DIE WAHLVERWANDTSCHAFTEN


VON TORSTEN SCHWANKE



ERSTER TEIL


Also pass auf: Baron Torsten ist so 'ne richtige Legende auf dem Land. Stell dir vor, er ist so 'ne Mischung aus Boss-Level Gentleman und Naturfreund mit Stil. Der Typ läuft meistens im perfekt sitzenden Leinenhemd rum, chillt in seinen handgemachten Lederschuhen und hat immer so 'nen leicht ironischen Grinser drauf – als wüsste er irgendein Geheimnis, das du nie erfahren wirst.


Sein Landgut? Alter, ein absoluter Traum. Riesig wie ein halbes Dorf, aber komplett durchgestylt. Da gibt’s Wiesen, die aussehen wie aus 'nem Werbespot, ein Herrenhaus, das aussieht wie aus einem historischen Drama – mit so viel Klasse, dass sogar Netflix da locker drehen könnte. Und das Geile: Torsten ist kein abgehobener Schnösel. Nee, er fährt manchmal mit’m E-Bike durch seine Felder, hat ‘ne Bio-Farm am Start und seine Kühe hören Mozart, kein Witz.


Der Baron hat aber auch so’n richtig cooles Mindset. Er ist nicht so „ich bin reich, lass mich in Ruhe“, sondern mehr so: „Komm vorbei, lass quatschen, ich hab 'nen Kamin und guten Wein.“ Ab und zu veranstaltet er so kleine Feste – mit Lagerfeuer, Live-Musik und Pizza aus dem Steinofen. Alle aus dem Dorf lieben ihn. Selbst die Kids sagen: „Ey, Baron T. ist einfach stabil.“


In seiner Freizeit? Da schreibt er Gedichte, philosophiert übers Leben und hängt manchmal stundenlang in seiner Bibliothek ab – die übrigens aussieht wie Hogwarts in gemütlich. Er trinkt Tee mit Stil, hat 'nen Dackel namens Kant und ist innerlich wahrscheinlich 50% Romantiker, 50% Lebenskünstler.


Szene: Ein ganz normaler Nachmittag auf dem Landgut von Baron Torsten


Die Sonne chillt goldglänzend über den Feldern, alles wirkt wie 'n Filter in Real Life. Ein paar Vögel zwitschern sich gegenseitig freche Tweets zu, während im Hintergrund der Wind smooth durch die Bäume streicht – fast wie Ambient Sound in 'nem fancy Meditationsvideo.


Im Zentrum des Geschehens: das Herrenhaus – alt, aber sowas von classy. Weiße Fensterläden, efeu-bewachsene Mauern und ein Eingangsbereich, der aussieht, als könnte jederzeit ein Gedicht draus entstehen. Davor? 'Ne große Terrasse mit dicken Holztischen, auf denen Gläser mit hausgemachter Limo, Kräutertee und Wein aus der Region stehen.


Baron Torsten himself sitzt gechillt in einem Schaukelstuhl aus Holz – voll der Vibe – mit einer alten, aufgeschlagenen Ausgabe von Rilke auf dem Schoß und 'nem Kräuterzigarillo in der Hand. Sein Dackel Kant liegt zu seinen Füßen, völlig in Ekstase über ein halb angeknabbertes Stöckchen.


Ein paar Kids aus dem Dorf hängen auch rum – die einen helfen im Garten (aka chillen neben Tomatensträuchern und machen Selfies mit Ziegen), andere werkeln an einem Baumhaus im alten Apfelbaum. Torsten hat extra Werkzeug und Holz organisiert, „damit Kreativität wachsen kann“, wie er sagt.


In der Küche, die fast schon ein Instagram-Star ist, zaubern zwei von Torstens Freunden – ein Veggie-Chef aus Berlin und 'ne Kräuterhexe aus dem Nachbardorf – irgendwas mit Wildkräutern, Ziegenkäse und selbstgemachtem Brot. Die Musik? Leise Gitarrenklänge aus 'nem Bluetooth-Speaker, irgendwo läuft Bon Iver oder sowas ähnliches.


Und abends, wenn’s dunkel wird und die Lichterketten an den Bäumen anfangen zu leuchten, wird's richtig magisch. Lagerfeuer an, Geschichten auspacken, bisschen jammen auf der Gitarre. Der Baron liest vielleicht ein Gedicht vor oder philosophiert darüber, ob man im Jetzt leben kann, ohne das Morgen zu vergessen.


Kurz gesagt: Auf dem Landgut von Baron Torsten herrscht kein Stress, keine Hektik – nur guter Vibe, Natur und ein bisschen Poesie im Alltag.


Früher, bevor er der coole Baron mit Landgut, Dackel Kant und Philosophiebüchern wurde, war Torsten einfach nur „Torse“ – ein sensibler, leicht verträumter Typ aus gutem Haus, der lieber Gedichte in Mathehefte schrieb als Kurvendiskussionen zu lösen. In der Schule war er weder der Lauteste noch der Beliebteste, aber er hatte diese besondere Aura – ruhig, tiefgründig, fast so, als würde er mit den Augen Gedichte schreiben.


Und dann kam Eva.


Eva war wie ein Sonnenaufgang auf Speed. Wild, frei, mit feuerroten Haaren und ‘nem Lachen, das selbst Lehrer weich gemacht hat. Sie war die, die beim Schulfest barfuß getanzt hat, im Ethik-Unterricht mit dem Lehrer diskutiert hat, ob Moral nicht bloß ein soziales Konstrukt ist. Torsten war hin und weg. Keine Chance. Komplett verzaubert.


Sie haben sich langsam angenähert – durch Gespräche auf dem Heimweg, durch heimliche Zettel im Unterricht, durch diese magischen Momente, wenn sich zwei Seelen ohne Worte verstehen. Ihre Liebe war kein Insta-Filter, sondern schwarzweiß, ehrlich, ein bisschen melancholisch – wie alte Polaroids, die nach Sommer riechen.


Die beiden träumten von einer Hütte am Meer, vom Aussteigen, vom Leben ohne Plan. Aber dann – das Leben. Eva bekam ein Stipendium in Amsterdam, Kunst und Soziologie. Torsten blieb zurück, wegen familiärer Verantwortung, das Landgut, die Pflicht. Es gab keinen großen Streit. Kein Drama. Nur diese stille, schmerzhafte Erkenntnis: Manchmal reicht Liebe nicht gegen die Realität.


Er schrieb ihr noch jahrelang Briefe – mit Tinte, keine Mails, ganz oldschool. Manchmal kamen Antworten. Mal poetisch, mal distanziert. Irgendwann wurden die Zeilen kürzer. Dann blieben sie aus.


Heute hängt in Torstens Bibliothek ein Bild von ihr – gemalt von einem Künstler, den sie mal erwähnt hatte. Niemand fragt, aber alle spüren, dass sie nie ganz weg ist. Wenn er über Liebe spricht, macht er immer diese kleine Pause. Und manchmal, an regnerischen Tagen, setzt er sich ans Fenster, trinkt Tee und flüstert fast unhörbar:


Eva war mehr als ein Gefühl. Sie war ein Kapitel, das nie ganz zu Ende geschrieben wurde.“


Jahre sind vergangen. Die Briefe zwischen Torsten und Eva wurden seltener, dann hörten sie ganz auf. Nicht aus Hass. Nicht mal aus Enttäuschung. Einfach, weil das Leben weiterging – so wie es das manchmal tut, ohne zu fragen, ob man bereit ist.


Torsten, mittlerweile mehr Landgutverwalter als Träumer, lernte Anna kennen. Anna war bodenständig, klug, hatte was Sanftes an sich. Sie kam aus einer Familie, die auch Land besaß – keine große Romantik, aber viel Verständnis füreinander. Sie war kein Wirbelsturm wie Eva, mehr wie ein ruhiger Fluss. Und das brauchte Torsten zu der Zeit. Ruhe. Stabilität. Jemand, der wusste, dass Liebe nicht immer brennt, sondern auch einfach bleibt.


Sie heirateten in kleinem Kreis, im Garten unter den alten Linden. Es war schön. Still schön. Keine Funken, aber ein ehrliches Lächeln. Torsten wusste: Es war nicht das große, wilde Gefühl – aber es war genug.


Manchmal saß er neben Anna auf der Bank und dachte:

Vielleicht ist das Glück nicht immer das, was man sich als Jugendlicher ausmalt. Vielleicht ist es das hier.“


Eva auf der anderen Seite zog nach ein paar Jahren zurück nach Deutschland. Und da war Jörg – zuverlässig, korrekt, ein Lehrer für Geschichte. Einer, der wusste, wann er schweigen muss, und wann er zuhört. Eva spürte, dass er ihr nicht wehtun würde. Kein Feuer, aber auch keine Narben.


Sie heirateten standesamtlich, ganz schlicht. Keine Musik, kein Tanz. Nur zwei Unterschriften und ein ehrliches: „Wir passen schon aufeinander auf.“ Auch bei ihr war es keine Liebe, die Flügel verleiht. Mehr so eine, bei der man gemeinsam das Dach repariert und abends den Wetterbericht kommentiert. Aber manchmal – wenn Jörg schon schläft – sitzt Eva am Fenster, starrt ins Dunkel und fragt sich, wie es wäre, wenn Torsten jetzt neben ihr säße.


Zwei Leben. Zwei Ehen. Zwei Kompromisse. Kein Drama, keine Affären. Nur zwei Menschen, die einmal mehr gefühlt haben, als sie je ganz sagen konnten – und sich dann fürs Weiterleben entschieden haben.


Und weißt du was?


Manchmal treffen sich Torsten und Eva zufällig auf alten Dorffesten oder bei Kunstausstellungen. Ein Blick. Ein Nicken. Kein Wort zu viel.


Aber beide wissen: „Wir waren das Lied, das nie ganz zu Ende gespielt wurde.“


Ein leiser, später Neubeginn – ganz ohne Kitsch, sondern mit Tiefe, Reife und dieser Art von Liebe, die nicht mehr laut sein muss, um wahr zu sein.


Szene: Wiedersehen auf dem Dorffest


Es war ein lauer Spätsommerabend. Die Sonne stand tief, goss goldenes Licht über den Dorfplatz. Kinder liefen barfuß durch den Staub, die Blaskapelle spielte alte Lieder, die man kannte, auch wenn man sie nie bewusst gelernt hatte. In der Luft lag der Duft von Grillwürstchen, Apfelkuchen und ein bisschen Wehmut – wie jedes Jahr.


Torsten war allein gekommen. Zum ersten Mal seit Annas Tod war er wieder unter Menschen. Nicht weil er sich danach sehnte, sondern weil man irgendwann merkt: Stille heilt viel, aber nicht alles.


Er trug ein schlichtes Hemd, die Ärmel hochgekrempelt. Der Dackel Kant – inzwischen alt und ein bisschen mürrisch – trottete gemächlich neben ihm her.


Und dann – ganz ohne Vorwarnung – sah er sie.


Eva.


Am Rand des Platzes, ein Glas Holundersekt in der Hand, ihr Haar etwas grauer, ihr Blick noch genauso wach. Sie stand da, als hätte sie auf ihn gewartet, obwohl sie selbst nicht wusste, dass sie kommen würde.


Sie sahen sich. Kein Schock, kein Kitsch, kein Herzschlag, der aussetzt. Nur ein ruhiges inneres „Ach du…“


Er ging zu ihr. „Eva“, sagte er leise, fast so, als wäre der Name eine Erinnerung, kein Wort. Sie lächelte, weich und ohne Schutzschild. „Torsten. Ich hab dich kommen sehen. Aber ich dachte, du gehst gleich wieder.“ „Ich hätte es fast getan“, gab er zu. „Aber Kant wollte bleiben.“ Sie lachten. Und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich das Lachen nicht fremd an.


Sie redeten. Über nichts und alles. Über die Dorfbewohner, alte Geschichten, verlorene Träume. Über Anna. Über Jörg. Keine Scham, keine Bitterkeit – nur zwei Leben, die sich auf der Landkarte des Schicksals wieder berührten.


Als es langsam dunkel wurde, saßen sie nebeneinander auf einer alten Bierbank. Die Musik war leiser geworden, die Stimmen auch. Torsten drehte sich zu ihr, schaute sie an wie damals – nur ohne die Angst, sie zu verlieren.


Vielleicht“, sagte er vorsichtig, „hat das Leben uns nicht vergessen. Vielleicht hat’s uns nur auf Pause gestellt.“ Eva nickte, sah in den Himmel, wo die ersten Sterne auftauchten. „Und jetzt drückt es auf Play.“


Sie hielten keine Hände. Kein Kuss. Kein großes Finale. Nur zwei Menschen, die nebeneinander saßen und wussten: Es ist nicht zu spät für ein neues Kapitel. Still. Warm. Wahr.


Nach dem Dorffest sahen sie sich öfter. Nicht weil sie sich verabredeten, sondern weil das Leben es so einrichtete. Einmal begegneten sie sich auf dem Wochenmarkt – Eva mit einem Korb voll Kräutern, Torsten mit frischem Brot vom Bio-Bäcker. Ein andermal bei einem Vortrag in der kleinen Dorfbibliothek über Philosophie und Landwirtschaft – natürlich, beides.


Sie gingen ein paar Schritte zusammen. Nie lange. Nie geplant.

Aber es war wie ein leiser Rhythmus, den nur sie hörten.


Kaffee im Spätherbst


Eines Tages – der erste kalte Herbsttag, mit Nebel über den Feldern – stand Eva einfach vor Torstens Tür. In der Hand: Zwei Tassen dampfender Kaffee und ein kleines Glas Quittengelee. „Ich dachte, du teilst vielleicht gern“, sagte sie. Er lachte. „Ich teile immer noch lieber als ich rede. Aber mit dir… reden ist okay.“


Sie setzten sich an den Küchentisch. Keine Kerzen, keine Musik. Nur das leise Ticken der alten Wanduhr und der Duft von frischem Brot.


Sie redeten. Stundenlang. Über Vergangenes, Versäumtes. Aber auch über den Garten, über Rezepte, über Bücher, die sie mochten.

Und irgendwann sagte Torsten: „Weißt du, ich habe nie aufgehört, dich zu suchen. Ich hab nur irgendwann aufgehört zu hoffen, dass ich dich finde.“


Eva legte ihre Hand auf seine. „Ich glaube, wir mussten erst alt genug werden, um uns wirklich zu sehen.“


Und so ging es weiter:


Sie begannen Spaziergänge zu machen – erst sonntags, dann auch mal dienstags, dann… egal wann.


Er las ihr Gedichte vor. Nicht weil er beeindrucken wollte – einfach, weil es sich richtig anfühlte.


Sie brachte ihm bei, wie man Kräuter für den Winter trocknet. Er zeigte ihr, wie man Tomaten so einlegt, dass sie im Januar noch nach Sommer schmecken.


Manchmal saßen sie nur auf der Bank vorm Haus. Kein Wort. Nur Stille. Und sie fühlte sich nicht mehr leer an, sondern voll.


Kein großer Moment. Kein „Jetzt sind wir ein Paar“.

Es passierte einfach. Er ließ eines Abends das Licht in der Gästewohnung an. Sie zog irgendwann ein Paar Hausschuhe dort ein. Und an einem regnerischen Abend blieb sie. Einfach so.


Sie schauten sich an – beide wussten:

Kein Neuanfang. Keine Wiederholung.

Sondern das, was bleibt, wenn alles andere schon war.

Liebe in ihrer leisesten, ehrlichsten Form.


Kein Märchen. Sondern eine Liebe, die echt ist. Eine, die Narben kennt und trotzdem flüstert: „Ich wähle dich.“


Es war kein großes Ding. Kein Aufgebot, keine Save-the-Date-Karten, keine zehnstöckige Hochzeitstorte.


Torsten hatte einfach an einem dieser weichen Frühlingstage, wo die Bäume wie mit einem Pinsel voller Licht gestrichen waren, zu Eva gesagt: „Wie wär’s, wenn wir es einfach offiziell machen? Nicht für die Welt. Nur für uns.“


Und Eva – die früher alles hinterfragt hätte – lächelte nur.

Ja, Torsten. Lass uns.“


Die Hochzeit


Sie heirateten an einem Samstagmorgen. In der kleinen Dorfkirche, in der die Bänke knarzten und der Putz an den Wänden langsam bröckelte – aber genau deswegen fühlte es sich richtig an. Nichts war perfekt. Und genau das war es.


Eva trug kein großes weißes Kleid. Sie hatte ein schlichtes, fließendes Leinenkleid an, das im Wind flatterte. Ihr rotes Haar – mittlerweile von feinen Silberfäden durchzogen – trug sie offen, wie damals.


Torsten kam in seinem besten Anzug, der ein bisschen zu locker saß, weil er in den letzten Monaten ein paar Kilo gelassen hatte – Stress, aber auch Frieden. Er hatte ein kleines Wildblumensträußchen in der Hand – selbst gepflückt an der Böschung hinter dem Haus.


Die Zeremonie dauerte zehn Minuten. Der Pfarrer – ein alter Freund der Familie – las einen kurzen Text über zweite Chancen und darüber, dass wahre Liebe manchmal Zeit braucht, um zu reifen.


Als sie sich die Ringe ansteckten – schlichte, schmale Goldreifen, die Torsten selbst in Auftrag gegeben hatte – standen sie einfach da und sahen sich an. Keine großen Versprechen. Keine Tränenflut. Nur ein stilles Versprechen: Ich bin hier. Für dich. Für jetzt. Für den Rest der Zeit.


Draußen, auf den Stufen der Kirche, warf niemand Reis. Aber Kant, der alte Dackel, bellte einmal laut und fröhlich in den Himmel. Und das reichte.


Die Feier


Die „Feier“ war ein gemeinsames Frühstück auf der Terrasse.

Frisches Brot. Honig. Käse. Erdbeeren. Kaffee in schlichten, dicken Tassen.

Ein paar enge Freunde, ein paar lachende Erinnerungen, Sonne auf der Haut.


Später gingen Eva und Torsten zusammen durch den Garten.

Barfuß über die feuchte Wiese. Und als sie Hand in Hand unter den alten Apfelbaum traten, wo die Äste sich wie eine kleine Kathedrale über sie wölbten, blieb Eva stehen, sah ihn an und sagte: „Weißt du, was das Schönste ist? Ich habe nicht das Gefühl, dass wir etwas anfangen. Sondern dass wir heimgekommen sind.“


Torsten lächelte, zog sie sanft an sich und flüsterte: „Zu Hause bist du.“


Seit der Hochzeit war einige Zeit vergangen. Nicht viel, aber genug, dass man spürte: Hier hat sich etwas gesetzt. Nicht schwer – eher wie Morgentau auf frischem Gras.


Eva lebte nun mit Torsten auf dem Landgut.

Es fühlte sich nicht fremd an. Auch nicht neu.

Eher so, als hätte ein altes Versprechen endlich seinen Platz gefunden.


Jeden Morgen stand sie früher auf als Torsten.

Noch bevor die Sonne ganz über die Baumwipfel kroch, schlüpfte sie in ihre Gummistiefel, band sich ein altes Tuch ums Haar – geblümt, mit ausgebleichten Farben – und ging in den Garten.


Es war ihr Reich.

Nicht zum Besitzen, sondern zum Pflegen.


Sie sprach mit den Pflanzen, als wären sie alte Freundinnen.

Na ihr Tomaten, heute wieder Drama mit dem Wind?“,

Lass dich nicht hängen, Lavendel, du riechst fantastisch.“

Und die Pflanzen – man könnte fast schwören – wuchsen schöner, seit Eva da war.


Der Garten als Seele


Torsten beobachtete sie oft vom Fenster aus.

Mit einer Tasse Tee in der Hand, still, gerührt.

Da war sie – diese Frau, die er vor Jahrzehnten fast für immer verloren hatte – jetzt mitten in seinem Leben, die Hände in der Erde, das Gesicht in der Sonne, und das Herz… ja, das Herz ganz bei ihm.


Manchmal ging er raus zu ihr, setzte sich auf die alte Gartenbank unter der Eiche.

Sie reichte ihm eine reife Feige oder ein Stück Brot, bestrichen mit Kräuterbutter aus eigener Herstellung.

Und sie sprachen. Über das Wetter, über ein Gedicht, das ihm am Morgen eingefallen war, oder einfach nur darüber, wie schön das Licht durch die Blätter fiel.


Es war kein aufregendes Leben.

Aber eins, in dem jedes Detail zählte.


Rituale & Ruhe


Eva führte neue Rituale ein:


Kräutersträuße an den Türen, je nach Jahreszeit.


Vollmond-Tee, den sie einmal im Monat kochte – ein bisschen Zauber darf sein.


Gartenfeste im Kleinen: Eine Kanne Wein, eine Handvoll Freunde, Geschichten bis in die Nacht.


Und Torsten? Er lebte auf.

Las mehr. Schrieb wieder Gedichte.

Sogar Kant, der alte Dackel, lief plötzlich flotter durchs Gras.


Und manchmal…


nahm Eva Torstens Hand, führte ihn barfuß durch den Garten, zeigte ihm neue Triebe, frische Knospen, das erste Rot der Beeren.

Dann sah sie ihn an, mit diesem Blick, der sagt:

Alles, was wächst, braucht Zeit.

Aber wenn du es pflegst, blüht es wieder. So wie wir.“


Hier kommt ein Eintrag aus Baron Torstens Tagebuch, datiert an einem späten Frühlingstag – nach einem dieser Morgen, an denen die Luft noch kühl ist, aber das Herz schon warm.


Tagebucheintrag – 21. Mai


Eva war heute früh schon draußen, noch bevor das Licht ganz über den Hügel kam. Ich habe sie durch das Fenster beobachtet, wie sie in den Beeten kniete, die Hände tief in der Erde, als würde sie darin nach etwas suchen, das sie längst gefunden hat.


Sie spricht mit den Pflanzen. Ich habe das nie verstanden, früher. Heute glaube ich: Sie spricht mit dem Leben selbst. Und das Leben hört ihr zu.


Der Garten – mein Garten, dachte ich lange. Aber es war nur ein Stück Land. Erst seit Eva da ist, blüht hier etwas, das ich nicht benennen kann. Vielleicht Liebe. Vielleicht Frieden.


Manchmal frage ich mich, ob es ein Wunder ist, dass wir einander wiedergefunden haben. Aber dann sehe ich sie, wie sie lächelt, während sie eine Schnecke aus dem Salatbeet trägt, als wäre auch die Teil dieser stillen Ordnung, und ich denke: Es war nie Zufall. Es war Geduld.


Sie liebt nicht laut. Kein großes Aufheben. Kein dramatisches Verlangen.


Aber wenn sie mir am Abend Tee bringt, und wir auf der Bank sitzen, schweigend, den Horizont betrachtend – dann weiß ich, dass ich nie wieder etwas beweisen muss.

Ich darf einfach sein. Und sie ist da.

Das reicht.


Heute legte sie mir eine kleine Minze auf den Teller. Einfach so.

Für deinen Atem“, hat sie gesagt und gelacht.

Aber ich glaube, sie meinte: Für dein Herz.


Ich wünschte, ich hätte sie damals gehalten. Aber vielleicht – nein, ganz sicher – hätte ich sie damals nicht verdient.

Jetzt aber schon.

Jetzt bin ich bereit, still zu lieben.

Wie der Garten.

Wie der Morgen.

Wie sie.


T.


Hier kommt Evas Zettel, handgeschrieben, auf das bräunlich-vergilbte Papier eines alten Notizblocks, sorgfältig zwischen die Seiten von Torstens Buch gelegt – vielleicht zwischen zwei Gedichte, vielleicht einfach da, wo sie wusste, dass er es findet:


Evas Zettel


Torsten,


ich habe deinen Eintrag gelesen.

Nicht gesucht – er hat sich mir gezeigt, wie der Duft von Thymian, wenn man aus Versehen darüber streicht.


Du glaubst, du warst damals nicht bereit für mich.

Aber vielleicht war ich es auch nicht für dich.

Vielleicht mussten wir beide erst durch den Lärm des Lebens, um die Stille zu schätzen, die jetzt zwischen uns wächst.


Du siehst mich, wie ich mit den Pflanzen spreche.

Ich sage dir etwas:

Wenn ich mit dem Basilikum flüstere oder den Dill bestreiche wie eine Katze, dann rede ich eigentlich mit dir.

Mit deiner Art, die Welt zu tragen, ohne sie zu zerdrücken.

Mit deinem stillen Blick, der mich immer findet – selbst wenn ich mich verliere.


Ich habe gelernt, dass Liebe kein Sturm sein muss.

Sie kann auch eine Hand auf dem Rücken sein,

eine Tasse Tee,

ein gemurmeltes "Bleib noch ein bisschen."


Und ich bleibe, Torsten.

Nicht, weil ich muss.

Sondern weil ich es nie mehr anders will.


Deine Eva

(P.S.: Die Minze war auch gegen dein Schnarchen – aber das schreibe ich nur ganz klein.)




ZWEITER TEIL


Torsten war so'n Typ – noble Herkunft, dicker Schlitten, Schloss auf’m Land, aber irgendwie trotzdem ein entspannter Kerl. Kein Angeber, eher der ruhige Ehrenmann mit Stil. Doch an diesem einen Tag war selbst er ein bisschen nervös.


Er saß mit seiner Frau Eva im Salon. Sie, elegant wie immer, mit strengen Augen und noch strengerem Urteil. Gerade las sie in einem dieser alten Bücher, bei denen man sich fragt, ob da überhaupt was Interessantes drinsteht. Aber egal.


"Ich will, dass er kommt", sagte Torsten. Seine Stimme klang ruhig, aber da war Nachdruck drin. Es ging um den Rittmeister Christoph – einen alten Kumpel aus wilderen Tagen. Der Typ war früher 'ne richtige Legende, aber jetzt? Total abgestürzt. Job weg, Haus weg, und irgendwie stand er kurz vorm Nichts.


"Du meinst diesen... alten Freund von dir?" Eva sah über den Rand ihrer Brille hinweg. "Der, der früher mehr in Bars als auf Pferden unterwegs war?"


"Genau den", nickte Torsten. "Er hat niemanden. Und ich hab Platz."


Eva schnaubte leise. "Ein heruntergekommener Kerl in unserem Schloss? Torsten, du weißt, wie die Leute reden."


"Mir doch egal, was die Leute reden. Er ist mein Freund."


Sie schüttelte den Kopf, schloss ihr Buch und legte es beiseite. "Das hier ist nicht nur dein Schloss. Und ich will keine Probleme."


Torsten atmete tief durch. "Ich hab ihm mein Wort gegeben."


Für einen Moment war es still. Nur das Ticken der alten Wanduhr war zu hören.


Dann, ganz plötzlich, hob Eva den Kopf und sah ihn an. "Okay", sagte sie. "Aber nur unter einer Bedingung."


Torsten hob eine Augenbraue. "Und die wäre?"


"Janna kommt mit."


"Janna?" Er runzelte die Stirn. "Deine Nichte?"


"Meine Nichte und meine Pflegetochter, ja. Sie braucht frische Luft, eine Aufgabe. Und wenn du unbedingt den Rittmeister Christoph holen willst, dann brauch ich wenigstens Unterstützung im Haushalt. Janna kann helfen."


Torsten zögerte. Janna war cool, keine Frage – ein bisschen wild, ein bisschen zu ehrlich, aber mit Herz. Und wenn das der Preis war, um seinem Kumpel zu helfen, dann war’s für ihn ein No-Brainer.


"Deal", sagte er. "Aber sag ihr, sie soll nicht wieder versuchen, den Traktor zu tunen."


Eva grinste kurz. "Versprich du mir, dass dein Rittmeister Christoph nicht das Silber klaut."


Sie lachten beide. Irgendwie war alles geklärt.


Und während draußen der Wind durch die Bäume rauschte, ahnten sie noch nicht, dass dieser Sommer auf dem Schloss ganz anders werden würde, als sie dachten...


Also, das Ganze geht so richtig los wie so 'n geheimnisvolles Spiel mit Gefühlen – so’n richtiger Vibe zwischen zwei Paaren, der sich langsam, aber sicher aufbaut. Auf der einen Seite hast du den Rittmeister Christoph – also so'n bisschen der alte, stolze Typ – und Eva, die eher ruhig, aber irgendwie tiefgründig ist. Und dann gibt’s da noch Torsten und Janna, die eher jünger, wilder und emotional unterwegs sind.


Zwischen diesen vieren entwickelt sich 'ne krasse Dynamik. Man merkt schnell: Da brodelt was unter der Oberfläche. Der Rittmeister Christoph und Eva spüren zwar auch, dass da was geht, aber die versuchen krampfhaft, ihre Gefühle im Zaum zu halten. So nach dem Motto: "Nee, wir dürfen uns nicht drauf einlassen, das würde alles nur komplizierter machen."


Aber bei Torsten ist das 'ne ganz andere Nummer. Der hat absolut keinen Bock auf Zurückhaltung. Kaum fängt sein Herz an zu rasen, ist der Typ auch schon voll drin. Für ihn gibt’s nur noch Janna – und er stürzt sich da mit vollem Kopf und Herzen rein, als gäb’s kein Morgen. Und Janna? Naja, die lässt das auch irgendwie zu. Zwischen den beiden knistert’s gewaltig.


Und so nimmt das Gefühlschaos seinen Lauf – wie bei so einem Spiel, bei dem keiner so richtig weiß, wie’s ausgeht, aber alle mitspielen, weil sie einfach nicht anders können.


Also stell dir vor: Da lebt so ein Paar zusammen – nicht verheiratet, einfach so, wie’s halt viele heute machen. Die chillen ihr Leben, alles irgendwie ruhig, fast ein bisschen zu ruhig. Und dann – BAM – bekommen die Besuch von einem anderen Paar, das auch nicht verheiratet ist, aber richtig selbstbewusst auftritt. Die bringen eine ganz neue Energie mit, fast so wie ein Funke, der einen schlafenden Vulkan zum Brodeln bringt.


Der eine von den Besuchern – ein smarter Typ, der ganz genau weiß, wie man Leute beeindruckt – haut plötzlich so einen Vorschlag raus: Er kann dem Rittmeister Christoph, also dem Typen aus dem ersten Paar, einen fetten Job besorgen. Und zwar nicht irgendeinen, sondern einen, der endlich mal zeigt, was der eigentlich drauf hat. So mit Prestige und allem Drum und Dran.


Aber damit nicht genug: Seine Freundin – ziemlich direkt und überhaupt nicht auf den Mund gefallen – redet ihm ins Gewissen, dass dieses Mädchen, Janna, das da auch noch irgendwie im Haus rumhängt, endlich raus muss. Sie stört das perfekte Bild, das sie sich zusammen ausmalen.


Und genau in diesem ganzen Chaos – in dieser Mischung aus Hoffnung auf was Besseres, Druck von außen und dem Gefühl, dass alles auf der Kippe steht – fangen bei beiden Paaren plötzlich die Gefühle Feuer. So richtig. Da bricht was aus, das lange unter der Oberfläche gebrodelt hat. Die Leidenschaft schlägt ein wie ein Blitz. Und es kommt – zumindest im Kopf, in der Fantasie – zu etwas richtig Krassem: beide fangen an, sich in den Partner des jeweils anderen zu verknallen. Doppelter Ehebruch, aber nur im Kopfkino, versteht sich.


Diese eine Nacht, in der alles emotional explodiert, verändert alles. Danach können sie nicht mehr so tun, als wäre nichts gewesen. Da kommt’s dann zu diesen tiefen Geständnissen: Beide Paare geben sich gegenseitig zu, dass da mehr ist als nur Sympathie – da ist echte, verwirrende, schöne, zerstörerische Liebe im Spiel.


Eva war fest davon überzeugt: Ehe ist was Heiliges. Wenn man einmal „Ja“ gesagt hat, dann hält man sich auch dran – komme, was wolle. Für sie war klar, dass sie sich von Torsten fernhalten musste, auch wenn’s wehtat. Also fasste sie eine richtig harte Entscheidung: Sie verzichtete auf alles, was zwischen ihnen war – Liebe, Nähe, Zukunft – einfach alles. Und das verlangte sie auch von ihm. „Wenn ich verzichten kann, dann du auch“, war so ungefähr ihr Motto.


Torsten, der das alles ziemlich mitnahm, zog erst mal ebenfalls aus dem Schloss aus, nachdem der Rittmeister Christoph – also Evas Ehemann – abgereist war. Aber ehrlich? Er konnte Janna nicht vergessen. Für ihn war sie mehr als nur irgendein Flirt. Er hing an ihr, richtig doll. Aufgeben kam für ihn eigentlich nicht in Frage.


Doch dann kam die Bombe: Er erfuhr, dass in jener Nacht, in der angeblich zwei Leute gleichzeitig fremdgegangen waren, ein Kind entstanden war. Dieses eine Kind änderte für ihn alles. Es war zu viel – zu viel Chaos, zu viel Schmerz, zu viel Drama.


In seiner Verzweiflung wusste er nicht mehr wohin mit sich. Also machte er das, was verzweifelte Männer in alten Geschichten halt oft tun: Er zog in den Krieg. Vielleicht, weil er fliehen wollte. Vielleicht, weil er hoffte, dort irgendeinen Sinn oder wenigstens Ablenkung zu finden. Vielleicht auch einfach, weil er nicht mehr wusste, wer er ohne sie war.


Nun geht’s erst mal um die beiden Frauen, die zurückgeblieben sind, während alle anderen schon wieder weitergezogen sind. Die hängen jetzt nicht einfach nur ab oder chillen rum – nein, die packen richtig mit an! Die beiden machen sich nämlich an die Arbeit, den alten Friedhof wieder auf Vordermann zu bringen. Das ist nicht so’n 0815-Friedhof mit ein paar Grabsteinen, sondern eher so ein verwunschener Ort, wo man fast schon denkt, da spuken Geister rum. Aber die zwei lassen sich davon nicht abschrecken. Sie jäten Unkraut, richten kaputte Gräber, und geben dem Ort irgendwie wieder Würde.


Aber das ist noch nicht alles: Sie kümmern sich auch um ’ne alte Kapelle, die total verfallen ist. Die Fenster sind eingeschlagen, das Dach leckt, und überall liegt Staub. Doch mit jeder Putzaktion, jedem neuen Nagel und jeder frisch gestrichenen Wand kommt wieder ein Stück Leben zurück. Man merkt, dass die beiden mit Herz bei der Sache sind. Vielleicht wollen sie nicht nur das Gebäude reparieren, sondern auch irgendwie sich selbst.


Und dann – zack – taucht plötzlich Evas Tochter Ina auf. Sie ist so’n bisschen der Wirbelwind, der alles durcheinanderbringt. Noch jung, voller Energie, ein bisschen frech, ein bisschen geheimnisvoll. Mit ihrer Ankunft verändert sich die Stimmung im Schloss. Plötzlich ist da wieder Leben in der Bude. Sie bringt frischen Wind mit, stellt Fragen, mischt sich ein – und das macht was mit allen. Es ist, als würde das Schloss selbst wieder aufwachen, sich strecken und denken: „Okay, vielleicht geht hier doch noch was.“


Also, irgendwann kommt der Sohn von Torsten und Eva zur Welt. Und alle so: „Wow!“ – denn das Baby sieht nicht nur ein bisschen nach Torsten aus, sondern irgendwie auch verdächtig nach dem Rittmeister Christoph und – man glaubt es kaum – nach Janna. Alle, die das Kind sehen, sind ein bisschen verwirrt. Und ganz ehrlich: Janna kriegt beim Anblick des Kleinen voll den Schock – irgendwas in ihr sagt ihr, dass da mehr dahintersteckt.


Torsten ist mittlerweile aus dem Krieg zurück, innerlich aber immer noch ziemlich durch. Und als er Janna zufällig am See trifft – sie steht da mit dem Baby auf dem Arm, beide sehen aus wie aus einer anderen Welt – da platzt es aus ihm raus. Er kann nicht mehr schweigen. Er erzählt Janna alles: von diesem einen Moment, damals, im Kopf, im Herzen, als er mental mit ihr eine Grenze überschritten hat. Kein Körper, aber Seele pur. Ein mentaler Ehebruch. Und Janna? Die ist erst mal baff, aber dann spürt sie: Da ist was Echtes. Sie schaut ihn an, das Kind, den See – und sagt: „Wenn Eva dich gehen lässt… dann, ja… dann können wir’s versuchen. Dann bin ich bei dir.“


Janna ist komplett aufgewühlt. Alles in ihr tobt – Herzklopfen, Schuldgefühle, Hoffnung, Angst. Sie will schnell rüber ans andere Ufer, um Zeit zu sparen – also steigt sie mit dem Baby in den Kahn. Die Luft ist schwer, das Wasser still, aber in ihr drin brodelt’s. Sie zittert, kriegt kaum Luft, versucht, das Boot zu steuern – aber es klappt nicht. Der Kahn schwankt plötzlich heftig. Und dann – wie in Zeitlupe – rutscht ihr das Baby aus den Armen. Es fällt. Platsch. Ins Wasser.


Janna schreit, versucht es zu greifen, aber sie ist wie gelähmt. Das Wasser schließt sich über dem kleinen Körper. Alles wird still. Nur noch der Wind, der See, ihr verzweifelter Aufschrei.


Und da, mitten auf dem See, zerbricht etwas – nicht nur ein Leben, sondern auch ein Traum. Ein Moment der Liebe, der Hoffnung – für immer verloren.


Also, während für Torsten das ganze Drama irgendwie wie so’n Zeichen von oben wirkt – so nach dem Motto „Jetzt ist der Weg endlich frei für uns zwei, Janna und ich, alles andere ist Vergangenheit“ – ist bei Janna innerlich total Alarm. Für ihn war das Unglück fast wie ne Erlösung, als wäre das Schicksal höchstpersönlich vorbeigekommen, um ihm nen Gefallen zu tun. Und auch Eva, die Mutter von dem Kind, zieht sich komplett zurück. Sie gibt auf, akzeptiert das alles irgendwie stumm – als wär das der Preis fürs Ganze.


Aber Janna? Ey, bei der sieht’s ganz anders aus. Die wird von so krassen Schuldgefühlen überrollt, dass sie komplett abdreht – aber nicht laut oder ausrastend, sondern still und irgendwie krass traurig. Sie checkt einfach, dass sie was richtig Schlimmes gemacht hat – und denkt, dass sie jetzt dafür büßen muss. Kein „Happy End“, kein „Jetzt fangen wir neu an“, nix davon. Stattdessen entscheidet sie sich, komplett auf alles zu verzichten. Kein Leben mit Torsten, keine Liebe, keine Zukunft. Sie sagt sich: „Ich muss das wieder gutmachen – nicht mit Worten, sondern mit Taten.“ Und das will sie tun, indem sie sich voll in Nächstenliebe reinhaut – helfen, retten, geben, bis nix mehr übrig ist.


Torsten kommt aber gar nicht klar damit. Der will das nicht akzeptieren, er will Janna nicht loslassen. Er redet auf sie ein, will sie überzeugen, bleibt dran – fast schon aufdringlich. Doch je mehr er drängt, desto mehr zieht Janna sich zurück. Und dann macht sie was Heftiges: Sie hört einfach auf zu reden. Komplett. Kein Wort mehr. Als wär sie innerlich wie tot. Und sie isst auch nichts mehr. Gar nichts. Sie verweigert alles – um zu zeigen: „Ich hab entschieden. Und du kannst daran nichts ändern.“


Ey, man sagt, es gibt Menschen, die leben so krass, dass sie selbst nach’m Tod nicht einfach verschwinden – die brennen sich in die Herzen ein wie ’n Tattoo, das nie mehr verblasst. Und sie war genau so eine. Sie war mehr als nur da – sie war Licht. Die Leute haben sie gefeiert, als wär sie direkt von ’nem höheren Ort geschickt worden. Kein Spaß, nach ihrem Tod haben die sie behandelt wie ’ne Heilige. Mit Kerzen, mit Liedern, mit Tränen, die wie Regen gefallen sind – aber auch mit Hoffnung im Blick, weil sie wussten: Sie ist nicht einfach weg. Sie ist nur woanders, weiter oben.


Und Torsten? Bro, der hat ohne sie einfach nicht mehr richtig geatmet. Als ob die Luft raus war, als hätt sein Herz keinen Beat mehr gefunden. Es hat nicht lange gedauert. Er ist ihr gefolgt – still, wie Wind, der auf einmal nachlässt. Fast romantisch, wenn man’s so sehen will. Nicht traurig, sondern irgendwie… vollkommen. Wie zwei Sterne, die sich nicht verlieren, sondern gemeinsam verglühen, damit die Welt wenigstens für einen Moment heller leuchtet.


Und jetzt – halt dich fest – jetzt liegen die zwei zusammen in derselben Kapelle. Seite an Seite. Nicht in irgendeiner Ecke. Sondern da, wo jeder hinkommt, um still zu werden, um zu spüren, dass da was Größeres war. Man sagt, ihre Namen stehen da nicht nur auf ’nem Stein – sie stehen in den Herzen der Menschen. Für immer.


Die Leute gehen da hin, zünden ’ne Kerze an, flüstern Gebete, manchmal auch nur Wünsche. Und irgendwie fühlt man sich weniger allein. Weil man weiß: Liebe stirbt nicht. Sie bleibt. So wie die zwei.


Legende? Mehr als das. Heiliger Vibe. Für immer.