ÜBER DIE WEITERGABE DES LEBENS

TORSTEN SCHWANKE 




Die Weitergabe des Lebens


Die überaus ernste Aufgabe, 

Menschliches Leben weiterzugeben, 

Durch die die Gatten freie 

Und bewusste Mitarbeiter des Schöpfers sind, 


Erfüllt sie immer mit großer Freude; 

Doch ist die Freude vielfach 

Mit nicht geringen Schwierigkeiten 

Und Bedrängnissen verbunden. 


Zu allen Zeiten stellte die Erfüllung 

Dieser Aufgabe das Gewissen der Gatten 

Vor schwere Probleme. 

Die jüngste Entwicklung jedoch, 


Die die menschliche Gesellschaft nimmt, 

Bringt derartige Veränderungen mit sich, 

Dass sich neue Fragen erheben, 

Denen die Kirche sich stellen muss, 


Weil sie aufs engste mit menschlichem Leben 

und Glück zusammenhängen.

Möge Maria, die Mutter der Weisheit,

Unser frommes Lied inspirieren.



Zuständigkeit des Apostolischen Lehramtes


Die Veränderungen sind wirklich bedeutsam 

Und verschiedenartig. 

Zunächst handelt es sich 

Um die rasche Bevölkerungszunahme: 


Viele fürchten, dass die Weltbevölkerung 

Schneller zunimmt, als die zur Verfügung 

Stehende Nahrung erlaubt. 

Dadurch wächst die Not in vielen Familien 


Und in den Entwicklungsländern. 

Das kann staatliche Regierungen 

Leicht dazu drängen, diese Gefahr 

Mit radikalen Maßnahmen zu bekämpfen. 


Dazu erschweren nicht nur Arbeits- 

Und Wohnverhältnisse, sondern 

Auch gesteigerte Ansprüche 

Wirtschaftlicher Art und im Hinblick 


Auf die Erziehung und den Unterricht 

Der Jugend den angemessenen Unterhalt 

Einer größeren Zahl von Kindern. 

Wir erleben auch einen gewissen Wandel 


In der Auffassung von der Persönlichkeit 

Der Frau und ihrer Aufgabe 

In der menschlichen Gesellschaft; 

Ebenso in der Auffassung 


Vom Wert der Gattenliebe in der Ehe 

Und in der Beurteilung des ehelichen Verkehrs 

Im Hinblick auf diese Liebe. 

Schließlich ist vor allem 


Der staunenswerte Fortschritt des Menschen 

In der Beherrschung der Naturkräfte 

Und deren rationaler Auswertung 

In Betracht zu ziehen. 


Diese Herrschaft sucht nun der Mensch 

Auf sein ganzes Leben auszudehnen: 

Auf seinen Körper, seine seelischen Kräfte, 

Auf das soziale Leben und selbst 


Auf die Gesetze, die die Weitergabe 

Des menschlichen Lebens regeln.

Diese Sachlage wirft neue Fragen auf. 

Wäre es nicht angebracht, 


Angesichts der gegenwärtigen Lebensverhältnisse 

Und der Bedeutung, die der eheliche Verkehr 

Für die Harmonie und gegenseitige Treue 

Der Gatten hat, die heute geltenden 


Sittlichen Normen zu überprüfen? 

Zumal, wenn man erwägt, 

Dass diese unter Umständen 

Nur unter heroischen Opfern 


Befolgt werden können? 

Könnte nicht das sogenannte Ganzheitsprinzip 

Auf diesen Bereich angewandt werden 

Und damit die Planung einer weniger großen, 


Aber vernünftig geregelten Fruchtbarkeit 

Einen physisch unfruchtbar machenden Akt 

In eine erlaubte und vorausschauende 

Geburtenlenkung verwandeln? 


Kann man nicht die Meinung vertreten, 

Dass das Ziel des Dienstes an der Fortpflanzung 

Mehr dem Eheleben als Ganzen aufgegeben sei 

Als jedem einzelnen Akt? 


Man stellt auch die Frage, ob 

Bei dem gesteigerten Verantwortungsbewusstsein 

Des heutigen Menschen nicht 

Die Zeit gekommen sei, wo die Weitergabe 


Des Lebens mehr von Vernunft 

Und freier Entscheidung bestimmt werden sollte 

Als von gewissen biologischen Regelmäßigkeiten.

Zweifellos forderten solche Fragen 


Vom kirchlichen Lehramt eine neue 

Und vertiefte Überlegung 

Über die Prinzipien der Ehemoral, 

Die ihre Grundlage im natürlichen 


Sittengesetz haben, das durch 

Die göttliche Offenbarung erhellt 

Und bereichert wird. 

Kein gläubiger Christ wird bestreiten, 


Dass die Auslegung des natürlichen 

Sittengesetzes zur Aufgabe 

Des kirchlichen Lehramtes gehört. 

Denn zweifellos hat - 


Wie Unsere Vorgänger wiederholt 

Ausgesprochen haben - 

Christus Jesus, als er dem Petrus 

Und den übrigen Aposteln 


An seiner göttlichen Gewalt Anteil gab 

Und sie aussandte, alle Völker zu lehren, 

Was er uns geboten hat, 

Sie zu zuverlässigen Wächtern 


Und Auslegern des ganzen Sittengesetzes bestellt, 

Das heißt nicht nur des evangelischen, 

Sondern auch des natürlichen Sittengesetzes. 

Denn auch das natürliche Sittengesetz 


Bringt den Willen Gottes zum Ausdruck, 

Und dessen treue Befolgung 

Ist ja allen Menschen 

Zum ewigen Heil notwendig. 


In Erfüllung dieses Auftrags 

Hat sich die Kirche zu allen Zeiten, 

Besonders oft in letzter Zeit 

Über die Natur der Ehe, 


Über die sittlich geordnete Inanspruchnahme 

Der ehelichen Rechte und die Pflichten 

Der Eheleute in übereinstimmenden 

Dokumenten geäußert.


Im Bewusstsein dieser gleichen Aufgabe 

Haben Wir den von Unserm Vorgänger 

Johannes XXIII. im März 1963 

Eingesetzten Ausschuss bestätigt und erweitert. 


Ihm gehörten außer vielen Gelehrten 

Aus den betreffenden Fachgebieten 

Auch Ehepaare an. Dieser Ausschuss 

Sollte Gutachten einholen über die Fragen, 


Die das eheliche Leben 

Und vor allem die sittlich geordnete 

Geburtenregelung aufwirft; 

Er sollte darüber hinaus die Ergebnisse 


Seiner Studien so vorlegen, 

Dass das kirchliche Lehramt eine 

Den Erwartungen nicht nur der Gläubigen, 

Sondern auch der übrigen Welt 


Entsprechende Antwort geben könnte. 

Das Forschungsergebnis der Sachkundigen 

Und die Gutachten vieler Unserer Brüder 


Im Bischofsamt, die sie teils 

Aus eigenem Antrieb einsandten, 

Die teils von Uns erbeten waren, 

Erlaubten Uns, dieses vielseitige Problem 


Von allen Seiten aus sorgfältiger zu bedenken. 

Deshalb sagen Wir allen von Herzen Dank.

Die Folgerungen jedoch, 

Zu denen der Ausschuss gelangt war, 


Konnten für Uns kein sicheres 

Und endgültiges Urteil darstellen, 

Das Uns der Pflicht enthoben hätte, 

Ein so bedeutsames Problem 


Zum Gegenstand Unserer persönlichen 

Erwägung zu machen. 

Das war auch deshalb notwendig, 

Weil es in der Vollversammlung 


Des Ausschusses nicht 

Zu einer vollen Übereinstimmung 

Der Auffassungen über die vorzulegenden 

Sittlichen Normen gekommen war; 


Und vor allem, weil einige Lösungsvorschläge 

Auftauchten, die von der Ehemoral, 

Wie sie vom kirchlichen Lehramt 

Bestimmt und beständig vorgelegt wurde, 


Abwichen. Daher wollen Wir nun 

Nach genauer Prüfung 

Der Uns zugesandten Akten, 

Nach reiflicher Überlegung, 


Nach inständigem Gebet zu Gott, 

In kraft des von Christus Uns übertragenen 

Auftrags auf diese schwerwiegenden 

Fragen Unsere Antwort geben.



Gesamtschau des Menschen


Die Frage der Weitergabe 

Menschlichen Lebens darf - 

Wie jede andere Frage, 

Die das menschliche Leben angeht - 


Nicht nur unter biologischen, psychologischen, 

Demographischen, soziologischen 

Gesichtspunkten gesehen werden; 

Man muss vielmehr den ganzen Menschen 


Im Auge behalten, die gesamte Aufgabe, 

Zu der er berufen ist; 

Nicht nur seine natürliche 

Und irdische Existenz, 


Sondern auch seine übernatürliche 

Und ewige. Da nun viele, 

Die sich für künstliche Geburtenregelung 

Einsetzen, sich dabei auf die Forderungen 


Der ehelichen Liebe 

Und der verantwortlichen Elternschaft 

Berufen, ist es nötig, diese beiden 

Bedeutsamen Elemente des ehelichen Lebens 


Genauer zu bestimmen und zu beleuchten. 

Dabei wollen Wir vor allem zurückgreifen 

Auf die Pastoralkonstitution "Gaudium et spes", 


In der sich jüngst das Zweite Vatikanische 

Konzil mit sehr hoher Autorität dazu geäußert hat.

Es ist dies die Lehre der Heiligen Schrift,

Wie sie ausgelegt wird vom wahren Lehramt.



Die eheliche Liebe


Die eheliche Liebe zeigt sich uns 

In ihrem wahren Wesen und Adel, 

Wenn wir sie von ihrem Quellgrund her sehen; 

Von Gott, der Liebe ist, 


Von ihm, dem Vater, nach dem 

Alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden 

Ihren Namen trägt. Weit davon entfernt, 

Das bloße Produkt des Zufalls 


Oder Ergebnis des blinden Ablaufs 

Von Naturkräften zu sein, 

Ist die Ehe in Wirklichkeit 

Vom Schöpfergott in weiser Voraussicht 


So eingerichtet, dass sie in den Menschen 

Seinen Liebesplan verwirklicht. 

Darum streben Mann und Frau 

Durch ihre gegenseitige Hingabe, 


Die ihnen in der Ehe eigen 

Und ausschließlich ist, 

Nach jener personalen Gemeinschaft, 

In der sie sich gegenseitig vollenden, 


Um mit Gott zusammenzuwirken 

Bei der Erweckung und Erziehung 

Neuen menschlichen Lebens. 

Darüber hinaus hat für die Getauften 


Die Ehe die hohe Würde 

Eines sakramentalen Gnadenzeichens, 

Und bringt darin die Verbundenheit Christi 

Mit seiner Kirche zum Ausdruck.



Eigenart der ehelichen Liebe


In diesem Licht wird die besondere Eigenart 

Und Forderung der ehelichen Liebe deutlich. 

Es kommt sehr darauf an, 

Dass man davon die rechte Vorstellung hat. 


An erster Stelle müssen wir sie 

Als voll menschliche Liebe sehen; 

Das heißt als sinnenhaft und geistig zugleich. 

Sie entspringt darum nicht nur Trieb und Leidenschaft, 


Sondern auch und vor allem einem Entscheid 

Des freien Willens, der darauf hindrängt, 

In Freud und Leid des Alltags durchzuhalten, 

Ja dadurch stärker zu werden: 


So werden dann die Gatten 

Ein Herz und eine Seele 

Und kommen gemeinsam 

Zu ihrer menschlichen Vollendung. 


Weiterhin ist es Liebe, 

Die aufs Ganze geht; jene besondere Form 

Personaler Freundschaft, in der die Gatten 

Alles großherzig miteinander teilen, 


Weder unberechtigte Vorbehalte machen 

Noch ihren eigenen Vorteil suchen. 

Wer seinen Gatten wirklich liebt, 

Liebt ihn um seiner selbst willen, 


Nicht nur wegen dessen, 

Was er von ihm empfängt. 

Und es ist seine Freude, 

Dass er durch seine Ganzhingabe bereichern darf. 


Die Liebe der Gatten ist zudem treu 

Und ausschließlich bis zum Ende des Lebens; 

So wie sie Braut und Bräutigam 

An jenem Tag verstanden, 


Da sie sich frei und klar bewusst 

Durch das gegenseitige eheliche Jawort 

Aneinander gebunden haben. 

Niemand kann behaupten, dass die Treue der Gatten - 


Mag sie auch bisweilen schwer werden - 

Unmöglich sei. Im Gegenteil. 

Zu allen Zeiten hatte sie ihren Adel 

Und reiche Verdienste. 


Beispiele sehr vieler Ehepaare 

Im Lauf der Jahrhunderte 

Sind der Beweis dafür: Treue 

Entspricht nicht nur dem Wesen der Ehe, 


Sie ist darüber hinaus eine Quelle 

Innigen, dauernden Glücks. 

Diese Liebe ist schließlich fruchtbar, 

Da sie nicht ganz in der ehelichen Vereinigung 


Aufgeht, sondern darüber hinaus 

Fortzudauern strebt und neues Leben 

Wecken will. Ehe und eheliche Liebe 

Sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung 


Und Erziehung von Nachkommenschaft 

Ausgerichtet. Kinder sind gewiss 

Die vorzüglichste Gabe für die Ehe 

Und tragen zum Wohl der Eltern bei.



Verantwortliche Elternschaft


Deshalb fordert die Liebe von den Ehegatten, 

Dass sie ihre Aufgabe verantwortlicher 

Elternschaft richtig erkennen. 

Diese Aufgabe, auf die man heute 


Mit gutem Recht ganz besonderen Wert legt, 

Muss darum richtig verstanden werden. 

Sie muss aber unter verschiedenen 


Berechtigten, miteinander zusammenhängenden 

Gesichtspunkten betrachtet werden. 

Was zunächst die biologischen Vorgänge angeht, 

Bedeutet verantwortungsbewusste Elternschaft 


Die Kenntnis und die Beachtung 

Der mit ihnen zusammenhängenden Funktionen. 

So vermag der Mensch in seinen 

Fortpflanzungskräften die biologischen 


Gesetze zu entdecken, 

Die zur menschlichen Person gehören. 

Was dann psychologisch Trieb 

Und Leidenschaft betrifft, 


So meint verantwortungsbewusste Elternschaft 

Ihre erforderliche Beherrschung 

Durch Vernunft und Willen. 

Im Hinblick schließlich auf die gesundheitliche, 


Wirtschaftliche, seelische und soziale 

Situation bedeutet verantwortungsbewusste 

Elternschaft, dass man entweder, 

Nach klug abwägender Überlegung, 


Sich hochherzig zu einem größeren 

Kinderreichtum entschließt, 

Oder bei ernsten Gründen 

Und unter Beobachtung des Sittengesetzes 


Zur Entscheidung kommt, zeitweise 

Oder dauernd auf weitere Kinder zu verzichten. 

Endlich und vor allem 

Hat verantwortungsbewusste Elternschaft 


Einen inneren Bezug zur sogenannten 

Objektiven sittlichen Ordnung, 

Die auf Gott zurückzuführen ist, 

Und deren Deuterin das Gewissen ist. 


Die Aufgabe verantwortungsbewusster 

Elternschaft verlangt von den Gatten, 

Dass sie in Wahrung der rechten Güter- 

Und Wertordnung ihre Pflichten 


Gegenüber Gott, sich selbst, 

Gegenüber ihrer Familie 

Und der menschlichen Gesellschaft anerkennen. 

Daraus folgt, dass sie bei der Aufgabe, 


Das Leben weiterzugeben, 

Keineswegs ihrer Willkür folgen dürfen, 

Gleichsam als hinge die Bestimmung 

Der sittlich gangbaren Wege 


Von ihrem eigenen und freien Ermessen ab. 

Sie sind vielmehr verpflichtet, ihr Verhalten 

Auf den göttlichen Schöpfungsplan auszurichten, 

Der einerseits im Wesen der Ehe selbst 


Und ihrer Akte zum Ausdruck kommt, 

Den anderseits die beständige Lehre 

Der heiligen Kirche kundtut,

Der einzig wahren Braut Jesu.



Achtung vor Wesen und Ziel des ehelichen Aktes


Jene Akte, die eine intime 

Und keusche Vereinigung 

Der Gatten darstellen und die 

Das menschliche Leben weitertragen, 


Sind, wie das letzte Konzil betont hat, 

zu achten und zu ehren; 

Sie bleiben auch sittlich erlaubt 

Bei vorauszusehender Unfruchtbarkeit, 


Wenn deren Ursache keineswegs 

Im Willen der Gatten liegt; 

Denn die Bestimmung dieser Akte, 

Die Verbundenheit der Gatten 


Zum Ausdruck zu bringen 

Und zu bestärken, bleibt bestehen. 

Wie die Erfahrung lehrt, geht tatsächlich 

Nicht aus jedem ehelichen Verkehr 


Neues Leben hervor. Gott hat ja 

Die natürlichen Gesetze und Zeiten 

Der Fruchtbarkeit in seiner Weisheit 

So gefügt, dass diese schon von selbst 


Abstände in der Aufeinanderfolge 

Der Geburten schaffen. 

Indem die Kirche die Menschen 

Zur Beobachtung des von ihr 


In beständiger Lehre ausgelegten 

Natürlichen Sittengesetzes anhält, 

Lehrt sie nun, dass jeder eheliche Akt 

auf die Erzeugung von Leben geordnet bleibt.



Untrennbarkeit von liebender Vereinigung und Fortpflanzung


Diese vom kirchlichen Lehramt 

Oft dargelegte Lehre gründet 

In einer von Gott bestimmten 

Unlösbaren Verknüpfung 


Der beiden Sinngehalte - liebende Vereinigung 

Und Fortpflanzung - die beide 

Dem ehelichen Akt innewohnen. 

Diese Verknüpfung darf der Mensch 


Nicht eigenmächtig auflösen. 

Seiner innersten Struktur nach befähigt 

Der eheliche Akt, indem er den Gatten 

Und die Gattin aufs engste miteinander vereint, 


Zugleich zur Zeugung neuen Lebens, 

Entsprechend den Gesetzen, 

Die in die Natur des Mannes 

Und der Frau eingeschrieben sind. 


Wenn die beiden wesentlichen Gesichtspunkte 

Der liebenden Vereinigung 

Und der Fortpflanzung beachtet werden, 

Behält der Verkehr in der Ehe 


Voll und ganz den Sinngehalt 

Gegenseitiger und wahrer Liebe, 

Und seine Hinordnung auf die erhabene 

Aufgabe der Elternschaft, 


Zu der der Mensch berufen ist. 

Unserer Meinung nach sind die Menschen 

Unserer Zeit durchaus imstande, 

Die Vernunft dieser Lehre zu erfassen.



Treue zum Schöpfungsplan Gottes


Man weist ja mit Recht darauf hin, 

Dass ein dem Partner aufgenötigter Verkehr, 

Der weder auf sein Befinden 

Noch auf seine berechtigten Wünsche 


Rücksicht nimmt, kein wahrer Akt 

Der Liebe ist, dass solche Handlungsweise 

Vielmehr dem widerspricht, was mit Recht 

Die sittliche Ordnung für das Verhältnis 


Der beiden Gatten zueinander verlangt. 

Ebenso muss man dann auch, wenn man 

Darüber nachdenkt, zugeben: Ein Akt 

Gegenseitiger Liebe widerspricht 


Dem göttlichen Plan, nach dem 

Die Ehe entworfen ist, und dem Willen 

Des ersten Urhebers menschlichen Lebens, 

Wenn er der vom Schöpfergott 


In ihn nach besonderen Gesetzen 

Hineingelegten Eignung, zur Erweckung 

Neuen Lebens beizutragen, abträglich ist. 

Wenn jemand daher einerseits Gottes Gabe genießt 


Und anderseits - wenn auch nur teilweise - 

Sinn und Ziel dieser Gabe ausschließt, 

Handelt er somit im Widerspruch zur Natur 

Des Mannes und der Frau 


Und deren inniger Verbundenheit; 

Er stellt sich damit gegen Gottes Plan 

Und heiligen Willen. Wer das Geschenk 

Ehelicher Liebe genießt und sich dabei 

An die Zeugungsgesetze hält, 


Der verhält sich nicht, als wäre er Herr 

Über die Quellen des Lebens, 

Sondern er stellt sich vielmehr in den Dienst 

Des auf den Schöpfer zurückgehenden Planes. 


Wie nämlich der Mensch ganz allgemein 

Keine unbeschränkte Verfügungsmacht 

Über seinen Körper hat, so im besonderen 

Auch nicht über die Zeugungskräfte als solche, 


Sind doch diese ihrer innersten Natur nach 

Auf die Erweckung menschlichen Lebens angelegt, 

Dessen Ursprung Gott ist. 

Das menschliche Leben muss allen 


Etwas Heiliges sein, mahnt Johannes XXIII., 

Denn es verlangt von seinem ersten Aufkeimen an 

Das schöpferische Eingreifen Gottes.

Gott ist der Dritte im Liebesakt.



Unerlaubte Wege der Geburtenregelung


Gemäß diesen fundamentalen Grundsätzen 

Menschlicher und christlicher Eheauffassung 

Müssen Wir noch einmal öffentlich erklären: 

Der direkte Abbruch einer begonnenen Zeugung, 


Vor allem die direkte Abtreibung - 

Auch wenn zu Heilzwecken vorgenommen - 

Sind kein rechtmäßiger Weg, 

Die Zahl der Kinder zu beschränken, 


Und daher absolut zu verwerfen. 

Gleicherweise muss, wie das kirchliche Lehramt 

Des öfteren dargetan hat, die direkte, 

Dauernde oder zeitlich begrenzte Sterilisierung 


Des Mannes oder der Frau verurteilt werden. 

Ebenso ist jede Handlung verwerflich, 

Die entweder in Voraussicht 

Oder während des Vollzugs 


Des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn 

Beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen 

Darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, 

Sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel. 


Man darf, um diese absichtlich unfruchtbar 

Gemachten ehelichen Akte zu rechtfertigen, 

Nicht als Argument geltend machen, 

Man müsse das Übel wählen, 


Das als das weniger schwere erscheine; 

Auch nicht, dass solche Akte 

Eine gewisse Einheit darstellen mit früheren 

Oder nachfolgenden fruchtbaren Akten 


Und deshalb an ihrer einen 

Und gleichen Gutheit teilhaben. 

Wenn es auch zuweilen erlaubt ist, 

Das kleinere sittliche Übel zu dulden, 

Um ein größeres zu verhindern 


Oder um etwas sittlich Höherwertiges zu fördern, 

So ist es dennoch niemals erlaubt - 

Auch aus noch so ernsten Gründen nicht - 

Böses zu tun um eines guten Zweckes willen; 


Das heißt etwas zu wollen, was seiner Natur nach 

Die sittliche Ordnung verletzt 

Und deshalb als des Menschen unwürdig gelten muss; 

Das gilt auch, wenn dies mit der Absicht geschieht, 


Das Wohl des einzelnen, der Familie 

Oder der menschlichen Gesellschaft 

Zu schützen oder zu fördern. 

Völlig irrig ist deshalb die Meinung, 


Ein absichtlich unfruchtbar gemachter 

Und damit in sich unsittlicher ehelicher Akt 

Könne durch die fruchtbaren ehelichen Akte 

Des gesamt-ehelichen Lebens gerechtfertigt werden.



Erlaubtheit therapeutischer Mittel


Die Kirche hält aber jene therapeutischen 

Maßnahmen, die zur Heilung 

Körperlicher Krankheiten notwendig sind, 

Nicht für unerlaubt, auch wenn daraus 


Aller Voraussicht nach 

Eine Zeugungsverhinderung eintritt. 

Voraussetzung dabei ist, dass diese Verhinderung 

Nicht aus irgendeinem Grund direkt angestrebt wird.



Erlaubte Inanspruchnahme unfruchtbarer Perioden


Allein dieser Lehre der Kirche 

Über die Gestaltung der ehelichen Sittlichkeit 

Halten einige heute entgegen, 

Wie schon oben erwähnt, es sei Recht 


Und Aufgabe der menschlichen Vernunft, 

Die ihr von der Naturwelt dargebotenen Kräfte 

Zu steuern und auf Ziele auszurichten, 

Die dem Wohl des Menschen entsprechen. 


Ja, man fragt: Ist nicht in diesem Zusammenhang 

In vielen Situationen künstliche 

Geburtenregelung vernünftiger, 

Wenn man nämlich damit mehr Frieden 


Und Eintracht in der Familie erreichen 

Und für die Erziehung schon lebender Kinder 

Bessere Bedingungen schaffen kann? 

Auf diese Frage ist entschieden zu antworten: 


Die Kirche ist die erste, die den Einsatz 

Der menschlichen Vernunft anerkennt und empfiehlt, 

Wenn es um ein Werk geht, das den 

Vernunftbegabten Menschen so eng 


Mit seinem Schöpfer verbindet; 

Aber ebenso betont sie, dass man sich dabei 

An die von Gott gesetzte Ordnung halten muss. 

Wenn also gerechte Gründe dafür sprechen, 


Abstände einzuhalten in der Reihenfolge 

Der Geburten - Gründe, die sich 

Aus der körperlichen oder seelischen 

Situation der Gatten 


Oder aus äußeren Verhältnissen ergeben - 

Ist es nach kirchlicher Lehre den Gatten erlaubt, 

Dem natürlichen Zyklus der Zeugungsfunktionen 

Zu folgen, dabei den ehelichen Verkehr 


Auf die Empfängnis-freien Zeiten zu beschränken 

Und die Kinderzahl so zu planen, 

Dass die oben dargelegten sittlichen Grundsätze 

Nicht verletzt werden. Die Kirche bleibt sich 


Und ihrer Lehre treu, wenn sie einerseits 

Die Berücksichtigung der Empfängnis-freien Zeiten 

Durch die Gatten für erlaubt hält, 

Andererseits den Gebrauch direkt 


Empfängnisverhütender Mittel als immer 

Unerlaubt verwirft, auch wenn für diese andere Praxis 

Immer wieder ehrbare und schwerwiegende 

Gründe angeführt werden. Tatsächlich 


Handelt es sich um zwei ganz unterschiedliche 

Verhaltensweisen: bei der ersten 

Machen die Eheleute von einer naturgegebenen 

Möglichkeit rechtmäßig Gebrauch; 


Bei der anderen dagegen hindern sie 

Den Zeugungsvorgang bei seinem natürlichen Ablauf. 

Zweifellos sind in beiden Fällen die Gatten sich einig, 

Dass sie aus guten Gründen Kinder vermeiden wollen, 


Und dabei möchten sie auch sicher sein. 

Jedoch ist zu bemerken, dass nur im ersten Fall 

Die Gatten sich in fruchtbaren Zeiten 

Des ehelichen Verkehrs enthalten können, 


Wenn aus berechtigten Gründen 

Keine weiteren Kinder mehr wünschenswert sind. 

In den Empfängnis-freien Zeiten aber vollziehen sie 

Dann den ehelichen Verkehr zur Bezeugung 


Der gegenseitigen Liebe und zur Wahrung 

Der versprochenen Treue. 

Wenn die Eheleute sich so verhalten, 

Geben sie ein Zeugnis der rechten Liebe.



Ernste Folgen der Methoden einer künstlichen Geburtenregelung


Verständige Menschen können sich noch besser 

Von der Wahrheit der kirchlichen Lehre überzeugen, 

Wenn sie ihr Augenmerk auf die Folgen 

Der Methoden der künstlichen 


Geburtenregelung richten. Man sollte vor allem 

Bedenken, wie bei solcher Handlungsweise 

Sich ein breiter und leichter Weg einerseits 

Zur ehelichen Untreue, anderseits 


Zur allgemeinen Aufweichung 

Der sittlichen Zucht auftun könnte. 

Man braucht nicht viel Erfahrung, um zu wissen, 

Wie schwach der Mensch ist, 


Und um zu begreifen, daß der Mensch - 

Besonders der Jugendliche, 

Der gegenüber seiner Triebwelt 

So verwundbar ist - anspornender Hilfe bedarf, 


Um das Sittengesetz zu beobachten, 

Und dass es unverantwortlich wäre, 

Wenn man ihm die Verletzung des Gesetzes 

Selbst erleichterte. Auch muß man wohl befürchten: 


Männer, die sich an empfängnisverhütende 

Mittel gewöhnt haben, könnten die Ehrfurcht 

Vor der Frau verlieren, und, 

Ohne auf ihr körperliches Wohl 


Und seelisches Gleichgewicht 

Rücksicht zu nehmen, sie zum bloßen Werkzeug 

Ihrer Triebbefriedigung erniedrigen 

Und nicht mehr als Partnerin ansehen, 


Der man Achtung und Liebe schuldet. 

Schließlich ist sehr zu bedenken, 

Welch gefährliche Macht man auf diese Weise 

Jenen staatlichen Behörden in die Hand gäbe, 


Die sich über sittliche Grundsätze hinwegsetzen. 

Wer könnte es Staatsregierungen verwehren, 

Zur Überwindung der Schwierigkeiten 

Ihrer Nationen für sich in Anspruch zu nehmen, 


Was man Ehegatten als erlaubte Lösung 

Ihrer Familienprobleme zugesteht? 

Wer könnte Regierungen hindern, 

Empfängnisverhütende Methoden zu fördern, 


Die ihnen am wirksamsten zu sein scheinen, 

Ja sogar ihre Anwendung allgemein vorzuschreiben, 

Wo immer es ihnen notwendig erscheint? 

Auf diese Weise könnte es geschehen, 


Dass man, um Schwierigkeiten persönlicher, 

Familiärer oder sozialer Art, 

Die sich aus der Befolgung des göttlichen 

Gesetzes ergeben, zu vermeiden, 


Es dem Ermessen staatlicher Behörden zugestände, 

Sich in die ganz persönliche und intime 

Aufgabe der Eheleute einzumischen. 

Will man nicht den Dienst an der Weitergabe 


Des Lebens menschlicher Willkür überlassen, 

Dann muss man für die Verfügungsmacht 

Des Menschen über den eigenen Körper 

Und seine natürlichen Funktionen 


Unüberschreitbare Grenzen anerkennen, 

Die von niemand, sei es Privatperson 

Oder öffentliche Autorität, verletzt werden dürfen. 

Diese Grenzen bestimmen sich einzig 


Aus der Ehrfurcht, die dem menschlichen Leibe 

In seiner Ganzheit und seinen natürlichen 

Funktionen geschuldet wird: und zwar 

Entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen 


Und dem recht verstandenen sogenannten 

Ganzheitsprinzip, so wie es Unser Vorgänger 

Pius XII. erläutert hat. Diesem Engelgleichen

Hirten im Himmel folgen auch Wir getreu.



Die Kirche als Garant der wahren Werte des Menschen


Es ist vorauszusehen, daß vielleicht nicht alle 

Diese überkommene Lehre 

Ohne weiteres annehmen werden; 

Es werden sich, verstärkt durch die modernen


Kommunikationsmittel, zu viele Gegenstimmen 

Gegen das Wort der Kirche erheben. 

Die Kirche aber, die es nicht überrascht, 

Dass sie ebenso wie ihr göttlicher Stifter 


Gesetzt ist zum Zeichen, 

Dem widersprochen wird, 

Steht dennoch zu ihrem Auftrag, 

Das gesamte Sittengesetz, 


Das natürliche und evangelische, 

Demütig, aber auch fest zu verkünden. 

Die Kirche ist ja nicht Urheberin 

Dieser beiden Gesetze; 


Sie kann deshalb darüber nicht 

Nach eigenem Ermessen entscheiden, 

Sondern nur Wächterin und Auslegerin sein; 

Niemals darf sie etwas für erlaubt erklären, 


Was in Wirklichkeit unerlaubt ist, 

Weil das seiner Natur nach 

Dem wahren Wohl des Menschen widerspricht. 

Indem sie das eheliche Sittengesetz 


Unverkürzt wahrt, weiß die Kirche sehr wohl, 

Dass sie zum Aufbau echter menschlicher 

Kultur beiträgt; darüber hinaus spornt sie 

Den Menschen an, sich nicht seiner Verantwortung 


Dadurch zu entziehen, dass er sich 

Auf technische Mittel verlässt; 

Damit sichert sie die Würde der Eheleute. 

Indem die Kirche so dem Beispiel 


Und der Lehre unseres göttlichen Erlösers 

Getreu vorgeht, zeigt sie, 

Dass ihre aufrichtige und uneigennützige Liebe 

Den Menschen begleitet: 


Sie will ihm helfen in dieser Welt, 

Dass er wirklich als Kind am Leben 

Des lebendigen Gottes teilhat, 

Der aller Menschen lieber Vater ist.