ENGEL

VON TORSTEN SCHWANKE


Friedrich Nietzsche sagte: Vergessene Wahrheiten kehren zurück als vergiftete Wahrheiten. - Die Christen hatten von Anfang an die Engel verehrt, aber etwa im 18. Jahrhundert mit der Aufklärung und dem Rationalismus erklärte Europa die Engel für Märchenfeen und Aberglauben. Und die Christen folgten dem fast alle. In keiner christlichen Konfession ist heute die christliche Engel-Lehre mehr bekannt. Stattdessen hat sich die Esoterik der Engel bemächtigt und eine Pseudo-Religion dämonischer Mächte geschaffen. Was ist nun die gesunde biblische und christliche Lehre über die Engel?


GIBT ES ENGEL?


Gott schuf am Anfang Himmel und Erde. Die Erde, das ist das gesamte sichtbare Universum. Der Himmel, das sind die Engel, die reiner Geist sind und keinen Körper haben.


SIND ENGEL MÄNNLICH ODER WEIBLICH?


Weder noch. Da die Engel Geist sind, haben sie nicht ein männliches oder weibliches Geschlecht.


HAT JEDER MENSCH EINEN SCHUTZENGEL, ODER NUR KINDER?


Jesus sagt: Die Schutzengel der „Kleinen“ (d.h. der Christen) sehen allezeit das Angesicht des Vaters im Himmels.


GIBT ES MENSCHEN, DIE WIE ENGEL SIND?


Sozusagen ja. Menschen, die in Notzeiten plötzlich helfend erscheinen, kann man auch Engel nennen. Eine schöne und liebe Frau mag dem Mann schön wie ein Engel erscheinen. Kleinkinder erinnern uns an Engel. Aber diese Menschen bleiben doch immer Menschen mit Leib und Seele und auch mit Sünden. Die Engel sind reiner Geist und sündlos.


GIBT ES GUTE ENGEL UND AUCH BÖSE ENGEL?


Die Offenbarung sagt, Luzifer und ein Drittel der Engel wollten selbst wie Gott sein und wurden aus dem Himmel gestürzt, diese bösen Engel nennt man auch Dämonen.


SIND DIE ENGEL MIT NAMEN BEKANNT?


Die Bibel nennt drei Engel mit Namen: Michael, Gabriel und Raphael. Ansonsten sollte man keine Engel mit Namen anreden.


WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN CHRISTLICHER UND ESOTERISCHER ENGEL-VEREHRUNG?


Die Engel im Christentum dienen Gott und Christus und dem Evangelium und dem Heil der Seele. Die esoterischen Engel sind ein Mischmasch aus biblischen, jüdisch-apokryphen, gnostischen Engeln und Dämonen und indischen Göttern. Diese Engel dienen nicht dem dreifaltigen Gott, sondern werden verehrt wie Feen und Götter.


DARF MAN MIT DEN ENGELN REDEN, ZU IHNEN BETEN?


Die Evangelikalen sagen in der Regel: Nein. Sie verweisen auf die Stelle in der Apokalypse, wo ein Engel zum Seher Johannes sagte: Bete mich nicht an, bete Gott an!


Katholiken sagen: Ja. Sie verweisen auf die ganze Bibel (besonders die Propheten), da oft die Gläubigen mit den Engeln reden.


GIBT ES EIN WAHRHAFT CHRISTLICHES GEBET ZU DEN ENGELN?


Lange wurde in jedem katholischen Gottesdienst am Ende dieses Gebet zum Erzengel Michael gebetet:


Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampf; gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels, sei unser Schutz. Gott gebiete ihm, so bitten wir flehentlich; du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, stoße den Satan und die anderen bösen Geister, die in der Welt umherschleichen, um die Seelen zu verderben, durch die Kraft Gottes in die Hölle. Amen.


*


Der Mystiker Dionysios Areopagita versuchte als erster das Grundmuster hinter den vielen Engel-Erscheinungen der Bibel zu erkennen. Da ist die Rede von Seraphim und Cherubim, von Thronen, Herrschaften, Kräften oder Mächten und Gewalten, von Fürstentümern, Erzengeln und Engeln.


Gibt es unter ihnen eine Rangordnung? Haben sie unterschiedliche Aufgaben? Die Bibel gibt nicht auf alle Fragen eine direkte Antwort. Kombinationsgabe und die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen, sind gefragt. Dionysios wagte sich an die Arbeit. Das Ergebnis fand Beifall, weil es mehr Licht in die geheimnisvolle Welt der Engel brachte. Er gliederte die neun Chöre in drei Dreiergruppen und nannte sie „Heilige Ordnung“ oder „Hierarchie“. Die Zahl der Engel-Chöre war kein Zufall, denn sie spiegelt dreifach die heilige Zahl Drei. Dieser Bezug auf den Dreifaltigen Gott ist auch der Grund, warum die Lehre des Dionysios von den Engel-Forschern der anderen Religionen nicht aufgegriffen wurde. Die neun Chöre beschreiben also den christlichen Himmel.


WEIL DIE CHRISTEN NICHT MEHR ÜBER ENGEL REDEN, REDEN UM SO MEHR DIE ESOTERIKER VON ENGELN. DIE WAHREN ENGEL SIND ABER BOTEN CHRISTI.


Wer war Dionysios Areopagita? Der Apostel Paulus hatte auf dem Areopag, einem dem Kriegsgott Ares geweihten Hügelrücken in Athen, gepredigt. Unter seinen Zuhörern befand sich ein Mann mit Namen Dionysios (Apostelgeschichte 17, 34), der Mann vom Areopag. Er folgte Paulus nach. Das ist alles, was wir von ihm wissen.


DIONYSIUS WAR EIN GRIECHISCHER PHILOSOPH, DER SICH NACH DER PREDIGT DES APOSTELS PAULUS IN ATHEN BEKEHRTE.


Der Autor des Buches über die himmlische Hierarchie der Engel war nicht jener historische Schüler des Paulus gewesen. Darin sind sich die Forscher einig. Nur Einer versuchte in seinem Buch „Dionysius vom Areopag. Das Unergründliche, die Engel und das Eine“ den Legenden einen geschichtlichen Kern zu entnehmen. Dionysios war demnach ein Mystiker des 6. Jahrhunderts. Er trägt den Namen „Pseudo-Dionysius Areopagita“ Wahrscheinlich lebte er um 500 in einem syrischen Kloster. Wie kaum ein zweiter Theologe der frühen Kirchengeschichte hat er die Geschichte der Mystik beeinflusst.


DER SYRISCHE KIRCHENVATER AUS DEM 6. JAHRHUNDERT GAB SICH SOZUSAGEN DEN KÜNSTLERNAMEN DIONYSIUS. ER WAR NÄMLICH AUCH EIN PLATONISCHER PHILOSOPH, DER SICH ZU CHRISTUS BEKEHRT HATTE.


Was lehrt der erste Engel-Forscher? Seine Lehre ist Ausdruck der Schönheit und Herrlichkeit der göttlichen Ordnung und darin zugleich konkrete Lebenshilfe. Mit jedem Satz, den er über die Engel spricht, sagt er etwas über das Wesen des Menschen aus. Wenn er über die himmlischen Hierarchien redet, deckt er zugleich Geheimnisse der menschlichen Seelenordnung auf:


1. Engel und Mensch brauchen eine Quelle, aus der sie leben, die ihnen Kraft gibt und Orientierung schenkt.


2. Es gibt viele Blickrichtungen auf die Quelle. Niemand besitzt die ganze Wahrheit.


3. Im Bild des Engel-Chores schwebt vor unserem geistigen Auge eine Einheit in der Vielzahl der Stimmen. Eine Einheit, die Toleranz und Achtung vor den Erfahrungen anderer Menschen schenkt.


SIND MENSCHEN MIT ANDEREN MEINUNGEN EIN ÄRGERNIS ODER EINE BEREICHERUNG?


KÖNNEN CHRISTEN UNTERSCHIEDLICHER KONFESSIONEN VON EINANDER LERNEN?


KÖNNEN CHRISTEN ETWAS VON MENSCHEN ANDERER RELIGIONEN LERNEN?


AUS WELCHER QUELLE LEBT IHR? WOHER BEKOMMT IHR DIE LIEBE UND DIE LEBENSKRAFT? IST GOTT WIRKLICH EURE QUELLE?


Dionysios hat der Nachwelt ein Bild geschenkt, an dem sie sich noch im dritten Jahrtausend orientieren kann. Unter den Menschen und Engeln gibt es unterschiedliche Begabungen, sagt dieses Bild. Jede ist wichtig, jede wird gebraucht. Wie zu einem Chor viele Stimmen gehören, so auch zu jeder Partnerschaft, zu jeder Familie, zu jedem Land und zur Weltgemeinschaft. Dionysios sagt: Habe Mut, deine Stimme zu erheben! Du wirst gebraucht! Du bist unverwechselbar!


KANN MAN MENSCH OHNE MITMENSCHEN SEIN?


KANN MAN CHRIST OHNE MITCHRISTEN SEIN?


KANN MAN JESUS LIEBEN UND DIE KIRCHE VERACHTEN?


Gregor der Große und Hildegard von Bingen unterteilten die Welt der Engel auch in Chöre. Unstrittig ist, dass die Chöre der Engel zur Ehre Gottes jubilieren. Ihr Gesang klingt wie „das Rauschen vieler Wasser“, meinte Ambrosius von Mailand (4. Jahrhundert). Nach der syrischen Liturgie singen sie mit „heller“ Stimme. Von den „hellen Liedern“ der Engel wissen auch die Weihnachtslieder. Ephraim der Syrer (4. Jahrhundert) spricht von den „Harfenstimmen“ der Engel, das apokryphe Buch Henoch von „sanften“ Stimmen.


WIE STELLT IHR EUCH DIE LOBGESÄNGE UND ANBETUNGSLIEDER DER ENGEL VOR? WIE CHÖRE VON BACH ODER WIE MITTELALTERLICHE MÖNCHSGESÄNGE ODER WIE POP-LOBPREIS?


Der Chorgesang der Mönche hatte in den Engel-Chören sein Vorbild. Im frühen Mittelalter war man davon überzeugt, dass Engel nicht mehrstimmig singen und ihre Stimmen nicht von Instrumenten begleitet werden. Diese Annahme wurde durch den heiligen Franz von Assisi korrigiert. Er sah einen Engel mit einer Geige. Nicht singen zu können, sagte Thomas von Aquin (13. Jahrhundert), sei eine Schande, „da doch die Heiligen mit den Engeln und Erzengeln, mit den Thronen und Herrschaften und mit der ganzen himmlischen Heerschar unaufhörlich täglich das Heilig, Heilig, Heilig singen“ (wie im 6. Kapitel des Jesaja steht).


AUGUSTINUS SAGTE: WER SINGT, DER BETET DOPPELT. DIE ENGEL BETEN GOTT MIT IHREN GESÄNGEN AN. KÖNNEN WIR DARIN DIE ENGEL NACHAHMEN?


Vor einem allzu menschlichen Bild vom Gesang der Engel ist jedoch zu warnen. Ihr Lobpreis dient nicht der „Unterhaltung Gottes“. Engel sind nicht mit der Aufgabe betraut, „dem Herrgott etwas vorzusingen“. Das ist in der Tat eine unerträgliche Vorstellung, und der Wunsch, so etwas eine ganze Ewigkeit zu tun, nicht ohne weiteres begreiflich. Singen ist vielmehr ein Bild für die himmlische Lebensform, ein „Verströmen in Lobpreis und Anbetung“.


DER HIMMEL IST NICHT SO, DASS WIR MIT EINER HARFE AUF EINER WOLKE SITZEN UND HALLELUJA SINGEN WIE FRANZ-JOSEF STRAUSS. ABER DER GESANG DER ENGEL IST EIN BILD DAFÜR, DASS WIR UNS IM HIMMEL GANZ UND GAR DER ANBETUNG GOTTES HINGEBEN, UND AUCH, DASS DER HIMMEL EIN REICH DER SCHÖNHEIT UND HARMONIE IST.


So sind die Chöre der Engel vor allen Dingen ein Bild der Annäherung des Menschen an das Geheimnis Gottes und Ausdruck eines „beschwingten“ Lebens, das sich von Gottes Liebe durchdrungen weiß. Was nützen denn alle Tugenden der Engel, wenn nicht ihr eigentlichstes Leben, das, wofür sie allein da sind, wenn nicht ihr Gotteslob dem Menschen erreichbar ist?


MÖCHTET IHR AUCH GERNE SO BESCHWINGT UND BEFLÜGELT WIE DIE ENGEL SEIN?


IST ES EUCH EIN BEDÜRFNIS, GOTT ANZUBETEN?


MÖCHTET IHR GUTE SCHUTZENGEL FÜR ANDERE SEIN?


Deshalb will ich hier den Weg zum „engelhaften Leben“, den die neun Chöre der Engel weisen, nachzeichnen.


1. Chor: Engel


Die Engel bilden den Außenposten der himmlischen Hierarchie. Sie bewegen sich im größten Abstand um die göttliche Mitte. Damit ist kein Werturteil verbunden. Die Außenposition der Engel ergibt sich aus ihrer Aufgabe als Boten zwischen Himmel und Erde. Engel legen das Fundament der geistlichen Entwicklung. Sie begleiten Menschen und setzen in ihnen gute Kräfte und lichtvolle Taten frei. Sie erhellen und erleuchten die Seele und erinnern sie an ihre himmlische Heimat. Als Erzieher strahlen sie eine motivierende geistige Schönheit aus. Gott berichten sie von den Fortschritten des Menschen auf seinem Weg der Entdeckung des göttlichen Lichtes. Engel sind für jeden da. Der Name „Engel“ leitet sich aus ihrem Auftrag ab. Sie sind „Boten“ des Himmels und sollen den Blick der Seele himmelwärts richten.


DENKT IHR NUR AN DIE ERDE?


HABT IHR SEHNSUCHT NACH DEM HIMMEL?


BEMÜHT IHR EUCH, GUTES AUF ERDEN ZU TUN?


BETET IHR FÜR ANDERE?



2. Chor: Erzengel


Nachdem die Engel die Seele erweckt haben, kümmern sich die Erzengel um den weiteren Weg. Ihre Aufgabe ist es, eine Begegnung zwischen der Seele und Christus, dem Licht der Welt, vorzubereiten. So sind Erzengel den Hebammen vergleichbar. Sie bereiten die Gottesgeburt im Herzen vor. Auch ihre Aufgabe ist es, dem Blick der Seele eine himmlische Ausrichtung zu geben. Allerdings erweitern sie die Blickrichtung auf Christus. Deshalb werden sie Erzengel genannt. Die Vorsilbe „erz“ hat eine verstärkende Wirkung wie etwa in den Worten „erzgescheit“ oder „erzfaul“. Der Erzengel steht in der himmlischen Hierarchie über dem Engel. Allerdings ist mit dem Gedanken der „heiligen Ordnung“ keine Wertung verbunden. Vor Gott sind alle gleich, ob Engel oder Erzengel, Hirten oder Diakone.


SEID IHR CHRISTUS SCHON PERSÖNLICH BEGEGNET?


GLAUBT IHR, DASS CHRISTUS IN EURER SEELE LEBT?


KÖNNT IHR CHRISTUS IN EUREN MITMENSCHEN ERKENNEN?


WOLLT IHR DEN CHRISTUS-IN-EUCH ZU ANDEREN TRAGEN?


SEHNT IHR EUCH DANACH, CHRISTUS MEHR ZU LIEBEN?



3. Chor: Kräfte


Geistliche Erfahrungen können ein gutes Gefühl hinterlassen. Damit dieses nicht in falscher Selbstbezogenheit vergeht oder in Selbstverliebtheit keine Folgen für das Leben hat, gibt es den Dienst der Engel mit dem Namen „Kräfte“. Sie verbreiten die Kraft Gottes und knüpfen unmittelbar an den Dienst der Erzengel an. Das Licht soll nicht unter den Scheffel gestellt werden, und die Stadt auf dem Berge soll leuchten. Deshalb erfüllen die Kräfte das Herz mit brennender Liebe. Sie nähren weiterhin die Flamme des Herzens, indem sie den Menschen eine klare Entscheidung, ein Ja oder Nein abverlangen. Als Wegbegleiter haben sie den Auftrag zu bewirken, dass die Gottesliebe auch Konsequenzen in der Lebensführung hat. Sie schenken Klarheit der inneren Erkenntnis und helfen in allen Anfechtungen.


Kräfte heißen diese Engel, weil sie der Seele Kraft schenken. Sie heißen auch „Tugenden“. Die Kräfte sind also Tugenden, die im Menschen angelegt sind, aber durch Engel geweckt, gefördert und zur Wirksamkeit entfaltet werden müssen. Hinter jeder Tugend steht ein Engel.


WER GIBT EUCH KRAFT, NICHT NUR KÖRPERLICHE, SONDERN AUCH SEELISCHE LEBENSKRAFT?


IST DAS CHRISTLICHE LEBEN EHER EIN SONNTAGSSPAZIERGANG ODER EHER EINE ANSTRENGUNG UND EIN STREBEN NACH BESSERUNG?


TUGEND IST HEUTE EIN ALTMODISCHES WORT. WELCHE TUGENDEN SCHÄTZT IHR?



Hildegard von Bingen stellte eine Liste von 15 christlichen Tugenden auf:


Nächstenliebe

Gottesfurcht

Gehorsam

Glaube

Keuschheit

Unschuld

Weltverachtung

Himmlische Liebe

Selbstzucht (Disziplin)

Schamhaftigkeit

Mitleid (Barmherzigkeit)

Sieg

Urteilskraft

Geduld

Demut



4. Chor: Mächte


Je stärker das Licht, desto größer die Gefahr des Übermutes. Das zeigt der Fall Luzifers. Deshalb umkreist der vierte Chor der Engel wie ein mächtiger Schutzschild aus Licht das Geheimnis Gottes. Ähnlich den himmlischen Heerscharen strahlen die Engel des vierten Chores eine große Macht aus. Deshalb werden sie „Mächte“ genannt. Wie alle Engel, so haben auch die Mächte des vierten Chores ihre Macht nicht aus sich selbst. Sie sind „die Bevollmächtigten Gottes“. Ihre Aufgabe ist die Bewahrung der Unergründlichkeit Gottes vor allzu großer Neugierde des Menschen.


Die Mächte Gottes haben also im religiösen Prozess nach den ersten drei Stufen die wichtige Funktion der Grenzziehung. Mit schnellen Schritten den Himmel erstürmen zu wollen, kommt die Seele dem Geheimnis Gottes nicht näher. So lehren die Mächte eine wichtige weitere Voraussetzung auf dem Weg zu Gott. Es ist die Haltung der Ehrfurcht.


GIBT ES EINE RELIGIÖSE NEUGIER UND WISSBEGIERDE, DIE GOTT NICHT GEFÄLLT?


KÖNNT IHR GOTT VERTRAUEN, AUCH WENN IHR IHN MANCHMAL NICHT VERSTEHT?


GLAUBT IHR AN DEN GOTT, DER VATER UND SOHN UND HEILIGER GEIST IST, ODER IST EUCH DAS NUR GEHIRNAKROBATIK UND MATHEMATISCHE SPIELEREI?



5. Chor: Fürstentümer


Die Engel-Fürsten sind um das Wohlergehen der Menschen in den politischen Gemeinden besorgt. Die Mitglieder des fünften Chores sind keine Volksvertreter, sie werden nicht gewählt, sondern auf Lebenszeit berufen. Dieser Ruf beinhaltet eine Verpflichtung. Denn alle Herrschaft ist geliehen, und derjenige, der sie verliehen hat, Gott, wird Rechenschaft einfordern. Fürstentümer oder Engel-Fürsten sind in besonderer Weise Vorbild für alle Menschen, die sich politisch engagieren. Sie sind temperamentvoll, erfüllt von glühendem Eifer für die Wahrheit, sie lehren Gerechtigkeit, Beständigkeit und die Ausrichtung der Politik am Vorbild christlicher Nächstenliebe. Sie sind sozusagen die Schutzengel der Völker.


ERWARTET IHR VON POLITIKERN, DASS SIE NACH DEN GEBOTEN GOTTES REGIEREN?


IST ES EUCH WICHTIG, DASS VIELE CHRISTLICHE POLITIKER AKTIV WERDEN?


WÜNSCHTET IHR EUCH, DASS IN DIE EUROPÄISCHE VERFASSUNG DIE VERANTWORTUNG VOR GOTT AUFGENOMMEN WIRD?


GIBT ES ÜBERHAUPT CHRISTLICHE POLITIK? ODER IST CHRISTENTUM NUR EINE PRIVATSACHE?




6. Chor: Herrschaften


Der Blick auf die griechische Bezeichnung (kyriotetes) erhellt ihr Wesen. „Kyrios“ oder „Herr“ ist einer der Titel, mit denen die Evangelien Christus bezeichnen. Christus ist gekommen, um den Menschen aufzurichten, ihm seine Würde und das Licht der Vernunft wiederzugeben. Daran will der Name „Herrschaften“ erinnern. Sie sind ein Bild des guten Kerns des Menschen. Der Mensch ist von Gott gut und mit schöner Gestalt geschaffen worden. Christus hat den Menschen aufgerichtet zu einer Herrschaft im Dienste Gottes. Hochherzigkeit, Adel der Seele und das Licht der Vernunft gehören zum Wesen des Menschen.


WARUM NENNEN SICH DIE CHRISTEN NICHT WIE MUSLIME SKLAVEN GOTTES, SONDERN SÖHNE UND TÖCHTER GOTTES?


BEDEUTET DEMUT, DASS MAN MIT HUNDEDEMUT ZUM KRIECHER WIRD?


SEID IHR STOLZ AUF JESUS?



7. Chor: Throne


Auf dem himmlischen Thron sitzt Gott. Wenn die Engel nun „Throne“ genannt werden, schwingen zwei Bedeutungen mit: zum einen ihre Nähe zu Gott, zum anderen leuchtet in ihrem Spiegel das Bild des Tragens auf. Throne sind „Gottesträger“, deshalb werden sie auch mit der Mutter Jesu verglichen, die Gottes Sohn in ihrem Leib getragen hat. Die Throne erglühen wie das Morgenrot, sie kündigen die Geburt eines neuen Tages an. Mit dem siebten Chor der Engel kommt die Seele dem göttlichen Thron immer näher. Auch der Mensch soll ja Gottesträger oder Thron Gottes werden.


SEID IHR AUCH CHRISTUS-TRÄGER? TRAGT IHR GOTTES LIEBE ZU DEN MENSCHEN?


HAT JESUS WIRKLICH SEINEN THRON IN EUREM HERZEN, ODER SEID IHR EUER EIGENER PAPST UND KAISER?



8. Chor: Cherubim


Die Cherubim im achten Chor der Engel symbolisieren eine Spiritualität der vollkommenen Hingabe an die Gottesliebe, die kaum mehr durch einen Blick auf die vergängliche irdische Welt abgelenkt wird. Auf Erden gleichen ihnen die Propheten, Mystiker und alle Menschen, die sich Visionen öffnen und zu träumen wagen. Sie sind wie eine Feder auf dem Atem Gottes. Cherubim haben sechs Flügel voller Augen. Sie besitzen die Fülle des Wissens, ihr Blick durchdringt alles und schaut auf den Kern der Dinge. Auch wir sollen uns auf dem Weg zu Gott von keiner Äußerlichkeit ablenken lassen und uns auf das Wesentliche konzentrieren.


SIND MENSCHEN, DIE VISIONEN HABEN UND PROPHETISCHE BOTSCHAFTEN EMPFANGEN FÜR EUCH DENKBAR? ODER GEHÖREN DIE INS IRRENHAUS?


WÜNSCHT IHR EUCH MANCHMAL DIE GABE DER WEISHEIT, EINSICHT UND ERKENNTNIS?


STREBT IHR NACH WISSEN ÜBER DEN CHRISTLICHEN GLAUBEN?



9. Chor: Seraphim


Das Wesen der Seraphim ist flammende Liebe und glühende Begeisterung für Gott. Seraphim haben die Aufgabe, das Feuer der Gottesliebe zu entfachen. Menschen, die vom Geist der Seraphim durchdrungen sind, werden „seraphisch“ genannt. So war Franz von Assisi ein seraphischer Heiliger. Von einem Seraph erhielt er die fünf Wundmale Jesu. Mit ihrer flammenden Liebe entzünden die Seraphim das Herz. Seraphim stehen in der Engel-Hierarchie an erster Stelle.


KÖNNT IHR VON EUCH SAGEN, DASS IHR „PASSION FOR JESUS“ HABT, EIN BRENNENDES HERZ FÜR GOTT?


*


ZUM ABSCHLUSS NOCH DIE ENGEL IN DER LEHRE DER DEUTSCHE PROPHETIN HILDEGARD VON BINGEN:


Die Engel nehmen auch in dem Denken von Hildegard von Bingen (12. Jahrhundert) und in ihrer Spiritualität eine zentrale Rolle ein.


Engel sind Lichtgestalten, sie singen den immerwährenden Lobpreis Gottes, sie sind Spiegel Gottes, geschaffen aus Licht am ersten Schöpfungstag. Sie sind die älteren Geschwister der Menschen, wie Hildegard am Beispiel der Geschichte vom verlorenen Sohn ausführt: Während der Mensch, verkörpert durch den verlorenen Sohn, Gott verlässt und in die Fremde geht, stehen die Engel treu an der Seite ihres Schöpfers. Doch war das nicht immer so. Hildegard fasst den Sturz der Engel so zusammen:


Als Gott sprach: Es werde Licht! da entstand Licht der Vernunft. Das sind die Engel. Das sind jene Engel, die in Wahrheit Gott die Treue hielten, jene aber auch, die in die äußerste Finsternis ohne alles Licht gefallen waren, weil sie nicht wahrhaben wollten, dass das wahre Licht, das in Ewigkeit vor allem Ursprung in Klarheit war, Gott sei, und weil sie etwas Ihm ähnliches ins Werk setzen wollten, dessen Existenz unmöglich war.“


Als Ersatz für die gefallenen Engel schafft Gott den Menschen. Ihm gibt er das Licht, das Luzifer und seine Engel in ihrer Rebellion gegen Gott missbraucht hatten. „So gab Ich den Glanz, der von dem ersten Engel wich, dem Menschen, Adam und seinem Geschlecht“, sagt Gott.


Mensch und Engel sind Träger des göttlichen Lichtes. Von ihrer geheimnisvollen Verbundenheit berichtet Hildegard in ihrer berühmten Vision der neun himmlischen Chöre. Sie sieht die Engel das Geheimnis der göttlichen Mitte umkreisen und dabei in vielstimmiger Weise singen. Das Thema ihres Gesanges sind die Wunder, die Gott durch sie in den Seelen der Menschen wirkt. Engel sind Widerhall, Resonanz und Spiegel von Gottes Werk. Ihr Dienst ist eine „Rückmeldung“ von der Erde. Wenn sie die guten Taten der Menschen melden, dann verherrlichen sie damit Gott, denn er ist der Urheber alles Guten. Der vielstimmige Gesang der Engel ist ein Abbild der Harmonie, die nach Gottes Willen die gesamte Welt durchströmen soll.



KINDERGEBET:


Schutzengel mein,

Lass mich dir befohlen sein.

Amen.