EULENSPIEGEL

 

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

 

 

„Und spotten mag gern frohlockender Wahnsinn.“

(Hölderlin)

 

„Sind Narren, wenn sie sich Christen nennen, keine Narren mehr?“

(Bettine von Arnim)

 

 

 

ERSTER GESANG

 

Bei dem Walde, der Ulm genannt, im Kneitlingen-Dorfe

In dem sächsischen Lande ward Eulenspiegel geboren.

Seine Mutter war Anna Wibke, Klaus war sein Vater.

Als die Mutter das Kind geboren, kam es zur Taufe

In der Kirche von Ampleben. Till war sein Taufname daher.

Till von Uetzen, der Burgherr von Ampleben, er war sein Pate.

Ampleben ist das Schloss, das die Magdeburger Soldaten

Fünfzig Jahre zuvor mit Hilfe anderer Städte

Als ein Raubschloss zerstörten. Das Dorf und die heilige Kirche

Waren unter der Obhut eines würdigen Abtes,

Nämlich des Abtes von Sankt Ägidien, der trug den Namen

Arnold Pfaffenmeier, der war ein närrischer Pfaffe.

Als nun Eulenspiegel getauft war im heiligen Becken

Und die Eltern wieder das Kindlein nach Kneitlingen trugen,

Wollte die Taufpatin, die das Kindlein trug auf den Armen,

Eilig gehn über den Steg, der über das Bächlein hinweg ging,

Zwischen Kneitlingen da und Ampleben floss dieser Bach hin.

Und sie hatten nach der Kindstaufe (wie sie der Herr liebt)

Zu viel Bier getrunken, denn es war die Gewohnheit,

Dass man die Kinder nach der Taufe trägt in das Bierhaus,

Trinkt und fröhlich ist, das mag der Vater des Kindes bezahlen.

Da aber fiel die Patin des Kindes vom Steg in die Lache,

Und sie besudelte sich und das Kind so jämmerlich elend,

Dass das Kind fast ertrunken wäre im Wasser des Baches.

Da aber halfen die anderen Weiber der Muhme des Bades

Und dem Kind aus dem Bade heraus und gingen ins Dorf heim,

Wuschen das Kind in einem Kessel mit reinlichem Wasser,

So dass Eulenspiegel ward wieder sauber und reinlich.

So ward Eulenspiegel an einem einzigen Tage

Dreimal getauft, denn einmal im Becken der Kirche,

Einmal in der schmutzigen Lache schlammigen Baches,

Einmal im Kessel der Weiber mit dem reinlichen Wasser.

 

 

ZWEITER GESANG

 

Als nun Eulenspiegel so alt war, dass er vermochte

Auf den Füßen aufrecht zu stehen und Schritte zu gehen,

Spielte er viel mit den jungen Kindern, den Knaben und Mädchen,

Denn er war lustigen Sinnes. Wie ein lustiger Affe

Tummelte er sich auf den Kissen und lag in dem Grase,

Bis drei Jahre vorüber. Da ward groß seine Torheit.

Alle Nachbarn beklagten sich miteinander beim Vater,

Dass sein Knabe ein Narr. Da nahm sich der Vater den Sohn vor,

Sprach: „Wie geht es doch zu, dass alle Nachbarn behaupten,

Du seist ein Narr?“ Till Eulenspiegel sagte: „Mein Vater!

Keinem tu ich was Böses, das will ich deutlich beweisen.

Komm, und setze dich auf dein Pferd, ich werde mich selber

Hinter dich setzen und schweigend mit dir durch die Dorfgassen reiten.

Dennoch werden sie lügen und sagen, was sie nur wollen.“

Also stieg der Vater aufs Pferd und hob auch den Sohn auf.

Da hob Eulenspiegel den nackten Arsch in die Höhe,

Ließ das Volk in sein Arschloch sehen, und setzte sich wieder.

Aber die Nachbarn und Nachbarinnen schimpften und sprachen:

„Schäme dich, Eulenspiegel! Was bist du doch für ein Dummkopf!“

Da sprach Eulenspiegel: „Höre, mein heiliger Vater!

Siehe, dass ich schweige und keinem tue was Böses,

Dennoch sagen die Leute des Volkes, dass ich ein Narr sei.“

Nun aber setzte der Vater Eulenspiegel, den Knaben,

Vor sich auf das Pferd. Till Eulenspiegel saß schweigend,

Aber er sperrte das Maul auf, grinste die Bauern an, höhnisch

Streckte er ihnen die Zunge heraus. Da schimpften die Leute:

„Seht, wie der junge Eulenspiegel ein närrischer Mensch ist!“

Da sprach der Vater: „Du bist in einer Stunde des Unglücks

Unter dem Stern des Unglücks von meiner Anna geboren!

Schweigend sitzt du und tust auch keinem irgendwas Böses,

Und doch sagt das Volk, dass du ein närrischer Mensch seist.“

 

 

DRITTER GESANG

 

Nun zogen Vater Klaus und Eulenspiegel und Anna

In das magdeburgische Land an die fließende Saale.

Dorther stammte die Mutter von Eulenspiegel, die liebe

Anna Wibke. Bald starb der alte Vater des Narren.

Nun blieb die Mutter bei dem Sohne im heimischen Dorfe,

Und sie verzehrten, was sie hatten an leckerer Speise.

Aber so wurde die Mutter arm, da wollte die Mutter,

Eulenspiegel solle ein Handwerk fleißig erlernen.

Eulenspiegel wollte kein Handwerk fleißig erlernen,

Aber er war doch schon sechzehn Jahre im Tale der Tränen.

Aber er tummelte sich und lernte Künste des Gauklers.

Eulenspiegels Mutter wohnte im Haus, dessen Hof ging

An die Saale. Und Eulenspiegel begann, auf dem Seile

Tänzelnd zu gehen. Das trieb er auf dem Dachboden oben,

Weil es nicht sehen sollte Anna Wibke, die Mutter.

Nämlich sie mochte nicht leiden seine kindische Torheit,

Dass er so auf dem Seile sich tummelte, drohend die Mutter

Wollte ihn schlagen. Einmal erwischte sie ihn auf dem Seile,

Nahm einen großen Knüppel und wollte ihn schlagen herunter.

Da sprang er aus dem Fenster hinaus, lief oben aufs Dach und

Setzte sich hin, dass sie ihn nicht mehr konnte erreichen.

So ging das eine Zeit. Und Eulenspiegel ward älter,

Da begann er wieder, froh auf dem Seile zu gehen.

Und er zog das Seil von der Mutter Dachboden über

Das Gewässer der Saale hin zum anderen Ufer,

Hin zu einem gegenüber liegenden Hause.

Viele alte und junge Leute bemerkten das Seil, da

Eulenspiegel drauf laufen wollte, sie kamen gegangen,

Wollten ihn gerne sehen, sie waren neugierig, was doch

Er für ein seltsamen Spiel beginne dort in der Höhe

Und was er wieder für Wunderlichkeiten wollte beginnen.

Als nun Eulenspiegel hoch auf dem Seile im Tanze

War, bemerkte es Anna Wibke, die liebende Mutter,

Aber sie konnte nichts tun, doch schlich sie heimlich von hinten

In das Haus auf den Boden, wo das Seil war gebunden,

Und sie schnitt es entzwei. Da fiel der törichte Jüngling

Unter großem Spott der Leute hinein in das Wasser,

Und er badete tüchtig in der strömenden Saale.

Wie da die Bauern lachten, und laut ihm riefen die Jungen:

„Bade nur lange! Du hast ja schon lange verlangt nach dem Bade!“

Aber das schuf dem Eulenspiegel Verdruss nur und Kummer.

Zwar das Baden machte ihm nichts, wohl aber das Spotten

Und das Geschrei der närrischen Buben. Da dachte er nach, wie

Er das könne vergelten und heimzahlen allen den Spöttern.

Und er hat ausgebadet, so gut er eben vermochte.

 

 

VIERTER GESANG

 

Eulenspiegels Mutter war froh: Er liebte den Frieden.

Aber sie schimpfte, weil er kein Handwerk wollte erlernen.

Schweigend hörte er zu, doch schimpfte weiter die Mutter.

Da sprach Eulenspiegel: „Anna Wibke, o Mutter,

Womit einer sich abgibt, da hat er genug für sein Leben.“

Aber die Mutter sprach: „Ich denke nach deinem Worte,

Seit vier Wochen hab ich kein Brot gehabt in dem Hause.“

Da sprach Eulenspiegel: „Das passt nicht als treffliche Antwort

Auf die Worte der Weisheit, die meinem Munde entflossen.

Siehe, ein armer Mensch, der nichts zu kaun mit den Zähnen,

Fastet wohl am Tage des heiligen Nikolaus, aber

Wenn er etwas zu beißen hat mit den spitzigen Zähnen,

Isst er mit Sankt Martin am Abend die fettesten Gänse.

Also essen wir auch, o Anna Wibke, o Mutter!“

 

 

FÜNFTER GESANG

 

Eulenspiegel ging mit Anna Wibke, der Mutter,

In ein Dorf zur Feier der Weihe der heiligen Kirche.

Eulenspiegel trank da den Rauschtrank, bis er betrunken.

Müde suchte er einen Ort, wo er schlafen kann friedlich,

Wo er keinem etwas zu Leide täte. Im Hofe

Fand er einen Haufen von Körben für goldene Bienen,

Da lagen viele leere Bienenstöcke im Grase.

Er nun kroch in einen leeren Korb, der am nächsten

Bei den Bienen lag, und gedachte, ein wenig zu schlafen.

Und er schlief von Mittag bis gegen Mitternacht. Seine

Mutter meinte, er sei schon wieder nach Hause gegangen,

Da sie nirgendwo sehen konnte den närrischen Jüngling.

In der Nacht aber kamen zwei Diebe und wollten sich rauben

Einen Bienenkorb. Einer sprach zum andern die Worte:

Ich hab immer gehört, der schwerste Bienenkorb, Bruder,

Sei auch der Beste.“ Also sie hoben die Körbe und Stöcke

Einen nach dem anderen auf und kamen zum Korbe,

Darin der Eulenspiegel lag, dem schwersten der Körbe.

„Das ist der beste Bienenstock“, sprachen die närrischen Diebe,

Nahmen ihn auf die Schulter und trugen ihn schnaufend von dannen.

Eulenspiegel erwachte und hörte die Pläne der Diebe.

Es war finster, einer konnte nicht sehen den andern.

Da griff Eulenspiegel vom Korb aus dem vorderen Diebe

In die Locken und riss daran. Der wurde voll Zornes

Auf den hinteren Mann, der hätt ihn am Haare gezogen,

Meinte der Vordere und begann, den Freund zu beschimpfen.

Aber der hintere Dieb sprach: „Träumst du? Wandelst im Schlafe?

Wie denn sollte ich rupfen dir die schwärzlichen Locken,

Kann mit meinen Händen doch kaum den Bienenstock halten!“

Eulenspiegel lachte in sich hinein, und er dachte:

Dieses Spiel will gut werden, das wird ein lustiges Späßchen!

Als die zwei Diebe einen Acker weiter gegangen,

Riss er dem hinteren Mann auch kräftig am lockigen Haare,

So dass der sein Angesicht musste schmerzlich verziehen.

Da ward der hintere Mann noch zorniger als der Genosse,

Sprach: „Ich gehe und trage, dass mir krachen die Schultern,

Aber du ziehst mich am Haar, das mir die Schwarte kracht, Freundchen!“

Aber der Vordere sprach: „Du lügst dir den Hals voll, Genosse!

Wie soll ich dich ziehen am Haar, ich seh doch den Weg nicht!

Ich weiß genau, dass du mich gezogen am lockigen Schopfe.“

Also gingen sie zankend mit dem Bienenkorb weiter,

Stritten miteinander, die närrischen Freunde und Brüder.

Wieder zog Eulenspiegel dem vorderen Dieb an den Haaren,

Dessen Schädel schlug gegen den Bienenkorb. Was für ein Hohlkopf!

Da ward der Mann voll Zornes, er ließ den Bienenkorb fallen

Und schlug blindlings mit den Fäusten des Hintermanns Schädel.

Der ließ auch den Bienenkorb fallen und boxte den andern.

Übereinander taumelten sie, entfernten sich fluchend

Voneinander, keiner wusst, wo der andre geblieben.

Sie verloren sich in der Finsternis lästernd und fluchend,

Ließen den Bienenkorb liegen am Wegrand im tauigen Grase.

Eulenspiegel lugte nun aus dem Bienenkorb, sehend,

Siehe, dass es noch finster war in der Mitte der Nachtzeit,

Also schlüpfte er wieder hinein in den Bienenkorb, immer

Noch berauscht in dem Kopfe von dem berauschenden Tranke,

Er blieb liegen und schlummerte, bis Aurora erschienen,

Gottes goldene Jungfrau mit rosenfingrigen Händen.

Eulenspiegel kroch aus dem Bienenlkorb, rieb dich die Augen,

Wusste nicht, wo er war. Da ging er munter des Weges.

 

 

SECHSTER GESANG

 

In dem Lande Braunschweig im magdeburgischen Stifte

Liegt ein Dorf namens Buddenstadt. Dorthin kam unser Jüngling,

Kam in des lustigen Pfaffen Bernhard heiliges Pfarrhaus.

Bernhard dingte Eulenspiegel als Knecht in dem Pfarrhaus,

Kannte aber nicht die Narrheit unseres närrischen Jünglings.

Bernhard sprach zu Eulenspiegel: „Lustige Tage

Sollst du haben und gute Dienste tun deinem Pfarrherrn,

Essen sollst du das Beste von gebratenem Fleische,

Du sollst essen so gut wie Dagmar, die meine Hausfrau.

Du musst nur halbe Arbeit tun all deine Tage des Dienstes.“

Eulenspiegel sprach: „Ja, mein Pfarrherr, so will ich es machen.“

Und er sah, dass Dagmar, die Hausfrau, ein einäugig Weib war.

Dagmar schlachtete auf dem Hofe zwei Hühner zum Braten,

Steckte die Hühner auf den Spieß und briet sie am Feuer,

Bat den Knecht, sich ans Feuer zu setzen, zu wenden die Hühner,

Er war bereit und wandte die Hühner am Feuer um oftmals.

Als die Hühner nun gar gebraten, da dachte der Jüngling:

„Als der Pfaffe mich dingte, da sprach er, ich solle gut essen,

Solle gut trinken den Rotwein wie der besoffene Pfaffe,

Solle gut essen wie Dagmar, des Pfaffen närrische Hausfrau.

Das geht nicht in Erfüllung bei diesen gebratenen Hühnern,

Eins für den närrischen Pfaffen, eins für die närrrische Hausfrau,

Keins für Eulenspiegel, da hätte der Pfaffe gelogen.

Ich will weise sein, ich ess ein gebratenes Hühnchen,

Dass der Pfarrherr die Wahrheit geredet im Heiligen Geiste.“

Und er nahm ein gebratenes Hühnchen fett von dem Spieße,

Schlang es, ohne Kartoffeln und Brötchen, gierig hinunter.

Als es Essenzeit wurde, kam die Hausfrau des Pfaffen

An das Feuer und wollt die gebratenen Hühner beträufeln.

Aber da sah sie, dass nur ein Huhn am Spieße noch steckte,

Sprach sie zu Eulenspiegel: „Zwei Hühner waren am Spieße,

Wo ist aber nun hingekommen das eine der beiden?“

Eulenspiegel sprach: „O Dagmar, würdige Hausfrau,

Tu nur dein anderes Auge auf, dann siehst du sie beide.“

Als er so über die Hausfrau wegen des Einauges herzog,

Wurde sie böse und zankte mit Eulenspiegel, dem Knechte,

Lief zum Pfaffen Bernhard, erzählte ihm, wie sie verspottet

Worden vom Knechte wegen ihres einzigen Auges,

Wie sie zwei Hühner an den Spieß gesteckt an dem Feuer,

Wie sie ein einziges Huhn nur vorgefunden am Spieße.

Da ging der Pfaffe Bernhard in die Küche zum Feuer,

Sagte zu Eulenspiegel: „Was verspottest du Dagmar,

Meine würdige Hausfrau? Ich sehe genau, dass ein Huhn nur

An dem Spieße steckt, es sind ihrer zweie gewesen.“

Eulenspiegel sagte: „Es sind ihrer zweie gewesen.“

Bernhard sprach: „Wo ist denn das andere Hühnchen geblieben?“

Eulenspiegel sagte: „Das steckt doch da an dem Spieße!

Das hab ich auch Dagmar gesagt, da wurde sie zornig,

Zankte mit mir wie ein altes Weib mit zänkischer Zunge.“

Da begann der lustige Pfaffe Bernhard zu lachen:

„Dagmar kann nicht aufmachen beide Augen zum Sehen,

Denn sie hat nur ein einziges Auge zum Sehen im Kopfe.“

Da sprach Eulenspiegel zum Pfarrherrn: „Meister, du sagst es.“

Sprach der Pfaffe: „Das ist geschehen, und also auch bleib es,

Aber das eine Huhn ist ja dennoch weg von dem Spieße.“

Eulenspiegel sagte: „Das eine Huhn ist nun weg, doch

Steckt das andere Hühnchen ja noch zum Braten am Spieße.

Ich hab das eine fette Hühnchen herunter geschlungen,

Da du gesagt hast, ich solle gut essen wie du und die Hausfrau.

Sonst aber hättest du gelogen, heiliger Priester,

Wenn ihr beiden gegessen, ich hätte gar nichts bekommen.

Dass du an deinen Worten nicht zum Lügner geworden,

Heiliger Priester, darum hab ich das Hühnchen gefressen.“

Bernhard war es zufrieden und sagte: „Mein törichter Diener,

Deinem Pfarrherrn geht es ja nicht um den Braten der Küche,

Aber in Zukunft befolge der Knecht die Worte der Hausfrau.“

Eulenspiegel sagte: „Mir geschehe nach deinem Gebote.“

Was nun aber die Hausfrau dem Eulenspiegel geboten,

Das tat er nur zur Hälfte. Sollt er den Eimer voll Wasser

Holen, so holte er nur den halben Eimer voll Wasser,

Sollte er ein Maß Wein aus dem Wirtshaus bringen dem Pfaffen,

Brachte er nur ein halbes Maß Wein dem trinkenden Pfaffen.

Da bemerkte die Hausfrau, dass er es ihr zum Verdruss tat.

Aber sie wollte ihm selber nichts sagen, sondern die Hausfrau

Dagmar beklagte sich über Eulenspiegel beim Pfaffen.

Da sprach zu Eulenspiegel Bernhard, der lustige Pfaffe:

„Knecht, meine Hausfrau klagt über deine halbherzige Arbeit,

Und ich bat dich, in allem zu folgen dem Worte der Hausfrau.“

Eulenspiegel sagte: „O ja, mein heiliger Priester,

Ich hab nichts andres getan, als was dein Wort mir geboten.

Dass ich mit halber Arbeit könne den Dienst hier verrichten,

Sagtest du mir. Die Magd säh gerne mit zweierlei Augen,

Doch sie hat nur einerlei Auge inmitten der Stirne.

Halbe Arbeit nur tu ich, weil halb sie auch sieht nur.“

Ha, da lachte lauthals Bernhard, der lustige Pfaffe,

Aber Dagmar, die Hausfrau, schimpfte mit zänkischer Zunge:

„Herr! Wenn du behalten möchtest den närrischen Knecht hier,

So verlässt dich Dagmar, deine treuherzige Hausfrau.“

Nun, da musste der lustige Bernhard wegen der Hausfrau

Gegen seinen Willen den Eulenspiegel entlassen.

Aber vor kurzem war der Küster des Dorfes gestorben,

Da die Bauern den Küster aber nicht konnten entbehren,

Einigte sich der Pfaffe mit den närrischen Bauern,

Und so ist Eulenspiegel geweihter Küster geworden.

 

 

SIEBENTER GESANG

 

Eulenspiegel war also im Dorfe Küster geworden,

Durfte nun laut singen in dulce jubilo, also

Ist es recht für einen heiligen Messdiener Gottes.

Da nun der närrische Pfaffe Bernhard hatte zum Küster

Seinen Eulenspiegel, er nahm ihn zum Messknaben gleichfalls.

Nun stand der lustige Pfaffe Bernhard an Christi Altartisch,

War gekleidet in schöne Gewänder, eitel wie Weiber

Kokettierte er mit seinen hübschen Gewändern,

Und er wollte die Messe singen lateinischer Sprache.

Eulenspiegel stand hinter ihm als Messknabe Gottes,

Ordnend dem Pfaffen sein Messgewand, heute wars rosa vor Gaudi.

Da ließ der Pfaffe einen Furz seinem After entfahren,

Dass es laut schallte durch die ganze heilige Kirche.

Da sprach Eulenspiegel: „Meister, was soll das bedeuten?

Opferst du statt des heiligen Weihrauchs an Christi Altare

Lieber das Gas deines Furzes? Ist das ein heiliges Opfer?“

Da sprach der lustige Pfaffe Bernhard, immer betrunken:

„Was geht das dich an? Das ist meine eigene Kirche,

Und ich habe die Macht, in die Mitte der Kirche zu scheißen.“

Eulenspiegel sagte: „ Tust du das, Ehrwürden, will ich

Dir dafür geben ein Fass vom besten germanischen Biere.“

Topp, die Wette galt. Da sagte der närrische Pfaffe:

„Meinst du, dass ich mich solche mutige Taten nicht traue?“

Und er tat einen Schritt und schiss eine riesigen Haufen

Brauner dampfender Scheiße in die Mitte der Kirche.

„Siehe, mein törichter Messknabe, ich hab die Wette gewonnen,

Gib mir nun das versprochene Fass germanischen Bieres.“

Aber da sagte Eulenspiegel: „Das sei mir ferne,

Meister, erst wollen wir messen, ob es auch wirklich die Mitte

Ist der heiligen Kirche, wo du hin hast geschissen.“

Eulenspiegel maß es also von Mauer zu Mauer,

Maß es von Sankt Franziskus bis zur Jungfrau Maria,

Und es war nicht exakt die Mitte der heiligen Kirche.

Also Eulenspiegel gewann ein germanisches Bierfass.

Das vernahm die Hausfrau des lustigen Ehrwürden, Dagmar,

Und sie empörte sich, wie alte Weiber es oft tun,

Sprach: „Mein Herr, du willst von dem närrischen Knecht ja nicht lassen,

Aber er bringt die heilige Kirche Gottes in Schande!“

 

 

ACHTER GESANG

 

Singe, o Göttin Moria, singe den Narren in Christo!

Als das heilige Osterfest nahte, sagte der Pfarrer

Seinem Küster, dem Eulenspiegel: „Hier ist es Sitte,

Dass die Bauern in der heiligen Osternacht spielen Theater

Und das Oster-Mysterium spielen, sakrales Theater,

Wie der Griechen Tragödie stammt vom Dionysos-Kulte,

So spielt unser Mysterien-Drama, wie Jesus vom Tode

Auferstanden! Nun hilf als Dramaturg des Theaters,

Denn es ist Brauch bei uns, dass der Küster lehre die Bauern,

Wie sie Schauspieler werden im Mysterien-Drama.“

Aber Eulenspiegel dachte: „Wie soll das Drama

Von der Drei Marien Wettlauf zum heiligen Grabe

Aufgeführt werden mit den Schauspielkünsten der Bauern?“

Und er sprach zu dem närrischen Pfaffen Bernhard: „Mein Pfarrherr,

Hier ist doch nicht ein einziger Bauer, welcher gelehrt ist.

Du musst mir deine Hausfrau leihen, Dagmar, die Weise,

Die kann etwas Kirchenlatein, kann Lesen und Schreiben.“

Da sprach der Pfaffe: „Nimm, wer immer dir helfen kann, Weibchen

Oder Männchen, auch Dagmar spielte schon öfter Theater.“

Das war der närrischen Hausfrau lieb, sie wollte der Engel

In dem Grab sein, sie kannte das Sprüchlein auswendig, wusste

Wie die Engel lateinisch zu reden im Oster-Theater.

Nun berief sich der Eulenspiegel zwei närrische Bauern,

Georg und Folli, und nahm sie mit zur dramatischen Probe.

Selber wollte er spielen Magdalena, die liebt er,

Georg Maria Salome, Folli Maria Susanna.

Eulenspiegel nun lehrte die närrischen Bauern die Verse,

Die er selber gedichtet, geküsst von der christlichen Muse.

Bernhard aber, der närrische Pfaffe, spielte den Christus

Jesus (geheiligt werde sein Name des einzigen Retters),

Bernhard, der Pfaffe, sollte auferstehen vom Grabe.

Als nun bei der Aufführung Eulenspiegel-Maria

Kam mit Georg-Maria und mit Folli-Maria

Zu dem heiligen Grabe, sie trugen den Rock zu den Füßen,

Sprach der Hausfrauen-Engel den Spruch lateinisch im Grabe:

„Ave, quem quareitis? Wen denn sucht ihr, liebe Marien?“

Da sprach Folli, welcher spielte Maria Susanna,

Wie es ihn Eulenspiegel gelehrt hat, lateinische Verse,

Welche verdolmetscht heißen in derber teutonischer Sprache:

„Siehe, wir suchen das Einaug, die alte Hure des Pfaffen!“

Als das die Hausfrau hörte, dass sie wurde verspottet,

Weil sie einäugig war, und genannt eine heilige Hure,

Wurde sie giftig wie die alten giftigen Hexen,

Sprang aus dem Grab, und gab dem Dichter der Ohrfeige Schallen,

Aber sie schlug daneben und traf den einen der Bauern,

Dem verpasste ein Veilchen sie am geschwollenen Auge.

Als das der andere Bauer sah, da schlug er mit Fäusten

Gleichfalls drein und traf am Kopf die närrische Hausfrau,

Dass der törichten Dagmar sanken die Flügel des Engels.

Als das der Pfarrer-Christus sah, da ließ er die Fahne

Seiner Auferstehung fallen zur staubigen Erde,

Eilte und kam seiner vielgeliebten Hure zu Hilfe,

Fiel den beiden Bauern ins Haar, sich raufend am Grabe.

Dieses sahen die anderen närrischen Bauern des Dorfes,

Liefen herzu, das gab ein lautes Geschrei und Krakeelen.

Unten lagen die zwei Marien, oben der Christus,

Alles ein einziges Knäuel wie von spielenden Hunden.

Aber die Magdalena hatte genutzt ihre Chance

Und sich rechtzeitig fort gemacht, sie lief vom Theater

Fort und floh aus dem Dorfe und kam nimmermehr wieder.

 

 

NEUNTER GESANG

 

In dem Bistum von Magdeburg herrschte ein heiterer Bischof

Namens Reinhard, der war von altem Adelsgeschlechte.

Bischof Reinhard vernahm von Eulenspiegels Vergnügen,

Also ließ er ihn kommen zum Schlosse Giebichensteine.

Diesem heiteren Bischof Reinhard gefielen die Späße

Eulenspiegels sehr, er gab ihm Kleider und Gelder.

Auch die närrischen Diener des Bischofs mochten den Narren

Und sie trieben mit Eulenspiegel mancherlei Kurzweil.

Nun aber hatte der Bischof Reinhard auch einen Doktor,

Einen studierten Doktor mit richtigem Doktordiplome,

Der war amtlicher Doctor physicus, Doctor naturae.

Dieser Doktor Martinus mochte Narren nicht leiden.

Deshalb sprach der Doktor Martinus zu Reinhard, dem Bischof:

„Weise Männer sollen am Hofe Aufnahme finden,

Aber nicht solche Narren mit ihrer teuflischen Weisheit.“

Aber die Ritter des Hofes und die Diener des Bischofs

Sprachen: „Doktor Martinus, du lebst in gewaltigem Irrtum!

Wer nicht hören will Eulenspiegels göttliche Torheit,

Der kann ja gehen nach Buxtehude, sei keiner gezwungen,

Eulenspiegels göttlicher Torheit die Ohren zu öffnen.

Wer da Ohren hat, höre! Dem, der hat, wird gegeben!“

Aber Doktor Martinus sprach im Studien-Stolze:

„Narren zu Narren! Aber besser Weise zu Weisen!

Hat der Bischof Weise um sich, so steht ihm die Weisheit

Gottes in ihrer schönen Herrlichkeit immer vor Augen.

Hat er Narren um sich, so hört er nur teuflische Torheit.“

Aber da sprachen die Ritter des Hofes: „Wer sind die Weisen,

Die sich für weise halten, aufgeblasen vom Wissen

Und der natürlichen Wissenschaft Stolz und satanischem Hochmut?

Da werden viele Wissenschaftler von Toren betrogen.

Das ist recht, dass der Bischof hält Kontakt zu dem Volke,

Denn mit dem Narren vertreibt er der Akedia Sünde.

Und der Narr ist auch gerne, wo ist heiter der Bischof.“

Also kamen die Ritter zu Eulenspiegel und sagten,

Dass er einen Plan machen solle zur strengen Vergeltung,

Und sie baten ihn, er möge sich ausdenken klüglich

Einen Spaß, sie wollten ihm helfen, wie auch der Bischof.

Diesem Doktor Martinus solle sein Wissenschafts-Dünkel

Ausgetrieben werden wie andere Hochmutsdämonen.

Da sprach Eulenspiegel: „Ja, ihr katholischen Ritter,

Ich will dem Doktor Martinus austreiben all seinen Hochmut.“

Also zog Eulenspiegel, der Narr, für einige Wochen

Über Land und dachte da oft an den Spaß mit dem Doktor.

Und er fand auch ein Späßchen, eine rechte Vergeltung,

Und mit dieser Idee kam er nach Giebichensteine.

Er verkleidete selber sich als physischer Doktor

Und studierter Naturwissenschaftler, trug eine Brille,

Gab sich aus als Arzt, denn der Doktor Martinus war krank oft,

Er musste einnehmen mancherlei Medikamente und Pillen.

Und die Ritter berichteten es dem Doktor Martinus,

Dass ein Heiler gekommen, der der Geistheilung kundig.

Nun erkannte der Doktor Martinus nicht unseren Narren,

Ging zu ihm in die Herberge. Schon nach kurzem Gespräche

Nahm der Doktor Martinus den Eulenspiegel zur Burg mit.

Dort begannen sie wieder mit gelehrtem Dispute.

Doktor Martinus sprach zu Eulenspiegel, dem Heiler:

„Kannst du mich befreien von meiner schlimmen Migräne,

Will ich es lohnen dir gern mit Geld und ewiger Freundschaft.“

Eulenspiegel gab Antwort, was so schwatzen die Ärzte.

Er gab vor, der Doktor Martinus müsse für eine

Nacht in des Arztes Bette bei ihm liegen, auf dass er

Könne feststellen, wie er von Natur sei geartet.

„Denn ich möchte dir gerne etwas geben, mein Bruder,

Mein Geliebter, bevor du schlafen gehst in dem Bette,

Davon sollst du schwitzen eines heilsamen Schweißes,

Daran ich merke, welcher Art ist deine Migräne.“

Doktor Martinus ging mit Eulenspiegel zu Bette,

Meinte, alles sei weise, was Eulenspiegel gesagt hat.

Eulenspiegel aber gab dem Doktor Martinus

Als ein Pulver ein Abführmittel vom Fruchtfleisch der Pflaume.

Doktor Martinus glaubte, er solle schwitzen vom Pulver,

Wusste nicht, dass es zum Abführen war von flüssiger Scheiße.

Eulenspiegel nahm einen Topf von tönernem Steingut,

Tat hinein einen Haufen von seiner eigenen Scheiße,

Und er stellte den Topf mit der Scheiße zwischen die Mauer

Und das Bett des Doktoren Martinus, nah an dem Bette.

Doktor Martinus lag an der Mauer im doppelten Bette,

Eulenspiegel lag neben ihm an der anderen Seite.

Doktor Martinus hatte sich gekehrt zu der Mauer.

Da stieg die Scheiße im Topf ihm in die rötliche Nase,

Dass er sich zu dem Bettgenossen umwenden musste.

Als sich der Doktor aber zu Eulenspiegel gewandt hat,

Da gab Eulenspiegel einen lautlosen Furz ab,

Der gewaltig stank. Da drehte sich Doktor Martinus

Und die Scheiße des Topfes stieg ihm wieder zur Nase.

So trieb es Eulenspiegel mit dem Doktor Martinus

Durch die halbe Nacht, er wälzte sich ruhlos im Bette.

Nun aber wirkte das Abführmittel, das Pulver der Pflaumen,

Und es trieb so stark und schnell und scharf und so ätzend,

Dass sich der Doktor Martinus ganz verunreinigt hatte,

Ekelhaft stank. Da sprach der Narr zu Doktor Martinus:

„Wie nun, studierter Doktor! Dein Schweiß hat abscheulich gestunken.

Warum schwitzest du solchen Schweiß abscheulichen Stankes?

Wahrlich, dein Schweiß stinkt übel!“ Der Doktor Martinus

Lag im Bette ruhlos und dachte: „Das rieche ich selber!“

Und er war des Gestankes so voll geworden, des Übels,

Dass er nicht reden mehr konnte. Eulenspiegel den Rat gab:

„Liege nur stille! Ich will gehen und holen die Lampe,

Dass ich betrachten kann, wie es um dich steht, mein Geliebter!“

Als sich Eulenspiegel aufgerichtet im Bette,

Ließ er noch einen würzigen Furz fahren, sagte zum Doktor:

„Wehe, wehe! Mir wird auch ganz schwach schon! Das hab ich von deiner

Schlimmen Migräne und deinem widerlichen Gestanke!“

Doktor Martinus lag da und war so krank und so elend,

Dass er den Kopf kaum aufrichten konnte und betete flehend

Zu der Göttin des Jammers, dass der Arzt ihn verlasse.

Jetzt bekam er ein wenig Luft. Wenn Doktor Martinus

Früher in der Nacht nämlich aufstehen wollte, so hatte

Eulenspiegel ihn festgehalten und wichtig geredet,

Vorher müsse er doch genügend noch schwitzen des Schweißes.

Eulenspiegel war aufgestanden und ging aus der Kammer,

Und der Heilkünstler floh aus der Burg des heiteren Bischofs.

Nun aber erschien am Himmel die rosenfingrige Eos

Und der goldengelockte Hyperion lachte am Himmel.

Da sah Doktor Martinus den Topf mit dem Kot an der Mauer.

Er war so krank und elend, dass sein Gesicht vom Gestanke

Angegriffen aussah. Die Ritter sahen den Doktor,

Sagten: „Guten Morgen, du der Wissenschaft Ritter!“

Aber Doktor Martinus redete schwächlich und elend,

Konnte den Rittern kaum Antwort geben und legte sich jammernd

In den Saal auf die Ruhebank, auf das samtene Kissen.

Nun kam Reinhard, der heitere Bischof, zu Doktor Martinus,

Fragten ihn, wie es ihm ergangen sei mit dem Heiler.

Sprach der Doktor: „Ich bin überrumpelt worden vom Narren!

Dachte ich doch, er sei ein Doctor physicus, aber

Er war wohl mehr ein Doctor ignorantiae, leider.“

Und er erzählte dem Bischof alles, was er erduldet.

Da begannen der Bischof und die Ritter zu lachen,

Sprachen: „Es ist dir ganz nach deinen Worten gegangen,

Denn du sagtest, man solle sich nicht kümmern um Narren,

Denn der Weise würde ja selber töricht bei Toren.

Aber du bist geworden klug durch die Weisheit des Narren,

Nämlich der Geistheiler, das ist Eulenspiegel gewesen.

Den hast du nicht erkannt und hast ihm alles geglaubt doch,

Du bist betrogen worden von deiner eigenen Dummheit.

Wir, die wir uns abgaben mit der göttlichen Torheit,

Kannten den Narren wohl. Wir wollten dich aber nicht warnen,

Da du so weise sein wolltest. Niemand ist ja so weise,

Dass er nicht belehrt werden kann von der göttlichen Torheit.

Wenn aber nirgendwo ein Narr und Spaßmacher wäre,

Woran sollte man dann die wahren Weisen erkennen?“

Da schwieg Doktor Martinus still, der gedemütigt worden,

Und er sang keine Litanei mehr der Göttin des Jammers.

 

 

ZEHNTER GESANG

 

Polens König sang diese patriotische Hymne:

Mutter Polonia, du bist die wahre slawische Roma,

Land der Piasten, du Gefilde der Sonnenwendfeuer,

Unsere Heimat von den Karpaten zur strömenden Weichsel,

Königliches Warschau und barmherziges Krakau,

Siehe, ich weihe die Heimat ganz der Schwarzen Madonna,

Von den Hussiten verletzt, der Göttin vom leuchtenden Berge,

Mutter Maria, Mutter unsrer katholischen Ahnen!

Bei dem hochgeborenen Kasimir, König von Polen,

War ein Abenteurer, der war voll seltsamer Schwänke,

War voll seltener Gaukeleien und spielte die Geige.

Eulenspiegel kam auch ins katholische Polen

Zu dem König von Polen. Der hatte schon manches vernommen

Von dem deutschen Narren, der war ein lustiger Gast ihm.

Aber auch seinen Spielmann Lolek liebt er von Herzen.

Kamen zusammen die deutschen und die polnischen Narren,

Eulenspiegel und Lolek, da erfüllt sich das Sprichwort:

Hast du zwei Frauen im Hause, so wird das Haus nicht gereinigt,

Sind zwei Narren beim König, so gibt es Unheil im Reiche.

Lolek aber mochte den Eulenspiegel nicht leiden,

Eulenspiegel wollte sich nimmer lassen vertreiben.

Das bemerkte der König von Polen, da ließ er sie beide

In den Königssaal kommen. „Bei der Schwarzen Madonna!

Wer von euch den närrischsten Spaß macht, welchen der andre

Nicht kann nachmachen, dem geb ich einen purpurnen Mantel,

Dem geb ich dreißig Silberlinge nach polnischer Währung.

Das soll jetzt geschehn in des Königs Gegenwart. Auf denn!“

Also rüsteten sich die deutschen und die polnischen Narren

Zu dem Gipfel der Torheit und trieben Spiele der Affen,

Denn der Homo Sapiens stammt ja ab vom Schimpansen

Und der Satanas ist ja der Affe des ewigen Gottes.

Da verzogen sie ihre Mäuler und machten Grimassen,

Sprachen Zawlazaw und Kawlakaw und hebräisch,

Suchten zu übertreffen in Torheit einer den andern.

Aber da war es wie im Wettstreit von Moses und Jannes,

Gottes Propheten und des Pharao Magier, nämlich,

Alles, was Eulenspiegel tat, das nachahmte Lolek,

Eulenspiegel auch imitierte die Torheiten Loleks.

Und der König von Polen und die katholischen Ritter

Lachten ein schallendes Osterlachen der slawischen Kirche.

Alle waren gespannt, wer da den purpurnen Mantel

Und die Silberlinge polnischer Währung bekomme.

Da aber dachte Eulenspiegel: „Ein purpurner Mantel,

Dazu die dreißig Silberlinge polnischer Währung,

Das ist sehr gut. Ich will was tun, was ungern ich tue.“

Und er sah wohl, dass es dem König von Polen egal war,

Ob der teutonische oder der polnische Dummkopf gewinne.

Da ging Eulenspiegel froh in die Mitte des Saales,

Zog seine Hose hinunter, entblößte den glänzenden Popo,

Schiss in die Mitte des Königssaals einen Haufen von Scheiße.

Das ist Kenosis, das ist die Selbstentleerung des Sünders!

Dann nahm er einen Löffel und teilte den Kot in der Mitte,

Rief den polnischen Narren Lolek und sprach zu dem Dummkopf:

„Lolek, du polnischer Narr, komm, imitiere den deutschen!“

Und er nahm den Löffel und fraß die Hälfte des Haufens.

Dann bot er den Löffel dem polnischen Narren und sagte:

„Iss du die andere Hälfte! Dann mach du auch einen Haufen,

Teil ihn gerecht, und ich will fressen die Hälfte der Scheiße.“

Da sprach aber Lolek, der Hofnarr des polnischen Königs:

„Nein! Das äffe dir nach der Satanas, Gottes Schimpanse!

Lieber mein ganzes Leben gehe ich nackt durch die Straßen,

Als dass ich fresse von deiner braunen germanischen Scheiße!“

So ward Eulenspiegel gekrönt zum König der Narren.

Und der König von Polen gab ihm den purpurnen Mantel

Und die dreißig Silberlinge polnischer Währung.

Da verließ der deutsche Narr das Königreich Polen,

Über ihn schüttelte lächelnd den Kopf die Schwarze Madonna.

 

 

ELFTER GESANG

 

Eulenspiegel zog nun nach Böhmen zur heiligen Praha!

Praha, die ich in meiner Jugend innig geliebt hab,

Du mit deiner Laurentia in den Tänzen des Frühlings,

Du mit dem Weißwein der Poesie, mit schäumendem Schwarzbier,

Du mit den Alchemisten in dem goldenen Gässchen,

Du mit den Aposteln, die läuten die Glocken der Horen,

Du mit dem heiligen Beichtvater Nepomuk, du mit Ludmilla,

Sei gegrüßt, du keusche Geliebte der Jugend des Dichters!

Aber als Eulenspiegel kam in die goldene Praha,

Lebten da lauter gute und fromme katholische Christen,

Keiner las John Wycliffs Ketzerbibel von England,

Keiner folgte Jan Hus in seinem Hass auf die Eucharistia,

Keiner folgte dem immer besoffenen Erzketzer Luther!

Eulenspiegel erschien als großer weiser Gelehrter,

Nahezu allwissend gab er den Fragen der Wissenschaft Antwort,

Während die andern Gelehrten Fides und Ratio schieden.

Eulenspiegel ließ auch theologische Fragen

Nimmer ohne Antwort, er heftete Zettel mit Thesen

Zu der heiligen Beichte und zum heiligen Ablass

An die mächtige Pforte der Theynkirche mitten in Praha.

Das erregte Verdruss an der Hohen Schule. Und Prahas

Universitätsprofessoren wurden da neidisch

Und die Doktoren der Physik begannen zu lästern.

Professoren, Doktoren und Magister beschlossen,

Eulenspiegel zu prüfen in dem strengsten Gerichte,

Ob er widerrufe die hundert Thesen der Torheit.

Das ward also beschlossen und für richtig gehalten.

Und der Doktor der Physik sollte stellen die Fragen.

Man gab Eulenspiegel zuvor schon schriftlich die Fragen,

Dass er, wenn er erscheint vor Gericht, die Antworten gebe.

Zu dem Doktor der Physik sprach also der närrische Weise:

„Prags Professoren, das sind wahrlich herrliche Wesen!

Sag deinen Herren, ich will so tun und hoffe auch, tüchtig

Zu bestehen als Mann, wie ich es schon immer getan hab.“

Nun versammelten sich die Doktoren und auch die Studenten.

Eulenspiegel brachte mit sich den kräftigen Schankwirt,

Einige aggressive Schlosser und andres Lumpengesindel,

Falls die Studenten wollten mit der Prügel beginnen.

Eulenspiegel stieg auf den Lehrstuhl, der Schule Katheder,

Gab auf die vorgelegten Fragen treffliche Antwort.

Sprach der Doktor der Physik, dieser närrische Doktor:

„Wie viel Eimer voll Wasser sind in dem Ozean drinnen?

Wenn du die Antwort nicht weißt, dann wird dich die Klugheit verdammen

Und die Gelehrsamkeit wird dich mit der Folter bestrafen!“

Eulenspiegel gab Antwort, voll der listigen Schlauheit:

„Doktor der Physik, o du mein Geliebter und Bruder,

Du befehle nur, still zu stehen den Wassern der Erde,

Die an allen Enden der Erde münden ins Meer ein,

Dann will gern ich sie messen wissenschaftlich exakt und

Nenne dir auf Punkt und Komma die Anzahl der Eimer.“

Das aber war dem Doktor der Physik gar nicht möglich,

Also nahm er Abstand von der närrischen Frage.

Nun der Doktor der Physik mit der zweiten der Fragen

Wandte sich vor Gericht an den wahren Narren-Gelehrten:

„Wie viele Tage sind vergangen von Adam bis heute?“

Eulenspiegel gab kurz die Antwort: „Sieben, ich glaube,

Denn am ersten Tag, dem Sonntag, ist Ruhe der Christen,

Und am letzten Tag, dem Samstag, ist Ruhe der Juden,

Und so immer von neuem, so in Ewigkeit immer.“

Nun der Doktor der Physik mit der dritten der Fragen

Wandte sich vor Gericht an den wahren Narren-Gelehrten:

„Sag mir, wo ist der Mittelpunkt und der Nabel der Erde?

Liegt er in Delphi oder in Jerusalem, sag es!“

Eulenspiegel gab kurz die Antwort: „Hier ist die Mitte!

Miss nur nach rechts und nach links und du findest: Hier ist der Nabel!“

Nun der Doktor der Physik mit der vierten der Fragen

Wandte sich vor Gericht an den wahren Narren-Gelehrten:

„Sag, wie weit es ist von der Erde zum heiteren Himmel?“

Eulenspiegel gab kurz die Antwort: „Er ist sehr nahe!

Wenn man im Himmel redet, kann mans auf Erden wohl hören.

Steig nur hinauf gen Himmel, so will ich rufen auf Erden,

Du wirst es hören im Himmel. Anders habe ich Unrecht.“

Nun der Doktor der Physik mit der fünften der Fragen

Wandte sich vor Gericht an den wahren Narren-Gelehrten:

„Sag mir, wie groß ist das Weltall, der gigantische Kosmos?“

Eulenspiegel gab kurz die Antwort: „Zehntausend Meilen,

Wenn ich nicht irre. Willst du das nicht glauben, mein Doktor,

Nun so hole du vom Himmel nur Hyperion, Phöbe

Oder Aphrodite und messe die Größe der Sterne.

Du wirst finden die Wahrheit, es sind zehntausend Meilen.“

Was soll der Doktor der Physik nun weiter noch reden?

Eulenspiegel wusste einfach auf alles die Antwort.

Und nachdem er den Doktor überwunden mit Torheit,

Blieb er nicht lange in Böhmen, weil er befürchtete: „Wehe,

Diese böhmischen Brüder werden mich steinigen! Vale!“

 

 

ZWÖLFTER GESANG

 

Eulenspiegel beeilte sich, nach Tübingens Hoher

Schule zu kommen, nachdem er von böhmischen Brüdern gelitten.

Apropos Tübingen! Hier tragen Mädchen goldene Zöpfe,

Dichter leben im Wahnsinn still in dem Elfenbeinturme.

Und so kam er zur Universität von Tübingen, dort auch

An die Türe zu schlagen die hundert Thesen der Torheit.

Siehe, die Tübinger Theologen lebten entsetzlich

In Erwartung der Endzeit und der Apokalypse.

Darum schrieb Eulenspiegel: „Der Antichrist kommt, der studierte

Theologie in Tübingen auf hebräisch und griechisch!“

Das vernahmen die Doctores theologiae,

Und sie überlegten, wie sie Eulenspiegel bekämpfen

Könnten mit der belesnen Gelehrsamkeit rauchenden Waffen.

Und sie beschlossen, dem Eulenspiegel zum Schüler zu geben

Einen jungen Esel. Es gab ja alte und junge

Esel genug in der Hohen Schule von Tübingen (Stuttgart

Auch hat Unmengen in der Bibel belesene Esel).

Und sie sprachen: „Magister Eulenspiegel, du hast nun

Angeschlagen deine hundert Thesen der Torheit,

Und du behauptest, dass du Lesen und Schreiben kannst lehren

Jede Kreatur, wie auch Franziskus und Jesus

Haben jeglicher Kreatur die Bibel gepredigt.

Darum wollen die Doctores theologiae

Dir einen jungen törichten Esel geben zum Schüler,

Dass du ihn lehrest lesen beides, hebräisch und griechisch,

Dass er Gottes Wort studiere im Urtexte fleißig.“

Eulenspiegel sagte: „Einverstanden, Geliebte,

Aber ich brauche etwas Zeit, denn ein törichter Esel

Ist doch ohne Vernunft und lernt nicht hebräisch und griechisch

Oder das Kirchenlatein an einem einzigen Tage.“

Und sie einigten sich auf zwanzig Jahre als Schulzeit.

Eulenspiegel dachte: „Unser sind drei auf der Erde.

Stirbt der Professor, so bin ich frei, und sterbe ich selber,

Nun, auch ein Esel findet wohl Gnade vor Gottes Gerichte,

Stirbt mein Schüler, was Gott verhüte, so auch bin ich ledig.“

Er nahm also an das Amt eines geistlichen Lehrers,

Forderte jeden Monat tausend Talente von Silber.

Und sie gaben das Geld ihm im Voraus, die geistlichen Väter.

Eulenspiegel nun nahm sich den jungen Esel zum Schüler,

Zog mit ihm in die Herberge „Zu dem Elfenbeinturme“,

Wo in jener Zeit ein wunderlich seltsamer Wirt war.

Er bestellte einen Stall allein für den Schüler,

Kaufte eine Bibel im Urtext, hebräisch und griechisch,

Und mit lateinischen Kommentaren der Väter der Kirche,

Legte nun zwischen jedes Blatt der Byblia Hafer,

Dessen ward inne der junge Esel und blätterte gerne

In dem heiligen Buche, wie sonst auch gern die Erzieher

Locken die Knaben mit Süßigkeiten zur geistlichen Tugend.

Wenn nun der junge Esel keinen Hafer mehr fand im

Buch der Bücher, so brüllte der Rebellische: I-A!

Nun ging Eulenspiegel zu dem Professor der Schule,

Sprach: „Professor, willst du sehn, was mein Schüler gelernt hat?“

Sprach der Professor: „Lieber Magister artium, Eulen-

Spiegel, nimmt dein Schüler denn an die Lehre der Bibel?“

Eulenspiegel sprach: „Er ist ein dummer Genussmensch,

Hat nur Fressen und Saufen und Pissen und Schlafen im Sinne,

Aber zwei Buchstaben weiß er denn doch schon mit kleinem Verstande,

Und besonders die Vokale weiß er zu meistern.

Komm und siehe! wie es unser Meister gesagt hat.“

Nun, der Schüler hatte den ganzen Tag lang gefastet,

Denn es war Freitag. Als nun Eulenspiegel gekommen

Mit dem deutschen Professor und einigen Narren-Studenten,

Legte Eulenspiegel ein neues Buch vor dem Schüler,

Darin geschrieben, wie unser Herr Jesus Christus enthalten

Sich der Speise von Fleisch und Milch und Eiern und Käse

Und nur Kräuter gegessen, wie in Eden einst Eva.

Da der Esel das neue Buch in der Krippe bemerkte,

Blätterte her und hin der törichte Esel im Buche,

Suchte den Hafer, aber fand keinen Hafer im Buche,

Da begann er mit knarrender Stimme zu brüllen sein I-A!

Da sprach Eulenspiegel: „Siehe, ihr Bibelstudierten!

I und A, das kann er schon, und wird wohl noch weiteres lernen.“

Bald darauf starb mit neunzig Jahren der deutsche Professor.

Eulenspiegel verließ den Schüler, es möge der Esel

Ruhig als Esel leben, wie die Natur es bestimmt hat.

Aber der Lehrer nahm sein Geld, die tausend Talente,

Zog von Tübingen fort und dachte bei sich im Stillen:

„Wollte ich weise machen in Tübingen alle die Esel

Und die Eselinnen dazu, das bräuchte ein Leben.

Aber ich mag es nicht tun und lasse besser es bleiben.“

 

 

DREIZEHNTER GESANG

 

Eulenspiegel war reich, ja, reich an göttlicher Torheit!

Als er nun mancherlei närrische Späße getrieben in Deutschland,

Dacht er ans Sprichwort: Alle Wege führen nach Roma.

Also zog er als närrischer Pilger zur Ewigen Roma,

Neben der Jakobsmuschel am Pilgerhut närrische Schellen.

Angekommen in Roma, nahm er Herberge gerne

Bei der gläubigen Witwe Donna Claudia, welche

Einen Mohren zum Diener in der Herberge hatte.

Donna Claudia sah, dass Eulenspiegel sehr schön war,

Schön wie Apollo oder schön wie Bacchus von Nysa,

Und sie fragte: „Woher kommst du, göttlicher Jüngling?“

Er aber sprach: „Ich bin ein frommer germanischer Grieche,

Bin ein Sachse, die widerstanden Carolus Magnus,

Ich ward dreimal getauft und unterwiesen im Glauben

Vom besoffenen Mönchlein Jörg in der sächsischen Wartburg.

Aber nun bin ich gekommen zur Ewigen Roma,

Um mich als treuer Sohn zu erweisen des Heiligen Vaters.

Ja, ich möchte wohl sprechen mit dem Vikarius Christi!“

Donna Claudia sprach: „Mein lieber Freund und Geliebter!

Sehen kannst du den Heiligen Vater, beim Angelus nämlich

Zeigt sich der Heilige Vater stets dem katholischen Volke,

Aber reden mit ihm, das ist selbst mir nicht gelungen.

Zwar ich stamme von altem römischen Adelsgeschlechte,

Stamme von der Vestalin Romas, Claudia, welche

Brachte nach Rom die Magna Mater Cybele, aber

Dennoch hab ich noch nie gesprochen den Heiligen Vater.

Wie willst du das zuwege bringen, germanischer Grieche?

Wenn du es aber erreichst, dass ich mit dem Heiligen Vater

Rede, viva il Pappa, geb ich dir hundert Dukaten.“

Da sprach Eulenspiegel: „Fiat, mir so geschehe!“

Aber Donna Claudia sprach: „Noch ists nicht geschehen.“

Eulenspiegel wartete, bis der Heilige Vater

Sang im Lateran die schöne lateinische Messe.

Als nun der Heilige Vater sang die lateinische Messe,

Drängte in den Lateran auch der sächsische Jüngling,

Drängte sich so nahe wie möglich heran an den Priester.

Als nun der Papst das Hoc est corpum meum gesungen,

Da blieb aufrecht stehen Eulenspiegel, der Deutsche,

Während die Kardinäle vor der Hostie knieten.

Als nun der Heilige Vater den Corpus Christi gespendet,

Da empfingen die Kardinäle den Leib mit dem Munde,

Aber Eulenspiegel nahm den Leib in die Hände.

Nach der Messe sprachen die Kardinäle zum Papste:

„Heiligkeit! Da ist ein schöner Mann in der Messe gewesen,

Der bei der Elevation der Hostie, ja bei der Wandlung,

Bei der Transsubstantiation hat aufrecht gestanden

Und nicht gekniet, wie es recht ist vorm Gottmenschen Christus!

Dann bei der Kommunion hat er nicht empfangen im Munde

Auf der Zunge den Leib des Herrn, vielmehr mit den Händen,

Mit den sündigen Händen hat er berührt den Erlöser!“

Da sprach der Heilige Vater ernst, der Nachfolger Petri:

„Das muss untersuchen die Heilige Inquisition noch.

Wer die Ketzerei nicht bestraft, der sündigt an Christus.

Wenn der Mann so getan, so ist doch ernst zu befürchten,

Dass er ein Ketzer ist und leugnet das Opfer der Messe.

Der ist kein guter Katholik. Man bringe ihn vor mich.“

Nun die Diener des Papstes kamen zum sächsischen Narren,

Dass er solle kommen zur Audienz bei dem Papste.

Eulenspiegel sogleich trat vor den Heiligen Vater,

Küsste dem Heiligen Petrus die purpurroten Pantoffeln.

Da erhob der Heilige Vater die gnädige Stimme:

„Sprich, mein Sohn! Was bist du für ein Mann? Bist du gläubig?“

Eulenspiegel sprach: „Ich bin ein Christenmensch, Papa.“

Sprach der Papst: „Was ist dein Bekenntnis, was ist dein Credo?“

Eulenspiegel sprach: „Ich glaube den nämlichen Glauben

Wie meine Wirtin Donna Claudia. Kennst du die Dame?“

Da ließ der Heilige Vater Donna Claudia kommen.

Nun befragte der Papst Madonna Claudia: „Tochter,

Was ist dein Bekenntnis, sag es mir, was ist dein Credo?“

Donna Claudia sprach: „Ich leb im katholischen Glauben

Der alleine selig machenden römischen Kirche!“

Eulenspiegel stand dabei und fing an zu lachen.

„Heiliger Vater, Diener du der Diener des Christus,

Ich bin auch ein Christ, ein Sohn der Kirche von Deutschland!“

Sprach der Papst: „Dann warum knietest du nicht vor dem Heiland?“

Eulenspiegel sprach: „O Heiligkeit, Nachfolger Petri,

Ich verhielt mich, wie mich gelehrt die germanischen Priester.“

Da gab der Heilige Vater dem Eulenspiegel den Segen.

Eulenspiegel ging nun in seine Herberge wieder,

Mahnte seine Wirtin Madonna Claudia ernsthaft,

Ihm nun auch wie versprochen die hundert Dukaten zu geben,

Da sie mit dem Papste gesprochen. Sie gab ihm den Lohn auch.

Eulenspiegel blieb aber Eulenspiegel, der Dummkopf,

Und die Audienz bei dem Papst hat ihn auch nicht gebessert.

 

 

VIERZEHNTER GESANG

 

Eulenspiegel kam ins Herzogtum Braunschweig in Deutschland,

Kam in ein Dorf zu einem rechten Dorfpfarrer, Winfried,

Der zusammen lebte mit seiner Dienerin Judith,

Die war vierundzwanzig und schön, mit goldenen Locken,

Hohem Busen, die trippelte stolz auf ihren Kothurnen.

Dazu hatte der Pfaffe ein Pferd, eine schneeweiße Stute

Namens Thusnelda, die war sein Ein-und-Alles auf Erden.

Und der Herzog von Braunschweig hatte oft schon gebeten

Diesen fetten Pfaffen um seine Stute Thusnelda.

Aber der Pfaffe schlug es ab dem Herzog von Braunschweig.

Eulenspiegel hatte von diesen Dingen vernommen

Und er sprach zu dem Herzog: „Junger Herzog der Herzen!

Was bekomme ich, wenn ich dir Thusnelda beschaffe?“

Sprach der Herzog: „Ich geb dir den Mantel, welchen ich trage.“

Das war ein Purpurmantel von Samt mit edelsten Steinen.

Eulenspiegel ritt nun zu dem Pfarrhaus des Pfaffen.

Der nahm ihn freundlich auf, ein bequemer, gemütlicher Pfaffe,

Der nicht gerne zur Letzten Ölung wurde gerufen

In der Nacht, denn er liebt es, mit Judith im Bette zu schlafen.

Drei Tage gingen vorüber, als Eulenspiegel erkrankte.

Das war eine böse Krankheit, eine Krankheit zum Tode!

Und er stöhnte und weinte und legte sich leidend zu Bette.

Das tat dem Pfaffen Winfried leid und der reizenden Judith.

Eulenspiegel sagte zum Pfaffen: „Ehrwürden Pater,

Hör meine Beichte, gib mir die Letzte Ölung, das Herrnmahl!“

Pfarrer Winfried wollte selber hören die Beichte

Und ihn aufs schärfste befragen nach all seinen tödlichen Sünden.

„Eulenspiegel, ich bin in Angst um dein Seelenheil! Beichte!“

Eulenspiegel sprach mit dem letzten röchelnden Atem:

„Ich bin unschuldig wie einst Hiob! Einzig allein nur

Einen Flecken trag ich auf meiner sauberen Seele,

Das aber, lieber Winfried, wag ich dir nicht zu beichten,

Weil es dich selber betrifft. Du hol aus der Nachbargemeinde

Pfarrer Jan von Sankt Marien, dem will ich beichten.“

Neugierig ward der Pfaffe Winfried wie schwatzhafte Weiber.

„Eulenspiegel, der Weg ist zu weit zur Nachbargemeinde,

Auch ist Pfarrer Jan ein lässiger Beichtvater. Beichte

Ruhig bei mir, bevor du stirbst, sonst bleibt deine Sünde

Vor dem richtenden Jesus Christus, und ich bin dran schuldig.

Allzu schlimm wird es schon nicht sein, und ich bin versöhnlich,

Gebe gern die Absolution dem reuigen Sünder.

Auch bedenke das Beichtgeheimnis! Ich werde nichts sagen.“

Eulenspiegel sprach: „So nimm mir die Beichte ab, Vater!“

Pfarrer Winfried sprach: „Und hast du mir etwas gestohlen,

Etwa einen goldenen Kelch, dich mit Wein zu besaufen,

Ich bin gutmütig, Knabe, ich verzeihe dir gerne.

Was es auch sei, du sollst es alles mir beichten,

Ich will von Herzen vergeben und werde niemals dich hassen.“

Eulenspiegel sagte: „Ach lieber heiliger Vater,

Du wirst doch zornig. Ich fühl es und fürchte, ich sterbe.

Darum möchte ich beichten. Das weiß der allweise Gott nur,

Ob du mir böse wirst. In Demut und Reue bekenn ich,

Vater, ich habe gesündigt vor Gott und der heiligen Kirche,

Ich hab Hühner getötet, um sie als Braten zu essen.“

Unwillig unterbrach ihn der Pfaffe: „Lässliche Sünde!

Beichte nicht die lässigen Sünden, die Todsünde beichte!“

„Pater Winfried, ich habe mit deiner Geliebten geschlafen!“

„Was! Mit meiner Judith? Wie oft denn habt ihrs getrieben?

Wo und wann und auf welche Weise? Bekenne jetzt alles!“

„Vater, in deinem Pfarrhaus, auf dem gemütlichen Sofa,

Meistens in der Nacht, doch auch am hellichten Tage

Nahm ich sie von oben und unten, von vorne und hinten,

Insgesamt in drei Tagen siebenmal. Ach, ich bereu es!“

Da gedachte der Pfaffe: „Diese Judith, das Luder!

Siebenmal werde ich peitschen ihren schneeweißen Körper!“

Nun erlangte Eulenspiegel Christi Vergebung.

Aber der Pfaffe ging in sein Pfarrhaus, rief seine Judith,

Sagte: „In drei Tagen siebenmal hast dus getrieben

Mit dem Hurenbock Eulenspiegel, du dreckiges Miststück!“

Judith beteuerte ihre Unschuld, die Unschuld vom Lande.

Aber der Pfaffe glaubte ihr nicht und nahm seine Peitsche,

Peitschte das nackte weiße Fleisch der reizenden Judith.

Eulenspiegel lag im Bette und hörte sie schreien,

Lachte und dachte: „Der Herzog kommt noch zu seiner Thusnelda.“

Plötzlich wurde Eulenspiegel gesund. O ein Wunder!

Er stand auf am Morgen und sagte, es gehe ihm besser,

Und er müsse nun fort, und was denn sei er ihm schuldig

Für die Unterkunft und die Verpflegung im heiligen Pfarrhaus?

Aber der Pfaffe war wahnsinnig schon geworden vor Schmerzen,

Er nahm kein Geld vom Narren. Der Narr ging lachend von dannen.

Einmal noch drehte sich Eulenspiegel lachend um, sagte:

„Winfried, du hast das heilige Beichtgeheimnis gebrochen!

Ich will zum Bischof gehen und alles berichten.“

Da fiel der Pfaffe auf die Knie und bettelte jammernd:

„Ich geb dir dreißig Silberlinge, sag nichts dem Bischof!“

„Nein, für hundert Goldstücke auch, ich darfs nicht verschweigen.“

Da rief der Pfaffe mit triefenden Augen die bildschöne Judith,

Eulenspiegel solle ihr sagen, was er begehre,

Nur er solle den Pfaffen nicht an den Bischof verraten.

„Eulenspiegel ist ja barmherzig: Gib mir Thusnelda!“

Winfried liebte Thusnelda, doch musst er dem Narren sie geben.

Eulenspiegel ritt nun nach Wolfenbüttel, Thusnelda

Zu dem Herzog zu bringen. Der Herzog sah schon von ferne

Seine geliebte Thusnelda. Oh die schneeweiße Stute

War sein ganzes Entzücken, auf ihrem Rücken zu reiten!

Solche Schimmelinnen reiten sonst nur die Päpste!

Und der Herzog hielt Wort und gab dem Narren den Mantel.

Aber der Pfaffe Winfried trauerte sehr um Thusnelda,

Peitschte täglich das weiße Fleisch der reizenden Judith,

Bis sie ihm fort lief. Da fehlten dem Pfaffen Thusnelda und Judith.

 

 

FÜNFZEHNTER GESANG

 

Eulenspiegel kam nun ins nordische Hamburg, genauer,

In das vermaledeite Buxtehude, am Arsche

Dieser Welt, da verklagte der Gastwirt Markus den Narren,

Dass er ihm beste Weinflaschen aus dem Keller gestohlen,

Goldne Liebfrauenmilch und dazu den purpurnen Dompfaff.

Eulenspiegel ward verklagt als Räubergeselle,

Störtebeckers Genosse, und er kam ins Gefängnis.

Buxtehudes Pöbel beriet sich über den Narren.

Zwar die dicke, ewig pustende Jessika meinte,

Er sei ein törichtes Kind nur in aller kindlichen Unschuld,

Aber der Gastwirt und die Advokaten des Teufels

Und der Henker Konrad meinten, er sei des Todes!

„Knüpft ihn auf wie den jüdischen Judas hoch an dem Galgen!“

Als nun der Tag der Hinrichtung kam des närrischen Helden,

Da versammelte sich die Buxtehuder Gemeinde,

Da versammelten schwatzhafte Weiber sich, kichernde Mädchen,

Adovokatinnen auch und Advokaten des Teufels,

Gottlose alte Männer, blinde Greisinnen, Kinder,

Nur die Kinder waren stets Eulenspiegel befreundet.

Abergäubische alte Weiber, Furien, Hexen,

Legten die Karten und lasen Eulenspiegels Verdammnis.

Manch ein Mädchen meinte: „Er ist ein Magier Gottes,

Heilige Testamente sind seine Worte am Galgen,

Wohl er flüstert mir zu einen Liebeszauber und segnet

Sterbend mir noch den vielgeliebten Bastard im Schoße!“

Aber die Knaben wünschten Eulenspiegel die Freiheit.

Auf dem Weg zum Galgen war Eulenspiegel ganz stille,

Alle staunten und dachten, dass er verzweifelte, aber

Unter dem Galgen tat schließlich Eulenspiegel den Mund auf:

„Buxtehuder, meine empfindsam geliebten Geliebten!

Vor dem Tode gewährt mir eine einzige Bitte!

Geld hab ich nicht zu vererben, auch nicht Höfe und Häuser,

Keiner braucht sich zu streiten um mein nichtiges Erbe,

Auch von meinen christlichen Brüdern will ich nicht bitten,

Dass sie mir Seelenmessen lesen lassen, wenn sicher

Ich im Fegfeuer büßen und sühnen muss meine Sünden.

Aber eine einzige Gnade sollt ihr gewähren.“

Da erhoben die Buxtehuder christlichen Brüder

Salbungsvoll ihre Stimme und sagten: „Nicht um den schnöden

Mammon bittest du, vielgeliebter Bruder in Christo,

Auch nicht sollen wir zahlen Messen für heilige Seelen,

Das ist gut, Geliebter, eine einzige Gnade

Du erbittest, im Namen Jesu: Gewährt ist die Gnade!“

Da sprach Eulenspiegel: „Geliebte! Brüder in Christo!

Ihr gewährt mir vorm Tode eine einzige Gnade.

Wenn ich gestorben bin, dann zieht mir die Hose herunter,

Dann gebietet dem Gastwirt Markus, den Mundschenk des Teufels,

Und dem atheistischen Henker Konrad, zu kommen,

Mit der sündigen Zunge täglich mein Arschloch zu lecken!“

Die Gemeinde vernahm es und ließ gehen den Narren.

Eulenspiegel zog von Buxtehude von dannen,

Ließ sich nie wieder sehen in Buxtehudes Gemeinde,

Ging nach Österreich zu dem Kloster Heiligenkreuze.

 

 

SECHZEHNTER GESANG

 

Eulenspiegel war fünfzig Jahre alt und gebrechlich,

Und er wollte sich vorbereiten aufs kommende Jenseits,

Wollte ins Kloster gehen, um Buße zu tun und zu beten.

So kam er nach Österreich in den Wienerwald, bat dort

In dem Kloster Heiligenkreuze der Zisterzienser

Um eine gnädige Aufnahme bei dem kindischen Abte

Maximilian, der sprach: „Also Arbeit und Beten

Sei dein Leben fortan. Wir alle haben hier Arbeit.

Du aber bist gebrechlich, so diene du als der Pförtner,

Sitze immer nur ruhig und den Rosenkranz bete,

Tu auch manchmal die Tür auf, aber nicht immer,

Denn sonst fressen uns all die Bettler die Haare vom Haupte,

Sprichwörtlich, denn es sind glatzköpfig Zisterzienser.

Lass nur jeden dritten ein durch die Pforte ins Kloster.“

Eulenspiegel gehorchte. Und von allen die kamen,

Auch von den Mönchen, die kamen von den Pfarreien im Umland,

Ließ er jeden dritten nur ein. Die Mönche verklagten

Eulenspiegel beim Abt Maximilian: „Er sperrt die Tür zu!“

Darauf befragt, gab Eulenspiegel dem Abte zur Antwort:

„Ganz, mein würdiger Abt, hab ich deinen Worten entsprochen.“

Da erkannte der Abt Maximilian, dass er ein Narr war.

„Eulenspiegel, ein andrer soll deines Amtes nun walten.

Du aber zähle nur die Besucher der Mitternachtsmesse.“

Eulenspiegel sprach: „Das ist eine schwierige Arbeit,

Doch mit der Gnade des Herrn und dem Beistand des Heiligen Geistes

Kann ich auch zählen die Mönche in der Mitternachtsmesse.“

Zur Kapelle ging es einige Stufen hinunter,

Diese Kapelle war gewidmet Sankta Karina,

Eulenspiegel brach ein paar Stufen ab von der Treppe.

Nun war der Pater Karl ein frommer Betbruder, immer

War er der Erste zur Messe in der Karina-Kapelle.

Pater Karl kam still zu der Treppe, da fehlten die Stufen,

Dass er stolperte, fiel, ein Bein sich brach in dem Dunkel.

Pater Karl schrie jämmerlich, dass die anderen Brüder

Eilig kamen und sehen wollten, was war geschehen,

Und sie stolperten alle und fielen in Sankta Karina.

Eulenspiegel sprach zu dem Abt: „O würdiger Vater,

Ich hab jeden christlichen Bruder geritzt in mein Kerbholz.“

Da sprach der Abt Maximilian: „Du bist ein Narr und ein Dummkopf,

Und du wirst auch ewiglich bleiben ein Narr und ein Dummkopf!

Geh von Heiligenkreuze fort im Wienerwald, geh mit

Gott, aber geh, du Eulenspiegel, scher dich zum Teufel!“

 

 

SIEBZEHNTER GESANG

 

Muse! Singe mir Eulenspiegels Tod und Begräbnis!

Elend und krank kam Eulenspiegel nach Mölln, um zu sterben.

Und er kam in das Haus einer Ärztin, die eine Närrin

War wie er, die rechte Ariadne dem Bacchus,

Die gab ein Abführmittel ihm statt Medikamente.

Darum nachts bemerkte er, dass er nun abführen müsse,

Und er schiss in des Abführmittels Dose und dachte:

„Staub zu Staub und Asche zu Asche und Scheiße zu Scheiße!“

Als das am Morgen die Ärztin Ariadne bemerkte,

Schickte sie ihn sofort ins Spital „zum Heiligen Geiste“.

Eulenspiegel sprach: „Ich habe immer gebetet

Zu dem Herrn, dass in mich komme des Heiligen Geistes

Freude! Nun aber komm ich in des Heiligen Geistes

Gnade! Kommt er nicht zu mir, so komm ich zu ihm. Und

Gerne sterbe ich in den Armen des Heiligen Geistes.“

Wie eines Menschen Leben, so ist schließlich sein Ende.

Anna Wibke, seine Mutter, hatte vernommen,

Dass ihr Sohn im Sterben liege. „Mein Knabe, mein Knabe!“

Rief die Mutter und weinte. „Wo bist du krank denn, mein Knabe?“

„Mutter, zwischen dem Bett und der Mauer liegt meine Krankheit.“

„O mein Sohn, mein Sohn, sag mir ein liebreiches Wort nur!“

„Mutter, lieblich und süß ist Honig. Iss du nur Honig,

Das ist gut für den Gaumen, so ist die Torheit auch lieblich

Für die Seele. Und Mutter, was ist süßer als Honig?“

„O mein Söhnchen, mein Närrchen, die Idee ists des Honigs!“

Aber Eulenspiegel wurde so krank und so elend,

Dass die ihn betreuenden Schwestern vom Heiligen Geiste

Sagten, er solle die Sterbesakramente empfangen,

Denn der Bruder leiblicher Tod steh schon vor der Türe.

 

 

ACHTZEHNTER GESANG

 

Nun in Mölln in dem Spital des Heiliges Geistes

Sorgte sich Mutter Monika, Schwester des Heiligen Geistes,

Um des Narren Seelenheil und er solle doch beichten.

„Mutter Monika, nicht beim römischen Baalspfaffen Micha

Will ich beichten, sondern, Mutter Monika, Schwester

Von dem Heiligen Geiste, dir will die Sünde ich beichten.“

Da sprach Mutter Monika: „Ich und all meine Schwestern

Von dem Heiligen Geiste lieben dich innig von Herzen.

Willst du dein Herz bei mir ausschütten, lieber Dummkopf, so rede!“

„Mutter Monika, Bruder leiblicher Tod steht vorm Tore.

Nun wirds ernst. Da muss ich eine Sache bereuen.“

„Was denn liegt dir so brennend auf der Seele, mein Lieber?“

„Mutter Monika, einst in meiner törichten Jugend,

Ich war dreißig Jahre alt, sie war siebenundzwanzig,

Ach, sie hatte eine Seele des göttlichen Amor

Und den reizenden Leib einer wahrhaft göttlichen Venus.

Das war die schöne Eva. Und nun muss ichs bereuen,

Dass sich nie die Gelegenheit mir ergeben, die schöne

Eva nur Einmal zu vögeln! Ach das bereu ich von Herzen!“

Mutter Monika sagte: „Das ist alles, mein Lieber,

Was du bereust? Was hier uns fehlt im irdischen Leben,

Das kann Jesus uns geben in dem ewigen Leben.“

„Mutter Monika, noch eine Sache muss ich bereuen.

Nämlich, dass ich nicht allen fünfzigjährigen Weibern

Zugenäht habe ihr sündiges Loch, das wissen sie einzig

Dazu noch zu gebrauchen, mit Unflat die Welt zu bescheißen!“

Aber da wurde Mutter Monika jähzornig böse:

„Ich bin auch ein altes Weib, dazu noch ein schlechtes!“

Siehe, die Schwestern vom Heiligen Geiste können wohl keusch sein,

Sittsam und sanft, doch können sie auch zu Furien werden!

 

 

NEUNZEHNTER GESANG

 

Merkt euch nun, ihr geistlichen und ihr weltlichen Menschen,

Dass ihr eure Seelen nicht mit Geldgier besudelt

Und am Testament eines Toten werden zu Feinden,

Schwester zerstritten mit Schwester und Bruder zerstritten mit Bruder,

Und das Angedenken des Toten wird widrig durch Streitlust,

Wie auch Eulenspiegel es sterbend musste erleiden,

Dass die Simonie der heiligen römischen Kirche

Ihm verbitterte seine letzte Stunde auf Erden.

Nämlich in Mölln ein polnischer Jesuit war der Priester,

Vater Micha, der kam zu Eulenspiegel und sagte:

„Eulenspiegel, es ist die letzte Stunde auf Erden,

Mach deinen Frieden mit Gott.“ - „Ich werde beichten, o Vater.“

Und der polnische Jesuit nahm ab ihm die Beichte.

„Vater, ich habe Frau Torheit mehr geliebt als Frau Weisheit.“

„Sei getrost, mein Sohn, es ist die göttliche Torheit

Weiser als die Philosophie der weltlichen Menschen.“

Und die General-Absolution ward dem Beichtkind gespendet.

Aber der polnische Jesuit begann nun zu plaudern:

„Sprechen wir über dein Testament. Wem willst du vermachen

Denn dein Hab und Gut? Willst du nicht der heiligen Kirche

All deine irdischen Siebensachen sterbend vermachen?“

„Vater, die deutsche katholische Kirche ist reich wie ein Geldsack,

Ja, sie ist schwer beladen mit dem sündigen Mammon,

Aber arm an Heiligkeit und an Jüngerschaft Jesu.

Nein, ich will nicht die reiche deutsche katholische Kirche

Noch bereichern mit dem Mammon, dem Luxus des Teufels.“

„Dann, mein Sohn, gedenke an mich, den polnischen Priester,

Denke an Vater Micha, der dir die Seele erleichtert

Und so großzügig dir die Vergebung der Sünden gespendet.

Mir getrost vermache all deine irdischen Güter,

Und ich werde alljährlich an deinem Tage des Todes

Eine Seelenmesse lesen zu deiner Erquickung

Droben im Fegfeuer, dass du eher kommst in den Himmel.“

„Vater, das ist eine gute Idee, komm morgen noch einmal.“

Da ging Vater Micha vom Totenbette des Narren.

Eulenspiegel aber nahm einen irdenen Topf und

Tat seinen letzten Schiss auf Erden und schiss in den Topf und

Legte oben auf den Haufen Münzen von Silber.

Siehe, am nächsten Morgen kam der polnische Priester.

Eulenspiegel sprach: „O Vater, hier ist mein Erbe,

Hier ist all mein Besitz und was mir lieb war auf Erden,

Nimm dir einige Münzen, und spar den unseligen Mammon

Und verschaff dir durch den unseligen Mammon, Geliebter,

Einen Freund in der ewigen Wohnung, und muss ich auch leiden

In dem Fegfeuer bis zum Jüngsten Tage, so wirst du

Doch in mir einen mächtigen Fürsprecher haben und Engel.

Aber hüte dich nur vor dem Götzendienste der Habgier,

Denn die Liebe zum Geld ist die Wurzel jeglichen Übels,

Nimm nur von oben einige Münzen, bleibe bescheiden,

Greif nicht zu tief in den Topf, es möcht dir die Hände besudeln.“

Vater Micha aber, ganz wie ein römischer Pfaffe

Der germanischen Kirche, griff mit der Hand in die Tiefe,

Dass der Pfennig im Topfe klingle zum Heile der Seele,

Da bemerkte er, dass er in nichts als Scheiße gegriffen!

 

 

ZWANZIGSTER GESANG

 

Wehe, wehe, Eulenspiegel ist tot und gestorben!

Wie er im Testamente seinen Willen bekundet,

Wurde er nicht von weltlich gesinnten Menschen gegraben,

Aber auch nicht von römischen Pfaffen zu Grabe getragen,

Sondern von den Schwestern des Heiligen Geistes beerdigt.

Singe, o Muse, den Katalog der homerischen Schiffe!

Mutter Monika war die geistliche Mutter der Schwestern,

Sie war erfüllt vom Mutterherzen des Heiligen Geistes,

Diente immer der Magna Mater Caritas, diente

Immer dem Mutterschoße der Barmherzigkeit Gottes

Und versorgte die Bettler stets mit Brot und mit Kleidern.

Mutter Maike, von fünfzig Jahren, eine Matrone,

Liebte die Mystik der Benediktiner, der Pater und Mönche,

Auch den heiligen Anselm von Canterbury, ansonsten

War sie Beredsamkeit in Person mit feuriger Zunge.

Schwester Susanne von dem Heiligen Geiste verehrte Susanna

Aus dem Propheten Daniel, sie war selber die Keuschheit

In Person und eine demütig Sanfte und Milde.

Schwester Sabine von dem Heiligen Geiste war Mutter

Aller Waisenkinder auf Erden und betete immer

Um das Heil der Seele all ihrer geistlichen Kinder.

Schwester Steffanie von dem Heiligen Geiste war schön und

Hatte einen kusslichen Mund und hielt es mit Petrus,

Dass sich die heiligen Frauen nicht sollten schmücken und schminken,

Sondern schön und heilig sein am inneren Menschen.

Schwester Dineke von dem Heiligen Geiste war Jungfrau,

Siebzehn Jahre jung, mit langen goldenen Locken,

Sie war schwanger mit einem Kinde vom Heiligen Geiste.

Diese seligen Schwestern von dem Heiligen Geister

Trugen Eulenspiegels Leichnam also zu Grabe,

Und sie sangen mit lautem Halleluja den Lobpreis,

Und sie tanzten den Lobpreis-Tanz an dem Grabe des Narren.

Als nun aber die schwarzgekleideten Sargträger, Männer,

Schwarz wie der Teufel, der Eulenspiegels Seele begehrte,

Wollten den Sarg ins Grab sinken lassen, da kippte der Sarg um,

Da sprang auf der Sargdeckel, Eulenspiegel ins Grab sank,

Aber die Füße voran, so stand er aufrecht im Grabe!

Da sprach Schwester Susanne: „Wie er seltsam auf Erden

War, der geliebte Narr, so ist er seltsam im Grabe,

Lasst uns ihn aufrecht beerdigen, wie er aufrecht gelebt hat.“

Schwester Dineke aber, die Hübsche, die selige Jungfrau,

Warf in Eulenspiegels Grab eine scharlachne Rose.

Dieses aber schrieben die Schwestern schön auf den Grabstein:

„Hier liegt der Narr in Christo Eulenspiegel begraben,

Er soll auferstehen zum heiligen Osterlachen!“