KANDAKE KÖNIGIN VON KUSCH


VON TORSTEN SCHWANKE


Nah bei Arsinoë, wo das Rote Meer seine Wellen

Schickt in den Golf von Arabien, liegt eine Stadt,

Cleopatris geheißen von manchen, von anderen anders,

Dort zieht ein Kanal, durch die Bitteren Seen fließend,

Seinen Lauf, einst bitter, doch wandelte sich ihr Wesen,

Als die Ströme des Nils durch die Gräben geführt wurden,

Reich an Fischen sind sie nun, erfüllt von Vögeln des Wassers.

Diesen Kanal begann Sesostris vor Trojas Gefallen,

Manche berichten jedoch, er sei Psammetichs Sohn

Anvertraut gewesen, der ihn begann und dann verschied.

Später wagte Dareios, der Erste, die nächste Etappe,

Doch er ließ ab vom Werk, fast vollendet schon, getäuscht,

Glaubend, das Rote Meer sei höher als Ägypten,

Und schnitte man durch, würde das Land vom Meere verschlungen.

Ptolemäerhanden jedoch gelang die Vollendung,

Sichere Wege zu schaffen vom Inneren hin zum Ozean,

Frei, wie es beliebt, hinaus- und hereinzufahren.

Mehr zu den Wasserständen schrieb ich in ersten Berichten.


Nahe Arsinoë liegen Heroonpolis und Cleopatris,

Tief in der Bucht, wo Arabien an Ägypten grenzt,

Häfen und Siedlungen finden sich dort, mit Kanälen

Vieler Art und Seen, wie sie das Delta umsäumen.

Hier der Phagroriopolitische Gau, die Stadt Phagrioropolis,

Dort beginnt der Kanal, der das Rote Meer erreicht,

In Phakussa, dem Dorf, das Philae nahe gelegen.

Hundert Ellen breit und tief genug für die Schiffe,

Groß und beladen mit Gütern, sind seine Wasser durchquert.


Weiter aufwärts, im Heliopolitischen Gau gelegen,

Findet sich Heliopolis, hoch auf einem Hügel erbaut,

Mit dem Tempel des Helios, heilig dem Sonnengott,

Wo der Stier Mnevis, gleich Apis von Memphis, geehrt wird.

Vor dem Hügel dehnen sich Seen, gespeist vom Kanal,

Doch die Stadt ist verlassen, ihr Glanz vergangener Tage

Nur in Ruinen zu sehen, die Zeugnis des Wahnsinns geben,

Den Kambyses entfesselte: Tempel zerstörend mit Feuer

Und Eisen, die Obelisken zerbrechend, wie’s ihm beliebte.


Vor den Ruinen sieht man Seen, die Kanäle empfangen,

Stete Zeugen des Nils, der das Leben Ägyptens bestimmt.

Tempel, wie sie einst standen, mit Pracht und Ehrfurcht gestaltet,

Öffnen sich weit, mit Dromoi gepflastert aus mächtigen Steinen,

Hundert Ellen breit, doch von vielfacher Länge gedehnt.

Zwei Reihen Sphingen flankieren die Wege zur Weihe,

Zwanzig Ellen getrennt, doch in Ordnung streng ausgerichtet,

Links und rechts der Straße, ein Anblick erhabener Kunst.

Hinter den Sphingen erhebt sich das Torhaus, prächtig gestaltet,

Eins nach dem andern, gestaffelt in heiliger Folge.

Zahl und Maß der Portale variieren je nach dem Tempel,

Jedes ein Zeuge der Handwerkskunst alter Völker.


Durch die Tore gelangt man zur Halle, der Pronaos, weit und erhaben,

Deren Wände die Flügel begleiten, hoch wie der Naos.

Drinnen jedoch fehlt das Bildnis des Menschen, stattdessen

Findet man Tiere, von heiligen Riten geweiht.

Hallen mit Säulen sieht man, zu Reihen geordnet,

Groß und dicht gedrängt, in barbarischem Stil errichtet,

Ohne Gefälligkeit, eher ein Sinnbild von Mühsal,

Zeugend von Arbeit, die Fleiß ohne Schönheit verkörpert.


In Heliopolis gab es einst große Häuser der Priester,

Die in der Weisheit der Sterne und Philosophie sich übten.

Doch diese Künste sind längst verblasst, wie ihr Ruhm.

Nur die Opfernden bleiben, die Fremden die Riten erklären,

Jenen, die fragen, von alten Geheimnissen wenig berichten.

Als Aelius Gallus hinaufzog in Ägyptens Gefilde,

War ein Mann namens Chaeremon bei ihm, ein Alexandriner,

Der sich auf Wissen berief, doch allgemein ward verspottet,

Denn er galt als Aufschneider, voll eitler Behauptungen bloß.


Von den Priestern, so sagt man, lernten Eudoxus und Plato,

Die dreizehn Jahre verweilten in heiligen Hallen der Weisheit,

Ersuchend, das Wissen der Himmelsbewegung zu fassen.

Doch vieles verbargen die Priester, geheim und unnahbar.

Einzig die Tage des Jahres und deren Bruchteile zeigten

Sie jenen Gelehrten, verborgen dem Volk ihrer Zeit.

Von diesen Lehren, so heißt es, lernten die Griechen,

Später durch Schriften, die Priester in Sprachen des Westens

Übersetzen ließen, die Kunde der Sterne zu lehren.


Hier, so wird gesagt, steht Apis' Tempel, der nahe dem Hephaesteion

Sich erhebt, und zugleich das Hephaesteion selbst, ein Gebäude,

Prunkvoll an Größe des Naos und allem sonst, was es ziert.

Vor dem Gebäude im Dromos erblickt man einen Kolossus,

Ganz aus Stein gemeißelt; dort hält man Kämpfe der Stiere.

Männer, wie Pferdezüchter die Rosse, ziehen die Tiere,

Lassen sie frei, und im Kampf beweisen sie Stärke und Mut;

Siegerstieren verleiht man darauf als Belohnung die Preise.

In Memphis auch findet man einen Tempel der Aphrodite,

Die als griechische Göttin verehrt wird, doch andere sagen,

Es sei ein Heiligtum Selenes, der Mondgöttin geweiht.


Dort steht auch das Sarapeion, mitten in sandiger Wüste,

Wo der Wind die Dünen anhäuft und manches verschüttet.

Sphinxen sah ich dort, teils bis zum Haupte vergraben,

Andere halb; und der Gedanke beschleicht den Wanderer:

Welche Gefahr bringt wohl ein Sturm den Pilgern zum Tempel?

Memphis, die Stadt, ist groß und von Menschen gefüllt, gemischt wie

Alexandria selbst, wo die Völker zusammengefunden.

Seen schmücken die Stadt vor den Ruinen der Paläste,

Diese, verfallen und leer, von der Höhe hinab sich erstreckend.

Nahe der Stadt liegt ein Hain, und ein See ergänzt diese Stille.


Vierzig Stadien führt ein Pfad hinaus aus der Stadt, hin

Zu einem Bergkamm, wo viele Pyramiden sich erheben.

Drei von ihnen sind berühmt, die andern an Größe

Weit überragend; zwei zählen gar zu den Wundern der Welt.

Stadienhoch sind sie, und im Quadrat geformt; die Länge

Jeder Seite misst ein wenig weniger als ihre Höhe.

Eine davon trägt hoch in der Mitte des Baus einen Steinblock,

Der, wenn gehoben, den Weg zur Grabkammer frei offenbart.

Diese beiden stehen beieinander, doch weiter entfernt

Steht die dritte, kleiner an Größe, jedoch von Kostbarkeit herrlich.

Bis zur Mitte aus schwarzem Stein, wie für Mörser verwendet,

Von weit her gebracht aus den Bergen Äthiopiens,

Schwer zu bearbeiten, teuer durch Mühe und Aufwand.

Dies Grab, sagt man, sei der Hetäre geweiht, der Geliebten,

Doricha, Sapphos Bruder Charaxos' einstige Liebe,

Wein von Lesbos tragend zum Markt in Naukratis' Straßen.

Doch ein anderes Märchen erzählt man: Rhodopis hieß sie,

Eine Sandale stahl ihr ein Adler, flog über den Himmel,

Warfen sie nieder vor den Thron des richtenden Königs.

Dieser, erstaunt über Form und Zufall, sandte Boten

Weit in die Lande, um jene Trägerin zu finden.

Rhodopis ward gefunden, zur Gattin erhoben und starb dann,

Ehrte man sie mit dem Grab aus schwarzem äthiopischem Stein.


Einen Anblick der Pyramiden will ich nicht verschweigen:

Steinsplitterhäufen liegen davor, doch manche erinnern

An Linsen, geformt und gleich an Größe; darunter die Schalen

Wie halbgeschälte Körner. Man sagt, die Speisen der Arbeiter,

Rückgelassen, seien versteinert, ein Zeichen der Zeit.

Ähnliches liegt in der Heimat vor, wo Hügel sich dehnen,

Voller linsenförmiger Kiesel, leicht und porös.

Auch die Steine der Flüsse und Meere werfen Fragen

Nach ihrer Form und Herkunft auf, doch Wasserbewegung

Kann dort Antwort geben, hier bleibt alles im Dunkel.


Von Memphis führt der Weg zur Stadt Acanthus, mit Tempeln

Des Osiris und der Thebaïschen Acanthus-Gewächse,

Deren Gummi geschätzt. Von dort zur Stadt der Aphrodite,

Weißes Vieh birgt die Stadt, das man heilig dort hält.

Weiter zum Herakleoten-Nomus, der fruchtbaren Insel,

Wo der Kanal nach Libyen fließt und Arsinoë trennt.

Dieser Ort ist reich, mit Öl, Korn und Trauben gesegnet,

Obwohl man die Oliven nur schlecht erntet und presst.

Doch von besonderem Ruf ist der Moeris-See, dessen Wasser

Einem Meer gleicht, an Farbe und Ufern kaum zu unterscheiden.

Auch dies Land, so glauben die Weisen, war einst Teil des Meeres,

Gleich wie Ammon und andere Teile, wo Spuren es zeigen.


Schon habe ich dieses Thema besprochen, ausführlich und länger,

Einst im ersten Kommentar meiner Geographie-Schriften;

Doch auch jetzt muss ich wieder die Werke der Natur und der Vorsehung

Kurz beleuchten, die beide zusammen ein Ziel stets erreichen.

Dieses Werk der Natur: Es strebt alles zur Mitte des Ganzen,

Formt um das Zentrum den Kreis, und die Erde, die dichteste Masse,

Liegt im Zentrum verborgen; umschlossen vom Wasser, das lockrer

Nahe ihr ruht und ebenso die Gestalt einer Kugel bewahret.

Solide die Erde, das Wasser hingegen, hohl wie ein Mantel,

Birgt sie in seiner Umfassung. Die Vorsehung fügt sich als Künstlerin

Weise hinzu und schafft mit zahllosen Werken den Rahmen,

Dass zuerst, unter allen Geschöpfen, das Leben erblühe,

Götter und Menschen zugleich, zu deren Gunsten das All ward.

Göttern gab sie den Himmel und uns, den Menschen, die Erde,

Grenzen des Alls, die Enden der großen, himmlischen Kugel:

Innen das Zentrum und außen die himmlischen Räume der Weite.


Da das Wasser jedoch die Erde umgibt und den Menschen,

Nicht als Geschöpf des Wassers, vielmehr als Geschöpf des Festlands

Mit Luft und Licht versorgt, gestaltete Vorsehung Täler,

Höhen und Tiefen zugleich, in denen die Wasser sich sammelten,

So dass die Erde hervortritt, während das Wasser verborgen,

Nur an den Stellen hervorblickt, wo's dem Menschengeschlecht dient.

Auch den Tieren und Pflanzen, die uns umgeben, zum Nutzen.


Doch nichts bleibt ewig bestehend: Es wandeln sich Dinge beständig,

Groß ist der Kreislauf der Wandlung im unermesslichen Kosmos.

So wächst die Erde nicht immer, noch bleibt sie unverändert,

Ebenso das Wasser, das seine Grenzen niemals behält,

Weil die Verwandlung der Stoffe ein Teil der Natur ist: Die Erde

Wird zu Wasser, das Wasser zur Erde, endlose Wechsel.

Mancher Ort, der jetzt trocken, war einst vom Wasser bedeckt,

Und wo Meere jetzt wallen, da wohnte einst Menschengeschlecht.

Ebenso quellen versiegen und neue entspringen den Bergen;

Flüsse verändern den Lauf, und Ebenen werden zu Hügeln.


Und wie das Land sich wandelt, so ändern auch Wasser die Eigenschaft:

Manches salzig, zum Trinken nicht taugend, anderes süßlich

Klar und gesund; wieder anderes trägt Heilmittel in sich

Oder Gift, manches ist warm, und anderes eisig und kalt.

Warum, so fragt ihr, sollte es wundersam scheinen, dass Meere

Manche Regionen bedeckten, die heut von Menschen bewohnt sind,

Oder dass Wasser einst wich, wo nun die Fluten sich sammeln?

Quellen entsprangen einst, die nun versiegt sind; und andere sprudeln

Neu hervor, wie Flüsse auch trocknen und anderswo fließen.

So verändern sich Berge zu Ebenen, Ebenen werden zu Bergen.

Doch ausführlich war dies Thema zuvor schon beleuchtet,

Lasst uns genügen, und wenden wir jetzt dem Nil uns erneut zu.


Der Moeris-See, in seiner gewaltigen Tiefe und Weite,

Dient, wenn der Nil anschwillt, als ein Gefäß, das die Fluten

Sanft aufnimmt, ohne die fruchtbaren Länder zu überschwemmen,

Und bei der Ebbe gibt er das Wasser zurück durch die Kanäle,

Doch nur so viel, dass Felder und Saaten genährt werden können.

Denn, obgleich Natur dies Gefäß und die Zuflüsse schuf,

Sind es die Menschen, die Schleusen errichteten, Tore aus Stein,

Die den Zulauf lenken und auch das Zurückfließen regeln.

Nah dem Kanal liegt der prächtige Bau, das gewaltige Labyrinth,

Ein Werk voll Staunen, errichtet in früheren Tagen der Nomes,

Mit Höfen, so zahlreich wie damals die Gaue Ägyptens gezählt wurden.

Diese Höfe reihen sich, Wand an Wand, in gerader Verbindung,

Und dazwischen winden sich Wege, wie Netze, verwirrend,

Führt kein Fremder sich fort, ohne dass Führer ihn leiten.

Doch das Erstaunlichste sind die Dächer: gewaltige Steine,

Jeder für sich ein Monolith, ohne Holz, ohne anderes Beiwerk,

Riesige Platten, die Hallen und Gänge bedecken, geschlossen.


Steigt man hinauf auf das Dach, so erblickt man ein steinernes Feld,

Weit und glatt, bestehend aus Steinen von ungeheurer Größe.

Und kehrt man hinab, so sieht man die Hallen in Reihen,

Jede getragen von siebenundzwanzig massiven Pfeilern,

Ihre Wände aus Blöcken, nicht minder gewaltig und groß.

Am Ende des Bauwerks, das mehr als ein Stadion Länge umfasst,

Ragt ein Grabmal empor, ein Pyramidenbau mit gewaltigen Maßen,

Vier Plethren breit an der Basis und ebenso hoch in den Lüften.

Imandes sei der Name des Mannes, der dort seine Ruh fand.

Erzählungen sagen, die Nomes versammelten sich in den Höfen,

Jeder in seinem Bereich, mit Priestern und Opfergaben,

Um Recht zu sprechen und Göttern zu dienen, wie Brauch es gebot.


So fuhr ich weiter, dem Strom entlang, hundert Stadien weit,

Bis ich Arsinoë erreichte, die Stadt, einst Krokodilonpolis genannt,

Denn in diesem Gau wird der Krokodil höchste Verehrung gezollt.

Ein heiliger See birgt eines von ihnen, ein zahmes Geschöpf,

Das Priester hüten und Fremde mit Opfergaben willkommen.

Suchus wird es genannt, und es wird mit Brot und mit Fleisch

Und einem Gemisch aus Honig und Wein gesättigt und getränkt.

Als wir ankamen, führte ein Gastgeber, einer der Priester,

Uns hin zur Stätte, das Tier am Ufer liegend zu zeigen.

Ein Priester öffnete seinen Rachen, ein anderer reichte

Einen Kuchen dar, dann Fleisch und zuletzt den süßen Weintrank.

Sogleich sprang das Tier in den See und verschwand in den Fluten.

Bald kam ein Fremder mit neuen Gaben, die Priester empfingen

Sein Opfer, eilten entlang des Ufers und fütterten das Tier

Auf ähnliche Weise, wie es schon vorher geschah.


Von hier gelangte ich weiter in Herakleopolis' Gau,

Wo man das Ichneumon verehrt, den Todfeind des Krokodils,

Ganz im Gegensatz zu Arsinoë, das diese Geschöpfe beschützt.

Denn dort mehren sich Krokodile im Nil wie im Moeris-See,

Da niemand sie stört, sondern in Ehrfurcht und Schrecken belässt.

Doch hier lobt man die Feinde der Tiere, die kleinen Ichneumonen,

Welch die Eier der Krokodile zerstören und Aspis-Schlangen

Mit listigem Wurf in den Fluss hinabziehen und töten.

Eingehüllt in getrockneten Schlamm als Rüstung des Körpers,

Greifen sie mutig die Schlange an Kopf oder Schwanz und besiegen

Diese in wilden Gefechten, wie auch die größeren Krokodile.

Denn während diese am Ufer in träger Wärme sich sonnen,

Springen die kleinen Räuber in ihre geöffneten Mäuler,

Fressen die Eingeweide von innen und kehren dann frei aus dem Leichnam.


Von hier zog ich weiter zum Cynopoliten-Gau,

Wo Anubis verehrt wird, der Gott, dargestellt als Hund.

Hier gibt man den Hunden in Heiligtümern Speisung und Pflege.

Jenseits des Nils jedoch liegt Oxyrrhynchos, die Stadt,

Berühmt für den Fisch, der dort als heilig verehrt wird.

Ein Tempel ist ihm geweiht, und viele verehren den Fisch

Auch in anderen Teilen des Landes, gemeinsam mit anderen Tieren:

Dem Stier, dem Hund, der Katze, dem Habicht, dem Ibis zugleich,

Und auch dem Fisch in den Fluten, dem heiligen Oxyrrhynchos.

Doch gibt es auch Tiere, die nur von einzelnen Gauen geschätzt werden:

So ehrt Sais ein Schaf, die Mendesier verehren den Ziegenbock,

Andere loben den Falken, den Löwen, den satyrgleichen Affen.

Doch die Gründe für diese Bräuche sind nicht immer einhellig.


Weiter folgte ich dem Fluss durch Gau um Gau,

Zu den Zöllnerstationen, wo Waren gemessen und registriert,

Dann weiter zu Städten, bekannt durch Werkstätten und Künste:

Panopolis, berühmt durch Leinen und steinerne Arbeit.

So verlief meine Reise, doch vieles bleibt noch zu sagen.


Zu der Stadt Ptolemaïs gelangt man, die größte im Thebais,

Fast so groß wie Memphis, regiert nach griechischem Vorbild.

Über der Stadt liegt Abydus, bekannt durch das Memnonium,

Einen königlichen Bau aus Stein, ein mächtiges Werkstück,

Wie der Labyrinthbau kunstreich geformt, doch einfacher;

Tief in der Erde liegt eine Quelle, zu der man hinunter

Steigt in gewölbten Gängen, die Monolithen aus Riesen

Formen, und groß an Geschick der schaffenden Hände sich zeigen.

Eine Kanale verbindet dies Werk mit dem großen Flusse,

Nahe dem Hain des Apoll, wo ägyptische Acantha sprießen.

Einst war Abydus reich, fast gleich mit Theben an Stärke,

Jetzt jedoch ist es klein und gleicht einem schwindenden Orte.

Memnon, so sagen die Weisen, nennen die Ägypter Ismandes,

Und das Labyrinth sei ein Werk des gleichen Erbauers,

Der auch Memnonien schuf in Theben und dort in Abydus.


Jenseits von Abydus liegt die Oase, die erste der drei,

Sieben Tage durch Wüstensand von Abydus entfernt,

Fruchtbar an Wasser und Wein, und reich an jeglichem Gut.

Eine zweite Oase bei Moeris' See erhebt sich,

Und die dritte beim Heiligtum Ammon, auch hoch verehrt.


Nun, da ich vieles sprach von Ammon, füge ich bei:

Einst waren die Orakel in Ehren, doch jetzt verfallen,

Seitdem Rom sich begnügt mit Sibyllas Stimmen und Zeichen,

Sowie mit Tyrrhenischen Weisen, die aus Opferschau handeln.

Ammon, verlassene Stätte, einst voller heiligen Ruhmes,

Wird kaum noch besucht, wie einst in Alexanders Ära.

Er, von Ehrgeiz getrieben, suchte des Orakels Stimme,

Hörte von Perseus und Herakles, die es einst taten,

Zog, trotz stürmischer Winde, mit Mühe durch Wüstensande,

Fand in Regen und Krähen seinen Weg zur Stätte des Gottes.


Soll ich die Geschichten noch nennen, die Schmeichelei bergen?

Wie er allein des Tempels Inneres durfte betreten,

Oder wie der Priester ihm Zeus' Abstammung verkündete,

Und wie Quellen, einst versiegt, durch Alexander wieder

Flossen? So priesen die Schreiber sein göttliches Schicksal.


In Abydus ehrt man den Osiris mit strengen Gesetzen,

Kein Sänger, kein Flötenspieler, kein Harfner erhebt seine Stimme,

Wie es bei anderen Göttern Brauch ist in heiligen Tempeln.

Weiter gelangt man zur Kleinen Diospolis, dann nach Tentyra,

Wo man die Krokodile verachtet, die andern heilig,

Denn die Tentyriten sehen in ihnen nur Feinde der Menschen.

Während die Ägypter voll Ehrfurcht sie meiden und schonen,

Jagen die Männer von Tentyra sie und töten mit Eifer,

Tauchen ins Wasser hinab, ohne Furcht vor den Tieren zu haben,

Weil sie von Natur, so sagt man, gefeit sind vor deren Angriff.

Selbst als man Krokodile nach Rom gebracht, sie zu zeigen,

War es das Volk von Tentyra, das mit Netzen sie fesselte,

Zog sie ans Land zur Sonne hinauf, zum Schauplatz der Menge,

Und brachte sie wieder zurück in die tiefen Gewässer.

Doch sie verehren die Göttin der Liebe, die zarte Aphrodite,

Und nahe ihrem Heiligtum steht ein Tempel der Isis.


Dann gelangt man zur Typhonia, Orte düster und finster,

Und zum Kanal, der führt nach Koptos, der Stadt an der Grenze,

Die Ägypter und Araber teilen als einen Besitz.


Von hier führt eine Straße hinüber zum Roten Meere,

Nähe der Stadt Berenike, die keinen Hafen besitzt,

Doch durch den Isthmus begünstigt bequeme Landungen bietet.

Philadelphos, so sagt man, ließ die Straße errichten,

Wo Wasser fehlt, und baute Stationen für Kamelzüge,

Weil die Fahrt auf dem Meer gefährlich war und beschwerlich.

Von Nutzen erwies sich der Plan, denn Händler beladen

Ihre Kamele mit Gütern aus Indien, Arabien, Äthiopien,

Führen die Waren nach Koptos, das reiche Emporion.

In der Nähe von Berenike liegt Myos Hormos,

Stützpunkt der Seeleute, und Apollonopolis grenzt

An Koptos an, so dass diese Städte den Isthmus begrenzen.

Einst reisten Händler nur nachts, geleitet von Sternen,

Wie auf dem Meer die Schiffer, mit Wasser an Bord für die Reise,

Doch nun gruben sie Brunnen und bauten Zisternen für Regen.

Sechs oder sieben Tage währt die beschwerliche Reise.

Auch Edelsteinminen liegen dort, Smaragde erstrahlen,

In tiefen Schächten gehauen von den fleißigen Arabern.


Nach Apollonopolis kommt man zum prächtigen Theben,

Das man einst Diospolis nannte, die Stadt mit den Toren,

Hundert an Zahl, wie Homer sie preist in den ältesten Liedern:

„Theben, die Stadt mit den Hundert Toren, wo aus den Pforten

Zweihundert Krieger zieh’n mit Rossen und donnernden Wagen.“

Reich war die Stadt an Schätzen, in Tempeln gehäuft wie in Truhen,

Und selbst heute noch zeugen die Ruinen von alter Pracht,

Denn achtzig Stadien weit erstrecken sich ihre Reste,

Zeugnisse eines Ruhms, der längst in den Staub gefallen.

Viele der Tempel zerstörte der Wüterich Cambyses,

Und nun bleibt Theben nur als ein Bündel von Dörfern zurück.


Auf arabischem Boden einst lag der Kern der Metropole,

Während gegenüber das Memnonium ragte am Fluss.

Dort stehn zwei Kolosse, aus einem Stein gehauen,

Nah beieinander; der eine ist wohlbehalten geblieben,

Doch der andere brach im oberen Teil durch ein Erdbeben.

Von ihm, so heißt es, ertönt ein Ton, wie von einem Schlag,

Jeden Morgen einmal, und auch ich vernahm das Geräusch,

Als ich mit Aelius Gallus und seinen Freunden zugegen,

Doch zweifelte, ob der Klang von den Steinen selbst kam,

Oder ob einer der Männer, die ringsum standen, es machte.


Über dem Memnonium liegen Höhlen mit Gräbern der Könige,

Steinern gehauen, vierzig an Zahl und kunstvoll gestaltet,

Wunder des Handwerks, die den Besuchern Ehrfurcht gebieten.

Auf Obelisken der Gräber liest man von alter Größe:

Reichtum der Könige, herrschend bis zu den Skythen,

Bactriens Reichen und Indiens Landen und Ionias Küsten.

Tribute der Völker, ein Heer von Millionen Soldaten,

All dies ist verzeichnet und kündet von Thebens Macht.


Priester, so sagt man, wohnten dort, weise und kundig,

Kenner der Sterne und Meister des Sonnenlaufs, die den Menschen

Lehrten, die Jahre nicht nach dem Mond, sondern nach Tagen

Richtig zu zählen, indem sie zwölf Monate, dreißig an Tagen,

Fügten fünf weitere hinzu und den Bruch zu ergänzen

Wussten durch Zeiträume, wenn die Bruchteile sich summierten.

Hermes galt ihnen als Geber dieser Gesetze und Lehren,

Zeus, der Höchste, jedoch wurde geehrt mit der größten Ehre.


Auf jenem Isthmus, der führt vom Roten Meer bis zu Koptos,

Wurden die Straßen gebaut von Philadelphos' Geheiß,

Um Händlern den Weg durch die wasserlose Wüste zu weisen.

Stationen entstanden, als Lager für Karawanen,

Denn die Fahrt auf dem Roten Meer war riskant und beschwerlich,

Wagen zerbrachen, und Schiffe litten unter den Stürmen.

Doch dieser Plan, so zeigte die Zeit, war nützlich und klug,

Denn die Händler brachten Gewürze, Stoffe und Edelsteine,

Schätze aus Indien, Arabien und von Äthiopiens Küsten,

Nach Koptos, dem Tor der Händler zum Nil und zur Welt.


Nicht fern von Berenike liegt Myos Hormos, die Stadt,

Ein Stützpunkt für Schiffer, und unweit davon in der Wüste

Grabt man Smaragde und funkelnde Steine, tief aus den Felsen.

Arabische Männer, geübt in der Kunst des Schürfens,

Hauen die Tunnel in unermesslicher Tiefe ins Gestein,

Und es glänzen die Wände im fahlen Licht der Laternen.

Auch Edelsteine, so kostbar, dass Könige sie begehrten,

Ruhen verborgen in dieser entlegenen, kargen Region.


Nach Theben kommt man in die Stadt Hermonthis,

Wo Apollo und Zeus in ehrnen Kulten wohnen,

Und auch ein Stier wird dort gehalten. Dann folgt

Die Stadt der Krokodile, wo das Tier in Ehre lebt,

Und weiter geht es zur Stadt der Aphrodite,

Die dann zur Latopolis führt, wo Athena und Latus

Verehrt werden, und weiter zu Eileithuia,

Mit einem Tempel dort, und jenseits des Flusses

Liegt die Stadt der Falken, die das Tier in Ehren hält.

Dann folgt Apollonospolis, die den Krieg führt

Gegen die Krokodile. Syene, die Grenzstadt,

Liegt dort, und Elephantine, die Insel im Nil,

Wo ein Tempel von Cnuphis steht und wie Memphis

Ein Nilometer den Pegel misst, der stets steigt und fällt.


Der Nilometer ist ein Brunnen, aus Steinen gebaut,

Der den höchsten, niedrigsten und mittleren Stand

Des Nils anzeigt, und so wissen die Wachen vorher

Von den kommenden Hochwassern und teilen es mit,

So dass die Menschen vorbereitet sind auf das, was kommt.

Nicht nur die Bauern profitieren von dieser Kunst,

Sondern auch die Prätoren, deren Einkünfte steigen,

Wenn die Wasserstände höher sind als je zuvor.

Auch in Syene gibt es einen Brunnen, der den Tropen

Zeigt, da der Ort unter dem Wendekreis liegt,

Wo der Gnomon mittags keinen Schatten wirft,

Und der Sonnenstrahl den Brunnen bis zum Grund erreicht.


Ein wenig oberhalb von Elephantine

Liegt der kleine Kaskadenfall, wo die Bootsmänner

Ein Schauspiel zeigen für die Prätoren,

Denn der Wasserfall ist ein Felsen am Fluss,

Über den das Wasser stürzt, doch an den Seiten

Kann man den Fluss noch hinauf segeln, wenn auch schwer.

Die Bootsmänner segeln stromaufwärts,

Werfen sich dann mit dem Boot über den Felsen

Und entkommen unversehrt. Ein Stück weiter

Liegen die Inseln von Philae, wo Äthiopier

Und Ägypter gemeinsam leben und Tempel verehren.

Auch dort gibt es einen Vogel, den man Falken nennt,

Doch er ist anders, größer, und das Gefieder

Unterschiedlich gefärbt, was uns verblüffte.


Von Syene nach Philae fuhren wir mit Wagen

Durch das weite Land, eine Strecke von hundert Stadien,

Und überall sah man Steine, wie unsere Hermae,

Groß, rund und glatt, aus schwarzem, festem Stein,

Der für Mörser verwendet wird, manchmal übereinander,

Oder als Einzelstein, der größere zwölf Fuß misst.

Wir überquerten den Fluss auf einem Pacton,

Ein kleines Boot aus Weiden, das leicht zu überqueren war.


Ganz Ägypten hat keine guten Palmenarten,

Doch in Thebais wächst eine, besser als die anderen.

Wunderlich, dass ein Land, das der gleichen Breite

Wie Judäa liegt, so unterschiedlich ist,

Denn Judäa trägt auch die Caryotenpalme,

Besser als die babylonische, doch in Thebais

Gibt es auch zwei Arten, und die Thebais-Daten

Sind härter, doch angenehmer im Geschmack.

Es gibt eine Insel, die besonders gute Datteln trägt,

Worüber die Prätoren große Einnahmen erzielen.


Herodot und andere erzählen viele Lügen

Von den Quellen des Nils bei den Inseln von Syene,

Wo der Fluss angeblich bodenlos sei, was nicht stimmt,

Denn der Nil hat viele Inseln, die überflutet sind

Oder nur teilweise, und die höchsten werden bewässert

Mit Schrauben, die das Land fruchtbar machen.

Ägypten ist ein Land des Friedens, geschützt durch die Römer

Mit nur drei Kohorten, die ausreichen, um es zu bewahren,

Und auch als die Äthiopier angriffen, waren sie schnell

Geschlagen, und die Römer hatten keinen Bedarf an mehr.


Die Äthiopier, die ermutigt durch des Römer Heeres Teil,

Der mit Aelius Gallus zog und gegen Araber kämpfte,

Den Ägypten verließ, griffen die Thebais an,

Und die Garnison, die drei Kohorten bei Syene standen,

Nahmen Syene, Elephantine, Philae mit überraschtem Schlag,

Und versklavten die Menschen, zerbrachen auch die Statuen des Cäsar.

Petronius jedoch, mit weniger als zehntausend Fußsoldaten

Und achthundert Reitern gegen dreißigtausend,

Trieb sie zurück nach Pselchis, einer äthiopischen Stadt,

Und sandte Gesandte, um zu fordern, was sie genommen,

Und zu fragen nach Gründen für den Kriegsbeginn;

Und als sie sagten, die Nomarchen hätten sie gekränkt,

Erwiderte er, dies seien keine Herrscher des Landes, sondern Cäsar.

Und als sie drei Tage für Überlegungen baten,

Doch nichts taten, was sie sollten, griff er an

Und zwang sie, in die Schlacht zu treten. Schnell floh das Heer,

Denn schlecht geordnet, schlecht bewaffnet waren sie,

Mit großen, rechteckigen Schilden aus rohem Rindsleder,

Und Waffen, die Äxte, Spieße oder Schwerter waren.

Einige trieben sie in die Stadt, andere flohen in die Wüste,

Wieder andere suchten Zuflucht auf einer Insel nahebei,

Durchwateten den Kanal, da Krokodile dort selten waren.

Unter diesen Flüchtlingen waren die Generäle der Königin Candacê,

Die, zu meiner Zeit, die Äthiopier regierte,

Eine mannhaft Frau, blind auf einem Auge.

Diese alle ergriff er lebendig, verfolgte sie mit Booten und Floßen,

Und sandte sie gleich nach Alexandria,

Ergriff Pselchis, zerstörte es, und der Fall der Kämpfenden

Erhöht die Zahl der Gefangenen – die Entkommenen waren kaum viele.

Von Pselchis zog er nach Premnis, einer festen Stadt,

Durch Sanddünen, wo Cambyses’ Heer im Sturm versank;

Er griff an und nahm die Festung beim ersten Stoß.

Dann zog er weiter nach Napata, dem königlichen Sitz Candacês,

Wo ihr Sohn weilte, sie selbst in der Nähe.

Doch trotz Gesandter für Freundschaft und Rückgabe der Gefangenen

Verfolgte Petronius Napata, nahm es ein, zerstörte die Stadt,

Verkaufte die Gefangenen als Kriegsbeute,

Schickte tausend nach Cäsar, der aus Cantabrien heimgekehrt,

Und die anderen starben an Krankheiten.

Candacê, mit tausenden von Kriegern gegen das Lager,

Petronius eilte zur Hilfe, erreichte die Festung zuerst.

Sicherte den Ort mit verschiedenen List,

Als Gesandte kamen, befahl er, sie zu Cäsar zu schicken.

Und als sie fragten, wer Cäsar sei und wo er sei,

Wies er ihnen den Weg nach Samos, wo Cäsar weilte,

Der von dort nach Syrien ziehen wollte,

Nach dem Tiberius nach Armenien gesandt.

Als die Gesandten alles erhielten, was sie begehrten,

Erließ er sogar die Tribute, die er auferlegt hatte.