DIE KINDHEIT DER ZWILLINGE


VON TORSTEN SCHWANKE




Am 12. 11. 2000 feierte ich meinen 35. Geburtstag nach. Karine war hochschwanger bei mir, und am nächsten Tag hat sie Juri geboren. Sie musste im Krankenhaus bleiben. Ich schenkte ihr ein Ikone der Gottesmutter.

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Als Juri klein war und sich Nuni nannte, sagte Karine zu mir: „Wenn du kommst, schaut Juri uns nicht mehr mit dem Arsch an.“

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Im Frühling 2003 sagte Karine mir am Telefon: „Toto, ich bin schwanger! Hilfst du mir?“

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In der Schwangerschaft lag Milan nah am Fruchtkuchen und aß sich satt. Simon war etwas im Hintergrund und unterernährt. Ich legte meine Hände auf Karines Bauch und segnete die Kinder in ihrem Bauch und sagte: Herzlich willkommen auf Erden, Zwillinge!

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Karine musste dann mit einem Kaiserschnitt geöffnet werden, so wurden die Zwillinge geholt. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, wurde Simon zuerst ans Tageslicht gehoben. Ich besuchte Karine im Krankenhaus. Die Zwillinge lagen als Frühgeburten in einem Brutkasten. Karine legte mir Simon in die Arme, er sah mich aus großen Augen an, er war sehr klein und dünn. Dann legte Karine mir Milan in die Arme, er war recht gut ausgebildet und lag mit geschlossenen Augen entspannt in meinen Armen, an meinem Herzen. Ihr Geburtstag war der 20. Oktober 2003.

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Einen Monat und einen Tag früher hatte Karines beste Freundin Evi ihren zweiten Sohn Tom geboren, am 19. 9. 2003. Die Zwillinge und Tom wurden später die besten Freunde.

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Ich hatte für Karine ein Bild auf eine Holzplatte gemalt: Karine mit Juri im Arm, und unten am Bildrand die Seelen der Zwillinge wie kleine Engel. Karine sagte: „Das bin ja nicht ich, sondern das ist Maria.“ Ich sagte: „Aber ich habe es nach einem Foto von dir mit Juri gemalt.“ Karine verehrte ich von nun an als meine kleine Gottesmutter auf Erden.

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Karine lebte nun mit ihrem Freund Detlef und Juri und Milan und Simon und der weißen Katze im Hasenweg in Oldenburg-Osternburg, am Ende der Stadt, schön in der Natur, in einem bäuerlichen Haus mit sehr großem Garten, ringsumher Weiden mit vielen Tieren und einem Spazierweg zum Kanal mit dem Deich voller Schafe und einem kleinen Wäldchen.

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Im Winter hatte mich Karine zum Kinderhüten eingestellt. Da sie ja oft nachts wach sein musste, brauchte sie ihren Mittagsschlaf. Der Weg zu Karine von mir dauerte mit dem Fahrrad etwa 40 Minuten, ich betete auf dem Weg immer das Rosenkranz-Gebet. Mittags teilte ich mir dann mit Detlef die Betreuung der Zwillinge. Detlef hielt meistens Simon in den Armen und ich Milan. Ich wiegte ihn hin und her in meinen Armen, murmelte immer „Ave Maria“ und gab ihm sein Fläschchen mit Milch, wenn er Hunger und Durst hatte. Da hätte ich so gerne eine Mutterbrust wie eine Frau gehabt, da hätte ich ihn so gerne gestillt. Aber Gott hat nur Karine als Frau und Mutter geschaffen und mich als Mann.

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Nachdem ich das so drei Monate gemacht, sagte ich zu Karine: Ich helfe dir weiter, aber ich nehme kein Geld mehr dafür. Ich will nicht dein Angestellter, sondern dein Freund sein. Ich tue es nicht um Geld, sondern aus Liebe.

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Milan war kräftig, er konnte an Karines Mutterbrust die Muttermilch saugen, die er brauchte. Aber Simon war schwach, er konnte nicht stark genug saugen. Karine wollte ihm aber keine künstliche Milch geben. So besorgte sie sich ein Gerät, eine Art Pumpe, mit der pumpte sie Muttermilch für Simon in ein kleines Fläschchen und gab ihm so die Milch. Da lag sie in ihrem Schlafzimmer mit der Pumpe an ihrer nackten Brust, und Karine und ich unterhielten uns dabei ganz entspannt, als es mich plötzlich überkam und ich sagte: „Karine, ich möchte auch von dir gestillt werden!“

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Im Winter waren Karine und ich im Wohnzimmer. Da war ein Sofa, das man ausziehen konnte und es so in ein Bett verwandeln. Da war ein Bücherregal, ein Fernseher, eine Musikanlage. An der Wand hing das Bild eines antiken Frauenkopfes aus Marmor, von Efeu überwuchert, vom Friedhof aus Paris. Dies Bild hatte ich Karine in unserer gemeinsamen Jugend geschenkt. Die Zwillinge standen auf der Fensterbank,ich hielt sie fest, wir schauten aus dem Fenster auf eine große Weide. Vom Himmel fiel Schnee. Die ganze Natur war weiß. Und da sang ich:

Schneeflöckchen,
Weißröckchen,
Wann kommst du geschneit?
Du kommst aus den Wolken,
Dein Weg ist so weit.

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Wenn Detlef Milan wickelte, sah er ihn an und sagte: „Du bist Dumpfi.“ Ich war empört. Nein, Milan ist nicht dumpf! Er sieht aus wie ein Pfirsich, und seine Lippen sind wie Karines Lippen so schön, dass ich sie immer küssen möchte: „Du sollst Knutschi heißen!“ („Knutschen“ nannte Karine das Küssen.)

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Waren an Milan die Lippen so appetitlich für einen Menschenfresser wie mich, so waren an Simon besonders seine Ohrläppchen appetitlich: „Du sollst Öhrchen heißen!“ Und ich versuchte immer, in Simons Ohrläppchen zu beißen. Aber er hörte sich gar nicht so gerne Öhrchen genannt. „So sollst du Püppchen heißen!“ Aber nein, Püppchen hörte er auch nicht gerne.

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Karine lernte das afrikanische Trommeln auf ihrer Djembe-Trommel in einer Trommelgruppe im Jugendzentrum Alhambra von einem Afrikaner. Während sie trommelte, schob ich die Zwillinge im Doppel-Kinderwagen durch die Gegend, und während sie schliefen, betete ich den Rosenkranz und sang Marienlieder. Manchmal kam ich eher zurück ins Jugendzentrum, und Milan und Simon hörten Karine beim Trommeln zu.

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Wenn Karine mal abends feiern gehen wollte mit ihren Freundinnen, nahm Karines Mutter Maite die Zwillinge, Juri schlief dann bei mir zuhause, das war immer ungeheuer schön für mich. Ich las Juri vor, wir sahen Zeichentrickfilme von Bibel-Helden und malten Bilder, Juri malte am liebsten riesige Drachen mit sehr kleinem Drachentöter, wobei immer Blut floss. Auch malte ich für Juri Labyrinthe, er musste dann den Weg finden. Morgens gingen wir mit Apfelsaft und Brötchen auf den Spielplatz, mittags aß Juri mit mir im Imbiss, er Milchreis mit Zimt und Zucker, ich ein halbes Hähnchen mit Pommes frites.

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Maite wollte nicht Oma genannt werden, sondern Amani. Sie war vom stolzen Volk der Basken, und in der baskischen Sprache heißt Großmutter: Amani. Amani las den Zwillingen vor, fütterte sie, ließ sie mit Spielzeug spielen, sie schliefen dann bei ihr im Bett.

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Amani nannte Simon immer in ihrem gebrochenen Deutsch mit starkem französischen Akzent „Schimòn,“ mit Betonung auf der zweiten Silbe und das -on französisch durch die Nase gesprochen. Ich nannte die Zwillinge inzwischen auch „Schimi und Mimi“.

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Karine benutzte immer noch die Milchpumpe an ihrem Busen. Aber die war zu kräftig, so dass sich mit der Muttermilch Blut mischte. Karine war wie eine Pelikan-Mutter, von der man erzählt, dass sie mit ihrem Schnabel ihren Busen aufreißt, um ihre Küken mit ihrem eigenen Blut zu ernähren. Und so ist ja auch Jesus diese Pelikan-Mutter, der sein Herz aufreißt, um uns mit seinem Blut vom Tod zu erlösen.

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Wir fuhren alle in den Urlaub auf die ostfriesische Insel Baltrum. Am Bahnhof in Norden begrüßten uns meine Eltern. Karine schlief mit den Zwillingen in einem Bett, Evi schlief mit Tom und Quentin in einem Zimmer, und ich schlief mit Juri und Detlef in einem Doppelbett. Frühmorgens lagen dann da drei Säuglinge, Milan und Simon und Tom, und wurden von Karine und Evi gewickelt. Mittags machten alle Mittagsschlaf, ich führte dann den dreijährigen Juri im Bollerwagen durch das Naturschutzgebiet spazieren, er schlief dann im Frieden der Natur ein. Juri mochte gerne die frischen Fischbrötchen, aber Quentin war Vegetarier und stritt sich mit uns, es sei böse, Tiere zu essen. Ich sagte: „Tiere essen auch Tiere.“ Da sagte Quentin: „Dann ist die Natur auch böse.“ Ich ließ die streitende Gruppe allein und ging spazieren, da kam ich zur katholischen Kirche von Baltrum, der Altar hatte die Form einer riesigen Muschel, es begann gerade der Gottesdienst, der Priester bat mich, aus der Bibel vorzulesen. Nach dem Gottesdienst ging ich mit himmlischem Frieden im Herzen zu den Meinen zurück. Abends sprach ich mit Evi und Karine. Ich hatte ein Buch über die Jungfrau der göttlichen Weisheit gelesen. Die kann nur von Ehelosen gefunden werden, Mönchen oder Nonnen, nicht aber von Müttern, die nur an ihre Kinderstube denken. „Oh, dann können Evi und ich sie ja nicht finden“, sagte Karine.

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Karine wollte ihr Studium der Slawistik und Politik beenden und brachte darum vormittags Milan und Simon in eine Kinderkrippe. Dort lernten „die Kleinen“ (wie wir sie immer nannten) Mozarts Zauberflöte kennen. Milan war begeistert von Papageno, dem lustigen Vogelfänger. Ich schenkte den Kindern einen Film, eine Aufzeichnung der Zauberflöte für Kinder, von Marionetten gespielt. Auch machte ich selbst ein kleines buntes Kinderbuch über Papageno. Da malte ich die Königin der Nacht wie die Himmelskönigin Maria, auf einer Mondsichel stehend. Die Zwillinge wunderten sich und waren irritiert, denn die Königin der Nacht in der Zauberflöte ist eine böse Hexe, aber die Himmelskönigin Maria ist die gütige Mutter aller Kinder. Weil Milan von dem Vogelfänger so begeistert war, wollte ich ihm einen Singvogel im Käfig schenken, aber Karine sagte: „Tiere im Käfig, das gibt es bei mir nicht.“

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Einmal holten Karine und ich die Kleinen mit dem Auto von der Kinderkrippe ab. Da zitierte ich Karine einen Weisheitsspruch aus der Bibel: „Eine ständig redende Frau ist für einen stillen Weisen wie für einen alten gebrechlichen Mann ein Sandhügel, den er hinaufsteigen muss.“ Da sagte Karine: „Oh Toto, das ist frech!“

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Eines Abends rief mich Karine mit dem Telefon an: Milan hatte Fieber, ich solle kommen. Ich fuhr mit dem Bus zu ihnen. Im Wohnzimmer hatte Karine das Sofa in ein Bett verwandelt. Ich nahm Milan in die Arme und sprach beruhigend auf ihn ein, während ihm Karine ein Fieberzäpfchen in den Popo schob. Milans Augen waren vom Fieber ganz groß geworden, glänzend, fast glühend. Ich sah in seine Augen und sah in seinen Augen den leidenden Jesus. Ich blieb dann über Nacht und schlief mit Milan auf dem Schlafsofa. Ich trank noch eine Flasche Wein, sah in die Nacht hinaus in den Sternenhimmel und bat Maria, mich und Milan mit ihrem Sternenmantel zuzudecken. Es war Adventszeit, und als ich mich neben Milan legte und sein Händchen hielt, kam es mir vor, als sei Weihnachten und ich sei in Bethlehem im Stall und schlief mit dem göttlichen Jesuskind in einer Krippe.

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Einmal erklärte mir Karine, wie man Kinder in Windeln wickelt. Im Kinderzmmer neben den beiden Gitterbettchen stand eine Wickelkommode. Nun wickelte ich das erste Mal im Leben ein Kind. Ich sah eine Vision: Die Mutter Maria wickelte das Jesuskind, dann bat sie den heiligen Josef, das Jesuskind zu wickeln. Maria wusch die Leinenwindeln selbst. Und als die Heiligen Drei Könige kamen, das Kind anzubeten, gab Maria ihnen einee saubere Windel mit als Reliquie.

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In der Vorweihnachtszeit saßen Karine und ich mit den drei Kindern im Wohnzimmer. Karine hatte ein Buch mit Weihnachtsliedern, die sie uns vorsang. Sie konnte wirklich sehr schön singen.

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An eine Weihnachtsfeier bei mir zuhause kann ich mich noch erinnern. Ich hatte Kerzen anzeündet und das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach angemacht. Karine wartete mit den Kindern im Schlafzimmer. Da klingelte es an der Tür, das Christkind brachte die Bescherung. Die Kinder kamen ins Wohnzimmer und packten die Geschenke aus. Der Tisch war voll Süßigkeiten und Nüssen und Kuchen. Juri bekam eine Musikanlage und eine Geschichte von Narnia als Hörbuch. Simon sagte: „Oh, Juri hat viel zu viel bekommen.“ Und dann machten wir es uns auf den Sofas gemütlich und hörten das Narnia-Buch. Und auch die Kleinen waren fasziniert. In der Folge bekamen sie alle drei alle Narnia-Bücher als Hörbücher. Drei Narnia-Bücher waren auch verfilmt, die sahen wir uns an. Die Kinder waren wirklich begeistert von Narnia. C.S. Lewis, das hast du gut gemacht.

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Pünktlich zum Heiligen Abend fuhr Karine mit allen Kindern und mit Amani nach Hamburg zu Opa Konrad und seiner Frau Christel.

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Karine hatte eine junge Frau, eine Studentin angestellt, die die Wohnung saubermachte. Sie hieß Kathrin und war wirklich wunderschön. Ich sagte zu ihr: „Wenn ich Maler wäre, würde ich dich malen.“ Sie war auch sehr lieb zu den Kindern. Ich übernachtete öfters im Wohnzimmer und betreute dann morgens alle drei Kinder, wenn Karine noch schlief. Manchmal kam auch Detlef vorbei und war bei den Kindern. Einmal sagte Kathrin zu mir: „Wenn ich morgens komme, weiß ich immer, wer da ist, du oder Detlef. Wenn Detlef da ist, schweigen alle oder sitzen vor dem Fernseher, wenn du da bist, hört man fröhliche Kinderstimmen mit dir scherzen.“

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Wenn ich die Kleinen abends ins Bett brachte, jeden in sein Gitterbettchen, las ich ihnen vor. Ich musste immer ganz gleichmäßig vorlesen, nicht pathetisch wie im Theater, auch durfte ich den Text nicht vorsingen wie in der Kirche. Dann machte ich ein Kreuz an die Bettchen. Ich hatte immer ein kleines Fläschchen Weihwasser bei mir, damit segnete ich die Kinder. Ich hielt dann ihre Händchen, bis sie eingeschlafen waren. Ich betete noch mit ihnen:

Maria, breit den Mantel aus,
Mach Schirm und Schild für uns daraus,
Lass uns darunter sicher stehn,
Bis alle Stürm‘ vorüber gehen.
O Mutter voller Güte,
Uns allezeit behüte!

Oder:

Schlaf selig und süß,
Schau im Traum‘s Paradies!

Oder:

Zwei Engel stehen zu deiner Rechten,
Zwei Engel stehen zu deiner Linken,
Zwei Engel stehen an deinem Kopf,
Zwei Engel stehen an deinen Füßen,
Zwei Engel schweben über dir
Und zeigen dir den Weg ins Paradies.

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Im Winter gingen Karine und ich mit den Kindern in die verschneite Natur. Das war vielleicht eine Aufregung, bis alle winterfest angezogen waren. Karine und ich zogen die Kinder mit dem Schlitten über die verschneiten Wege. Natürlich machten wir auch eine Schneeballschlacht und bauten einen Schneemann. Ein Weg auf unserm Spaziergang hieß „zu den sieben Bösen“, das war ordentlich schaurig! Wer waren wohl diese sieben Bösen? Aber wenn man den Weg ging, kam man zu gar nichts Bösem, sondern zu einem Pferd. Und Karine hatte immer einen Apfel dabei, dass die Kinder das Pferd füttern konnten.

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In der Natur umher waren viele Tiere zu sehen. Auf den Wiesen war manchmal ein scheuer Hase zu sehen oder ein scheues Reh, auf den Weiden standen Pferde, einmal sah ich ein Rebhuhn, auf den Weiden standen Kühe und auf dem Deich am Kanal weideten Schafe. Einmal ging ich mit den Kindern spazieren, da stellte sich uns ein Ziegenbock in den Weg.

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Über die Vorfahren: Karine ist in Paris geboren, also eigentlich eine Französin, sie lebte aber vom vierten Lebensjahr in Deutschland, studierte später in Berlin und Paris. Karines Mutter Maite (eigentlich Marie-Therese) ist baskischer Abstammung (aus dem französischen Baskenland). Karines Vater Konrad stammte aus Ostpreußen, Königsberg, heute Russland, war aber Weltbürger, lebte in Paris und Brüssel und Amerika, zuletzt in Hamburg.

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Im Garten hielt Karines Nachbarin Steffi einen Han und eine Schar Hennen. Das war sehr interessant zu beobachten. Der Hahn hieß Manni und war nicht gerade zärtlich, wenn er eine seiner Hennen bestieg. Die Hennen mit ihren Küken waren ausgebrochen liebevoll. Ich sagte einmal zu Karine: „Ich habe nicht das Herz eines Vaters, sondern das Herz einer Großmutter.“ Da lächelte Karine und sagte: „Du bist keine Großmutter, sondern eine Glucke.“

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Einmal kam auch Luise, die Großmutter väterlicherseits. Sie gab uns allen Brathähnchen aus. Sie sagte zu Karine: „Da Detlef sich so wenig um die Kinder kümmert, aber Toto so viel, scheint mir, dass Toto der Vater ist und du, Karine, hast die Kinder nur Detlef untergeschoben.“ Das erzählte mir Karine amüsiert. Karine und ich wussten ganz genau, dass ich nicht der leibliche Vater war, da wir nicht miteinander geschlafen hatten.

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Öfter, wenn ich bei Karine im Wohnzimmer geschlafen, mussten wir nachts mit den Kleinen ins Kinderkrankenhaus, denn sie hatten öfter Bronchialkatarrh oder Fieber. Das war anstrengend, schweißte uns aber noch mehr zusammen. Ich ging auch mit Karine und allen drei Kindern zur Kinderärztin. Karine sagte: „Das ist unser Hausfreund.“ Milan hatte ein kleines Loch im Herzen. Die Ärztin untersuchte das Herz mit einem Ultraschallgerät, und auf dem Computerbildschirm konnte ich wie in einem Film das Innere des Herzens Milans sehen. Was für eine wunderbare Schöpfung Gottes!

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Im Sommer fuhren wir alle in die Ferien nach Rügen: Konrad, Maite, Karine, Detlef, Juri, Milan und Simon und ich. Alle hatten ihre Zimmer in der Ferienwohnung, ich aber schlief allein im Wohnwagen. Einmal schlief Juri bei mir im Wohnwagen, da war nachts ein Sturm und Regen und Donner und Blitz, das war sehr majestätisch. Ich las in einem alten philosophischen Epos aus Indien: Dem Weisen ist Gold nicht mehr wert als ein Kieselstein. Das stimmt, denn auch Karines Kinder waren an Kieselsteinen mehr interessiert als an Geldmünzen. Die Vermieter der Ferienwohnung hatten einen Hund, einen Rottweiler. Aber Opa Konrad ging mit Milan und Simon zu dem Rottweiler. Das fand ich sehr gefährlich. Einmal erzählte mir Konrad: „Die Zwillinge spielten vorm Haus Ball, der Ball rollte auf die Straße, die Kinder hinterher, Detlef sah zu und rührte sich nicht. Da war der Typ für mich gestorben.“ Ich hatte neue Kosenamen: Simon nannte ich Chou-Chou (schlaf schön) und Milan nannte ich Mignon (niedlich). Aber Maite fand das gar nicht lustig. Wir sind jeden Tag an den Strand gegangen. Abends hab ich immer meinen Rotwein getrunken und in meinem philosophischen Buch aus Indien gelesen. Eines Tages machten wir einen Ausflug zum Kap Arkona. Da war ein Leuchtturm und ein Saal, wo traditionell Hochzeit gefeiert wurde. Karine sagte zu mir: „Toto, sollen wir hier heiraten?“ Ich: „Aber Karine, ich bin doch ein eheloser Mönch.“ Abends sagte ich zu Karine: „Oder wollen wir doch heiraten?“ Ich wollte nämlich gerne Papa für die Kinder sein. Karine: „Ach, wir sollten das doch lassen. Ich liebe dich wie einen Bruder und noch mehr.“ Und so blieb ich Mönch. Ich ging zum Strand und sah den Sonnenuntergang, der Horizont und das Meer war ganz golden, da verlobte ich mich mit der Weisheit Gottes.

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Was ich fast vergessen hätte: Karine war im Meer baden, ich war mit Konrad und den Kindern in einem Strandcafé, Konrad und ich tranken Bier. Konrad ließ Milan und Simon den Schaum auf dem Bier probieren, aber es schmeckte ihnen nicht. Mit zwei Jahren das erste Bier!

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Karine begann, chinesische Atem-Meditationen zu machen. Um das zu lernen, fuhr sie Nach Berlin zu einer Verwandten, die in einer chinesischen Meditationsgruppe war. Karine nahm Milan und mich mit. Milan war zwei Jahre alt. Juri blieb bei Detlef, Simon bei Amani. Vormittags war Karine dann in Berlin im Tiergarten meditieren, ich ging mit Milan im Kinderwagen spazieren. Wir waren an einem Ententeich, da sang ich ihm Alle meine Entchen vor. Dann waren wir in einer katholischen Kirche, ich zeigte ihm die Statue der Mutter Gottes. Über dem Taufbecken war eine steinerne Taube. Milan sagte: „Piep“. Dann waren wir bei einem Bauernhof und sahen uns die Pferde und die Schweine an. Auf einer Wiese ließen Leute Drachen steigen. Da war eine Frau mit einem kleinen Schoßhund. Milan hatte eigentlich Angst vor Hunden, aber diesen Schoßhund hat er gestreichelt. Nachmittags spielten wir, er spielte gerne mit Bauklötzen, da baute er einen Turm und setzte den letzten Stein drauf und zeigte mir sein Kunstwerk. Er sagte „Mama“ zu mir. Ich dachte: Die Weisheit Gottes ist ein göttliches Kind und es spielt vor Gott Vaer. Am Anfang der Welt hat das göttliche Kind mit den Bausteinen von Elementen und Atomen den Kosmos gebaut, und als es fertig war, hat es den Kosmos dem Vater im Himmel gezeigt, und der hat den Sohn Gottes für seine Arbeit gelobt. Mit Karine waren wir auch im Zoo. Da sahen wir Affenmütter mit Kinderaffen auf dem Rücken, gefährlich aussehende Gorilla-Männchen, ein Elefantenbaby, einen Tiger, Kamele und Dromedare und Lamas, und im Streichelzoo streichelte Milan kleinen Ziegen. Das war mein Berlin, die Hauptstadt Deutschlands.

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Als Tom drei Jahre alt war, bat Evi mich, dass ich mich auch um Tom kümmere. So hab ich noch einen Pflegesohn bekommen. Wenn Evi und ich mit Tom und Quentin zu Karine und ihren Kindern fuhren, dann schwatzten Karine und Evi miteinander, Juri spielte mit Quentin, Tom spielte mit Milan und Simon, und ich saß im Garten und rauchte und langweilte mich. Wenn Karine mit ihren Kindern zu Evi kam, dann saßen wir in Evis schönem Garten, die Kleinen spielten im Garten, schaukelten, kletterten in die Bäume, Juri verschwand in Quentins Zimmer, Karine sprach mit Evi, ich saß auf der Gartenbank und fühlte mich wie ein alter Patriarch aus dem Alten Testament, der sah auf seine Frauen und vielen Kinder, die alle fröhlich waren, und dankte seinem Gott.

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Nach den Hörbüchern mit den Narnia-Romanen schleppte ich weitere Hörbücher an: Die Märchen der Gebrüder Grimm, Die Märchen aus Tausend und Einer Nacht, Griechische Heldensagen. Die Kinder hörten sehr gerne Hörbücher.

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Auch alle meine Asterix-Comics hatte ich Karines Kindern geschenkt. Sie liebten Asterix und Obelix. Und Karine las sie auch sehr gerne vor und amüsierte sich immer sehr über Obelix, das gab dann viel Gelächter beim Lesen. Es gab auch Zeichentrickfilme über Asterix, die sahen wir uns auch an.

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Ich liebte das Versepos Reinecke Fuchs von Goethe. Und ich schrieb auch ein mittelalterliches Gedicht Reinecke Fuchs in ein hochdeutsches Gedicht um, das las ich Juri vor und er sagte: „Dafür, dass das von Toto ist, ist es nicht schlecht.“ Ich musste Simon und Milan immer Geschichten von Reinecke Fuchs erzählen. Nur Tom mochte Reinecke Fuchs nicht, weil er Tiere tot biss, und Tom liebte kleine Tiere.

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Wenn ich vor Karines Haus saß und rauchte, dann kamen Milan und Simon und standen um mich. Milan sagte: „Hör auf zu rauchen!“ Und Simon sagte: „Erzähl uns eine Geschichte!“ Simon hatte auch sehr viel Phantasie und erfand lange Geschichten.

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Ich erzählte Simon und Milan von Odysseus und Salomo. Odysseus hatte ein großes Holzpferd gebaut und im Bauch des Pferdes griechische Krieger versteckt und sann das Pferd den Feinden geschenkt, die es in ihre Burg Troja holten, da kamen nachts die Krieger aus dem Pferd und besiegten die Feinde. Das hatte Athene, die Göttin der Weisheit, dem schlauen Odysseus eingegeben. Und Salomo, der weise König von Israel, hatte die Königin von Saba aus dem Süden eingeladen. Da wollte er wissen, ob sie schöne oder behaarte Beine habe. Also bedeckte er den Boden seines Saales mit blauen Edelsteinen. Die Königin von Saba hielt es für Wasser und hob ihren Rock, dass er nicht nass wird. So konnte der weise Salomo ihre Beine sehen. Da fragte mich Simon: Wer ist klüger, Odysseus oder Salomo? Diese Frage erzählte ich meinem Prieester, und er war schwer beeindruckt von dieser intelligenten Frage.

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Ich hatte auch zuhause ein Hörbuch mit Gedichten für Kinder. Da hörten Milan und Simon den „Knaben im Moor“ von Anette von Droste-Hülshoff besonders gerne, das war so unheimlich schaurig. Aber auch wenn Goethes „Rattenfänger von Hameln“ vorgesungen wurde, freuten sich die beiden Knaben.

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Einmal saßen Karine und ich mit den Kindern beim Mittagessen. Ich betete: „Komm Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns gegeben hast.“ Karine sagte: „Ja, wenn Toto da ist, wird bei uns gebetet. Aber das Gebet heißt: Komm Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast.“ Karine hatte ein Ritual, das ihr soviel wie ein Segnen der Mahlzeit war. Beim Kochen verwendete sie wenig Salz, und wenn dann der Teller mit Essen vor jedem stand, dann streute sie mit der rechten Hand jedem eine gute Prise Salz auf die Mahlzeit. Das war ihre Segensgebärde.

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Die Kinder mochten gerne Spinat mit Spiegelei und Kartoffelpüree, Spinatpizzaa, Milchreis mit Zimt und Zucker, Crepes mit Marmelade, Reibekuchen oder Kartoffelpuffer, Kräuterbutter-Baguette und Salatgurken mit Kräutersalz, selbstgemachte Gemüsepizza und Spaghetti mit Tomattensauce und Zwiebeln und Schafskäse.

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Es gab natürlich auch fröhliche Kindergeburtstage. Da war das Haus dann voll Kinderfreunden aus dem Kindergarten. Es gab eine Schatzsuche, da Karine eine Kiste mit Süßigkeiten und Spielzeug irgendwo in der freien Natur versteckt hatte und rote Bänder in die Bäume gehängt, so mussten die Kinder die Schatzkiste suchen. Es gab genügend Kuchen. Juri liebte vor allem den Bienenstichkuchen. Abends bereitete ich für alle Kinder einen Backofen voll Pommes frites und Pfannen voll Bratwürstchen.

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Einmal machten wir in meinem Geburtsort Hage Urlaub. Meine Eltern hatten uns eine Ferienwohnung in Berumbur gemietet, wir waren jeden Tag am See baden. Morgens schlief Karine länger, dann ging ich mit den Kindern zum Spielplatz, wo wir frische Croissants und Apfelschorle frühstückten. Mittags machten alle Mittagsschlaf, ich ruhte mich im Gebet aus. Einmal war ich mit Milan allein im See, da dachte ich: Ich will Milan heimlich taufen. Ich goss ihm also dreimal mit der hohlen Hand etwas Wasser über sein blondes Köpfchen und sagte: Hiermit taufe ich dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und in deinem Namen widersage ich dem Bösen und folge Jesus nach. Das erzählte ich später meinem Beichtvater, er sagte, das sei keine gültige Taufe. Wir waren auch einen Nachmittag bei meinen Eltern. Meine Mutter machte Reibekuchen für alle. Sie stellte dazu den Zuckertopf auf den Tisch. Karine gab mir einen Wink mit den Augen, ich solle heimlich den Zuckertopf wegstellen. Ich spielte dann mit den Kindern Fußball im Garten meiner Eltern. Mein Vater sagte zu den Kindern: „Toto ist eine Flasche, was den Fußball betrifft.“ Das fand ich sehr verletzend. Zum Abschieed schenkten meine Eltern jedem Kind eine Stoffpuppe von den Figuren der japanischen Karten, die sie sammelten.

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Wir spielten auch in Karines Garten Fußball. Da gab es sogar ein richtiges Fußballtor. Nur wenn ich den Ball trat, flog er irgendwohin, ich konnte wirklich nicht zielen. Aber wir hatten Spaß. Wir spielten auch Verstecken im Haus und im Freien. Besonders im großen Garten gab es gute Verstecke. Sonst tobten wir gerne im Wohnzimmer auf dem Schlafsofa, dann griffen mich alle drei Knaben an und wir rangen und kämpften unter viel Gelächter. Im Garten gab es auch eine Rutsche, und im Sommer ein Planschbecken. Besonders gerne rutschten die Kinder die Rutsche hinunter direkt in das Planschbecken.

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Ich kaufte allen drei Kindern Ritterschwerter aus Holz. Es gab Frauen, die meinten, ich solle doch kein Kriegsspielzeug verschenken. Aber die Knaben spieltern gerne Ritter. Sie kämpften besonders gerne gegen die Brennesseln im Garten und hieben den Feinden die Köpfe ab. Juri hatte von Detlef allerdings kleine Soldaten und Panzer geschenkt bekommen, und Karine und ich waren uns einig und warfen die Panzer weg.

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Ostern kam ich am Sonntagvormittag. Karine hatte Schokoladenostereier und andere Süßigkeiten (Juri mochte keine Schokolade) im Garten versteckt. Da suchten die Kinder, und wer suchet, der findet, wir saßen dann im Ostergarten, Karine und ich tranken Kaffee, und die Kinder vernaschten ihre Süßigkeiten.

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Einmal waren wir spazieren, wir drangen durch ein Dickicht von Gestrüpp, da fragten die Kinder nach der Bedeutungen ihrer Namen. „Milan heißt: der Liebe. Simon heißt: der von Gott Erbetene. Juri heißt: der Landmann.“ Juri war enttäuscht. Aber Juris Namensheiliger war Sankt Juri (Sankt Georg), der Schutzpatron der Ritter und Drachentöter. Simons Namensheiliger war der heilige Simon Stock, dem die Mutter Gottes Maria erschienen und ihm ein Stück ihres Schutzmantels geschenkt. Milans Namensheiliger war der heilige Maximilian Kolbe, der im KZ Auschwitz sich den Nazis angeboten, sie sollten doch ihn töten anstelle des jüdischen Familienvaters. „Karine heißt: die Geliebte. Torsten heißt: der Donnerhammer Gottes.“

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Zu einem Kindergeburtstag machte ich eine Einladungskarte mit dem Bild von Botticelli, Athene, die Göttin der Weisheit, mit einem Zentauren darstellend, eine Ikone des florentinischen Neuplatonismus. Simon sah sich Athene an und urteilte mit Kennerblick: „Das muss wohl eine Hamadryade sein.“ Apropos Botticelli. Sein Gemälde Primavera oder der Frühling war Juris Lieblingsbild, die Göttin des Frühlings war sein Schönheits-Ideal.

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‚Karine machte eine Kur auf der nordfriesischen Insel Sylt. Für drei Tage besuchte ich sie mit Juri. Juri und ich schliefen in der Jugendherberge. Wir lasen Prinz Eisenherz zusammen. Tags waren wir mit Karine am Strand. Mittags schlief Karine mit Juri in der Jugendherberge, ich saß draußen und betete: Die Toten sind in Gott, und Gott ist allgegenwärtig, also sind die Toten auch allgegenwärtig, sie sind mitten unter uns, nur unsichtbar. - Die Zwillinge waren in der Zeit bei ihrer Großmutter. Anschließend reiste ich mit Milan und Simon nach Sylt, Juri blieb bei der Großmutter (sie fand ihn anbetungswürdig). Ich reiste mit den Zwillingen zuerst zu Konrad, ihrem Opa, nach Hamburg. Dort ging ich mit Milan und Simon in die Kirche des heiligen Josef mit dem Pflegekind Jesus und empfahl ihm unsere Reise. Mit Konrad fuhren wir zu Karine nach Sylt, die Kinder schliefen bei Karine im Kurheim, ich und Konrad in einer Ferienwohnung, er erzählte mir abends beim Wein aus seinem Leben. Eines Mittags saß ich allein am Strand und sah auf das Meer, da schwebte die Jungfrau Maria über dem Meer, es war ein Meer der Liebe, ich dachte an die Weisheit Gottes, das Hätschelkind von Gottvater, die Weisheit Gottes war mir wie ein kleiner blonder vierjähriger Knabe. Ich sprach zu Karine von der „platonischen Knabenliebe“. Eines Mittags kam ich vom Meer, ging zu Karine und den Zwillingen ins Kurheim und machte Karine kniend und mit einem Blume in der Hand einen Heiratsantrag – den dritten in meinem Leben, keiner anderen Frau hab ich je einen Heiratsantrag gemacht, aber Karine sagte: „Aber du liebst doch Evi!“ Es war Ostern, Karine hatte Schokoladeneier versteckt, mitten im Brombeerendorngestrüpp, Konrad humpelte hinter uns her, die Kinder freuten sich. Wir waren auch im Schwimmbad, Die Kinder konnten noch nicht schwimmen, ich hielt sie, dass sie auf meinen Armen im Wasser sich bewegen konnten. Konrad sagte: „Bei mir haben sie Angst, aber bei dir sind sie ganz ruhig.“ Karine war wunder-wunderschön im Bikini.

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In Oldenburg waren wir auch öfters schwimmen, zum einen im Schwimmbad, da machte Juri seinen Schwimmkurs, Karine schwamm ihre Bahnen, ich spielte mit den Kleinen im Kleinkinderplanschbecken. Das Wasser war lauwarm. Juri sagte: „Das Wasser ist so warm, weil die kleinen Kinder immer ins Wasser pinkeln.“ Wir waren auch am Oldenburger Tilly-See baden, Karine schwamm, ich spielte mit den drei Kindern halb am Strand, halb im Wasser. Karine war so schön, wie eine Najade.

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Milan und Simon übernachteten oft bei mir. Sie schliefen in meinem Schlafzimmer, ich schlief im Wohnzimmer auf dem Sofa. Morgens schauten die Kinder biblische Zeichentrickfilme, ich betete in der Zeit mein Morgengebet auf dem Balkon. Dann gingen wir zum Bäcker, kauften Croissants und Apfelsaft und gingen zum Spielplatz, frühstückten dort, die Kinder spielten, ich sah ihnen zu. Mittags gingen wir in den Imbiss und aßen Pommes frites. Dann holte Karine sie wieder ab.

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Einmal übernachteten Milan und Simon und ihr bester Freund Tom bei mir. Der Bibelfilm morgens zeigte, wie Abraham dachte, er müsse seinen Sohn opfern. Milan und Simon hatten etwas Angst, aber Tom sagte: „Das geht aber gut aus!“ Tatsächlich sagte Gott zu Abraham: Opfere deinen Sohn nicht. Ich saß auf dem Balkon, die drei Knaben drängelten sich um meine Knie, ich spielte Menschenfresser und wollte Simon in sein appetitliches Öhrchen beißen. Tom verstand den Spaß nicht, wollte seinen Freund Simon verteidigen und biss mir ins Ohr, er biss mein Ohr blutig. Nachdem wir im Wäldchen auf dem Spielplatz gewesen, spielten die drei Knaben friedlich in meiner Wohnung mit dem Spielzeug. Dann kamen Evi und Karine, ihre Söhne abzuholen. Karine sah den Frieden unter den Kindern und sagte zu Evi: „Toto hats drauf mit der Kindererziehung.“

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Ich hatte noch von meiner Wallfahrt ins Marien-Heiligtum Lourdes in Südfrankreich ein kleines Fläschchen in Form der Jungfrau Maria, gefüllt mit Lourdes-Wasser. Ich gab den Kindern immer einen kleinen Schluck, bis einer der Zwillinge sie eines Tages ganz leer trank. Karine sagte: „Was ist denn da drin?“ Ich sagte: „Das ist allerreinstes Quellwasser.“

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Milan schenkte ich einen Trinkbecher mit den beiden Engelskindern zu Füßen der Sixtinischen Madonna. Aus Gerechtigkeit kaufte Karine noch zwei solcher Trinkbecher für Juri und Simon.

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Einmal gab es Streit zuhause, Karine schimpfte mit den Kindern und verteilte Ohrfeigen. Da rief Milan: „Ich zieh hier aus! Ich zieh zu Toto!“ Einmal sagte Milan: „Die Welt sollte nur aus Torstens bestehen.“

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Karine wollte, dass die Kinder Musikunterricht bekommen. Wir brachten Juri zur musikalischen Früherziehung. Im Auto fiel mir plötzlich ein Lied ein von Charlie Chaplin aus dem Film „der große Diktator“, und ich sang: „Wir Arier, wir Arier, wir kämpfen gegen Volk und Vegetarier.“ Die Kinder sangen alle drei kräftig mit. Karine lachte, hoffte aber, dass die Kinder das nicht in der Öffentlichkeit singen. Als Milan und Simon zur musikalischen Früherziehung kamen, saß ich mit den Zwillingen vor dem Unterrichtsraum und wartete auf den Unterrichtsbeginn, und erzählte den Kindern von Frau Weisheit. Da sagte Milan strahlend: „Ich weiß, wer Frau Weisheit ist – Maria!“ Da kam eine Musiklehrerin aus einem Raum und sagte zu mir: „Sie haben ja eine sehr schöne Bass-Stimme, aber bitte reden Sie etwas leiser, sonst kann meine Schülerin nicht Geige lernen.“

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Bei mir zuhause sagte Milan einmal: „Du sollst mal Gott malen! Gott und Jesus und die Taube und Maria!“ Ich zeichnete also Gottvater mit langem Bart auf seinem Thron, rechts von ihm Jesus stehen und ein Kreuz in den Armen, zwischen ihnen die Taube und unter der Taube Maria auf einer Mondsichel, alles nur in Umrissen mit einem schwarzen Stift. Milan malte das Bild dann in den lustigsten Farben aus, ich glaube, Gottes Gesicht sah aus wie ein Regenbogen.

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Ich hatte zuhause auch ein kleines Bild von Amor, dem kleinen Liebesgott der alten Römer. Amor war ein sechsjähriger nackter Knabe mit Flügeln an den Schultern und Pfeil und Bogen in den Händen. Ich sagte: „Wen Amors Pfeil trifft, der beginnt zu lieben.“ Da spielte Milan Amor, schoss mir einen Pfeil ins Herz, ich stöhnte auf und sagte: „Oh ich liebe dich!“ Da lachte der kleine Amor vor Freude und wiederholte das Spiel noch mehrmals.

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Milan und Simon und vorher Juri auch waren im Naturkindergarten. Eine ihrer Kindergärtnerinnen war die blonde Bärbel, die mit mir in Ostfriesland aufs Gymnasium gegangen war und in die ich als Lehrling einmal etwas verliebt war. Einmal brachte ich mit Karine die Zwillinge in den Kindergarten, auf dem Rückweg gab ich Karine einen Kuss auf ihren schönen Mund. „Oh, nun gibst du mir auch noch einen Kuss auf den Mund“, sagte sie lächelnd. Besonders schön fand ich immer im November das Laufen mit den Laternen, wenn der ganze Kindergarten und alle Eltern durch die Natur zogen und die Kinder sangen: „Dort oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir“ Da ging ich sehr gerne mit.

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Karine machte eine Kur in einem anthroposophischen Kurhaus, Maite und ich blieben bei den Kindern. Juri ging schon zur Schule. Ich brachte die Zwillinge mit dem Fahrradanhänger zum Kindergarten und holte sie mittags ab. Ich kaufte ein, Maite kochte, sie als Französin konnte lecker kochen. Nachmittags spielten wir. Abends brachte ich Juri in Karines Schlafzimmer ins Bett, ich las ihm Erich Kästner vor, wir plauderten noch etwas, bis er einschlief. Maite brachte die Zwillinge ins Bett, aber die standen wieder auf und kamen zu Juri und mir, und warteten, bis ich sie auch ins Bett gebracht hatte: „Schlafe selig und süß, schau im Traum das Paradies“… Dann setzte ich mich in den Garten, trank eine Flasche Rotwein, las in der Bibel, betete und schrieb Gedichte. Karine rief dann an und sprach mit Maite, wie es den Kindern gehe. Am Ende der zwei Wochen fragte ich Milan: “Wie hat es dir gefallen mit Amani und Toto?“ Und Milan sagte: „Nicht gut, wir mussten jeden Tag Zähne putzen...“

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Als ich mit Maite die Kinder hütete, ging ich eines Vormittags auf dem Hasenweg zum Deich und zu den Schafen spazieren, da war heiterer klar blauer Oktoberhimmel, die „liebe Sonne“ (wie Juri sie immer nannte) schien mild, aber kräftig, da sah ich die Sonnenstrahlen wie eine goldene Straße des Lichts, die von der Erde zum Himmel führte, und am Ende der goldenen Straße des Lichts war der Himmel offen, da saß auf dem weißen Thron Gottes die Schöne Liebe!

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Karine wollte, dass Milan und Simon getauft werden und dass ich ihr Pate werde. Ich sprach auch schon mit einer evangelischen Pastorin darüber. Leider kam es nicht mehr dazu.

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Ich nahm Juri einmal an einem Sonntag morgen mit in die Heilige Messe. Juri fragte mich: „Glaubst du an Gott?“ Ich sagte: „Ja.“ Er sagte: „Und ich glaube noch viel mehr an Gott als du!“ In der Heiligen Messe rief der Priester alle Kinder an den Altar, Juri stand da mit einem Haufen Kinder, sie beteten: „Vater unser, der du bist im Himmel!“ An einem Dienstag Nachmittag nahm ich einmal Milan und Simon ins Gemeindehaus mit, wo Heilige Messe gefeiert wurde. Der Priester gab den Kindern Kinderbilderbücher, in denen sie während der Messe blätterten. Als der Priester mir den Leib Christi reichte, machte er ein Kreuzzeichen auf die Stirn bei Milan und Simon und sagte: „Jesus ist euer bester Freund!“ Dann sah Simon das kleine Stück Brot, das der Priester in Jesus verwandelte hatte, und sagte: „Aha, das ist also Jesus?“ Ich sagte: „Ja.“

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Es war im Advent des Jahres 2009. Wir machten am Nachmittag einen Spaziergang. Alle drei Kinder rannten voraus, wir verloren sie aus dem Blick. Karine humpelte. Der Hasenweg war gefroren und spiegelglatt. Karine hakte sich bei mir ein und so gingen wir langsam und vorsichtig Arm in Arm weiter. Da sagte Karine: „Wir sind wie ein altes Ehepaar, Totolino. Wenn du bei mir bist, hab ich keine Angst vorm Tod.“ Überall lag Schnee, auf dem Weg, auf den Wiesen zu beiden Seiten, auf den kahlen Bäumen, die silberweißen Birken waren noch weißer geworden vom Schnee, es war ein weißer Nebel in der Luft. So war wirklich alles um uns ein mildes weißes Licht. Ich sagte: „Mir ist, als ob wir gerade in den Himmel spazieren.“ Und so war es auch, eine weiße Wolke nahm uns auf.

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Dieses schrieb der arme Torsten Schwanke. Gott verzeih ihm seine Sünden alle.