DER PROPHET BARUCH


Nach der Luther-Übersetzung von 1545
Revision von Torsten Schwanke 2020
Luther 1545 V2.0


I.

1 Dies sind die Reden, welche Baruch, der Sohn Nerias, des Sohns Mahasias, des Sohns Sedechias, des Sohns Sedeis, des Sohns Helchias, in ein Buch geschrieben hat, zu Babel, 2 im fünften Jahr, am siebenten Tage des Mondes, zur Zeit, da die Chaldäer Jerusalem gewonnen und mit Feuer verbrannt hatten.


3 Und Baruch las dies Buch vor Jechanja, dem Sohn Jojakims, dem König von Juda, 4 und vor den Ohren alles Volks, das dazu kam, und vor den Ohren der Fürsten und der Prinzen und vor den Ältesten und vor allem Volk, klein und groß, das da wohnte in Babel am Wasser Sud.


5 Und sie weinten, fasteten und beteten mit Ernst vor dem Herrn, 6 und legten zuhauf, was ein jeglicher vermochte, 7 und sandten hin nach Jerusalem zu Jojakim, dem Sohn Helchias, des Sohns Saloms, dem Priester, und zu den andern Priestern, und zu allem Volk, das mit ihm war in Jerusalem, 8 dass er ihnen bringe ins Land Juda die Gefäße des Hauses des Herrn, die aus dem Tempel weggenommen waren, am zehnten Tage des Monats Siban, nämlich die silbernen Gefäße, welche geschaffen hatte Zedekia, der Sohn Josias, der König von Juda, 9 da Nebukadnezar, der König von Babel, weggeführt hatte den Jechanja und die Fürsten und die Gefangenen und die Mächtigen und das Landvolk von Jerusalem, und hatte sie gebracht nach Babel. 10 Und sie schrieben ihnen also.


Siehe, wir senden euch Geld, dafür kauft Brandopfer, Sündopfer, Weihrauch und Speiseopfer, und opfert es auf dem Altar des Herrn, unseres Gottes. 11 Und bittet für das Leben Nebukadnezars, des Königs von Babel, und für das Leben Belsazers, seines Sohnes, dass ihre Tage auf Erden seien so lange die Tage des Himmels währen. 12 So wird der Herr uns genug und gute Tage schaffen, und wir werden leben unter dem Schatten Nebukadnezars, des Königs von Babel, und unter dem Schatten Belsazers, seines Sohnes, und ihnen dienen lange Teit, und Gnade vor ihnen finden. 13 Auch bittet für uns zum Herrn, unserem Gott, denn wir haben uns versündigt am Herrn, unserem Gott, und sein Grimm und Zorn ist von uns nicht abgewandt bis auf den heutigen Tag.


14 Und lest dies Buch. Denn wir haben es darum zu euch gesandt, dass ihr es lesen sollt im Hause des Herrn, an den Feiertagen und zu den Jahreszeiten. 15 Und sprecht: Der Herr, unser Gott, ist gerecht. Wir aber tragen zu Recht unsere Schande, wie es denn jetzt steht mit denen von Juda und denen von Jerusalem 16 und unseren Königen und unseren Fürsten und unseren Priestern und unsern Propheten, 17 deswegen, dass wir vor dem Herrn gesündigt und ihm nicht geglaubt haben 18 und nicht gehorcht der Stimme des Herrn, unseres Gottes, dass wir gewandelt wären nach seinen Geboten, die er uns gegeben hat. 19 Ja, von der Zeit an, da der Herr unsere Ahnen aus Ägypten geführt hat, bis auf diesen heutigen Tag, sind wir dem Herrn, unserem Gott, ungehorsam gewesen, und haben es verachtet, seiner Stimme zu gehorchen.


20 Darum ist nun über uns gekommen die Strafe und der Fluch, den der Herr verkündigt hat durch Mose, seinen Knecht, da der Herr unsere Ahnen aus Ägypten führte, dass er uns ein Land gebe, darin Milch und Honig fließt. 21 Und wir gehorchten nicht der Stimme des Herrn, unseres Gottes, wie uns die Propheten sagten, die er zu uns sandte. 22 Sondern ein jeglicher ging nach seines bösen Herzens Meinungen, und wir dienten fremden Göttern und Göttinnen, und taten Böses vor dem Herrn, unserem Gott.

II.


1 Und der Herr hat sein Wort gehalten, das er geredet hat zu uns und unsern Richtern, Königen und Fürsten, die Israel regieren sollten, und zu denen von Israel und Juda. 2 Und er hat solche große Strafe über uns ergehen lassen, desgleichen unter allem Himmel nie geschehen ist, wie sie über Jerusalem ergangen ist. Gleich wie geschrieben steht im Gesetz des Mose, 3 dass ein Mensch seines Sohnes und seiner Tochter Fleisch fressen soll! 4 Und er gab sie dahin als Knechte allen Königreichen, die umher liegen, zur Schmach und zum Fluch unter alle Völker, die um uns sind, unter welche sie der Herr zerstreut hat. 5 Und sie werden immer unterdrückt, und können nicht wieder aufkommen. Denn wir haben uns versündigt am Herrn, unserem Gott, in dem, dass wir seiner Stimme nicht gehorcht haben.


6 Der Herr, unser Gott, ist gerecht. Wir aber und unsere Väter tragen zu Recht unsere Schande, wie es uns denn jetzt geht. 7 Alles Unglück, das der Herr gegen uns geredet hat, ist über uns gekommen. 8 Und wir haben nicht angefleht den Herrn, dass sich ein jeglicher abgekehrt hätte von den Gedanken seines bösen Herzens. 9 Und der Herr hat gewacht über uns zum Unglück, das er über uns hat ergehen lassen. Denn der Herr ist gerecht in allen seinen Werken, die er uns hat geboten. 10 Wir aber gehorchten nicht seiner Stimme, dass wir gewandelt wären nach den Geboten des Herrn, die er uns gegeben hat.


11 Und nun, o Herr, Israels Gott, der du dein Volk aus Ägypten geführt hast, mit starker Hand, mit großer Kraft und hoher Macht, durch Zeichen und Wunder, und hast dir einen Namen gemacht, wie er jetzt ist, 12 wir haben gesündigt und sind leider gottlos gewesen und haben gehandelt gegen alle deine Gebote. 13 Ach Herr, unser Gott, lass ab von deinem Grimm über uns, denn wir sind sehr arm geworden unter den Heiden, dahin du uns zerstreut hast.


14 Erhöre, o Herr, unser Gebet und unser Flehen, und hilf uns um deinetwillen, und lass uns Gnade finden bei denen, die uns weggeführt haben. 15 Auf dass alle Welt erkenne, das du, Herr, unser Gott bist. Denn Israel und sein Same ist ja nach dir genannt. 16 Siehe, Herr, von deinem heiligen Hause, und denke doch an uns. Neige, Herr, dein Ohr und höre doch. 17 Tu auf, Herr, deine Augen und siehe doch. Denn die Toten in der Hölle, deren Geist aus ihrem Leib gefahren ist, rühmen nicht die Herrlichkeit und Gerechtigkeit des Herrn, 18 sondern eine Seele, die sehr betrübt ist, und gebückt und jammernd einhergeht und ihre Augen ganz ausgeweint hat und sehnsüchtig ist, die rühmt, Herr, deine Herrlichkeit und Gerechtigkeit.


19 Und nun, o Herr, unser Gott, wir liegen vor dir mit unserm Gebet, nicht von wegen der Gerechtigkeit unserer Ahnen und unserer Könige, 20 sondern von wegen deiner Barmherzigkeit. Nachdem du deinen Grimm und Zorn hast über uns ergehen lassen, wie du geredet hast durch die Propheten, deine Knechte, und gesagt: 21 So spricht der Herr: Neigt eure Schultern und ergebt euch dem König von Babel, so werdet ihr im Lande bleiben, welches ich euren Ahnen gegeben habe. 22 Wo ihr aber der Stimme des Herrn nicht gehorchen werdet, euch zu ergeben dem König von Babel, 23 so will ich in den Städten von Juda und von Jerusalem wegnehmen das Geschrei der Freuden und Wonnen und die Stimme des Bräutigams und der Braut. Und das ganze Land soll wüste stehen, und niemand darin wohnen.


24 Wir aber gehorchten nicht deiner Stimme, dass wir uns ergeben hätten dem König von Babel. Darum hast du dein Wort gehalten, das du geredet hast durch die Propheten, deine Knechte, dass man die Gebeine unserer Könige und die Gebeine unserer Väter aus ihren Gräbern geworfen hat und zerstreut, 25 dass sie am Tage an der Sonne und des nachts im Tau gelegen sind und sind sehr jämmerlich umgekommen durch Hunger, Schwert und Gefängnis. 26 Und wegen der Missetat des Hauses Israel und des Hauses Juda hast du dein Haus, darin man deinen Namen angerufen hat, so zerstören lassen, wie es jetzt steht.


27 Und du, Herr, unser Gott, hast ganz gnädig und nach aller deiner großen Barmherzigkeit mit uns gehandelt, 28 wie du durch Mose, deinen Knecht, geredet hast am Tage, da du ihm gebotest zu schreiben dein Gesetz vor den Kindern Israel, und sprachst: 29 Wo ihr meiner Stimme nicht gehorchen werdet, so soll gewiss dieser Haufen, die große Menge, ganz gering werden unter den Heiden, dahin ich sie zerstreuen will. 30 Denn ich weiß wohl, dass sie mir nicht gehorchen werden, denn es ist ein starrsinniges Volk.


Sie werden aber wieder sich bekehren im Land, darin sie gefangen sind, 31und werden erkennen, dass ich der Herr, ihr Gott, bin, und ich will ihnen ein verstehendes Herz geben, und Ohren, die da hören. 32 Dann werden sie mich preisen im Lande, darin sie gefangen sind, und werden an meinen Namen denken, 33 und sich von ihrem steifen Nacken und von ihrer Schuld bekehren. Denn sie werden daran denken, wie es ihren Vätern gegangen ist, welche vor dem Herrn sündigten.


34 Und ich will sie wider bringen heim in das Land, das ich ihren Patriarchen Abraham und Isaak und Jakob zugesagt habe, und sie sollen darin herrschen, und ich will sie vermehren und nicht vermindern. 35 Und ich will einen ewigen Bund mit ihnen aufrichten, dass ich ihr Gott sein will und sie mein Volk. und will mein Volk Israel nicht mehr vertreiben aus dem Land, das ich ihnen gegeben habe.


III.


1 Allmächtiger Herr, du Gott Israels, in dieser großen Angst und Not schreie ich zu dir! 2 Höre und sei gnädig, Herr! Denn wir haben gegen dich gesündigt. 3 Du regierst für immer, wir aber vergehen immerdar. 4 Allmächtiger Herr, du Gott Israels, höre nun das Gebet Israels, der dem Tod im Rachen steckt, und das Gebet der Kinder, die sich an dir versündigt und der Stimme des Herrn, ihres Gottes, nicht gehorcht haben. Darum ist auch die Strafe stets hinter uns her gewesen.


5 Gedenke nicht der Missetaten unserer Väter, sondern gedenke jetzt an deine Hand und an deinen Namen. 6 Denn du bist ja der Herr, unser Gott, so wollen wir, Herr, dich loben. 7 Denn darum hast du die Gottesfurcht in unser Herz gegeben, dass wir deinen Namen anrufen und dich in unserm Gefängnis loben sollen. Denn alle Missetaten unserer Väter, die vor dir gesündigt haben, gehen uns zu Herzen, 8 die wir jetzt in unserm Gefängnis sind, dahin du uns verstoßen hast, zur Schmach, zum Fluch und zum Gräuel, um aller Missetaten unserer Väter willen, die von dem Herrn, ihrem Gott, abgewichen sind.


9 Höre, Israel, die Gebote des Lebens, merke fleißig darauf und behalte sie gut. 10 Wie kommt es, Israel, dass du in der Heiden Land verschmachtest? 11 Dass du in einem fremden Land bist? Dass du dich verunreinigst unter den Toten? Dass du unter die gerechnet bist, die in das Totenreich fahren? 12 Das ist die Ursache: Dass du die Quelle der Sophia verlassen hast! 13 Wärest du auf Gottes Weg geblieben, du hättest wohl immerdar im Frieden gewohnt.


14 So lerne nun die wahre Sophia kennen, auf dass du erfährst, wer es sei, der langes Leben, Gutes, Freuden und Frieden gibt. 15 Wer weiß, wo sie wohnt? Wer ist in ihre Kemenate gekommen? 16 Wo sind die Fürsten der Heiden, die über das Wild auf Erden herrschen? 17 Die da spielen mit den Vögeln des Himmels? Die Silber und Gold raffen, darauf die Leute ihr Vertrauen setzen und können ihrer nie satt werden? 18 Denn sie streben nach Geld und sind beflissen danach, und ist doch alles vergeblich! 19 Sie sind vertilgt worden und in die Hölle gefahren! Und andere sind an ihre Stelle gekommen. 20 Die Nachkommen sehen zwar das Licht und wohnen auf dem Erdboden, und treffen doch den Weg nicht, da man Sophia findet. 21 Denn sie verachten sie. Dazu ihre Kinder sind auch irre gegangen.


22 In Kanaan hört man nichts von ihr. In Teman sieht man sie nicht. 23 Die Kinder Hagars forschen der irdischen Klugheit zwar nach, desgleichen die Kaufleute von Meran, und die zu Teman, die sich klug dünken, aber sie treffen doch den Weg nicht, da man Sophia findet.


24 Israel, wie herrlich ist das Haus des Herrn, wie weit und groß ist die Stätte seiner Wohnung! 25 Sie hat kein Ende und ist unermesslich hoch. 26 Es waren vorzeiten Giganten, große berühmte Leute und gute Krieger. 27 Diese hat der Herr nicht erwählt, noch ihnen den Weg der Erkenntnis offenbart. 28 Und weil sie Sophia nicht hatten, sind sie untergegangen in ihrer Torheit.


29 Wer ist gen Himmel gefahren und hat sie geholt und aus den Wolken herab gebracht? 30 Wer ist über das Meer gefahren und hat sie gefunden und um kostbares Gold hierher gebracht? 31Summa: Es ist niemand, der den Weg wisse, da man Sophia findet.


32 Der aber alle Dinge weiß, kennt sie, und hat sie durch seine Vernunft gefunden, der den Erdboden bereitet hat auf lange Zeiten und ihn erfüllt mit allerlei Tieren, 33 der das Licht lässt aufgehen, und wenn er es wieder ruft, muss es ihm gehorchen. 34 Die Sterne leuchten in ihren Ordnungen mit Freuden, und wenn er sie hervor ruft, antworten sie: 35 Hier sind wir, und leuchten mit Freuden um dessentwillen, der sie geschaffen hat. 36 Das ist unser Gott, und keiner ist ihm zu vergleichen. 37 Der hat Sophia gefunden, und hat sie gegeben Jakob, seinem Diener, Israel, seinem Geliebten. 38 Danach ist sie erschienen auf Erden und hat bei den Menschen gewohnt.


IV.


1 Diese Sophia ist das Buch von den Geboten Gottes und von dem Gesetz, das ewig ist. Alle, die es halten, werden leben, die es aber übertreten, werden sterben. 2 Kehre dich wieder zu ihr, Israel, und nimm sie an, und wandle solchem Licht nach, das dir leuchtet. 3 Übergib nicht deine Ehre einem andern und deinen Schatz einem fremden Volk. 4 O selig sind wir, Israel, denn Gott hat uns seinen Willen offenbart!


5 Sei getrost, mein Volk, du Lobpreis Israel. 6 Ihr seid verkauft den Heiden nicht zum Verderben. Darum aber, dass ihr Gott erzürnt habt, seid ihr euren Feinden übergeben worden. 7 Denn ihr habt den, der euch geschaffen hat, entrüstet, in dem, dass ihr nicht Gott, sondern den Dämonen geopfert habt.


8 Ihr habt vergessen den ewigen Gott, der euch geschaffen hat, und Jerusalem, die euch erzogen hat, habt ihr betrübt. 9 Denn sie hat gesehen den Zorn Gottes, der über euch kommen würde, und hat gesagt: Hört zu, ihr Einwohner von Sion, Gott hat mir großes Leid geschickt! 10 Denn ich habe gesehen das Gefängnis meiner Söhne und Töchter, welches der Ewige über sie gebracht hat. 11 Ich habe sie mit Freuden aufgezogen, mit Weinen aber und Herzeleid hab ich sie weggeführt gesehen.


12 Niemand freue sich über mich, dass ich eine Witwe und von allen verlassen bin! Ich bin zur Wüste gemacht um der Sünde willen meiner Kinder. 13 Denn sie sind vom Gesetz Gottes abgewichen und haben nicht erkannt seine Rechte. Sie haben nicht gelebt nach Gottes Befehlen, und haben seine Gebote nicht gehalten.


14 Kommt her, ihr Einwohner von Sion, und verkündigt das Gefängnis meiner Söhne und Töchter, das der Ewige über sie gebracht hat. 15 Denn er hat über sie gebracht ein Volk von Ferne, ein grausames Volk mit einer unbekannten Sprache, 16 die sich nicht scheuen vor den Alten, noch sich der Kinder erbarmen. Dieselben haben weggeführt die lieben Söhne der Witwe, und die Einsame ihrer Töchter beraubt. 17 Aber wie kann ich euch helfen? 18 Denn der über euch gebracht hat dies Unglück, wird euch von eurer Feinde Hand erretten. 19 Zieht hin, ihr lieben Kinder, zieht hin! Ih aber bin verlassen! Einsam! 20 Ich habe mein Freudenkleid ausgezogen und das Trauerkleid angezogen. Ich will schreien zu dem Ewigen Tag und Nacht.


21 Seid getrost, Kinder, schreit zu Gott, so wird er euch erlösen von der Gewalt und Hand der Feinde. 22 Denn ich hoffe, dass der Ewige euch helfen wird. Und ich werde Freude haben von dem Heiligen um der Barmherzigkeit willen, die euch schnell widerfahren wird von unserm ewigen Heiland. 23 Ich habe euch ziehen lassen mit Trauer und Tränen. Gott aber wird euch mir wiedergeben mit Wonne und Freude in Ewigkeit! 24 Und gleich wie die Einwohner von Sion nun gesehen haben euer Gefängnis, also werden sie auch bald sehen die Hilfe von eurem Gott, die über euch kommen wird mit großer Herrlichkeit und ewigem Trost!


25 Ihr Kinder, leidet geduldig den Zorn, der von Gott über euch kommt. Denn dein Feind hat dich verfolgt, und du wirst sehen in kurzem sein Verderben, und auf seinen Nacken wirst du treten. 26 Meine zarten Kinder mussten gehen auf rauem Wege. Sie sind weggeführt worden wie eine Herde, von den Feinden geraubt.


27 Seid getrost, ihr Kinder, und schreit zu Gott, denn der euch hat wegführen lassen, wird euch nicht vergessen! 28 Denn wie ihr euch beflissen habt, von Gott abzuweichen, also bekehrt euch nun und befleißigt euch zehnmal mehr, den Herrn zu suchen. 29 Denn der über euch diese Strafe hat lassen ergehen, der wird euch helfen und in Ewigkeit erfreuen!


30 Jerusalem, sei getrost! Denn der wird dich trösten, nach dem du genannt bist. 31 Unselig müssen sein die, die dir Leid angetan und über deinen Sturz sich gefreut haben! 32 Unselig müssen sein die Städte, welchen deine Kinder gedient haben, und unselig müssen sein die, die deine Kinder gefangen hielten! 33 Denn wie sie über deinen Sturz gejauchzt und über deinem Untergang sich gefreut haben, also sollen sie betrübt sein, wenn sie verwüstet werden! 34 Und ich will wegnehmen ihre Macht, darauf sie trotzen, und ihren Ruhm in Klage verwandeln! 35 Denn ein Feuer wird über sie kommen von dem Ewigen viele Tage lang, und die Teufel werden ihre Wohnung in ihnen haben lange Zeit!


36 Siehe umher, Jerusalem, in den Orient, und schaue den Trost, der dir von Gott kommt! 37 Siehe, deine Kinder, die weggeführt sind, kommen, ja sie kommen, versammelt vom Morgenland und vom Abendland, durch das Wort des Heiligen, und werden rühmen Gottes Ehre.


V.


1 Zieh aus, Jerusalem, dein Trauerkleid, und zieh an den herrlichen Schmuck von Gott für immer! 2 Zieh an den Rock der Gerechtigkeit Gottes und setze die Krone der Herrlichkeit des Ewigen auf dein Haupt! 3 Gott wird deine Herrlichkeit unter allem Himmel offenbaren, 4 denn dein Name wird von Gott genannt werden ewig: Friede, Gerechtigkeit, Ruhm und Gottseligkeit.


5 Mache dich auf, Jerusalem, und tritt auf die Höhe, und siehe umher gegen Osten und schaue deine Kinder, die vom Abendland und vom Morgenland versammelt sind durch das Wort des Heiligen, und freuen sich, dass Gott wieder an sie gedacht hat. 6 Sie sind zu Fuß von dir durch die Feinde weggeführt, Gott aber bringt sie zu dir zurück, erhöht mit Ehre, als Kinder des Reichs.


7 Denn Gott will alle hohen Berge erniedrigen und die langen Ufer und Täler dem Lande gleich füllen, auf dass Israel sicher wandere und Gott preise. 8 Die Wälder aber und alle wohlriechenden Bäume werden Israel auf Gottes Befehl Schatten geben. 9 Denn Gott wird Israel wieder heimbringen mit Freude, durch seinen herrlichen Trost, mit Barmherzigkeit und Gerechtigkeit.


VI.

DER BRIEF JEREMIAS


1 Dies ist die Abschrift der Epistel, die Jeremia gesandt hat an die, so gefangen weggeführt werden sollten nach Babel, von dem König von Babel, darin er ihnen solches verkündigt, wie ihm Gott befohlen hatte.


2 Um eurer Sünde willen, die ihr getan habt gegen Gott, werdet ihr nach Babel gefangen weggeführt werden von Nebukadnezar, dem König von Babel. 3 Und ihr werdet in Babel bleiben müssen eine lange Zeit, nämlich siebzig Jahre. Danach will ich euch von dort wieder herausführen mit Frieden.


4 Unterdessen aber werdet ihr sehen in Babel, dass man auf den Achseln tragen wird die silbernen, goldenen und hölzernen Götter und Göttinnen, vor welchen sich die Heiden fürchten. 5 Darum seht euch vor, dass ihr ihnen solches nicht nachtut, und den Heiden nicht gleich werdet. 6 Und wenn ihr seht das Volk, das vorgeht und nachgeht, die Götter und Göttinnen anzubeten, so sprecht in eurem Herzen: Herr, dich soll man anbeten! 7 Denn mein Engel soll bei euch sein, und ich will eure Seelen rächen.


8 Ihre Zunge ist vom Handwerksmeister fein gemacht, und sie sind mit Gold und Silber geziert, und haben geschnitzte Zungen, aber es sind nicht rechte Zungen, sie können nicht reden. 9 Sie schmücken sie mit Gold, wie es eine Hure tut zum Tanz, und setzen ihnen Kronen auf. 10 Und die Priester stehlen das Gold und Silber von den Göttern und Göttinnen, und bringen es zu den Huren ins Hurenhaus. 11 Und sie schmücken die silbernen, goldenen und hölzernen Götter und Göttinnen mit Kleidern, als wären sie Menschen. 12 Sie können sich aber nicht verwahren vor dem Rost und den Motten, 13 und wenn man ihnen ein purpurnes Kleid anzieht, so muss man ihnen den Staub abwischen, der auf ihnen liegt.


14 Und er trägt ein Zepter in der Hand wie ein König, und kann doch niemanden strafen, der ihm Leid antut. 15 Er hat auch ein Schwert und eine Axt in der Hand. Er kann sich aber der Diebe und Räuber nicht erwehren. Daran sieht man gut, dass sie nicht Götter und Göttinnen sind. Darum fürchtet sie nicht.


16 Gleich wie ein Gefäß, das ein Mensch braucht, wenn es zerbrochen wird, unnütz ist, eben so sind ihre Götter und Göttinnen. 17 Wenn man sie in ihre Häuser setzt, werden sie voll Staub, von den Füßen derer, die hineingehen. 18 Die Priester verwahren der Götter und Göttinnen Tempel mit Türen, Schlössern und Riegeln, dass sie von den Räubern nicht gestohlen werden. Eben als wenn man einen gefangen legt und verwahrt, der sich am König vergriffen hat und zum Tode verurteilt ist. 19 Sie zünden ihnen Lampen an, und tun noch viel mehr, denn sie zünden sie für sie an, und die sehen doch selbst nichts. 20 Sie sind wie die Balken im Haus, und die Würmer, so auf der Erde kriechen, fressen ihr Herz und ihre Kleider, und sie fühlen es doch nicht.


21 Unter ihrem Angesicht sind sie schwarz vom Rauch im Haus, 22 und die Nachteulen, Schwalben und andere Vögel, setzen sich auf ihre Köpfe, desgleichen auch die Katzen. 23 Daran ihr ja merken könnt, das es nicht Götter und Göttinnen sind. Darum fürchtet sie nicht.


24 Das Gold, das man ihnen umhängt, sie damit zu schmücken, glänzt nicht, wenn man den Rost nicht abwäscht. Da man sie gegossen hat, fühlten sie es nicht. 25 Aus allerlei köstlichen Materien hat man sie gezeugt, und ist doch kein Leben darin. 26 Weil sie nicht gehen können, muss man sie auf den Schultern tragen. Daran die Leute sehen können, dass es schändliche Götter und Göttinnen seien.


27 Es müssen sich auch ihrer schämen, die sie verehren. Darum, dass sie weder von selbst können aufstehen, so sie auf die Erde fallen, noch sich regen, so man sie aufgerichtet hinsetzt, noch sich aufrichten, so man sie anlehnt. Und wie man den Toten Opfer vorsetzt, also setzt man es ihnen auch vor. 28 Ihre Priester aber bringen das um, das ihnen gegeben wird. Desgleichen auch ihre Frauen prassen damit, und geben weder dem Armen, noch dem Kranken etwas davon. 29 Unreine Weiber und Wöchnerinnen rühren ihre Opfer an. Daran ihr ja merken könnt, dass es nicht Götter und Göttinnen sind. Darum fürchtet sie nicht.


30 Und warum sollen sie Götter und Göttinnen heißen? Denn die Frauen pflegen die silbernen, goldenen und hölzernen Götter und Göttinnen. 31 Und die Priester sitzen in ihren Tempeln mit weiten Chorröcken, scheren den Bart ab und tragen Glatzen, sitzen da mit bloßen Köpfen, 32 heulen und schreien vor ihren Göttern und Göttinnen, wie man pflegt bei den Begräbnissen der Toten. 33 Die Priester stehlen ihnen ihre Kleider und kleiden ihre Frauen und Kinder damit.


34 Man tu ihnen Böses und Gutes, so können sie es doch nicht vergelten. Sie vermögen weder einen König einzusetzen, noch abzusetzen. 35 Sie können weder Geld noch Gut geben. Gelobt ihnen jemand etwas und hält es nicht, so fordern sie es nicht ein. 36 Sie können einen Menschen vom Tod nicht erretten, noch einem Schwächeren helfen gegen den Starken. 37 Sie können keinen Blinden sehend machen. Sie können einem Menschen in der Not nicht helfen. 38 Sie erbarmen sich der Witwen nicht, und helfen den Waisenkindern nicht. 39 Denn sie sind hölzern, mit Gold und Silber geziert, den Steinen gleich, die man aus dem Bergbau holt. Darum, die sie verehren, müssen zuschanden werden.


40 Wie soll man sie denn für Götter und Göttinnen halten, oder so nennen? Weil ja auch die Chaldäer nicht groß von ihnen denken. 41 Denn wenn sie einen Stummen sehen, der nicht reden kann, bringen sie den Bel und sagen, der Stumme soll ihn anrufen, gleich als verstünde er es. 42 Und wiewohl sie wissen, dass kein Leben in ihnen ist, dennoch laufen sie ihnen nach. 43 Die Frauen aber sitzen vor dem Tempel mit Schleiern gegürtet und bringen Obst zum Opfer. 44 Und wenn jemand vorübergeht und eine Frau von ihnen nimmt und mit ihr schläft, rühmt sie sich wider die andere Frau, dass jene nicht wert geachtet sei wie sie, dass ihr der Gürtel aufgelöst würde. 45 Alles was durch sie geschieht, ist nichtiger Betrug. Wie soll man sie denn für Götter und Göttinnen halten oder sie so nennen?


46 Von Handwerksmeistern und Goldschmieden sind sie gemacht, und was die Handwerksmeister wollen, muss daraus werden, und nichts anderes. 47 Und die, so sie gemacht haben, können nicht lange leben. Wie sollten denn das Götter und Göttinnen sein, so von ihnen gemacht sind? 48 Darum geben sie den Nachkommen nur Ärgernis und Ursache zur schändlichen Abgötterei. 49 Denn wenn Krieg oder sonst ein Unglück über sie kommt, beraten sich die Priester untereinander, wo sie sich zu gleich mit den Göttern und Göttinnen verbergen wollen. 50 Darum kann man wohl merken, dass es keine Götter und Göttinnen sind, weil sie sich selber weder vor Krieg noch vor anderem Unglück schützen können. 51 Denn es sind doch nur hölzerne, vergoldete und versilberte Götter und Göttinnen.


Darum kann man nun weiter wohl erkennen, dass es Betrug ist, allen Heiden und Königen offenbar, und nicht Götter und Göttinnen, sondern von Menschenhänden gemacht, und ist keine Gottheit in ihnen. 52 Darum kann jedermann wohl merken, dass es nicht Götter und Göttinnen sind. 53 Denn sie erwecken keinen König im Land. Sie geben den Menschen nicht Regen, 54 und nehmen sich keiner Regierung oder Strafen an, so wenig wie die Vögel, so in der Luft hin und her fliegen.


55 Wenn der Tempel der hölzernen, vergoldeten und versilberten Götter und Göttinnen vom Feuer angegriffen wird, so laufen die Priester davon und verwahren sich vor Schaden, sie aber verbrennen wie andere Backen. 56 Sie können weder Königen noch einem Kriegsvolk widerstehen. Wie soll man sie denn für Götter und Göttinnen halten oder sie so nennen?


57 Die hölzernen, versilberten und vergoldeten Götter und Göttinnen können sich nicht schützen vor Dieben und Räubern, 58 denn die sind ihnen zu stark, dass sie sie berauben und ausziehen, nehmen ihnen Gold, Silber und Kleider weg, und kommen davon. So können sie sich selbst nicht helfen. 59 Darum ist es viel besser, ein König zu sein, der seine Macht beweisen kann, oder ein nützliches Hausgerät zu sein, das im Hause nützlich ist, oder eine Tür, die das Haus verwahrt, oder eine hölzerne Säule in einem königlichen Saal, als ein solcher ohnmächtiger Götze.


60 Sonne, Mond und Sterne scheinen, und sind gehorsam, wie ihnen Gott befiehlt. 61 Desgleichen der Blitz leuchtet, dass man ihn sieht. Der Wind weht in allen Ländern 62 und die Wolken fahren durch die ganze Welt und tun, was ihnen Gott befiehlt. 63 Also auch das Feuer von oben her schlägt Berge und Wälder, und tut, was ihm geboten ist. 64 Die Götter und Göttinnen aber können sich weder regen noch etwas tun. Darum soll man sie nicht für Götter und Göttinnen halten oder sie so nennen, denn sie können weder strafen noch helfen.


65 Weil ihr denn wisst, dass sie nicht Götter und Göttinnen sind, so fürchtet euch nicht vor ihnen, 66 denn sie können die Könige weder verfluchen noch segnen. 67 Sie können auch kein Zeichen am Himmel den Heiden zeigen. Sie können es nicht licht machen wie die Sonne, noch einen Schein geben wie der Mond. 68 Die unvernünftigen Tiere sind besser als sie, die können doch in eine Höhle fliehen und sich verwahren.


69 Darum ist allen Dingen offenbar, dass sie keine Götter und Göttinnen sind. 70 Denn wie eine Vogelscheuche im Garten nichts verwahren kann, also sind auch ihre hölzernen, vergoldeten und versilberten Götter und Göttinnen nichts nütze. 71 Und wie eine Hecken im Garten ist, darauf allerlei Vögel nisten, oder wie ein Toter, der im Grabe liegt, also sind ihre hölzernen, vergoldeten und versilberten Götter und Göttinnen.


72 Auch kann man es daran merken, dass sie nicht Götter und Göttinnen sind, denn der Scharlach, den sie umhaben, wird von den Motten zerfressen, und sie selbst endlich auch dazu, dass über sie jedermann spottet. 73 Wohl dem Menschen, der gerecht ist und keine Götter und Göttinnen anbetet, der wird nicht zu Spott.