ERINNERUNGEN AN MAITE


VON TORSTEN SCHWANKE


NACH IHREM TOD AUFGESCHRIEBEN FÜR IHRE GELIEBTEN ENKEL JURI, MILAN UND SIMON

Vierge Marie,
Mère chèrie!


Sie ist im französischen Baskenland geboren, im Dorf Omize (baskisch) oder Abense-de-haute (französisch). Sie ist als Kind katholisch getauft worden auf den Namen Marie-Therese, aber alle nannte sie Maite, das ist baskisch und heißt: Geliebte.

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Im Alter sagte sie mir einmal: „Meine Großmutter war ein Teufel!“

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Im Alter erinnerte sie sich oft an ihre Mutter. Die war gestorben, als Maite ungefähr acht Jahre war. Maite erinnerte sich an ihre Mutter, wie sie ihr die Lieblingspuppe geschenkt hatte. „Mein Vater hat mich verwöhnt.“ Ich weiß nur von den beiden Schwestern Cathy und Madelaine.

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Als ich im Sommer 1991 mit Maite und ihrer Tochter Karine im Baskenland war, besuchten Karine und ich auf dem Dorffriedhof das Grab von Cathy. Ich sah neben dem Grab einen großen weißen Engel mit Flügeln aus Licht, der Engel reichte vom Friedhof bis in den Himmel.

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Maite Schwester Madelaine lebte auf einem Bauernof. Maite, Karine undd ich besuchten sie dort. Madelaine war Katholikin sie hatte in der Küche einen Heiligenkalender, aus dem ich erfuhr, dass mein Geburtstag Karines Namenstag war. Madelaine sagte: „Derriere le mirroir il y‘a le diable“. Madelaines Sohn Marc war Hirte.

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Ich lernte auch Maites Nichte Chantal kennen. Sie lebte in Paris und sprach mit mir über die großen deutschen Dichter Rainer Maria Rilke und Paul Celan.

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Vom Zweiten Weltkrieg hat Maite im Baskenland nichts mitbekommen.

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Sie ist katholisch erzogen worden. Im Alter träumte sie einmal von ihrer toten Schwester Cathy, die sie in einer katholischen Kirche während der Heiligen Messe traf und ging mit ihr gemeinsam zur Kommunion. Im Alter erinnerte sie sich einmal an das Schuldbekenntnis „mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa“. Aber sie wurde wohl doch zu streng im Glauben erzogen, jedenfalls hat sie sich als Jugendliche von der Kirche abgewandt. „Ich wollte nicht mehr in die Kirche gehen, ich wollte lieber tanzen.“

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Als junge Frau ist sie nach Paris gezogen. Dort hat sie bei verschiedenen bürgerlichen Familien als Haushaltshilfe gearbeitet. Das war Schwarzarbeit.

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Wie und wo hast du Konrad kennen gelernt?“ - „Das war in Paris auf einer Feier.“ Sie hat mit Konrad in Paris gelebt. Ich weiß nicht, ob sie in Paris geheiratet haben. Jedenfalls trug sie fortan den Namen Tiburzy.

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1966 hat sie Karine geboren, am 24. September, in Paris. Karine ist geborene Französin, Pariserin. Wenn man so will, ist sie die französische Venus, die aus der Seine getaucht ist.

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Von der Kulturrvolution 1968 in Paris hat sie nie erzählt. Aber siee kannte Simone de Bauvoirs Buch über die Frau. Und im Alter stimmte sie mir zu, dass die Philosophie des Existentialismus von Jean-Paul Sartres und Albert Camus eine „trostlose“ und „sinnlose“ Philosophie sei.

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Sie lebte mit Konrad und dem Baby Karine in Deutschland. Karine war drei Jahre alt, als Konrad sich von Maite scheiden ließ und sie und Karine verließ. Maite war nun eine alleinerziehende Mutter. Sie arbeitete als Krankenschwester im evangelischen Krankenhaus in Oldenburg. Sie wohnten im Stadtteil Bürgerfelde in der Hermannsstädter Straße, einer Gegend mit Blockwohnungen. Karine war schon früh sich selbst überlassen, weil Maite ja Geld verdienen musste.

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Karine war ein „Schlüsselkind“. In der letzten Zeit vor ihrem Tod dachte sie viel an ihre Kindheit zurück und sie machte insgeheim Maite Vorwürfe, sie so allein gelassen zu haben. Nach Karines Tod erzählte mir Maite von ihren schweren Schuldgefühlen deswegen. Ihre Freundinnen wollten ihr die Schuld ausreden, aber das half nichts, Maite fühlte sich wirklich schuldig. Sie konnte deswegen nicht gut schlafen. Da suchte sie einen Psychologen auf, aber der konnte ihr auch nicht helfen. Nun, Maite hat ihre Schuld wirklich bereut, darum hat ihr Gott gewiss vergeben.

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Von der Zeit zwischen Karines Kindheit und der Zeit, da Karine und damit auch Maite in mein Leben traten, weiß ich nichts. Ich lernte Karine im Juli 1990 in Oldenburg kennen. Sie war Studentin der Slawistik und ich Student der Germanistik. Wir wurden ein Liebespaar und reisten viel.

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Ich erinnere mich, wie Karine und ich aus der Provence kamen und ich Maite die Gedichte schenkte, die ich dort geschrieben hatte. Maite wohnte in der Ziegelhofstraße in Oldenburg in einem sehr schönen Haus. Sie lebte dort mit ihrem schwarzen Kater Amadee. Karine und ich waren öfter dort. In jener Zeit trug ich immer den gleichen Pullover und war nicht sehr gepflegt, und Maite hatte eine feine Nase. So bat Maite Karine, dass Karine mich bitte, immer wenn ich komme, mich eben im Badezimmer frisch zu machen und etwas Parfüm aufzutun.

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Im Sommer 1991 fuhren Maite und Karine und ich in ihre Heimat im Baskenland. Karine und ich verbrachten eine Woche in einer einsamen Hirtenhütte hoch oben in den Bergen, und ich fühlte mich Gott sehr nah…

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Wir feierten auch einmal Weihnachten zusammen, da war noch Karines Freundin Meike aus Berlin dabei. Maite konnte gut kochen und gab sich immer sehr viel Mähe, einen köstlichen Kaffee zu kochen. Nach dem Hauptgericht, das oft aus Fleisch bestand, gab es in guter französischer Sitte Weißbrot und Käse. Zum Essen bot sie mir immer ein Glas Rotwein an. Zwar schimpfte sie oft beim Kochen vor sich hin („merde!“) und meinte dann, das Essen sei ihr gar nicht gelungen, aber es schmeckte doch immer sehr gut. Mit Karine und Maite lebte ich „wie Gott in Frankreich“.

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Mit Karine lebte ich in einem kleinen Zimmer zusammen. Das wurde mir auf die Dauer zu eng. Karine zog dann zu Maite in ihr Haus und hatte da ein eigenes kleines Zimmer.

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Im Frühjahr 1993, nach dem Tod meiner Großmutter und meiner Begegnung mit Christus, trennte ich ich von Karine. Ich nahm noch Abschied von Maite. Im Dezember 1993 war ich noch einmal in Oldenburg, denn ich war inzwischen nach Ostfriesland gezogen, da besuchte ich Maite noch einmal, das heißt, ich wollte Karine sehen, aber sie war nicht da. Maite stand oben auf der breiten Holztreppe zu ihrer Wohnung, ich am Fuß der Treppe, wir wünschten uns gesegnete Weihnachten („Noel“), sie hielt Amadee im Arm und nahm wirklich freundlich von mir Abschied.

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Ich war wahnsinnig geworden, hatte einen Selbstmordversuch und einen einjährigen Aufenthalt in der Psychiatrie hinter mir, und Karine nahm wieder Kontakt mit mir auf. Nun waren wir zwar kein Liebespaar mehr, aber doch richtig gute Freunde. Sie besuchte mich in meiner Ostfriesischen Einsamkeit, zweimal kam auch ihre beste Freundin Evi mit. Und wegen Karine und Evi bin ich dann Anfang 1998 wieder nach Oldenburg gezogen.

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Am 13. November 2000 ist Juri geboren. Als Karine und ich im Sommer 1990 am französischen Mittelmeer am Strand lagen, wollten wir zwei Kinder haben, sie sollten Buffodontel und Akkadanu heißen. Als Juri Kleinkind war, sagte Karine zu mir: „Das ist auch eine Art, einen Buffodontel zusammen zu haben, nicht wahr?“ Karine wohnte mit ihrem Partner und Juri in der Dedestraße in Oldenburg-Osternburg, genau zwischen dem heiligen Jüdischen Friedhof und der katholischen Kirche des Heiligen Geistes. Maite wohnte einige Straßenecken weiter in der Wiesenstraße, wo sie bis zu ihrem Tod wohnen blieb. Manchmal, wenn ich Juri im Kinderwagen schob, wir beim katholischen Kindergarten auf dem Spielplatz spielten, ich für Juri eine Kerze vor der Gottesmutter angezündet hatte, besuchten wir zusammen Maite. Nun lernte ich Maite ganz neu kennen, als Großmutter. Aber sie wollte nicht Oma genannt werden, sondern „Amani“ (das heißt auf baskisch Großmutter).

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Im Sommer 2001 war ich auf eine Jugend-Wallfahrt ins französische Marien-Heiligtum Lourdes gefahren. Dort verliebte ich mich unsterblich in die Jungfrau Maria und schrieb auf französisch ein Liebesgedicht an Notre Dame d‘Amour, Unsere Liebe Frau von der Liebe. Karine las es und sagte: Wow! Ich zeigte es auch Maite. Sie sagte: „Das ist ja ein richtiges Liebesgedicht“. Karine und Maite sprachen meistens französisch miteinander. Einmal schrieb ich für Karine ein französisches Liebesgedicht. Ich nannte sie „ma jolie“, sie sagte: „Pst, sag es keinem weiter.“ In dem Gedicht wollte ich auch ihre „schöne Mutter“ grüßen und schrieb „ta belle mère“ aber Karine klärte mich auf, das heiße „Schwiegermutter“…

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Maites Wohnung hatte einen schmalen Flur, in dem viele Fotos ihrer baskischen Familie hingen. Davongingen das kleine Badezimmer ab und ihr großes Schlafzimmer. Ihre Küche war nur eng und klein. Ihr Wohnzimmer hatte zwei Zentren, einmal einen runden Esstisch mit mehreren Stühlen und einmal einem niedrigen Sofatisch mit einem roten Schlafsofa und einem weißen Sessel. In der Ecke, bei den Büchern, der Musikanlage und dem kleinen Fernseher stand noch ein Sessel, in dem sie ihren Mittagsschlaf hielt. Die Balkontür führte auf ihre kleine Terasse, da stand ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Sonnenschirm, da war ein kleines Beet, in dem sie Blumen gepflanzt hatte, auf der Terrasse standen auch noch Blumenkübel. Ich werde Maite immer mit dem Lavendel assoziieren.

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Maite liebte den kleinen Juri innig. Sie fütterte ihn mit Brei. Besonders gut schmeckte Juri die Brocculi-Suppe, die Maite für ihn kochte. Auch war Juri ein großer Liebhaber von Milchreis mit Zimt und Zucker. Dazu hatte Maite immer Apfelschorle für ihn. Sie machte unendlich viele Fotos vom kleinen Juri. Juri war auch wirklich eine Schönheit. Karine und ich verglichen ihn mit dem griechischen Sonnengott Apoll, dem Ideal klassischer Jünglingsschönheit. Juri eiferte auch seinem Namenspatron, dem heiligen Georg nach, und war ein gewaltiger Ritter und Drachentöter. Ich sagte zu Karine: „Juri hat so eine schöne Sprache, er redet wie ein Gedicht von Eichendorf.“ Als er vier Jahre alt war, verliebte er sich in die „Primavera“ von Sandro Botticelli…

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Im Vorfrühling 2003 sagte Karine mir: „Toto, ich bin wieder schwanger.“ Sie hatte sie wirklich sehr nach einem zweiten Kind gesehnt! „Aber werden wir noch ein weiteres Kind so lieben können wie Juri?“ Gewisse dämonische Geister drängten zur Abtreibung. Es waren Zwillinge in Karines Bauch. „Toto, wirst du mir helfen, die Kinder großzuziehen?“ - „Ja, mon filou...“ Karine war bei der Schwangerschaftsberatung, ich saß vor dem Gesundheitsamt mit Juri, er spielte auf der Wiese, ich betete den Rosenkranz für die lebend-Geburt der Zwillinge. Die Zwillinge sind Marienkinder. Karine gebar sie mit Kaiserschnitt im Krankenhaus, ich besuchte sie, sie legte mir Milan und Simon nacheinander in die Arme. Ich kam dann täglich, die Babys mittags zu wiegen und zu stillen (mit dem Fläschchen – wie gerne hätte ich Mutterbrüste gehabt!...), wenn Karine ihren Mittagsschlaf hielt.

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Ich hatte ein Foto zuhause, da stand Karine und hielt in ihren Armen das Juribaby, das malte ich ab: Karine als Muttergottes mit dem Jesusbaby, und unten am Rand des Bildes zwei kleine Kinder-Engel, das waren die Seelen der ungeborenen Zwillinge. Das Bild schenkte ich Karine. Ich sagte ihr: „Das Leben ist uns heilig“… Sie stimmte mir zu. Sie sagte: „Nun haben wir zwei Akkadanus...“

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Karine war nun eine Zeit lang alleinerziehende Mutter von drei kleinen Kindern. Wenn sie einmal mit ihren Freundinnen feiern wollte, brachte sie Juri zu mir und die Zwillinge Milan und Simon zu Maite. Ich musste immer weinen vor Rührung über Juri, wenn Karine ihn am nächsten Tag abholte. Da hörte ich immer „Circus left town“ von Eric Clapton: „Little man with his heart so pure...“

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Später, als der Erzeuger wieder gekommen war, blieb Juri, wenn Karine ausgehen wollte, bei seinem Erzeuger, Karine brachte dann Milan und Simon zu mir.

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Dann brach bei Karine der Brustkrebs aus. Nun lernte ich auch Karines Vater Konrad kennen. Öfter kam er und wohnte dann bei Maite. Dann waren wir alle beisammen: Karine, Maite, Konrad, Juri, Milan, Simon und ich. Die Erwachsenen redeten Französisch miteinander, die Kinder spielten miteinander und ich, als das große Kind, gesellte mich zu den Kindern.

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Maite hatte nach ihrer Scheidung von Konrad nie wieder geheiratet. Sie pflegte weiter den Kontakt zu ihm, verstand sich aber auch gut mit Konrads zweiter Frau Christel. Aber irgendwie war Konrad doch der Mann ihres Lebens. Aber sie zankten auch oft miteinander.

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Karine wollte nach Berlin, um chinesische Atem-Meditation zu lernen. Da nahm sie mich und Milan mit. Milan nannte mich Mama, er war zwei Jahre alt. Karine meditierte und ich schob Milan im Kinderwagen zum Ententeich, zu Schafen, Pferden, Schweinen und Hunden. Juri und Simon blieben in dieser Zeit bei Maite.

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Maite fragte mich: „Würdest du mit Konrad und mir und den Kindern einen Urlaub in Rügen machen? Dann könnte Karine sich zuhause erholen.“ Ich sagte: „Nein, ich komme nur mit, wenn Karine mitkommt.“ Ich wollte nämlich nicht allein mit Maite und Konrad sein, wenn sie sich wieder zankten. Karine kam auch wirklich mit. Milan und Simon waren drei Jahre alt, Juri fünf. Sie wohnten alle zusammen in einer Ferienwohnung, ich draußen im Wohnwagen. Einmal schlief Juri bei mir. Nachts gabs ein Gewitter und Wettersturm und Regen, da sahen Juri und ich die „Waffen Gottes“ und wie ein Blitz den Himmel aufriss und wir konnten sehen bis zum weißen Thron Gottes. Konrad dominierte die Gespräche. Maite war meistens still. Sie mache das Essen. Ich nannte Simon Chou-Chou und Milan Mignon, aber das gefiel Maite nicht.

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Ein Jahr später fuhr Karine allein zu einer Kur nach Sylt. Maite hatte ihr ihr Fahrrad mitgegeben. Sie machte sich sorgen, ob alles klappt. Ich sagte: „Vertraue auf die Vorsehung Gottes (providence).“ Maite sagte: „Ich glaube nicht an die Providence.“ Ich besuchte dann Karine zuerst allein mit Juri, und zwei Wochen später fuhr ich mit Konrad und Milan und Simon zu Karine.

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Als wir auf Rügen waren, fuhren wir alle im Auto zum Kap Arkona, da war ein großer Leuchtturm und ein großer Saal, wo traditionell Hochzeiten gefeiert wurden. Karine sagte da zu mir: „Totolino, wollen wir hier heiraten?“ - Ich sagte: „Mon bijoux, du weißt doch, ich lebe im Zölibat.“ Aber abends trat ich vor der Ferienwohnung zu ihr und sagte: „Oder wollen wir doch heiraten? Ich möchte so gerne der Papa deiner Kinder sein.“ Da lächelte Karine mich an, nahm meine Hände und sagte: „Ich liebe dich wie einen Bruder – und noch mehr. Aber lass uns das doch lieber lassen. Denn du liebst doch auch Evi.“

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Als ich mit Konrad, Milan und Simon Karine auf Sylt besuchte, blieb Juri bei Maite. Als Karine nach Hause kam, sagte Maite über Juri: „Ils est adorable!“ (Er ist anbetungswürdig!)

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Einmal trafen wir uns alle mit Konrad bei Maite. Konrad hatte einen Truthahn mitgebracht und Maite bereitete ein Festmahl zu: Truthahnbraten mit Bratensauce, Gemüse und Salzkartoffeln, dazu Wein für die Erwachsenen und Apfelschorle für die Kinder, und zum Nachtisch Baguette und Käse und anschließend Vanille-Eis. Dann kam der Kaffee. Wie immer fluchte sie in der Küche beim Kochen vor sich hin. Aber es war ein leckeres Festmahl.

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Karine fuhr in eine Kur zu den Anthroposophen. Maite und ich passten auf die Kinder auf im schönen Haus Karines im schönen Garten Karines im schönen Hasenweg. Maite machte das Essen. Juri fuhr allein zur Schule. Ich brachte Milan und Simon im Fahrradanhänger zum Kindergarten und ging anschließend einkaufen. Abends brachte Maite die Zwillinge ins Bett, mit Vorlesen und Händchenhalten, und ich brachte in Karines Bett Juri zum Schlafen, mit Vorlesen und Plaudern. Die Zwillinge kamen zu Juri und mir herüber und wollten auch von mir ins Bett gebracht werden. Ich legte sie in ihr Bett und sagte: „Zwei Engel zu euren Köpfen, zwei Engel zu euren Füßen, zwei Engel zu eurer Rechten, zwei Engel zu eurer Linken, und zwei Engel über euch, die zeigen euch den Weg ins Paradies.“ Dann sang ich noch: „Maria, breite den Mantel aus, mach Schirm und Schild für uns daraus, lass uns darunter sicher stehn, bis alle Stürme vorübergehn. O Mutter voller Güte, uns allezeit behüte!“ Dann schliefen alle ein. Maite und ich hörten den französischen Liedermacher Jaques Brel. Die Nachbarin sagte zu mir: „Da du und Maite da sind, sind die Kinder viel ruhiger und ausgeglichener als sonst.“ Maite ging schon am Krückstock, sie hatte wirklich all ihre Kraft gegeben. Jeden Abend rief Karine an und telefonierte mit Maite. Ich saß vorm Haus, trank Wein und rauchte, betete und dichtete Gedichte über die Mutterliebe Gottes, die ich später Maite schenkte.

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Das Telefon bei mir klingelt. „Ja?“ - „Hallo Toto, ich bins, Karine. Dein Liebling Milan will dich sehen.“ - „Ich komme!“

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In den letzten Monaten vor ihrem Tod dachte Karine immer wieder an ihre Kindheit, wie sie sich allein gelassen gefühlt hatte, von Konrad sowieso, aber auch von Maite.

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Maite war bis zum Ende bei Karine. Karine machte sich sehr, sehr große Sorgen um die Zukunft von Milan und Simon. Juris Erzeuger war bereit, sich als ein Vater um Juri zu kümmern. Ich sprach mit meinem Beichtvater, ob ich die Zwillinge aufnehmen solle. Er sagte: „Nur Mut zur Courage!“ Ich sprach mit Maite. Sie wollte mit mir zusammen ziehen, und dann würden wir Milan und Simon aufnehmen. Das sagte ich Karine im Krankenhaus. Da sagte sie: „Außer meine Kinder liebe ich nur noch meine Mutter und dich – wegen der Zwillinge.“ Am Tag vor ihrem Tod rief Karine mich noch an: „Kannst du die Kleinen zusammen mit Evi aufnehmen?“ Denn Maite war doch schon sehr gebrechlich und hätte sich nicht wirklich kümmern können, und ich war versunken in entsetzlichen Depressionen, ich hatte zehn Jahre lang jede Nacht Rotz und Wasser geheult. Und Evi und ich nahmen „die Kleinen“, wie Karine und ich sie immer nannten, tatsächlich für drei Monate auf. Aber, was Karine auf Erden nicht gewusst hatte, am Tag ihrer Beerdigung meldete sich ein Verwandter von Karine mit seiner Frau, B.B., sie würden die Zwillinge für immer bei sich aufnehmen.

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Am letzten Tag, da ich Karine sah, es war drei Tage vor ihrem Tod, es war der Valentinstag 2010, kam ich gerade aus dem Gottesdienst. Jesus sagte: „Selig sind die Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Das sagte ich Karine. Da sagte sie: „Bin ich auch selig?“ - „Ja,mein Schatz“, sagte ich, und sie lächelte glücklich. Da kam die Nonne des Krankenhauses und brachte der Bettnachbarin die Hostie (den Leib Christi), und Karine sagte: „Toto, zünde die Marien-Kerze an, ich möchte auch den Leib Christi empfangen.“ Und so ist sie in den Himmel gekommen.

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#Ich hatte mit Milan und Simon am Leichnam Karines gestanden, ihr mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet, war mit Milan und Simon in die Kapelle gegangen vor das Bild der Gottesmutter, zündete eine Kerzen für Karine an und betete: O Maria, führe Karine ins Paradies, und sei du nun die Mutter von Milan und Simon. - Vor dem Krankenhaus stand Maite. Sie sagte zu einer Verwandten: „Das ist Torsten. Er stand den Kindern noch näher als ich, ja, noch näher als ihre Mutter.“

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Als Milan und Simon drei Monate bei Evi wohnten, war ich jeden Tag bei ihnen. Ich brachte sie abends mit Evis Sohn Tom ins Bett. Nach dem Segen ging ich, um nach Hause zu fahren, da sagte Milan noch: „Pass auf dich auf, Toto.“ Maite und Konrad kamen auch manchmal zu Evi, um bei den Zwillingen zu sein.

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Konrad gab Evi Karines Auto, wollte aber noch vierhundert Euro dafür haben. Maite bezahlte die vierhundert Euro und schenkte Evi Karines Auto.

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Nach Karines Tod und dem für mich sehr schmerzlichen Verlust der Kinder kam ich mit einem Nervenzusammenbruch in die Psychiatrie. Maite hätte mich gerne besucht, war aber zu gebrechlich für den weiten Weg. Als ich aus der Psychiatrie kam, schenkte sie mir zum Trost das „Buch der Lieder“, die gesammelten Liebesgedichte von Heinrich Heine, des deutschen Dichters, der die Französinnen so sehr geliebt hat.

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Maite träumte sehr viel von Karine. Sie hörte nachts Karines Stimme, wie sie „Mamutschka“ zu ihr sagte, denn so hatte Karine Maite genannt, wenn sie sie besonders lieb hatte.

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Ich ging manchmal mit Maite auf den Friedhof an Karines Grab. Einmal setzte ich mich dort auf eine Bank und betete: „O Gott, ich will schon so lange tot sein, und du lässt mich nicht sterben, und Karine hat so gerne gelebt, und sie musste sterben. Das ist eine himmlische Ungerechtigkeit! Wäre ich doch an ihrer Stelle gestorben!“ Das erzählte ich Maite, sie wollte mich trösten: „Aber es geht dir doch gut.“ Maite hat nie verstanden, wie krank meine Seele war, wie sehr ich am Leben litt.

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Einmal besuchte ich Maite, es war im heißen Hochsommer. Wir tranken auf der Terrasse Kaffee, aßen Kuchen und rauchten zusammen. Dann ging ich für sie einkaufen. Als ich wiederkam, saß Maite halb schwindelig, halb ohnmächtig in ihrem Sessel. Ich rief den Notarzt und blieb bei ihr, bis der Arzt kam. Da sagte sie mit schwacher Stimme: „Ach, es wäre mir lieber, wenn du mein Schwiegersohn wärst.“

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Zweimal fuhr ich mit Maite und Juri nach Hamburg zu Konrad und seiner Frau Christel. Mit Christel hatten Juri und ich die schönsten Stunden im Serengeti-Park. Konrad suchte immer Streit mit mir und griff meinen Glauben sehr aggressiv an. Ich saß meistens draußen auf der Terrasse und rauchte, Juri war bei mir und wir redeten miteinander. Da trat Maite abends aus der Haustür und sagte: „Kommt nun rein, Konrad will euch sehen! Das ist unverschämt!“ Dann ging sie wieder rein. Juri sagte: „Und jetzt reden sie wieder französisch miteinander.“

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Juri sagte mir auch, dass er nicht so gerne Maite besuche, weil sie immer so viel von ihrem Tod rede. Maite beklagte sich bei mir, dass sie Juri nicht so oft sehen könne, wie sie wollte. Juri war schon ein Jugendlicher. Zu mir hatte er einmal gesagt: „Ich bin jetzt in einem Alter, wo man sich nicht mehr für Erwachsene interessiert.“ Ich versuchte, Maites Verständnis dafür zu wecken, dass ein Jugendlicher am liebsten mit seinen Freunden das Leben genießt und nicht so gerne mit Alten über den Tod spricht.

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Maite versuchte mehrmals, mich und Juri in ihrer Wohnung zusammen zu bringen. Vielleicht dreimal traf ich auch Juri bei Maite. Er gefiel mir außerordentlich gut mit seiner ordentlichen Seele. Maite hörte aber immer schlechter und verstand nicht immer, was geredet wurde.

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Manchmal kamen zu Maite alle drei Enkel. Die drei Enkel redeten dann schnell und begeistert und verspotteten ihre Lehrer, und Maite verstand nur die Hälfte, aber sie war glücklich, alle ihre drei Engel bei sich zu haben.

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Weihnachten lud Maite immer Juri und seinen Vater zum Essen ein. Aber mit zunehmender Altersgebrechlichkeit mochte sie nicht mehr gerne kochen.

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Einmal luden Konrad und Christel Maite, Juri und mich nach Hamburg ein. Ich war aber von den Medikamenten gegen meine Depressionen fast bettlägrig und sagte ab. Juri sagte: „Wenn Torsten nicht mitkommt, komme ich auch nicht.“ Maite war beleidigt: „Sind ich und Konrad denn nichts?“

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Einmal kam ich mit Maite vom Friedhof. Ich sagte: „Karine ist nun im Himmel.“ Sie sagte: „Glaubst du an den Himmel? Dass nach dem Tod alles schön wird?“ - „Ja.“ - „Und was ist mit Hitler? Ist der auch im Himmel?“ - „Für solche Leute gibt es wohl eher die Hölle.“ - „Ich möchte nach dem Tod eine Blume werden...“

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Maite erinnerte sich an ihre Jugend in Paris, damals hatte sie gerne Jazz gehört. Swing. Ich schenkte ihr einige Jazz-Aufnahmen.

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Maite konnte wegen ihrer fehlenden Sehkraft nicht mehr lesen. Ich erzählte von Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Sie sagte, sie hätte einmal das erste Buch davon gelesen, die Erinnerungen an die Großmutter… Das wäre sehr schön gewesen.

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Einmal habe ich ihr Schiller geschenkt, die Jungfrau von Orleans, und einen eigenen Text über Jeanne d‘Arc. Sie ehrte Jeanne d‘Arc. Ich erzählte ihr auch, als ich Voltaires Epos über Jeanne d‘Arc übersetzte.

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Eine Zeit lang hörte Maite dann Hörbücher. Ich schenkte ihr ein französisches Hörbuch von Balzac, aber sie kam nicht mehr dazu, das zu hören. Ich schenkte ihr aber auch ein Hörbuch mit Gedichten von Francois Villon auf deutsch. Sie hörte es und schenkte es ihrer Freundin Jeanine, einer Französin, die Villon verehrte.

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Zu Maites 80. Geburtstag war ich mit ihr und Jeanine im Restaurant essen. Anschließend tranken wir auf Maites Terrasse Kaffee. Wir sprachen über Villon, Rimbaud, Verlaine, Baudelaire, Racine (Athalja) und den tragischen Tod von Moliere. Wegen Karine hatte ich eine besondere Liebe zu Frankreich, zur französischen Sprache, zu den französischen Dichtern, zu den französischen Liedermachern. Wenn ich meinen Engel Karine hören wollte, hörte ich französisches Radio.

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Zu einem Geburtstag rief ich sie an und sagte: „Je vous salut, Marie-Therese! - „Sie sagte: „Nein, das heißt: Je vous salut, Marie! Du musst sagen: Bon anniversaire, Maite!“

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Ihre langjährige beste Freundin, die Spanierin Maria, die ein Bild der Jungfrau Maria in ihrem Schlafzimmer hatte, verließ im hohen Alter nach dem Tod ihres Mannes Deutschland und kehrte in ihre spanische Heimat zurück. Sie war immer sehr lieb zu Maites Enkeln gewesen.

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Maite wollte klassische Musik hören. Ich schenkte ihr die vier Jahreszeiten von Vivaldi, die Zauberflöte von Mozart und die neunte Symphonie von Beethoven.

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Ich schenkte Maite ein Hörbuch von Leo Tolstoi. Der war Karines Lieblingsschriftsteller. Als Studentin der Slawistik schrieb sie eine Arbeit über die Lebensphilosophie von Tolstoi. Als ich noch mit Karine zusammen war, las sie Tolstois Roman Auferstehung, kam aus ihrem Zimmer und sagte: „Ich muss mein Leben ändern!“ Nach Karines Tod las ich ihre Ausgabe des Romans Anna Karenina.

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Manchmal besuchte ich mit meinem kleinen Freund Tom, Evis Sohn, Maite. Ich dachte, mein kleiner Erzengel könnte sie ein wenig trösten, denn sie war sehr traurig, dass sie ihre Enkel so selten sah.

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Dann starb die Pflegemutter von Milan und Simon. Maite war verzweifelt. Dann starb auch ihr ehemaliger Ehemann Konrad. Maite wollte danach noch einmal in sein Haus, „um noch einmal Konrads Geruch zu riechen“. Aber da sie kaum noch gehen konnte, fast gar nichts mehr sah, musste sie darauf verzichten.

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Es freute sie, dass Milan und Simon Maites baskische Heimat besuchten.

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In einem Schwindelanfall, da sie gefallen war, hatte sie zu Juri gesagt: „Du bist nicht mehr mein Enkel!“ Das hatte Juri zutiefst verletzt. Maite bat mich, zu vermitteln, sie liebe ihn doch genauso wie Milan und Simon. Aber sie war auch wohl zu stolz, sich zu entschuldigen. Aber sie dachte bis zum Schluss in Liebe an Juri.

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Dann begann ein langer Kreuzweg durch Krankenhäuser und Pflegeheime, eine Odyssee der Leiden. Da sie telefonisch oft nur für Verwandte erreichbar war, stellte ich mich als der „Verlobte ihrer Tochter“, ihr „Schwiegersohn“, ihr „Sohn“ vor, sie stellte sich als meine „Tante“ vor.

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Ihre Verwandte (Großnichte ihres ehemaligen Mannes) Kathi, und Evi, die Busenfreundin ihrer Tochter, kümmerten sich rührend um sie bis zum letzten Atemzug. Maite hatte ein kindlich-dankbares Leuchten in den Augen, wenn sie ein wenig Zärtlichkeit erfuhr.

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Drei Tage vor ihrem Tod war ich mit Evi im Krankenhaus, sah Maite aber nicht, weil sie gerade in Behandlung war.

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Am Tag vor ihrem Tod, als sie, aufgequollen von Wasser, im Tiefschlaf lag, waren nicht nur Kathi und Evi da, sondern auch ihre Enkel Milan, Simon und Juri. Wenn sie auch schlief, ihre Seele nahm von allen Abschied, und da alle drei Enkel von ihr Abschied genommen hatten, konnte sie in Frieden entschlafen.

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In der Nacht ihres Todes betete ich für einen Heimgang in der Gnade Gottes. Spät in der Nacht kam ein Maikäfer in mein Zimmer, umflog das Licht und verschwand wieder. So nahm Maites Seele Abschied von mir.

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Am Morgen nach Maites Tod feierte ich eine Heilige Messe für sie. Jesus sagte im Evangelium: „Ich gehe euch voraus in den Himmel, um euch dort eine Wohnung zu bauen, und dann werde ich kommen, und euch zu mir holen.“ Und der Priester sagte: „Ich war fünfzehn Jahre alt, als meine Großmutter starb, und ich wählte dieses Gotteswort für die Beerdigung meiner Großmutter.“