnte sie nun hindern,

Nun hier hin oder dort vom Felsen aus zu gehen?


Als ihr größte Not von ihnen war genommen,

Der Heimatlose nun sehr gut zu schießen lernte,

Dass Vögel ihm im Flug nicht mehr entweichen konnten.

Als er die Not bedacht, er lernte, was er brauchte.


Der unerschrocken ward, war kühn und friedevoll.

Was von den Tieren er für schnelle Sprünge lernte!

Dem wilden Panther gleich er eilte über Felsen.

Er war sein eigner Herr, verlassen von der Sippe!


Wie oft ging er zum Meer, um schön sich zu zerstreuen!

Er sah dann in der Flut die rohen Fische schwimmen,

Er konnt sie fangen wohl, könnt er sie nur genießen.

Kein Feuier auf dem Herd, verdross ihn alle Tage.


Von einer Wohnung aus er zog auch in den Wald.

Dort sah er manches Tier, voll Wildheit und voll Kraft.

Und da war eins, das ihn mit Gier verschlingen wollte,

Er schlug es mit dem Schwert, es spürte seinen Zorn.


Dem wilden Drachen hat das Tier geähnelt sehr.

Er zog die Haut ihm ab, er ward an Kräften reich,

Ihn dürstete nach Blut, als er vom Blute trank,

Gewann er große Kraft und einen neuen Geist.


Und in des Tieres Haut er hüllte da sich ein.

Und einen Löwen fand er ganz in seiner Nähe,

Der konnt ihm nicht entfliehn. Wie schnell er zu ihm sprang!

Er tötete ihn nicht, er nahm ihn freundlich an.


Das Tier, das er zuvor erschlagen hatte dort,

Das wollte er jetzt heim in seine Wohnung tragen.

Die Fraun genossen nun alltäglich seine Liebe,

Von diesem fremden Fleisch erhöht sind Herz und Geist.


Kein Feuer hatten sie, doch Holz war da genug,

Aus einem harten Stein er schlug nun viele Funken,

Was vorher mangelte, ward ihnen nun gewährt.

Da brieten sie das Tier, das tat kein Koch für sie.


Als sie das Fleisch verzehrt, da wuchsen ihre Kräfte,

Da wurden auch belebt die Sinne durch den Herrn.

Sie wurden schöner stets und ziemlich lobenswert,

Als ob sie sind daheim im Lande ihres Vaters.


Der wilden Hagen war kräftig wie zwölf Männer,

Weshalb im Leben er ein hohes Lob gewann.

Doch es betrübte ihn und auch die jungen Mädchen,

Dass in der Wüste sie für immer bleiben sollten.


Die Mädchen baten ihn, sie an das Meer zu führen,

Sie gingen schamerfüllt, sie trugen dünne Kleider,

Die ließen manches sehn, die selber sie geflochten,

Wo sie der Hagen fand in diesem fremden Land.


Und zwanzig Tage da sie zogen durch den Wald.

Und eines Morgens früh erblickt der junge Mann

Ein schwerbeladnes Schiff, es kam von Garadie.

Die Mädchen heimatlos bedrückte sehr ihr Kummer.


Und Hagen rief ganz laut, und es verdross ihn nicht,

Wie sehr auch durch den Wind die Meereswellen wogten,

Die Balken ächzten. Die dort in der Nähe schifften,

Für Nixen hielten sie, als sie die Mädchen sahen!


Der Herr des Schiffes war vom guten Land Salmee.

Und Hagen und sein Volk, die kannte er schon lange,

Weil er ihr Nachbar war. Doch keiner von den Pilgern

Erkannte nun den Sohn des Sigebant von Irland.


Der Graf ließ nicht das Schiff zum Meeresstrande rudern.

Der Ritter landesfremd bat nur um Gottes Willen

Hinweg zu bringen sie von diesem wilden Ufer,

Die Seelen wurden still, er nannte Jesu Namen.


Mit andern Männern er sprang nun ins kleine Boot,

Es währte eine Zeit, bis er erfahren konnte,

Obs Geister sind des Walds, ob wilde Meeresweiber,

Er hat im Leben nie gesehen solche Wesen.


Bevor er ging an Land, er fragte sie sogleich:

Seid ihr getauft und Christ, was aber tut ihr hier?

Er sah die Körper an, gehüllt in Moos und Laub,

Die Mädchen baten dann, mit ihnen fort zu reisen.



DRITTER GESANG


Wie Hagen auf das Schiff kam


Sie stiegen in das Schiff, da gab man ihnen Kleidung,

Der Pilger Kleider, die ins fremde Land sie zogen.

Zwar war es peinlich, doch sie trugen Männerkleidung,

Da schämten sie sich sehr. Nun endet ihre Klage.


Als nun die Mädchen schön das Pilgerschiff betreten,

Da schritten ihnen gleich die Rittersleut entgegen.

Sie grüßten voller Huld die edlen Fürstentöchter,

Obwohl sie doch zuerst erschienen waren schrecklich.


Sie blieben in der Nacht im Schiffe auf der See,

Die Lage ungewohnt bedrückte sehr die Mädchen.

Empfinden sie die Huld, so scheinen sie mir weise.

Der Graf von Garadie gab ihnen gutes Essen.


Sie aßen nun das Mahl, er setzte sich zu ihnen,

Sie sollten sagen ihm, dem Graf von Garadie,

Wer sie in ihrem Reiz einst auf die Meerflut brachte.

Den Mädchen taten doch die Fragen nur noch weh.


Die Älteste, sie sprach, die zwischen ihnen saß:

Das wisse nur, mein Herr, ich bin aus fernem Land,

Dem schönen India, wo König war mein Vater,

Als er noch lebte, ich gewinne nie die Krone.


Die Mittlere, sie sprach: Von weither komme ich,

Mich hat ein wilder Greif aus Portugal geraubt,

Der Herr des Landes dort mich nannte seine Tochter,

Der weithin war bekannt als ein gerechter Herrscher.


Die Jüngste von den Fraun, die bei dem Grafen saß,

Erklärte artig: Herr, mein Herr, ich sage dir,

Aus Island stamme ich, dort war der Herr mein Vater,

Von meiner Sippe ward ich leider weit entrückt.


Der edle Ritter sprach: Gott hat es gut gefügt,

Dass bei der Sippe er euch nicht verbleiben ließ,

Dass er in seiner Huld euch von der Not erlöste,

Indem ich, Mädchen, euch an dieser Küste fand.


Es wär nicht nötig, noch danach zu fragen weiter,

Wie es gekommen sei, dass von den Greifen sie,

Die schleppten sie zum Nest, sind nicht getötet worden.

Sie litten manches Leid, dass sie nicht mehr erwähnten.


So wandte sich der Graf nun an den jungen Mann:

Mein lieber guter Freund, so lass mich bitte wissen,

Nachdem die jungen Fraun ihr Schicksal mir berichtet,

Da wüsst ich gern von dir, wo deine Heimat ist.


Da sagte Hagen wild: Das will ich dir erzählen.

Mich hat ein alter Greif verschleppt auch an die Küste,

Mein Vater Sigebant, ich stamm aus Irland und

Hab eine lange Zeit bei diesen Fraun gelebt.


Drauf fragten alle sie: Wie konnte das geschehen,

Dass du beim alten Greif so lange leben konntest? -

Da sagte Hagen jung: Es wollte Gottes Gnade.

Ich hab mit aller Kraft mich an dem Greif versucht.


Erklär das bitte, sprach der Herr von Garadie,

Wie du die Not besiegt. - Ich schlug den Greifen tot,

Die Greifen alt und jung, ist keiner mir entkommen,

Bei denen hab ich stets gebangt doch um mein Leben.


Drauf alle meinten dies: Du bist ein starker Held,

So können dich mit Recht die Menschen alle loben,

Das hätten Tausende von uns doch nicht geschafft,

Dass wir sie schlügen tot. Du hast wohl Glück gehabt.


Der Graf und sein Gefolg nun fürchteten den Jüngling.

Er war besonders stark, das schadet ihnen noch.

Man wollte da mit List ihn von den Waffen trennen,

Er wehrte sich voll Zorn. Sie dachten schlecht von ihm.


Und schließlich sprach der Graf: Mir wird das Glück zuteil

Nach mancherlei Verlust, den ich erlitten habe.

Stammst du von Irland her und bist der Königssohn

Des Königs Sigebant, behalt ich dich als Geisel.


Du kommst mir eben recht, das sei dir nur gesagt,

Denn deine Sippe hat viel Unheil mir getan

Im Lande Garadie, das ihnen nahe liegt,

Sie schlugen Helden tot und nahmen sie gefangen.


Der junge Hagen sprach: Ich bin daran nicht schuld,

An dem, was man dir tat. Bring mich zu ihnen heim.

Die Rache und den Streit ich glaub ich kann versöhnen.

Lass mich in Freundlichkeit zu meiner Sippe heim.


Der Graf zum Jüngling sprach: Du musst mein Geisel sein.

Die schönen Mädchen doch, sie werden mein Gesinde,

Ich will sie, mir zum Ruhm, in meinem Lande halten. -

Doch Hagen kam das Wort wie schändliches Geschwätz vor.


Voll Zorn der Jüngling sprach: Ich will kein Geisel sein.

Verlange niemand das, der weiterleben will.

Seemänner, aber ihr, bringt bitte mich nach Haus,

Ich geb euch guten Lohn, Ich zahl mit echten Münzen.


Er will, dass meine Fraun ihm als Gesinde dienen.

Auch ohne dass er hilft, sie werden doch gerettet.

Und ist hier einer klug, der folge meiner Weisung.

Setzt eure Segel so, dass wir nach Irland fahren.


Die Männer fingen ihn, der Graf hat das geboten.

Doch Hagen stand zu nah, in Not sind sie geraten.

Er zog wohl dreißig Mann an ihrem Haar ins Meer,

Und seines Körpers Kraft den Pilgern ward bekannt.


Und hätten nicht die Fraun den Streit geschlichtet lieblich,

Er hätte auch den Graf von Garadie erschlagen.

Die arm sind oder reich, die waren gleich für ihn.

Und die Matrosen nun nach Irland mussten wenden.


Sie eilten, dass sie nicht ihr Leben auch verlören,

Sie mussten sehr den Zorn des jungen Hagen fürchten.

Nun siebzehn Tage lang sie waren fleißig tätig,

Sie hatten Angst vor ihm, sie sahn sein wildes Tun.


Als er sich nun dem Reich des Vaters näherte,

Die großen Berge dort, die kannte er von früher,

Erblickte er am Meer schon eine hohe Burg,

Dreihundert Türme stark und schön er konnte sehen.


Da lebte Sigebant mit seiner edlen Frau.

Die Pilger sorgten sehr sich um ihr eignes Leben,

Dass sie der Iren Herr geschlagen hätte tot,

Falls er entdeckt das Schiff. Doch Hagen das verhindert.


Da wandte sich der Mann nun an die Wegbegleiter:

Ich stifte Frieden gern, obwohl ich keine Macht

Im Lande habe hier. Ich sende dorthin Boten

Und will den alten Hass der Völker nun beenden.


Und wer sich reichen Lohn bei mir verdienen will,

Und wer die Botschaft gern, die ich entbiete ihm,

Dem König überbringt, dem geb ich reichlich Gold.

Und meine Eltern auch ihn reich belohnen werden.


Und von den Pilgern zwölf ließ er von dannen reiten.

So fragt den König nun, so sprach der junge Herr,

Ob Hagen, seinen Sohn, er wiedersehen will,

Den ihm ein Greif geraubt und deshalb Kummer machte.


Gut, wenn der König nicht die Sache glauben will,

Dann fragt die Mutter nur, ob sie es euch bestätigt,

Dass sie mich haben will zu ihrem eignen Kind,

Wenn sie an meiner Brust ein goldnes Kreuzchen findet.


Die Boten ritten nun von dort ins nahe Land,

Wo in der festen Burg Frau Ute mit dem Herrn war,

Und der erkannte gleich das Volk von Garadie,

Die waren ihm ja feind. Der König wurde zornig.


Er fragt, wie man es wagt, in dies sein Land zu kommen.

Da sprach ein Pilger dies: Dein Sohn, der junge Hagen,

Der hat uns her geschickt. Wenn wer ihn sehen möchte,

Der in der Nähe ist, dann kann das bald geschehen.


Drauf sagte Sigebant: Ihr lügt vergeblich, Leute.

Er ist gestorben ja, dass meines Kindes Tod

Mir oft den innern Sinn im Herzen schon bewegte. -

Wenn du‘s nicht glauben willst, so frag doch deine Frau,


Der er ja oft genug ganz nah gewesen ist,

Ob er an seiner Brust ein goldnes Kreuzchen hatte,

Und wenn man das an ihm bestätigt findet dann,

Und wenn ihr beide wollt, so anerkennt das Kind.


Dies wurde nun sogleich Frau Ute so verkündigt.

Da freute sie sich sehr, die vorher Kummer hatte.

Sie sprach: Lasst reiten uns, dass wir die Wahrheit sehen. -

Der König satteln ließ für sich und seine Freunde.


Da sprach ein Pilger dies und sprach es zu Frau Ute:

Willst du mir folgen, Frau, so möchte ich dir raten,

Nimm mit ein gutes Kleid für schöne junge Mädchen,

Die sein Gesinde sind, gewiss dir Ehre machen.


Recht kostbar war das Kleid, das brachte mit die Herrin,

Auch folgten ihr, der Frau und Königin, viel Ritter.

Herr Hagen wartet schon dort an dem Meeresstrande,

Wo die aus Garadie an seiner Seite standen.



VIERTER GESANG


Wie Hagen von Vater und Mutter empfangen wurde


Als Hagen Männer sah und Frauen reitend kommen,

Da wollt er ihnen gern entgegen gehen freundlich,

Wer ihn begrüßen wird, das wollte er wohl sehen.

Da gab es ein Gedräng im Kreise der Verwandten.


Der König grüßte ihn, hieß ihn im Land willkommen,

Er sprach: Bist du der Held, der hin zu uns gesandt,

Und der als Mutter ließ die Königin ansprechen?

Ist diese Botschaft wahr, so freu ich mich von Herzen.


Frau Ute sprach, die Frau, in allem schönen Anstand:

Lass uns nur abseits gehen von all den andern Leuten,

Dass sicher ich erkenn, ob ihm gebührt die Krone. -

Sie sah das rechte Kreuz, da grüßten sie den Prinzen.


Im Auge Tränennass sie küsst ihn auf den Mund.

Bisher war ich erkrankt, jetzt fühl ich mich gesund.

Willkommen, Hagen du, du bist allein mein Kind.

Nun jeder auf dich hofft, der hier beim König lebt.


Der König trat heran, sehr groß war seine Freude,

Dass ihm aus Herzensglück die Freudentränen flossen

Aus seiner Augen Stern. Und das geschah zu Recht,

Dass er dem liebe Kind die Vaterliebe zeigte.


Die Mädchen heimatlos, die führte man zu Ute.

Sie schenkte ihnen Pelz von weißer, brauner Farbe,

Ein perlbesetztes Kleid, das stand den Mädchen gut.

Die Frau von Sigebant hat ihre Not gelindert.


Man kleidete die Fraun, wie Schönen es geziemt,

Sie hatten sich geschämt im Zwischenraum der Zeit,

Nun waren sie geschmückt mit wunderschönen Gürteln,

Der Herr und sein Gefolg begrüßten schön die Damen.


Und Hagen bat den Herrn und sein Gefolge nun,

Dem Volk von Garadie sich gnädig zu erweisen

Und ihnen alle Schuld barmherzig zu verzeihen.

Und Hagen hat erreicht, dass man dem Volk vergab.


Nachdem durch einen Kuss der König Freundschaft schloss,

Entgalt man ihnen das, was sie verloren hatten.

Das bracht dem Volk Gewinn und Hagen Ansehn ein.

Die Feindschaft war vorbei nun mit der Iren König.


Den Gästen brachte man zum Meeresstrande hin,

Durch Hagens Friedensschluss gesichert, Speisen, Kleider,

Damit zwei Wochen lang sie ruhen können dort.

Die Gäste sagten Dank dem gnadevollen Hagen.


Dann ritten jubelnd sie, die Leute, in das Land,

Und zu der Burg Baljan es kamen viele Leute

Aufgrund der Nachricht, dass der junge Königssohn

Doch noch am Leben sei, was keiner glauben wollte.


Und Hagen ließ die Fraun, die drei, nicht unbeachtet,

Er ließ zu jeder Zeit den Mädchen Bäder ein.

Man reichte Kleidung dar. Den liebenswerten Mädchen

Er diente unbeirrt, er war zwar jung, doch weise.


Und Hagen wuchs heran und wurde bald zum Mann,

Mit Rittern trieb er da, was man nur je begonnen,

Was Rittersmänner tun mit Worten und mit Werken.

Und später war er groß in seines Vaters Land.


Nach vierzehn Tagen ließ man die Matrosen fort,

Die müde von der Fahrt gerastet hatten hier.

Zur Freude seines Sohns der König gab den Pilgern

Geschenke reinen Golds, auf dass sie Freunde bleiben.


Der junge Hagen lernt, was Helden können müssen,

Und mehr als sonst ein Mann, so dass er keineswegs

Empfinden musste Scham. Ihn lobten schöne Frauen.

Wie groß die Großmut war, wie unerwartet groß!


Und tapfer war er auch, wie mir berichtet ward,

Er wagte es sogar, der Sippe Leid zu rächen.

Bedacht auf Ehre stets in allen Streitigkeiten,

Im Lande hörte man von diesem Helden singen.


Der aufgewachsen war im Wüstenland, der Knabe,

Bei wilden Tieren, keins von ihnen schaffte es,

Ihm springend zu entfliehn, wenn er es haben wollte,

Am Strande hatte er mit Frauen viel erlebt.


Sein Name Hagen war, doch später hieß er auch

Der Dämon aller Herrn. Und wegen seiner Kraft

War Hagen weltberühmt, in allen Königreichen.

Ja Hagen machte da dem Namen Hagen Ehre.


Die Sippe riet ihm da, sich eine Frau zu freien.

Die Frau war in der Näh, und nirgends auf der Welt

Und all dem Erdenrund gabs eine Schönere.

Er kannte sie bereits, sie teilten manchen Kummer.


Und Hilde hieß die Frau, sie kam aus India.

Sie war zu ihm stets nett in großer Not gewesen,

Wo er zum ersten Mal sie fand in einer Höhle,

In keinem Land hätt er ein schönres Weib gefunden.


Der Herr zur Eile drängt, dass er mit hundert andern

Empfängt das Ritterschwert. Und tausend Mark versprach er

Für Pferd und für Gewand den Kameraden Hagens.

Und Hagen sagte nur, dass er bereit zur Ehe.


Das ließ der Irren Herr im ganzen Reich verkünden,

Man teilte allen mit, wann findet statt die Hochzeit,

Dann auch sein Großmut soll verkündet werden allen,

Das Fest ward angesagt, in einem Jahr, drei Tagen.


Die Ritter wollten hin, bereiteten sich fleißig,

Man machte Schilde, hell und bunt gefärbt und schön,

Auch Sättel machte man, die kostbar waren, fest,

Brustriemen, Zaumzeug auch, mit Gold sehr schön verziert.


Auf einer Wiese groß man stellte Zelte auf,

Den Königsgästen all. Und was sie wünschten nur,

Das ward gewährt der Schar, man schuf bequeme Sitze,

Aus jeder Richtung sah man Königsgäste kommen.


Und Hagens Gäste, die zur Ritterweihe gingen,

Beschenkte reich der Herr, was gut dem Volk gefiel,

Auch die aus fremdem Land hierher gekommen waren,

Es waren tausend Mann, die schmückte er mit Kleidern.


Den Freunden sagte nun Herr Hagen. Mir geraten

Habt ihr, ich werde Herr. Das ziemt mir um so mehr,

Wenn, die ich herzlich lieb, die mir die Krone gibt,

Ich lass nicht davon ab, bis ich ihr Sorgen lohne.


Sie fragten, wer sie sei, so fragten seine Männer,

Die vor dem ganzen Hof als Herrin sollte gelten.

Er sagte: Hilde ists, die stammt aus India,

Die mir und meinem Volk bereitet keine Schande.


Und als sie hörten, dass man Hilde krönen wollte,

Gefiel der Mutter das, dem Vater auch recht gut,

Die weise maßvoll war, dem Lande Ehre brachte.

Sechshundert Ritter man mit Ritter Hagen weihte.


Nach Christen-Sitte nun man segnete sie beide,

Sie wurden nun gekrönt. Nicht länger ward gewartet,

Der Herr und seine Frau voraus den Scharen ritten,

Des Königs Männer da turnierten manchen Tjost.


Herr Sigebant ritt selbst mit hochgemutem Sinn,

Nicht darauf achtend, ob es ihn viel kostete,

Als dieses Ritterspiel ward ordentlich beendet,

Da hatten an dem Hof die Diener viel zu tun.


Sie stellten Stühle auf, die Sessel und die Tische

In einer großen Zahl. Die Messe war zu Ende.

Frau Ute ritt zum Hof und viele Damen mit ihr,

Die Damen anzuschaun war Lust den jungen Rittern.


Als König Sigebant bei Dame Ute saß,

Bei Hagen Hilde saß, da sprach davon das Volk,

Das Hagen gut gewählt mit seiner lieben Braut.

Die Ritter kämpften da, die Lanzen splitterten.


Der Iren König nun beendete das Mahl,

Und Gras und Blume ward getreten in den Staub,

Und viele Gäste da sich fühlten so gesund,

Dass vor den Frauen sie geritten zum Turnier.


Und zwanzig Ritter da mit ihren Schilden waren

Dem Wiesengrün genaht, da ward voll Kraft gekämpft.

Und mancher Zweikampf da ward vorgeführt von ihnen,

Die Damen sahen zu, sonst wär es schlecht gewesen.


Auch König Sigebant sein Sohn ritt zum Turnier,

Das schaute seine Braut, sie freute sich darüber.

Dass sie in fernem Land ihm einst geholfen hatte,

Vergalt er ihr jetzt gern, er war ein großer Held.


Da sah man staubbedeckt gleich bei dem König reiten

Zehn Ritter und noch fünf, die gleichfalls Fürsten waren

Und hatten Land von ihm, die Christen und die Heiden,

Die dienten beide treu dem König und dem Sohn.


Da währte lang das Fest, da war die Freude groß

Bei Stößen und Gedräng, bei Lärmen und Getöse,

Der Herr die Gäste rief, vom Mühen abzulassen,

Und er erlaubte es, sich zu den Fraun zu setzen.


Und vor den Fürsten all erklärte Sigebant:

Dem Hagen, meinem Sohn, das Land ich überlasse,

Die Bürger und die Burg, die nah und fern im Lande,

Und meine Diener auch, man soll ihn Meister nennen.


Als Siegebant, der Fürst, verzichtet auf die Herrschaft,

Ging Hagen nun daran, verlieh das Land, die Burgen,

In bester Absicht. Er erschien den Fürsten tüchtig,

Die nahmen an das Land, das gern sie von ihm nahmen.


Und nach dem Fürstenrecht dem jungen König ward

Manch Rechte ausgestreckt. Und er gab seinen Gästen

Von ferne und von nah Gewänder, Pferde, Schätze.

O dieses Fest des Herrn gefällt noch heut den Armen!


Am Hof die Frauen auch, die mit ihm in das Land

Gekommen waren. Nach der einen ward geschickt,

Dass sie zu Hilde käm und zu dem jungen König,

Sie kam aus Island, war so schön, wie man es mag.


Ein Fürst wollt sie zur Frau, der bei der Königin

Gesehen hatte schon. Er konnte sicher sagen,

Dass sie mit großem Recht die Krone tragen dürfe,

Die Hildes Freundin war, ihr ward ein Land zum Lohn.


Die Gäste trennten sich vom König und den Leuten,

Die edle Jungfrau auch, man führte sie hinweg

Ins schöne Schwedenland ins Fürstentum des Fürsten,

Nach ihrem großen Leid erlebte sie nun Freude.


In Irland Hagen nun war über alle Richter,

Wo immer Unrecht er bei seinen Leuten fand,

Da wurden sie von ihm bestraft mit rechter Strenge.

In einem Jahr ließ er enthaupten achtzig Männer.


Dann führt er einen Krieg im Lande seiner Feinde,

Das arme Volk jedoch verschonte er vorm Feuer,

Wo aber jemand stolz und voller Hochmut war,

Zerbrach er seine Burg und schlug ihm Todeswunden.


Wo er zum Kampf erschien, war er ein starker Ritter,

Dem Ritterhochmut er hat beigebracht die Demut,

Und wegen seiner Kraft man nannte nah und fern

Der Fürsten Dämon ihn, das schreckte seine Feinde.


So lebte glücklich er, er hatte reichlich Freuden,

Sein Weib aus India gebar ihm auch ein Kind,

Ein schönes Töchterlein, die nach der Mutter Hilde

Ward Hilde auch genannt. Von ihr wird noch berichtet.


Der wilde Hagen nun ließ gut sein Kind erziehen

Dass weder Sonnenschein noch Wehn des Winterwindes

Sie jemals angerührt. Sie ward von allen Frauen,

Vom ganzen Stamm beschützt, sie traute ihnen gern.


Zwölf Jahre war sie alt, da war das junge Mädchen

Geworden wunderschön. Man sprach von ihrer Schönheit.

Und Fürsten edel, stark, die dachten schon daran,

Wie sei die Minnehuld des Mädchens zu erwerben?


Der Fürsten Einer war, der kam aus Dänemark,

Im Lande Waleis. Als er von dem Mädchen hörte,

Sie sei so wunderschön, er dachte nur an sie.

Doch Hagen nahm voll Wut dem Botenmann das Leben.


Man schickte Boten viel um dieses schöne Mädchen,

Doch Hagen tötete sie all im Übermut,

Kein Mann sollt haben sie, der schwächer wär als Hagen,

Da sprach man überall von dieser Meinung Hagens.


Und zwanzig Boten ließ er hängen an den Galgen,

Die wegen Hilde man geschickt zu Hagen hatte.

Wer sich nicht rächen konnt, den schmerzte das sehr tief,

Doch mancher Mann begehrt sie gar nicht mehr zur Frau.


Doch gab es Ritter noch, die weiter um sie warben.

Und ist ein Ritter stolz, so sagt man unterm Volk,

So findet sich ein Mann, der stolzer ist als er.

Ach dieses Mädchen schön dem Vater machte Sorgen.



FÜNFTER GESANG


Wie Wate nach Irland zog.


Erwachsen war ein Held im schönen Dänemark,

Im Sturm der Grenzmark dort, wie allgemein bekannt.

Dort lebte seine Schar, die gut ihn hat erzogen,

In Nordland herrschte er, war mächtig, angesehen.


Und Einer seiner Schar, der Wate ward genannt,

Vom Helden hatte er empfangen Burg und Land.

Weil er gezählt zur Schar, erzog ihn Wate gut,

Er lehrte Sitte ihn, ließ ihn nicht aus den Augen.


Der Herrscher Dänemarks war Sohn von Wates Schwester,

Der starke Horant, der sich machte dann verdient

Um König Hetel, so dass dieser ihm die Krone

Zu tragen gönnte und ihm dann die Krone schenkte.


Und Hetel selbst voll Macht in Hegelingen lebte,

Dem wilden Nordland nah, wie ich noch singen will.

Dort Burgen hatte er wohl siebzig oder mehr,

Und die Verwalter dort, die dienten ihm in Ehren.


In Friesland herrschte er auch über Land und Meer,

Und Dietmers, Waleis auch, die sind in seiner Macht.

Und Hetel war so stark, und groß war seine Sippe,

Der kühn und tapfer war, besiegte oft die Feinde.


Er war ein Waisenkind und sehnte sich danach,

Ein schönes Weib zu frein. Sein Vater, seine Mutter,

Die waren beide tot. Er war der Länder Erbe.

Die Sippe war zwar groß, doch liebte er sie nicht.


Der Adel riet ihm da, er soll zur Hochzeit schreiten

In angemessner Art. Da sprach der junge Herrscher:

Ich kenne keine Frau, die hier in Hegelingen

Wär ehrenvolle Braut, in meinem Haus die Herrin.


Drauf sprach von Nifland dies der junge Ritter Morung:

Ich weiß von einer Frau, die, wie ich sagen hörte,

Die Schönste aller Fraun auf dieser ganzen Erde.

Wir streben nun danach, sie werde deine Braut.


Und Hetel fragte, wer sie sei, woher sie wäre.

Und Morung sagte drauf: Die Hilde ist aus Irland,

Ihr Vater Hagen heißt, der stammt von Gers Geschlecht.

Und käme sie hier her, du wärst für immer froh!


Und Hetel sprach, der Fürst: Mir ward jedoch gesagt,

Wer immer um sie wirbt, den liebe nicht der Vater,

Und mancher edle Mann sei deshalb schon gestorben.

Nein, keinem besten Freund ich gönnte solchen Tod.


Und Morung sprach darauf: Schick jemand anders hin.

Lass Horant kommen nur, denn ihm sind ja bekannt

Die Sitten Hagens dort, die er zu sehn bekam.

Und ohne seinen Rat kann Hilfe nicht geschehen.


Und Hetel sprach: Den Rat befolg ich. Sie ist schön.

Doch musst du dorthin mit, wo man sie werben will,

Weil ich mit Recht nur dir zutrauen kann das Gute.

Da wird dir Ruhm und Lohn, wenn sie wird meine Herrin.


Und Boten ritten aus ins schöne Dänemark,

Wo man den Horant fand inmitten seiner Sippe,

Er ließ ihm sagen, dass er gern ihn sehen würde,

In sieben Tagen schon, wenn er so freundlich wäre.


Die Boten kamen an, und Horant hörte zu,

Da war zu treuem Dienst der gute Mann bereit,

Gern wollt er leisten, was Herr Hetel von ihm wollte.

Draus später wuchs ihm viel Gefahr und große Mühe.


Er ritt zum Königshof mit sechzig seiner Leute.

Nachdem zu Hause er den Abschied fromm genommen,

Beeilte er sich sehr, um alles zu erfahren,

Wie er dem Hetel nur in Ehren dienen könnte.


Am siebten Morgen kam er in das Hegelingen,

Er und sein bester Freund, sie waren gut gekleidet.

Und als der König nun entgegen ging den Rittern,

Da neben Horant sah er Frute auch, den Dänen.


Es war dem König lieb, dass sie gekommen waren,

Er sah sie ziemlich gern, denn dadurch wurde ihm

Genommen ab die Angst, die ihn zuvor bedrückte.

Er sagte: Frute, Freund und Vetter, sei willkommen!


Und Horant, Frute auch, vor König Hetel traten,

Er fragte, wie es steht daheim in Dänemark.

Drauf sagten diese zwei: Vor kurzer Zeit wir haben

In manchem schweren Kampf geschlagen große Wunden.


Er fragte, wo zum Kampf sie hingezogen wären.

Ins schöne Portugal, dort haben wir geschlagen

Den König Portugals, der wollts uns nicht erlassen,

Weil er in unsrer Mark oft Schaden angerichtet.


Ach nehmt das nicht zu ernst, so sprach der junge Hetel,

Denn Wate, der ist alt, der wird die Mark den Stürmen

Preisgeben nimmerdar, weil er sie ja beherrscht.

Und der empfängt den Lohn, der Wate raubt die Burg!


Die Männer gingen nun in eine große Halle

Und setzten dort sich hin. Und Horant sprach mit Frute,

Sie sprachen jung und kühn, von schöner Frauen Liebe.

Das hört der König gern, gab ihnen reichen Lohn.


Dann aber Hetel bat um eine Antwort Horant:

Dass du mich wissen lässt, wenn du es selber weißt,

Wie stehts um Hilde nun, die junge Königin?

Ich wollt ihr Botschaft wohl und meinen Dienst erweisen.


Da sprach der kühne Mann: Das ist mir gut bekannt,

Ein solches holdes Weib hab nirgends ich gefunden,

Wie es die Hilde ist, die Herrliche aus Irland,

Des wilden Hagen Kind, ihr steht die Krone gut.


Und Hetel fagte noch: Und könnte es wohl sein,

Dass Vater Hagen mir das schöne Mädchen gäbe?

Wenn ich ihm gut erschein, so möchte ich sie lieben.

Und jenem geb ich Lohn, der sie für mich gewinnt.


Das wird gelingen kaum, so sagte Horant drauf,

Als Bote keiner wird in Hagens Länder reiten,

Ich selber würde auch mich niemals dahin drängen,

Wer nämlich dahin kommt, der wird gehängt, erschlagen.


Sprach Hetel wiederum: Wie sehr ich sie ersehne!

Wenn er den Boten hängt, so mag er selber sterben,

Der König Hagen. Und wenn noch so stark er ist,

So wird sein grimmer Sinn ihm noch Verderben bringen.


Drauf sagte Frute dies: Wenn Wate wollte nun

Als Bote reiten hin ins Königreich der Iren,

Gelingen könnt es uns, wir bringen dir das Mädchen,

Sonst bringe man uns um und breche uns das Herz.


Und König Hetel sprach: Ich werde also gleich

Ins Sturmland senden, denn ich bin gewiss mir dessen,

Dass Wate reitet gern, wohin ich ihn auch schicke.

Auch Irolt komme mit vom hohen Volk der Friesen.


Die Boten ritten schnell und eilten in das Sturmland,

Wo sie den Wate dort bei seinen Leuten trafen.

Und man bestellte ihm, er soll zum König kommen.

Der wunderte sich sehr, was wohl der Herrscher wolle.


Er fragte, ob er auch soll Helm und Rüstung tragen

Und von dem eignen Volk mitnehmen seine Leute.

Da sprach der Bote dies: Das hab ich nicht gehört,

Dass Krieger er bedarf, nur du allein sollst kommen.


Und Wate war bereit. Er ließ zurück die Leute

Im Land und in der Burg, dann stieg er auf sein Pferd.

Es folgte keiner ihm, nur zwölf von seinen Männern.

Und Wate, äußerst kühn, er ritt geschwind zum Hof.


Nach Hegelingen kam der Mann und eilte dann

Nach Campatille. Das war König Hetel lieb,

Entgegen eilt er ihm und dachte dabei nach,

Wie Wate er, den Freund, empfangen soll, den Alten.


Der Herrscher grüßte ihn mit Freundlichkeit und sagte:

Willkommen, Wate! Es ist ja schon lange her,

Seit ich dich hab gesehn, seit wir zusammen saßen,

Entschlossen zu dem Krieg, die Feinde zu besiegen.


Und Wate sprach zu ihm: Die guten Freunde sollen

Zusammen bleiben stets, so kann man um so besser

Gerettet werden vor der Übermacht der Feinde. -

Er griff ihn bei der Hand in freundlicher Gesinnung.


Sie setze beide sich nun abseits von den andern.

Der König war voll Macht und Wate hochgeachtet,

Doch war er auch voll Stolz in allen seinen Plänen.

Und Hetel dachte nach, wie er ihn locken könne.


Der junge Herrscher sprach: Ich hab nach dir geschickt,

Denn einen Boten brauch ich in die Länder Hagens.

Ich kenne keinen sonst, der besser dazu taugte,

Als dich, mein lieber Freud, du bist dazu geeignet.


Der alte Wate sprach: Was ich auch wirken soll,

Zu Liebe dir und Ruhm, das will ich gerne tun,

Das glaube mir getrost, ich tu es alles richtig,

Nach deinem Willen treu, falls mich der Tod nicht hindert.


Die Sippe riet mir das, so sagte König Hetel,

Falls Hagen, wild und stark, mir seine Tochter gibt,

Dass sie dann Königin in meinem Lande werde.

Mein ganzes Herz allein ist auf die Frau gerichtet.


Doch Wate ward voll Zorn: Wer immer dies geraten,

Dem wäre es nicht leid, wenn heute schon ich sterbe.

Kein anderer bestimmt als Frute wars, der Däne,

Der dich verführte, dass ich Hilde dir kann bringen.


Die liebevolle Maid wird ja sehr stark bewacht.

Ich lasse eher nicht bestimmen mich zum Werk,

Bis Horant mit mir kommt und Frute auch, der Däne,

Die dich verführten, dass ich Hilde zu dir bringe.


Und Hetel wollte gleich zu diesen beiden senden.

Man macht es mehreren bekannt von seinen Freunden,

Dass sie zum König jetzt zum Hofe kommen sollen.

Ein heimliches Konzil fand jetzt schon nicht mehr statt.


Als Wate, alt und kühn, den jungen Horant sah,

Den Dänen Frute auch, da sagte er sogleich:

Gott lohn es euch, den zwein, dass ihr auf meinen Ruhm

Seid doch zu sehr bedacht, dass ich zum König komme.


Ihr habt euch sehr bemüht, dass ich der Bote sei,

Nun müsst ihr beide auch mit mir zusammen reisen,

So dienen wir dem Herrn um seine Huld und Gnade.

Wer meine Ruh verscheucht, soll meine Sorgen teilen.


Und Horant sprach zu ihm: Ich werde gerne reisen,

Und müsste ich es nicht, ich wollt mich doch nicht schonen,

Ich scheue keine Müh, zu sehen schöne Frauen,

Dass durch die Frauen wird der Sippe Glück zuteil.


Und Frute sprach: Ich will an siebenhundert Männer

Zur Reise nehmen mit. Herr Hagen gönnt ja keinem

Als sich nur selber Ruhm. Mag er sich herrlich scheinen,

Will er bezwingen uns, den Stolz er bald vergisst.


Herr König, baue nun für diese Meeresfahrt

Uns aus Zypressenholz ein gutes starkes Schiff,

Das deine Mannschaft gut in seinem Bauche aufnimmt.

Die Seiten man beschlag sehr schön mit Silberspangen.


Und kümmer dich um Brot und Fleisch, das Männer brauchen,

Lass Helme schmieden auch mit guter Handwerkskunst,

Und harte Rüstungen, dass wir sie mit uns nehmen,

Dass Hagens Tochter wir mit Leichtigkeit gewinnen.


Auch Horant, mein Cousin, er ist ein weiser Mann,

Soll in dem Laden stehn, wie ich es wohl ihm gönne,

Und Spange oder Ring verkaufen an die Frauen

Und Gold und Edelstein, so wird man uns vertrauen.


Wir wollen Waffen auch verkaufen und Gewänder.

Da es um Hagens Kind nun so gefährlich steht,

Dass niemand sie erwirbt, der da nicht kämpfen mag,

So wähle Wate selbst, wen er zur Reise mitnimmt.


Der alte Wate sprach: Ich kann nicht Kaufmann sein.

Ich habe nie Besitz mir ruhig angehäuft,

Mit Kriegern teilte ich, das ist noch heut mein Sinn,

Ich bin auch nicht geschickt, den Frauen Schmuck zu schenken.


Mein Vetter Horant hat mich also vorgeschlagen.

Er weiß ja recht genau, wie es um Hagen steht,

Der ja so stark sein soll wie vierundzwanzig Männer.

Hört von der Werbung er, entkommen wir ihm nicht.


Herr König, lass auch schnell bedecken unser Schiff

Mit Bretterboden gut, denn innen soll es sein

Von guten Kämpfern voll, die uns verteidigen,

Wenn Hagen, wild und stark, uns nicht entkommen lässt.


Und hundert Ritter lass, die kriegerisch gerüstet,

Mit uns nach Irland ziehn und segeln in die Ferne,

Mein Vetter Horant soll zweihundert Männer haben,

Die in dem Laden stehn, dann kommen schöne Frauen.


Und bauen soll man auch dazu drei gute Koggen,

Die Pferde und das Brot in unsre Nähe bringen,

Das Brot reicht für ein Jahr. Wir sagen Hagen dann:

Wir sind mit Mühe nur entflohn der Stürme Land,


Bei König Hetel sind in Ungunst wir geraten.

Wir wollen oftmals dann mit herrlichen Geschenken

Zu Vater Hagen und zur Tochter Hilde gehen,

Dann wird vom König uns ein treuer Schutz gewährt.


Wir sagen dann dem Herrn, dass wir geächtet sind,

So Hagen, wild und kühn, wird Mitleid mit uns haben,

Den Fremden heimatlos wird Unterkunft gewährt,

So lässt uns Hagen wohl im Lande nichts entbehren.


Und Hetel fragte so: Wann wird es soweit sein,

Dass ihr von hinnen zieht, ihr meine lieben Freunde? -

Nun, nach der Winterzeit, wenns wieder Frühling wird,

Dann ausgestattet wir erneut zum Hofe kommen.


Inzwischen soll man das, was nötig ist, beschaffen,

Wie Segel, Ruder auch, mit Sorgfalt ausgeführt,

Galeeren, Koggen, die wir durch die Meerflut steuern,

Dass Meeresbrandung stark uns keinen Schaden bringt.


Herr Hetel sagte da: Nun reitet wieder heim,

Und sorgt euch nun nicht mehr um Rüstungen und Pferde,

Denn die euch folgen bald, die rüste gut ich aus,

Dass ihr mit Würde euch den Damen zeigen könnt.


Nun Wate Abschied nahm und ritt ins Land der Stürme,

Und Horant, Frute auch, die ritten auch sogleich

Ins schöne Dänemark, wo sie die Herrscher waren,

Sie wollten sich dem Dienst für Hetel nicht entziehen.


Und Hetel nun daheim, er führte aus die Pläne,

Die Zimmermänner stark, die wirkten allezeit,

Die Schiffe bauten sie, so gut sie es vermochten,

Die Fugen an dem Kiel beschlugen sie mit Silber.


Der Mastbaum stark und fest ward herrlich aufgerichtet,

Die Ruder man umgab mit Gold, so rot wie Glut,

Und mit dem weißen Gold, der Herrscher war ja reich,

So gut gerüstet wars, wenns dann auf Reisen ginge.


Da ward das Ankertau von weitem hergeschafft,

Aus Reicharabia, und früher oder später

Gabs nicht so gutes Tau, war nirgends aufzutreiben,

Die Hegelinger so das Meer befahren sicher.


Und an den Segeln ward die Arbeit gut getan,

Zur Eile mahnt der Herr. Zum Segel wählte man

Die beste Seide fein, die beste, die man fand.

Die Arbeit ruhelos die Männer taten da.


Wer wird das glauben mir, dass man den Anker selbst

Aus Silber schmiedete? Des Königs ganzes Streben

Auf Liebe zielte ab. So trieb er manchen Mann

Zu schneller Arbeit an, der er auf Eile drängte.


Gesichert ward das Schiff mit Balken und mit Planken,

Zum Schutz vor Sturm und Krieg. Geschickt nach denen ward,

Die sollten auf die Fahrt zu jener schönen Frau,

Der König lud dazu nur jene, die er schätzte.


Aus Sturmland Wate ritt, wo er den Hetel traf.

Die Pferde trugen schwer an Silber und an Rüstung.

Er brachte mit dorthin vierhunder starke Männer.

Und König Hetel stark empfing die kühnen Gäste.


Der Däne Horant kam, der tapfre Held, geritten.

Wohl tausend oder mehr gewonnen hatte Hetel

An Boten, die bereit, die wollte Hetel senden,

Das wäre nicht geglückt, wär er nicht reich gewesen


Und Morung voller Mut vom freien Friesland kam,

Zweihundert Kämpfer auch. Dem König ward gesagt,

Dass sie in Helm und Wehr und Rüstung sind gekommen.

Auch Irolt nahte bald. Sie waren Hetels Freunde.


Von Nordland Irolt war besonders vorbereitet,

Auch waren seine Schar und er so ausgestattet

Sie keinen Menschen je um etwas bitten müssten,

Wenn auch der König selbst sie nicht versorgen wollte.


Der König grüßte sie, so wie es sich gehörte.

Und Irolt reiche er sehr freundlich seine Hände,

Dann ging er zu dem Ort, wo Wate sich gesetzt.

Und als die Helden klug dann auf die Reise sollten,


Da ließ man überall mit Sorgfalt darauf achten,

Dass da von allem war, was sie zur Reise brauchten.

Sie stellten selber fest: das Schiff war gut gerüstet.

Und Hetel voller List zu Hilde sandte Boten.


Zwei neue Schiffe auch, die gut und fest beschaffen,

Und neue Koggen auch sie hatten auf dem Meer,

Und noch ein Schiff dazu, das beste, das man fand

Zu Lande und zu See, zu jeder Zeit das beste.


Nun segelten sie los. Die Pferde und die Rüstung,

Die waren schon an Bord. Und Wate gab zuletzt

Dem König seinen Rat, nur wohlgemut zu bleiben,

Bis dass sie kämen heim, die treu ihm dienen würden.


Der König sprach voll Weh: Nimm dich besonders an

Der Unerfahrenen, in meinem Dienst, der Männer,

Die segeln ohne Angst. Um deines Ruhmes willen,

Gib diesem jungen Volk nur stets ein gutes Beispiel.


Und Wate sprach zum Herrn: Was immer dort man tut,

Sorg du zu Haus dafür, dass deines Herzen Mut

Dir werde nicht geschwächt, wo es um Ehre geht.

Das Erbe hüte du, ich will das Beispiel geben.


Der kühne Frute war zum Hüter nun der Schätze

Von Gold und Edelstein und andern Dingen auch.

Der König gab es gern, was man nur von ihm wünschte,

Wollt Frute eins, so gab der König dreißig Stücke.


Man wählte hundert Mann, die in dem Schiff geheim

Verborgen sollten sein, falls es zum Kampfe käme,

Wo man das Mädchen mit viel List erringen wollte.

Der König auch versprach Geschenke voller Wert.


Und Leute aller Art sie nahmen dorthin mit,

So Ritter wie auch Knecht, dreitausend Mann in Summe,

Als ob mit großer Müh die Heimat sie verließen.

Und Hetel sagte nur: Sei Gott mit euch vom Himmel!


Und Horant sprach zum Herrn: Sei du nur unbesorgt,

Siehst du uns kommen heim, dann könntest du erblicken

Die wunderschöne Maid, die sollst du gut empfangen. -

Der König hört das gern, obwohl noch fern die Heimkehr.


Mit einem Abschiedskuss er schied von manchem Mann.

Im Blick auf die Gefahr, die sie erwarten sollte,

Erfüllte Trauer ihn, er sorgte sich um sie.

Der König konnte sich im Herzen selbst nicht trösten.


Es war von Nutzen, dass ein starker Nordwind blies,

Nach ihrem Wunsche trieb er vorwärts ihre Segel.

Die Schiffe glitten still, als sie das Land verließen.

Matrosen mit Geschick belehrten Unerfahrne.


Zu sagen weiß ich nicht und weiß nicht zu bestimmen,

Wie sie in kurzer Zeit von dreißig Tagen nachts

Gefahren auf dem Meer. Geschworen hatten sie,

Dass sie sich jeden Mann im Schiffe nehmen an.


Und wie die Absicht auch auf wildem Meere war,

So mussten hier sie doch oft bittre Schmerzen leiden.

Da ruhten sie auch aus, wann es geschehen konnte.

Wer auf dem Meere fährt, muss oft auch leiden Not.


Und tausend Meilen wohl hat sie das Meer getragen

Und bis zu Hagens Burg, so hört ich die Erzählung.

Die lügen aber dumm, sie da behaupten, er

Wär Polens Herrscher, das sagt nicht die Tradition.


Aus Hegelingen die sind also angekommen,

Man nahte Hagens Burg, sie wurden wahrgenommen.

Die Leute staunten sehr, aus welchem Königreich

Sie kamen übers Meer in festlichen Gewändern.


Sie legten nun das Schiff mit schwerem Anker fest

Und ließen dann sogleich die weißen Segel nieder.

Es dauerte nicht lang, bis man die Neuigkeit

Gehört in Hagens Burg, dass Fremde angekommen.


Das Schiff verließen sie und trugen auf den Strand,

Was man bedurfte da und was man so begehrte,

Das fand man alles da, die Fremden waren reich.

Zwar Geld besaßen sie, doch kamen nicht zum Einkauf.


Und edlen Händlern gleich erblickte man am Strand

Wohl sechzig oder mehr von Männern schön gekleidet.

Der Däne Frute war ihr Führer unter ihnen,

Er trug ein schönres Kleid als alle andern Männer.


Der Richter nun der Stadt Baljan im Lande Hagens,

Er ritt, weil jene Schar der Fremden angekommen,

Mit seinem Trupp dahin, wo jene Fremden waren,

Die Händler reich und schlau, die doch sich gut benahmen.


Der Richter fragte sie, von wo sie hergekommen,

Gekommen über See. Ich sag die reine Wahrheit!

Der Führer Frute sprach: Das Land liegt weit entfernt.

Und wir sind Händler reich und haben reiche Herren.


Herr Wate sich erbat Verträge von dem Richter.

Man konnte sehen hier an dem Benehmen stolz,

Dass in der Heimat er ein strenger Herrscher war.

Zu König Hagen nun man jene Gäste brachte.


Er sagte: Meinen Schutz und mein Geleite auch

Will bieten ihnen ich. Der soll am Galgen enden,

Der diese fremden Herrn nur irgendwie belästigt.

Sie seien unbesorgt, im Lande sind sie sicher.


Dem König gaben sie für etwa tausend Mark

Geschenke kostbar schön, obwohl er nichts begehrte,

Nicht Einen Pfennig, nur dass sie ihn sehen ließen,

Wie groß war ihr Besitz, was Mann und Frau gefalle.


Herr Hagen dankte sehr und sprach: Und soll ich noch

Drei Tage leben nur, so soll euch, meinen Gästen,

Vergolten werden das, was ihr mir habt gegeben.

Und wär ein Mangel, nun, so müsste man mich tadeln.


Der König teilte auf, was ihm die Schar geschenkt,

Die Ringe für den Arm, die konnten schönen Frauen

Gefallen sehr, dazu die schönsten Gürtelschnallen,

Und Kopfschmuck, Fingerring, all das verteilte Hagen.


Und Frau und Tochter auch das hatten wohl gesehen,

Geschenke voller Wert, geschenkt von reichen Händlern

In König Hagens Land, so etwas sah man nie.

Und Horant, Wate auch, zum Hof die Gaben sandten.


Der Seidenkleider viel, die besten, die es gab,

Und Stoffe auch mit Gold, die trug man an den Strand.

Purpur und Seidenstoff aus Bagdad war hier wertlos.

Und Leinwand schenkten sie, die beste, die es gab.


Zu jedem Seidenkleid, das man zum Hof gebracht,

Gabs einen Unterrock, genug der Unterröcke.

Wohl vierzig Ballen Stoff, es mochte mehr noch sein.

Wär Gnade käuflich, so verdienten sie die Gnade.


Gesattelt brachte man zwölf Pferde aus Kastilien

Und Rüstung mancherlei und manchen schönen Helm

Ließ bringen man zur Burg, zwölf Schilde noch dazu,

Die eingefasst in Gold. Die Gäste gaben gerne.


Und mit den Gaben viel ritt Horant an den Hof

Und mit ihm Irolt auch. Dem König ward berichtet,

Als man von neuem ihm von ihnen Nachricht brachte,

Sie seien Landesherrn, wie am Geschenk zu sehen.


Zum Hofe kamen auch an vierundzwanzig Männer,

Die führten sie mit sich, die herrlich anzusehen.

Sie trugen solch ein Kleid, als würden heute sie

Geweiht zum Rittertum, wie Hagens Ritter meinten.


Und einer sprach zum Herrn: Du sollst die reichen Gaben,

Die man dir bringen wird, o König, gern empfangen,

Und doch vergiss es nicht, den Gästen auch zu danken. -

Wie reich er selbst auch war, er dankte sehr den Gästen.


Ich danke ihnen gern, wie ich es schuldig bin. -

Und seine Kämmerer, die ließ er dorthin gehen,

Sie sollten das Geschenk in Einzelheiten anschaun.

Als sie gesehn das Gut, wie staunten sie da sehr.


Es sprach der Kämmerer: O Herr, ich muss dir sagen,

Es sind Gefäße hier aus Silber und aus Gold,

Mit Edelsteinen auch, sehr kostbar und erlesen.

Sie haben Gaben von zehntausend Mark gegeben.


Er sprach: Es mag die Schar mit Glück gesegnet sein.

Ich will die Gaben nun mit meinen Kriegern teilen. -

Der König schenkte viel, gab jedem einzelnen,

Der etwas wünschte sich, dem gab er nach Begehren.


Der Herrscher bat die zwei, den Irolt, Horant auch,

Zu setzen sich zu ihm, dann hob er an zu fragen,

Woher gekommen sie in dies sein Königreich.

Nie haben Fremde je mich also reich beschenkt. -


Und darauf Horant sprach: Das will ich, Herr, erklären,

Wir hoffen auf die Huld von dir, so will ichs klagen:

Wir sind Vertriebene aus unserm eignen Land,

Ein König voller Macht hat sich an uns gerächt.


Da sagte Hagen wild: Wie wird er denn genannt,

Für den ihr eure Burg, das Land verlassen habt?

Ich sehe eure Art, er könnte euch behalten,

Wenn er Verstand besitzt, denn ihr scheint wirklich tüchtig. -


Er forschte, wie der hieß, der jene Schar verbannt,

Und auch durch welche Schuld sie sind vertrieben worden,

Dass sie nun auf der Flucht sich fremde Reiche suchten.

Und Horant darauf sprach: Das geb ich dir bekannt.


Sein Name Hetel ist vom Lande Hegelingen.

Gewalt und Stärke sind und Macht in seiner Hand.

Er ists, der uns beraubt so mancher süßen Freuden,

Auf dass wir nun zu Recht gestimmt sind auf die Trauer.


Der wilde Hagen sprach: Nun ist das Glück gekommen,

Vergolten wird euch nun all das, was er genommen,

Es sei denn, dass mir selbst das Meine ging verloren.

Den Hegelinger Herrn sollt ihr um nichts mehr bitten.


Und wollt ihr Helden hier bei mir im Lande bleiben,

So will ich teilen gern die Länder, die ich habe.

Der Hetel hat euch nie gegeben solche Gnade,

Was er euch auch geraubt, ich geb euch zehnmal mehr. -,


Wie gerne blieben wir, sprach Horant drauf, der Däne,

Doch was, wenn Hetel uns von Hegelingen hier

Entdecken würde, da er jeden Seeweg kennt,

Wir müssten bangen dann, er ließe uns nicht leben. -


Und Hagen sprach, der Herr, er sagte zu den Fremden:

Gebt eure Bindung auf zu ihm, so habt ihr Ruhe.

Der Hetel wagt es nicht, hier euch zu eurem Schaden

Zu suchen hier euch auf, das wär ja mir zur Schande. -


Er ließ sie in der Stadt gleich eine Wohnung finden,

Und deren Bürger bat der wilde König Hagen,

Dass sie erweisen Huld den Fremden, wo sie können,

Dass jeder müde Held von seiner Seefahrt ruhe.


Die Bürger dieser Stadt erfüllten seine Bitte,

Bereit und willig, und wohl vierzig oder mehr

Der schönsten Häuser sie den fremden Gästen räumten

Für die aus Dänemark die Bürger zogen aus.


Zum Strande brachten sie die vielen Sachen nun,

Die waren in dem Schiff, sie dachten oft daran,

Dass lieber sie im Kampf und Streite kämpfen wollten,

Als zu erwarten Glück der schönen Hilde wegen.


Der König Hagen nun die fremden Gäste fragte,

Ob sie sein Brot und Wein so lang genießen wollten,

Bis sie besäßen hier bald eigne Fürstentümer.

Der Däne Frute sprach: Da müssten wir uns schämen.


Wenn König Hetel auch mit Maß gewogen wäre,

Wenn Silber wir und Gold bei ihm zu essen hätten,

Wir könnten doch zuhaus davon so reichlich haben,

Dass wir die große Gier noch überwinden müssten.


Und Frute ließ sodann errichten den Verkaufsstand,

Bei dem Verkauf so reich war es im Lande hier

Noch vorgekommen nie, dass Händler ihre Waren

Für wenig Geld verkauft, sie wären schnell verkauft.


Und die es wünschten, Gold und Edelsteine kauften.

Den Gästen war der Herr mit gutem Sinn gewogen.

Wer aber ohne Geld begehrte eine Ware -

Sie waren so gesinnt, dass sie ihm vieles schenkten


Was immer einer sprach von diesen kühnen Männern,

Von Wate und dazu von Frute, was getan ward,

Die Großmut war sehr groß, das konnte man kaum glauben.

Sie taten es für Ruhm. Man sagte es den Damen.


Den armen Leuten auch Gewänder gaben sie,

Den Armgewordenen man gab zurück das Pfand,

Sie wurden freigemacht. Der jungen Königstochter

Ward solches Wesen oft von Kämmerern erzählt.


Mein lieber Vater du, sprach sie den König an,

Lass deine Gäste doch hier her zum Hofe kommen,

Man sagt, dass Einer sei von ihnen ungewöhnlich.

Ich möcht ihn gerne sehn, wenn das nur möglich wäre.


Der König sprach zum Kind: Das kann sehr gut geschehen,

Den Auftritt seiner Art will ich dich sehen lassen. -

Doch war er damals noch ganz unbekannt dem Hagen.

Die Frauen sehnten sich, zu sehn den alten Wate.


Der Herr die Gäste bat und forderte sie auf,

Wenn sie aus Mangel da nur irgend Nöte hätten,

Sie sollten dann zum Hof an seine Tafel kommen.

Der Däne Frute riet dazu, der kühne, weise.


Nun die aus Dänemark, die schmückten für den Hof sich,

Dass ihre Kleidung schön kein Wesen tadeln konnte,

Und die aus Sturmland auch, die Kriegerschar von Wate,

Er selber auch erschien so wie ein edler Ritter.


Und Morungs Leute auch, die trugen schöne Mäntel

Und Röcke feinsten Stoffs, und leuchtend rot wie Glut

Es funkelten darin Rubine, Jaspis, Gold.

Auch Irolt voller Mut ging nicht allein zum Hof.


Doch keinen Zweifel gabs, der kühne Horant war

Am besten angetan. Und weite lange Mäntel

In leuchtend hellem Glanz sah man die Männer tragen.

Die kühnen Dänen, sie sind schön einhergezogen.


Wie mächtig Hagen war und voll von Stolz und Hochmut,

So ging er auf sie zu, und auch die Königin

Erhob vom Sessel sich, als sie den Wate sah.

Der zeigte artig sich, doch war ihm nicht zum Lachen.


Doch sagte sie sehr nett: So seid ihr uns willkommen,

Ich und mein Herr, der Fürst, wir haben es gehört,

Dass ihr vom großen Kampf erschöpft seid über Maßen.

Nun wird der König gern für eure Wohlfahrt sorgen.


Sie neigten sich vor ihr, der Anstand so gebot es.

Der gute Fürst empfahl den Gästen, sich zu setzen.

Den allerbesten Wein, den es in allen Ländern

An Fürstenhöfen gab, gab ihnen man zu trinken.


Bei frohem Wort und Scherz sie hatten Platz genommen.

Die edle Königin verließ indes den Saal.

Sie bat den Hagen wild, er möge ihr erlauben,

Die Helden zum Gespräch ins Frauenhaus zu lassen.


Der König das versprach, wie mir berichtet wurde.

Der Königstochter schön war das sehr angenehm.

Drauf schmückten alle sich mit Gold und schönen Kleidern,

Die Frauen sehnten sich, die fremden Herrn zu sehen.


Nun Mutter Hilde da bei ihrer Tochter saß,

Des Hofes Damen nun es suchten zu vermeiden,

Dass wegen ihrer Art nur irgend jemand meinte,

Als dass nicht jede Frau sei eine Königin.


Den alten Wate ließ man zu der Jungfrau gehen.

Obwohl er war ergraut, er trug im Kinderherzen

Den Glauben, dass sie sich vor ihm wohl hüten müsse.

Doch die Prinzessin ging voll Anstand ihm entgegen.


Sie grüßte ihn zuerst. Es hätt ihr leid getan,

Wenn sie ihn küssen sollt. Sein grauer Bart war voll,

Sein Haar durchflochten gar mit schönen Borten kostbar.

Sie bat nun Wate sich und Frute sich zu setzen.


Vor ihren Sesseln da die tapfern Männer standen,

Die gut erzogen sind und die in ihrem Leben

In manche großen Streit viel Tüchtiges geleistet.

Man lobte beide sehr und rühmte diese Helden.


Frau Hilde und ihr Kind, die fragten Wate dann

Mit Artigkeit und Scherz, ob er sich fühle wohl,

Wenn er bei schönen Fraun im Sessel sitzen sollte,

Ob er nicht lieber doch in schweren Kämpfen streite.


Der alte Wate sprach: Das ist mir sicher lieber,

Obwohl noch nie so süß bei schönen Fraun mir ward,

Doch tät ich lieber eins, mit männlich tapfern Rittern

Zu streiten in dem Kampf, wenn es denn nötig wäre.


Darüber lachte laut das liebe Mädchen auf,

Sie merkte wohl, dass ihm bei schönen Fraun nicht wohl war,

Darüber trieb man noch viel Scherz in dem Gemach.

Frau Hilde und ihr Kind auch sprachen Morungs Leute.


Sie nach dem Alten fragt: Wie wird er denn genannt?

Wo hat er denn sein Volk, die Burgen und die Länder?

Und sind in seiner Burg zuhaus auch Frau und Kinder?

Sie muss seitdem wohl, ach, verzichten auf sein Lieben.


Darauf ein Ritter sprach: Die Frau und ihre Kinder

Ließ er in seinem Land. Die Güter und das Leben

Er wagt um seinen Ruhm, das hat er oft bewiesen.

Sein Lebtag doch ist er ein kühner Held gewesen.


Und Irolt weiter sprach von diesem tapfern Mann,

Dass doch in jedem Land kein König je gewonnen

Solch kühnen Rittersmann für sich und seinen Hof.

Wie ruhig er auch scheint, er ist ein großer Held.


Nun sprach die Königin: Ich rate dir, o Wate,

Da König Hetel dich hierher vertrieben hat

Vom schönen Dänemark, so solltest du hier bleiben.

Es lebt kein Mächtiger, der dich von hier vertreibt.


Er sprach zur Königin: Ja, als ich Land besaß,

Da gab ich, wem ich wollt, auch Pferde und auch Kleider.

Nur ungern würde ich als Lehnsmann heute dienen.

Von meiner Heimat will ich nicht so lange fern sein.


Der König bot ihm da sehr große Gaben an,

Doch diese Heldenbrut, die war so hoch gesonnen,

Dass sie von keinem Mann nur eine Mark annahmen.

Zwar Hagen hatte viel, ihn ärgerte ihr Stolz.


Und als man Abschied nahm, da sprach die schöne Hilde,

Dass jederzeit am Hof sei da die Möglichkeit,

Zu sitzen bei den Fraun, das sei auch keine Schande.

Sprach Irolt: Das hat man uns schon daheim erlaubt.


Dann gingen sie zum Herrn, da waren viele Ritter,

Sie fanden einzeln dort der Spiele mancherlei,

Das Brettspiel ebenso wie Fechten unter Schilden.

Sie ehrten Hagen nicht, wie es die andern taten.


Nach Iren-Sitte nun begann man manches Spiel

Zur Unterhaltung, da gewann der alte Wate

Den König sich zum Freund. Der Herr der Dänen Horant

War Frauen da zum Scherz, zu Späßen aufgelegt.


Herr Wate, Frute auch, die kühnen starken Ritter,

Die waren beinah ja im selben hohen Alter,

Die grauen Locken schon mit Golde schön durchflochten,

Wo Kämpfer brauchte man, da waren da die Ritter.


Des Königs Männer nun zum Hofe brachten Keulen

Und Buckelschilde auch. Man übte sich im Schirmen

Und focht mit Schwertern auch und warf auch mit den Spießen

Auf Schilde. Jeder Mann und Held war unermüdlich.


Und König Wate frug nun Wate und sein Volk,

Ob es zuhause auch sei üblich ebenso,

Zu fechten dieser Art, wie es in Irland hier

Die Ritter pflegten nun. Und Wate lachte höhnisch.


Der Held aus Sturmland sprach: Ich hab es nie gesehen.

Wollt jemand lehren mich, dann blieb ich gerne hier

Ein ganzes volles Jahr, auf dass ich recht verstünde.

Wer mir der Meister wär, dem gönnt ich seinen Lohn.


Der König sprach zum Gast: Nun dir zuliebe will ich

Den besten Meister dich es gerne lehren lassen,

Dass du des Schwertes Kunst beherrschest, wenn man kämpft

In einer harten Schlacht. Das wird dir oft noch nützen.


Des Fechtens Meister kam, und er begann damit

Zu lehren Wate, doch der Lehrer musste da

Ums Leben fürchten selbst, denn Wate schlug zurück,

Des Zweikampfs Meister er. Da lacht der Däne Frute.


Der Meister half sich nicht, er sprang dahin, daher

So wie ein Leopard. In Wates Händen klang

Sein Schwert oft voller Pracht, wobei die Feuerfunken

Von Schilden sprühten. Das der Meister dankt dem Lehrling.


Der wilde Hagen sprach: Gebt mir ein Schwert zur Hand!

Die Zeit vertreib ich mir mit jenem Sturmland-Helden,

Ob ich der Schläge vier vermag den Mann zu lehren,

Auf dass er mir es dankt. - Und Wate stimmte zu.


Zum König sprach der Gast: Gibst du mir nun dein Wort,

Dass König Hagen mir nicht nach dem Leben trachtet,

Denn schlägst du Winden mir, muss ich vor Fraun mich schämen. -

Doch Wate kämpfte so wie keiner in der Welt.


Und Hgen widerstand dem Unerfahrnen kaum,

Der Meister seinem Knecht, so dass er dampfte bald

Wie ein gelöschter Brand, denn Wate war sehr stark.

Der Hausherr Schläge gab dem Gast unzählig viele.


Zuschauer sahn es gern, weil beide waren kräftig.

Der König merkte bald, dass Wate war ein Meister.

Er wollte zürnen ihm, die Ehre das verbot.

Verglich man ihre Kraft, so hatte Hagen mehr.


Zum König Wate sprach: Nun sollte unser Streit

Erfolgen rücksichtslos. Vier Schläge habe ich

Bestimmt ganz gut gelernt und will es dir noch danken. -

Er lohnt es reichlich ihm wie Sachsen oder Franken.


Die Rücksicht hatten sie nun aufgegeben, dröhnend

Erklang der große Saal von beider Männer Schlägen.

Was sie auch sonst getan, erfolgreich wärs gewesen.

Die Schläge waren stark, die Knäufe so zersprangen.


Dann setzten sie sich hin. Der Hausherr sprach zum Gast:

Du wolltest lernen, wie? Nie traf ich einen Mann,

Der mich zum Schüler so gemacht mit seiner Kunst.

Wo immer kämpft ein Mann, da bist auch du zu loben.


Und Irolt sprach zum Herrn: Der Schwertkampf ist vorbei,

In dem du dich bewährt. Wir sahn es früher schon

Im Lande unsres Herrn, wir sind daran gewöhnt,

Dass Ritter, Knappen auch, sich üben jeden Tag.


Und Hagen sagte drauf: Ach hätt ich das gewusst,

So hätt die Waffe ich nicht in die Hand genommen,

Nie sah ich einen Mann so rasch die Künste lernen. -

Darüber lachte froh so manch ein Edelmann.


Der König nun erlaubt, die Zeit sich zu vertreiben,

Wie es ein jeder mag. Dem folgten die aus Nordland.

Als Langeweile kam, begannen sie, die Steine

Zu werfen auf ein Ziel und schleuderten die Speere.


(Fragment)