Oper von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
ERSTER
AKT
(Festsaal
im Schloss des Herzogs de Nerval.)
CHOR
DER PROTESTANTEN
Ein
feste Burg ist unser Gott
Und
lauter Wehr und Waffen,
Dem
Papst in Rom gilt unser Spott
Und
Nonnen, Mönchen, Pfaffen.
Wir
glauben an die Schrift allein
Und
glauben nichts als Gnade,
Maria
soll nicht Göttin sein,
Vom
Zopf bis zu der Wade,
Wir
glauben Christus nur, den König!
Ein
feste Burg ist unser Gott
Und
Gott besiegt die Feinde,
Der
Kirche Roms gilt unser Spott,
Wir
sind allein Gemeinde.
Wir
glauben nicht den Leib des Herrn,
Nur
Brot und Saft der Trauben.
Die
Taufe haben wir nicht gern,
Genug
ist nur der Glauben,
Wir
glauben Christus nur, den König!
Martinus
Luther war ein Mann,
Der
vierzehnte Apostel,
Und
ob der Papst auch spricht den Bann,
Was
schert das Fallingbostel,
Was
die Gemeinde von Paris,
Die
echten Protestanten?
Uns
ist allein die Bibel süß,
Das
glauben unsre Tanten,
Wir
glauben Christus nur, den König!
HERZOG
DE NERVAL
Es
ist der Wunsch von Seiner Majestät,
Dass
der Parteien Zank wird beigelegt,
Hier
ist der Protestanten neue Sekte,
Dort
ist der Katholiken alte Kirche.
Ich
bin ein Katholik, ein Sohn von Roma,
Ihr
seid, geschätzte Fürsten Katholiken,
Doch
lud ich einen Protestanten ein,
Den
frommen Pierre de Cygnet, fünfzig Jahre
Gab
Gott der Herr ihm schon das Licht der Augen.
Wir
wollen von den Unterschieden reden
Und
von den Meinungen und von der Wahrheit,
Ob
wir den Frieden finden für die Erde.
Doch!
Unser schönes Frankreich bleibt katholisch!
(Auftritt
Pierre de Cygnet, fünfzig Jahre alt, mit grauem Vollbart, schütterem
Haar, Brille, Tränensäcken unter den Augen, dickem Bauch, krummem
Rücken.)
PIERRE
DE CYGNET
Mein
lieber Herzog de Nerval, mein Bruder
In
Christo, reden wir von Unterschieden,
Doch
glauben wir gemeinsam an den Herrn,
Den
Vater und den Sohn und auch den Geist.
HERZOG
DE NERVAL
Nun,
Meinungen gibts viele in der Welt,
Nur
Eine ist die Absolute Wahrheit.
EIN
FÜRST
Wir
wollen lieber von der Minne singen.
Herr
Pierre, bist du verliebt in eine Dame?
Nimm
dort die Lyra, sing ein Liebeslied!
PIERRE
DE CYGNET
(singt
zur Lyra)
Ich
ging so meine Pfade
Auf
schwarzer Mutter Erde.
Die
Jungfrau rein wie Jade,
Sie
saß auf weißem Pferde.
Sie
ist vom Pferd gefallen,
Ich
hab sie aufgehoben.
Sie
ist mein Wohlgefallen,
Ich
muss sie liebend loben.
Ich
weiß nicht ihren Namen
Und
kenn nicht ihre Heimat.
Der
Schönsten aller Damen
Mein
Herz den süßen Reim hat.
Die
langen blonden Locken!
Die
lichten blauen Augen!
Die
Brüste, die zu Glocken
In
Gottes Kirche taugen!
Vor
allem ihre Nase
Ist
niedlich, hübsch und zierlich,
Ich
rede in Emphase,
Das
Mädchen ist manierlich.
Sie
zählt wohl vierzehn Jahre,
Die
Schönste sie im Städtchen.
Mein
Herz ich offenbare,
Mir
Göttin ist das Mädchen!
DIE
FÜRSTEN
(singen
im Chor ein Trinklied)
Nun
Bacchus komm und Venus,
Bei
Jesus Nazarenus,
Hier
soll kein weißes Brot sein,
Hier
ströme reichlich Rotwein!
Nun
Bacchus mit Cupido,
Äneas
kommt mit Dido,
Die
Flaschen stehen offen,
Die
Sänger sind besoffen!
Priapus
und Silenus,
O
Bacchus, komm mit Venus,
Wir
wollen Amor taufen,
Das
Blut des Bacchus saufen!
Nun
Mars und Venus kommen,
Die
einst in Lust geschwommen,
Den
Venus Brüste baumeln,
Die
trunknen Zecher taumeln!
Ergo
Bibamus!
(Auftritt
Marc, der vierzigjährige Knecht des Pierre de Cygnet, ein
fanatischer Protestant, mit Glatze, bartlos, kleiner Brille.)
MARC
O
Pierre, mein Herr, nun seh ich dich bei den Philistern,
Den
Bürgerlichen und den Weltgeschwistern,
Den
falschen Christen, dass mich packt Entsetzen,
Das
du dich trennst von göttlichen Gesetzen,
Die
gelten ja von Adam an und Abel,
Und
dienst der Venus oder Hure Babel!
EIN
KATHOLISCHER ADLIGER
Du,
Marc, du warst mein Gegner in dem Kriege,
Da
kämpfte ich für Unsre Frau vom Siege,
Da
stritt ich für die Herrin Gottesmutter,
Du
für den Säufer-Mönch, den Doktor Luther,
Doch
biet ich an dir trotz der tiefen Feindschaft,
Denn
Christus hat mit Satan nicht Gemeinschaft,
Dass
wir doch brüderlich den Kelch erheben
Und
trinken auf des Gottessohnes Leben!
MARC
Der
Wein der Katholiken, Gift der Drachen,
Das
Gift soll fließen mir nicht in den Rachen,
Ich
trinke nicht der Hure Babel Geifer!
Herr
Jesus, mich verzehrt nach dir der Eifer!
Vom
Katholiken-Blut bekomm ich Beulen,
Von
Eiter rot, und muss wie Hiob heulen!
DIE
KATHOLISCHEN ADLIGEN
Und
wenn du willst nicht mit den Christen trinken,
Wenn
Katholiken dir wie Eiter stinken,
Kannst
du zumindest singen schöne Lieder
Vom
Wonnebusen und vom weißen Mieder?
MARC
(singt)
Was
ihr nennt Petrus, Felsen,
Das
wird wie Schnee zerschmelzen,
Denn
Petrus ist ein Kiesel!
Ich
fliehe flink wie Wiesel
Und
singe in dem Rotwein-Suff
Nur
Piff, Paff, Puff!
Verlogen
die Papisten,
Nur
Heuchler, Namensschristen,
Der
Herr kann nicht verdauen
Die
abgestandnen Lauen!
Ich
aber sing im Rotwein-Suff
Nur
Piff, Paff, Puff!
Ich
hass die Transmontanen,
Die
auf des Satans Bahnen,
Der
Hure Babel Gatte,
Der
Antichrist, die Ratte!
Ich
fliehe in den Rotwein-Suff,
Sing
Piff, Paff, Puff!
Ich
seh auf sieben Hügeln
Den
Löwen mit den Flügeln,
Der
dient nicht Nazarenus,
Den
reitet nackt die Venus!
Ich
sehs und lall im Rotwein-Suff
Nur
Piff, Paff, Puff!
Ich
sing ein Lied vom Pfaffen,
Wie
schamlos Gottes Affen,
Mit
Mägden Kinder zeugen
Und
von der Gnade schweigen!
Ich
sehs und lall im Rotwein-Suff
Nur
Piff, Paff, Puff!
Die
Mönche Knaben schänden
Mit
den kastrierten Lenden,
Des
Himmelreichs Eunuchen
Den
Kindern Gottes fluchen!
Dass
ichs vergess im Rotwein-Suff,
Im
Piff-Paff-Puff!
Nun
sing ich von den Weibern
Und
ihren nackten Leibern,
Ich
sag die reine Wahrheit,
Die
Weiber sind voll Narrheit!
Ich
sing allein im Rotwein-Suff
Nur
Piff, Paff, Puff!
Statt
von den Überwindern
Man
spricht von schönen Kindern,
Die
spreizen sich mit Reizen
Und
doch mit Liebe geizen!
Da
lieber ich im Rotwein-Suff
Sing
Piff, Paff, Puff!
Auf
Frauenhuld zu harren,
Ist
Götzendienst der Narren,
Man
will die dummen Frauen
Nur
in der Nacktheit schauen!
Nein,
lieber ich im Rotwein-Suff
Sing
Piff, Paff, Puff!
Die
Ehe im Gesetze,
Sie
fangen uns im Netze.
Der
Falter, gleich dem Gotte,
Der
ward zur alten Motte!
Ich
lieg allein im Rotwein-Suff,
Im
Piff, Paff, Puff!
Und
wie die Mädchen plappern
Und
mit den Wimpern klappern,
Wie
töricht jede Nymphe,
Ein
Netz sind ihre Strümpfe!
Ich
bleib allein im Rotwein-Suff,
Im
Piff, Paff, Puff!
Was
sollen mir die Puren,
Die
Hexen und die Huren,
Mit
dreisten Hurenstirnen,
Die
stadtbekannten Dirnen?
Nein,
lieber doch allein im Suff
Mit
Piff, Paff, Puff!
Soll
ich für Narren singen?
Zu
wem die Stimme schwingen?
Ich
sag es derb und barsche:
So
leckt mich doch am Arsche!
Ich
singe nur allein vom Suff,
Vom
Piff-Paff-Puff!
DIENER
Es
kommt Valea nun, die Schöne,
Dem
Dichter fehlen selbst die Töne,
Wie
schön sie ist mit vierzehn Jahren
In
ihren langen goldnen Haaren,
Die
sie umfluten wie die Ranken,
In
ihrem süßen Leib, dem schlanken,
Kommt
sie zu uns auf ihrem Schimmel,
Die
Augen blau wie Morgenhimmel.
Kniet
nieder vor der Maid, der süßen,
Wie
die Madonna sie zu grüßen.
(Auftritt
Valea)
VALEA
Mein
Vater Saint Croix
Ist
Hugenotten-Hasser!
Ich
glaube an den Herrn,
Den
Geist, das Lebenswasser.
Ich
bin bereits verlobt
Mit
de Nerval, dem Grafen.
Doch
ist er mir zu alt,
Ich
will nicht mit ihm schlafen.
Ich
ritt auf meinem Pferd
Und
bin vom Pferd gefallen.
Da
hob mich auf ein Mann,
Der
hat mir sehr gefallen.
Ich
weiß nicht, wer er ist,
Ihm
schenk ich meine Gnade,
Ihm
weih mein Herze ich
In
meinem Leib von Jade.
O
Jesus, du mein Herr,
Maria,
meine Dame,
Bring
mir den Bräutigam,
Mir
sei geweiht sein Name.
PIERRE
Du
bist das Mädchen, schön wie Morgenhimmel,
Die
Dame, die ich schaute auf dem Schimmel,
Ich
sah dich von des Pferdes Rücken stürzen,
Roch
dein Parfüm die Mutter Erde würzen,
Ich
hob dich wieder auf des Schimmels Rücken,
Ich
bin bestimmt, dich ewig zu beglücken.
So
fliegen in der Kerze Licht die Motten.
Doch
bin ich einer von den Hugenotten.
VALEA
Ich
bin verlobt mit de Nerval, dem Grafen,
Doch
will ich nicht mit diesem Alten schlafen.
Ich
möchte heute die Verlobung lösen.
Ich
will nicht Gattin werden eines Bösen,
Der
machte mir die Zeit des Lebens bitter.
Ich
möchte freien meinen Minneritter,
Doch
muss er Unsre Frau Maria minnen
Mit
allen Geistern, Seelen, Gliedern, Sinnen.
PIERRE
Wir
Hugenotten lieben nicht Madonna.
Du
aber bist mir meine Belladonna!
VALEA
Die
Minne überwindet auch die Spaltung,
Dem
Papst gehört die kirchliche Verwaltung,
Er
möge mir erlauben, dich zu lieben!
Glaubst
du nicht an der Sakramente Sieben?
Ist
dir kein Sakrament der Bund der Ehe,
Wo
Gnade wird gespendet in der Nähe,
Wenn
wir erst unsre Seelen reinigen,
Im
Ehebett uns zu vereinigen?
PIERRE
Wie
sagte Doktor Martin Luther?
Die
Ehe ist ein Ding der Welt!
Du
bists, die mehr als Gottes Mutter
Mir
in der schönen Welt gefällt!
So
freien Pfaffen heute Nonnen!
Die
Ehe ist ein weltlich Ding!
Heil,
wenn die Schönste der Madonnen
Ich
in den Bund der Ehe bring!
VALEA
O
Liebe Frau! Verzeihe deiner Magd,
Ich
stehe hier verzaubert und verzagt,
Wenn
keiner mich versteht von den Bekannten,
Ich
lieb, verzeih mir, einen Protestanten!
EIN
PAGE
(tritt
auf)
Hier
ist ein lieber Brief für Pierre du Cygnet.
So
öffne diesen Brief und lies ihn achtsam.
PIERRE
(öffnet
den Brief und liest)
„O
Pierre de Cygnet! Folge meinem Pagen,
Folg
mit verbundnen Augen meinem Pagen,
Der
sicher führt zu einer Schönen Dame.“
FRANZÖSISCHE
ADLIGE
Wir
kennen dieses Siegel auf dem Brief,
Es
ist der Siegellack der Margarethe,
Der
Schwester unsres Königs der Franzosen.
(Der
Page verbindet dem Pierre die Augen.)
PAGE
So
folge mir, ich führe dich zur FRAU!
PIERRE
Geliebter
Page, blind will ich dir folgen.
ZWEITER
AKT
Schloss
und Park von Margarethe
KÖNIGIN
MARGARETHE
Ich
bin verlobt mit dem geliebten Heinrich,
Ist
Heinrich von Navarra Protestant,
So
bin ich eine gute Katholikin.
Doch
lieb ich nicht den Krieg der Religionen,
Wir
glauben alle doch an Jesus Christus,
Vereint
wir sollen Eine Kirche bilden,
Dass
Zeugen wir für Gottes Liebe sind.
Maria,
Königin des Friedens, bitte
Um
Frieden unter allen Religionen.
Du,
Frankreich, bist der Garten Sankt Mariens,
Ich
feire dich mit einem Liebeslied.
(Sie
singt in Gegenwart ihres Hofstaates zur Guitarre)
Ich
liebe dich, du Land der Franken,
Du
bist der Venus Paradies,
Ich
will für meine Freuden danken,
Für
Milch und Quark und Honig süß!
Ich
liebe sehr die Kathedrale
Von
Avignon, da aß den Quark
Madonna
Laura, dass sie strahle,
Wie
liebte sie doch Franz Petrark!
Wie
meeresbreit doch die Garonne
An
dem Atlantik bei Bordeaux,
Die
Toten leben in der Sonne
Und
traurig singt sein Lied Pierrot.
Wie
liebe ich die Pyrenäen,
Den
Hirten und die Herde dort,
Da
ist der Himmelsgott zu sehen,
Der
zu uns kommt in seinem Wort.
Wie
lieb ich in den Pyrenäen
Die
Schicksalsschlucht von Roncevalle,
Wo
Roland starb in Wahnsinnswehen,
Da
Chinas Jungfrau stand am Wall.
Wie
liebe ich den grünen Gave
Und
unsre liebe Frau von Lourdes,
Je
vous salut, Marie, und Ave,
Wie
mystisch ist die Gottgeburt!
Und
das Theater von Orange
Spielt
wieder die Antigone.
Man
sagt zum Leib des Herrn: Je mange,
Und
Manna ist so weiß wie Schnee.
Mahabarata
im Theater
In
Avignon vorm Papstpalast,
Wenn
Krishna führt zu Gott dem Vater,
Des
Hirtenmädchens Seelengast.
Wie
lieb ich doch die Weinterrassen
In
meiner Paradies-Provence,
Nur
lieben, lieben, nimmer hassen,
Das
ist die Botschaft von La France.
O
Grotte du der Steinzeitgöttin,
O
Bacchus und sein Bacchanal,
Hier
liegt man trunken von dem Gotte
Im
Schoß der Göttin in dem Tal.
Und
über der Provence Orion
Erschimmert
und Kallisto schön,
Und
über allem Tochter Zion
Hört
unser liebendes Gestöhn.
Ich
liebe das Paris der Liebe,
Ich
lieb der Liebe Paradies,
Befriedigung
der Liebestriebe
Gab
allen Liebenden Paris!
O
Weisheit du an der Sorbonne,
Studentin
du der Wissenschaft,
Studentin,
schönste Liebeswonne,
Studentin
wilder Leidenschaft!
Wie
liebe ich die Kathedrale,
Die
Gottesmutter von Paris,
Sankt
Franz und seine Wundenmale,
Sankt
Jeanne in Gottes Paradies.
Ich
lieb den Glöckner und den Priester,
Zigeunerin
von Notre Dame,
In
dem Kanal die Rattenbiester
Vertrieb
mit Macht la femme des femmes.
Und
König Ludwig ist mir heilig,
Ich
ehre Vercingetorix.
Wir
wollen leben und nicht eilig
Hinab
ins Schattenreich am Styx.
Das
Kind die Murmel liebt von Marmel,
Die
schöne Mutter ruft: Mon Dieu!
Ich
lieb den Orden sehr des Karmel,
Das
Jesuskind spielt in Lisieux.
O
Frankreich, Königreich der Liebe,
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
Ich
weih das Paradies der Triebe
Dem
kleinen Knaben-Gott Amour!
(Der
Hofstaat beginnt, im Chor der Königin Margarethe ein Lied über den
kleinen Knaben-Gott Amour zu singen.)
CHOR
DES HOFSTAATES
Ich
liebe nur die Lust der Liebe,
Ich
liebe nur die Liebeslust,
Nur
Liebe wollen meine Triebe,
Will
saugen an der Liebe Brust!
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
liebe nur das Glück der Liebe,
Mein
Himmel ist mein süßer Schatz,
Den
raubten mir die Seelendiebe,
Die
in Paris sang wie ein Spatz.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
ehre tief das Leid der Liebe,
Der
Schwermut Herbst und Abendrot,
Tristesse
und Traurigkeit und Trübe
Und
Todestrauer um den Tod.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
war im Paradies der Liebe
Und
lag der Liebe in dem Schoß,
O
dass ich ewig in ihr bliebe,
Die
Göttin Venus, die ist groß.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
immer sing den Sang der Liebe,
Der
Muse Priester und Prophet,
O
dass ich nichts als Minne schriebe,
Als
Troubadour und als Poet.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
sterbe gerne für die Liebe,
Die
Schöne Liebe ist mein Gott.
Die
Torheit in dem Weltgetriebe
Ist
nichts als Nichtigkeit und Spott.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
Ich
hasse sehr den Feind der Liebe,
Den
Kindermörder Satanas,
Gott
geb ihm in der Hölle Hiebe
Und
quäl ihn ohne Unterlass.
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
O
ewig währe meine Liebe,
Sei
Liebe in der Ewigkeit,
Die
Gottesliebe, Frauenliebe,
Die
Wonne in der Seligkeit!
Ich
leb von nichts als Liebe nur,
O
lieber Liebesgott Amour!
KÖNIGIN
MARGARETHE
Frieden
will ich
Zwischen
allen
Katholiken,
Protestanten,
Frommen
Juden
Und
Muslimen,
Schönen
Indern
Und
Chinesen,
Afrikanern,
Indianern,
Frieden
will ich
Hier
in Frankreich,
In
Europa,
Auf
der Erde,
In
dem Kosmos,
In
der Schöpfung,
Gottes
Frieden!
(Auftritt
Valea)
VALEA
O
Herrin meines Herzens Margarethe,
Du
Große Mutter unsre schönen Volkes!
Mich,
Tochter eines Katholikenführers,
Mich
hast du eingeladen an den Hof,
Was
möchte meine Königin von mir?
KÖNIGIN
MARGARETHE
Ich
möchte Frieden in den Konfessionen
Und
keine Glaubenskriege mehr in Frankreich.
Valea,
du der Katholiken Urbild,
Du
Ideal katholischer Gemeine,
Du
sollst den Protestanten Cygnus freien,
Den
Knecht des Herrn, den weisen Bibelfreund.
Denn
Jesus hat nur Eine Braut und Kirche,
Die
allgemein ist, die ihr stiften sollt,
Die
Ehe soll das Schisma überwinden.
VALEA
Den
Pierre soll ich zum Bräutigam erwählen?
O
Liebe, die du bist im Dritten Himmel!
Seit
er mich aufgehoben von dem Fall
Und
mich gesetzt auf meines Schimmels Rücken,
Kann
ich ihn nicht vergessen, denke immer:
Wie
bist du schön, o Pierre,
Wie
bist du gut und lieb!
Wie
lieb ich dich so sehr,
Du
lebst in meinem Trieb!
Wie
bist du schön, o Pierre,
Wie
bist du lieb und gut!
Wie
lieb ich dich so sehr,
Du
glühst in meinem Blut!
Wie
bist du lieb, o Pierre,
Wie
bist du gut und schön!
Wie
lieb ich dich so sehr
Mit
heißem Lustgestöhn!
(Valea
ab. Auftritt Pierre.)
KÖNIGIN
MARGARETHE
Mein
lieber Pierre, du Sohn des Vatergottes,
Der
du der Führer der Partei von Luther,
Ich
möchte, dass du Bräutigam und Mann wirst
Und
eine Katholikin dir zur Frau nimmst.
So
will ich stiften Eine Kirche, die
Ist
heilig, apostolisch, ökumenisch.
PIERRE
Dein
Wort ist mir Befehl, o schöne Fürstin!
In
einer Ehe ist der Mann das Haupt,
Die
Gattin sei am Tage seine Putzfrau
Und
in den Nächten seine schöne Hure!
Ich
Vater nach der Vaterschaft des Herrn
Bestimme,
dass man nicht die Kinder taufe,
Auch
will ich keine Jesusbilder sehen,
Erst
recht nicht die abgöttische Maria,
Wenn
meine Frau mir zustimmt, sag ich Amen.
Wer
ist die Frau, die du mir auserwählt?
KÖNIGIN
MARGARETHE
Valea,
Katholikenführers Tochter.
PIERRE
Die
Dirne ihres Grafen de Nerval?
Ich
fühl den Kuss des Zornes meiner Muse!
(singt)
Weg
mit den Dirnen
Schamloser
Stirnen,
Unzucht
der Brüste,
Ehebruchs
Lüste,
Weg
mit Katholen,
Römern
und Polen,
Weg
mit den Ratten,
Antichrist-Schatten
Babylons
Nutten,
Heidnischen
Putten,
Römischen
Märchen,
Spaltern
von Härchen,
Denkendem
Zweifel,
Dienern
vom Teufel,
Weg
mit Dämonen,
Satans
Äonen,
Weg
mit den Spöttern,
Dienern
den Göttern,
Zornig
Elia
Tötet
Maria,
Ihre
Astarten,
Buhler
im Garten,
Fort
die Madonnen,
Tanzenden
Sonnen,
Weg
mit der Gattin,
Fruchtbarkeitsgöttin,
Schwefelaroma
Heidnischer
Roma,
Teuflischem
Grappa,
Viva
il Pappa,
Weg
mit Sankt Peter,
Irrtum
der Väter,
Fort
die Konzile,
Lüsternen
Spiele,
Fort
mit den Heiden,
Purpur
und Seiden,
Opa
und Oma,
Ewiger
Roma,
Göttlicher
Mutter,
Honig
und Butter,
Ich
glaub an Luther!
CHOR
DER KATHOLISCHEN ADLIGEN
Du
willst Valea nicht, die Wunderschöne,
Dass
sie dein Sündenhaupt mit Gnaden kröne?
Du
willst nicht die Ikone wahrer Christen?
Zählst
weiter dich zu Fundamentalisten?
Du
schmähst die Herrlichkeit der Unbefleckten
Und
achtest mehr die Rebellion der Sekten?
Du
nennst den Rattenschwanz des Antichristen
Den
Papst vom Rom, den Führer wahrer Christen?
Du
wirfst die Hostie vor den wilden Hunden
Und
lässest Christi Leib den Tieren munden?
Du
schmähst die Reine Brust der Gottesmutter
Und
fliehst zur Mannesbrust von Doktor Luther?
Du
willst die eine wahre Kirche spalten,
Du
lehnst die wahre Weisheit ab der Alten?
Wenn
du Maria, Notre Dame, verspottest
Und
Luther, jenen Eiferer, vergottest,
Dann
schlägst du Jesus Christus auf die Wange
Und
tust das Werk des Drachen und der Schlange!
Du
meinst, dass Christus herrscht in deinen Trieben,
Und
willst nicht wie der Herr die Mutter lieben?
Lehnst
du Maria ab, die Magna Mater,
Dann
ist nicht Gott, nein, Satan ist dein Vater!
Willst
du jedoch des Teufels Werk vollbringen,
Maria
aus dem Gotteshaus zu bringen,
So
geht sie zwar, du aber musst dich schämen,
Denn
geht sie, wird den Sohn sie mit sich nehmen.
Dann
werden deine falschen After-Christen
Den
Weg bereiten für die Atheisten.
Sankt
Nikolaus dereinst auf dem Konzile,
Der
Arianer-Hirten waren viele,
Gab
einen Backenstreich dem Oberhetzer,
Die
Gottheit Christi leugnete der Ketzer,
So
schlagen wir die Lutheraner-Affen!
Für
Jesus und Maria! Zu den Waffen!
PIERRE
Ein
feste Burg ist unser Wehr und Waffen!
KÖNIGIN
MARGARETHE
O
Pax vobiscum, meine lieben Brüder!
Man
achte stets das Heilige des Andern!
Die
Katholiken sollen Luther lesen
Und
täglich in der Luther-Bibel lesen,
Die
Lutheraner sollen, wie einst Bach
Und
Luther, Jesu Mutter auch verehren,
Die
Magd des Herrn, des Christentumes Hilfe.
Nie
wieder Krieg! Nie wieder Glaubenskrieg!
Denn
Jesus Christus ist der Friedefürst!
Statt
Feinde sollt ihr Freund und Bruder sein,
Und
einigt euch in Gott, dem All-und-Ein!
DRITTER
AKT
(Platz
am Ufer der Seine in Paris mit Gasthäusern und einer Kapelle im
Hintergrund. Volksgewimmel.)
SONNTAGS-SPAZIERGÄNGER
Spaziergang,
schöner Götterfunken,
Wie
lieben wir doch die Natur,
Wir
sind in die Natur versunken
Und
wandlen so auf Gottes Spur.
Wir
Bürger werden zu Athleten
Durch
der Spaziergangs sanften Sport,
Jedoch
die müßigen Poeten,
Sie
treiben an sich selber Mord.
Wie
munter doch die Gattin plaudert,
Die
sonst so züchtig schweigsam-fromm,
O
wie es da dem Gatten schaudert,
Auch
munter schwatzt der Knabe Tom.
Wie
gern spazieren wir mit Hunden
So
durch das Moor und durch den Wald,
Da
haben Geister wir gefunden,
Der
lieben Toten Aufenthalt.
Spaziergang,
schönster Götterfunken,
Wir
leiden nicht der Faulen Spott,
Den
Pilger sind wir, feuertrunken,
Und
finden beim Spaziergang Gott!
KATHOLISCHE
BETENDE ALTE WEIBER
Ave,
Ave, Große Mutter,
Halleluja
deinem Sohn,
O
du Milch und Seim und Butter,
Führe
uns zu Jesu Thron!
Salve,
Salve, Magna Mater,
Mutter
der Barmherzigkeit,
Herrin
im Sakraltheater,
Geistermutter
Ewigkeit!
Chaire,
Kecharitomene,
Voll
von Grazie und Reiz,
Komm
zu uns mit Magdalene,
Die
ihr standet unterm Kreuz.
O
du Hilfe aller Christen,
Mutter
der Ecclesia,
Kalte
Fundamentalisten
Du
bekehre durch dein Ja!
O
Geliebte, Unsre Dame,
Die
du wohnst in Notre Dame,
Ein
Mysterium dein Name,
Marion,
plus belle des femmes!
STUDENTEN
Wir
Studenten voll Genuss
Singen:
Ergo Bibamus!
Mädchen
geben wir den Kuss
Unten!
Ergo Bibamus!
Lieben
ist das schönste Muss!
Ewig!
Ergo Bibamus!
Knacken
wir des Mädchens Nuss,
Beißen!
Ergo Bibamus!
Nimmer
Luther oder Hus,
Petrus!
Ergo Bibamus!
Die
Doktoren reden Stuss!
Weisheit!
Ergo Bibamus!
Auf
denn, über Jordans Fluss!
Eden!
Ergo Bibamus!
Vor
der Jungfrau knien zum Schluss!
Jesus!
Ergo Bibamus!
SOLDATEN
DER PROTESTANTISCHEN ARMEE
Ein
feste Burg ist unser Gott,
Ist
Mauer und Kanone,
Wir
treiben aus des Papstes Spott
Vom
Antichristen-Throne!
O
gebt uns Katholiken-Blut,
Wir
schwörn bei jeder Sure,
Die
Gott schrieb in die Bibel gut,
Wir
töten Babels Hure!
Denn
Christus Krieger ist und Held,
Elias
schlachtet Heiden,
Wir
wollen uns am Blut der Welt
Der
Katholiken weiden!
Und
ihre Hostie der Monstranz
Wir
werfen vor den Hunden!
Baalspfaffen!
Auf zu Karmels Tanz!
Ja,
ritzt euch nur die Wunden!
Diana
auch von Ephesus,
Maria,
ihren Götzen,
Das
Heer der Christen stürzen muss
Mit
allen ihren Klötzen!
Maria
beten sie ja an
Auf
allen ihren Kuppen!
Wir
sprechen aber unsern Bann
Zu
allen diesen Puppen!
Die
Heiligen verehren sie,
Die
alten Heidengötter!
Zu
der Kanonen Symphonie
Wir
schlachten ab die Spötter!
Nur
Gott allein und Gottes Buch
Und
Sein Prophet ist Luther!
Die
Waffen sprechen unsern Fluch,
Wir
fluchen Gottes Mutter!
ALTE
ZIGEUNERIN
Katzen
pissen, Hunde bissen,
Eulen
schreien, Tote freien,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Schierlingstränke,
junger Schenke,
Liebeszauber,
Turteltauber,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Elixiere,
tote Tiere,
Mondscheinsprüche,
Hexenküche,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Heilungskräuter,
volle Euter,
Baby-Pillen,
Schicksals Willen,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Jahr
Zweitausend, Hexen sausend,
Schlangenlocken,
auf dem Brocken,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Die
Medusen, die Empusen,
Huris,
Peris, Elfen, Faeries,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Lilith,
Satan, Rotte Dathan,
Protestanten,
alte Tanten,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Katholiken,
die Antiken,
Orthodoxe,
Esel, Ochse,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Unbefleckte,
strenge Sekte,
Papst
von Roma, Gottes Oma,
Schwarze
Göttin Bowaneh!
Die
ich Nachts im Traume seh,
Große
Mutter Bowaneh!
ZIGEUNERINNEN-BALETT
Die
sehr schöne Matrone spielt die Mater Divina Sapientia, und ihre drei
reizenden Töchter spielen Virgo Fides, Virgo Spes und Virgo Caritas.
Zum Tanz ertönt eine Musik, etwa wie die Ungarischen Tänze von
Johannes Brahms. Die Matrone tanzt gemessen, anmutig, anständig, die
drei Jungfrauen wirbeln leidenschaftlich um sie herum. Virgo Fides
tanzt mit einem Kruzifix, Virgo Spes tanzt mit einem Anker, Virgo
Caritas tanzt mit einem brennenden Herzen. Mater Divina Sapientia
trägt die Stadt Rom als Krone.
(Nerval
und Saint-Croix. Im Hintergrund Valea, verschleiert)
NERVAL
O
Saint Croix, mein Katholikenführer,
Der
du der Vater bist des Kinds Valea,
Ich
hab Valea mir zur Braut genommen.
SAINT
CROIX
Die
Ehe, Lieber, ist kein weltlich Ding,
Wie
Luther sagt, der Oberste der Ketzer,
Die
Ehe ist ein Sakrament der Liebe
Und
wird im Augenblick des Aktes gültig.
NERVAL
O
Wonne! Die Mysterien des Bettes!
(Auftritt
Marc, Pierre des Cygnets Diener)
MARC
Ich
sage, nieder mit der Hure Babel
Und
nieder mit der Katholiken Göttin!
NERVAL
Was
sprichst du, dummer Fundamentalist?
SAINT-CROIX
Wirf
du die Perle nicht dem Schweine vor.
NERVAL
Hast
du ein Wort vom Protestantenführer,
Von
Pierre de Cygnet, diesem Trauerschwan?
MARC
Hier
ist ein Brief dem Grafen de Nerval.
NERVAL
(öffnet
den Brief und liest)
Nerval,
der du das schöne Kind
Dir
hast zur Braut genommen,
Wie
Katholiken Sünder sind,
Wir
aber sind die Frommen,
Heut
Nacht, wenn Luna schimmert hell,
Ich
fordre auf dich zum Duell!
Willst
du mir rauben meine Braut,
Mir
aus dem Arm das Mädchen,
Mit
Raserei mein Zorn durchhaut
Dein
dünnes Schicksalsfädchen:
Heut
Nacht, wenn Luna schimmert hell,
Ich
fordre auf dich zum Duell!
Ruf
du nur die Maria an
Und
fahr hinab zur Hölle!
Ich
bin ein frommer Gottesmann,
Ob
auch das Blut mir quölle.
Heut
Nacht, wenn Luna schimmert hell,
Ich
fordre auf dich zum Duell!
Mein
Feind auf Leben und auf Tod,
Wir
schießen mit Pistolen,
Und
liegst du tot im Morgenrot,
Dann
wird dich Satan holen!
Heut
Nacht, wenn Luna schimmert hell,
Ich
fordre auf dich zum Duell!
MARC
Nerval,
dein Haupt in Demut neige,
Bist
du bereit? Bist du zu feige?
Hat
Todesangst dich in den Krallen?
Dein
Geist wird in die Hölle fallen!
NERVAL
Nicht
Todesangst, mein Feind, nicht feige,
Ich
sterbe als ein Marterzeuge!
(Marc
ab. Auftritt Dominique, der Narr des Saint-Croix)
SAINT
CROIX
Mein
Narr, willkommen!
DOMINIQUE
In
Lust geschwommen
Bin
froh ich gestern
Mit
Venus-Schwestern!
SAINT
CROIX
Du
Bock der Hure,
Liebst
nicht die Pure?
DOMINIQUE
Das
ist für Fürsten.
Nach
Blut zu dürsten
Komm
ich gelaufen.
O
Tod dem Haufen
Der
Protestanten,
Der
alten Tanten!
SAINT
CROIX
Befehl
vom Orden:
Den
Pierre zu morden!
DOMINIQUE
Den
tu ich hassen,
Ich
kanns kaum fassen,
Geschnitzt
vom Holze,
Der
Hochmutsstolze,
Verachtet
Toren,
Hält
für geboren
Sich
selbst von Adel
Und
ohne Tadel!
Die
Hunde werden
Im
Schlamm der Erden
Das
Blut ihm lecken,
Der
Herr der Zecken
Kommt
auf der Stelle,
Ab
in die Hölle!
SAINT
CROIX
Wenn
Luna schimmert,
Der
Waldwolf wimmert,
Das
Schwert zu zücken
Und
dann im Rücken
Den
Pierre durchbohren,
Hör,
hast du Ohren,
Ist
deines Amtes.
Im
Herzen flammt es
Mir
auf cholerisch,
Mein
Zorn ist sphärisch,
Die
Sternengötter
Mit
Donnerwetter
Dem
Protestanten
Und
seinen Tanten
Mit
Rache zürnen!
O
Sünderstirnen!
DOMINIQUE
O
Heil den Dirnen
Mit
dreisten Stirnen!
(Alle
ab, nur die verschleierte Valea, die alles gehört hat, bleibt. Sie
faltet die Hände, schließt dabei fest die Augen, und bricht dann
auf, Pierres Diener Marc noch zu sprechen. Sie erreicht ihn, bleibt
verschleiert und spricht ihn freundlich an.)
VALEA
O
Marc, du Diener meines liebsten Pierre,
Eil
du zu meinem Bruder,
Denn
Saint-Croix hasst meinen Liebsten sehr
Und
Dominique, das Luder.
Sie
wollen in der Mitternacht gemein
Den
Liebsten mir ermorden,
So
wahr der Herr lebt, Marc, das soll nicht sein,
Bei
Unsrer Frauen Orden.
MARC
Die
Katholiken dienen Götzen,
Die
Priester gehen zu den Metzen,
Rom,
die Tyrannin aller Länder,
Rom
ordiniert die Knabenschänder.
Doch
Pierre, der Protestanten Führer,
Er
hasst Sidonier und Tyrer,
Ermorden
will die Hure Babel
Den
Gottesmann, der rein wie Abel?
In
Romas tragischem Theater
Den
Heros schützt der Göttervater,
Ich
weiß Jehova grimmig zürnen,
Er
zürnt den dreisten Hurenstirnen,
Die
Liebesgöttin wird nichts nützen,
Der
Herr wird Pierre mit Macht beschützen!
(Bewaffnete
Soldaten stürzen auf den Platz, Katholiken und Hugenotten.)
HUGENOTTISCHE
SOLDATEN
Marsch,
Martin Luther, Marsch,
Leck
Rom dir doch den Arsch!
KATHOLISCHE
SOLDATEN
Hurra,
Marie, Hurra,
Mit
uns ist Ich-bin-da!
HUGENOTTISCHE
SOLDATEN
Die
Bombe töte hier
Roms
Antichrist, das Tier!
KATHOLISCHE
SOLDATEN
O
Herr der Heere du,
Greif
ein, o Gott, schlag zu!
HUGENOTTISCHE
SOLDATEN
Die
Gnade ists allein,
Nicht
Fegefeuers Pein!
KATHOLISCHE
SOLDATEN
Marie
im Löwenthron
Führt
uns mit ihrem Sohn!
HUGENOTTISCHE
SOLDATEN
O
Gnade, du erlabst
Allein,
schlitz auf den Papst!
KATHOLISCHE
SOLDATEN
Wer
Heilig Geist bekennt,
Dem
hilft das Sakrament!
HUGENOTTISCHE
SOLDATEN
Die
Hostie gebt dem Hund,
Der
sie empfängt im Mund!
(Getümmel.
Ein Blutbad droht. In einem Triumphwagen erscheint wie eine göttliche
Königin - Margarethe, die Fürstin des Friedens. Posaunen werden
geblasen. Ehrfürchtige Stille tritt ein. Eine Flöte spielt eine
Pastoralmusik, während Margarethe spricht.)
KÖNIGIN
MARGARETHE
O
Pax vobiscum, lieben Brüder!
Wir
singen nun ganz andre Lieder,
Wir
wollen blasen nur hienieden
Die
Flöte, die besingt den Frieden.
Was,
bei dem lieben Gott im Himmel,
Was
ist das hier für ein Getümmel?
Ich
sehe streiten hier die Toren
Mit
Wolfsgebiss und Eselsohren.
Wer
kündet mir den Grund des Krieges?
Seid
euch nur sicher meines Sieges!
MARC
Der
Saint-Croix mit seinem Bruder,
Dem
Dominique, dem Hurenluder,
Die
sind von Sankt Marien Orden,
Die
wollten meinen Pierre ermorden!
Der
Satan ist der Fürst der Tyrer,
Der
hasst den Protestantenführer!
SAINT
CROIX
Der
Luther mit den neunzig Thesen
Ist
wilder als die Irokesen,
Er
schlug die Thesen an die Pforte
Und
spaltete mit seinem Worte
Die
Kirche, die der Leib des Herrn ist!
Maria
unser Morgenstern ist!
MARGATEHE
Ich
wollte doch den Pierre vermählen
Mit
jener schönsten aller Seelen,
Der
allerchristlichsten Valea,
Der
Pax divina, Bona Dea!
NERVAL
Valea
aber ist die Meine!
Wie
schön und lang sind ihre Beine,
Die
Liebe liebt die goldne Mitte,
So
ist es hier in Frankreich Sitte.
KÖNIGIN
MARGARETHE
Zur
Hochzeit, auf, zum Kinderzeugen!
Die
Christenwaffen sollen schweigen!
Euch
totzuschlagen, zu verspotten,
Ins
Licht zu fliegen wie die Motten,
Das
macht dem Christus keine Freude,
Gespalten
seid ihr Satans Beute!
O
makellos Marias Reinheit,
Der
Christus will der Christen Einheit!
(Das
Brautpaar Nerval und Valea zieht mit den Hochzeitsgästen zum
Schloss. Pierre und Marc bleiben zurück.)
PIERRE
Valea,
ach Valea, ach Valea,
Du
meine Pax divina, Bona Dea,
Die
ich geliebt in meinen alten Tagen,
Nun
ist sie Grund für mich nur noch zu klagen.
Verschwunden
sie in eines Andern Zimmer,
Mir
bleibt nur Totenläuten und Gewimmer,
Hier
in den Trümmern meines Lebens heule
Ich
wie der alte Kauz, die blinde Eule.
Kann
ich Valea nicht zur Braut erwerben,
So
warte ich als Eremit aufs Sterben,
Mit
eignen Händen mir mein Grab zu graben,
Kann
ich die reine Gottesmagd nicht haben!
Ich
werde niemals mehr mit Liebe schauen
Auf
Liebesreize andrer schöner Frauen,
Als
Sklave lebe ich im Gottesstaate
Und
als ein Freigeist in dem Zölibate,
Die
Eine oder keine, ist mein Motto.
Ich
schreib die Chronik nun für Kaiser Otto
Und
bitte Gott an allen meinen Tagen:
Sei
gnädig, großer Gott, mich totzuschlagen!
(Pierre
strömen die Tränen über sein Gesicht.)
MARC
Zum
Kriege für der Protestanten Sache!
Herr
Zebaoth, du großer Gott der Rache,
Wie
böse ist der Katholiken Dichten,
Schlag
zu, die Hure Babel zu vernichten!
Tod,
Tod und dreimal Tod den Römer-Metzen,
Die
treiben Hurerei mit ihren Götzen!
Du,
Pierre, sollst auf gerechte Rache pochen!
Maria
hat dir ja dein Herz gebrochen!
VIERTER
AKT
(Zimmer
im Palast des Grafen Nerval.)
VALEA
(allein)
Ich
bin allein mit meiner Liebe,
Ich
bin in dieser Welt allein,
Es
sind um mich nur kalte Diebe,
Die
überlassen mich der Pein.
Ich
taumle traurig durch die Sphären
Und
durch die Nacht und übers Meer,
Ich
will ein Herz allein verehren,
Das
Herz von meinem lieben Pierre.
Doch
der Geliebte ist so ferne,
Ich
bin allein in dunkler Nacht.
Am
Himmel stehen keine Sterne,
Kein
Mond zeigt sich in seiner Pracht.
Sie
wollen alle mich vermählen
Mit
irgend einem Erdenmann.
Doch
in dem Himmel unsre Seelen
Sich
sehen wie Geschwister an.
Nun
strömen mir die Tränenschauer,
Vom
Herzen tropft mir schwarzes Blut,
Bin
ich vermählt denn mit der Trauer?
Allein
verzehrt mich meine Glut!
Ach
Liebster, alles was wir müssen
In
dieser finstern Erdennacht
Ist,
dass wir uns voll Liebe küssen,
Dass
selig unser Amor lacht!
(Auftritt
Pierre.)
PIERRE
Geliebte,
einmal noch dich sehen
Ist
alles, was ich noch begehr!
Wir
werden einmal auferstehen,
Valea
du und ich dein Pierre!
Noch
einmal sehen deine Finger,
Die
schlanke weiße Mädchenhand!
Was
sollen mir die jungen Dinger,
Ich
bin ja nur für dich entbrannt!
Noch
einmal sehen deine Nase,
Das
schönste Näschen auf der Welt!
Wie
bin ich trunken vor Ekstase
Und
schwebe auf zum Himmelszeit!
Noch
einmal deine langen Locken,
Die
schönsten Haare goldenblond!
Da
läuten alle Kirchenglocken,
O
Sonne du, die mich besonnt!
Noch
einmal sehen deine Augen,
Die
funkeln wie der Morgenstern!
Ich
will dem Licht am Busen saugen,
Das
strahlt aus deinem Seelenkern!
Noch
einmal sehen deine Lippen,
Die
lächeln witzig und charmant!
Noch
lieber als am Wein zu nippen
Ist
mirs, zu küssen deine Hand!
Noch
einmal sehen deine Füße,
Chinesische
Prinzessin mein,
Ich
bet dich an, du Zuckersüße,
Ich
bet dich an und bin ganz dein!
Nun
aber muss ich Abschied nehmen,
Dies
Scheiden ähnelt sehr dem Tod!
Der
Tod wird mir das Leben lähmen,
Ich
sterbe nackt in Nacht und Not!
(Geräusche,
Schritte von draußen, Rufe.)
VALEA
Mein
Vater kommt mit seinem Haufen,
Sie
kommen zornig angelaufen,
Mit
deinem Blute sich zu röten,
Sie
wollen meinen Liebsten töten,
Verberge
deiner Schönheit Schimmer
In
meinem Schrank in meinem Zimmer!
(Pierre
schlüpft in Valeas Schrank. Auftritt Saint-Croix, Graf de Nerval und
andere Katholiken.)
SAINT-CROIX
Die
Wahrheit Krieg will führen mit den Ketzern,
Mit
Luther, Calvin, Zwingli, diesen Hetzern,
Der
Protestanten Seelen gehn verloren,
Die
Weisheit duldet länger nicht die Toren.
Bevor
verdunkelt wird des Glaubens Helle
Und
Menschenseelen fahren in die Hölle,
Wir
werden dazu nicht mehr müßig bleiben,
Bereit,
des Aufstands Dämon auszutreiben,
Wir
lassen Unsre Frau nicht mehr verspotten,
Zum
Schwerte greift, den Frevel auszurotten,
Mit
Stumpf und Stiel das Unkraut zu verbrennen,
Die
Lügner, die zur Bibel sich bekennen
Und
taten doch das Buch der Kirche rauben
Und
die veränderten den wahren Glauben,
Sie
sollen sich nun unsern Schwertern fügen
Und
länger nicht von Gottes Gnade lügen,
Denn
Satan war seit jeder Zeit häretisch,
Und
wie Elias will ich nun prophetisch
Die
Pfaffen Baals dem wahren Gotte morden,
Kreuzritter
sind wir von dem Tempel-Orden,
Wir
Ritter Unsrer Frau und Jesu Freunde,
Wir
schwören Tod dem Satan, Gottes Feinde,
Wir
schwören Tod der ganzen Rotte Dathan,
Tod
allen Protestanten und dem Satan!
KATHOLIKEN
Die
Kirche triumphiert, die reine Mutter,
Die
Sünder werden zum Kanonen-Futter!
GRAF
DE NERVAL
Wir
sollten lieber streiten mit den Zungen
Und
voll von nüchternen Begeisterungen
Verkünden
in der himmlisch reinen Klarheit
Die
makellose unbefleckte Wahrheit,
Wir
sollten führen streitende Dispute,
Die
Wahrheit siegt im Streit, die schöne, gute,
Es
unterliegen dann der Ketzer Sekten,
Spricht
ein Gelehrter von der Unbefleckten,
Ein
Theologe von der Makellosen,
Dann
sehn das Kreuz umrankt sie von den Rosen,
Der
Mystik Rose wird sie überzeugen,
Und
Luther, Calvin, Zwingli werden schweigen.
SAINT-CROIX
Was
hat der Teufel mit dem Herrn zu schaffen?
Auf,
meine Katholiken, zu den Waffen,
Auf
in den Krieg, um völlig auszurotten
Die
Bauernrotten und die Hugenotten!
Den
Grafen de Nerval jedoch, der später
Uns
wohl verraten möchte, der Verräter,
Der
will der Lüge Hässlichkeit versöhnen
Mit
Gottes Wahrheit, der vollkommen schönen,
Den
sollt zur Züchtigung der Leidenschaften
Ihr
in den Kerker schließen und verhaften!
(Die
Katholiken nehmen de Nerval gefangen.)
SAINT-CROIX
Wenn
der Kapelle Glocken dreimal läuten,
Dann
macht euch auf zum Kampf mit Luthers Leuten!
(Auftritt
Dominikaner-Mönche)
MÖNCHE
Im
Namen Gottes, des Dreifaltigen,
In
Jesu Namen, Menschgestaltigen,
In
Geistes Namen, allzeit fröhlichen,
Im
Namen Unsrer Frau, der Seligen,
Nun
mit den Waffen, den gesegneten,
Wie
Feuer einst und Schwefel regneten,
Mit
Waffen, von dem Geist versiegelten,
Auf,
auf zum Kampfe, dem geflügelten,
Und
rottet mit des Schwertes Schwere sie
Vollkommen
aus, die deutsche Häresie!
(alle
ab. Valea holt Pierre aus dem Schrank.)
PIERRE
Ich
muss nun schnell zu meinen Glaubensbrüdern,
Die
fromme Liebe ihnen zu erwidern,
Zu
warnen sie vor Romas Götzendienern!
Wir
sind ein Lazarett von Medizinern.
VALEA
Ach
dass mein Schatz in meinen Armen bliebe!
Was
will denn Gott von uns als nur die Liebe?
Lass
du die Reiche doch den Alexandern
Und
den Cäsaren und den tausend andern,
Lass
du die Weltgeschichte und ihr Drama
Und
diene nur dem Gott der Liebe Kama!
PIERRE
Mich,
den die eigne Mutter stets betrübt hat,
Mich,
den noch nie ein schönes Weib geliebt hat,
Mich
bettest du an deinem jungen Busen,
Willst
mitten in dem Kriege mit mir schmusen?
VALEA
Ich,
reine Jungfrau, bin kein loses Luder,
Ich
liebe dich noch mehr als einen Bruder!
PIERRE
Was
sollen mir die Kriege noch der Christen?
Ich
bin glückselig nur an deinen Brüsten!
(Glockenläuten.)
VALEA
Ich
wickle dich in meine goldnen Locken,
Und
meine Brüste seien deine Glocken.
PIERRE
Nein,
diese Glocken sind wie die Posaune
Des
Weltgerichts, ich rase schon, ich staune,
Ich
will für deine jugendliche Liebe
Ein
Reich errichten hier im Weltgetriebe,
Ich
höre schon die Chöre auf den Stufen,
Ich
hör von ferne meine Brüder rufen,
Denn
unsre Feinde wollen uns verderben,
Wir
aber sind bereit, für Gott zu sterben!
(Pierre
eilt zu seinen Genossen Hugenotten. Valea bleibt traurig zurück.)
VALEA
Was
eilt er doch zur Mannesbrust von Luther,
Verlässt
den Busen so der Gottesmutter?
FÜNFTER
AKT
1.
Szene:
Ballsaal
im Hotel in Paris.
KÖNIGIN
MARGARETHE
Zur
Hochzeit singe mir, o meus Deus,
Das
Hymen Hymenäus!
DER
KÖNIG
Ich
will dich als die reinste Jungfrau rühmen,
O
Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Fern
unserm Bett der Dämon Asmodäus,
O
Hymen Hymenäus!
DER
KÖNIG
Fern
bleibe alle Krankheit von Enzymen,
O
Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Die
Predigt halte uns Sankt Timotheus,
O
Hymen Hymenäus!
KÖNIG
Sein
fern die andern Fraun, die anonymen,
O
Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Beichtvater
sei mir Pater Eliseus,
O
Hymen Hymenäus!
KÖNIG
Was
für ein Lärm stört unsre Hochzeitshymne?
Ach
Hymenäus - -
(Auftritt
Pierre de Cygnet, blutüberströmt, sieht aus wie das Leiden Christi)
PIERRE
O
Blut, o Tod, o Nacht von Bartholomäus!
Weh
Hymen Hymenäus!
KÖNIGIN
Was
ist geschehn, mein Pierre?
PIERRE
Es
strömt das Rote Meer!
KÖNIGIN
Hier
in Paris vor Ort?
PIERRE
O
Terror, Blut und Mord!
KÖNIGIN
Woher
die wilde Wut?
PIERRE
Für
Christus unser Blut!
KÖNIGIN
Herrscht
draußen denn der Krieg?
PIERRE
Verfluchter
Katholik!
KÖNIGIN
Es
stirbt der Hugenott?
PIERRE
Und
fährt hinan zu Gott!
(Auftritt
des Pagen der Königin Margarethe)
KÖNIGIN
Mein
Page, sag, wie sieht es in Paris aus?
PAGE
Auf
den Straßen herrscht der Pöbel
Und
zertrümmert alle Möbel,
Keiner
kann mehr friedlich wohnen,
Bomben
donnern und Kanonen,
Die
Raketen mit Reflexen,
Wütend
heulen wilde Hexen,
Bauern
wüten und Proleten,
Mönche
wollen nicht mehr beten,
Alle
folgen Gottes Affen,
Sie
marschieren mit den Waffen,
Wollen
im Palaste drinnen
Morden
alle Königinnen,
Glauben
nicht des Königs Gnade,
Steigt
das Blut an ihre Wade,
Achten
keinerlei Gesetze,
Jeder
jeden nur verletze,
Die
vom gelben Westen-Orden
Wollen
nun den Herrn ermorden,
Herrschen
sollen nun die Massen,
Alle,
die den Frieden hassen!
Herrin,
daran ist kein Zweifel,
Diesen
Mob beherrscht der Teufel!
KÖNIGIN
Sind
es denn die Katholiken,
Die
wie Rache-Engel fliegen,
Oder
sind es Hugenotten,
Die
des wahren Glaubens spotten?
PAGE
Katholiken,
Protestanten,
Wenig
Onkel, viele Tanten,
Die
im Hasse sich vermischen,
Die
mit Kreuzen, die mit Fischen,
Keiner
kann sie unterscheiden,
Alle
kann ich sie nicht leiden,
Volk
der Ehe, Volk der Orden,
Wie
sie sich um Christus morden,
Wie
sich morden Kain und Abel,
O
Diabolus von Babel!
2.
Szene
Friedhof
mit protestantischer Kapelle. Pierre de Cygnet, Graf de Nerval und
Valea treffen sich in der Nacht zum Gebet. Auftritt Saint Croix mit
einem Schwert.)
SAINT
CROIX
Sind
hier Hugenotten,
Die
den Herrn verspotten?
PIERRE
Hier
sind Protestanten,
Die
den Herrn erkannten!
SAINT
CROIX
Bist
du Pierre, der Ketzer?
De
Cygnet, der Hetzer?
PIERRE
Ja,
ich bin es, Ave,
Ave,
Götzensklave!
SAINT
CROIX
Beim
Marien-Orden
Muss
ich dich ermorden!
(Sticht
mit dem Schwert zu.)
PIERRE
(sterbend)
Frei
von allem Übel!
Jesus
und die Bibel!
(Pierre
ist tot. Graf de Nerval greift zum Dolch.)
SAINT
CROIX
Sind
noch mehr der Sünder,
Luthers
Bastardkinder?
DE
NERVAL
War
ich einst katholisch,
War
ich melancholisch.
SAINT
CROIX
Bist
du abgefallen,
Musst
zur Hölle wallen!
DER
NERVAL
Fern
der Hure Babel
Sterb
ich rein wie Abel!
SAINT
CROIX
Tod
dem Apostaten!
Weh
den Freveltaten!
(Er
ermordet de Nerval.)
DE
NERVAL
(sterbend)
Von
dem Schopf zur Wade,
Nur
allein die Gnade!
(de
Nerval ist tot. Valea, tief verschleiert, wirft sich heulend auf
Pierres Leichnam, ein Bild, wie die Gottesmutter den toten Gottessohn
beweint.)
VALEA
Pierre,
mein Vielgeliebter,
Allerseits
Beliebter!
Atem
mein und Leben,
Gott
mag mir vergeben,
Was
sich hier ereignet!
Nicht
hab ich verleugnet,
Wie
gelehrt die Oma,
Das
Gesetz von Roma,
Bin
als Belladonna
Tochter
der Madonna,
Doch
ich lieb die Tanten,
Onkel
Protestanten,
Protestanten-Brüder,
Singen
sie die Lieder
Gott
allein zu Ehren,
Waffen,
sich zu wehren,
Und
vor allem lieb ich
Und
zutiefst betrüb ich
Über
Pierre mich, tot nun,
Schon
im Morgenrot nun,
Wir
uns wiedersehen,
Wenn
wir auferstehen!
SAINT
CROIX
Bist
du Hugenöttin?
Eine
Hurengöttin?
VALEA
Rein
ist meine Stirne,
Makellos
die Dirne!
SAINT
CROIX
Liebst
du diesen Buben,
Nieder
in die Gruben!
VALEA
Ja,
ich lieb den Lieben,
Bin
ihm treu geblieben,
Hier
mit ihm zu sterben,
Mit
ihm Gott zu erben!
SAINT
CROIX
Nennst
du dich die Pure?
Tod
der Deutschen Hure!
(Er
ermordet Valea, seine Tochter. In dem Augenblick erkennen sie sich.)
VALEA
Vater!
Mich zu morden!
Wollte
das dein Orden!
Vater,
o wie flocht er
Doch
das Haar der Tochter!
Nun
mir flieht das Leben,
Vater,
will vergeben
Ich
dem Mördervater!
Im
Sakraltheater
Nun
der Vorhang senkt sich
Und
der Himmel schenkt sich
Und
ich sehe, siehe,
In
der Morgenfrühe,
Rechts
von dem Messias
Brennt
das Herz Marias!
(Valea
ist tot. Saint Croix verstummt verzweifelt.)
3.
Szene:
Am
Ufer der Seine.
(Katholisch-protestantischer
Pöbel mischt sich blutrünstig auf den Straßen, ununterscheidbar in
seinem stumpfsinnigen Schwachsinn.)
STIMMEN
Dass
das Blut entquölle! -
Offen
seht die Hölle! -
Kinder
werft ins Feuer! -
Brennt
im Fegefeuer! -
Hostien
für die Hunde! -
Blute
Jesu Wunde!
Gnade
kauft mit Geld euch! -
So
umarmt die Welt euch! -
Wie
im Ritter-Orden! -
Lasst
den Feind uns morden!
Deutsche
oder Türken? -
Schurken
oder Schürken! -
All
die Beelzebuben! -
Dirnen,
freche Buben! -
Nennen
uns den Pöbel! -
Auf,
zerschlagt die Möbel! -
Alle
wilden Kräfte! -
Klein
schlagt die Geschäfte! -
Feuer
frisst die Wagen! -
Fenster
eingeschlagen! -
Haben
keine Seelen! -
Schneidet
durch die Kehlen! -
Menschen
sinds nicht, Schweine! -
Rein
ist die Gemeine!
Nieder
mit den Fürsten! -
Wollen
nicht mehr dürsten! -
Wollen
nicht mehr hungern! -
Nicht
herum mehr lungern! -
Wollen
nicht mehr betteln! -
Kommt,
ihr alten Vetteln! -
Kommt,
ihr jungen Huren! -
Folg
auf meinen Spuren! -
Kommt,
ihr alten Hexen! -
Kommt
mit Giftgewächsen! -
Priester
kommt, ihr schwulen! -
Knaben
kommt zum Buhlen! -
Wir
sind gar nicht wenig! -
Nieder
mit dem König! -
Wehe
euch, ihr Reichen! -
Wir
sind unsresgleichen! -
Bauern
auf dem Throne! -
König
ohne Krone! -
König
ohne Schädel! -
Bettler
nur sind edel! -
Tod
den Königinnen!
Nieder
mit dem Minnen!
Lasst
uns alle hassen! -
Krieg
den Oberklassen! -
Untergang
den Welten! -
Überleben
Helden! -
Baun
wir Paradiese
Ohne
alle diese! -
Schreit
nur laut, ihr Weiber! -
Zeigt
uns nackt die Leiber! - -
(Posaunenstoß.
Plötzlich Totenstille. Maximilian, der Lieblingspage der Königin
Margarethe tritt auf.)
DER
PAGE MAXIMILIAN
O
Volk von Frankreich! Kniee zum Gebete!
Es
kommt die Königin! Heil Margarethe!
(Auftritt
der Königin. Sie kommt in einem weißen Thronwagen, von sechs
Schimmelstuten gezogen. In ihrer Krone die Kirche Notre Dame. Sie
trägt ein weißes Kleid mit einem goldenen Gürtel um die Brüste.
In ihrer rechten Hand hält sie ein weiße Taube, in ihrer Linken
einen Ölzweig.)
KÖNIGIN
MARGARETHE
Nach
Hause geht, o Bürgerin und Bürger,
Und
bittet Jesus Christus um Vergebung!
Ich
bin die reine Königin des Friedens
Und
ihr seid alle meine kleinen Kinder!
Die
Monarchia ist von Gottes Gnaden
Und
Frankreich ist und bleibt Mariens Garten!
(Der
Vorhang fällt, die Oper ist zuende. Der Dichter tritt auf die Bühne
vor den Vorhang und spricht die Hymne an Maria mit geheimnisvollen
Chiffern.)
HYMNE
AN MARIA
(Akrostichon)
V-enus
Christi, Unsre Liebe Dame,
A-nnas
Tochter ist dein hoher Name,
L-iebe
Frau ist deine höchste Würde,
E-ngel
Frankreichs, nimm von uns die Bürde,
A-ch,
des Krieges und den falschen Glauben!
E-wigweibliche
mit deinen Tauben!
I-n
uns steht dein Thron, o schönste Herrin!
C-hristus
uns erlöst von Narr und Närrin!
E-benbild
des mütterlichen Gottes!
L-iebe
uns, trotz allen Männerspottes!
B-erge
uns an deinen süßen Brüsten!
E-ng
es schmiegen sich an dich die Christen!
R-ose
Gottes, Mutter des Messias!
G-ott
weiht uns dem reinen Herz Marias!