DER PREDIGER SALOMO

 

DEUTSCH VON TORSTEN SCHWANKE


NACH MARTIN LUTHER


Luther 1545 V2.0


I.


1 Dies sind die Reden des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs von Jerusalem.


2 Es ist alles nur ein Hauch, sprach der Prediger. Es ist alles nur ein Hauch. 3 Was hat der Mensch von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? 4 Ein Geschlecht vergeht, das nächste kommt. Die Erde bleibt für immer. 5 Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, dass sie wieder herum an den Ort kommt, da sie anfängt 6 jeden Morgen und kommt herum zur Mitternacht und wieder herum an den Ort, da sie anfängt. 7 Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller./ An den Ort, da sie her geflossen, fließen sie wieder hin.


8 Es ist alles Treiben so voll Mühe, dass man es nicht sagen kann. Das Auge sieht sich nie satt, und das Ohr hört sich nie satt. 9 Was ist es, das geschehen ist? Eben das, was danach geschehen wird. Was ist es, das man gethan hat? Eben das, was man danach wieder tun wird. Und es geschieht nichts Neues unter der Sonne. 10 Geschieht auch etwas, wovon man sagen möchte: Siehe, das ist neu? Denn es ist zuvor auch geschehen in vorigen Zeiten, die vor uns gewesen sind. 11 Man gedenkt nicht, wie es zuvor gewesen ist. Also auch dessen, was danach kommt, wird man nicht gedenken bei denen, die später sein werden.


12 Ich, der Prediger, war König über Israel in Jerusalem. 13 Und ich richtete mein Herz darauf, zu suchen und zu erforschen weise alles, was man unter dem Himmel tut. Solche unseligen Mühen hat Gott den Menschenkindern gegeben, dass sie sich damit abquälen müssen. 14 Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles nur ein Hauch und Jammer! 15 Krummes kann nicht gerade werden, noch der Fehl gezählt werden.


16 Ich sprach in meinem Herzen: Siehe, ich bin herrlich geworden und hab mehr Weisheit als alle, die vor mir gewesen sind, in Jerusalem, und mein Herz hat viel gelernt und viel erfahren. 17 Und ich richtete auch mein Herz darauf, dass ich lernte die Weisheit kennen und die Torheit und den Wahnsinn. Ich ward aber gewahr, dass solches auch nur Mühe ist. 18 Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Gram. Und wer viel lehren muss, der muss viel leiden.



II.


1 Ich sprach in meinem Herzen: Wohl an! Ich will gut leben und schöne Tage haben. Aber siehe, das war auch nur ein Hauch. 2 Ich sprach zum Lachen: Du bist wahnsinnig! Und zur Freude: Was willst du?


3 Da dachte ich in meinem Herzen, meinen Leib vom Wein zu pflegen, und mein Herz zur Weisheit zu erziehen, dass ich begriffe, was Torheit ist, bis ich lernte, was den Menschen gut wäre, dass sie es täten, so lange sie unter dem Himmel leben.


4 Ich tat große Dinge: Ich baute Häuser, pflanzte Weinberge, 5 ich machte mir Parks und Lustgärten und pflanzte allerlei fruchtbare Bäume darein, 6 ich macht mir Teiche,/ daraus zu bewässern den Wald der grünenden Bäume. 7 Ich hatte Knechte und Mägde und Gesinde. Ich hatte eine größere Habe an Rindern und Schafen als alle, die vor mir in Jerusalem gewesen waren. 8 Ich sammelte mir auch Silber und Gold und von den Königen und Ländern einen Schatz. Ich schaffte mir eine Frau und einen Harem an und die Wollust der Männer und allerlei Musik. 9 Und ich nahm zu über alle, die vor mir in Jerusalem gewesen waren. Auch bleibt die Weisheit bei mir. 10 Und alles, was meine Augen begehrten, das ließ ich sie sehen. Und ich verwehrte meinem Herzen keine Freude, auf dass es fröhlich wäre in all meiner Arbeit, und das hielt ich für meinen Anteil von aller meiner Arbeit. 11 Da ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und all die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles auch nur ein Hauch und Jammer und war wie nichts unter der Sonne!


12 Da wandte ich mich, zu sehen die Weisheit, und die Torheit, und den Wahnsinn. Denn wer weiß schon, was das für ein Mensch sein wird nach dem König, den sie schon bereit gemacht haben? 13 Da sah ich, dass die Weisheit die Torheit übertrifft, wie das Licht die Finsternis übertrifft. 14 Dass dem Weisen seine Augen im Kopf sind, aber die vielen Narren in der Finsternis gehen. Und ich merkte dennoch, dass es dem einen wie den anderen geht.


15 Da dachte ich in meinem Herzen: Wenn es den Narren geht wie mir, warum hab ich dann so sehr nach der Weisheit gesucht? Da dachte ich in meinem Herzen, dass solches auch nur ein Hauch sei. 16 Denn man gedenkt des Weisen nicht für immer, eben so wenig wie der Narren, und die kommenden Tage vergessen alles. Und wie der Weise stirbt, also auch die Narren. 17 Darum verdross es mich zu leben! Denn es gefiel mir übel, was unter der Sonne geschieht, dass es so sehr nur ein Hauch und eine Mühsal ist!


18 Und mich verdrossen alle meine Arbeiten, die ich unter der Sonne getan hatte, dass ich die selben einem Menschen hinterlassen muss, der nach mir sein wird. 19 Und wer weiß schon, ob er weise oder wahnsinnig sein wird? Und er soll doch herrschen über alle meine Arbeiten, die ich in Weisheit getan habe unter der Sonne. Das ist auch nichts als ein Hauch.


20 Darum wandte ich mich dahin, dass mein Herz abließe von aller Arbeit, die ich hier tat unter der Sonne. 21 Denn es muss ein Mensch, der seine Arbeit mit der Weisheit, der Vernunft und der Kunst getan hat, sie einem andern zum Erbteil hinterlassen, der nicht daran gearbeitet hat. Das ist auch nur ein Hauch und ein großes Unglück. 22 Denn was bekommt der Mensch von aller seiner Arbeit und Mühe seines Herzens, die er hat unter der Sonne? 23 Denn all seine Lebenstage schmerzen ihn mit Gram und Leiden! Dass auch sein Herz nachts nicht ruhen kann, das ist auch nur ein Hauch.


24 Ist es nun nicht besser für den Menschen, zu essen und zu trinken und seine Seele guter Dinge sein lassen in seiner Arbeit? Aber solches sah ich auch, dass das nur von Gottes Hand kommen kann. 25 Denn wer hat besser gegessen vnd sich ergötzt als ich? 26 Denn dem Menschen, der ihm wohl gefällt, dem gibt er die Weisheit, die Vernunft und die Wonne. Aber den Sündern gibt er Unglück, dass sie sammeln und anhäufen, und doch jenem alles gegeben werde, der Gott wohl gefällt. Darum ist das auch nur ein Hauch und Jammer.



III.


1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.


2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit, Pflanzen hat seine Zeit, ausrotten das Gepflanzte hat seine Zeit, 3 Würgen hat seine Zeit, Heilen hat seine Zeit, Zerbrechen hat seine Zeit, Aufbauen hat seine Zeit, 4 Weinen hat seine Zeit, Lachen hat seine Zeit, Klagen hat seine Zeit, Tanzen hat seine Zeit, 5 Steine werfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit, Liebkosen hat seine Zeit, Fernsein von der Liebkosung hat seine Zeit, 6 Suchen hat seine Zeit, Verlieren hat seine Zeit, Bewahren hat seine Zeit, Wegwerfen hat seine Zeit, Zerreißen hat seine Zeit, Nähen hat seine Zeit, Schweigen hat seine Zeit, Reden hat seine Zeit, 8 Lieben hat seine Zeit, Hassen hat seine Zeit, Streit hat seine Zeit, Frieden hat seine Zeit.


9 Man arbeite so viel, wie man will, so kann man doch nichts erreichen. 10 Daher sah ich die Mühe, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie darin geplagt werden. 11 Er aber tut alles fein zur rechten Zeit. Und er lässt ihjr Herz sich ängstigen, wie es kommen soll in der Welt. Denn der Mensch kann doch das nicht treffen, die Werke, die Gott tut, weder den Anfang noch das Ende. 12 Darum merkte ich, dass es nichts besseres gibt als fröhlich zu sein und sich Gutes zu tun in seinem Leben. 13 Denn ein jeglicher Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut in all seinen Arbeiten - das ist eine Gnade Gottes.


14 Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das bleibt für immer. Man kann nichts dazu tun noch etwas wegtun. Und solches tut Gott, dass man ehrfurcht vor ihm habe. 15 Was Gott tut, das steht fest da, und was er tun will, das muss werden, denn er trachtet und jagt dem nach.


16 Weiter sah ich unter der Sonne Höfe des Gerichts, da war ein gottloses Treiben, und Stätten der Gerechtigkeit, da herrschten Gottlose. 17 Da dachte ich in meinem Herzen: Gott wird richten den Gerechten und die Gottlosen. Denn es haben alle Vorhaben und Taten ihre Zeit.


18 Ich sprach in meinem Herzen von dem Wesen der Menschen, dass Gott sie zeigt und lässt sie ansehen, als wären sie unter sich wie die Tiere. 19 Denn es geht dem Menschen wie dem Tier: Wie dies stirbt, so stirbt er auch, und es haben alle einerlei Atem, und der Mensch hat nicht viel mehr als das Tier. Denn es ist alles nichts als ein Hauch. 20 Es geht alles an Einen Ort. Es ist alles von Staub gemacht und wird wieder zu Staub. 21 Wer weiß, ob der Atem des Menschen aufwärts fährt und der Atem des Tiers unter die Erde fahre? 22 Darum sagte ich, dass es nichts besseres gibt als dass ein Mensch fröhlich sei in seinen Arbeiten. Denn das ist sein Anteil. Denn wer will ihn dahinbringen, das er wisse, was nach ihm kommen wird?



IV.


1 Ich wandte mich und sah an alle, die Unrecht leiden unter der Sonne. Und siehe, da waren Tränen dererm die Unrecht litten und hatten keinen Tröster, und die ihnen Unrecht taten, waren zu mächtig, dass sie keinen Tröster haben konnten. 2 Da lobte ich die Toten, die schon gestorben waren, mehr als die Lebenden, die noch das Leben hatten! 3 Und lobte die, die noch nicht waren, mehr als alle beide, die des Bösen nicht inne werden, das unter der Sonne geschieht.


4 Ich sah an Arbeit und Kunst in allen Dingen. Da neidet einer den andern. Das ist auch nur Hauch und Mühe. 5 Denn ein Narr legt die Hände in den Schoß und frisst sein Fleisch. 6 Es ist besser eine Hand voll mit Ruhe als beide Fäuste voll mit Mühe und Jammer.


7 Ich wandte mich und sah den Dunst unter der Sonne. 8 Es ist ein Einzelner und ist iemand bei ihm, und er hat weder ein Kind noch Brüder. Dennoch ist seines Arbeitens kein Ende und seine Augen werden des Reichtums nicht satt. Für wen arbeite ich denn, und spare meiner Seele alles ab? Das ist auch nur ein Hauch und eine böse Mühe. 9 So ist es ja besser, zu zweit als allein zu sein. Denn sie genießen doch ihre Arbeit. 10 Fällt ihrer einer, so hilft ihm sein Genosse auf. Weh dem, der allein ist! Wenn er fällt, so ist kein anderer da, ihm aufzuhelfen. 11 Auch: Wenn zwei beieinander liegen, wärmen sie einander. Wie kann ein Einsamer warm werden? 12 Einer kann überwältigt werden, aber zwei können widerstehen, und eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei.


13 Ein armer Knabe, der weise ist, ist besser als ein alter Herrscher, der ein Narr ist und weiß sich nicht zu hüten. 14 Es kommt wohl einer aus dem Gefängnis zum Königreich, und einer, der in seinem Königreich geboren ist, verarmt. 15 Und ich sah das alle Lebendigen unter der Sonne wandeln einem andern Knaben nach, der an jenes statt sollte aufkommen. 16 Und des Volkes, das vor ihm einher ging, war kein Ende, und des Volkes, das ihm nachging. Und sie wurden seiner doch nicht froh. Das ist auch nur Hauch und Jammer.



V.


1 Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst, und komm, damit du hörst. Das ist besser als der Narren Opfer. Denn sie wissen nicht, was sie Böses tun.


Sei nicht schnell mit deinem Munde und lass dein Hertz nicht eilen, etwas zu reden vor Gott. Denn Gott ist im Himmel, und du bist auf Erden. Darum lass deiner Worte wenige sein. 2 Denn wo viel Sorgen sind, da kommen Träume, und wo viele Worte sind, da hört man die Narren.


3 Wenn du Gott ein Gelübde tust, so zögere nicht, es zu halten. Denn er hat kein Gefallen an den Narren. Was du gelobst, das halte auch. 4 Es ist besser, du gelobst nichts, als dass du nicht hältst, was du gelobtest.


5 Erlaube deinem Mund nicht, dass er dein Fleisch verführe, und sprich vor dem Engel nicht: Ich bin unschuldig. Gott könnte erzürnen über deine Stimme und verdammen alle Werke deiner Hände. 6 Wo viele Träume sind, da ist viel Hauch und viel Gerede. Aber fürchte du Gott!


7 Siehst du, wie man den Armen Unrecht tut und Recht und Gerechtigkeit im Lande wegreißt, wundere dich des Vorhabens nicht, denn es ist noch ein hoher Hüter über den Hohen, und es sind noch Höhere über die beiden. 8 Darüber hinaus ist der König im ganzen Land, das Feld zu bebauen.


9 Wer das Geld liebt, wird des Geldes nimmer satt. Und wer den Reichtum liebt, wird keinen Nutzen davon haben. Das ist auch nur Hauch. 10 Denn wo viel Hab und Gut ist, da sind viele, die es essen. Und wie genießt es, der es hat, außer dass er es mit seinen Augen ansieht? 11 Wer arbeitet, dem ist der Schlaf süß, er habe wenig oder viel gegessen. Aber die Fülle des Reichen lässt ihn nicht schlafen.


12 Es ist eine böse Plage, die ich sah unter der Sonne: Reichtum, behalten zum Schaden für den, der ihn hat. 13 Denn der Reiche kommt um mit großem Jammer. Und wenn er einen Sohn gezeugt hat, dem bleibt nichts in der Hand. 14 Wie er nackt ist von seiner Mutter Leib gekommen, so nackt fährt er wieder dahin, wie er gekommen ist, und nimmt nichts mit sich von seiner Arbeit in seiner Hand, wenn er dahin fährt. 15 Das ist eine böse Plage, dass er dahin fährt, wie er gekommen ist. Was hilft es ihm denn, dass er in den Wind gearbeitet hat? 16 Sein Leben lang hat er im Finstern gegessen und in großem Gram und Krankheit und Traurigkeit.


17 SoO sehe ich nun das für gut an, dass es fein sei, wenn man gut isst und gut trinkt und frohen Mutes ist in aller Arbeit, die einer tut unter der Sonne, sein Leben lang, das ihm Gott gibt. Denn das ist sein Anteil. 18 Denn welchem Menschen Gott Reichtum und Güter und Macht gibt, dass er davon gut isst und gut trinkt für sein Teil und fröhlich ist in seiner Arbeit - Das ist eine Gnade Gottes. 19 Denn er denkt nicht viel an sein elendes Leben, weil Gott sein Herz ergötzt.



VI.


1 Es ist ein Unglück, das ich sah unter der Sonne, und es ist allgemein bei den Menschen. 2 Einer, dem Gott Reichtum, Güter und Ruhm gegeben hat, und es mangelt ihm nichts, was sein Herz begehrt, und Gott ihm dennoch nicht Macht gibt, das selbe zu genießen, sondern ein anderer verzehrt es, das ist ein Hauch und eine böse Plage. 3 Wenn er gleich hundert Kinder zeugte und hätte ein so langes Leben, dass er viele Jahre überlebte, und seine Seele sättigte sich des Guts nicht und er bliebe ohne Grab - von dem spreche ich, dass eine Fehlgeburt besser dran sei als er. 4 Denn im Hauch kommt er und in die Finsternis fährt er dahin, und sein Name bleibt in der Finsternis vergessen, 5 er wird der Sonne nicht froh, und findet keine Ruhe, weder hier noch dort. 6 Ob er auch zweitausend Jahre lebte, so hat er doch nie guten Mut. Kommt es nicht alles an Einen Ort?


7 Einem jeglichen Menschen ist Arbeit aufgelegt nach seinem Maß. Aber das Herz kann nicht dabei bleiben. 8 Denn was richtet ein Weiser mehr aus als die Narren? Was will der Arme unter den Lebenden sein? 9 Es ist besser, das gegenwärtige Gut zu gebrauchen als nach fernem gedenken. Das ist auch nur Hauch und Jammer!


10 Was ist es, wenn einer berühmt ist? So weiß man doch, dass er nur ein Mensch ist. Und er kann nicht hadern mit dem, der ihm zu mächtig ist. 11 Denn es ist der gehauchten Dinge zu viel. Was hat ein Mensch davon?



VII.


1 Denn wer weiß, was dem Menschen nützlich ist im Leben, so lange er lebt in seinem Hauch, welches dahin fährt wie ein Schatten? Oder wer will dem Menschen sagen, was nach ihm kommen wird unter der Sonne?


2 Ein guter Ruhm ist besser denn gute Salbe. Und der Tag des Todes ist besser als der Tag der Geburt. 3 Es ist besser in das Trauerhaus zu gehen als in das Trinkhaus. In jenem ist das Ende aller Menschen, und der Lebende nimmt es sich zu Herzen. 4 Es ist das Trauern besser als das Lachen. Denn durch das Trauern wird das Herz gereinigt. 5 Das Herz des Weisen ist im Trauerhaus. Und das Herz der Narren ist im Freudenhaus. 6 Es ist besser, zu hören das Schelten des Weisen, als zu hören das Geschwätz der Narren. 7 Denn das Lachen der Narren ist wie das Krachen der Dornen unter den Töpfen. Und das ist auch nur Hauch.


8 Ein Widerspenstiger macht einen Weisen unwillig und verdirbt ein mildes Herz. 9 Das Ende eines Dinges ist besser als sein Anfang. Ein geduldiger Geist ist besser als ein hochmütiger Geist. 10 Sei nicht schnell zu zürnen. Denn Zorn wohnt im Busen eines Narren. 11 Sprich nicht: Wie kommt es, dass die vorigen Tage besser waren als diese? Denn du fragst solches nicht in Weisheit. 12 Die Weisheit ist gut mit einem Erbgut und hilft, dass sich einer an der Sonne freuen kann. 13 Denn wie die Weisheit beschirmt, so beschirmt das Geld zwar auch, aber die Weisheit gibt das Leben dem, der sie hat.


14 Siehe an die Werke Gottes! Denn wer kann das gerade machen, was er krümmt? 15 Am guten Tag sei guter Dinge, und den bösen Tag nimm auch für gut, denn diesen schafft Gott neben jenem, dass der Mensch nicht wissen soll, was künftig ist.


16 Allerlei hab ich gesehen die Zeit über meines Hauchs. Da ist ein Gerechterm und er geht unter in seiner Gerechtigkeit. Und da ist ein Gottloser, der lange lebt in seiner Bosheit. 17 Sei nicht allzu gerecht und nicht allzu weise, dass du dich nicht verdirbst. 18 Sei nicht allzu gottlos und nicht allzu närrisch, dass du nicht stirbst zur Unzeit. 19 Es ist gut, dass du dies erfasst und jenes auch nicht aus deiner Hand lässt. Denn wer Gott fürchtet, der entgeht dem allen.


20 Die Weisheit stärkt den Weisen mehr als zehn Gewalttätige in der Stadt. 21 Denn es ist kein Mensch auf Erden, der nur Gutes tut und nie sündige. 22 Nimm dir auch nicht zu Herzen alles, was man sagt, dass du nicht hören müssest deine Magd dir fluchen. 23 Denn dein Herz weiß, dass du andern auch oftmals geflucht hast.


24 Solches alles hab ich versucht in Weisheit. Ich dachte: Ich will weise sein. Sie blieb aber fern von mir. 25 Sie ist fern. Was wird es sein? Und sie ist sehr tief. Wer will sie finden?


26 Ich kehrte mein Herz, zu erfahren und zu erforschen und zu suchen Weisheit und Kunst, zu erfahren der Gottlosen Torheit und den Irrtum der Wahnsinnigen. 27 Und ich fand, dass ein Weib, deren Herz Netz und Strick ist, und ihre Hände Fesseln sind, bitterer ist als der Tod. Wer Gott gefällt, der wird ihr entrinnen. Aber der Sünder wird durch sie gefangen.


28 Schau, das hab ich gefunden, spricht der Prediger, eins nach dem andern, dass ich die Kunst erfand. 29 Und meine Seele sucht noch und hat sie nicht gefunden. Unter tausend Menschen hab ich Einen Mann gefunden, aber ein Weib hab ich unter den allen nicht gefunden. 30 Allein, schau, das hab ich gefunden, dass Gott den Menschen hat aufrichtig gemacht, aber sie suchen viele Tricks.



VIII.


1 Die Weisheit des Menschen erleuchtet sein Angesicht. Wer aber frech ist, der ist feindselig. 2 Ich halte das Wort des Königs und den Eid Gottes. 3 Eile nicht, wegzugehen von seinem Angesicht, und bleibe nicht in böser Sache. Denn er tut, was ihn gelüstet. 4 In des Königs Wort ist Macht, und wer mag zu ihm sagen: Was machst du? 5 Wer das Gebot hält, der wird nichts Böses erfahren. Aber des Weisen Herz kennt Zeit und Art und Weise. 6 Denn ein jegliches Vorhaben hat seine Zeit und seine Art und Weise. Denn des Unglücks des Menschen ist viel bei ihm. 7 Denn er weiß nicht, was gewesen ist, und wer will ihm sagen, was werden soll? 8 Ein Mensch hat nicht Macht über den Geist, dem Geist zu wehren, und hat nicht Macht zur Zeit des Sterbens, und wird nicht losgelassen im Streit, und das gottlose Treiben errettet den Gottlosen nicht.


9 Das hab ich alles gesehen, und richtete mein Herz auf alle Werke, die unter der Sonne geschehen. Ein Mensch herrscht zu Zeiten über die andern zu deren Unglück. 10 Und da sah ich Gottlose, die begraben waren, die gegangen waren und gewandelt an heiliger Stätte und waren vergessen in der Stadt, da sie so getan hatten. Das ist auch nur Hauch.


11 Weil nicht bald ergeht ein Urteil über die bösen Werke, dadurch wird das Herz der Menschen voll, Böses zu tun. 12 Ob ein Sünder hundertmal Böses tut und doch lange lebt, so weiß ich doch, dass es wohlergehen wird denen, die Gott fürchten, die sein Angesicht scheuen. 13 Denn es wird dem Gottlosen nicht wohlergehen, und wie ein Schatten wird er nicht lange leben, der sich vor Gott nicht fürchtet.


14 Es ist ein Hauch, der auf Erden ist. Es sind Gerechte, denen geht es, als hätten sie Werke der Gottlosen getan, und sind Gottlose, denen geht es, als hätten sie Werke der Gerechten getan. Ich sprach: Das ist auch nur Hauch.


15 Darum lobte ich die Freude und dass der Mensch nichts Besseres hat unter der Sonne als gut essen und gut trinken und fröhlich sein. Und solches werde ihm von der Arbeit sein Leben lang, das ihm Gott gibt unter der Sonne.


16 Ich richtete mein Herz darauf, zu erkennen die Weisheit und zu schauen die Mühe, die auf Erden geschieht, dass auch einer weder Tag noch Nacht den Schlaf sieht mit seinen Augen. 17 Und ich sah alle Werke Gottes. Denn ein Mensch kann das Werk nicht ergründen, das unter der Sonne geschieht. Und je mehr der Mensch arbeitet, zu suchen, desto weniger findet er, wenn er auch gleich spricht: Ich bin weise und wissend, so kann er es doch nicht ergründen.



IX.


1 Denn ich habe solches alles mir zu Herzen genommen, zu erforschen das alles, dass Gerechte und Weise und ihre Untertanen in Gottes Hand sind. Doch kennt kein Mensch weder die Liebe noch den Hass irgendeines andern Menschen, den er vor sich hat.


2 Es begegnet einem wie dem andern, dem Gerechten wie dem Gottlosen, dem Guten und Reinen wie dem Unreinen, dem, der opfert, wie dem, der nicht opfert. Wie es dem Guten geht, so geht es auch dem Sünder. Wie es dem Meineidigen geht, so geht es auch dem, der den Eid fürchtet. 3 Das ist ein böses Ding unter allem, was unter der Sonnen geschieht, dass es einem geht wie dem andern. Daher auch das Herz der Menschen voll Bosheit wird, und Torheit ist in ihrem Herzen, so lange sie leben, und danach müssen sie sterben.


4 Denn bei allen Lebenden ist das, was man wünscht, nämlich Hoffnung. Denn ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe. 5 Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden. Die Toten aber wissen nichts. Sie verdienen auch nichts mehr. Denn ihr Gedächtnis ist vergessen, 6 dass man sie nicht mehr liebt noch hasst noch beneidet. Und sie haben kein Teil mehr auf der Welt in allem, das unter der Sonne geschieht.


7 So gehe hin und iss dein Brot mit Freude, trink deinen Wein mit gutem Mut. Denn dein Werk gefällt Gott. 8 Lass deine Kleider immer sauber sein und lass deinem Haupt die Salbe nicht mangeln. 9 Gebrauche das Lebens mit dem Weib, das du liebst, so lange du das Hauch-Leben hast, das dir Gott unter der Sonne gegeben hat, so lange dein Hauch-Leben währt. Denn das ist dein Teil im Leben und in deiner Arbeit, die du tust unter der Sonne. 10 Alles was dir vor die Hand kommt zu tun, das tu frisch. Denn in der Hölle, da du hinfährst, ist weder Werk, Kunst, Vernunft noch Weisheit.


11 Ich wandte mich und sah, wie es unter der Sonne zugeht, dass zum Laufen nicht hilft schnell sein, zum Streit hilft nicht stark sein, zur Nahrung hilft nicht geschickt sein, zum Reichtum hilft nicht klug sein. Dass einer angenehm sei, dazu hilft nicht, dass er ein Ding wohl kann. Sondern alles liegt an der Zeit und am Glück. 12 Auch kennt der Mensch seine Stunde nicht, sondern wie die Fische gefangen werden mit einem schädlichen Angelhaken und wie die Vögel mit einem Netz gefangen werden, so werden auch die Menschen gefangen zur bösen Zeit, wenn sie plötzlich über sie hereinfällt.


13 Ich hab auch diese Weisheit gesehen unter der Sonne, die mir groß zu sein scheint: 14 Dass eine kleine Stadt war und wenig Leute drinnen, und es kam ein großer König und belagerte sie und baute große Bollwerke herum. 15 Und es ward drinnen gefunden ein armer weiser Mann, der die selbe Stadt durch seine Weisheit könnte erretten. Und kein Mensch dacht an den selben armen Mann. 16 Da sprach ich: Weisheit ist ja besser als Gewalt, doch wird des Armen Weisheit verachtet und seinen Worten nicht gehorcht. 17 Dass macht: Der Weisen Worte gelten mehr bei den Stillen, als der Herrschenden Brüllen bei den Narren. 18 Denn Weisheit ist besser als Rüstung. Aber ein einziger Bube verdirbt viel Gutes.



X.


1 Also verderben die schädlichen Fliegen gute Salben. Darum ist es zuweilen besser, ein wenig Torheit, als zu große Weisheit und Ehre. 2 Denn des Weisen Herz ist zu seiner Rechten, aber des Narren Herz ist zu seiner Linken. 3 Auch ob der Narr selbst närrisch ist in seinem Tun, dennoch hält er jedermann für Narren. 4 Darum wenn eines Mächtigen Trotz gegen deinen Willen fort geht, so lass dich nicht empören, denn Geduld stillt großes Unglück.


5 ES ist ein Unglück, das ich sah unter der Sonne, nämlich Unverstand, der unter den Mächtigen allgemein ist, 6 dass ein Narr sitzt in großer Würde, und die Vornehmen unten sitzen. 7 Ich sah Knechte auf Rossen und Fürsten zu Fuß gehen wie Knechte. 8 Aber wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Und wer den Zaun abreißt, den wird eine Schlange beißen. 9 Wer Steine wegwälzt, der wird Mühe damit haben. Und wer Holz spaltet, der wird davon verletzt werden. 10 Wenn ein Eisen stumpf wird und an der Schneide ungeschliffen bleibt, muss man es mit Kraft wieder schärfen. Also folgt auch Weisheit dem Fleiß.


11 Ein Schwätzer ist nichts Besseres als eine Schlange, die unbeschworen sticht. 12 Die Worte aus dem Mund eines Weisen sind holdselig. Aber des Narren Lippen verschlingen denselben. 13 Der Anfang seiner Worte ist Narrheit, und das Ende ist schädliche Torheit. 14 Ein Narr macht viele Worte, denn der Mensch weiß nicht, was gewesen ist, und wer will ihm sagen, was nach ihm werden wird? 15 Die Arbeit der Narren wird ihnen sauer, und sie wissen nicht, in die Stadt zu gehen.


16 Weh dir, Land, dessen König ein Kind ist und dessen Fürsten früh essen. 17 Wohl dir, Land, dessen König edel ist und dessen Fürsten zu rechter Zeit essen, zur Stärkung und nicht zur Lust. 18 Denn durch Faulheit sinken die Balken, und durch lässige Hände wird das Haus triefend. 19 Das macht, sie machen Brot zum Lachen, und der Wein muss die Lebendigen erfreuen. Und das Geld muss ihnen alles zuwege bringen.


20 Fluche dem König nicht in deinem Herzen, und fluche dem Reichen nicht in deiner Schlafkammer, denn die Vögel des Himmels führen deine Stimme, und die Flügel haben, sagen es weiter.



XI.


1 Lass dein Brot über das Wasser fahren, so wirst du es finden nach langer Zeit. 2 Teile aus unter sieben und unter acht, denn du weißt nicht, was für Unglück auf Erden kommen wird. 3 Wenn die Wolken voll sind, so geben sie Regen auf die Erde. Und wenn der Baum fällt, er falle nach Süden oder Norden, an welchen Ort er fällt, da wird er liegen. 4 Wer auf den Wind achtet, der sät nicht, und wer auf die Wolken sieht, der erntet nicht.


5 Gleich wie du nicht weißt den Weg des Winds, und wie die Gebeine imn Mutterleib bereitet werden, so kannst du auch Gottes Werk nicht wissen, das er überall tut.


6 Früh säe deinen Samen, und lass deine Hand des abends nicht ruhen, denn du weißt nicht, ob dies oder das geraten wird, und ob beide geriete, so wäre es desto besser.


7 Es ist das Licht süß und den Augen lieblich, die Sonne zu sehen.


8 Wenn ein Mensch lange Zeit lebt und ist fröhlich in allen Dingen, so gedenkt er doch nur der bösen Tage, dass ihrer so viele sind. Denn alles was ihm begegnet ist, das ist Hauch.


9 So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und lass dein Herz guter Dinge sein in deiner Jugend. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt, doch wisse, dass dich Gott um dies alles wird vor Gericht führen.


10 Lass die Traurigkeit aus deinem Herzen und tu das Übel von deinem Leib, denn Kindheit und Jugend ist ein Hauch.



XII.


1 Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen und die Jahre herzu treten, da du wirst sagen: Sie gefallen mir nicht. 2 Ehe denn die Sonne und das Licht, Mond und Sterne finster werden und Wolken wieder kommen nach dem Regen. 3 Zur Zeit, wenn die Hüter im Hause zittern und sich krümmen die Starken und müßig stehen die Müller, dass iher so wenige geworden sind, und finster wird die Sicht durch die Fenster. 4 Und wenn die Türen auf der Gasse geschlossen werden, dass die Stimme der Müllerin leise wird und erwacht, wenn der Vogel singt und sich bücken alle Töchter des Gesangs. 5 Dass sich auch die Höhen fürchten und scheuen auf dem Weg, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke beladen wird und alle Lust vergeht - Denn der Mensch fährt hin, wo er ewig bleibt, und die Klageweiber gehen umher auf der Gasse. 6 Ehe denn der silberne Strick wegkomme und die goldene Quelle verlaufe und der Eimer zerbreche am Brunnen und das Rad zerbreche am Born. 7 Denn der Staub muss wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist. Und der Geist muss wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.


8 Es ist alles nur Hauch, sprach der Prediger, nur Hauch. 9 Der selbe Prediger war nicht allein ein Weiser, sondern lehrte auch das Volk gute Lehren und merkte und forschte und stellte viele Sprüche auf. 10 Er suchte, dass er finde angenehme Worte und schreibe recht die Worte der Wahrheit.


11 Diese Worte der Weisen sind Spieße und Nägel, geschrieben durch die Meister der Versammlungen und von Einem Hirten gegeben. 12 Hüte dich, mein Sohn, vor allem: Des vielen Bücherschreibens ist kein Ende und viel studieren macht den Leib müde.


13 Höre die Summe aller Lehre: Fürchte Gott und halte seine Gebote. Denn das gehört allen Menschen zu. 14 Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, was verborgen ist, es sei gut oder böse.