SELBSTMORD


VON TORSTEN SCHWANKE



ERSTER GESANG

KLEOPATRA


Antonius brachte Canidius in eigener Person 

Die Botschaft vom Verlust des Heeres in Aktium. 

Zugleich hörte er, dass der König der Juden, 

Herodes, mit einer Anzahl Legionen und Kohorten 

Zu Cäsar Octavian übergegangen sei, 

Und dass ebenso die übrigen Fürsten 

Von ihm abfielen 

Und draußen alles für ihn verloren sei. 

Keine von diesen Nachrichten 

Setzte ihn in Unruhe, sondern, 

Als ob er mit Freuden der Hoffnung entsagt habe, 

Um zugleich auch der Sorge ledig zu sein, 

Verließ er wieder jene Wohnung am Meer, 

Welche er sein Timoneion zu nennen pflegte, 

Und rief, als er von Kleopatra wieder 

Im königlichen Palast aufgenommen war, 

Die Stadt wieder zu Schmausereien, Trinkgelagen 

Und Getreidespenden, indem er den Sohn 

Der Kleopatra und des Cäsar 

Unter die Epheben aufnehmen ließ, 

Seinem Sohn von der Fulvia aber, dem Antyllus, 

Anstatt der Purpurtoga die Männertoga verlieh. 

Viele Tage lang war deshalb ganz Alexandria 

Von Festmählern, Aufzügen und Ergötzungen erfüllt.


Sie selbst aber, Antonius und Kleopatra, 

Lösten jetzt jenen Verein der Unnachahmlichen auf 

Und stifteten statt seiner einen anderen, 

Der an Genuss-Sucht, Schwelgereien 

Und Ausschweifungen durchaus nicht 

Hinter jenem zurückstand 

Und den sie den Verein der Todesgenossen nannten. 

Denn die Freunde, die sich in ihn aufnehmen ließen, 

Weihten sich einem gemeinsamen Tode 

Und wollten bis dahin in einem Kreis von Festen 

Noch ihr Leben genießen. 

Kleopatra aber verschaffte sich 

Die verschiedenartigsten Kräfte tödlicher Gifte 

Und prüfte die Schmerzlosigkeit jedes Giftes, 

Indem sie es den zum Tode Verurteilten, 

Die im Gefängnis saßen, reichen ließ. 

Da sie aber sah, dass bei den schnelltötenden 

Die Schnelligkeit ihrer Wirkung 

Mit Schmerzen verbunden war, 

Den gelinderen Mitteln dagegen 

Die Schnelligkeit fehlte, 

So ließ sie eine Probe mit giftigen Tieren anstellen 

Und sah selbst mit zu, wie hier dies, 

Dort jenes angewandt wurde. 

Damit war sie tagtäglich beschäftigt. 

Da fand sie denn, dass fast allein von allen 

Der Biss einer Schlange namens Aspis 

Ohne Zuckungen und Schmerzenslaute 

Zu schlafähnlichem Erstarren und Absterben führte, 

Indem man unter einem sanften Schweiß 

Über dem Antlitz und allmählichem Schwinden 

Des Bewusstseins auf leichte Weise hinsinke 

Und gleich einem tief Schlafenden Unwillen zeige, 

Wenn man ihn aufzuwecken 

Und wachzurufen versuchte.


Zugleich schickten sie aber auch an Cäsar 

Gesandte nach Asien; Kleopatra, 

Indem sie für ihre Kinder 

Um die Herrschaft in Ägypten bat, 

Antonius aber, indem er bat, in Athen 

Sein Leben beschließen zu dürfen, 

Wenn man ihn nicht in Ägypten lassen wolle. 

Aus Mangel an Freunden und aus Misstrauen, 

Weil ihrer so viele zum Feind übergegangen waren, 

Wurde der Lehrer ihrer Kinder, Euphronios, 

Als Gesandter geschickt.


Cäsar aber wollte in Hinsicht auf Antonius 

Von keinen Verhandlungen hören; 

Hinsichtlich der Kleopatra dagegen erwiderte er, 

Es solle ihr alles, was angemessen sei, 

Gewährt werden, wenn sie Antonius töten lasse 

Oder aus dem Lande triebe. 

Zugleich sandte er seinerseits einen 

Seiner Freigelassenen, den Thyrsos, mit, 

Einen nicht unverständigen Menschen, 

Der im Namen des jungen Imperators 

Zu der stolzen und auf ihre Schönheit 

Äußerst eingebildeten Frau 

Auf eine ganz gewinnende Weise zu sprechen wusste. 

Da dieser länger als die übrigen bei ihr verweilte 

Und vorzüglich geehrt wurde, 

So erweckte er Verdacht bei Antonius. 

Dieser ließ ihn daher festnehmen und geißeln 

Und schickte ihn dann an Cäsar zurück 

Mit einem Schreiben des Inhalts, 

Er habe ihn, der durch sein Unglück 

Sehr leicht zu reizen sei, 

Durch die gegen ihn bewiesene Verhöhnung 

Und Missachtung aufgebracht. 

Wenn Du aber, sagte er, damit nicht zufrieden bist, 

So hast Du ja meinen Freigelassenen Hipparchos. 

Hänge den auf und geißle ihn, 

Damit die Sache ausgeglichen werde. -

Darauf zeigte sich Kleopatra, 

Um jeden Verdacht auszulöschen, 

Über die Maßen zärtlich gegen ihn. 

Während sie zum Beispiel 

Ihren eigenen Geburtstag 

Niedergeschlagen hinbrachte, 

Wie es sich für ihre Lage gehörte, 

Feierte sie den des Antonius 

Mit einem Übermaß an Glanz und Verschwendung, 

So dass viele der Gäste, die arm 

Zum Mahl gekommen waren, 

Reich von dannen gingen.


Den Cäsar rief indes zu wiederholten Malen 

Agrippa von Rom aus heim, 

Wo die Verhältnisse seine Anwesenheit nötig machten. 

Daher erfuhr der Krieg fürs erste einen Aufschub. 

Nachdem jedoch der Winter vorüber war, 

Rückte er aufs Neue von Syrien 

Und seine Generale durch Libyen an. 

Kleopatra ließ in ein ihr gehörendes Grabgewölbe, 

Das sie an den Tempel der Isis 

Hatte anbauen lassen und das von ihr 

An Schönheit und Größe 

Auf das Prachtvollste ausgeführt war, 

Das Wertvollste aus den königlichen Schätzen 

Zusammenbringen, Gold, Silber, Smaragde, Perlen, 

Ebenholz, Elfenbein, Spezereien, 

Außerdem aber eine Menge von Fackeln und Werg; 

Daher ließ Cäsar, in Besorgnis um diese Kostbarkeiten, 

Kleopatra könne, zur Verzweiflung getrieben, 

All den Reichtum vernichten und verbrennen, 

Ihr immer günstige Hoffnungen zugehen, 

Während er mit seinem Heer zur Stadt marschierte. 

Als er sein Lager beim Hipprodrom 

Aufgeschlagen hatte, machte Antonius einen Ausfall 

Und kämpfte mit deutlichem Erfolg, 

So dass er die Reiterei Cäsars in die Flucht schlug 

Und bis zum Lager verfolgte. 

Stolz auf diesen Sieg, begab er sich in den Palast, 

Umarmte Kleopatra noch in der Rüstung, 

Und stellte ihr denjenigen unter den Soldaten vor, 

Der am bravsten gekämpft hatte. 

Kleopatra schenkte ihm einen Brustharnisch 

Und einen Helm aus Gold. 

Kaum aber hatte er dies bekommen, 

So lief er bei Nacht zu Cäsar über.


Die Truppen laufen scharenweise zu Octavian über; 

Antonius glaubt, Kleopatra habe ihn verraten.


Aus Furcht vor Antonius' Wut und Verzweiflung 

Floh Kleopatra in das Grabgewölbe 

Und ließ das Fallgitter herab, 

Welches mit Schlössern und Querbalken 

Stark befestigt war; zu Antonius aber 

Schickte sie Leute mit der Botschaft, 

Dass sie sich getötet habe. 

Antonius glaubte es, und mit den Worten: 

Was zögerst Du noch, Antonius? 

Den einzigen und letzten Grund, 

Am Leben zu hängen, 

Hat mir das Schicksal genommen, 

Ging er in sein Zimmer, 

Schnallte seinen Panzer los, 

Nahm ihn ab und sagte: O Kleopatra, 

Es schmerzt mich nicht, 

Dass ich Dich verloren habe; 

Denn ich werde bald an denselben Ort gelangen; 

Wohl aber, dass ich, ein solcher Feldherr, 

An Mut hinter einem Weib zurücksteh. -

Er hatte nun einen treuen Sklaven, 

Eros mit Namen. 

Diesen hatte er schon vor langer Zeit gebeten, 

Ihm den Tod zu geben, wenn es nötig sei. 

Jetzt forderte er die Erfüllung des Versprechens. 

Dieser zog das Schwert und erhob es auch, 

Um ihn zu durchbohren; 

Dann aber wandte er sein Gesicht ab 

Und tötete sich selber. 

Als er so zu seinen Füßen lag, sagte Antonius: 

Schön, mein Eros, 

Dass Du, da Du es selbst nicht vermochtest, 

Mich lehrst, zu tun, was nötig ist. -

Darauf stieß er sich durch den Unterleib 

Und ließ sich auf einen Sessel niedersinken. 

Die Wunde war jedoch nicht tödlich. 

Sobald er sich daher niedergelegt hatte, 

Hörte der Blutstrom auf, 

Er erholte sich wieder 

Und bat nun die Anwesenden, 

Ihn vollends zu töten. 

Sie aber flohen aus dem Zimmer, 

Während er schrie und sich hin und her warf, 

Bis von Seiten der Kleopatra 

Der Schreiber Diomedes mit dem Auftrag kam, 

Ihn in das Gewölbe zu holen.


Als er so erfahren hatte, 

Dass Kleopatra noch lebte, 

Befahl er seinen Dienern voll Eifer, 

Seinen Körper aufzunehmen, 

Und wurde auf ihren Armen 

An die Tür jenes Gebäudes gebracht. 

Kleopatra aber ließ die Tür nicht öffnen, 

Sondern erschien an einem Fenster 

Und ließ von da Stricke und Taue herab. 

Nachdem man den Antonius 

An diesen befestigt hatte, zog sie ihn selbst 

Mit zwei Frauen hinauf, 

Die allein sie mit sich in das Grab genommen hatte. 

Das sei nun, sagen die, die dabei waren, 

Der jammervollste Anblick gewesen, 

Den man je gehabt habe. 

Denn mit Blut besudelt 

Und mit dem Tode ringend 

Wurde er hinaufgezogen, während er 

Die Hände nach ihr ausstreckte 

Und in der Luft schwebte. 

Denn es war für Frauen keine leichte Arbeit, 

Und nur mit Mühe konnte Kleopatra, 

Indem sie selbst Hand anlegte 

Und sich tief herabbeugte, den Strick erfassen, 

Während die unten Stehenden sie anspornten 

Und ihre Angst teilten. 

Nachdem sie ihn so in Empfang genommen 

Und niedergelegt hatte, 

Zerriss sie vor Schmerz über ihn ihre Kleider, 

Schlug sich ihre Brust 

Und zerfleischte sie mit den Händen, 

Besudelte sich das Gesicht mit Blut 

Und nannte ihn fortwährend Gebieter, 

Gatte und Imperator. 

Beinahe hätte sie in ihrem Jammer um ihn 

Das eigene Unglück vergessen. 

Endlich gebot Antonius ihren Klagen Einhalt 

Und forderte, Wein zu trinken, 

Sei es, dass er dürstete, sei es, 

Dass er so rascher zu sterben erwartete. 

Nachdem er getrunken hatte, empfahl er ihr, 

Wenn es nicht mit Schande verbunden sei, 

Auf ihre eigene Rettung bedacht zu sein, 

Und unter Cäsars Freunden 

Besonders Proculeius zu betrauen, 

Ihn selbst aber um des letzten Wechsels des Glücks 

Nicht zu beklagen, sondern ihn vielmehr 

Des Guten wegen, das ihm zuteil geworden sei, 

Glücklich zu preisen, dass er, 

Nachdem er höchsten Ruhm 

Und größte Macht erlangt, 

Jetzt nicht unehrenhaft, 

Ein Römer von Römern, besiegt sei.


Eben als er verschieden war, 

Kam Proculeius von Cäsar. 

Sobald nämlich Antonius sich selbst verwundet hatte 

Und zu Kleopatra gebracht worden war, 

Hatte ein gewisser Derketaos von der Leibwache 

Sein Schwert genommen, 

Hatte sich damit heimlich hinausgeschlichen 

Und war zu Cäsar gelaufen, 

Dem er als erstem den Tod des Antonius meldete 

Und das blutige Schwert zeigte. 

Als Cäsar dies hörte, zog er sich 

In das Innere des Zeltes zurück 

Und beweinte hier einen Mann, 

Der sein Schwager, sein Kollege und sein Genosse 

Bei vielen Unternehmungen gewesen war. 

Dann nahm er Briefe 

Und las sie in Gegenwart 

Seiner herbeigerufenen Freunde vor, 

Wie er selbst stets mit Freundlichkeit 

Und Billigkeit an ihn geschrieben 

Und Antonius in seinen Antworten sich stolz 

Und übermütig bewiesen habe. 

Darauf schickte er den Proculeius 

Mit dem Auftrag, sich wenn möglich 

Der Kleopatra, am liebsten lebend, zu bemächtigen; 

Denn er war wegen der Schätze in Besorgnis 

Und hielt es für den schönsten Schmuck 

Seines Triumphs, sie damit mitzuführen. 

Eine persönliche Zusammenkunft mit Proculeius 

Lehnte sie aber ab; die Unterredung fand statt, 

Indem er von außen an das Gebäude herankam, 

An eine Tür zu ebener Erde, 

Die fest verschlossen war, 

Aber eine Öffnung zum Sprechen hatte. 

Bei diesem Zwiegespräch verlangte sie 

Für ihre Kinder das Königreich, 

Er dagegen bat sie, guten Mutes zu sein 

Und in allem Cäsar zu vertrauen.


Als Proculeius die Örtlichkeit 

In Augenschein genommen 

Und Cäsar darüber Bericht erstattet hatte, 

Wurde Gallus abgesandt, 

Um wieder mit ihr zu sprechen. 

Dieser kam an die Tür 

Und zog hier die Unterredung 

Mit Absicht in die Länge; 

Inzwischen stieg Proculeius 

Auf einer angelegten Leiter durch das Fenster hinein, 

Durch das die Frauen 

Den Antonius hineingeholt hatten. 

Er ging dann sogleich mit zwei Dienern 

Geradewegs zu der Tür hinab, 

An der Kleopatra in eifrigem Gespräch 

Mit Gallus stand. 

Von den mit Kleopatra eingeschlossenen Frauen 

Schrie die eine auf: Unglückliche Kleopatra, 

Du wirst gefangen genommen! -

Sie wandte sich um, sah Proculeius 

Und ergriff einen kleinen Piratendolch, 

Den sie gerade in ihrem Gürtel bei sich trug, 

Um sich zu durchbohren. 

Da eilte Proculeius hinzu, umschlang sie und sagte: 

Du tust Dir und dem Cäsar unrecht, 

Wenn Du ihm eine schöne Gelegenheit raubst, 

Seinen Edelmut zu zeigen, 

Uund den mildesten aller Feldherren 

In den Ruf der Unzuverlässigkeit 

Und Unversöhnlichkeit bringen willst. -

Dabei nahm er ihr das Schwert ab 

Und untersuchte ihre Kleidung, 

Ob sie nicht Gift darunter verborgen habe. 

Hierauf wurde auch von Cäsar 

Einer seiner Freigelassenen, Epaphroditos, 

Mit dem Auftrage geschickt, 

Die strengste Wachsamkeit anzuwenden, 

Um sie am Leben zu erhalten, 

Aber im übrigen ihr jede Bequemlichkeit 

Und jeden Genuss zu gestatten. 

Ihn ließ er später nach dem Tod der Kleopatra töten.


Den Antonius baten viele Könige 

Und Feldherren bestatten zu dürfen. 

Aber Cäsar ließ der Kleopatra den Leichnam, 

Und so wurde er denn von ihren Händen 

Prächtig und königlich bestattet, 

Indem sie alles, wie sie es wünschte, dazu empfing.


Als Folge der so großen Trauer 

Und der körperlichen Schmerzen – 

Ihre Brust war nämlich 

Durch das Schlagen geschwollen 

Und mit Geschwüren bedeckt – 

Wurde sie von Fieberanfällen ergriffen. 

Sie benutzte diesen Vorwand, 

Um sich der Nahrung zu enthalten 

Und sich so ungehindert des Lebens zu entledigen. 

Sie hatte hierbei einen Arzt, Olympos, zum Vertrauten, 

Dem sie die Wahrheit mitteilte 

Und dessen Rat und Mitwirkung 

Eine Geschichte meldet, 

Die er über diese Ereignisse herausgegeben hat. 

Cäsar vermutete etwas dieser Art 

Und schreckte sie durch Drohungen 

Ggegen ihre Kinder. 

Hierdurch wurden alle ihre Pläne erschüttert 

Und sie überließ ihren Körper denen, 

Die es wünschten, zur ärztlichen Behandlung.


Es kam aber auch Cäsar selbst 

Nach Verlauf einiger Tage, 

Um mit ihr zu sprechen und um sie zu beruhigen. 

Sie lag voll Niedergeschlagenheit 

Auf ein Strohlager hingestreckt; 

Als er eintrat, sprang sie, 

Nur mit einem einzigen Untergewand bekleidet, auf 

Und stürzte ihm zu Füßen, 

Kopf und Gesicht furchtbar verwildert, 

Mit bebender Stimme und erloschenem Auge. 

Auch waren noch viele Spuren sichtbar, 

Wie sie ihre Brust zerfleischt hatte, 

Und überhaupt schien es mit ihrem Körper 

Um nichts besser als mit der Seele zu stehen. 

Jedoch war jene alte Anmut 

Und Keckheit der Jugend 

Nicht ganz und gar erloschen, 

Sondern blitzte trotz ihres Zustands 

Hier und da von innen hervor 

Und zeigte sich zugleich 

In den Bewegungen ihres Antlitzes. 

Cäsar bat sie, sich niederzulegen, 

Und setzte sich zu ihr, 

Worauf sie eine Rechtfertigung begann, 

In der sie das Geschehene 

Auf äußeren Zwang und Furcht vor Antonius schob; 

Cäsar wusste ihr bei jedem Punkt zu entgegnen 

Und sie zu widerlegen, so dass sie bald 

Zur Erregung von Mitleid 

Und flehentlichen Bitten überging, 

Ganz, als wäre sie eine Person, 

Die sich vom Leben nicht losreißen könne. 

Endlich gab sie ihm ein Verzeichnis 

Mit der Menge ihrer Schätze. 

Einer von den Aufsehern, Seleukos, 

Beschuldigte sie, mehreres 

Zu verschweigen und zu verhehlen. 

Da sprang sie auf, ergriff ihn an den Haaren 

Und versetzte ihm mehrere Schläge ins Gesicht. 

Als Cäsar dazu lächelte 

Und sie zu beschwichtigen suchte, sagte sie:

Ist es nicht entsetzlich, o Cäsar, 

Wenn Du mir die Ehre erwiesen hast, 

Zu mir zu kommen, und in meinem Elend 

Mit mir zu sprechen, 

Und meine Sklaven mich anklagen, 

Etwas von Frauenschmuck 

Auf die Seite gebracht zu haben? 

Wahrlich, es ist so, doch nicht zum Schmuck 

Für mich Unglückselige, 

Sondern um der Octavia und Deiner Livia 

Eine Kleinigkeit schenken zu können, 

Und durch sie bei Dir Gnade 

Und Schonung zu finden. -

Cäsar freute sich hierüber, denn er glaubte, 

Dass sie mit ganzer Seele am Leben hinge. 

Er sagte daher, er überlasse ihr jene Sachen gern, 

Und sie werde auch sonst über ihr Erwarten 

Eine ausgezeichnete Behandlung erhalten. 

Dann ging er fort, in dem Glauben, 

Sie getäuscht zu haben, in der Tat aber 

Selbst vielmehr der Getäuschte.


Nun aber befand sich unter den nächsten Freunden 

Des Cäsar Cornelius Dolabella, 

Ein vornehmer junger Mann. 

Dieser war nicht ohne Anteilnahme für Kleopatra 

Und sandte ihr jetzt aus Gefälligkeit 

Auf ihren eigenen Wunsch heimlich die Mitteilung, 

Cäsar selbst wolle zu Lande 

Seinen Rückweg durch Syrien nehmen 

Und sei entschlossen, sie 

Nebst den Kindern am dritten Tage 

Zu Schiff fort zu senden. 

Sobald sie dies erfahren hatte, bat sie zunächst Cäsar, 

Er möge ihr gestatten, auf dem Grab des Antonius 

Ein Totenopfer darzubringen. 

Als sie hierzu die Erlaubnis erhalten hatte, 

Begab sie sich zu seinem Grabe, 

Warf sich nebst den ihr befreundeten Frauen 

Auf den Sarg und rief: O teurer Antonius, 

Bestattet habe ich Dich vor kurzem 

Mit noch freien Händen, dieses Opfer 

Aber bringe ich dir jetzt als eine Gefangene, 

Bewacht, damit ich weder mit Wehklagen 

Noch mit Tränen diesen Leib entstelle, 

Der, der Freiheit beraubt, zum Triumphzug 

Über Dich aufbewahrt wird. 

Erwarte weiter keine Ehren und Totenopfer; 

Es sind die letzten, die dir Kleopatra darbringen kann, 

Ehe sie hinweg geführt wird. 

Im Leben hat uns nichts voneinander trennen können; 

Im Tode, scheint es, sollen wir unsere Plätze vertauschen: 

Du, ein Römer, hier ruhend, 

Ich Unglückliche aber in Italien, 

Das Grab der einzige Anteil, 

Der mir an Deinem Vaterland vergönnt wird. 

Die Göttin hier oben hat uns im Stich gelassen; 

Aber wenn die Göttin dort unten 

Einige Stärke und Kraft besitzt, 

So verlass Dein Weib nicht, 

So lange sie noch am Leben ist, 

Und gib nicht zu, dass Du in meiner Person 

Im Triumph mitgeführt wirst, 

Sondern nimm mich hier zu Dir in Grab und Tod auf. 

Denn von all dem unzähligen Unglück, 

Das mich betroffen hat, ist keines so groß und schwer 

Wie diese kurze Zeit, die ich ohne Dich gelebt habe.


Nachdem sie unter solchen Wehklagen 

Das Grab geschmückt und geküsst hatte, 

Ließ sie sich ein Bad bereiten. 

Nach dem Bade legte sie sich nieder 

Und nahm ein ausgesuchtes Mahl ein. 

Dann kam jemand vom Lande mit einer Kiste. 

Die Wächter fragten, was er bringe. 

Er öffnete sie, nahm die Blätter ab 

Und zeigte das Gefäß, mit Feigen angefüllt. 

Da sie über die Schönheit und Größe 

Derselben erstaunt waren, lächelte er 

Und bat sie, davon zu nehmen. 

Sie trauten ihm und befahlen ihm, 

Die Feigen hineinzutragen. 

Nach dem Mahl schickte Kleopatra 

Eine ihr gehörende Schreibtafel 

Beschrieben und versiegelt zu Cäsar, 

Ließ alle übrigen Personen 

Außer jenen beiden Frauen abtreten 

Und die Tür schließen. 

Als Cäsar die Tafel öffnete 

Und darin flehentliche und klägliche Bitten fand, 

Sie neben Antonius zu bestatten, 

Erkannte er schnell, was geschehen war. 

Zuerst wollte er ihr selbst zu Hilfe eilen, 

Dann schickte er in aller Eile Leute, 

Die Sache zu untersuchen. 

Der Tod war jedoch schnell erfolgt. 

Denn als sie eiligsten Laufes ankamen, 

Hatten die Wächter noch nichts gemerkt; 

Sie öffneten dann die Tür 

Und fanden sie königlich geschmückt 

Auf einem goldenen Bett tot liegen. 

Von den Frauen verschied die eine, 

Iras mit Namen, eben zu ihren Füßen; 

Die andere, Charmion, legte ihr noch, 

Bereits schwankend und taumelnd, 

Das Diadem um die Stirn. 

Das ist schön, Charmion! rief jemand wütend. 

Jawohl, erwiderte sie, sehr schön 

Und wie es sich für die Enkelin 

So vieler Könige ziemt. -

Weiter sagte sie nichts, sondern sank 

An Ort und Stelle an der Seite des Lagers nieder.


Wie man erzählt, so war die Schlange 

Mit jenen Feigen und unter den Blättern 

Verborgen hineingebracht worden; 

Denn so habe es Kleopatra befohlen gehabt, 

Das Tier solle sie stechen, ohne dass sie es ahne. 

Als sie nun von den Feigen nahm 

Und es sah, habe sie gesagt: Das wäre es also, 

Habe dann ihren Arm entblößt 

Und zum Bisse hingehalten. 

Andere behaupten, die Schlange sei 

In einer Urne eingeschlossen gewesen 

Und so aufbewahrt worden; 

Kleopatra habe sie dann 

Mit einer goldenen Spindel 

Herausgezerrt und so gereizt; 

Sie sei darauf hinausgefahren 

Und habe sie in den Arm gebissen. 

Die Wahrheit weiß jedoch keiner. 

Denn es wurde auch erzählt, sie habe Gift 

In einer goldenen Nadel bei sich geführt 

Und diese Nadel im Haar verborgen gehabt. 

Allein es kam weder ein Flecken am Körper 

Noch sonst eine Spur von Gift zum Vorschein. 

Ebenso wenig freilich wurde das Tier 

Im Zimmer gesehen; man wollte nur 

Gewisse Windungen von ihm am Meer, 

Wohin das Zimmer ging 

Und wo sich Fenster befanden, gesehen haben. 

Einige behaupteten auch, es seien an dem Arm 

Der Kleopatra zwei zarte 

Und feine Stiche bemerkt worden. 

Diesen scheint auch Cäsar 

Glauben geschenkt zu haben. 

Denn bei dem Triumph 

Wurde ein Bild mitgeführt, 

Auf dem man Kleopatra selbst 

Und die Schlange an ihrem Arm sitzen sah. 

Dies nun soll der Verlauf der Sache gewesen sein.


Cäsar war allerdings über den Tod 

Der Kleopatra ärgerlich; 

Er bewunderte jedoch den edlen Sinn 

Und ließ ihre Leiche 

Neben der des Antonius 

Glänzend und königlich beisetzen. 

Ebenso erhielten auf seinen Befehl 

Auch die Dienerinnen 

Ein ehrenvolles Begräbnis.


ZWEITER GESANG

SENECA


Die nächste Heldentat von Nero 

War der Tod von Seneca. 

Gegen diesen bedeutenden Mann 

Erschien kein Schuldbeweis; 

Aber der Kaiser dürstete nach seinem Blut, 

Und was Gift nicht bewirkt hatte, 

Wollte er mit dem Schwert beenden. 

Natalis war die einzige Person, 

Die seinen Namen erwähnt hatte. 

Der Hauptpunkt seiner Anklage lautete: 

Dass er selbst zu einem Besuch 

Nach Seneca geschickt worden war, 

Dann durch Krankheit eingesperrt, 

Mit der Anweisung, ihm zu erwähnen, 

Dass Piso oft in seinem Haus vorbeikam, 

Aber nie Einlass bekommen konnte, 

Obwohl es das Interesse beider war, 

In gegenseitiger Freundschaft zu leben. 

Darauf antwortete Seneca: 

Dass private Interviews 

Für keinen von Nutzen sein könnten; 

Aber dennoch war sein Glück 

Auf die Sicherheit von Piso gepfropft. 

Granius Silvanus, ein Tribun der Prätorianergarde, 

Wurde nach Seneca entsandt, 

Mit der Anweisung, ihn wissen zu lassen, 

Was ihm vorgeworfen wird, und zu fragen, 

Ob er das von Natalis angegebene Gespräch 

Mit den von ihm selbst gegebenen 

Antworten zugelassen hat. 

Seneca war absichtlich oder aus Versehen 

Noch am selben Tag bei seiner Rückkehr aus Kampanien. 

Er hielt in einer eigenen Villa, 

Etwa vier Meilen von Rom entfernt. 

Gegen Ende des Tages traf der Tribun ein 

Und belagerte das Haus 

Mit einer Bande von Soldaten. 

Seneca war mit seiner Frau Pompeia Paulina 

Und zwei seiner Freunde beim Abendessen, 

Als Silvanus den Raum betrat 

Und die Befehle des Kaisers meldete. 


Seneca zögerte nicht zuzugeben, 

Dass Natalis bei ihm zu Hause gewesen war, 

Mit einer Beschwerde, dass Pisos 

Besuche nicht empfangen wurden. 

Seine Entschuldigung, sagte er, implizierte 

Nicht mehr als Mangel an Gesundheit, 

Die Liebe zur Bequemlichkeit 

Und die Notwendigkeit, sich um eine schwache 

Und verrückte Konstitution zu kümmern. 

Dass er die Interessen eines Privatmanns 

Seiner eigenen Sicherheit vorziehen sollte, 

War zu absurd, um es zu glauben. 

Er hatte keine Motive, ihn dazu zu bewegen, 

Einem Mann ein solches Kompliment zu machen; 

Bewunderung war kein Teil seines Charakters. 

Dies ist eine Wahrheit, 

Die Nero selbst gut bekannt ist: 

Er kann dir sagen, dass er 

Bei verschiedenen Gelegenheiten 

In Seneca einen Mann gefunden hat, 

Der frei seine Meinung äußerte 

Und die Künste der unterwürfigen 

Schmeichelei verachtete. 

Silvanus kehrte nach Rom zurück. 

Er fand den Fürsten in Gesellschaft 

Mit Poppäa und Tigellinus, 

Die, so oft Grausamkeit in Agitation war, 

Den Kabinettsrat bildeten. 

In ihrer Gegenwart berichtete der Bote seine Antwort. 

Nero fragte: Bereitet sich Seneca darauf vor, 

Seine Tage durch einen freiwilligen Tod zu beenden?-

Er zeigte, sagte der Tribun, keine Anzeichen von Angst, 

Kein Zeichen von Trauer, 

Keine niedergeschlagene Leidenschaft: 

Seine Worte und Blicke zeugten 

Von einem heiteren, aufrechten und festen Geist. -

Kehr zurück, sagte Nero, und sag ihm, 

Er muss sich zum Sterben entschließen. 

Laut dem Bericht von Fabius Rusticus 

Entschied sich Silvanus 

Für einen anderen Weg zurück. 

Er ging auf privatem Wege zu Fenius Rufus, 

Um sich mit diesem Offizier zu beraten, 

Ob er die Befehle des Kaisers ausführen solle. 

Rufus sagte ihm, dass er gehorchen müsse. 

Das war der degenerierte Zeitgeist. 

Eine allgemeine Panik ergriff jeden Verstand. 

Genau dieser Silvanus war einer der Verschwörer 

Und doch niedrig genug, um ein Instrument 

Der Grausamkeit zu sein, 

Die er zur Rache kombiniert hatte. 

Er hatte jedoch der Anstand, 

Den Schock zu vermeiden, Seneca zu sehen, 

Und die fatale Botschaft persönlich zu überbringen. 

Er schickte einen Zenturio, 

Der dieses Amt für ihn ausführte.


Seneca hörte die Nachricht 

Mit ruhiger Gelassenheit. 

Er verlangte sein Testament, 

Und da ihm dieses Recht eines römischen Bürgers 

Durch den Hauptmann vorenthalten wurde, 

Wandte er sich an seine Freunde. 

Und: Ihr seht, sagte er, dass es mir nicht frei steht, 

Eure Dienste mit dem letzten Zeichen 

Meiner Wertschätzung zu vergelten. 

Eines bleibt jedoch noch. 

Ich hinterlasse euch das Beispiel meines Lebens, 

Das beste und wertvollste Vermächtnis, 

Das sich jetzt in meiner Macht befindet. 

Behaltet es in eurem Gedächtnis, 

Und ihr werdet sofort den Applaus der Tugend 

Und den Ruhm einer aufrichtigen 

Und großzügigen Freundschaft erhalten. -

Alle Anwesenden brachen in Tränen aus. 

Er bemühte sich, ihre Sorgen zu lindern; 

Er bot seinen Rat mit milder Überzeugung an; 

Er benutzte den Ton der Autorität. 

Wo, sagte er, sind die Gebote der Philosophie 

Und wo die Worte der Weisheit, 

Die uns seit Jahren gelehrt haben, 

Den Katastrophen des Lebens mit Standhaftigkeit 

Und einem gut vorbereiteten Geist zu begegnen? 

War die Grausamkeit von Nero 

Keinem von uns bekannt? 

Er hat seine Mutter ermordet; 

Er zerstörte seinen Bruder; 

Und was bleibt nach diesen schrecklichen Taten übrig, 

Um das Maß seiner Schuld zu füllen, 

Als der Tod seines Vormunds und seines Erziehers?


Nachdem er sich in diesen erbärmlichen 

Worten ausgedrückt hatte, 

Richtete er seine Aufmerksamkeit auf seine Frau. 

Er schloss sie in seine Arme, 

Uund in dieser zärtlichen Umarmung 

Gab er für eine Weile der Zärtlichkeit 

Seiner Natur nach. 

Als er seinen Entschluss wiedererlangte, 

Flehte er sie an, ihren Kummer zu lindern 

Und daran zu denken, dass sein Leben 

In einem beständigen Lauf der Ehre 

Und der Tugend verbracht wurde. 

Diese Rücksicht würde dazu dienen, 

Leiden zu heilen und all ihre Sorgen zu versüßen. 

Paulina war immer noch untröstlich. 

Sie war entschlossen, mit ihrem Mann zu sterben; 

Sie erflehte die Hilfe der Henker 

Und bat, ihrem elenden Wesen 

Ein Ende zu bereiten. 

Seneca sah, dass sie von der Liebe 

Zum Ruhm beseelt war 

Und dass dieses großzügige Prinzip 

Seiner Meinung nach nicht zurückgehalten werden sollte. 

Die Vorstellung, ein geliebtes Objekt 

Den Beleidigungen der Welt 

Und der Bosheit ihrer Feinde auszusetzen, 

Durchbohrte ihn bis ins Mark. 

Es war meine Sorge, sagte er, 

Dich in dieser besten Philosophie zu unterweisen, 

Der Kunst, die Übel des Lebens zu lindern; 

Aber du bevorzugst einen ehrenvollen Tod. 

Ich werde dich nicht um den enormen Ruhm beneiden, 

Der deinen Fall begleiten muss. 

Da du es so haben wirst, 

Werden wir zusammen sterben. 

Wir werden ein Beispiel gleicher 

Beständigkeit hinterlassen; 

Aber die Herrlichkeit wird ganz dir gehören.


Kaum waren diese Worte ausgesprochen, 

Als sich die Adern ihrer beiden Arme öffneten. 

Zu Senecas Lebenszeit 

War das Blut langsam und träge. 

Der Verfall der Natur und die ärmliche Ernährung, 

An die er sich gewöhnt hatte, 

Ließen ihn in einem schwachen Zustand zurück. 

Er befahl, die Gefäße seiner Beine 

Und Gelenke zu punktieren. 

Nach dieser Operation begann er 

Mit entsetzlichen Schmerzen zu wehen. 

Damit seine Leiden nicht 

Die Standhaftigkeit seiner Frau überwältigten 

Oder der Anblick ihrer Leiden 

Sein eigenes Empfinden überforderte, 

Überredete er sie, sich in ein anderes 

Zimmer zurückzuziehen. 

Seine Beredsamkeit floss noch immer 

In gewohnter Reinheit. 

Er rief seine Sekretäre herbei und diktierte, 

Während das Leben verebbte, 

Jene Abschiedsrede, die veröffentlicht wurde 

Und in jedermanns Händen ist. 

Ich werde seine letzten Worte nicht verletzen, 

Indem ich die Substanz 

In einer anderen Form gebe.


Nero hatte keine Abneigung 

Gegen Paulina empfunden. 

Als sie mit ihrem Mann umkam, 

Begann er die öffentliche Verwünschung zu fürchten. 

Um die Schrecken seiner gegenwärtigen 

Grausamkeit nicht zu vervielfachen, 

Sandte er den Befehl, Paulina 

Vom Schlag zu befreien. 

Die Sklaven und Freigelassenen 

Fesselten auf Anweisung der Soldaten 

Ihren Arm und stoppten den Bluterguss. 

Dies geschah, so heißt es, ohne ihr Wissen, 

Da sie in einem Zustand der Mattigkeit lag. 

Die Tatsache kann jedoch nicht 

Mit Sicherheit bekannt sein. 

Vulgäre Bosheit, die immer bereit ist, 

Von der erhabenen Tugend abzulenken, 

Vrbreitete einen Bericht, dass, 

Solange sie Grund hatte zu glauben, 

Dass die Wut von Nero unerbittlich war, 

Sie den Ehrgeiz hatte, den Ruhm 

Des Schicksals ihres Mannes zu teilen; 

Aber bei einer milderen Aussicht, 

Die unerwartet präsentiert wurde, 

Gewannen die Reize des Lebens 

Eingang zu ihrem Herzen 

Und triumphierten über ihre Standhaftigkeit. 

Sie lebte ein paar Jahre länger, 

Voller Bedauern, bis ans Ende ihrer Tage 

Und verehrte die Erinnerung an ihren Ehemann. 

Die Schwäche ihres ganzen Körpers 

Und die kränkliche Trägheit ihres Gesichtes 

Zeigten deutlich, dass sie bis zum äußersten 

Ende gedemütigt worden war.


Seneca verweilte vor Schmerz. 

Der Tod näherte sich langsam, 

Und er wünschte sich seine Auflösung. 

Von Schmerzen überdrüssig, erschöpft, 

Bat er seinen Freund Statius Annaeus, 

Dessen Treue und medizinisches Geschick 

Er oft erlebt hatte, einen Schluck 

Dieses schnellen Giftes zu verabreichen, 

Das gewöhnlich in Athen 

Den zum Tode verurteilten Verbrechern 

Verabreicht wird. Er schluckte den Trank, 

Aber ohne unmittelbare Wirkung. 

Seine Glieder waren kalt: 

Die Gefäße seines Körpers waren verschlossen, 

Und die Zutaten, obwohl scharf und subtil, 

Konnten die Prinzipien des Lebens nicht aufhalten. 

Er wollte in ein warmes Bad gelegt werden. 

Als er seinem Wunsch gemäß befördert wurde, 

Besprengte er seine Sklaven mit dem Wasser 

Und so, sagte er, darf ich Jove, dem Befreier, 

Ein Trankopfer darbringen. 

Der Dampf überwältigte ihn bald 

Und er wurde den Flammen übergeben.



DRITTER GESANG

CATO DER JÜNGERE


Er hieß den Diener holen. 

Da es aber einige Verzögerungen gab 

Und niemand die Waffe brachte, 

Las er sein Buch zu Ende 

Und rief diesmal seine Diener 

Einen nach dem anderen 

Und forderte mit lauterer Stimme sein Schwert. 

Einem von ihnen schlug er mit der Faust auf den Mund, 

Verletzte sich die Hand und schrie jetzt wütend und laut, 

Dass sein Sohn und seine Diener 

Ihn ohne Waffen in die Hände des Feindes verrieten. 

Endlich lief sein Sohn weinend 

Mit seinen Freunden herein, 

Und nachdem er ihn umarmt hatte,

Begab er sich zu Wehklagen und Bitten. 

Aber Cato erhob sich, 

Nahm einen ernsten Blick auf und sagte: 

Wann und wo wurde ich ohne mein Wissen 

Für einen Wahnsinnigen erklärt, 

Dass niemand mich in Dingen belehrt 

Oder versucht, mich zu bekehren, 

Wofür man mich hält? 

Ich habe schlechte Entscheidungen getroffen, 

Aber ich bin daran gehindert, 

Mein eigenes Urteil zu fällen, 

Und hat man mir die Waffen genommen? 

Warum, großzügiger Jüngling, 

Fesselst du nicht auch die Hände deines Vaters 

Auf den Rücken, damit Cäsar mich unfähig findet, 

Mich zu wehren, wenn er kommt? 

Gewiss, um mich zu töten, brauche ich kein Schwert, 

Wenn ich nur eine kleine Weile den Atem anhalten 

Oder meinen Kopf gegen die Wand schlagen muss, 

Und der Tod wird kommen. -

Als Cato diese Worte sagte, 

Ging der junge Mann schluchzend hinaus 

Und alle anderen auch, 

Außer Demetrius und Apollonides. 

Diese allein blieben, 

Und mit diesen begann Cato zu sprechen, 

Jetzt in sanfteren Tönen. 

Ich nehme an, sagte er, dass auch ihr beschlossen habt, 

Einen Mann, der so alt ist wie ich, 

Mit Gewalt festzuhalten 

Und schweigend neben ihm zu sitzen 

Und ihn zu bewachen. 

Ist es für Cato weder beschämend noch schrecklich, 

Wenn er keine andere Möglichkeit der Erlösung hat, 

Auf die Erlösung durch die Hände 

Seines Feindes zu warten? 

Warum sprecht ihr denn nicht überzeugend 

Und bekehrt mich zu dieser Lehre, 

Damit wir diese guten alten Meinungen 

Und Argumente, die Teil unseres Lebens 

Gewesen sind, verwerfen, durch Cäsars 

Bemühungen klüger gemacht werden 

Und daher ihm dankbarer dafür sind? 

Und doch bin ich gewiss zu keinem Entschluss 

Über mich gekommen; 

Aber wenn ich zu einem Entschluss gekommen bin, 

Muss ich Meister des Kurses sein, 

Den ich zu nehmen entscheide. 

Und ich werde mit eurer Hilfe 

Zu einem Entschluss kommen, 

Wie ich sagen könnte, da ich ihn mit Hilfe 

Jener Lehren erreichen werde, 

Die ihr auch als Philosophen annehmt. 

Also geht guten Mutes weg 

Und bittet meinen Sohn, es nicht mit Gewalt 

Gegen seinen Vater zu versuchen, 

Wenn er ihn nicht überzeugen kann. -

Ohne eine Antwort darauf zu geben, 

Aber in Tränen ausbrechend, 

Zogen sich Demetrius und Apollonides langsam zurück. 

Dann wurde das Schwert hereingeschickt, 

Von einem kleinen Kind getragen, 

Und Cato nahm es, zog es aus seiner Scheide 

Und untersuchte es. 

Und als er sah, dass seine Spitze scharf 

Und seine Schneide immer noch scharf war, sagte er: 

Jetzt bin ich mein eigener Herr. 

Dann legte er das Schwert nieder 

Und nahm sein Buch wieder auf, 

Und er soll es zweimal durchgelesen haben. 

Danach verfiel er in einen so tiefen Schlaf, 

Dass die Außenstehenden ihn hörten.

Aber gegen Mitternacht rief er 

Zwei seiner Freigelassenen, 

Cleanthes den Arzt und Butas, 

Der sein Hauptagent in öffentlichen Angelegenheiten war. 

Butas schickte er zum Meer hinab, um zu sehen, 

Ob alle erfolgreich in See gestochen seien, 

Und ihm Nachricht zu bringen, 

Während er dem Arzt seine Hand gab, 

Um sie zu verbinden, sie war entzündet 

Von dem Schlag, den er dem Sklaven gegeben hatte. 

Das machte alle fröhlicher, da sie dachten, 

Er habe Lust zu leben. 

Nach kurzer Zeit kam Butas mit der Nachricht, 

Dass alle außer Crassus, 

Der durch irgendwelche Geschäfte aufgehalten wurde, 

Alle Segel gesetzt hatten und auch im Begriff waren, 

Sich einzuschiffen; Butas berichtete auch, 

Dass auf See ein schwerer Sturm 

Und ein starker Wind herrschten. 

Als Cato dies hörte, stöhnte er vor Mitleid 

Mit denen, die auf dem Meer in Gefahr waren, 

Und schickte Butas wieder hinunter, 

Um herauszufinden, ob jemand vom Sturm 

Zurückgetrieben worden war 

Und etwas Notwendiges brauchte, 

Und ihm Bericht zu erstatten.


Aber er hatte noch seine Augen offen 

Und war am Leben; 

Und sie waren furchtbar schockiert. 

Aber der Arzt ging zu ihm und versuchte, 

Seine Eingeweide, die unverletzt blieben, 

Zu ersetzen und die Wunde zu nähen. 

Dementsprechend stieß Cato, 

Als er sich erholte und dies bemerkte, 

Den Arzt weg, riss seine Eingeweide 

Mit seinen Händen auf, 

Riss die Wunde noch mehr auf 

Und starb so.