VON TORSTEN SCHWANKE
Als er Sizilien betrat, begann der kühne Scipio gleichwohl,
Ordnete Männer in Scharen und Rotten zu festen Kohorten,
Wählte sodann dreihundert der tapfersten, kühnsten Gefährten,
Führte sie stets um sich her, doch gänzlich ohne Bewaffnung.
Niemand erkannte den Grund, warum sie ungerüstet,
Warum sie nicht mit den andern im Gliede marschierten zusammen.
Dann aus der edelsten Jugend, der reichsten und besten Siziliens,
Wählte dreihundert er aus und formte sie zu einem Reiterheer,
Das mit ihm ziehn sollte ins ferne Afrika, feindlich Gebiet.
Kund ward der Tag, an welchem sie, wohlgerüstet,
Pferde gesattelt, mit Waffen umgürtelt, erscheinen sollten.
Ferne der Heimat, gefahrvolle Kämpfe, von Mühen durchdrungen,
Machten den Jünglingen Angst, auch bangten Väter und Mütter.
Doch als die Stunde gekommen, erschienen sie rüstig bewaffnet.
Scipio trat nun hervor und sprach zu den Kriegern:
"Kunde erlangte ich wohl, dass manche von euch hier verzagten,
Furcht in den Herzen sie trüget, da schwer die Reise und tödlich
Mühen wie Krieg sein könnten, auf fremder, bedrohlicher Erde.
Wer sich so fühlet, bekenne es jetzt und ohne Verschweigen,
Lieber sei ehrlich bekannt, als dass uns tönt ein Geklage
Schwacher und zaudernder Seelen im härtlichen Kampfe der Schlachten."
Einer nun wagte das Wort und sagte mit zagendem Mute:
"Wär' ich noch frei in der Wahl, so wählte ich gerne das Bleiben."
Scipio lächelte milde und sprach dann heiter zum Jüngling:
"Nun, da du offen bekannt dein zögerndes Herz mir, so sei dir
Ein Ersatzmann gewährt. Gib' ihm dein Roß und die Rüstung,
Führe ihn ein in die Kunst des Kampfes und reiten soll er."
Freude ergriff jenen Mann, so leicht von der Bürde befreit nun,
Scipio reichte ihm einen der drei, die ohne Bewaffnung.
Andere sahen dies an und folgten schnell seinem Beispiel,
Alle verzichteten gern, als Scipio dies so gebot nun.
Somit gewann das Heer dreihundert erprobte Gefährten,
Ohne dass Kosten dem römischen Staate entstanden daraus.
Jene, die einst sich gedrückt, sie lehrten die jungen Soldaten,
Schulten sie hart, um selbst nicht gezwungen zu werden zu kämpfen.
So ward das Regiment zu ruhmreicher Tapferkeit geformt,
Ruhmreich focht es in vielen der Kämpfe für Roms alte Ehre.
Dann musterte Scipio Legionen, wählte die besten,
Jene, die einst Marcellus geführt, bewährte Gefährten,
Schulten sie doch in den Kämpfen, den härtesten rings um Syrakus.
Bald war die Truppe gestärkt und voller Entschluss auf das Ziel hin:
Nicht um ein kleines Gefecht, nein, Carthago zu brechen,
Das war das Ziel des Feldherrn, das war sein größtes Begehren.
Korn ward gefordert von Städten, das Heeresgut so zu schonen,
Alte Schiffe zum Plünderzug sandt' er gen Küsten Afrikas hin.
Neue verbarg er an Land, damit sie im Winter sich festigten.
Solches ordnet getan, so zog er hinab nach Syrakus.
Dort herrschte Unruh' im Volke, da Räuber von römischer Art
Griechischen Bürgern einst das Gut in den Wirren genommen.
Nun kam Klage zu Scipio, suchend nach Recht und Vergeltung.
Recht gab Scipio schnell und gab den Syrakusern ihr Gut heim,
So dass das Volk ihn nun hoch verehrte, ihm dankte,
Mehr noch als je für ihn warb und Roms Heere versorgte.
Doch in Hispanien flammte der Krieg erneut in den Ländern,
Indibilis, ein Fürst, entfachte das Feuer der Kämpfe.
Dachte er Roms Feldherrn verloren, nur Scipio bleibe,
Hoffte er Spaniens Land zu befreien mit kühnem Entschluss.
Dreißigtausend zu Fuß und viertausend mächtige Reiter
Rief er zusammen, zu fechten für Freiheit in blutigem Streit.
Doch Lentulus und Manlius, Roms erprobte Befehler,
Rückten heran mit vereinter Macht und schonten die Dörfer,
Brachten die Truppen zum Feld, wo Feinde sich sammelten drohend.
Botschaft sandten sie aus, zum Frieden mahnend und Klarheit,
Doch die Barbaren erkannten die Waffen allein als die Antwort.
Blutig ward nun die Schlacht, die Reiter durchbrachen die Reihen,
Doch Indibilis verblieb und kämpfte mit todesmutigem Geiste,
Bis er gefällt von der Lanze erlag, das Heer nun gebrochen.
Flucht griff um sich, und römische Hände entrissen das Lager.
Dreizehntausend der Feinde geborgen im Todesschatten,
Römische Recken nur wenige fielen, gesiegt war die Schlacht.
Mandonius, nun gebeugt von Schuld, suchte um Frieden,
Bot sich dar, um das Schwert des Zorns von dem Volke zu wenden.
So ward der Aufruhr gebannt, und Spaniens Städte gesichert.
Nun aber richteten Roms Heere den Blick auf das ferne Afrika,
Denn es war Zeit, das Reich von Carthago zu stürzen und brennen zu sehen.
Dunkle Gedanken umfingen die Seelen der Karthager alle,
Schreckliche Kunde erscholl, doch drohender nahte Gefahr schon.
Rasch nun riefen sie Volk und Bauern von Feldern und Mauern,
Kriegsknechte zu werben, die Stadt mit Mauern zu rüsten,
Korn zu horten in Türmen und Rüstungen, Waffen zu schmieden.
Schiffe rüsteten sie, die Römerflotte zu trotzen,
Schlugen den Wellen entgegen mit tönenden Segeln am Hafen.
Doch inmitten des Eifers, der hastigen, sorgenden Werke,
Kunde kam: Nicht Scipio selber sei dort mit den Heeren,
Laelius sei es allein, mit geringer Mannschaft gekommen,
Nichts als Raub sei sein Ziel, die Macht der Römer in Sizilien.
Aufatmeten nun die Männer, sanken die Schultern der Alten,
Boten sandten sie schnell an Syphax und fremde Gebieter,
Stärkten den Bund mit Versprechen und goldenen Gaben.
Philipp lockten sie gar mit schimmernden Silberschätzen,
Sizilien oder Italiens Küste solle er treffen.
Mago befahlen sie, Rom mit Schrecken zu binden,
Schickten ihm Schiffe, Soldaten, Elefanten und Reichtum,
Männer zu werben und tapfer gen Rom vorzurücken.
Laelius plünderte, trug die Schätze von Feldern und Dörfern,
Masinissa vernahm, dass Römerflotten erschienen.
Eilends kam er zu Laelius, haderte, klagte, beschwor ihn:
„Warum zögert Scipio noch? Jetzt wäre die Stunde!
Siehe, Karthago erbebt, und Syphax ist anders gesinnt schon,
Zeit gewinnt ihm die Macht, doch wir könnten die Wende erzwingen.
Sage Scipio an: Er eile mit Rossen und Männern,
Meiner Reiter und Füßler sei er gewiss in dem Kampfe!“
Dann, mit warnender Stimme: „Nicht sollst du länger verweilen,
Schiffe Karthagos segeln, und ohne Scipio fürchtest du Schlimmes!“
So sprach er und floh, Laelius löste die Anker,
Fuhren mit Beute beladen nach Sizilien zurück nun,
Brachte Scipio Botschaft von Eile und dringender Mahnung.
In der Stunde sodann, als Mago die Kunde vernommen,
Kamen die Schiffe mit Kriegern, die Heimat gesandt ihm.
Eilends rief er die Häuptlinge Galliens, Liguriens alle,
Mahnte sie ernst, mit redlichem Eifer zur Freiheit zu streben:
„Seht, von Karthago gesandt, mit Heeren, Waffen und Stärke,
Doch hängt unser Geschick an euch und eurer Entschlossenheit.
Römer lagern im Land, in Gallien, Etruriens Grenzen,
Schwer ist der Kampf, wenn ihr nicht Scharen von Männern entsendet.“
Gallier nickten ihm zu, doch zögerten klug in den Worten:
„Römer stehen im Land, zu nah sind Feindeslager,
Doch heimlich helfen wir gern, nicht offen in Schlachten.“
Ligurier sprachen: „Frei sind wir, doch gebt uns zwei Monde!“
So gewann er die Zeit, begann mit geheimen Verträgen,
Sammelte Söldner im Schatten, bereitete schleichend den Angriff.
Livius führte derweil die Legionen von Süden,
Sklavenkrieger mit Speeren, aus Etrurien zogen sie tapfer,
Vereint mit Lucretius, Rom vor den Feinden zu schirmen,
Standen am Fluss, hielten den Pfad zu Italiens Herzen.
Scipio selbst nun rüstete eilig die Männer,
Laelius’ Beute entfachte das Feuer im Herzen der Krieger.
Doch noch hielt ihn ein Ziel, er wollte erobern Lokri,
Stadt, die einst fiel in die Hände des großen Hannibal.
Zufall öffnete Wege, Gefangene plauderten Kunde:
Männer, getrieben nach Rhegium, boten den Römern Verrat an.
Edelmänner, verbannt, in Sehnsucht nach Heimat vergehend,
Hörten ihr Wort, ersannen geheime Signale,
Sprachen zu Scipio selbst und rühmten die Gunst ihrer Stunde.
Sergius, Matienus eilten mit dreitausend Mannen,
Pleminius führte den Zug, Lokri zu fangen im Sturm nun.
Mitten in nächtlicher Stund’, als alles in Schlummer gesunken,
zogen von Regium aus die tapferen Krieger hinfort.
Leitern von mächtiger Kraft, geschaffen zur Eroberung, trugen
sie auf den Schultern empor, die Zitadelle zu stürm’n.
Still und verborgen gelangten sie hin zu den Mauern der Feste,
wo in geheimer Absprache Zeichen gegeben ward.
Lauerten finster versteckt die Mitverschworenen oben,
blickten ins Dunkel hinab, harrten des heiligen Zeichens.
Als es erstrahlte, da sanken die Leitern sacht in die Tiefe,
mutig erklommen sogleich Kämpfer die Mauer hinan.
Ohne ein Schlachtgeschrei fielen die Wächter, im Traume
ahnten sie nicht, dass ihr Tod schon im Dunkel erwacht.
Erst als ihr röchelndes Sterben in Stille die Nacht durchdrungen,
folgte der Lärm, der das Lager von Träumen entriss.
Rufend erhoben sie Stimmen, irrend im dunklen Getümmel,
bis ein gewaltiger Schrei durch die Gemäuer erscholl:
„Waffen! Zu Waffen! Der Feind ist hier in der Feste, die Wächter
fallen, es wütet der Krieg tief in den Mauern der Burg!“
Mächtig und zahlreich stand der Feind in den Schatten verborgen,
doch in der wirren Panik ergriff sie der Schrecken des Sturms.
Denn in der Dunkelheit schienen hundert Male so grausam
jedes Geräusch, jedes Echo des nahenden Feinds.
Carthagos Kämpfer erfasste entsetzlicher Graus, und sie wichen,
flohen zur anderen Burg, suchten im Dunkel Schutz.
Doch zwischen beiden erhob sich die Stadt in strahlendem Antlitz,
zerrissen zwischen den Feindmächten im tobenden Streit.
Mächtig entbrannte der Kampf, aus beiden Festen erhoben
stürmten die Krieger hervor, wagten den blutigen Strauß.
Täglich von Neuem entflammte der Streit in hitziger Wut nun,
Hamilkar führte den Feind, Pleminius Rom.
Hilfe entsandten herbei die benachbarten Städte den ihren,
beide Parteien gewachsen in kampfbereiter Gestalt.
Schließlich, da Hannibal selbst mit Heeresmacht sich erhob, da
wankte der Römer Bestand, drohte in Asche zu gehn.
Doch nicht allein in den Waffen entscheidet das Schicksal der Städte,
sondern auch wankende Treu’, tief in den Herzen gesät.
Denn die bedrängten Bewohner, gequält von carthagischer Willkür,
wandten in heimlichem Groll hilfesuchend sich Rom.
Eilend durch Boten vernahm Scipio drohende Kunde,
Hannibal nahet heran, Locris erliegt seiner Macht!
Bang war die Lage, den Römern verblieb kaum Hoffnung zu fliehen,
kaum ein Entkommen aus feindlichem Netz.
Rasch nun befahl er den Seinen: „Lucius, halte die Stellung,
wach auf Messanas Wehr, halte das Meer uns bereit!“
Kaum war der Morgen entfacht, so trieben die Winde die Schiffe,
tanzend auf wallender Flut trug sie die strömende See.
Hannibal naht’ indessen mit Heeresmacht zum Bulotus,
nahe der Mauern der Stadt lagerte kriegerisch er.
Hamilkar bot er Befehl, die Römer wütend zu stürmen,
selber ergriff er das Werk auf der entblößten Seite der Stadt.
Früh schon, als rötlich der Tag am Himmel die Nebel durchbrach,
fand er die Schlacht schon entfacht, tobend am hadernden Wall.
Doch nicht drängte er sich in die Enge der wehrhaften Feste,
dass nicht die Seinen verwirrt hemmten der Waffen Gewalt.
Dort ließ er die Seinen verharren, stellte zur Schau sein Gewaffen,
dass in der Furcht schon die Wehr schwinde den wankenden Feind.
Reitend durchmaß er den Wall mit kundigen Numider Haufen,
suchend den schwankenden Punkt, wo sich die Bresche ergäb’.
Plötzlich – ein Pfeil durch die Lüfte geschleudert von römischer Hand –
traf einen nah an ihm steh’n, sterbend sank jener dahin.
Wütend doch mahnend befahl er den Rückzug vom Walle,
baute das Lager zurück, außer der Wurfwaffen Reich.
Bald schon erschien in der Stadt die römische Flotte von Ferne,
kam mit den Kämpfern an Bord, landete sicher bei Nacht.
Kaum war der Morgen erwacht, da lärmte das Streitvolk der Feinde,
Hannibal rückte heran, hoch mit den Leitern bewehrt.
Doch in der Tore Gestade geschah, was er nimmer gedachte:
plötzlich aufbrechend hervor stürmten die Römer heraus!
Blutig und heftig durchfuhren sie schreiend die Reihen der Gegner,
rissen zweihundert hinweg, brachten Verwirrung und Graus.
Hannibal sah, dass Scipio selbst die Krieger befehligte,
rückte erschüttert zurück, floh mit dem Heer in sein Lager.
Dort erst sandt’ er den Seinen im Innern der Feste die Botschaft:
„Seht, wie ihr rettet euch selbst, länger kann ich euch nicht schützen!“
Nachtlich in eiliger Hast zerbrach er die hölzernen Zelte,
löschte die Feuer und wich, fern in das Dunkel hinein.
Jene, die noch in der Burg sich hielten in hoffender Rettung,
zündeten flammend ihr Heim, machten die Flucht sich bereit.
So, in der finsteren Nacht, wie jagend der Sturm über Felder,
flohen sie lautlos hinweg, folgten der schwindenden Spur.
Pleminius herrschte als Feldherr, mit Kriegern von Regium
Stand er im Dienste Roms, doch Unheil trug er im Herzen.
Einer der Seinen ergriff ein silbernes Bechergefäß,
Riss es hinweg aus dem Haus, doch eilig folgten die Herren.
Sergius sah ihn zuerst mit Matienus, dem Tribun,
Hieß ihn das Beutestück lassen, doch jener trotzte und focht.
Bald ward Gezänk ein Tumult, ein wütendes Toben der Menge,
Brüllend und tobend ergoss sich die Wut in blutigen Kämpfen.
Pleminius' Männer, geschlagen, entflohen, riefen den Anführer,
Zeigten die blutenden Wunden, die Schmach und die Schande der Worte.
Rasend vor Zorn befahl er, die Frevler herbeizuführen,
Rief nach den Ruten, doch diese boten den Striemen die Stirn.
Laut war das Klagen, die Krieger des Siegers rannten herbei,
Zornig, im Kampfesmut, wild, als gälte es Leben zu retten.
Pleminius' Männer zerrissen die Liktoren, peinigten sie,
Stürzten sich dann auf den Herrn, ihn packend mit eisernen Fäusten,
Schnitten ihm Nase und Ohren, zerschlugen ihn halbtot darnieder.
Boten entflohen der Stadt, die Kunde brachte Scipio bald.
Messana war seine Stadt, doch eilend bestieg er das Schiff,
Ruderte mächtig heran auf sechsfachem Ruder zu Locris.
Urteil fiel auf die Tribunen, in Ketten warf man sie nieder,
Schickte sie römischer Hoheit entgegen, um Recht zu empfangen. Pleminius aber, von Schande verzehrt und loderndem Zorne,
Rief nach den Knechten der Folter, hieß jene martern und töten.
Locris ergriff sein Entsetzen, die Besten der Stadt ließ er fällen,
Tobte in blutiger Wut, als wäre er römischer Feind.
Rom indes war erfüllt von göttlicher Furcht und von Zeichen.
Steine fielen herab vom Himmel in donnerndem Schrecken.
Sibyllens Schriften entrollt, da las man der Götter Gebot:
Sollte der Feind je die Kriege nach Italiens Lande tragen,
Müsse die Mutter von Ida von Pessinus Rom überführt sein.
So ward beschlossen, die heilige Gottheit eilig zu holen,
Dass mit der Gnade der Götter die Siege gewiss uns beschieden.
Bis zu der Zeit war kein Bund mit Völkern Asiens zogen,
Roms edles Geschlecht, doch wussten sie wohl sich zu merken,
Wie in den Zeiten der Pest, da Leid sie schwerlich getroffen,
Einst aus dem griechischen Land den heiligen Arzt sie gerufen,
Ohne Vertrag mit dem Volk, doch suchten sie Hilfe vergebens.
Nun aber hatte der König Attalus Bündnisse schmiedend
Mit ihnen geeint, da Feindeslist von Philippus
Drohte dem Reiche. So hofften sie nun auf die Gnade des Fürsten,
Dass er in freundlichem Sinn für Rom sich werde erheben.
Also entsandten sie Boten mit hohem Namen versehen:
Marcus Valerius Laevinus, einst Konsul gewesen,
Zweimal der Führer der Römer im Kampf an Griechenlands Küsten;
Marcus Caecilius Metellus, der einst als Prätor geordnet;
Sowie Sulpicius Galba, der ehedem Ädil gewandelt;
Ferner zwei Quaestoren von Rang, mit Namen geachtet,
Gnaeus Tremellius Flaccus und Valerius Falto.
Fünf der gewaltigen Schiffe, von Riemen fünfmal geschoben,
Trugen die ehrenwert' Männer, dass Asiens Städte erschauten,
Welch eine Macht und Größe dem Namen Roms sei verliehen.
Als sie gen Delphi gelangten, betraten sie heiliges Erdreich,
Ratsuchend sprachen sie Worte zum ehrwürdigen Orakel,
Wissend zu sein, ob göttliches Schicksal ihrer entsendeten Wege
Gunsterfüllt und weise den Römern Erfolg sei beschieden.
Dieses ward ihnen geweissagt: "Durch Attalus’ Hände
Sollt ihr das Ziel erreichen, und wenn die Göttin in Rom sei,
Möge die edelste Seele des Landes sie würdig empfangen."
Weiter gen Pergamon zogen die edlen römischen Boten,
Dort empfing sie der König mit hoher Ehr und mit Gunst,
Führte sie weiter nach Pessinus’ heiligen Hallen,
Reichte den Stein, den das Volk als Mutter der Götter verehrte,
Gab ihn mit segnender Hand und ließ ihn Rom überbringen.
Vorauseilend nach Rom flog Falto, den Römern zu künden,
Dass nun die Göttin naht und würdig empfangen sie werde.
Sogleich ward ausgerufen: Der Edelste Roms sei zu finden,
Der die himmlische Mutter der Götter gebührend begrüße.
Da rief der Konsul in Bruttium, herrschend in schwerem Gefilde,
Quintus Caecilius Metellus zum Diktator erhoben,
Dass er die Wahl bestelle, das Heer aus dem Kriege entlasse.
So auch ward in Rom die Ämter erneut besetzt nun:
Marcus Cornelius Cethegus und Sempronius Tuditanus,
Jener in Abwesenheit, da Griechenland ihm befohlen.
Praetoren wurden erkoren: Claudius Nero, der Tapfre,
Marcus Marcius Ralla, Scribonius Libo der Weise,
Und Pomponius Matho, geachtet in römischen Kreisen.
Festlich ward nun in Rom die Spiele gefeiert dreimal,
Siebenfach ward das Volk mit plebejischen Reigen erfreuet.
Curulische Ädilen, zwei aus dem Hause Cornelius,
Hielten das Amt in Ehren, obgleich der eine in Spanien
Dienste vollführte fern und doch im Geiste regierte.
Tiberius Claudius Asellus mit Junius Pennus,
Sie als plebejische Ädilen sorgten für Ordnungen stetig.
Tempel der Tugend ward geweiht an der Capena,
Marcus Marcellus, der Jüngere, hatte das Werk nun vollbracht,
Jenes einst in Clastidium seinem Vater entsprossen.
So auch starb in dem Jahre ein Priester des Mars, geachtet,
Aemilius Regillus, treu in göttlichem Dienste.
Fern aber braute sich drohend Unheil in Griechenlands Grenzen,
Zwei der Jahre verstrichen, in denen Rom sich entwandte,
Führte Philippus das Heer und zwang die Ätoler zur Knechtschaft,
Da sie von Rom verlassen, in einsamer Wehrung verweilten.
Doch hätte er nicht sein Ziel mit Eile zu vollstrecken
Müssen, so hätte Sempronius, Roms Prokonsul,
Mit zehntausend Soldaten und tausend ritterlichen Kriegern,
Fünfunddreißig Schiffen und römischer Macht sie gerettet.
Doch kaum war Frieden geschlossen, da eilten Boten zu Philippos:
„Horch, an der Küste von Dyrrachium lagert der Feind nun,
Parthini und ihre Verbündeten rufen zum Aufstand!
Dimallum wird von der Menge bedrängt, sie fordern Befreiung!“
Da Philippos, des Krieges erfahren, erkannte die Zeichen,
Zog er mit eilender Flotte, nach Apollonia strebend.
Doch Sempronius war gewandt und wich der Gewalt aus,
Laetorius sandte er vor, um Ätolier zu warnen,
Möglich, den Frieden zu brechen, doch nicht mehr war es zu wenden.
Philippos, in wilder Wut, zerstörte das Land ringsumher,
Stand vor Apollonias Mauern, forderte Römer zum Kampfe,
Doch sie blieben verborgen, misstrauten der eigenen Stärke.
So zog er zurück, den Frieden zu wahren mit Rom noch
Oder, wenn Frieden versagt, zumindest auf Waffenverzicht hin.
In langer Schlacht ermüdet, die Krieger von Epiros seufzten,
Sandten den Römern Boten, auf Frieden sinnend im Herzen,
Riefen sodann den König, den makedonischen Herrscher,
Flehten ihn an, mit Sempronius Eintracht zu schließen.
Philippos hörte willig das Wort und willfahrte gerne,
Reiste nach Phoinike, der Stadt von erhabener Würde,
Tagte mit Aeropos und Dardas, den edlen Magistren,
Dort mit dem Römer trat er in Red' und vernahm seine Forderung.
Sempronius sprach: „Lasst Dimallos, Bargullum und Eugenion
Römischem Recht verfallen, die Parthiner sollen uns dienen!
Atintania sei dir, doch Rom muss nicken dem Bunde!“
Also ward es beschlossen, mit Siegeln festlich besiegelt.
Bithynias König Prusias reichte mit Hand den Vertrag an,
Achäer, Böoter, Thessaler und Akarnanen
Folgten dem Ruf, wie auch Epirus, willig und friedlich.
Gleiches tat Rom: Sie riefen Attalos, Herrscher von Pergam,
Nabis, den finsteren Fürsten der wilden Spartaner,
Eliens Volk, Messene, Athen mit rühmender Eile.
Also versiegelten beide Verträge mit königlichem Zeichen,
Boten entsandt' man nach Rom, um die Bürgschaft des Senats zu empfangen.
Zwei Monde währte der Waffenstillstand, und Rom war gewillt nun,
Froh, sich zu lösen vom Joch so vieler blutiger Kämpfe,
Denn schon lenkten die Führer den Blick auf ferne Gefilde,
Afrika drohte, das Ende des punischen Krieges zu künden.
Nun, als Sempronius rüstig nach Rom mit Eile zurückkehrt,
Nimmt er den Konsulssitz ein, mit Cornelius gleich ihm.
Jener bezieht Etruriens Grenzen mit wachsamer Kriegerschar,
Bruttium ward dem Sempronius selbst zur tapferen Pflege.
Heer war zu sammeln, und neu ward Roms Streitkraft bald entfaltet.
Richter ward Marcius über die Stadt mit festem Gesetze,
Scribonius Libo gebot über Fremde und Gallien,
Sizilien nahm Pomponius an sich mit Herrschermacht,
Sardinien fiel Claudius Nero, dem rüstigen Streiter.
Scipio hielt mit Soldaten und Schiffen ein weiteres Jahr lang,
Während Licinius blieb, wenn der Konsul es forderte, fester
Hüter Bruttiens, rüstig das Land zu bewachen mit Kriegerschar.
Mago in Gallien trotzte, doch Livius hielt ihn in Schranken,
Lucretius stand ihm bei mit kampferprobten Legionen.
Octavius übergab Sardiniens Heer und Befehle,
Nahm sich der Flotte nun an und segelte schützend die Küsten.
Legionen, die einst bei Cannae blutig geschlagen,
Wurden nach Sizilien überführt zur neuernden Übung.
Tarent ward Quinctius anvertraut mit wachsamer Klinge,
Capua hielt Hostilius stark in eiserner Wehrmacht.
Spanien blieb in den Händen bewährter, tapferer Führer,
Lentulus und Manlius hielten das weite Gebiet fest.
Doch in den Straßen Roms erhob sich bang eine Kunde,
Afrika werde schon bald zur blutigen Bühne des Krieges!
Hoffnung mischte sich hier mit Angst in zitternden Seelen,
Denn in den Himmeln erschienen Zeichen gewaltig:
Sonne erschien in zweifacher Form, am nächtlichen Himmel
Blitzte das Tageslicht auf, ein feuriger Stern durchzuckte
Rasch von Osten nach Westen die finsteren Lüfte des Himmels.
Mächtige Blitze zerschmetterten Tore und Mauern,
Lärm erhob sich in Juno Sospitas heiliger Stätte.
Beten geboten die Priester, um Zeus zu versöhnen,
Neun Tage lang ward Opfer gebracht, um Zeichen zu deuten.
Und nun kam Idaeas Mutter, die heilige Göttin,
Weithin gefürchtet, verehrt in frommen Gebeten.
Nah schon war ihre Ankunft, so sprachen eilende Boten,
Tarracina sah sie zuerst, mit Ehrfurcht empfangen.
Doch wer sollte mit eigener Hand den heiligen Stein nun
Führen nach Rom, wer durfte die Göttin erheben?
Edle versammelten sich, doch einzig Scipio wurde
Auserkoren als Bester im Reiche der römischen Männer.
Jung noch war er, doch Ehre und Glanz umgaben den Helden,
Denn sein Vater war ruhmvoll gefallen in Spaniens Weiten.
Hoch auf des Tiber Wogen erschien das römische Schiff nun,
Trug in geheiligtem Raum die göttliche Mutter Kybele.
Scipio, Feldherr der Stadt, er stand an der Ufer des Meeres,
Folgte getreu dem Gebot, das ihm der Senat auferleget.
Als nun die heilige Fracht die Fluten des Stromes verlassen,
Trat er hervor und empfing die Gottheit mit ehrfurchtsvoller
Hand aus den Händen der Priesterinnen, den Dienerinnen
der Herrin, Mutter des Lebens, der starken, erhabenen Kybele.
Draußen am Ufer empfingen ehrwürdige Frauen der Stadt sie,
Trugen mit ehrfürchtigem Sinn die Hohe zu ihrem Altare.
Claudia Quinta, ihr Name leuchtet in römischen Annalen,
Ihr war im Volke zuvor ein zweifelhaft Bild angehangen,
Doch durch die göttliche Pflicht, die rein sie in Ehren erfüllte,
Ward sie gepriesen als Maid, die tugendhaft rühmlich bestehet.
Durch die belebten Straßen der Stadt die Priester sie trugen,
Volk kam eilenden Schritts, um segnend die Arme zu heben.
Räucheraltäre erglühten, ein duftender Weihrauch entstieg ihnen,
Betend erflehten sie Heil und Segen der göttlichen Herrin,
Daß sie mit willigem Sinn in Roms starke Mauern nun einzöge.
Zwo Mal sechs der April war segnender Tag dieser Feier,
Priesterin schmückten den Tempel, der Herrin zu Ehren errichtet.
Opfer gebracht ward in Menge, die Menge zum Festmahl sich reihte,
Spiele geordnet, und bald, die Namen Megalesia tragend,
Schufen sie Freude und Glanz in ewiger Wiederbegehung.
Doch in den Häusern der Väter erklang ein zürnendes Reden.
Lange schon währte der Krieg, und Männer in blutiger Schlacht starben,
Doch jene zwölf der Kolonien, die Roms Ruf nicht gefolget,
Lebten in Friede und Ruh, seit Jahren befreit von den Diensten.
Nun, da der Krieg sich entfernt und Siege die Stadt bekränzten,
Forderte Roms hoher Rat gerechte und harte Vergeltung.
Sogleich erging das Gebot, den Ältesten jedes der Orte,
Führer und Ratsherren, eilends herbeizubefehlen.
Jede der Städte soll nun in doppeltem Maße Soldaten
Stellen, gerüstet mit Schwert, und hundert und zwanzig der Reiter.
Konnten sie jene nicht bieten, so ward ihnen auferlegt worden,
Dreifach die Zahl an Fußvolk zur Reiterschuld hinzuzufügen.
Reichste der Bürger zu stellen ward nun das eisige Urteil,
Jenseits Italiens Land, in fernere Kriege zu senden.
Taten sie wider den Spruch, so sollten in Roms Mauern
Alle Gesandten verbleiben, und keiner erhielte Gehör mehr.
Ebenso ward ihnen aufgetragen, den Zehnten zu geben,
Jährlich dem Staat als Tribut, wie Roms Bürger es leisten.
Hart war das Wort des Senats, und dunkel die Mienen der Großen.
Da sie das Urteil vernommen, erschollen lärmende Stimmen,
Grollend verneinten sie all das Gebot, das Rom ihnen stellte.
Wie, so schrie'n sie voll Zorn, so viele Soldaten zu stellen?
Kaum noch vermochtens sie einst, doch nun sei das Maß überzogen!
Bettend um Gnade, doch Roms hohe Väter verharrten
Fest in dem strengen Gebot und wiesen mit Miene des Ernstes
Jegliches Flehen zurück. So kehrten die Männer der Städte
Heim, um den Spruch zu erfüllen, denn Hoffnung war keiner gegeben.
Murrend ergaben sich alle, der Notwendigkeit unterworfen.
Lange vergessen im Rat der erhabenen Väter zu Rom ward
Jenes Anliegen nun vorgebracht durch Valerius Laevin,
Der mit Claudius einst die Würde des Konsuls getragen.
Würdig sei es und recht, so hob er mahnend zu sprechen,
Dass die Summen, die einst aus privater Barmherzigkeit flossen,
Endlich erstattet nun würden von römischer Kasse.
Niemand dürfte sich wundern, dass ihm solches am Herzen,
Denn in jenem Jahr, da die Not des Krieges erdrückend
Lastete auf dem Volk, als Steuern nicht mehr zu zahlen,
War er es, der mit feurigem Wort und erhabener Mahnung
Rief nach den Spenden der Bürger und Helfer in dunkler Bedrängnis.
Freudig erinnert an jene vergangene Tugend,
Stimmten die Väter dem Antrag zu und beschlossen alsbald es,
Dass die Schulden in drei verschiednen Teilen zu zahlen,
Erstens sofort durch die Konsuln, die grade regierten,
Zweitens von jenen, die nach zwei Jahren die Würde bekleiden,
Drittens durch jene, die vier Jahre später berufen.
Doch alsbald ein schrecklicher Ruf aus der Ferne erklang nun,
Jener von Locri, der Stadt, die nun am ärgsten gelitten,
Grausame Kunde, bisher von den Römern verborgen,
Doch nun erschütternd bekannt durch die Stimmen der Boten.
Schwere Klage erhob sich, Verbrechen des dunklen Pleminius
Und gar mehr als das: Die Schuld und die Schmach des Scipio selber.
Dort in den Hallen des Forums, auf hohen tribunalen
Traten sie vor, die Gesandten von Locri, gekleidet in Trauer,
Streckten die Zweige des Olivenbaums mit flehendem Rufe,
Warfen sich nieder, mit Tränen und Klagen die Stimme erhoben.
"Volk von Rom! Wir sind Locrier, die euch stets treu ergeben,
Doch was wir leiden, ist schlimmer als je durch Karthagos Tyrannen!
Euer Pleminius, wilder als Feinde, grausamer wütend,
Raubet und mordet, entehrt die Frauen, schlachtet die Kinder!
Jede Stube ist leer, kein Herd mehr wärmt unser Leben.
Wenn ihr noch Recht bewahrt, wenn noch Gerechtigkeit herrscht hier,
Richtet uns Hülfe zu, vor euren Schranken wir flehen!"
Höret, ihr Männer, der Götter geheiligte Stimme,
Denn ein Frevel geschah, der die Herzen mit Schauder erfüllet.
Gerne, o Väter des Reichs, wir wollten euch Kunde nun geben,
Was uns widerfuhr, auf dass ihr erkennet die Wahrheit
Und, so ihr es richtet, das Land von dem Frevel befreiet.
Siehe, wir wissen, mit frommem Gemüth ihr ehret die Himmlischen,
Nicht nur die eigenen, nein, auch fremde Götter verehret.
Doch in der Stadt, wo wir wohnen, erstrahlt ein geheiligtes Heiligtum,
Proserpina geweiht, berühmt durch uralte Legenden.
Selbst euer Feind, der große Pyrrhus, vernahm von der Kunde
Dieses Heiligtums, als er stritt in Italiens Lande.
Als er zurückkehrte einst von Siziliens küstlicher Schöne,
Rastete kurz in Locri und lästerte schändlich die Göttin,
Raubte das heilige Gut, das nie ein Sterblicher rührte,
Nahm es an sich, auf Schiffe verladen, und eilte von dannen.
Doch, ihr Männer, vernehmt das grausige Strafgericht:
Schon am folgenden Tag brach tobend der schrecklichste Sturm los,
Zerbrach seine Flotte mit Macht und schleuderte grollend
All seine Schiffe ans Land, die den heiligen Schatz noch bewahrten.
Pyrrhus erkannte nunmehr die gerechte Gewalt der Göttin,
Sammelte eiligst das Gold, das ihm nicht war bestimmt,
Brach auf, es zurück in den Tempel der Jungfrau zu bringen.
Doch sein Los war besiegelt; nie mehr war ihm Glück noch gewogen.
Bald aus Italien selbst vertrieben, fiel er im Dunkel
Argos' Mauern zur Nacht und starb in schmachvoller Weise.
Eure Feldherren, die Tribunen, vernahmen die Kunde,
Hörten von Pyrrhus' Geschick und den Zeichen der Mächtigen,
Doch verachteten frech den warnenden Ruf der Geschichte.
Sie, die entweihten den Schatz, erlagen dem Fluch der Göttin.
Böse Zwietracht entbrannte im Heere, brüderlich tobte
Schrecklich die Schlacht, nicht gegen Karthago gerichtet,
Nein, sie zerfleischten sich selbst, als hätt' sie der Wahnsinn befallen.
Pleminius tobte mit Wut, die Tribunen bestrafend,
Schlug sie mit Ruten, doch fiel er zuletzt ihrer Rache zum Opfer.
Gehackt und verstümmelt lag er, sein Antlitz entstellt
Ohne Ohren und Nase, blutend und schaurig entstellt.
Doch als Genesung ihm kam, nahm furchtbare Rache der Schänder:
Fesselte jene in Eisen, misshandelte sie ohne Gnade,
Peitschte sie grausam wie Sklaven und stieß sie zuletzt in den Tod.
Nicht einmal Erde zum Grabe, kein Frieden nach Ende des Lebens.
Seht, o Väter, der Fluch ist gewaltig, sein Ende nicht nahe,
Wenn ihr nicht reinigt das Land von dem Frevel, der es beflecket.
Noch tobt der Zorn der Göttin, noch rast ihre furchtbare Rache,
Bis dass das heilige Gut zurück in den Tempel getragen.
Schon in vergangener Zeit, als Krotons Heere uns dräueten,
Wollten die Alten den Schatz ins Herz der Stadt nunmehr bergen.
Doch da erklang eine Stimme, mit donnerndem Rufe sie warnte:
"Rühret nicht an mein Gut, denn ich schütze den Tempel der Jungfrau!"
So ward das Gold nicht entfernt, und als Mauern erbaut,
Sanken sie krachend in Staub, als warnender Wink der Erhabnen.
Nun, o Männer, vernehmt unser Flehen, reinigt das Unheil!
Lasset nicht weiter uns schmachten in Schrecken und Not,
Sondern erhebt euch gerecht, verurteilt die ruchlosen Frevler.
Denn mit den Frevlern zusammen zu leben, heißt sterben in Schande!
Schenket uns Schutz, der gerechte Entschluss liegt nun in den Händen
Eurer Weisheit allein, auf dass das Heil sich erneue!
Fabius trat vor das Gremium, hob seine Stimme gewaltig:
„Höret, Senatoren! Ich ford’re mit schärfster Entschiedenheit dies nun:
Pleminius schleppet in Ketten nach Rom, auf dass er erscheine,
selber sein Urteil erflehe und büße, so schuld er gesprochen.
Sollten die Worte der klagenden Lokrer wahrhaftig sich zeigen,
sei es beschlossen, dass sterbe der Frevler im finsteren Kerker,
sein ganz Hab und sein Gut dem Staate verfalle sodann auch!
Was nun den Publius Scipio trifft, so mögt ihr erkennen:
Ohne Befehle verließ er sein Amt und sein herrschendes Rechte,
darum berufe man ihn, ihn werfe dem Volk vor die Richter,
nehme sein Banner ihm ab und beende die mächtige Führung!
Lokrern gebietet der Rat, dass sie wieder in Hallen sich fügen,
dass sie vernehmen, die Väter der Stadt und das Volk missbill’gen
gänzlich die Untat, die dort an den römischen Freunden geschehen,
und dass sie uns, wie zuvor, als Getreue der Stadt wir erkennen.
Alle Gefangenen, Frauen und Kinder, das Gut und das Habe
soll man zurück nun geben, auch alles, das ihnen entrissen.
Gold aus der Kasse der heiligen Göttin, die Proserpina heißet,
samml’ man erneut und doppeltes Opfer ihr dar zu erstatten.
Was zur Entsühnung geschehe, das prüfe das Priesterkollegium:
Welche Gebete zu richten, wie viele Altäre zu schmücken,
welche der Götter erzürnt, und welches der Opfer erforderlich sei nun.
Jene Legionen von Lokrern schickt fort und ersetze die Krieger,
vier Lateinische Kohorten als Wachen dort setzet alsdann ein!“
Laut war der Tadel, doch Scipios Männer entrüstet erwiderten,
nicht bloß die Taten des Frevlers nun lasteten ihm auf den Schultern:
Nein, auch das Römergewand verachtete all seine Gegner!
Nicht wie ein Krieger erschien er, ein Grieche in Mantel und Sandal’ trat
Scipio auf in den Hallen der klugen und edlen Gelehrten,
wo er verweilte bei Athleten und Rednern in träger Verzückung.
Dort auch schwelgte sein Stab in den Lüsten der Stadt Syrakusens,
Sitten verweichlicht, dem Kriegsgeist fern und dem heiligen Ruhme.
Hannibal ward schon vergessen, kein Blick mehr den Feinden gewendet,
und das Heer war entartet, entfremdet dem Römergedanken.
Skrupellos hausten sie jetzt, den Verbündeten grausamer noch als
jene, die draußen als Feinde am Schwert der Gerechten vergehen.
Doch als Metellus erwidernd das Wort in die Mitte nun führte,
neigte die Menge sich ihm, der besonnener Klugheit vertraute:
„Recht hat der Redner in vielem, doch schmäht er zu Unrecht den Scipio.
War er nicht eben zum Führer des Heeres nach Spanien auserkoren?
Nahm er das Land nicht im Sturm, ward dann zum Konsul erhoben?
Nun noch liegt unsere Hoffnung in ihm, dass Afrika falle,
Hannibal fliehe und Rom den Frieden der Waffen gewinne!
Ihn nun gleich einem Verbrecher zu rufen, bevor er gesprochen,
eh noch der Schuld ihm erwiesen, das ziemet sich römischen Vätern?
Wahrlich, wenn Sanftmut sein Fehler, doch nimmer verräterisch Sinnen!
Darum gebietet mein Spruch: Dass Pomponius, Praetor der Insel,
sich aufmache bald, von Senaten erwählte Gefährten zu führen,
zehn der Bewährten und ebenso Tribunen, dazu einen Aedil.
Jene befragen in Lokrern, was wahr sei an alledem Worte,
und, wenn sich zeiget, dass Scipio schuldig, dann rufe man heim ihn!
Doch wenn er nicht es gewesen, dann soll er behalten sein Amt auch,
weiter zu führen den Krieg mit der Weisheit, die Rom ihm vertraute!“
So war beschlossen und ward dem Priesterkollegium ferner
aufgetragen zu prüfen, wie heilig die Schuld sich entsühne.
Jene Tribunen sodann mit dem Praetor begaben sich eilends,
Lokrern zu lauschen, von dort über Messana weiterzuziehen.
In den Gefilden von Rom, wo die Senate die Schicksale lenken,
Ward ein Urteil gefällt über Pleminius' Frevel und Taten.
Zweierlei Kunde vernahm man von dem, was ihm widerfahren:
Einst sollt' er hören den Spruch, der in Rom ward beschlossen, und eilte
Flüchtig zum Meere hinab, nach Neapolis suchte er Exil.
Doch Metellus, ein Mann aus dem Kreise der zehn Senatoren,
Traf ihn am Wege und griff ihn und brachte den Frevler zurück nun
Dorthin, wo Regium lag, um dort ihn gefangen zu halten.
Andere aber berichten, dass Scipio selbst einen Boten
Schickte mit Reitern, dreißig an Zahl, die edelsten Männer,
Jene, die Pleminius selbst mit den Rädelsführern des Aufruhrs
Fesselten streng und ihn übergaben in eiserne Ketten.
Dort in Regiums Mauern bewahrt’ man ihn sicher gefangen.
Als die Gesandten sodann nach Lokrien kamen, begannen
Sie mit frommer Pflicht: Sie sammelten all das geweihte
Gold, das geraubt von den Händen der ruchlosen Krieger gewesen,
Legten es nieder erneut an der Stätte des heil’gen Altars.
Opfer vollbrachten sie dann, um den Frevel der Götter zu sühnen,
Riefen die Himmlischen an, dass sie wieder das Volk ihnen gnädig.
Riefen die Himmlischen an, dass sie wieder das Volk ihnen gnädig.
Dann versammelte bald der Prätor die römischen Krieger,
Sprach ein Gesetzesgebot, das mit schrecklichen Strafen sie warnte:
Keiner verbleibe in Lokrien mehr, kein Beutegut trage
Jemand hinweg, der nicht recht es besaß nach ehrlichen Sitten.
Sogleich ließ er die Banner erheben, hinaus aus den Mauern
Trug man die Zeichen des Heers und schlug im Felde die Lager.
Frei war nun Lokrien wieder, den Bürgern gab man das Recht, sich
Alles zurückzunehmen, was einst ihnen eigen gewesen.
Jene, die Sklaverei in die Finsternis schmählich gestoßen,
Fanden Erlösung; und wer sich weigerte, Freiheit zu schenken,
Sollte die härteste Strafe erdulden durch römische Hand nun.
Bald nun versammelt’ der Prätor die Bürger in feierlich Kreise,
Sprach zu den Männern und Frauen, den Greisen, den Söhnen der Väter:
„Roms hoher Senat hat euch nun das Gesetz und die Rechte
Wiedergegeben, ihr seid, wie zuvor, nun freie Gemeinde!
Doch wer zu klagen begehrt über Pleminius' Frevel,
Folge mir schleunig nach Regium hin, um Gerechtigkeit einzuklagen!
Solltet ihr ferner verlangen, dass Scipio selbst soll erscheinen,
Sendet Gesandte hinaus nach Messana, dort wird Gericht sein.“
Dankbar verneigten sich da die versammelten Männer von Lokrien,
Lobten den Prätor und rühmten den hohen Senat von den Römern.
Rasch verlangten sie, Pleminius' Schuld vor Gericht zu beweisen,
Doch über Scipio sprachen sie Worte der milderen Art nur:
„Wahrlich, er sah wohl nicht unser Leid, doch wünschen wir lieber
Scipio gnädig zum Freund als schrecklich zum zürnenden Feinde.
Nicht mit Befehlen von ihm, nicht unter seinem Gesetze
Wurde der Frevel begangen, noch tat er es willig gedulden.
Doch zu vertrau’n war er blind dem tückischen Räuber Pleminius,
Traute zu wenig zugleich den Stimmen der klagenden Bürger.
Manche, die keine Untat begeh’n, doch fehlt ihnen Stärke,
Richten auch Unrecht nicht, wenn es getan ward mit frevler’scher Hand schon.“
Dieses zu hören, erfreute den Prätor und alle Gesandten,
Denn nicht länger bedurfte es nun, Scipio selbst anzuklagen.
Pleminius aber und jene, die ruchlos mit ihm sich verbündet,
Wurden gefesselt gebracht nach Rom, zu des Urteils Entscheidung.
Kaum nun die Schuldigen fest in Ketten nach Rom sie gesendet,
Machten die Boten sich auf, um Scipio selbst zu ergründen,
Ob an den Worten der Menge, den flüsternden dunklen Gerüchten,
Wahrheit verborgen sich hielt: ob schwelgend im Übermaß Leben
Scipio führte und schwach von sinnenfroher Genüsse
Lust ihn betörte, so dass er vergäße der römischen Tugend.
Während sie noch unterwegs nach Syrakus eilten, bereitet’
Scipio listig sich vor, nicht Worte, nur Taten zu sprechen.
Rief er die Krieger herbei aus den Lagern der Stadt, um im Kampfe
Übung zu zeigen, als stünd’ er bereit, mit der Flotte und Heere
Jenen Tag zu erwarten, an dem er Karthago bezwinge.
Mächtig erhoben sich Schilde und Schwerter in blinkender Ordnung,
Rüstig bewegten die Scharen sich wild in den kreisenden Reigen,
Sprangen voran mit den Speeren, als wär’ es die blutige Schlacht schon.
Gleichzeitig tobten im Hafen die Schiffe, die römischen Ruder
Teilten das schäumende Meer, und die Krieger erprobten die Stürme,
Gleich einem Kriegsspiel, das doch bald zur Wahrheit sich wenden
Sollte, wenn Afrika selbst von römischem Stahle durchdrungen.
Staunend betraten die Boten die Hallen der rüstigen Krieger,
Schauten die Waffen, die Speere, die Sättel der glänzenden Reiter,
Sahen die Wagen und Klingen, die blinkenden Helme der Krieger.
Da ward ihr Zweifel verflogen, sie sahen: Kein träges Vergnügen,
Keine verweichlichte Lust, kein rauschender Übermut hielt ihn,
Scipio, den starken, der bald schon Karthago bezwingen sollte.
Froh nun entboten sie ihm das Wort des Senates, es schalle:
„Fahre mit segnender Flotte hinüber zum feindlichen Ufer!
Rom hat dich gewählt, und dich hat die göttliche Vorsehung auserst
Herr der Geschicke zu sein und über das Schicksal zu walten.
Siegreich sollst du mit Glanz und Ruhm einst heimwärts uns kehren!“
Freudig und heiter verließen sie Scipio, froh in den Herzen,
Trugen nach Rom die Kunde, als hätten sie selbst schon gesieget,
Nicht eine Botschaft allein, doch den Ruf eines Sieges vernommen.
Während die Boten zurück nach Rom mit Eile sich wandten,
Führte man Pleminius schon in der Stadt durch die Straßen,
Schwer an den Ketten, gezeichnet von Wunden und Jahren der Schande.
Bald vor den Richter geführt, wo das römische Volk sich versammelt,
Stand er verhasst und verflucht, der Henker von Lokrien, nieder.
Denn noch erinnerte sich das Volk an der Frevler Verbrechen,
Sah in Gedanken den Raub, das Blut und die schändlichen Taten.
Zornig verlangten sie Rache, und niemand im Kreise der Menge
Hatte Mitleid mit ihm, noch wünschte, sein Urteil zu mildern.
Doch als man öfters ihn brachte vor Augen der Bürger,
Sah man die Spuren der Qual, die Kerker und Schläge gezeichnet.
Jene, die einst ihn verdammt, begannen, das Leid zu bedenken,
Nicht aus Erbarmen mit ihm, doch weil Scipio ihn einst begnadigt.
Seine Gestalt, nun gebrochen, sein Leib, von Wunden durchfurcht schon,
Rief eine schleichende Gunst, ein leises Mitleid den Bürgern.
Doch ehe vollendet das Urteil und Gnade ihm sicher,
Starb er allein in der Zelle, der Strafe zuvor schon entronnen.
Aber noch dunkle Gerüchte von Taten der finsteren Schatten
Schwangen durch Rom, es erzählte Licinius später in Schriften,
Dass er, Pleminius selbst, mit Gold sich Freunde gewonnen,
Jene, die Feuer entzünden im heiligen Herzen der Mauern,
Während die Spiele im Staate, die Scipio selbst hatte feiern
Nach dem Gelübde des Siegs, im zweiten Konsulate seines.
Flammen, so hoffte der Frevler, verwirrten die römischen Straßen,
Machten die Wächter verwirrt, und dann, in der aufbrechenden Nachtzeit,
Wollte er fliehen in dunkler Verkleidung hinaus aus dem Kerker.
Doch es misslang ihm der Plan, und als das Senatswort erschallte,
Führte man jenen erneut in das düstere Tullianum,
Eingesperrt, in der Finsternis bald schon gestorben, vergessen.
Scipio aber, gelobt von den Vätern und römischen Männern,
Rüstete weiter sein Heer, um über die Meere zu segeln,
Hin zu den Feinden, die trotzig in Afrikas Reichen sich rüsteten,
Wartend auf jenen, der bald mit Speeren und Schwertern hinüber
Fahren und Rom mit dem Ruhm der ewigen Siege bekleiden.
Scipio rüstete nun die Flotten, die römischen Heere,
Sendete Boten hinaus zu den Städten, den treuen Vasallen,
Rief die Verbündeten auf, ihm Krieger und Schiffe zu stellen.
Mächtig erklangen die Waffen, es dröhnten die Schmieden in Rom nun,
Klingen geschärft für den Krieg, und Helme gegossen aus Eisen.
Bald schon entbrannte der Hafen in Hast und geschäftigem Treiben,
Männer bestiegen die Schiffe, die Segel voll Wind in den Stürmen,
Ruderer fuhren hinaus, um die Küsten zu hüten vor Feinden.
Doch in den Hallen des Senats ward nochmals beraten,
Wer mit Scipio ziehn und wer in Sizilien bleiben solle.
Jene, die mutig im Kampf erprobt auf italischem Boden,
Sollten mit ihm nun fahren, die Wellen durchkreuzen in Kühnheit.
Andere aber, die schwächer an Kraft oder wankend an Herzen,
Blieben zurück, um die Insel mit wachsamem Auge zu hüten.
Frei ward die Wahl ihm gegeben, zu nehmen die Besten der Scharen,
Jene, die Treue geschworen, die kampfbereit standen mit Schwertern.
Kaum war das Urteil gefällt, so rief er die tapfersten Männer,
Sammelte römisches Blut, das Feuer des Sieges im Herzen,
Gab ihnen Zeichen des Aufbruchs, befahl, sich zu schiffen gen Afrika.
Und als der Morgen erwachte, da zogen die glänzenden Reihen,
Römische Krieger in Eisen, mit wehenden purpurnen Fahnen.
Schaudernd erblickten die Bürger den mächtigen Zug in den Straßen,
Frauen mit bebenden Herzen, die Alten mit ehrfürcht’gen Blicken.
Denn sie erkannten in ihnen die Streiter der großen Entscheidung,
Jene, die fern in den Ländern den Ruhm ihrer Heimat vermehrten,
Oder gefallen im Kampf als Helden der ewigen Zeiten.
Scipio stieg auf das Schiff, die Segel gebläht von den Stürmen,
Ruderschlag hallte aufs Meer, das silbern die Wellen bewegte.
Rasch glitten Schiffe dahin, ein Wald von Masten und Segeln,
Hin zu den Küsten der Feinde, wo Schicksal und Tod sie erwarten.
Rasch nun trieb sie der Wind, und schäumende Wogen umbrandet’
Heftig die römischen Schiffe, die glänzenden Segel gespannt schon.
Vögel begleiteten sie, als wollten sie künden den Kriegern,
Dass sie geführt von den Göttern nun fuhren zu herrlichen Taten.
Hoch aus den Reihen der Männer erschollen die Lieder des Aufbruchs,
Sangen vom Ruhm und vom Sieg, von Rom, von den ewigen Vätern,
Sangen von Ahnen, die einst mit Schwertern die Feinde bezwangen,
Nun auch sie, so schworen sie laut, mit Feuer und Eisen zu streiten.
Afrika ragte am fernsten Horizont aus den Fluten,
Dunkel und brütend im Glanz der glutheißen brennenden Sonne.
Dort, so wussten sie wohl, stand Karthago, trotzig erhoben,
Reich an Gold und an Macht, an unzähligen Scharen von Kriegern,
Reich an den Reitern Numidiens, schnell wie der Sturm über Felder.
Dort, wo der Boden getränkt von Blut unzähliger Kämpfer,
Dort, wo Rom schon zuvor bittere Niederlagen erlitten,
Dort sollt’ sich heben der Streit, der über die Zukunft entscheide.
Kaum nun die Küste erreicht, so befahl der mächtige Feldherr
Schiffe zu sichern am Strand, die Reihen zum Kampfe zu ordnen.
Rasch stiegen Männer ans Ufer, den Schild an den linken Arm haltend,
Fest in der Rechten das Schwert, den Blick auf die Feinde gerichtet.
Keiner sprach ein Wort, nur das Rauschen des Meeres erklang noch,
Nur das Klirren der Waffen, das dumpfe Dröhnen der Schritte.
Doch als der erste der Feinde erschien auf den Höhen des Landes,
Rief Scipio laut mit donnernder Stimme den römischen Kriegern:
„Heute, ihr Männer von Rom, entscheidet das Schicksal der Zeiten!
Hier, auf dem Boden der Feinde, beginnt unser letzter Kampf nun.
Nicht soll Karthago bestehen, nicht länger trotzen dem Reiche,
Das durch die Götter gelenkt und groß durch die Väter geworden!
Folgt mir mit Schwert und mit Schild, und siegt, oder sterbet als Helden!“
Hoch nun erklang das Rufen der Männer, das Schlagen der Waffen,
Donnernd marschierten sie vor, wie ein Sturmwind brausend die Wogen,
Hin zu den Feinden, die schon in bebender Eile sich rüsteten,
Hin zu der Schlacht, die das Schicksal der Welt für immer besiegeln.
Als in der römischen Stadt die Geschicke bewegten die Großen,
Hielten in Karthagos Reich die Wächter die Blicke gerichtet,
Spähend von schroffen Klippen hinab auf die schäumenden Wogen,
Lauschten gespannt auf Boten, die Neuigkeiten verkündeten,
Bang durch den Winter hindurch, von Furcht und Hoffnung getrieben.
Syphax, der mächtige König, der Numidier tapfrer Beherrscher,
Ward ihr Verbündeter nun, zu schirmen Afrikas Lande,
Da sie gewusst, dass Römer mit ihm im Bunde zu landen
Wagten und stürmend das Reich mit speerbewehrter Entschlossenheit trafen.
Hasdrubal, kluger Gesandter, der einst in Spaniens Gefilden
Scipio traf am Hof des Königs, schuf eine Bindung,
Die durch die Tochter gestärkt, des mächtigen Feldherrn Geschlecht war.
Ehelich wollte der Fürst das blühende Mädchen umfangen,
Denn die Numidier sind in der Liebe wie Flammen entbrannt.
Rasch ließ Hasdrubal sie rufen aus karthagischer Heimat,
Führte die Hochzeit herbei und stärkte das Bündnis mit Worten,
Sicher beschworen im Eid, mit gleichem Freunde und Feinde.
Doch er gedachte zugleich des Pakts, den Scipio schloss einst,
Wusste, wie wandelbar stets der Barbaren Launen sich zeigten.
Fürchtete, sollte der Römer mit Schiffen landen am Strande,
Würde der junge Syphax sich nicht durch das Ehebündnis
Halten und kampfesbereit den alten Schwur wohl verraten.
So, als der Fürst noch brannte in heißer Liebe gefangen,
Drang er auf Sendung der Boten zu Scipios Lager in Syrakus,
Mahnte, er solle nicht trauen dem Wort aus älteren Tagen,
Da er nun Karthagos Geschlecht in seinem Blute verwahrt.
Sollten die Römer sich fern von Afrikas Küsten bekriegen,
Fern von dem Land, das ihn zeugte, dem Heim, das er schützen geschworen.
Boten gehorchten dem Ruf, sie eilten durch brausende Meere,
Landeten sicher am Strand, betraten die Gassen von Syrakus,
Suchten das römische Lager, gelangten zu Scipios Hallen.
Dort nun trugen sie vor des numidischen Königs Vermahnung,
Mahnten, das Schicksal zu wenden, den Krieg von Afrika fernzuhalten.
Scipio hörte das Wort, doch tief in der Seele bewegte
Sich seine kluge Gedankenmacht, wie er dies wenden
Könnte zum Vorteil des Plans, den er lange gehegt in der Stille.
Wusste, dass Syphax entfremdet, sein Bund mit Rom nun zerrissen,
Doch er verbarg sein Gefühl, ließ schnell die Gesandten entbieten,
Hüllte in schöne Worte den Ernst der gebrochenen Treue,
Schrieb an den König zurück mit warnendem, mahnendem Tone:
„Denk an den Eid, den wir schwuren, an Götter, die solches bewachten!
Brichst du die Treue an Rom, so wird der Himmel dich strafen!“
Doch als die Boten entflohn mit eilenden Schritten vom Lager,
Wusste der Feldherr wohl, dass alles geheim nicht zu halten.
Streifend durch Straßen und Höfe, sah man die Männer der Fremde,
Rasch schon flüsterten viele von dunklen Geschicken der Zukunft.
Scipio, klug und gewandt, begriff die drohende Stunde,
Nicht durfte Zweifel erblühn in den Herzen der römischen Krieger,
Nicht durfte Furcht sich regen, noch Schwäche die Reihen durchschauern.
Rasch rief er mutig die Scharen der Legionen zusammen,
Trachtete, statt der Wahrheit, ein trügerisches Wort zu verbreiten.
Laut nun sprach er zu ihnen, die Schwerter gen Himmel erhoben:
„Männer! Es ruft uns der Krieg, es treiben die Zeichen zum Aufbruch!
Lang schon warten die Fürsten, die römischem Banner verpflichtet,
Längst schon drängt Masinissa, dass wir nicht zögern und zagen!
Selbst auch Syphax befiehlt, dass eilig das Heer nach Afrika ziehe,
Sonst, so spricht er, muss er selbst um seine Lande besorgen
Handeln, wenn Rom nicht kommt mit speergewappneter Stärke!
Darum, ihr Männer, versammelt euch, eilet nach Lilybäum!
Dort soll sich flammend der Wille zum Siege für Rom nun erheben!“
Solches verkündete Scipio laut inmitten der Menge,
Täuschte die Krieger geschickt, dass niemand den wahren Verlauf sah.
Schnell nun sandte er Boten zu Pomponius, riet ihm,
Kommen nach Lilybäum, die besten Soldaten zu wählen,
Schiffe zu sammeln in Scharen, die ganze Küste zu rüsten,
Dass, wenn die Winde es wollten, das Heer nach Afrika segle.
Als nun Scipio rüstete seine gewaltige Flotte,
Zog er mit sorgender Hand die Linien des Heeres geordnet.
Streitbar riefen die Stimmen der Befehlenden laut durch die Reihen,
Horden von Reitern und Fußvolk versammelt zum Zuge nach Afrika.
Doch wie viele Soldaten an Bord sich fanden, war fraglich:
Manche erzählten von zehntausend, samt zweitausend der Reiter;
Andere sprachen von sechzehntausend Mann, mit geringeren Rossen,
Wiederum andre verdoppelten kühn die gewaltige Menge.
Coelius schwieg von den Zahlen, doch groß war die kühne Beschreibung:
Flügelschlagende Vögel fielen betäubt aus den Lüften,
Als die Heerscharen schrien mit dröhnenden, donnernden Stimmen.
Jene Unzahl der Krieger erschien, als bliebe kein einziger Römer
Mehr in der Heimat zurück, noch einer der Brüder in Sizilien.
Scipio selbst überwachte den ordnenden Zug an die Schiffe,
Lelius gebot über Flotten und Seemänner, fest an den Plätzen.
Alles Gepäck war verstaut, vierzig und fünf ganze Tage
Konnten sie zehren von Nahrung, gekocht für fünfzehn der Tage.
Wasser genug lag bereit, den Männern und Pferden zu dienen.
Als nun endlich das Heer in die wartenden Schiffe gestiegen,
Kamen die Steuerleute und Käpt'ne ans Ufer gerufen.
Dort in der Mitte des Markts erhielten sie weise Befehle:
Still sollten alle verbleiben, nicht störend die Werke der Seefahrt.
Zugleich ward verkündet, wie Scipio selbst mit zwanzigen Schiffen
Links sich zum Kampf ward begeben, mit Lelius rechts ihm zur Seite.
Dunkel verhießen die Zeichen im nächtlichen Dämmer die Ordnung:
Einer der Lichter für Krieger, die Führenden trugen der drei nun.
Ziel war das fruchtbare Land Emporia, üppige Felder
Boten dort reiche Versorgung, von friedlichen Stämmen bewahret.
Eilig, so hoffte der Feldherr, erringe man kampflose Siege,
Ehe von Karthago Hilfe den Wehrlosen eilend entsendet.
Nun als die Nacht war vergangen und dämmernd die Sonne sich reckte,
Laut erscholl das Gebet aus Scipios frommen Munde:
„Götter des Landes und Meeres, uns schenket gnädige Zeichen,
Führt unser Streben zum Siege, beschirmet das römische Volk wohl.
Bringt uns zurück aus dem Kriege, mit reicher Beute beladen,
Frei von der Not und geziert von Lorbeer, erworben in Kämpfen.
Mögen die Mauern von Karthago fallen durch rächende Flammen,
Mögen wir tilgen den Hass und das Leid, das sie brachten auf Rom.“
Also sprach er, und warf in die gähnenden Tiefen des Meeres
Blutige Opfer hinab, ein Zeichen dem gnädigen Himmel.
Dann mit gellendem Klang erschallten die Hörner des Aufbruchs,
Segel blähten im Winde, und eilig entschwanden sie seewärts.
Am Nachmittag fiel dichter Nebel auf See hernieder,
Schiffe verloren die Sicht, fast rammten sie einander.
Doch als sie draußen, im weiten Gewässer, die Fahrt nun begannen,
Sänftigte sich auch der Wind und ließ die Segel erlahmen.
Nachts war der Nebel erneut so dicht wie zuvor schon am Tage,
Doch mit der Sonne zerfiel das dunstige Schleiergewand bald,
Plötzlich erhob sich der Wind und frischte kräftig von Neuem.
Endlich erblickten sie Land, und bald schon meldete kundig
Einer der Lotsen dem Feldherrn Scipio freudig:
„Sieh nur, nicht weiter als fünf der Meilen entfernt ist die Küste,
Dort vor uns ragt schon das Kap, das Mercurius’ Namen hier trägt.
Willst du befehlen, so steure ich schnurstracks dem Hafen entgegen,
Sicher erreichen wir bald mit gesamter Flotte das Land.“
Scipio blickte zum Ufer hinüber, erhob seine Hände,
Betete, segne doch Gott ihm dies erste Schauen von Afrika,
Bringe dem Reiche von Rom und ihm nur Gutes und Segen.
Weiter nach Süden jedoch gebot er, das Anker zu werfen.
Sanft trieb der Wind sie fort, doch kam wie am Vortag die Nebelschicht wieder
Fiel über Schiffe herab und raubte erneut ihre Sicht nun.
Nächtens ward alles verdunkelt, kein Stern erhellte den Himmel,
Also beschlossen sie dort zu ankern, sicher vor Unglück.
Morgens erhellte das Licht dann wieder das weit sich erstreckende Land,
Frischer als tags zuvor blies der Wind aus gleichbleibender Richtung.
Scipio fragte nun rasch nach dem Namen des nächstliegenden Vorgebirgs,
„Pulchrum, das Schöne Kap“, so sprachen die kundigen Männer.
Freudig nahm er dies auf als ein Zeichen des göttlichen Wohlwollens:
„Folget dem Omen, hinauf! Wir steuern auf Schönes Kap zu!“
Also gelangte das Heer mit der Flotte ans rettende Ufer.
Kaum war das Land nun betreten, da maßen die Römer ihr Lager,
Hoch auf dem Hügel gelegen, ein sicherer Ort gegen Feinde.
Doch die Bewohner des Landes erblickten mit Schrecken die Flotte,
Schreiend und hastig flohen die Menschen von Feldern und Städten.
Männer und Frauen, mit Kindern in Scharen, verließen die Straßen,
Hastig trieben die Hirten ihr Vieh aus den Tälern ins Inland.
Bald schon schien es, als würde ganz Afrika menschenleer stehen.
Selbst in der stolzen Karthago herrschte verwirrende Furcht nun,
Gleich als stünden die Feinde bereits mit dem Schwerte am Tore.
Nie seit den Zeiten von Atilius Regulus und dem Manlius,
Beinahe fünfzig Jahren, erschien ein römisches Kriegsheer,
Nur kleine Truppen, auf Beute bedacht, verbrannten die Felder,
Raubten, so viel sie vermochten, und flohen zurück auf die Schiffe.
Diesmal jedoch war es anders, so wusste ein jeder dort drinnen:
Scipio kam, nicht um zu rauben, er kam, um das Reich zu bezwingen!
Hastig bewaffneten alle, was Arme tragen vermochten,
Tore verschlossen sie schnell, und wappneten Mauern mit Wachen.
Panik durchzog die Stadt, wie wäre sie schon erobert!
Hasdrubal war wohl der Höchste an Rang und Namen und Reichtum,
Königsgeschlecht verband ihn mit mächtigen Herrschern des Landes.
Doch man erinnerte sich: Schon oft war er unterlegen,
Schlachten verlor er zuhauf gegen diesen römischen Feldherrn.
Niemand vermochte den Kriegern Roms in der Schlacht nun zu trotzen.
Furcht und Entsetzen ergriffen die Stadt, als wär’s schon verloren.
Früh dann am Morgen, als tausend Reiter die Strände erreichten,
Sollten sie kundschaften gehen und Römer am Landen hindern.
Doch da begegneten bald sie den römischen wachsamen Posten,
Scipio hatte zuvor seine Reiter gesandt in die Ferne,
Hoch auf den Hügel gestellt, um weite Sicht zu behalten.
Kämpfend begegneten beide sich nun in tödlicher Fehde.
Römer erschlugen so manchen, doch flohen die meisten im Chaos.
Jung war Hanno, der Führer der Reiter, doch fiel er im Kampfe.
Felder verwüstete Scipio gänzlich, plünderte Städte.
Achttausend Menschen gefangen – befreite und Sklaven zugleich.
Doch was die Römer am meisten erfreute, war Masinissas Erscheinen,
Zweihundert Reiter – so sagten die einen – doch viele berichteten tausend.
Er war ein König der Stämme, geehrt durch römische Freundschaft,
Viel hatte er auszustehen, verlor und gewann seine Krone.
Nun war er hier, ein Verbündeter Roms, bereit für die Kämpfe.
Nicht begehrte der Mann den glanzvollen Königstitel,
Doch dem Knaben, dem Letzten des königlichen Geschlechts,
Lacumazes, verlieh er das hohe Amt des Regenten
Und begnügte sich selbst mit dem schlichteren Namen des Schützers.
Denn er trachtete klug nach Bündnissen, stark zu verbleiben,
Nahm zur Gattin ein Weib aus edlem punischem Hause,
Eine Nichte Hannibals selbst, des mächtigen Feldherrn,
Witwe des edlen Oezalces. Gesandte entsandte
Er nach Syphax, um Freundschaft erneut zu flechten mit ihm,
Dass von allen Seiten gestützt er bereit sei zum Kampfe,
Der ihn bald mit Masinissa entflammen sollte in Streit.
Kaum vernommen den Tod des Oheims und dann des Vetters,
Eilte Masinissa aus fernem Hispanien fort,
Zog hinüber nach Mauretanien, wo zu der Stunde
Baga das Königreich führte mit starker, gebietender Hand.
Innig flehte Masinissa, doch mehr als Geleite
Gönnte Baga ihm nicht: viertausend moh'rische Krieger
Gab er ihm mit auf den Weg, doch kein Heer für den Krieg.
Mit den Seinen zog Masinissa sodann nach Numidien,
Hatte zuvor schon Boten gesandt an seine Getreuen,
Die dem Vater gedient und auch ihm zu folgen bereit waren.
Fünfhundert Numider empfingen ihn dort an den Grenzen,
Doch das mohrische Heer zog ab und kehrte zurück.
Weniger war ihm gefolgt, als er hoffte, doch mutig
Schritt er weiter und sammelte Männer mit eigener Kraft.
Thapsus nahte er nun, wo Lacumazes, der Jüngling,
Auf dem Wege zu Syphax schritt mit gehorsamem Tross.
Eilig flohen die Wachen ins schützende Tor der Stadt,
Doch Masinissa stürmte sogleich und nahm sie im Anlauf.
Manche Truppen ergaben sich ihm, doch andere fielen,
Viele entflohen jedoch in der hastigen Flucht mit dem Knaben
Und erreichten Syphax' mächtige, schützende Mauern.
Diese erste geringe, doch ruhmreiche Tat des Helden
Brachte ihm schnell viele neue Getreue ins Feld,
Aus den Feldern und Dörfern strömten Soldaten des Vaters,
Alte Krieger Galas, die ihm zum Throne verhalfen.
Mazaetullus stand zwar mit mächtigen Waffen bereit,
Fünfzehntausend zu Fuß, dazu zehntausend Berittene,
Doch trotz dieser Stärke vertraute Masinissa auf Mut.
Und mit kluger Taktik und kriegserprobten Veteranen
Trug er den Sieg in der Schlacht, der Feind ward besiegt.
Mit wenigen Männern entfloh der besiegte Beschützer
Mit dem Knaben und suchte Zuflucht in karthagischem Land.
So errang Masinissa das Erbe des Vaters zurück,
Doch erkannte er wohl, dass Syphax noch stärker ihm drohte.
Klug begann er, den einstigen Feind zu versöhnen mit Milde,
Bot dem Knaben den Schutz, den einst Gala Oezalces gewährt,
Und auch Mazaetullus versprach er Frieden und Güter.
Lieber wählte der Mann das Heimatland ohne den Thron
Als ein Leben im Exil und fremde unstete Pfade.
Trotz der Mahnungen Karthagos neigten sie sich Masinissa.
Boncar, des Königs Getreuer, ein wackerer, kampferprobter
Feldherr, ward auserkoren, die schwerste der Taten zu wagen.
Viertausend Männer zu Fuß und zweihundert Reiter begleiteten
seinen Zug, und herrliche Lohnung war ihm verheißen,
Brächte er Masinissas Haupt dem König zurücke,
Oder – was größeren Ruhm ihm brächte – ihn lebend gefangen.
Plötzlich überfiel er die Raubenden, ahnungslos schutzlos,
Hieb eine Menge von Kriegern und Herden hinweg von den Hürden,
Trieb mit wenigen Mannen Masinissa hinauf in die Höhen.
Schon schien jegliche Fehde beendet, da schickte der Feldherr
Männer und Vieh zum König zurück und entließ auch
den Großteil des Heeres, da er der Kämpfer nicht weiter bedurfte.
Nur mit fünfhundert zu Fuß und zweihundert Reitern verblieben,
Jagte er Masinissa nach, der entfloh von den Gipfeln.
In einem Engpass fing er ihn ein und sperrte die Wege,
Schlug ihm die Männer zu Boden und rieb die Maesulii auf fast gänzlich.
Doch Masinissa entfloh mit wenigen, kaum fünfzig Reitern,
Kannte die schroffen Pfade, die niemand sonst ihm genommen.
Boncar verfolgte die Spur und erreichte die Tiefeb’ bei Clupea,
Dort umstellte er ihn und schlug die Seinen zu Boden.
Nur vier entkamen dem Stahl mit Masinissa, dem Wunden
Schwer an der Seite brannten, doch kämpfend entfloh er dem Tode.
Bald erkannten die Feinde die Flucht und schickten Verfolger,
Breiteten aus sich im Feld, um jeglichen Ausweg zu schließen.
Doch an des Weges Ende ein Fluss, gewaltig und reißend,
Trennte die Flüchtenden ab von den Reitern des mächtigen Boncar.
Höher als Todesfurcht stand ihr Wille zum Leben,
Stürzten sich ohne Zögern in brausende, strömende Wellen.
Zwei ertranken im Blick der Feinde, doch Masinissa
Fand mit zweien das Ufer und barg sich tief in den Büschen.
Hier nun endete Boncars Jagd, da kein Gegner mehr schien,
Eilte zurück zum König mit Siegesbotschaft der Lüge.
Botschaft trug es nach Karthago, Masinissa sei tot,
Und das Gerücht zog weithin durch Libyens reiche Gefilde.
Doch Masinissa, verborgen im Fels, verbarg seine Wunden,
Pflückte heilende Kräuter, genährt von den mutigen Treuen.
Kaum dass die Schmerzen gewichen, da schwang er aufs Ross sich
Und mit verwegener Kühnheit erneuerte er seinen Anspruch.
Kaum vierzig Reiter sammelte er auf der Fahrt,
Doch bei den Maesulii schallte sein Name und Ehrfurcht
Bebte in Herzen der Männer, da tot er geglaubt ward.
Bald wuchsen Scharen zu Tausenden, Sechstausend zu Fuß,
Viertausend Reiter folgten dem Fürsten, der lebend
Wiedererschien, um sein Recht mit dem Schwert zu verteid’gen.
Nun begann er den Kampf und fiel über Feinde der Karthager,
Warf sich mit stählerner Faust auf das Land der Syphax.
Dies zwang den König zur Wehr, doch klug war Masinissas Rat:
Hoch in den Bergen zwischen Cirto und Hippo gelagert,
Barg er sich hinter den Felsen, von dort die Feinde zu schauen.
Doch Syphax wusste um List und sandte des Nachts seinen Sohn,
Vermina zog durch die Berge, Masinissa im Rücken zu fällen.
Selbst zog er offen zur Schlacht mit glänzenden Heeren,
Wartete nicht und marschierte in stolzer Pracht auf die Höhen.
Masinissa indes bereitete ruhig die Reihen,
Stand auf sicherem Grund, mit Helden gestählt für das Schicksal.
Hart tobte die Schlacht, doch Scharen des Syphax umringten
den Feind, bis schließlich der Sieg auf ihrer Seite entschieden.
Nun war Flucht unmöglich, Masinissas Getreue
Fielen zu Hunderten nieder oder gerieten in Fesseln.
Nur zweihundert blieben, doch Masinissa entkam,
Teilend die Schar in Gruppen, die Feinde zu täuschen.
So floh er, verfolgt von Vermina, der hetzte sein Heer,
Doch klug wich Masinissa, verdoppelte Wege und Spuren,
Bis selbst der Eifrigste matt und erschöpft ihn verließ.
Mit sechzig Reitern gelangte er so an die Syrtis,
Ruhete dort mit Stolz auf den Taten vergangener Tage.
Hier verharrte der Held, bis Rom mit Scipio nahte,
Dies war der Wendepunkt nun für sein schicksalhaft Leben.
In ferner Zeit, als Karthago in Not und in Sorge,
Sanken die Reiter dahin samt ihrem mächtigen Führer.
Doch aus den Trümmern erhob sich ein neuer kriegerischer Geist,
Hamilcars Sohn, der Hanno, gebot nun über die Reiter.
Boten entsandten sie hastig zu Hasdrubal und zu Syphax,
Riefen um Hilfe für Stadt und für Land, das drohte zu fallen.
Scipio lagerte nahe bei Utica, stets auf der Wacht,
Eben gerückt von der Küste, wo Schiffe sicherer ruhten.
Doch war Hanno zu schwach mit den Reitern, die er befehligte,
Nicht vermochten sie Feinde zu schlagen, noch Felder zu schützen.
So vermehrte er eilends sein Heer, zog Krieger zusammen,
Numidier vor allem, berühmt für den Mut und die Schnelligkeit.
Viertausend zählte das Korps, als sie Salaeca nahmen,
Kaum fünfzehn Meilen entfernt von Scipios mächtigem Lager.
Botschaft erreichte den Römer, der höhnte und sprach mit Verachtung:
„Reiter, die Häuser bewohnen im Sommer? So sei es!
Mögen es mehr noch sein, wenn solch ein Führer sie lenket!“
Doch nicht zögerte Scipio lang, er befahl dem Masinissa:
„Reize die Feinde heraus, und locke sie in eine Falle!
Täusche die Furcht nur vor, und wanke im Rückzug behutsam,
Bis ich erscheine und sie von den Flanken her schlage!“
Masinissa gehorchte, ritt bis zu den feindlichen Toren,
Reizte die Feinde zum Kampf, dann wich er langsam zurück.
Rasch folgten die Reiter heraus, vom trunkenen Schlafe geweckt,
Keiner geordnet, noch mit den Bannern der Schlacht versehen.
Dann, als die Horden in Hast aus der Stadt hervorstürmten,
Wendete Scipio schnell sein Heer von den Hügeln hernieder.
Frisch waren Römer und stark, erschöpft und zerstreut die Punier.
Hanno fiel mit den Seinen, inmitten der kämpfenden Scharen,
Tausend erlagen dem Schwert, und zweitausend in Fesseln gefangen.
Reich war die Beute, die Sieger verfolgten die Fliehenden weiter,
Dreißig Meilen und mehr, bis selbst das Schlachten erstarb.
Weit in dem Lande, geplündert von Heeren des römischen Reiches,
Hortete man das Getreide, geraubt aus Feldern und Scheunen,
Siziliens reiche Fracht und Italiens gespendete Vorrat,
Sendend Octavius selbst, den Proprätor, schickte die Schiffe,
Ladend die Gaben, empfangen von Claudius, Herrscher Sardiniens.
Lagerhäuser gefüllt bis zum Rand, so baute man neue,
Stärkend das Heer mit Brot und Korn für kommende Zeiten.
Mangel herrschte an Kleidern; es eilte Octavius willig,
Schickte Boten ins Land, um Stoff und Gewänder zu sammeln.
Rasch ward Hilfe gebracht: zwölf Tausend Tuniken sandte
Sardinien aus, dazu noch zwölfhundert Togen,
Deckend die Leiber der Krieger in künftiger blutiger Schlacht.
Sempronius aber, der römische Konsul von hohem Geblüte,
Zog mit den Seinen nach Bruttium hin, zur Küste von Croto.
Dort, in der flirrenden Glut des Sommers, begegnete Hannibal,
Feindlich dem Römer, gefürchtet von vielen, ein Meister der Kriegslist.
Unerwartet entbrannte das Kampfgetümmel, denn keiner
Hatte die Reihen geordnet, es strömten die Legionen
Durcheinander, in Wirrnissen schlug sich das Schicksal der Waffen.
Roms tapfere Männer, geschlagen, verloren zwölfhundert,
Flohen ins Lager zurück, doch wagte der Feind nicht den Sturmangriff.
Schweigend verließ in nächtlicher Stunde der Konsul die Stätte,
Rief den Licinius her mit eilender Boten Verkündigung,
Doppelter Kraft sich rühmend, zog er erneut in die Schlacht.
Beide Heere nun standen bereit, entschlossen zum Kampfe,
Roms Legionen erneut mit mutigem Herzen gerüstet,
Hannibals Krieger, gestärkt durch jüngsten errungenen Sieg.
Sempronius stellte die eigenen Scharen an vorderster Linie,
Während die Truppen des Licinius hielten die hintere Reihe.
Kaum hatte donnernd der Kampf sich erhoben im Staube der Erde,
Hob der Konsul die Hände empor und schwur eine heilige Weihe:
"Fortuna Primigenia, du göttliche Herrin des Schicksals,
Wenn ich den Feind heut schlage, ein Tempel sei dir geweihet!"
Also gelobte der Mann – und wahrlich, das Glück war ihm hold.
Hannibals Scharen, gebrochen, zerstoben im heulenden Sturme,
Viertausend Leiber bedeckten das blutgetränkete Schlachtfeld,
Dreihundert Mann gefangen, elf Standarten entrissen,
Vierzig Rosse geraubt aus den Feindeslagern der Karthager.
Hannibal, schaudernd ob solcher Verluste, entfloh nach Croto,
Suchte Schutz in der Stadt und mied nun die offne Entscheidung.
Doch in Etruriens Land, an Italiens nördlicher Grenze,
Regte Mago das Volk zur Empörung, lockte die Edlen,
Die in geheimem Entschluss nach Umsturz trachteten leise.
Marcus Cornelius aber, der Konsul, waltete strenglich,
Nicht mit dem Schwerte allein, doch mit harter gerichtlicher Prüfung.
Edle Männer des Landes, die heimlich mit Mago gesprochen,
Stellte er vor sein Gericht, und viele ereilte der Tod.
Andre entflohen in hastiger Furcht, doch folgte Verurteilung,
Ihre Güter entzogen, als Zeichen der römischen Rache.
Während in fernen Gebieten der Krieg und das Schicksal sich wendeten,
Tagten in Rom die gestrengen Censoren, die Väter der Ordnung.
Livius war es und Claudius Nero, die Namen der Männer,
Welchen der Senat die Würde verliehen, zu richten und prüfen.
Sie schritten durch Rom mit harter und unerbittlicher Strenge,
Löschten sieben der Namen aus jener ehrwürd'gen Liste,
Die einst den Senat geschmückt, doch keiner von ihnen
Hatte je einen kurulischen Sitz der Ehre getragen.
Bauten wurden geprüft, es wuchsen neue Straßen,
Von Forum Boarium fort bis hin zu Venus' geweihtem Tempel,
Sitze errichtet zur Rast, zur Zierde der mächtigen Stadt.
Und mit harter Hand ward eine Steuer erlassen,
Salz mit Zöllen belegt, dass reicher der Staat sich bereichre.
So geschah es, dass Livius hämisch verlachte die Menge,
Denn sie hatte ihn einst verdammt und dann ihn erhöht,
Er sah in ihrem Wandel die Torheit des schwankenden Volkes.
Doch als Claudius Nero, sein Feind, ihn des Rechtes beraubte,
Warf er den Fluch auf die Stämme der römischen Bürgerschaft selbst.
Spottend erklärte er sie zu Aerariern, schmälerte ihr Recht,
Duldete einzig die Männer der Maecier unter den Stämmen.
Und so tobte der Streit, bis der Senat sich erhob,
Nicht zu dulden, dass Richter sich selbst in Schande versinken.
Während des Sommers ergriff der Konsul mit stürmender Stärke
Clampetia tief in Bruttiums Land, erzwang sich den Einlass.
Frei ergaben sich Städte sodann: Consentia, Pandos’ia,
samt noch einigen Orten, die minderen Ranges geachtet.
Doch da die Wahl nun nahte, der neuen höchsten Beamten,
rief man den Cornelius fort aus Etruriens Lande,
weil dort nirgends ein Feind die Waffen gegen ihn wandte.
Er nun führte die Wahl: zwei Konsuln hob man als Erste,
Servilius Caepio war’s und Servilius Geminus.
Praetoren erwählte man bald: Cornelius Lentul’,
dazu Quintilius Varus, sodann Aelius Paetus,
und auch Villius Tappulus, beide Aedilen der Plebs noch.
Als nun die Wahl vollendet war, kehrt’ er nach Etrurien.
Aber der Tod entriß in dem Jahre so manchen der Priester,
Stellen wurd’n neu besetzt: Philo ward Flamen des Mars nun,
weil der Regillus fiel, im verflossenen Jahre verschieden.
Pomponius Matho, der Augur war und Bewahrer
heiliger Schriften zugleich, ward ersetzt durch Aurelius,
Cotta besetzte sein Amt, als Augur trat nun ein Jüngling,
Sempronius Gracchus, so früh zu Ehren berufen,
wie man’s selten erlebt in den Weihen der heiligen Ämter.
Wagen aus leuchtendem Gold stellten sie auf in den Tempel,
auf das Kapitol, die curulischen Ädilen ehrten
Livius und Servilius so den römischen Ruhmstand.
Spiele zur Ehr’ der Stadt gabn Aelius und Villius,
zwei volle Tage erstrahlten die festlichen Künste.
Auch ein Gelage für Zeus ward eigens bereitet zum Feste.