VON TORSTEN SCHWANKE
Liebe Freundinnen und Freunde, ihr betet so treu für mich, da will ich mich mit einer kleinen Andacht zum Thema Paulus und die Frauen bedanken. Habt ihr schon mal sowas gehört: Die Frau schweige in der Gemeinde! Die Frau sei dem Mann untertan! Der Mann ist zuerst geschaffen, und danach die Frau! Nicht der Mann hat gesündigt, sondern die Frau! Die Frau wird selig durch Kindergebären! Der Mann ist der Abglanz Christi und die Frau ist der Abglanz des Mannes! Na, wie findet ihr das? Und steht so im Neuen Testament. Was das zu bedeuten hat, weiß ich nicht. Ich fasse drei Artikel zusammen, einen evangelischen, einen katholischen und einen evangelikalen. Und dann versucht ihr, euch eure eigene Meinung zu bilden.
EVANGELISCHE POSITION
Diese Aussagen werden oft zitiert, wenn Entscheidungsträger in der Kirche die Vorherrschaft der Männer begründen. Viele von Paulus’ Aussagen sind ungenau übersetzt oder aus dem Zusammenhang gerissen. Wenn man sie jedoch im historischen und kulturellen Kontext betrachtet, dann zeigt sich, dass er seiner Zeit weit voraus war und Jesus’ Auffassung von Gleichberechtigung radikal umsetzte. Paulus proklamierte absolute Gleichwertigkeit für alle: "Nun gibt es nicht mehr Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen. Denn ihr seid alle gleich – ihr seid eins in Jesus Christus" (Galater 3,28).
Paulus' Emanzipationsschritte waren im Vergleich zu unseren sehr groß. Frauen im Patriarchat als gleichwertig zu behandeln, ihnen Klugheit und Führungskraft zuzuschreiben, ist eine ganz andere Nummer als dies in einer Gesellschaft zu tun, die Gleichberechtigung als Grundprinzip hat. Bei Paulus hatten Frauen verantwortungsvolle Aufgaben. Phöbe war Diakonin. Sie war es, die im Jahr 55 n.Chr. den Brief von Paulus an die Gemeinde von Rom überbrachte. Das war etwas anderes, als das Gemeindeblatt auszutragen! Es war nicht nur gefährlich, sondern beinhaltete auch, dass der Überbringer der Gemeinde den Inhalt erklärte, wenn die Christen etwas nicht verstanden. Paulus vertraute Phöbe also völlig, dass sie alles in seinem Sinne weitervermitteln würde, und hatte den Text vermutlich vorher mit ihr durchgesprochen. Damit hatte Phöbe eine zentrale Bedeutung bei der Ausbreitung des Evangeliums.
Frage: Frauen können in der Gemeindeleitung als Diakoninnen und Evangelistinnen arbeiten?
Paulus arbeitete von Anfang an mit Frauen genauso zusammen wie mit Männern. Auch zwischen dem Ehepaar Priska und Aquila machte er keinen Unterschied. Er debattierte nicht mit Aquila über theologische Fragen, während Priska Tee und Gebäck reichte. Paulus stellt ihre Bedeutung in seinen Briefen heraus, indem er sie als Erste nennt, noch vor ihrem Mann. Siebenmal werden sie genannt und dabei steht Priska fünfmal an erster Stelle. Während es heute heißt "Ladies first", war das damals völlig unüblich. Der Wichtigste wurde zuerst genannt, und das war der Mann. Wenn Paulus davon abweicht und Priska zuerst nennt, dann muss sie wirklich bedeutend gewesen sein, mehr noch als ihr Ehemann.
Frage: Behandeln wir Christen unsere Schwestern als gleichberechtigte theologische Gesprächspartnerinnen?
In den neuen Gemeinden hatten die Frauen die gleichen Ämter wie die Männer. Sie waren sogar Lehrende. Das war bisher undenkbar gewesen. Eine Frau, die Männer lehrte? Wir können uns kaum vorstellen, welch ein unglaublich großer Schritt das war! Aber genau das tat Priska, und zwar auf akademischem Niveau. Einer ihrer Schüler war Apollos, ein hochgebildeter und redegewandter Jude: Hochschulabsolvent einer der bedeutendsten Universitätsstädte, Alexandrien in Ägypten, ein glänzender Rhetoriker, bibelfest und lebendig erfüllt mit dem Heiligen Geist. Priska und Aquila luden Apollos zu sich nach Hause ein und gaben ihm Privatunterricht. Dass Apollos ein außerordentlich kluger Mann gewesen sein muss, zeigt sich spätestens hier. Er lässt sich von einer Frau unterrichten, einer Frau, die keinen Schulabschluss besaß, geschweige denn eine Universität jemals von innen gesehen hatte. Doch ihm war es wichtig, zu lernen, zu studieren. Und da war es ihm egal, ob ihn eine Frau oder ein Mann unterrichtete.
Frage: Frauen können also in der Gemeinde genauso lehren wie Männer?
Paulus lobt seine lehrenden und predigenden Mitarbeiterinnen in den höchsten Tönen. Wie passt es dann zusammen, dass er den Frauen gebietet, in der Gemeinde zu schweigen und zu Hause ihre Männer zu fragen? (1. Korinther 14,26-35). Das Wort sigáō, das Paulus für "schweigen" verwendet, meint ein zeitweises Schweigen. Man benutzt es, wenn man im Chaos und Geschrei um Ruhe bittet. Aber warum wendet sich Paulus hier nur an die Frauen? Es war absolut neu, dass Frauen und Männer gemeinsam Gottesdienst feierten. Bisher waren Frauen ausgeschlossen gewesen. Ihr Platz war zu Hause, während die Männer in der Synagoge Gottes Wort hörten und darüber diskutierten.
Also dürfen Frauen in der Bibelstunde, im Gottesdienst reden, nur eben ohne Lärm und leeres Geschwätz?
Die Frauen hatten also nicht das Wissen der Männer, sie waren gewaltig im Rückstand. Während im öffentlichen Leben Zurückhaltung von ihnen gefordert war, trauten sie sich in den neuen christlichen Gemeinden, ihre Fragen zu äußern. Außerdem hatten sie keine Erfahrung, wie man sich bei öffentlichen Versammlungen benimmt. Sie kannten nur die Zusammenkünfte mit anderen Frauen. Und das war für sie bis dahin immer eine Gelegenheit gewesen, aus der Eintönigkeit des Hauses herauszukommen und etwas Neues zu erfahren. Man kann sich also vorstellen, was für ein Gegacker es gab, wenn die Frauen zusammenkamen.
Frage: Schwatzen die Frauen manchmal leeres Zeug, wenn sie unter sich sind? Oder ist das eben nur eine andere Kommunikation als die von Männern?
Und nun saßen diese Frauen im Gottesdienst. Sie verstanden vieles von dem nicht, was geredet wurde, und sie freuten sich sehr, ihre Freundinnen und Bekannten zu treffen. Da wundert es nicht, wenn Paulus energisch einschreitet und zu den Frauen sagt: "Jetzt haltet einfach mal die Klappe!"
Frage: Und wie reagierten wohl die Frauen darauf? Und wie reagieren heute unsere Schwestern darauf?
Paulus ermahnt die Frauen nicht zum Schweigen, um damit den Männern die alleinige Wortgewalt zu geben, sondern er sagt es – und da zeigt sich wieder der emanzipierte Paulus – damit die Frauen auch etwas davon haben. Alle sollen nacheinander reden, damit alle etwas lernen, auch die Frauen. Was für ein revolutionärer Schritt! Paulus ist es sehr wichtig, dass die Frauen verstehen, was im Gottesdienst gesagt wird. Deshalb fordert er sie auf, zu Hause ihre Männer zu fragen. Er ermutigt sie, ihre Wissenslücken zu füllen. Und dazu bezieht er die Männer ein. Sie sollen ihr Wissen teilen, um ihre Frauen auf den gleichen Stand zu bringen. Was das wohl für die Männer bedeutet hat? Auch sie mussten ihr Frauenbild völlig revidieren.
Und heute? Haben heute Männer mehr theologisches Wissen als Frauen? Oder haben allgemein die Frauen eher eine „religiöse Antenne“ als Männer? Fragen die Männer auch mal die Frauen um ihre Meinung?
DIE KATHOLISCHE POSITION (VON FRAUEN)
Paulus steht gemeinhin in dem Ruf, kein großer Frauenfreund gewesen zu sein. "Das Weib schweige in der Gemeinde" – dieser Satz vor allem wird mit ihm in Verbindung gebracht. Zugleich erzählen ausgerechnet die Briefe des Paulus von zahlreichen Frauen, die in den frühen Gemeinden wichtige Funktionen innehatten.Eine wahre Fundgrube bedeutender Frauen in frühen Gemeinden ist die lange Grußliste des Römerbriefes (Röm 16). An zehn Frauen und 18 Männer, die Paulus persönlich kennt, richtet er Grüẞe aus. Dabei erwähnt er teilweise auch ihre Aufgaben in der Gemeinde und ihre Verdienste. Tryphäna und Tryphosa, Persis und eine Maria beispielsweise haben sich für den Herrn "abgemüht", "schwere Arbeit geleistet" (16,6.12). Mit diesen Begriffen beschreibt Paulus auch seine eigene Verkündigungstätigkeit als Apostel, woraus zu schließen ist, dass diese Frauen offenbar ähnliche missionarische Aufgaben erfüllten.
Frage: Was heißt Apostelsein heute und betrifft das auch Frauen? Sind es Bischöfe bzw Bischöfinnen oder Verkünderinnen des Evangeliums ohne Kirchenamt? Die lateinische Übersetzung von Apostel ist Missionar.
Andronikus und Junia haben für ihren gemeinsamen Verkündigungsdienst viel riskiert. Zusammen mit Paulus waren sie für ihren Glauben im Gefängnis. "Herausragend unter den Aposteln" nennt Paulus die beiden und bezeichnet sie damit selbst als Apostel (16,7). Ganz anders als später der Verfasser des Lukasevangeliums, beschränkt Paulus den Begriff „Apostel“ nicht auf die Gruppe der "Zwölf", sondern bezeichnet sich selbst und andere herausragende Missionare und Missionarinnen so, also auch Frauen. Leider machen manche Übersetzungen aus der Apostelin Junia immer noch einen Mann namens Junias, und das, obwohl diese männliche Namensform in der Antike gar nicht belegt ist.
Frage: Habt ihr schön einmal von einer Apostelin Juni gehört, die in Bibelübersetzungen als Apostel Junius wieder auftaucht? Was soll man davon halten?
Als "unsere Schwester", "Diakon" und "Beistand" stellt Paulus Phöbe der Gemeinde von Rom vor. Als "Schwester" ist sie Teil der Gemeinschaft derer, die den Glauben an Jesus verkünden, so wie Paulus andere Mitverkünder "Bruder" nennt. "Beistand" bezeichnete jemanden, der oder die für Ausländer bürgte. Es ist ein Ehren- und Autoritätstitel in der Antike. Besonders spannend ist die grammatisch männliche Form "Diakonos". Wörtlich übersetzt bedeutet sie "Diener". Wenn Phöbe als "Diakonos der Gemeinde von Kenchreä" bezeichnet wird, dann besagt dies, dass sie eine dauerhafte leitende Funktion in dieser Gemeinde innehatte.
Frage: Was sind Diakone oder Diakonissen, was ist Diakonie, und ist das eine Aufgabe für Männer und Frauen, auch ohne dass man einen Amtstitel führt?
Dass sie als Frau mit der männlichen Bezeichnung betitelt wird, zeigt, dass sich ihre Aufgabe von der ebenso bezeichneter Männer nicht unterschied. Sie war also weder ganz allgemein eine "Dienerin" noch eine "Diakonisse" im Sinne einer spezifischen Frauentätigkeit, sondern eben das, was in den paulinischen Gemeinden ein "Diakonos" war. Dieser hatte andere Aufgaben und eine andere Bedeutung als Diakone heute. Ämter und eine Ämterhierarchie entwickelten sich erst später.
Frage: Gibt es spezifische Frauen-Dienste, die die Männer nicht so gut können (oder zu denen sie sich zu fein sind)?
Die Grußliste des Römerbriefs zeigt, dass Paulus Frauen in wichtigen gemeindlichen Positionen bereits vorfand, dass er sie selbst als Kolleginnen wertschätzte, bisweilen ihren Beistand in Anspruch nahm und ihnen verantwortungsvolle Aufgaben übergab. In der Praxis geht Paulus geschwisterlich mit ihnen um, so wie dies in der Jesusgemeinschaft und den frühen Gemeinden üblich war. Auch in der Theorie betont Paulus mehrfach die Gleichheit aller Menschen vor Gott und innerhalb der Gemeinde: "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; sondern ihr alle seid Einer im Messias Jesus" – diese geschwisterliche Ebenbürtigkeit soll laut Paulus Realität in der Gemeinde sein. Indem die frühen Hausgemeinden so gleichberechtigt lebten, unterschieden sie sich von der üblichen Hausordnung der Antike, die vorsah, dass an der Spitze jeder Hausgemeinschaft ein Hausherr und Vater machtvoll über Frauen, Kinder und Sklaven herrschte.
Frage: Wenn alle in Christus die gleiche Würde als Gotteskinder haben, hebt das die „natürliche Verschiedenheit“ von Mann und Frau auf?
Trotzdem: Was seine Haltung zu Frauen betrifft, hat Paulus nach wie vor ein anderes Image. Ein Grund dafür dürfte sein, dass immer noch zu wenig unterschieden wird zwischen den sieben echten Paulusbriefen, die die Auffassungen des Apostels spiegeln, und den sechs anderen Briefen des Neuen Testaments, die zu späteren Zeiten von anderen Menschen unter dem Pseudonym "Paulus" geschrieben wurden: die Briefe an die Kolosser und die Epheser, der zweite Brief an die Thessalonicher, der beiden Briefe an Timotheus und der an Titus.
Frage: Letztlich stehen dennoch alle Briefe im Neuen Testament und sind verbindlich und kanonisch, wer auch immer der Autor ist. Was haltet ihr von solchen Unterscheidungen der modernen Bibelkritik?
Die Verfasser dieser Briefe verstanden sich als Paulusschüler und wollten durchaus im Sinne des Paulus wirken. Deshalb nutzten sie, zum Teil Jahrzehnte nach dessen Tod, seinen Namen und seine Autorität, um theologische Traktate in Briefform zu verfassen. Sie standen auch nicht mehr in einem echten Dialog mit realen Gemeinden, sondern nutzten nur die literarische Form des Briefs. Einige dieser Lehrbriefe übernehmen die antike hierarchische Ordnung, in der der Vater über die Hausgemeinschaft herrscht, und legen christlichen Familien und Gemeinden nahe, sich diesen gesellschaftlichen Gepflogenheiten anzupassen, um nicht den Missmut der Römer auf sich zu ziehen (Eph 5,21-6,9; 1 Tim). Um das Risiko von Verfolgungen zu verringern waren einige dieser Paulusschüler dazu bereit, die Geschwisterlichkeit aller Gemeindemitglieder aufzugeben.
Frage: Ist denn die Vorherrschaft des Gatten und Vater nun ein Gebot Gottes oder nicht?
Ein zweiter Grund dürfte sein, dass die Briefe des Paulus in ihrer Sprache oft sehr männerzentriert klingen. Gerade in längeren Briefen spricht Paulus seine Adressatinnen und Adressaten immer wieder direkt an. Bis heute steht an diesen Stellen in den gängigen Übersetzungen die Anrede: "Brüder". Tatsächlich benutzt Paulus an diesen Stellen ein maskulines Pluralwort (adelphoi), das auf Deutsch sowohl "Brüder" als auch "Geschwister" bedeutet.
Frage: Wie weit soll oder darf man gehen in einer „geschlechtergerechten Sprache“ Ist nicht die ganze Bibel, ehrlich gesagt, sehr männer-zentriert?
Völlig unschuldig an seinem Ruf ist Paulus allerdings nicht. In 1 Kor 11 etwa ordnet er selbst die Frau dem Mann unter. Drei Kapitel später findet sich der anstößige Satz: "Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen" (1 Kor 14,34f). Der erste Korintherbrief ist Teil einer umfangreichen Diskussion, die Paulus mit der Gemeinde in Korinth führt. Sehr unterschiedliche Themen spricht er an, die alle in der Gemeinde aktuell sind (12-14). Ein Diskussionspunkt betrifft die Frage, was Männer und Frauen beachten müssen, wenn sie im Gottesdienst der Gemeinde vorbeten und prophetisch reden (1 Kor 11,2-16). Aus dem griechischen Text ist nicht sicher zu erschließen, ob es Paulus dabei um die Haartracht oder um die Kopfbedeckung von Frauen und Männern geht: Kritisiert er, dass die korinthischen Frauen beim Vorbeten und prophetischen Reden im Gottesdienst ebenso wie die Männer keine Kopfbedeckung trugen oder dass die korinthischen Frauen die Gleichheit aller in der Gemeinde so wörtlich nahmen, dass sie sich für Kurzhaarschnitte entschieden? In jedem Fall setzten die korinthischen Frauen und Männer mit ihrem Verhalten konsequent genau das Gleichheitsideal um, das Paulus in Gal 3,28 selbst formuliert hat: Sie machten keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Frage: Frauen sollen Schleier oder zumindest lange Haare tragen? Wie ist eure Meinung dazu?
Paulus dagegen hält offenbar traditionellen Vorstellungen über äußerlich sichtbare Unterschiede aufrecht. Er plädiert dafür, dass Männer und Frauen im Gottesdienst am Äußeren unterscheidbar sein sollen: Männer sollen ihr Haupt nicht bedecken, Frauen dagegen sollen es verhüllen. Die Argumente, die Paulus für seine Position vorbringt, bewegen sich auf sehr unterschiedlichen Ebenen. Mehrmals argumentiert er einfach nur mit Sitten und Bräuchen: "Das gehört sich so; das war immer schon so" (11, 13-16). Das sind keine sehr starken Argumente. Doch versucht er auch, seine Position theologisch zu untermauern. Zum einen stellt er eine Hierarchie zwischen den Geschlechtern quasi als gottgegeben dar, indem er auf Hierarchien zwischen Christus und den Menschen und zwischen Christus und Gott verweist: Christus ist das Haupt des Mannes, der Mann das Haupt der Frau, Gott das Haupt Christi (Vers 3). Zum zweiten greift er auf die beiden Schöpfungserzählungen im Buch Genesis zurück, die er miteinander vermischt. Die Aussage von der Gottebenbildlichkeit des Menschen bezieht er, statt auf beide Geschlechter wie in Gen 1,27, direkt nur auf den Mann: Der Mann sei "Abbild und Abglanz Gottes, die Frau aber Abglanz des Mannes" (V 7). Der Paradieserzählung (Gen 2,4-25) entnimmt er die Vorstellung, die Frau stamme vom Mann und sei erst als zweite und für den Mann aus seiner Seite geschaffen, ihm also untergeordnet.
Frage: Sind Frauen genauso wie Männer Ebenbilder Gottes oder ist der Mann „ein bisschen gottähnlicher“? Ich frag ja nur...
Dass seine theologischen Bemühungen nicht so recht überzeugen und in Spannung stehen zur Botschaft Jesu, merkte Paulus wohl selbst, denn in den Versen 12-13 nimmt er fast wieder zurück, was er vorher gesagt hatte: "Denn wie die Frau vom Mann stammt, so kommt der Mann durch die Frau zur Welt; alles aber stammt von Gott." Ob seine Argumentation die Gemeinde in Korinth überzeugte, ist leider nicht überliefert.
Frage: Jeder Mann hat eine Mutter. Stammt nun Eva von Adam ab oder der Mann von seiner Mutter? Wie löst ihr den Widerspruch?
Eines jedoch stellt Paulus auch in 1 Kor 11 überhaupt nicht in Frage: Dass Frauen im Gottesdienst selbstverständlich öffentlich vorbeten und prophetisch reden, also verkündigen. Die Teilhabe von Frauen an allen Charismen, religiösen Begabungen und göttlichen Gnadengaben, die er in den Kapiteln 12-14 bespricht, ebenso wie die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an der Gottesdienstgestaltung ist für Paulus selbstverständlich.
Frage: Frauen im Gottesdienst, Frauen mit den gleichen Charismen wie Männer, Frauen als Prophetinnen.,. Stimmt das mit unsern kirchlichen Erfahrungen überein?
EVANGELIKALE POSITION
Diese Auslegungen sind nicht unbedingt meine Position, aber es ist interessant, Paulus einmal NICHT feministisch zu kritisieren.
Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter...
Paulus macht sich mit seinem Rat für Ehefrauen ziemlich unbeliebt. Dabei gibt selbst mancher moderne Eheberater ähnliche Tipps.
Frage: Kann weibliche Unterordnung sinnvoll sein?
Es gibt Bibelstellen, für die braucht man als Frau blutdrucksenkende Mittel – zumindest, wenn sie sie zum ersten Mal liest. Ein Beispiel dafür ist Epheser 5: „Die Frauen seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde.“ Selbst die Bibel in gerechter Sprache, die ja nun ausdrücklich frauenfreundlich sein will, kommt hier nicht darum herum, den Frauen aufzutragen, dass sie sich den Männern unterwerfen sollen. Die Volxbibel gibt den Text unzweideutig so wieder: „Der Mann soll der Chef in der Ehe sein, auf die Art, wie Jesus der Chef seiner Gemeinde ist.“
Frage: Ist das für euch verheiratete Frauen ein Gebot Gottes, oder wie seht ihr das? Und ihr Männer, seid ihr die Häuptlinge?
Es gibt zwei grundlegende Möglichkeiten, solche Aussagen zu deuten: Man versteht sie ausschließlich im Zusammenhang mit den damaligen Gesellschaftsstrukturen. Diese haben sich geändert, also hat uns auch der Text nichts mehr zu sagen. Oder man geht davon aus, dass Gott hier grundsätzliche Aussagen über die Ehe macht, die unabhängig von der vorherrschenden Kultur und Epoche gelten – auch wenn sie jeweils unterschiedlich umgesetzt werden.
Frage:
Wie nun? Gottes ewiges Gebot oder nur zeitbedingt? Oder mag eine Frau gerne geführt und beschützt werden?
Ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden. Dementsprechend muss ich mich jetzt mit den Konsequenzen auseinandersetzen. Wobei das kein negatives Müssen mehr ist. Ich glaube zwischenzeitlich, dass Mann und Frau dann am besten miteinander klar kommen, wenn sie diese Regeln beherzigen. Eine Beziehung profitiert davon, wenn eine Frau sich ihrem Mann unterordnet und er entsprechend die Verantwortung übernimmt. Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass so etwas von der geistlich-spirituellen Dimension einer Ehe sichtbar wird.
Frage: Könnt ihr das akzeptieren, dass sich hier eine Schwester ihrem Mann freiwillig unterordnet?
Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, mich meinem Mann unterzuordnen – oder es zumindest zu versuchen. Was mir dabei am meisten hilft, sind erstaunlicherweise die Geschichten aus der Bibel, in denen das nicht geklappt hat. Manchmal lernt man am negativen Vorbild am besten, was man tun oder lassen sollte. Für mich wird an diesen gescheiterten Versuchen auch deutlich, dass Unterordnung nichts Kompliziertes ist. Oft geht es um Kleinigkeiten und die innere Einstellung dem Ehemann gegenüber. Und daran zu arbeiten lohnt sich immer – egal, ob man das explizit als Unterordnung oder einfach nur als respektvollen Umgang gegenüber seiner männlichen Hälfte bezeichnet.
Frage: Was wenn Männer und Frauen gleichermaßen regieren wollen, kommt es dann zum Konflikt? Oder ist eine Ehe ohne Führungspersönlichkeit genauso denkbar?
Beispiel Sara:
Sie hatte was aus ihrem Leben gemacht. Zusammen mit ihrem Mann war sie ausgewandert und reich geworden. Das einzige, was ihnen fehlte, war ein Kind. Ihr Mann war davon überzeugt, dass Gott ihnen noch einen Stammhalter schenken würde, aber sie zweifelte langsam daran. Ihre Geduld war zu Ende. Und da Sara die Dinge gern selbst in die Hand nahm, fing sie an, über Alternativen nachzudenken. Sie überredete ihren Mann, mit einer Dienerin ein Kind zu zeugen, das sie dann als ihr eigenes annehmen wollte. Das war damals durchaus so üblich und klappte auch ohne Probleme.
Doch nach einiger Zeit gibt es nur noch Streit zwischen den beiden Frauen. Sarah versucht in dem schwelenden Konflikt wieder, die Situation auf ihre Weise zu lösen. Noch einmal überredet sie Abraham dazu, die Initiative zu ergreifen und die Dienerin samt Sohn aus dem Haus zu werfen. Abraham steht zwischen den Fronten. Er entscheidet sich zwar zu Saras Gunsten, ist aber nicht glücklich über die ganze Geschichte.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Irgendetwas in Ihrer Ehe läuft nicht rund, also überlegen Sie sich einen Ausweg aus dem Dilemma. Ihr Mann ist von der Lösung nicht überzeugt, aber Sie setzen Ihren Kopf durch. Über kurz oder lang merken Sie aber, dass Ihr Mann unter der getroffenen Entscheidung leidet – ähnlich wie bei Sara und Abraham.
Ich nehme aus ihrer Geschichte mit, dass ich meinen Mann nicht zu Dingen drängen möchte, von denen er nicht überzeugt ist. Sonst habe ich zwar meinen Willen bekommen, meinen Mann aber in eine für ihn unangenehme Situation gebracht. Und wie ich mich kenne, bin ich dann auch nicht zufrieden mit der ganzen Sache.
Frage: Drängeln Frauen manchmal solange, bis sie ihren Willen bekommen?
Beispiel Michal:
Sie mochte kernige Mannsbilder! Was sie an ihrem Ehemann bewunderte, waren sein Mut und seine Entschlossenheit. Endlich mal ein Krieger, der es mit ihrem Vater und Bruder locker aufnehmen konnte. Er kam zwar nicht aus adeliger Familie, aber bei seinen militärischen Erfolgen würde ihr Vater einer Ehe sicherlich zustimmen. Das tut König Saul auch und so werden Michal und David ein Ehepaar. Später lernt die Prinzessin ihren Traummann jedoch von einer Seite kennen, die ihr überhaupt nicht gefällt. Der furchtlose Soldat liefert in Gegenwart des ganzen Volkes eine armselige, sentimental religiöse Vorstellung ab: Notdürftig gekleidet tanzt er vor der Bundeslade her, um zu zeigen, wie sehr er sich darüber freut, dass dieses Symbol der Gegenwart Gottes endlich in Jerusalem ist.
Als David nach der Feier nach Hause kommt, hat Michal nur Zynismus und Spott für ihn übrig. David lässt sich das nicht bieten. Er kontert und reibt ihr unter die Nase, dass Gott ihn als König Michals Vater vorgezogen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden an diesem Abend versöhnt miteinander ins Bett gegangen sind. Vermutlich war ihre Beziehung danach dauerhaft angeknackst.
Michals Verhalten ist mir eine Warnung. Wir Frauen wünschen uns, dass wir zu unserem Mann aufschauen und ein bisschen mit ihm angeben können. Wenn er sich dann nicht so verhält, wie wir oder die Konventionen es erwarten, versinken wir vor Scham im Boden. Im trauten Heim angekommen hagelt es dann entweder Vorwürfe oder wir schmollen. Besser wäre es, wenn wir unser Unbehagen zwar zum Ausdruck bringen würden, unserem Mann aber auch die Freiheit ließen, er selbst zu sein. Michal hat ihren Mann verloren, weil sie ihn nicht so angenommen hat, wie er war. Das möchte ich nicht riskieren.
Besser wäre es, wenn wir unser Unbehagen zwar zum Ausdruck bringen würden, unserem Mann aber auch die Freiheit ließen, er selbst zu sein. Michal hat ihren Mann verloren, weil sie ihn nicht so angenommen hat, wie er war.
Frage: Wollen Frauen auf ihre Männer stolz sein? Und was, wenn er mal schwach ist?
Beispiel Delila
Sie war wunderschön und raffiniert. Das kam den Anführern ihres Volkes gerade recht, um einen unliebsamen Ausländer loszuwerden. Sie setzten Delila auf Simson an. Der ist zwar in die Schöne verliebt, verrät ihr den Ursprung seiner Stärke aber nicht. Doch Delila lässt nicht locker.
Egal ob sie gemeinsam beim Mittagessen sitzen oder nachts gemütlich aneinander gekuschelt im Bett liegen, immer wieder nörgelt sie: Wenn Du mich wirklich lieben würdest, dann würdest Du mir Dein kleines Geheimnis verraten! Irgendwann kann Simson es nicht mehr hören und gibt nach. Delila spielt ihr neues Wissen gnadenlos gegen ihren Geliebten aus und so wird der starke Israelit noch in derselben Nacht von seinen Gegnern gefangen genommen.
Nun wären die wenigsten Frauen so eiskalt und würden ihren Mann verraten, nachdem er vertrauensvoll auf ihren Knien eingeschlafen ist. Aber dass sie ihn durch konstantes Nörgeln oder Schmeicheln in die Knie zwingt, ist ein Verhalten, das man durchaus in Ehen beobachten kann. Es kann ja auch ganz dezent sein: Eng an ihn geschmiegt, erschmeichelt sie während eines Schäferstündchens den ersehnten Kurzurlaub. Der passt ihm zwar nicht in den Kram, aber in so einen Moment wird Mann schon mal schwach. Dass sie ihn damit manipuliert, nimmt sie in Kauf. Für irgendetwas müssen seine Schwächen ja gut sein.
Doch was nützt der Wochenendtrip, wenn der Partner auf Distanz geht, weil er sich ausgenutzt fühlt? (Und glauben Sie mir, Männer haben ein feines Gespür für solche Sachen!) Was bringt dieser kleine Sieg, wenn sich das Paar durch ihre Nörgeleien voneinander entfremdet? Delila hat Simson seine Stärke genommen. Wenn wir unsere Männer dahin bringen, dass sie immer nach unserer Pfeife tanzen, tun wir das gleiche: Wir nehmen ihnen ein Stück ihrer männlichen Identität. Das möchte ich weder mir noch meinem Mann antun.
Wenn wir unsere Männer dahin bringen, dass sie immer nach unserer Pfeife tanzen, tun wir das gleiche: Wir nehmen ihnen ein Stück ihrer männlichen Identität. Das möchte ich weder mir noch meinem Mann antun.
Frage: Weinen Frauen, um ihren Willen zu bekommen? Oder schmollen sie und schweigen, um ihren Mann zu erpressen? Setzen sie ihre Erotik ein, um ihren Willen durchzusetzen?
Paulus als Spezialist für erfolgreiche Ehen:
Sarah, Michal und Delila haben sich ihren Männern in den beschriebenen Situationen nicht untergeordnet. Mit ihrer Ungeduld, ihrer Verachtung und ihrer Nörgelei haben sie ihren Männern, sich selbst und ihren Familien geschadet. Wie anders wären die Geschichten verlaufen, wenn sie sich an den Rat des Apostel Paulus gehalten hätten. Er fasst seine Anweisungen für die christliche Ehepaare in Epheser 5 so zusammen: „Deshalb sage ich noch einmal, dass jeder Ehemann seine Frau so lieben soll, wie er sich selbst liebt, und dass die Ehefrau ihren Mann achten und respektieren soll.“ (Epheser 5,33)
Unterordnung besteht also nicht aus großen Opfern oder daraus, dass mein Mann Entscheidungen trifft und ich sie ohne Widerrede akzeptieren muss. Es geht vielmehr um die Einstellung, die ich ihm gegenüber habe. Diese spiegelt sich dann wiederum in kleinen Gesten oder Äußerungen, die einem Außenstehenden kaum auffallen. Trotzdem haben sie immense Auswirkungen: Das Zusammenleben wird harmonischer und der Ehemann fühlt sich in seiner Identität als Mann ernst genommen. Im Idealfall hat das zur Auswirkung, dass er auch auf meine Wünschen und Bedürfnisse als Frau besser eingehen kann.
Überraschenderweise bekommt Paulus mit seinem Rat heute sogar Unterstützung von modernen Paarberatern. Bestsellerautor John Gray schreibt: „Männer sehnen sich in erster Linie nach Anerkennung. Ohne Anerkennung ist alles, was die Partnerin für ihn tut, ohne Bedeutung. Es kommt darauf an, wie sie auf ihn reagiert oder was sie ihm für Gefühle entgegenbringt.“ Danach nennt er folgende Dinge, mit denen eine Frau ihrem Mann zeigen kann, dass sie ihn anerkennt:
Sie bittet ihn um seine Hilfe, ohne Druck auf ihn auszuüben.
Zu besonderen Gelegenheiten übersieht sie seine Fehler, die sie normalerweise aufregen.
Sie teilt ihm negative Gefühle mit, aber auf eine konzentrierte Art, ohne ihm Vorwürfe zu machen.
Für mich klingen diese Tipps sehr nach einem Verhalten, das von Achtung und Respekt geprägt ist…
Frage: Die Fraue erweise dem Mann Ehre und Respekt - - bedeutet das, dass sie sich unterordnen soll?
SCHLUSS:
Seid ihr nun genauso verwirrt wie ich? Aber ich hoffe, ihr hattet eine angeregte Dismussion.