PSALMEN AN DIE HERRIN GÖTTIN


VON TORSTEN SCHWANKE



I

Wohl dem, der nicht wandelt
Im Rat der Göttinlosen
Und nicht tritt auf den Weg der Sünder,
Noch sitzt im Kreise der Spötter,
Vielmehr Gefallen hat am Gesetz der Herrin
Und sinnt über ihr Gesetz bei Tag und bei Nacht!
Der gleicht einem Baum, gepflanzt an Wasserbächen,
Der seine Früchte bringt zu rechter Zeit
Und dessen Laub nicht welkt;
Und alles, was er beginnt, das gelingt.
Nicht also die Göttinlosen: nein,
Sie gleichen der Spreu, die der Wind verweht.
Darum werden die Göttinlosen nicht im Gericht bestehn
Und die Sünder nicht in der Gemeinde der Gerechten.
Denn es kennt die Herrin den Weg der Gerechten;
Doch der Göttinlosen Weg führt ins Verderben.

II

Was soll das Toben der Völker
Und das eitle Sinnen der Völkerschaften?
Die Könige der Erde rotten sich zusammen,
Und die Fürsten halten Rat miteinander
Gegen die Herrin und den von ihr Gesalbten:
Lasst uns zerreißen ihre Bande
Und von uns werfen ihre Fesseln!
Die im Himmel thront, die lacht,
Die All-Herrin spottet ihrer.
Dann aber wird sie zu ihnen reden in ihrem Zorn
Und sie schrecken in ihrem Ingrimm:
Habe ich doch meinen König eingesetzt
Auf dem Zion, meinem heiligen Berge!–
Lasst mich kundtun den Ratschluß der Herrin!
Sie hat zu mir gesagt: Mein Sohn bist du;
Ich selbst habe heute dich geboren.
Fordre von mir, so gebe ich dir die Völker zum Erbe
Und dir zum Besitz die Enden der Erde.
Du sollst sie mit eiserner Keule zerschmettern,
Wie Töpfergeschirr sie zerschlagen!
So nehmt denn Klugheit an, ihr Könige,
Lasst euch warnen, ihr Richter der Erde!
Dient der Herrin mit Furcht
Und jubelt ihr zu mit Zittern!
Küsst den Sohn, auf dass sie nicht zürne
Und ihr zugrunde geht auf eurem Wege!
Denn leicht entbrennt ihr Zorn.
Wohl allen, die bei ihr sich bergen!

III

Ein Psalm Davids, als er vor seinem Sohne Absalom floh.
Ach Herrin, wie sind doch meine Bedränger so zahlreich,
Wie viele erheben sich gegen mich!
Gar viele sagen von mir: Es gibt keine Rettung für ihn bei der Göttin!
Sela.
Doch du, o Herrin, bist ein Schild um mich her,
Meine Ehre und die mir das Haupt erhebt.
Laut ruf ich zur Herrin,
Und sie erhört mich von ihrem heiligen Berge.
Sela.
Ich legte mich nieder, schlief ruhig ein:
Erwacht bin ich wieder, denn die Herrin stützt mich.
Ich fürchte mich nicht vor vielen Tausenden Kriegsvolks,
Die rings um mich her sich gelagert haben.
Steh auf, o Herrin! Hilf mir, meine Göttin!
Du hast ja all meinen Feinden Backenstreiche versetzt,
Den Göttinlosen die Zähne zerschmettert.
Bei der Herrin steht die Hilfe,
Über deinem Volke walte dein Segen!
Sela.


IV

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel; ein Psalm von David.
Wenn ich rufe, erhöre mich,
Du Göttin meiner Gerechtigkeit!
In Bedrängnis hast du mir immer Raum geschafft:
Sei mir gnädig und höre mein Gebet!
Ihr Herrensöhne, wie lange noch
Soll meine Ehre geschändet werden?
Wie lange noch wollt ihr an Eitlem hängen,
Auf Lügen ausgehn?
Sela.
Erkennt doch, das die Herrin
Den ihr Getreuen sich auserkoren:
Die Herrin vernimmt’s, wenn ich zu ihr rufe.
Seid zornerregt, doch versündigt euch nicht!
Denkt nach im stillen auf eurem Lager und schweigt!
Sela.
Bringt Opfer der Gerechtigkeit dar
Und vertraut auf die Herrin!
Es sagen viele: Wer lässt Gutes uns schauen?
Erhebe über uns, o Herrin,
Das Licht deines Angesichts!
Du hast mir größere Freude ins Herz gegeben
Als ihnen zur Zeit, wo sie Korn und Wein in Fülle haben.
In Frieden will ich beides,
Mich niederlegen und schlafen;
Denn du allein, Herrin, lässt mich
In Sicherheit wohnen.


V

Dem Musikmeister, nach der Melodie „die Erbschaften“; ein Psalm von David.
Vernimm meine Worte, o Herrin,
Merke auf mein Seufzen!
Ach, hör auf mein lautes Flehen,
Meine Königin und mein Göttin;
Denn zu dir geht mein Gebet!
O Herrin, in der Frühe schon hörst du mein Rufen,
In der Frühe schon richte ich dir ein Opfer zu
Und spähe aus nach dir.
Du bist ja nicht eine Göttin, der göttinloses Wesen gefällt:
Kein Böser darf als Gast bei dir weilen;
Ruhmredige dürfen dir nicht vor die Augen treten:
Du hassest alle Übeltäter.
Du lässt die Lügner zugrunde gehn;
Wer mit Blutvergießen und Trug sich befasst,
Den verabscheut die Herrin.
Ich aber darf nach deiner großen Gnade dein Haus betreten,
Ich darf vor deinem heiligen Tempel
In Ehrfurcht vor dir mich niederwerfen.
Herrin, leite mich in deiner Gerechtigkeit
Um meiner Feinde willen,
Ebne vor mir deinen Weg!
Denn in ihrem Mund ist keine Aufrichtigkeit,
Ihr Inneres ist Bosheit;
Ein offnes Grab ist ihre Kehle,
Mit ihrer Zunge reden sie glatte Worte.
Lass sie büßen, o Göttin, dass zu Fall sie kommen
Durch ihre Anschläge!
Stoße sie weg von dir ob der Menge ihrer Frevel,
Denn sie haben dir Trotz geboten!
Dann werden alle sich freun, die auf dich vertrauen:
Allzeit werden sie jubeln, dass du sie beschirmst;
Und frohlocken werden alle über dich,
Die deinen Namen lieben.
Denn du, Herrin, segnest den Gerechten,
Schirmst ihn mit deiner Gnade wie mit einem Schilde.


VI

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel, im Basston; ein Psalm von David.
Herrin, nicht in deinem Zorne strafe mich
Und nicht in deinem Ingrimm züchtige mich!
Sei mir gnädig, o Herrin, denn ich bin am Verschmachten!
Heile mich, Herrin, denn meine Gebeine sind erschrocken,
Und meine Seele ist voller Angst!
Du aber, o Herrin, – wie lange noch willst du fern sein?
Kehre doch wieder, o Herrin, errette meine Seele!
Hilf mir um deiner Gnade willen!
Denn im Tode gedenkt man deiner nicht:
Im Totenreich – wer singt da dein Lob?
Erschöpft bin ich von all meinem Seufzen;
In jeder Nacht netz ich mein Bett mit Tränen,
Mache mein Lager zu einer Tränenflut.
Geschwunden ist mein Augenlicht vor Gram,
Gealtert vom Weinen ob all meinen Feinden.
Hinweg von mir, ihr Übeltäter alle!
Denn die Herrin hat mein lautes Weinen gehört;
Gehört hat die Herrin mein Flehen:
Die Herrin nimmt mein Gebet an.
Alle meine Feinde werden zuschanden werden
Und ganz bestürzt dastehn:
Mit Schanden müssen sie abziehn augenblicklich!


VII

Ein Bittgebet Davids, das er der Herrin wegen der Worte des Benjaminiten Kusch dichtete.
Herrin, meine Göttin, bei dir such ich Zuflucht:
Hilf mir von allen meinen Verfolgern und rette mich,
Dass der Feind mich nicht wie ein Löwe zerreiße
Und zerfleische, weil keine Retterin da ist!
O Herrin, meine Göttin! Hab ich solches verübt,
Klebt Unrecht an meinen Händen,
Hab ich dem, der in Frieden mit mir lebte, Böses getan –
Ach nein, ich rettete ja, die mich grundlos bedrängten –:
So möge der Feind mich verfolgen und einholen,
Möge mein Leben zu Boden niedertreten
Und strecke meine Ehre in den Staub!
Sela.
Steh auf, o Herrin, in deinem Zorn!
Erhebe dich gegen die Wut meiner Bedränger!
Werde wach mir zum Heil, du hast ja Gericht verordnet!
Lass die ganze Versammlung der Völker dich umringen,
Und über ihr kehre zurück zur Höhe!
Die Herrin ist Richterin über die Völker:
Schaffe mir Recht, o Herrin, nach meiner Gerechtigkeit
Und nach meines Herzens Unschuld!
Mache der Göttinlosen Bosheit ein Ende
Und hilf dem Gerechten zu festem Stand,
Du Prüferin der Herzen und Nieren,
Gerechte Göttin!
Meinen Schild hält die Göttin,
Die Helferin der in ihrem Herzen Redlichen.
Die Göttin ist eine gerechte Richterin
Und eine Göttin, die täglich droht.
Wahrlich, wiederum schärft er sein Schwert,
Hält seinen Bogen gespannt und zielt
Und richtet Todesgeschosse auf ihn,
Seine Pfeile, die ere zu Brandpfeilen macht.
Seht: da brütet der Frevler über Trug,
Geht schwanger mit Unheil und gebiert Lüge;
Eine Grube hat er gegraben und ausgescharrt,
Stürzt selbst aber in die Grube, die er angelegt.
Das Unheil, das er geplant, fällt ihm aufs eigne Haupt,
Sein Frevel fährt auf seinen eignen Scheitel nieder.
Preisen will ich die Herrin nach ihrer Gerechtigkeit
Und lobsingen dem Namen der Herrin, der Höchsten.


VIII

Dem Musikmeister, nach der Keltertreterweise; ein Psalm von David.
Herrin, unsere Herrscherin, wie herrlich ist
Dein Name auf der ganzen Erde,
Du, deren Hoheit und Majestät am Himmel sich kundtut!
Aus der Kinder und Säuglinge Mund
Hast du ein Bollwerk dir zugerichtet deinen Gegnern zum Trotz,
Um Feinde und Widersacher verstummen zu machen.
Wenn ich anschau deinen Himmel, das Werk deiner Finger,
Den Mond und die Sterne, die du hergerichtet:
Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,
Und das Menschenkind, dass du es beachtest?
Und doch hast du ihn nur wenig hinter die Gottheit gestellt,
Mit Herrlichkeit und Hoheit ihn gekrönt;
Du hast ihm die Herrschaft verliehn über deiner Hände Werke,
Ja, alles ihm unter die Füße gelegt:
Kleinvieh und Rinder allzumal,
Dazu auch die wilden Tiere des Feldes,
Die Vögel des Himmels, die Fische im Meer,
Alles, was die Pfade der Meere durchzieht.
Herrin, unsere Herrscherin, wie herrlich ist
Dein Name auf der ganzen Erde!


IX

Dem Musikmeister, nach der Melodie „stirb für den Sohn!“; ein Psalm von David.
Preisen will ich die Herrin von ganzem Herzen,
Verkünden all deine Wundertaten,
Ich will deiner mich freun und frohlocken,
Will lobsingen deinem Namen, du Höchste,
Weil meine Feinde haben rückwärts weichen müssen:
Sie sind gestrauchelt und umgekommen vor dir.
Denn du hast mein Recht und meine Sache geführt,
Hast auf dem Throne gesessen als gerechte Richterin;
Du hast die Heiden bedroht, die Frevler vernichtet,
Ihren Namen ausgelöscht für immer und ewig:
Der Feind ist dahin, zertrümmert für immer;
Auch Städte hast du zerstört, ihr Gedächtnis ist untergegangen.
Die Herrin aber thront in Ewigkeit;
Zum Gericht hat sie aufgestellt ihren Thron;
Und sie, sie richtet den Erdkreis mit Gerechtigkeit,
Spricht das Urteil den Völkern nach Gebühr.
So ist denn die Herrin eine Burg den Bedrückten,
Eine Burg für die Zeiten der Drangsal.
Drum vertrauen auf dich, die deinen Namen kennen;
Denn du lässt nicht von denen, die dich, Herrin, suchen.
Lobsingt der Herrin, die auf Zion thront,
verkündet unter den Völkern ihre Taten!
Denn als Rächerin der Blutschuld hat sie ihrer gedacht,
Hat das Schreien der Elenden nicht vergessen.
Sei mir gnädig, o Herrin, sieh an, was ich leide durch meine Feinde!
Du bist’s, die den Pforten des Todes mich entreißt,
Auf dass ich verkünde alle deine Ruhmestaten,
In den Toren der Tochter Zion ob deiner Hilfe juble!
Versunken sind die Heiden in die Grube, die sie gegraben,
Im Netz, das sie heimlich gestellt, hat ihr eigner Fuß sich verstrickt.
Kundgetan hat sich die Herrin, hat Gericht gehalten:
Durch das Eingreifen ihrer Hände ist der Frevler gefangen.
Saitenspiel. Sela.
Die Frevler fahren zur Unterwelt hinab,
Alle Heidenvölker, die die Göttin vergessen;
Denn nicht auf ewig bleibt der Arme vergessen,
Und der Elenden Hoffnung geht nicht für immer verloren.
Steh auf, o Herrin! Lass Menschen nicht trotzig schalten,
Lass die Heiden gerichtet werden vor dir!
Lege doch, Herrin, einen Schrecken auf sie!
Lass die Heiden erkennen, dass nur Menschen sie sind!
Sela.


X

Warum, o Herrin, stehst du so fern,
Verhüllst dich in Zeiten der Not?
Beim Hochmut der Göttinlosen wird dem Bedrückten bange:
Möchten sie selbst sich fangen in den Anschlägen, die sie ersinnen!
Denn der Frevler rühmt sich jubelnd seiner frechen Gelüste,
Und der Wucherer gibt der Herrin den Abschied, lästert sie.
Der Frevler wähnt in seinem Stolz: Die Göttin fragt nicht danach!
Es gibt keine Göttin! – dahin geht all sein Denken.
Allezeit hat er ja Glück in seinem Tun,
Deine Strafgerichte bleiben himmelweit fern von ihm,
Alle seine Gegner – er bietet ihnen Hohn.
Er denkt im Herzen: Nie komm ich zu Fall;
Nun und nimmer wird Unglück mich treffen!
Sein Mund ist voll Fluchens, voll Täuschung und Gewalttat;
Unter seiner Zunge birgt sich Unheil und Frevel.
In abgelegenen Gehöften liegt er im Hinterhalt,
Ermordet den Schuldlosen im Versteck,
Nach dem Hilflosen spähen seine Augen.
Er lauert im Versteck wie der Löwe in seinem Dickicht,
Er lauert, den Elenden zu haschen;
Er hascht den Elenden, indem er ihn in sein Netz zieht;
Er duckt sich, kauert nieder,
Und die Hilflosen und Unglücklichen fallen ihm in die Klauen.
Er denkt in seinem Herzen: Die Göttin hat es vergessen,
Sie hat ihr Antlitz verhüllt: sie sieht es nimmer!
Steh auf, o Herrin, erhebe, o Göttin, deinen Arm,
Vergiss die Elenden nicht!
Warum darf der Frevler die Göttin lästern und schmähen,
Darf denken in seinem Herzen: Du fragst nicht danach?
Du hast es wohl gesehen, denn auf Unheil und Herzeleid
Achtest du wohl, in deine Hand es zu nehmen;
Du bist es, der der Schwache es anheimstellt,
Der Waise bist du eine Helferin.
Zerschmettre den Arm des Frevlers
Und suche des Bösewichts göttinloses Wesen heim,
Bis nichts mehr von ihm zu finden!
Die Herrin ist Königin auf immer und ewig:
Verschwinden müssen die Heiden aus ihrem Lande!
Das Verlangen der Elenden hörst du, o Herrin;
Du stärkst ihren Mut, leihst ihnen dein Ohr,
Um den Waisen und Bedrückten Recht zu schaffen:
Nicht soll ein Mensch, der zur Erde gehört, noch ferner trotzen.


XI

Dem Musikmeister, von David.
Die Herrin ist meine Zuflucht;
Wie dürft ihr zu mir sagen: Flieht in euer Gebirge wie Vögel!
Denn seht, die Göttinlosen spannen den Bogen,
Legen ihren Pfeil auf die Sehne,
Um im Dunkel zu schießen auf schuldlose Herzen.
Wenn die Grundpfeiler niedergerissen werden,
Was kann da der Gerechte noch leisten?
Die Herrin ist in ihrem heiligen Palast,
Die Herrin, deren Thron im Himmel steht;
Ihre Augen halten Ausschau, ihre Blicke
Prüfen die Menschenkinder.
Es prüft die Herrin den Gerechten und den Göttinlosen,
Und wer Gewalttat liebt, den hasst ihre Seele.
Sie lässt auf die Göttinlosen Blitze regnen;
Feuer und Schwefel und Glutwind
Sind ihres Bechers Teil.
Denn gerecht ist die Herrin, eine Freundin gerechten Tuns:
Die Redlichen werden ihr Angesicht schauen.


XII

Dem Musikmeister, im Basston; ein Psalm von David.
Hilf doch, o Herrin! Denn dahin sind die Frommen
Und die Treuen ausgestorben inmitten der Menschenwelt!
Falschheit reden sie jeder mit dem andern,
Mit glatten Lippen, mit doppeltem Herzen reden sie.
O dass doch die Herrin vertilgte alle glatten Lippen,
Die Zunge, die vermessen redet,
Die Leute, die da sagen: Durch unsre Zunge sind wir starke Helden,
Unser Mund steht uns zur Verfügung:
Wer will uns meistern?
Wegen der Knechtung der Niedrigen,
Wegen dem Seufzen der Armen
Will jetzt ich mich erheben, spricht die Herrin,
Will Rettung schaffen dem, der danach verlangt!
Die Worte der Herrin sind lautere Worte,
Sind Silber, im Schmelzofen siebenfältig geläutert.
Du, Herrin, wirst treulich sie halten, wirst uns schirmen
Vor diesem Geschlecht, vor diesem Gelichter zu jeder Zeit,
Vor den Göttinlosen, die ringsum stolzieren,
Weil Gemeinheit sich bläht inmitten der Menschheit.


XIII

Dem Musikmeister; ein Psalm Davids.
Wie lange noch, Herrin, willst du mich ganz vergessen,
Wie lange dein Antlitz vor mir verhüllen?
Wie lange noch soll ich Sorgen hegen in meiner Seele,
Kummer im Herzen tragen Tag für Tag?
Wie lange noch soll mein Feind sich gegen mich erheben?
Blick her, erhöre mich, Herrin, meine Göttin,
Lass die Augen mir wieder leuchten,
Dass zum Tode ich nicht entschlafe!
Sonst rühmt sich mein Feind: Ich habe ihn überwältigt!,
Und meine Gegner jubeln, wenn ich wanke.
Doch nein, ich vertraue deiner Gnade:
Jauchzen soll mein Herz ob deiner Hilfe!
Singen will ich der Herrin, dass sie Gutes an mir getan!


XIV

Dem Musikmeister, von David.
Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es gibt keine Göttin;
Verderbt, abscheulich ist ihr Tun:
Da ist keiner, des Gutes täte.
Die Herrin schaut hernieder vom Himmel aus
Nach den Menschenkindern,
Um zu sehen, ob da sei ein Verständiger,
Einer, der nach der Göttin fragt.
Doch alle sind sie abgefallen,
Insgesamt entartet;
Da ist keiner, der Gutes tut,
Auch nicht einer.
Haben denn keinen Verstand die Übeltäter alle,
Die mein Volk verzehren,
Die das Brot der Herrin wohl essen,
Doch ohne sie anzurufen?
Damals gerieten sie in Angst und Schrecken,
Denn die Göttin war mit dem gerechten Geschlecht.
Beim Anschlag gegen den Elenden werdet zuschanden ihr werden,
Denn die Herrin ist seine Zuflucht.
O dass doch aus Zion die Rettung Israels käme!
Wenn die Herrin einst wendet das Schicksal ihres Volkes,
Wird Jakob jubeln, Israel sich freuen.


XV

Ein Psalm von David.
Herrin, wer darf Gast sein in deinem Zelte,
Wer wohnen auf deinem heiligen Berge?
Wer unsträflich wandelt und Gerechtigkeit übt
Und die Wahrheit redet, wie es ihm ums Herz ist;
Wer keine Verleumdung mit seiner Zunge umherträgt,
Seinem Nächsten kein Unrecht zufügt
Und keine Schmähung ausspricht gegen Verwandte;
Wer Verworfene als wirklich verächtlich ansieht,
Aber Göttinfürchtigen Ehre erweist;
Wer sich selbst zum Schaden schwört und den Eid doch hält;
Wer sein Geld nicht ausleiht auf Wucher
Und Bestechung nicht annimmt gegen Schuldlose:
Wer solches tut, wird ewiglich nicht wanken.


XVI

Ein Lied von David.
Behüte mich, Göttin, denn bei dir such ich Zuflucht!
Ich sage zu der Göttin: Meine Allherrin bist du,
Es gibt nichts Gutes für mich außer dir;
Und von den Heiligen im Lande sag ich:
Dies sind die Edlen, an denen mein ganzes Herz hängt.
Vielfaches Leid erwächst den Verehrern anderer Götter:
Ich mag ihre Bluttrankopfer nicht spenden
Und ihre Namen nicht auf meine Lippen nehmen.
Die Herrin ist mein Erbgut und Becherteil;
Du bist’s, die mein Los und Erbe mir sichert.
Die Meßschnur ist mir gefallen auf liebliche Gegend,
Ja, mein Erbteil gefällt mir sehr gut.
Ich preise die Herrin, die mich freundlich beraten;
Auch nächtens mahnt mich mein Herz dazu.
Ich habe die Herrin mir beständig vor Augen gestellt:
Steht sie mir zur Rechten, so wanke ich nicht.
Drum freut sich mein Herz, und meine Seele frohlockt:
Auch mein Leib wird sicher wohnen.
Denn du gibst meine Seele dem Totenreich nicht preis,
Du lässt deinen Frommen nicht schauen die Vernichtung.
Du weisest mir den Weg des Lebens:
Vor deinem Angesicht sind Freuden in Fülle
Und Segensgaben in deiner Rechten ewiglich.


XVII

Ein Gebet Davids.
Höre, o Herrin, die gerechte Sache,
Merk auf mein lautes Rufen,
Vernimm mein Gebet von Lippen ohne Trug!
Von dir soll das Urteil über mich ergehen:
Deine Augen sehen untrüglich.
Prüfst du mein Herz, siehst du nach mir bei Nacht,
Durchforschest du mich: du findest nichts Böses;
Mein Mund macht sich keines Vergehens schuldig.
Beim Treiben der Menschen hab ich nach deiner Lippen Wort
Gemieden die Pfade der Gewalttätigen.
Meine Schritte haben sich fest an deine Bahnen gehalten,
Meine Tritte haben nicht gewankt.
Ich rufe zu dir, denn du erhörst mich, o Göttin:
Neige dein Ohr mir zu, vernimm meine Rede!
Erweise mir deine Wundergnade, du Retterin derer,
Die vor Widersachern Zuflucht suchen bei deiner Rechten!
Behüte mich wie den Stern im Auge,
Birg mich im Schatten deiner Flügel
Vor den Frevlern, die mir Gewalt antun,
Vor meinen Feinden, die voll Gier mich umringen!
Ihr gefühlloses Herz halten sie verschlossen,
Ihr Mund stößt vermessene Reden aus.
Auf Schritt und Tritt lauern sie jetzt uns auf,
Richten ihr Trachten darauf, uns zu Boden zu werfen;
Sie gleichen dem Löwen, der gierig ist zu rauben,
Und dem jungen Löwen, der da lauert im Versteck.
Erhebe dich, Herrin, tritt ihm entgegen, strecke ihn nieder!
Errette mein Leben mit deinem Schwert vor dem Frevler,
Mit deiner Hand, o Herrin, vor den Menschen,
Vor den Leuten dieser Welt, deren Teil in diesem Leben ist!
Mit deiner Vergeltung fülle ihren Bauch!
Mögen ihre Söhne satt daran werden und ihren Überrest
Wieder ihren Kindern hinterlassen!
Doch ich in Gerechtigkeit darf dein Angesicht schauen,
Darf satt mich sehen beim Erwachen an deinem Bild.


XVIII

Dem Musikmeister; vom Knecht der Herrin, von David, der dieses Lied an die Herrin richtete zu der Zeit, als die Herrin ihn aus der Hand aller seiner Feinde, auch aus der Gewalt Sauls errettet hatte. Er betete so:
Ich liebe dich, Herrin, meine Kraft!
Die Herrin ist mein Fels, meine Burg und meine Retterin,
Meine Göttin ist mein Hort, bei der ich Zuflucht suche,
Mein Schild und das Horn meines Heils, meine Festung.
Die Preiswürdige ruf ich an, die Herrin:
So werde ich von meinen Feinden errettet.
Die Wogen des Todes hatten mich umringt,
Und die Ströme des Unheils schreckten mich;
Die Netze des Totenreichs umfingen mich schon,
Die Schlingen des Todes fielen über mich.
In meiner Angst rief ich zur Herrin
Und schrie um Hilfe zu meiner Göttin;
Da vernahm sie in ihrem Palast mein Rufen,
Und mein Notschrei drang ihr zu Ohren.
Da wankte und schwankte die Erde,
Und der Berge Grundfesten bebten,
Sie wankten hin und her, denn sie war zornentbrannt.
Rauch stieg auf von ihrer Nase,
Und fressendes Feuer drang aus ihrem Munde,
Glühende Kohlen sprühten von ihr aus.
Sie neigte den Himmel und fuhr herab,
Wolkennacht lag unter ihren Füßen;
Sie fuhr auf dem Cherub und flog daher
Und schoss herab auf den Fittichen des Sturms;
Finsternis machte sie zu ihrer Hülle,
Rings um sich her zu ihrem Zelt
Regendunkel, dichtes Gewölk;
Aus dem Glanz vor ihr her brachen durch ihre Wolken
Hagel und Feuerflammen.
Dann donnerte die Herrin im Himmel,
Die Höchste ließ ihre Stimme erschallen;
Sie schoss ihre Pfeile ab und zerstreute die Feinde,
Schleuderte Blitze und schreckte die Feinde.
Da wurden sichtbar die Tiefen des Meeres
Und aufgedeckt die Grundfesten der Erde
Vor deinem Schelten, o Herrin,
Vor dem Zornschnauben deiner Nase.
Sie streckte die Hand herab aus der Höhe, erfasste mich,
Zog mich heraus aus den großen Fluten,
Entriss mich meinem starken Feinde
Und meinen Widersachern, die zu stark mir waren.
Sie hatten mich überfallen an meinem Unglückstage;
Doch die Herrin ward mir zur Stütze;
Sie führte mich heraus auf weiten Raum,
Riss mich heraus, weil sie Wohlgefallen an mir hatte.
Die Herrin hat mir gelohnt nach meiner Gerechtigkeit,
Nach der Reinheit meiner Hände mir vergolten;
Denn ich habe eingehalten die Wege der Herrin
Und bin von meiner Göttin nicht treulos abgefallen;
Nein, alle ihre Rechte haben mir vor Augen gestanden,
Und ihre Gebote hab ich nicht von mir gewiesen.
So bin ich unsträflich vor ihr gewandelt
Und hab mich vor jeder Verschuldung gehütet;
Drum hat mir die Herrin vergolten nach meiner Gerechtigkeit,
Nach der Reinheit meiner Hände, die ihren Augen sichtbar war.
Gegen den Guten erweist du dich gütig,
Gegen den Redlichen zeigst du dich redlich,
Gegen den Reinen erweist du dich rein,
Doch gegen den Falschen zeigst du dich enttäuschend;
Denn du schaffst demütigen Leuten Hilfe,
Aber stolze Augen erniedrigst du.
Ja, du lässt meine Leuchte hell scheinen;
Die Herrin, meine Göttin, macht meine Finsternis licht.
Denn mit dir überrenne ich Feindesscharen,
Und mit meiner Göttin überspringe ich Mauern.
Diese Göttin – ihr Walten ist vollkommen;
Die Worte der Herrin sind lauter,
Ein Schild ist sie allen, die zu ihr sich flüchten.
Denn wer ist Göttin außer der Herrin
Und wer ein Fels als nur unsere Göttin?
Diese Göttin, die mit Kraft mich gegürtet
Und meinen Weg ohne Anstoß gemacht;
Die mir Füße verliehen den Hirschen gleich
Und mich sicher auf Bergeshöhen gestellt;
Die meine Hände streiten gelehrt,
Dass meine Arme den ehernen Bogen spannten.
Du reichtest mir deinen schützenden Schild,
Deine Rechte stützte mich,
Und deine Gnade machte mich groß.
Du schafftest weiten Raum meinen Schritten unter mir,
Und meine Knöchel wankten nicht.
Ich verfolgte meine Feinde, holte sie ein
Und kehrte nicht eher um, bis ich sie vernichtet;
Ich zerschmetterte sie, dass sie nicht wieder aufstehen konnten:
Sie sanken unter meine Füße nieder.
Und du gürtetest mich mit Kraft zum Streit,
Beugtest unter mich alle, die sich gegen mich erhoben;
Du triebst meine Feinde vor mir in die Flucht,
Und alle, die mich hassten, vernichtete ich:
Sie schrien um Hilfe, doch da war keine Helferin,
Zur Herrin, doch sie hörte sie nicht;
Ich zermalmte sie wie Staub vor dem Winde,
Wie Kot auf den Gassen schüttete ich sie hin.
Du hast mich aus den Kämpfen für mein Volk errettet,
Mich zum Oberhaupt der Heiden eingesetzt:
Völker, die ich nicht kannte, dienen mir;
Aufs bloße Wort gehorchen sie mir,
Die Söhne der Fremden huldigen mir;
Die Söhne des Auslands sinken mutlos hin
Und kommen zitternd hervor aus ihren Schlössern.
Die Herrin lebt: gepriesen sei mein Hort!
Und erhaben ist die Göttin meines Heils,
Die Göttin, die mir Rache verliehen
Und die Völker unter meine Herrschaft gezwungen,
Die von meinen grimmigen Feinden mich gerettet
Und über meine Widersacher mich erhöht,
Von dem Mann der Gewalttat mich befreit hat!
Drum will ich dich preisen, Herrin, unter den Völkern
Und deinem Namen lobsingen,
Dir, die ihrem Könige großes Heil verleiht
Und Gnade an ihrem Gesalbten übt,
An David und seinem Hause ewiglich!


XIX

Dem Musikmeister; ein Psalm von David.
Die Himmel verkünden der Göttin Herrlichkeit,
Und vom Werk ihrer Hände erzählt das Himmelsgewölbe.
Ein Tag ruft dem andern die Botschaft zu,
Und eine Nacht vermeldet der andern die Kunde.
Da ist keine Sprache, da sind keine Worte,
Unhörbar ist ihre Stimme;
Und doch: durch alle Lande dringt ihr Schall
Und ihre Rede bis ans Ende des Erdkreises;
Der Sonne hat sie dort ein Zelt gesetzt.
Und der Sonnenball –
Wie ein Bräutigam tritt er hervor aus seinem Gemach,
Er freut sich wie ein Held, zu durchlaufen die Bahn.
Vom Ende des Himmels geht er aus,
Und sein Umlauf reicht wieder bis zu dessen Ende,
Und nichts bleibt verborgen vor seiner Lichtglut.
Das Gesetz der Herrin ist vollkommen:
Es erquickt die Seele;
Das Zeugnis der Herrin ist zuverlässig:
Es macht die Törichten weise;
Die Befehle der Herrin sind richtig:
Sie erfreuen das Herz;
Das Gebot der Herrin ist lauter:
Es erleuchtet die Augen;
Die Ehrfurcht vor der Herrin ist rein:
Sie bleibt ewig bestehen;
Die Gerichtsurteile der Herrin sind Wahrheit:
Sie sind allzumal gerecht;
Sie sind köstlicher als Gold
Und als Feingold in Menge,
Sind süßer als Honig
Und Wabenseim.
Auch dein Knecht lässt durch sie sich warnen:
In ihrer Befolgung liegt ein reicher Lohn.
Verfehlungen – ach, wer nimmt sie wahr?
Von den unbewußten Fehlern sprich mich los!
Auch vor Hochmut behüte deinen Knecht:
Lass ihn nicht Macht über mich gewinnen!
Dann steh ich unsträflich da und bleibe rein
Von schwerer Verschuldung.
Lass wohlgefällig dir sein die Worte meines Mundes
Und das Sinnen meines Herzens,
O Herrin, mein Fels und meine Erlöserin!


XX

Dem Musikmeister; ein Psalm von David.
Die Herrin erhöre dich am Tage der Drangsal,
Es schütze dich der Name der Göttin Jakobs!
Sie sende dir Hilfe vom Heiligtum her
Und leiste dir Beistand von Zion aus!
Sie gedenke aller deiner Speiseopfer
Und sehe dein Brandopfer wohlgefällig an!
Sela.
Sie gewähre dir, was dein Herz begehrt,
Und lasse all deine Pläne gelingen!
Dann wollen wir jubeln über dein Heil
Und im Namen unserer Göttin die Fahnen schwingen:
Die Herrin erfülle dir all deine Wünsche!
Jetzt weiß ich, die Herrin hilft ihrem Gesalbten:
Sie erhört ihn aus ihrem heiligen Himmel
Durch die hilfreichen Taten ihrer Rechten.
Diese sind stark durch Wagen und jene durch Rosse,
Doch wir sind stark durch den Namen der Herrin, unserer Göttin.
Sie stürzen nieder und fallen,
Doch wir stehen fest und halten uns aufrecht.
O Herrin, hilf, verleihe den Sieg dem König!
Erhöre uns, sooft wir dich anrufen!


XXI

Dem Musikmeister; ein Psalm von David.
O Herrin, über deine Kraft freut sich der König,
Und über deine Hilfe – wie jauchzt er so laut!
Seines Herzens Verlangen hast du ihm erfüllt
Und den Wunsch seiner Lippen ihm nicht versagt;
Sela.
Denn mit Glück und Segen bist du ihm begegnet,
Hast aufs Haupt ihm gesetzt eine Krone von Feingold.
Leben erbat er von dir: du hast es ihm gewährt,
Der Jahre Fülle auf endlose Zeit.
Groß ist sein Ruhm durch deine Hilfe,
Mit Glanz und Hoheit hast du ihn geschmückt;
Für die Dauer hast du ihn zum Segen gemacht,
Ihn beglückt mit Freude vor deinem Angesicht.
Denn der König vertraut auf die Herrin
Und wird durch der Höchsten Gnade nicht wanken.
Deine Hand wird treffen alle deine Feinde,
Deine Rechte alle erreichen, die dich hassen.
Du wirst sie wie einen Feuerofen machen,
Sobald du erscheinst;
Die Herrin wird sie verschlingen in ihrem Zorn,
Und Feuer wird sie verzehren.
Ihren Nachwuchs wirst du vom Erdboden tilgen
Und ihr Geschlecht aus der Menschenwelt.
Wenn Böses sie gegen dich planen, auf Arglist sinnen:
Sie werden nichts vermögen;
Denn du wirst sie zwingen, die Flucht zu ergreifen,
Mit deinem Bogen auf ihr Antlitz zielen.
Erhebe dich, Herrin, in deiner Kraft:
Wir wollen dein Heldentum besingen und preisen.


XXII

Dem Musikmeister, nach der Melodie Hirschkuh der Morgenröte; ein Psalm von David.

Meine Göttin, meine Göttin, warum hast du mich verlassen?
Ach, fern von meiner Rettung bleiben die Worte meiner Klage!
Meine Göttin! Ich rufe bei Tage, doch du antwortest nicht,
Und bei Nacht, doch Ruhe wird mir nicht zuteil!
Und doch bist du die Heilige,
Die da thront über Israels Lobgesängen.
Auf dich haben unsre Väter vertraut,
Sie haben vertraut, und du hast ihnen heraus geholfen;
Zu dir haben sie geschrien und Rettung gefunden,
Auf dich haben sie vertraut und sind nicht enttäuscht worden.
Doch ich bin ein Wurm und kein Mensch mehr,
Bin der Leute Hohn und verachtet vom Volk;
Alle, die mich sehen, spotten mein,
Reißen den Mund auf, schütteln den Kopf:
Er werfe es auf die Herrin: die möge ihn befreien,
Die möge ihn retten: sie hat ja Wohlgefallen an ihm!
Ja, du bist’s, die mich der Mutter gelegt in den Schoß,
Mich sicher geborgen an meiner Mutter Brust;
Von Geburt an bin ich auf dich angewiesen,
Vom Schoß meiner Mutter her bist du meine Göttin.
O bleibe nicht fern von mir, denn die Drangsal ist nahe,
Und sonst ist keine Helferin zu sehen!
Mich umzingeln mächtige Stiere,
Baschans Riesen-Büffel halten mich umringt;
Den Rachen sperren sie gegen mich auf,
Ein reißender, brüllender Löwe!
Wie Wasser bin ich ausgegossen,
Alle meine Glieder sind zerschlagen;
Das Herz ist mir geworden wie Wachs,
Zerschmolzen in meinem Innern.
Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft,
Und die Zunge klebt mir am Gaumen:
In den Staub des Todes hast du mich gelegt.
Ach, Hunde umgeben mich rings,
Eine Rotte von Übeltätern umkreist mich;
Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt.
Alle meine Gebeine kann ich zählen:
Sie aber blicken mich an und weiden sich an dem Anblick.
Sie teilen meine Kleider unter sich
Und werfen das Los um mein Gewand.
Doch du, Herrin, bleibe nicht fern von mir,
Du, meine Kraft, eile mir zu Hilfe!
Errette vor dem Schwert mein Leben,
Mein einziges Gut aus der Hunde Gewalt!
Hilf mir aus dem Rachen des Löwen
Und bewahre mich vor den Hörnern der Büffel!
Dann will ich deinen Namen meinen Brüdern kundtun,
Inmitten der Gemeinde dich rühmen:
Die ihr die Herrin fürchtet, preist sie!
Ihr alle vom Hause Jakobs, ehrt sie
Und scheut euch vor ihr, ihr alle von Israels Stamm!
Denn sie hat nicht übersehen
Und nicht verabscheut das Elend des Dulders
Und ihr Antlitz vor ihm nicht verborgen,
Nein, als er zu ihr schrie, auf ihn gehört.
Dir soll mein Loblied gelten in großer Gemeinde;
Meine Gelübde will ich erfüllen vor denen, die sie fürchten.
Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden,
Und die da suchen die Herrin, sollen sie preisen:
Aufleben soll euer Herz für immer!
Daran werden gedenken und zur Herrin sich bekehren
Alle Enden der Erde,
Und vor dir werden sich niederwerfen
Alle Geschlechter der Heiden;
Denn der Herrin gehört die Herrschaft und das Königtum,
Und sie ist der Völker Gebieterin.
Vor ihr werden niederfallen alle Großen der Erde,
Vor ihr die Knie beugen alle, die in den Erdstaub sinken
Und wer seine Seele nicht am Leben erhalten kann.
Die Nachwelt wird ihr dienen;
Von der Allherrin wird man erzählen dem künftigen Geschlecht.
Sie werden kommen und ihre Gerechtigkeit kundtun
Dem nachgeborenen Volk, dass sie es vollführt hat.


XXIII

Ein Psalm von David.
Die Herrin ist meine Hirtin: mir mangelt nichts.
Auf grünen Auen lässt sie mich lagern,
Zum Lagerplatz am Bach führt sie mich.
Sie erquickt meine Seele;
Sie leitet mich auf rechten Pfaden
Um ihres Namens willen.
Müsst ich auch wandern in finsterem Tal:
Ich fürchte kein Unglück,
Denn du bist bei mir: dein Hirtenstab und dein Stecken,
Die sind mein Trost.
Du deckst mir reichlich den Tisch
Vor den Augen meiner Feinde;
Du salbst mir das Haupt mit Öl
Und schenkst mir den Becher voll ein.
Nur Gutes und Liebes werden mich begleiten
Mein ganzes Leben hindurch,
Und heimkehren werde ich zum Hause der Herrin
Für eine lange Reihe von Tagen.


XXIV

Von David, ein Psalm.
Der Herrin gehört die Erde und ihre Fülle,
Der Erdkreis und seine Bewohner;
Denn sie hat auf Meeren sie gegründet
Und über Strömen sie festgestellt.
Wer darf hinauf gehen zum Berge der Herrin,
Wer stehen an ihrer heiligen Stätte?
Wer schuldlos ist an Händen und reinen Herzens,
Wer nie den Sinn auf Täuschung richtet,
Und wer nicht betrügerisch schwört:
Der wird Segen empfangen von der Herrin
Und Gerechtigkeit von der Göttin seines Heils.
Dies ist das Geschlecht, das nach ihr verlangt,
Die dein Angesicht suchen, Göttin Jakobs.
Sela.
Hebt hoch, ihr Tore, eure Häupter
Und öffnet euch weit, ihr uralten Pforten,
Dass die Königin der Herrlichkeit einziehe!
Wer ist denn die Königin der Herrlichkeit?
Die Herrin, sehr stark und eine Heldin,
Die Herrin, eine Heldin in der Schlacht!
Hebt hoch, ihr Tore, eure Häupter
Und öffnet euch weit, ihr uralten Pforten,
Dass die Königin der Herrlichkeit einziehe!
Wer ist denn die Königin der Herrlichkeit?
Die Herrin der Heerscharen,
Die ist die Königin der Herrlichkeit!
Sela.


XXV

Von David.
Zu dir, o Herrin, erheb ich meine Seele,
Meine Göttin, auf dich vertraue ich:
Lass mich nicht enttäuscht werden,
Lass meine Feinde nicht über mich frohlocken!
Nein, keiner, der auf dich harrt, wird enttäuscht;
Enttäuscht wird nur, wer dich treulos verlässt.
Tu mir kund, o Herrin, deine Wege,
Deine Pfade lehre mich!
Lass mich wandeln in deiner Wahrheit und lehre mich,
Denn du bist die Göttin meines Heiles:
Deiner harre ich allezeit.
Gedenke der Erweise deines Erbarmens, o Herrin,
Und dass deine Gnadenverheißungen aus der Urzeit stammen;
Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Vergehen:
Nein, nach deiner Gnade gedenke meiner um deiner Güte willen!
Gütig und aufrichtig ist die Herrin;
Darum weist er den Sündern den rechten Weg,
Lässt Bedrückte wandeln in richtiger Weise
Und lehrt die Dulder ihren Weg.
Alle Pfade der Herrin sind Gnade und Treue
Denen, die ihren Bund und ihre Gebote halten.
Um deines Namens willen, o Herrin,
Vergib mir meine Schuld, denn sie ist groß!
Wie steht’s mit dem Mann, der die Herrin fürchtet?
Dem zeigt sie den Weg, den er wählen soll.
Er selbst wird wohnen im Glück,
Und seine Kinder werden das Land besitzen.
Freundschaft hält die Herrin mit denen, die sie fürchten,
Und ihr Bund will zur Erkenntnis sie führen.
Meine Augen sind stets auf die Herrin gerichtet,
Denn sie wird meine Füße aus dem Netze ziehen.
Wende dich mir zu und sei mir gnädig!
Denn einsam bin ich und elend!
Die Ängste meines Herzens sind schwer geworden:
O führe mich heraus aus meinen Nöten!
Sieh mein Elend an und mein Ungemach
Und vergib mir alle meine Sünden!
Sieh meine Feinde an, wie viele ihrer sind
Und wie sie mich hassen mit frevlem Hass.
Behüte meine Seele und rette mich,
Nicht enttäuscht lass mich werden: ich traue auf dich!
Unschuld und Redlichkeit mögen mich behüten,
Denn ich harre deiner, o Herrin!
O Göttin, erlöse Israel aus allen seinen Nöten!


XXVI

Von David.
Schaffe mir Recht, o Herrin,
Denn ich bin gewandelt in meiner Unschuld
Und habe vertraut auf die Herrin ohne Wanken!
Prüfe mich, Herrin, und erprobe mich:
Meine Nieren und mein Herz sind geläutert!
Denn deine Gnade steht mir vor Augen,
Und ich wandle in deiner Wahrheit.
Ich sitze nicht bei falschen Menschen
Und verkehre nicht mit hinterlistigen Leuten;
Ich meide die Versammlung der Missetäter
Und halte mich nicht zu den Göttinlosen;
Ich wasche in Unschuld meine Hände
Und schreite so um deinen Altar, o Herrin,
Dass ich laut ein Danklied erschallen lasse
Und alle deine Wundertaten verkünde.
O Herrin, ich habe lieb die Stätte deines Hauses
Und den Ort, wo deine Herrlichkeit wohnt.
Raffe nicht weg meine Seele mit den Seelen der Sünder,
Noch mein Leben mit dem der Mordgesellen,
An deren Händen Verbrechen kleben
Und deren Rechte gefüllt ist mit Bestechung!
Ich aber wandle in meiner Unschuld:
Erlöse mich, Herrin, und sei mir gnädig!
Mein Fuß steht fest auf ebenem Plan:
In den Versammlungen will ich preisen die Herrin.


XXVII

Von David.
Die Herrin ist mein Licht und mein Heil:
Vor wem sollte ich mich fürchten?
Die Herrin ist meines Lebens Schutzwehr:
Vor wem sollte mir bangen?
Wenn Übeltäter gegen mich anstürmen,
Mich zu zerfleischen oder zu verschlingen,
Meine Widersacher und Feinde:
Sie straucheln und fallen.
Mag ein Heer sich gegen mich lagern:
Mein Herz ist ohne Furcht;
Mag Krieg sich gegen mich erheben:
Trotzdem bleib ich getrost.
Nur eines erbitt ich von der Herrin,
Danach trag ich Verlangen:
Dass ich weilen möge im Hause der Herrin
Mein ganzes Leben hindurch,
Um anzuschauen die Huld der Herrin
Und der Andacht mich hinzugeben in ihrem Tempel.
Denn sie birgt mich in ihrer Hütte
Am Tage des Unheils,
Beschirmt mich im Schirm ihres Zeltes,
Hebt hoch mich auf einen Felsen empor.
So wird sich denn mein Haupt erheben
Über meine Feinde rings um mich her;
Und opfern will ich in ihrem Zelte
Schlachtopfer mit Jubelschall,
Will singen und spielen der Herrin!
Höre mich, Herrin, laut ruf ich zu dir!
Ach, sei mir gnädig, erhöre mich!
Mein Herz hält dein Gebot dir vor:
Ihr sollt mein Angesicht suchen!
Darum suche ich, o Herrin, dein Angesicht.
Verbirg dein Angesicht nicht vor mir,
Weise nicht ab deinen Knecht im Zorn!
Du bist meine Hilfe gewesen: verwirf mich nicht
Und verlass mich nicht, du Göttin meines Heiles!
Wenn Vater und Mutter mich verlassen,
So nimmt doch die Herrin mich auf.
Lehre mich, Herrin, deinen Weg
Und führe mich auf ebener Bahn
Um meiner Feinde willen!
Gib mich nicht preis der Gier meiner Bedränger!
Denn Lügenzeugen sind gegen mich aufgetreten
Und schnauben Gewalttat gegen mich.
Der Göttin Lob! Ich bin gewiss, die Güte der Herrin
Zu schauen im Lande der Lebenden.
Harre der Herrin, sei getrost,
Und dein Herz sei unverzagt! Ja, harre der Herrin!


XXVIII

Von David.
Zu dir, Herrin, rufe ich:
Mein Fels, o wende dich nicht schweigend von mir ab,
Auf dass nicht, wenn du mir stumm bleibst,
Ich den ins Grab Gesunkenen gleiche.
Höre mein lautes Flehen, wenn ich zu dir schreie,
Wenn ich meine Hände erhebe zu deinem Allerheiligsten!
Raffe mich nicht weg mit den Frevlern
Und den Übeltätern,
Die freundlich reden mit ihren Nächsten
Und dabei Arges im Herzen sinnen!
Vergilt du ihnen nach ihrem Tun,
Nach der Bosheit ihrer Handlungen,
Vergilt ihnen nach dem Werk ihrer Hände,
Zahl ihnen ihr Verhalten heim, wie sie’s verdienen!
Denn sie achten nicht auf das Walten der Herrin
Und das Werk ihrer Hände;
Darum wird sie sie niederreißen und nicht wieder aufbauen.
Gepriesen sei die Herrin, denn sie hat gehört
Meinen lauten Hilferuf!
Die Herrin ist meine Stärke und mein Schild;
Auf sie hat mein Herz vertraut, da ist mir Hilfe geworden.
So frohlockt denn mein Herz,
Und mit meinem Lied will ich ihr danken.
Die Herrin ist ihres Volkes Stärke
Und ihres Gesalbten rettende Zuflucht.
O hilf deinem Volk und segne dein Erbe,
Weide sie und trage sie ewiglich!


XXIX

Ein Psalm von David.
Bringt dar der Herrin, ihr Göttinsöhne,
Bringt dar der Herrin Ehre und Preis!
Bringt dar der Herrin die Ehre ihres Namens,
Werft vor der Herrin euch nieder in heiligem Schmuck!
Der Donner der Herrin rollt über dem Meer;
Die Göttin der Herrlichkeit donnert,
Die Herrin über weiter Meeresflut!
Der Donner der Herrin erschallt mit Macht,
Der Donner der Herrin in Pracht!
Der Donner der Herrin zerschmettert die Zedern,
Ja die Herrin zersplittert die Zedern des Libanon
Und lässt sie hüpfen wie Kälbchen,
Den Libanon und Sirjon wie junge Büffel.
Der Donner der Herrin lässt Feuerflammen sprühen;
Der Donner der Herrin macht die Wüste erbeben,
Die Herrin macht erbeben die Wüste Kadesch.
Der Donner der Herrin macht Hirschkühe kreißen,
Entästet die Wälder,
Und alles ruft in ihrem Palast: Ehre!
Die Herrin hat über der Flut gethront,
Und als Königin thront die Herrin in Ewigkeit.
Die Herrin verleihe Kraft ihrem Volk,
Die Herrin wolle segnen ihr Volk mit Frieden und Heil!


XXX

Ein Psalm, ein Lied zur Tempelweihe, von David.
Ich will dich erheben, o Herrin,
Denn du hast aus der Tiefe mich gezogen
Und meinen Feinden die Freude über mich vereitelt.
O Herrin, meine Göttin, ich schrie zu dir um Hilfe,
Da hast du mir Heilung geschafft.
O Herrin, du hast meine Seele
Aus dem Totenreich herauf geführt,
Hast mich am Leben erhalten,
So dass ich nicht ins Grab bin gesunken.
Lobsingt der Herrin, ihre Frommen,
Und preist ihren heiligen Namen!
Denn ihr Zorn währt nur einen Augenblick,
Doch lebenslang ihre Gnade:
Am Abend kehrt das Weinen als Gast ein,
Doch am Morgen herrscht Jubel.
Ich aber dachte in meiner Sicherheit:
Ich werde nimmermehr wanken!
O Herrin, nach deiner Gnade
Hattest du fest meinen Berg gegründet;
Dann aber verbargst du dein Antlitz, und ich erschrak.
Da rief ich zu dir, o Herrin,
Und flehte zu meiner Göttin:
Was hast du für Gewinn von meinem Blut,
Wenn zur Unterwelt ich fahre?
Kann der Staub dich preisen
Und deine Treue verkünden?
O höre mich, Herrin, und erbarme dich mein,
Sei du, o Herrin, eine Helferin!
Du hast mir meine Klage in Tanz verwandelt,
Das Trauerkleid mir gelöst
Und mit Freude mich gegürtet,
Auf dass dir meine Seele lobsinge und nicht schweige:
O Herrin, meine Göttin, in Ewigkeit will ich dir danken!


XXXI

Dem Musikmeister; ein Psalm von David.
Bei dir, Herrin, suche ich Zuflucht:
Lass mich nimmer enttäuscht werden!
Nach deiner Gerechtigkeit errette mich!
Neige dein Ohr mir zu,
Eile zu meiner Rettung herbei,
Sei mir ein schützender Fels,
Eine feste Burg, mir zu helfen!
Du bist ja doch mein Fels und meine Burg,
Um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten,
Mich befreien aus dem Netz, das man heimlich mir gestellt;
Denn du bist meine Schutzfrau.
In deine Hand befehle ich meinen Geist:
Du wirst mich erlösen, o Herrin, du treue Göttin.
Du hassest, die sich an nichtige Götter halten,
Doch ich vertraue auf die Herrin.
Ich will jubeln und fröhlich sein ob deiner Gnade,
Dass du mein Elend hast angeschaut,
Auf die Angst meiner Seele geachtet
Und mich der Gewalt des Feindes nicht preisgegeben,
Nein, meine Füße gestellt hast auf weiten Raum.
Sei mir gnädig, o Herrin, denn ich bin in Angst;
Getrübt vor Gram ist mir mein Auge,
Meine Seele und mein Leib;
Denn in Kummer verzehrt sich mein Leben
Und meine Jahre in Seufzen;
Erschöpft durch mein Verschulden ist meine Kraft,
Und verfallen sind meine Gebeine.
Für alle meine Feinde bin ich zum Hohn geworden,
Von meinen Nachbarn gemieden
Und ein Schrecken für meine Bekannten:
Wer mich sieht auf der Straße, flieht vor mir.
Entschwunden bin ich wie ein Toter dem Gedenken,
Bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß.
Ich habe viele zischeln gehört: Grauen ringsum!
Wenn sie vereint sich gegen mich beraten,
Sinnen sie darauf, mir das Leben zu rauben.
Doch ich vertraue auf dich, o Herrin;
Ich sage: Nur du bist meine Göttin.
In deiner Hand steht mein Geschick:
Rette mich aus der Hand meiner Feinde und Verfolger!
Lass leuchten dein Angesicht über deinem Knecht,
Hilf mir durch deine Gnade!
Herrin, lass mich nicht enttäuscht werden, denn ich rufe dich an!
Lass die Frevler enttäuscht werden,
Lass sie, zum Schweigen gebracht, in die Unterwelt fahren!
Verstummen müssen die Lügenredner,
Die Freches reden gegen den Gerechten
In Hochmut und Verachtung!
Wie groß ist deine Güte,
Die du vorbehältst denen, die dich fürchten,
Die du denen zeigst, die ihre Zuflucht
Offen vor aller Welt zu dir nehmen!
Du schirmst sie mit deines Angesichts Schirm
Vor den Bosheitsplänen der Menschen,
Birgst sie in einer Hütte
Vor der Anfeindung der Zungen.
Gepriesen sei die Herrin, dass sie mir ihre Gnade
Wunderbar hat erwiesen in einer festen Stadt!
Ich zwar hatte gedacht in meiner Verzagtheit,
Ich sei verstoßen fern von deinen Augen;
Doch du hast mein lautes Flehen gehört,
Als ich zu dir rief.
Liebt die Herrin, ihre Frommen alle!
Die Treuen behütet die Herrin,
Vergilt aber reichlich dem, der Hochmut übt.
Seid stark, und euer Herz sei unverzagt,
Ihr alle, die ihr harrt der Herrin!


XXXII

Von David; ein Lehrgedicht.
Wohl dem, dessen Missetat vergeben
Und dessen Sünde zugedeckt ist!
Wohl dem Menschen, dem die Herrin die Schuld nicht zurechnet
Und in dessen Geist kein Trug wohnt!
Solange ich Schweigen übte, verzehrte sich mein Leib,
Weil es unaufhörlich in mir schrie;
Denn bei Tag und bei Nacht lag schwer auf mir deine Hand:
Mein Lebenssaft verdorrte wie durch Sommergluten.
Sela.
Da bekannte ich dir meine Sünde
Und verhehlte meine Verschuldung nicht;
Ich sagte: Bekennen will ich der Herrin meine Missetaten!
Da hast du mir meine Sündenschuld vergeben.
Sela.
Darum möge jeder Fromme zu dir beten,
Solange du dich finden lässt;
Wenn dann gewaltige Fluten daher stürzen,
Ihn werden sie nicht erreichen.
Du bist mir ein Schirm, bewahrst mich vor Unheil:
Mit Rettungsjubel du wirst mich umgeben.
Sela.
Ich will dich unterweisen und dich lehren
Den Weg, den du wandeln sollst;
Ich will dich beraten, mein Auge auf dich richten.
Seid nicht dem Ross, dem Maultier gleich,
Die keinen Verstand besitzen;
Mit Zaum und Gebiss musst du brechen ihren Trotz,
Sonst kommen sie nicht zu dir.
Zahlreich sind die Leiden des Göttinlosen;
Doch wer auf die Herrin vertraut,
Den wird sie mit Gnade umgeben.
Freut euch der Herrin und frohlockt, ihr Gerechten,
Und jubelt, ihr redlich Gesinnten alle!
Jubelt, ihr Gerechten, über die Herrin!
Den Aufrichtigen ziemt Lobgesang.
Preist die Herrin mit der Zither,
Spielt ihr auf zehnsaitiger Harfe!
Singt ihr ein neues Lied,
Lasst laut die Saiten erklingen mit Jubelschall!
Denn das Wort der Herrin ist wahrhaftig,
Und in all ihrem Tun ist sie treu;
Sie liebt Gerechtigkeit und Recht;
Von der Güte der Herrin ist die Erde voll.
Durch das Wort der Herrin sind die Himmel geschaffen,
Und ihr ganzes Heer durch den Hauch ihres Mundes.
Sie türmt die Wasser des Meeres auf wie einen Wall
Und legt die Fluten in Vorratskammern.
Es fürchte die Herrin die ganze Erde,
Vor ihr müssen beben alle Erdenbewohner;
Denn sie sprach: da geschah’s;
Sie gebot: da stand es da.
Die Herrin hat den Ratschluss der Heiden zerschlagen,
Die Gedanken der Völker vereitelt.
Der Ratschluss der Herrin bleibt ewig bestehen,
Ihres Herzens Gedanken von Geschlecht zu Geschlecht.
Wohl dem Volk, dessen Göttin die Herrin ist,
Dem Volk, das zum Eigentum sie sich erwählt hat!
Vom Himmel blickt die Herrin herab,
Sieht alle Menschenkinder;
Von der Stätte, wo sie wohnt, überschaut sie
Alle Bewohner der Erde,
Sie, die allen ihr Herz gestaltet,
Die acht hat auf all ihr Tun.
Ein König ist nicht geschützt durch große Heeresmacht,
Ein Kriegsheld rettet sich nicht durch große Kraft;
Betrogen ist, wer von Rossen die Rettung erhofft,
Denn trotz all ihrer Stärke vermögen sie nicht zu retten.
Bedenke: die Augen der Herrin ruhen auf denen, die sie fürchten,
Auf denen, die ihrer Gnade harren,
Auf dass sie ihre Seele vom Tode errette
Und sie am Leben erhalte in Hungersnot.
Unsre Seele harrt der Herrin:
Unsre Hilfe und unser Schild ist sie.
Ja, ihrer freut sich unser Herz,
Denn auf ihren heiligen Namen vertrauen wir.
Deine Güte walte über uns, o Herrin,
Gleich wie wir auf dich geharrt haben!


XXXIV

Von David, als er sich vor Achisch wahnsinnig stellte
Und dieser ihn von sich trieb, so dass er von dannen ging.
Ich will die Herrin allzeit preisen,
Immerdar soll ihr Lob in meinem Munde sein.
Der Herrin soll meine Seele sich rühmen,
Die Demütigen sollen es hören und sich freuen.
Verherrlicht mit mir die Herrin
Und lasst uns gemeinsam ihren Namen erheben!
Sooft die Herrin ich suchte, hat sie mich erhört
Und aus allen meinen Ängsten mich befreit.
Wer auf sie blickt, wird heiteren Sinnes,
Und sein Antlitz braucht nicht beschämt zu erröten.
Hier ist ein solcher Dulder, der rief: da hörte die Herrin
Und half ihm aus all seinen Nöten.
Der Engel der Herrin lagert sich rings
Um die Göttinfürchtigen und rettet sie.
Schmeckt und seht, wie freundlich die Herrin ist:
Wohl dem Manne, der auf sie vertraut!
Fürchtet die Herrin, ihre Heiligen und Getreuen!
Denn die sie fürchten, leiden keinen Mangel.
Junge Löwen müssen darben und leiden Hunger;
Doch wer die Herrin sucht, entbehrt nichts Gutes.
Kommt her, ihr Kinder, hört mir zu:
Die Furcht der Herrin will ich euch lehren!
Wer ist der Mann, der langes Leben begehrt,
Der viele Tage sich wünscht, um Glück zu genießen?
Hüte deine Zunge vor Bösem
Und deine Lippen vor Worten des Trugs!
Halte dich fern vom Bösen und tu das Gute,
Suche den Frieden und jage ihm nach!
Die Augen der Herrin sind auf die Gerechten gerichtet
Und ihre Ohren auf ihre Hilfeschreie.
Das Antlitz der Herrin steht gegen die Frevler,
Um ihr Gedächtnis auszutilgen von der Erde.
Wenn die Gerechten schreien, so hört es die Herrin
Und rettet sie aus all ihren Nöten.
Die Herrin ist nahe den zerbrochenen Herzen,
Hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind.
Zahlreich sind die Leiden des Gerechten,
Doch aus allen rettet ihn die Herrin.
Sie behütet alle seine Gebeine,
Dass nicht eins von ihnen zerbrochen wird.
Den Göttinlosen wird das Unglück töten,
Und wer den Gerechten hasst, muss es büßen.
Die Herrin erlöst die Seele ihrer Knechte,
Und alle, die zu ihr sich flüchten, brauchen nicht zu büßen.


XXXV

Von David.
Streite, Herrin, mit denen, die mich bestreiten,
Kämpfe mit denen, die mich bekämpfen!
Ergreife den kleinen und den großen Schild
Und stehe auf zur Hilfe für mich!
Zücke die Lanze und sperre meinen Verfolgern den Weg,
Sprich zu meiner Seele: Deine Hilfe bin ich!
Lass in Schmach und Schande geraten,
Die mir nach dem Leben trachten;
Zurückweichen müssen und schamrot werden,
Die auf Unheil gegen mich sinnen!
Lass sie werden wie Spreu vor dem Winde,
Während der Engel der Herrin sie zurück stößt!
Ihr Weg müsse finster und schlüpfrig sein,
Während der Engel der Herrin sie verfolgt!
Denn ohne Ursache haben sie heimlich ihr Netz mir gestellt,
Meinem Leben ohne Ursache eine Grube gegraben.
Möge Verderben ihn unversehens treffen,
Und sein Netz, das er heimlich gestellt, das möge ihn fangen:
Zum Verderben gerate er selbst hinein!
Dann wird mein Herz frohlocken über die Herrin
Und sich freuen über ihre Hilfe;
Alle Glieder meines Leibes werden bekennen:
Herrin, wer ist dir gleich?
Du bist’s, die den Elenden rettet vor dem Überstarken
Und den Elenden und Armen vor dem Räuber.
Es treten Lügenzeugen gegen mich auf,
Befragen mich über Dinge, von denen ich nichts weiß;
Sie vergelten mir Böses für Gutes,
Bringen Vereinsamung über mich.
Ich aber – als krank sie lagen, war ein Sack mein Gewand;
Ich kasteite mich mit Fasten,
Und mein Gebet kehrte sich gegen mich selbst;
Als wär’s mein Freund, mein Bruder, so ging ich einher;
Wie einer, der Leid um die Mutter trägt,
So senkte ich trauernd das Haupt.
Doch jetzt über meinem Sturz frohlocken sie
Und tun sich zusammen,
Sie treten zu kränkendem Spott zusammen gegen mich,
Und Leute, die ich nicht kenne, lästern mich unaufhörlich,
Die heuchlerischen Kuchenbettler,
Die doch mit den Zähnen gegen mich knirschen.
O All-Herrin, wie lange noch willst du’s ansehen?
Entreiße meine Seele ihren Lügenreden,
Mein Leben den jungen Löwen!
Dann will ich dir danken in großer Versammlung,
Vor zahlreichem Volke dich preisen.
Lass sich nicht freuen über mich,
Die ohne Ursache mir feind sind,
Lass nicht mit den Augen blinzeln,
Die ohne Grund mich hassen!
Sie reden ja nicht, was zum Frieden dient,
Nein, gegen die Stillen im Lande
Ersinnen sie Worte des Truges;
Sie reißen den Mund weit auf gegen mich,
Sieie rufen: Haha, wir haben’s
Mit unsern eigenen Augen gesehen!
Du hast’s gesehen, Herrin: bleibe nicht stumm,
O All-Herrin, bleibe nicht fern von mir,
Erhebe dich doch, wache auf, mir Recht zu schaffen,
Meine Göttin und All-Herrin, meine Sache zu führen!
Schaffe mir Recht nach deiner Gerechtigkeit,
Herrin, meine Göttin,
Lass sie sich über mich nicht freuen!
Lass sie in ihrem Herzen nicht sagen:
Haha! So wollten wir’s haben!
Lass sie nicht sagen: Wir haben ihn verschlungen!
Lass sie alle enttäuscht und schamrot werden,
Die meines Unglücks sich freuen,
Lass in Schmach und Schande sich kleiden,
Die gegen mich groß tun!
Lass jubeln und fröhlich sein, die mein Recht mir wünschen,
Und lass sie immer bekennen: Groß ist die Herrin,
Der das Heil ihres Knechtes am Herzen liegt!
Dann soll meine Zunge verkünden
Deine Gerechtigkeit und deinen Ruhm den ganzen Tag.


XXXVI

Dem Musikmeister; vom Knechte der Herrin, von David.
Eingebung der Sünde beherrscht den Frevler,
So lässt es im Innern meines Herzens sich hören:
Kein Zagen vor der Göttin steht ihm vor Augen;
Denn die Sünde verblendet ihn mit Schmeichelreden,
Dass er in Verschuldung gerät, indem er Hass ausübt.
Was er ausspricht, ist Unheil und Trug;
Aufgehört hat er, verständig zu sein, um gut zu handeln.
Unheil sinnt er auf seinem Lager,
Tritt hin auf den Weg der Bosheit,
Das Schlechte verabscheut er nicht.
O Herrin, bis zum Himmel reicht deine Güte,
Deine Treue bis hin an die Wolken;
Deine Gerechtigkeit steht fest wie die Göttinnenberge,
Deine Gerichte gleichen dem weiten Weltmeer;
Menschen und Tieren hilfst du, o Herrin.
Wie köstlich ist deine Güte, o Göttin,
Dass Menschenkinder sich bergen im Schatten deiner Flügel!
Sie laben sich an den reichen Gütern deines Hauses,
Und du tränkst sie mit dem Strom deiner Wonnen;
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens,
Und in deinem Lichte schauen wir das Licht.
Erhalte deine Gnade denen, die dich kennen,
Und deine Gerechtigkeit den redlich Gesinnten!
Lass den Fuß des Hochmuts mich nicht treten
Und die Hand der Frevler mich nicht vertreiben!
Einst werden die Übeltäter gefallen sein,
Nieder gestürzt und können nicht wieder aufstehen.


XXXVII

Von David.
Entrüste dich nicht über die Bösen
Und ereifre dich nicht über die Übeltäter!
Denn schnell wie das Gras verwelken sie
Und verdorren wie grünender Rasen.
Vertrau auf die Herrin und tu Gutees,
Bleib wohnen im Lande und übe Redlichkeit
Und habe deine Lust an der Herrin:
So wird sie dir geben, was dein Herz begehrt.
Befiehl der Herrin deine Wege
Und vertraue auf sie: sie wird’s heilsam lenken
Und deine Gerechtigkeit strahlen lassen wie das Licht
Und dein Recht wie den hellen Mittag.
Sei stille der Herrin und harre auf sie,
Entrüste dich nicht über den, der Glück hat bei seinem Tun,
Über den Mann, der Ränke übt!
Steh ab vom Zorn und entsage dem Grimm,
Entrüste dich nicht: es führt nur zum Bösestun!
Denn die Übeltäter werden ausgerottet,
Doch die da harren der Herrin, die werden das Land besitzen.
Nur noch ein Weilchen, so wird der Frevler nicht mehr sein,
Und siehst du dich um nach seiner Stätte,
So ist er nicht mehr da;
Die stillen Dulder aber werden das Land besitzen
Und sich freuen an der Fülle des Friedens.
Böses sinnt der Frevler gegen den Gerechten
Und knirscht mit den Zähnen gegen ihn;
Die All-Herrin aber lacht über ihn,
Denn sie sieht, dass sein Tag kommt.
Die Frevler zücken das Schwert und spannen den Bogen,
Um den Dulder und Armen nieder zu strecken
Und die redlich Wandelnden hin zu morden;
Doch ihr Schwert dringt ihnen ins eigne Herz,
Und ihre Bogen werden zerbrochen.
Das geringe Gut des Gerechten ist besser
Als der Überfluss vieler Göttinlosen;
Denn die Arme der Göttinlosen werden zerbrochen,
Die Gerechten aber stützt die Herrin.
Die Herrin kennt wohl die Tage der Frommen,
Und ihr Besitz ist für immer gesichert;
Sie werden nicht zuschanden in böser Zeit,
Nein, in den Tagen des Hungers werden sie satt.
Dagegen die Göttinlosen gehen zugrunde,
Und die Feinde der Herrin sind wie die Pracht der Auen:
Sie vergehen wie Rauch, sie vergehen!
Der Göttinlose muß borgen und kann nicht zahlen,
Der Gerechte aber schenkt und gibt;
Denn die von der Herrin Gesegneten erben das Land,
Aber die von ihr Verfluchten werden vernichtet.
Von der Herrin her werden die Schritte des Mannes gefestigt,
Und zwar wenn Gefallen sie hat an seinem Wandel;
Wenn er strauchelt, stürzt er nicht völlig nieder,
Denn die Herrin stützt ihm die Hand.
Ich bin jung gewesen und alt geworden,
Doch hab ich nie den Gerechten verlassen gesehen,
Noch seine Kinder betteln um Brot.
Allzeit kann er schenken und leihen,
Und auch noch seine Kinder sind zum Segen.
Halte dich fern vom Bösen und tu Gutes,
So wirst du für immer wohnen bleiben;
Denn die Herrin hat das Recht lieb
Und verlässt ihre Frommen nicht:
Ewiglich werden sie behütet,
Doch der Göttinlosen Nachwuchs wird ausgerottet.
Die Gerechten werden das Land besitzen
Und bleiben in ihm wohnen für immer.
Des Gerechten Mund lässt Weisheit hören,
Und seine Zunge redet Recht;
Das Gesetz seiner Göttin wohnt ihm im Herzen,
Und seine Schritte wanken nicht.
Der Göttinlose lauert dem Gerechten auf
Und sucht ihn ums Leben zu bringen;
Doch die Herrin lässt ihn nicht fallen in seine Hand
Und lässt ihn nicht verdammen vor Gericht.
Harre der Herrin und halte dich an ihren Weg,
So wird sie dich erhöhen zum Besitz des Landes;
An der Göttinlosen Vernichtung wirst du deine Freude sehen.
Ich hab’ einen Frevler gesehen, der trat sehr trotzig auf
Und spreizte sich stolz wie ein grünender, ragender Baum;
Doch als ich wieder vorüber ging, da war er verschwunden,
Und als ich ihn suchte, war er nicht mehr zu finden.
Bleibe fromm und halte dich recht,
Denn solchen wird es zuletzt wohl ergehen;
Die Frevler aber werden allesamt vertilgt,
Und der Göttinlosen Nachwuchs wird ausgerottet.
Die Hilfe der Gerechten kommt von der Herrin:
Sie ist ihre Zuflucht zur Zeit der Not;
Denn die Herrin steht ihnen bei und rettet sie;
Sie rettet sie von den Frevlern und bringt ihnen Hilfe,
Weil sie ihr Vertrauen auf sie setzen.


XXXVIII

Ein Psalm von David, bei Darbringung des Duftopfers.
Herrin, nicht in deinem Zorne strafe mich,
Und nicht in deinem Ingrimm züchtige mich!
Denn deine Pfeile sind in mich eingedrungen,
Und deine Hand liegt schwer auf mir:
Nichts ist gesund an meinem Leib ob deinem Zürnen,
Nichts heil an meinen Gliedern ob meiner Sünde.
Denn meine Missetaten schlagen mir
Über dem Haupt zusammen;
Wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden.
Es faulen, es eitern meine Wunden
Infolge meiner Torheit.
Ich bin gekrümmt, tief nieder gebeugt;
Den ganzen Tag geh ich trauernd einher;
Denn meine Lenden sind voll von Entzündung,
Und nichts ist unversehrt an meinem Leibe.
Erschöpft bin ich und ganz zerschlagen,
Ich schreie auf infolge des Stöhnens meines Herzens.
O All-Herrin, all mein Verlangen ist dir bekannt,
Und meine Seufzer sind dir nicht verborgen.
Mein Herz pocht stürmisch, meine Kraft hat mich verlassen,
Und das Licht meiner Augen, auch das ist dahin!
Meine Freunde und Genossen stehen abseits von meinem Elend,
Und meine nächsten Verwandten halten sich fern.
Die nach dem Leben mir trachten, legen mir Schlingen,
Und die mein Unglück suchen, verabreden Unheil
Und sinnen auf Trug den ganzen Tag.
Doch ich bin wie ein Tauber, höre es nicht,
Und bin wie ein Stummer, der den Mund nicht auftut;
Ja, ich bin wie einer, der nicht hören kann
Und in dessen Mund keine Widerrede ist;
Denn auf dich, Herrin, warte ich:
Du wirst antworten, o All-Herrin, meine Göttin;
Denn ich sage: Dass sie nur nicht über mich frohlocken,
Nur nicht beim Wanken meines Fußes gegen mich groß tun!
Denn nahe bin ich am Zusammenbrechen,
Und mein Schmerz ist mir allezeit gegenwärtig.
Ach! Ich bekenne meine Schuld,
Bin bekümmert ob meiner Sünde!
Dagegen die ohne Grund mich befeinden sind stark,
Und zahlreich sind, die ohne Ursache mich hassen,
Und solche, die mir Gutes mit Bösem vergelten,
Sind meine Widersacher, weil fest am Guten ich halte.
Verlass mich nicht, o Herrin,
Meine Göttin, sei nicht ferne von mir!
Eile zu meinem Schutz herbei,
O All-Herrin, meine Retterin!


XXXIX

Dem Musikmeister Jeduthun; ein Psalm von David.
Ich dachte: Achten will ich auf meine Wege,
Dass ich nicht sündige mit meiner Zunge;
Ich will meinem Mund einen Zaum anlegen,
Solange noch der Frevler vor mir steht.
So ward ich denn stumm, ganz stumm,
Mit Gewalt schweigsam;
Doch es wühlte mein Schmerz noch wilder.
Das Herz ward mir heiß in der Brust,
Ob meinem Grübeln brannte ein Feuer in mir;
Da ließ ich meiner Zunge freien Lauf:
Herrin, lass mein Ende mich wissen
Und wie klein das Maß meiner Tage ist!
Lass mich erkennen, wie vergänglich ich bin!
Ach, spannenlang hast du mir die Tage gemacht,
Und meines Lebens Dauer ist wie nichts vor dir:
Ja, nur als ein Hauch steht jeglicher Mensch da!
Sela.
Fürwahr, nur als Schattenbild wandelt der Mensch einher,
Nur um ein Nichts wird so viel Lärm gemacht;
Man häuft auf und weiß nicht, wer es einheimst.
Und nun, o All-Herrin, worauf soll ich harren?
Meine Hoffnung geht auf dich allein.
Errette mich von allen meinen Sünden,
Zum Spott der Toren lass mich nicht werden!
Ich schweige, ich tu meinen Mund nicht auf,
Denn du hast’s so gefügt.
Nimm deine Plage weg von mir:
Unter dem Druck deiner Hand erliege ich.
Züchtigst du einen Menschen
Mit Strafen um der Sünde willen,
So lässt du seine Schönheit vergehen wie Mottenfraß:
Ach, nur ein Hauch ist jeglicher Mensch!
Sela.
Höre, o Herrin, mein Gebet und vernimm mein Schreien,
Bleib nicht stumm bei meinen Tränen!
Denn ein Gast nur bin ich bei dir,
ein Schützling wie all meine Ahnen.
Blick weg von mir, dass mein Antlitz sich wieder erheitert,
bevor ich dahin fahre und nicht mehr bin!


XL

Dem Musikmeister; von David ein Psalm.
Geduldig hatte ich der Herrin geharrt:
Da neigte sie sich zu mir und hörte mein Schreien;
Sie zog mich herauf aus der Grube des Unheils,
Aus dem schlammigen Sumpf,
Und stellte meine Füße auf Felsengrund,
Verlieh meinen Schritten Festigkeit;
Sie legte ein neues Lied mir in den Mund,
Einen Lobgesang auf unsere Göttin.
Das werden viele sehen und Ehrfurcht fühlen
Und Vertrauen fassen zur Herrin.
Glückselig der Mann,
Der sein Vertrauen setzt auf die Herrin,
Der’s nicht mit den Stolzen hält
Und nicht mit den treulosen Lügenfreunden!
Zahlreich sind die Wunder, die du getan hast,
Und deine Heilsgedanken mit uns, o Herrin, meine Göttin;
Dir ist nichts zu vergleichen; wollte ich von ihnen reden
Und sie verkünden, sie übersteigen jede Zahl.
An Schlacht- und Speiseopfern hast du kein Gefallen,
Doch offene Ohren hast du mir gegeben;
Nach Brand- und Sündopfern trägst du kein Verlangen.
Da hab’ ich gesagt: Siehe, hier bin ich!
In der Rolle des Buches, da steht für mich geschrieben:
Deinen Willen zu tun, meine Göttin, ist meine Lust,
Und dein Gesetz ist tief mir ins Herz geschrieben.
Von Gerechtigkeit hab ich in großer Versammlung gesprochen,
Siehe, meinen Lippen hab ich nicht Einhalt getan:
Du selbst, Herrin, weißt es!
Deine Gerechtigkeit habe ich nicht verborgen in meinem Herzen,
Von deiner Treue und Hilfe laut geredet;
Ich habe deine Gnade und Wahrheit nicht verschwiegen
Vor der großen Versammlung.
So wirst du, Herrin, mir dein Erbarmen nicht versagen;
Deine Gnade und Wahrheit werden stets mich behüten.
Denn Leiden ohne Zahl umringen mich,
Meine Sünden haben mich ereilt, unübersehbar;
Zahlreicher sind sie als die Haare meines Hauptes,
Und der Mut ist mir entschwunden.
Lass dir’s wohlgefallen, o Herrin, mich zu retten,
Eile, o Herrin, zu meiner Hilfe herbei!
Lass sie allesamt beschämt und schamrot werden,
Die nach dem Leben mir trachten, um es weg zu raffen!
Lass mit Schande beladen abziehen, die mein Unglück wünschen!
Erschaudern müssen ob ihrer Schmach,
Die über mich rufen: Haha, haha!
Lass jubeln und deiner sich freuen
Alle, die dich suchen;
Lass alle, die nach deinem Heil verlangen,
Immerdar bekennen: Groß ist die Herrin!
Bin ich auch elend und arm,
Die All-Herrin wird für mich sorgen.
Meine Hilfe und meine Retterin bist du:
Meine Göttin, säume nicht!


XLI

Dem Musikmeister; ein Psalm von David.
Wohl dem, der des Schwachen sich annimmt:
Am Tage des Unglücks wird die Herrin ihn erretten!
Die Herrin wird ihn behüten und am Leben erhalten,
Dass er glücklich gepriesen wird im Lande;
Und du gibst ihn nicht preis der Gier seiner Feinde.
Die Herrin wird ihn auf dem Krankenbett erquicken:
Sein ganzes Krankenlager machst du ihm leicht.
Ich sage: O Herrin, sei mir gnädig,
Ach, heile meine Seele, denn an dir hab ich gesündigt!
Meine Feinde reden Böses von mir:
Wann wird er sterben, dass sein Name verschwindet?
Kommt jemand, mich zu besuchen, so redet er Falschheit;
Sein Herz sammelt Bosheit an;
Dann geht er hinaus, um draußen davon zu reden.
Alle, die mich hassen, zischeln vereint über mich,
Unheil sinnen sie gegen mich:
Ein heilloses Übel haftet ihm an!
Wer so sich gelegt hat, kommt nicht wieder hoch!
Sogar mein bester Freund, dem ich fest vertraute,
Der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.
Du aber, Herrin, sei mir gnädig und hilf mir wieder auf,
So will ich’s ihnen vergelten!
Daran will ich erkennen, dass du Gefallen an mir hast,
Wenn mein Feind nicht über mich jubeln wird,
Doch du mich ob meiner Unschuld aufrecht hältst
Und mich vor deinem Angesicht stehen lässt immerdar.
Gepriesen sei die Herrin, die Göttin Israels,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen, ja, Amen!


XLII

Dem Musikmeister; ein Lehrgedicht der Korahiten.
Wie der Hirsch lechzt nach Wasserbächen,
So lechzt meine Seele nach dir, o Göttin!
Meine Seele dürstet nach der Göttin, der lebendigen Göttin:
Wann werde ich dahin kommen,
Dass ich erscheine vor der Göttin Angesicht?
Meine Tränen sind meine Speise geworden
Bei Tag und bei Nacht,
Weil man den ganzen Tag zu mir sagt:
Wo ist nun deine Göttin?
Daran will ich gedenken
Und meinem Schmerz
Freien Lauf in mir lassen,
Wie einst ich dahin schritt in dichter Schar,
Mit ihnen wallte zum Hause der Göttin,
Umbraust von lautem Jubel und Lobpreis
Inmitten der feiernden Menge.
Was betrübst du dich, meine Seele,
Und stürmst so ruhelos in mir?
Harre auf die Göttin!
Denn ich werde ihr noch danken,
Ihr, meines Angesichts Hilfe und meiner Göttin.
Gebeugt ist meine Seele in mir:
Darum denk ich an dich
Im Lande des Jordans und der Hermongipfel,
Am Berge Mizar:
Flut ruft der Flut zu beim Tosen deiner Wasserstürze;
Alle, alle deine Wogen und Wellen
Sind über mich hingegangen!
Bei Tage seufze ich:
Es entbiete die Herrin ihre Gnade!
Und nachts ist ihr Lied in meinem Munde,
Ein Gebet zur Göttin meines Lebens.
Ich sage zur Göttin, meinem Felsen:
Warum hast du mich vergessen?
Warum muss ich trauernd einher gehen
Unter dem Druck des Feindes?
Wie Zermalmung liegt mir in meinen Gebeinen
Der Hohn meiner Bedränger,
Weil sie den ganzen Tag zu mir sagen:
Wo ist nun deine Göttin?
Was betrübst du dich, meine Seele,
Und stürmst so ruhelos in mir?
Harre auf die Göttin!
Denn ich werde ihr noch danken,
Ihr, meines Angesichts Hilfe und meiner Göttin.


XLIII

Schaffe mir Recht, o Göttin,
Und führe meinen Rechtsstreit
Gegen ein liebloses, unfrommes Volk!
Von Menschen des Trugs und der Bosheit
Errette mich, Herrin!
Du bist ja die Göttin, die mich schützt:
Warum hast du mich verstoßen?
Warum muss ich trauernd einher gehen
Unter dem Druck des Feindes?
Sende dein Licht und deine Treue!
Die sollen mich leiten,
Mich bringen zu deinem heiligen Berge
Und deiner Wohnung,
Damit ich zum Altar der Göttin komme,
Zur Göttin meines Freudenjubels,
Und unter Zitherklang dich preise und dir danke,
O Göttin, mein Göttin!
Was betrübst du dich, meine Seele,
Und stürmst so ruhelos in mir?
Harre auf die Göttin!
Denn ich werde ihr noch danken,
Ihr, meines Angesichts Hilfe und meiner Göttin.


XLIV

Dem Musikmeister; von den Korahiten ein Lehrgedicht.
O Göttin, mit eignen Ohren haben wir’s gehört,
Unsre Ahnen haben’s uns erzählt,
Was du Großes in ihren Tagen vollführt hast,
In den Tagen der Vorzeit.
Du hast Heidenvölker mit deiner Hand vertrieben
Und sie an deren Stelle eingepflanzt;
Völker hast du vernichtet, sie aber ausgebreitet.
Denn nicht mit ihrem Schwerte haben sie das Land gewonnen,
Und nicht ihr Arm hat ihnen den Sieg verschafft,
Nein, deine Rechte und dein Arm
Und deines Angesichts Licht,
Denn du hattest Wohlgefallen an ihnen.
Nur du bist meine Königin, o Göttin:
Entbiete Hilfe und Sieg für Jakob!
Mit dir stoßen wir unsre Bedränger nieder,
Mit deinem Namen zertreten wir unsre Gegner.
Denn nicht auf meinen Bogen verlasse ich mich,
Und nicht mein Schwert verschafft mir den Sieg;
Nein, du gewährst uns Hilfe gegen unsre Bedränger
Und machst zuschanden, die uns hassen:
Der Göttin rühmen wir uns allezeit
Und preisen deinen Namen ewiglich.
Sela.
Und doch hast du uns verstoßen und Schmach uns angetan
Und ziehst nicht mehr aus mit unsern Heeren;
Du hast vor dem Feinde uns weichen lassen,
Und die uns hassen, haben sich Beute geholt;
Du hast uns hingegeben wie Schafe zur Schlachtung
Und unter die Heiden uns zerstreut;
Du hast dein Volk verkauft um ein Spottgeld
Und den Preis für sie sehr niedrig angesetzt;
Du hast uns unsern Nachbarn zum Hohn gemacht,
Zum Spott und Gelächter rings umher;
Hast gemacht, dass den Heiden zum Spottlied wir dienen,
Dass den Kopf die Völker über uns schütteln.
Allzeit steht meine Schmach mir vor Augen,
Und die Röte der Scham bedeckt mir das Antlitz,
Weil ich höre den lauten Hohn und die Lästerreden,
Weil den Feind und seine Rachgier ich sehen muss.
Dies alles hat uns getroffen,
Und wir hatten dich doch nicht vergessen
Und dem Bunde mit dir die Treue nicht gebrochen.
Unser Herz ist nicht von dir abgefallen
Und unser Schritt nicht abgewichen von deinem Pfade,
Dass du zermalmt uns hast an der Stätte der Schakale
Und mit Todesnacht uns umlagert hältst.
Hätten wir unsrer Göttin Namen vergessen
Und unsre Hände erhoben zu einem fremden Gott:
Würde die Göttin das nicht entdecken?
Sie kennt ja des Herzens geheimste Gedanken.
Nein, um deinetwillen werden wir täglich gemordet
Und werden dem Schlachtvieh gleich geachtet.
Wach auf! Warum schläfst du, o All-Herrin?
Erwache! Verwirf uns nicht für immer!
Warum verbirgst du dein Angesicht,
Denkst nicht an unser Elend und unsre Bedrängnis?
Ach, bis in den Staub ist unsre Seele gebeugt,
Unser Leib liegt da, am Erdboden klebend!
Steh auf, komm uns zu Hilfe
Und erlöse uns um deiner Gnade willen!


XLV

Dem Musikmeister, nach Melodie Lilien;
Von den Korahiten ein Lehrgedicht,
Ein Liebeslied.
Das Herz wallt mir auf von lieblichen Worten:
Dem Könige weihe ich meine Lieder;
Meine Zunge gleicht dem Griffel eines geübten Schreibers.
Du bist so schön wie sonst kein Mensch auf Erden:
Anmut ist ausgegossen auf deine Lippen;
Darum hat die Göttin dich gesegnet für immer.
Gürte dein Schwert dir an die Seite, du Held,
Dazu deine herrlich schimmernde Wehr!
Glück auf! Fahre siegreich einher
Für die Sache der Weisheit,
Zum Schutz des Rechts,
Und furchtbare Taten lasse dein Arm dich schauen!
Deine Pfeile sind scharf, Völker sinken unter dir hin:
Sie dringen den Feinden des Königs ins Herz.
Dein Thron, ein Thron der Göttin, steht immer und ewig
Ein gerechtes Zepter ist dein Herrscherstab.
Du liebst Gerechtigkeit und hassest den Frevel;
Darum hat dich die Göttin, deine Göttin, gesalbt
Mit Freudenöl wie keinen deinesgleichen.
Von Myrrhe und Aloe duften,
Von Kassia alle deine Kleider;
Aus Elfenbeinpalästen erfreut dich Saitenspiel.
Königstöchter befinden sich unter deinen Geliebten;
Die Braut steht dir zur Rechten im Goldschmuck von Ophir.
Höre, Tochter, blick her und neige dein Ohr:
Vergiss dein Volk und deines Vaters Haus;
Und trägt der König nach deiner Schönheit Verlangen,
Er ist ja dein Herr: so huldige ihm!
Die Töchter von Tyrus werden mit Gaben dir nahen,
Um deine Gunst mühen sich die Reichsten des Volkes.
Lauter Pracht ist die Königstochter drinnen,
Aus gewirktem Gold besteht ihr Gewand;
In buntgestickten Kleidern wird sie zum König geführt;
Jungfrauen, ihr Gefolge, ihre Freundinnen,
Werden zu dir geleitet;
Unter Freudenrufen und Jubel werden sie hingeführt,
Ziehen ein in den Palast des Königs.
An deines Vaters Stelle werden deine Söhne treten;
Du wirst sie zu Fürsten bestellen im ganzen Land.
Ich will ein Gedächtnis stiften deinem Namen
Bei allen kommenden Geschlechtern;
Darum werden die Völker dich preisen immer und ewig.


XLVI

Dem Musikmeister, von den Korahiten,
Im Bass, ein Lied.
Die Göttin ist uns Zuflucht und Kraft,
Als Hilfe in Nöten wohlbewährt befunden.
Darum bangen wir nicht, wenngleich die Erde vergeht,
Wenn Berge tief im Meer versinken;
Mögen tosen, mögen schäumen seine Wogen,
Mögen beben die Berge von seinem Ungestüm:
Die Herrin der Scharen ist mit uns,
Eine feste Burg ist uns die Göttin Jakobs!
Sela.
Ein Strom ist da: seine Bäche erfreuen der Göttin Stadt,
Das Heiligtum, die Wohnung der Höchsten.
Die Göttin ist in ihrer Mitte: sie wird nicht wanken,
Die Göttin schützt sie, schon wenn der Morgen tagt.
Völker tobten, Königreiche wankten:
Sie ließ ihren Donner dröhnen,
Da erschrak die Erde.
Die Herrin der Scharen ist mit uns,
Eine feste Burg ist uns die Göttin Jakobs!
Sela.
Kommt her und schaut die Taten der Herrin,
Die Wunderbares wirkt auf Erden,
Die den Kriegen ein Ende macht bis ans Ende der Erde,
Die Bogen zerbricht und Speere zerschlägt,
Kriegswagen mit Feuer verbrennt!
Lasst ab und erkennt, dass ich nur Göttin bin,
Erhaben unter den Völkern, erhaben auf Erden!
Die Herrin der Scharen ist mit uns,
Eine feste Burg ist uns die Göttin Jakobs!
Sela.


XLVII

Dem Musikmeister, von den Korahiten, ein Psalm.
Ihr Völker alle, klatscht in die Hände,
Jauchzt der Göttin mit Jubelrufen zu!
Denn die Herrin, die Höchste, ist ehrfurchtgebietend,
Eine mächtige Königin über die ganze Erde.
Sie hat Völker unter unsre Herrschaft gebeugt
Und Völkerstämme unter unsre Füße;
Sie hat uns unser Erbteil auserwählt,
Den Stolz Jakobs, den sie liebt.
Sela.
Aufgefahren ist die Göttin unter Jauchzen,
Die Herrin beim Schall der Posaunen.
Lobsingt der Göttin, lobsingt,
Lobsingt unserer Königin, lobsingt!
Denn Königin der ganzen Erde ist die Göttin:
So singt ihr denn ein kunstvolles Lied!
Die Göttin ist Königin geworden über die Völker,
Die Göttin hat sich gesetzt auf ihren heiligen Thron.
Die Edlen der Völker haben sich versammelt
Als das Volk der Göttin Abrahams;
Denn der Göttin sind untertan die Schilde der Erde:
Hoch erhaben steht sie da.


XLVIII

Ein Lied, ein Psalm von den Korahiten.
Groß ist die Herrin und hoch zu preisen
In unserer Göttin Stadt, auf ihrem heiligen Berge.
Herrlich ragt empor, die Wonne der ganzen Erde,
Der Zionsberg, der wahre Götterberg,
Die Stadt eines großen Königs.
Die Göttin hat in ihren Palästen
Sich kundgetan als eine feste Burg.
Denn siehe, die Könige hatten sich verabredet,
Waren vereint herangezogen;
Doch als sie’s sahen, waren sie sprachlos,
Erschraken, flohen bestürzt davon;
Zittern erfasste sie dort,
Angst wie eine Frau in Wehen.
Durch einen Oststurm zertrümmertest du
Die stolzen Tarsisschiffe.
Wie wir’s gehört, so haben wir’s nun gesehen
In der Stadt der Herrin der Scharen, unserer Göttin Stadt:
Die Göttin lässt sie auf ewig fest stehen.
Sela.
Wir gedenken, o Göttin, deiner Gnade
Inmitten deines Tempels.
Wie dein Name, o Göttin, so reicht auch dein Ruhm
Bis an die Enden der Erde;
Mit Gerechtigkeit ist deine Rechte gefüllt.
Des freue sich der Zionsberg,
Jubeln mögen die Töchter Judas um deiner Gerichte willen!
Umkreist den Zion, umwandelt ihn rings
Und zählt seine Türme;
Betrachtet genau seine Bollwerke,
Mustert und durchschreitet seine Paläste,
Damit ihr dem künftigen Geschlecht erzählt,
Dass dies ist die Göttin, unsere Göttin:
Immer und ewig wird sie uns führen, bis zum Tode.


XLIX

Dem Musikmeister, von den Korahiten, ein Psalm.
Hört dies, ihr Völker alle,
Merkt auf, ihr Bewohner der ganzen Welt,
Sowohl ihr Söhne des Volkes als ihr Herrensöhne,
Beide, so reich wie arm!
Mein Mund soll volle Weisheit reden,
Und meines Herzens Sinnen soll höchste Einsicht sein:
Ich will mein Ohr einer Gleichnisrede leihen,
Will mein Rätsel eröffnen bei Saitenklang.
Warum sollte ich mich fürchten in bösen Tagen,
Wenn die Bosheit meiner Verfolger mich umgibt,
Die auf ihr Vermögen vertrauen
Und mit ihrem großen Reichtum prahlen?
Den Bruder loszukaufen vermag ja doch kein Mensch,
Noch an die Göttin das Lösegeld für ihn zu zahlen,
Denn unerschwinglich hoch ist der Kaufpreis für ihr Leben:
Er muss davon Abstand nehmen für immer,
Damit er dauernd weiterlebe
Und die Grube nicht zu sehen bekomme.
Nein, er bekommt es zu sehen, dass sterben die Weisen,
Und Toren und Dumme gleicherweise umkommen
Und müssen andern ihr Gut hinterlassen:
Gräber sind ihre Behausung für immer,
Ihre Wohnungen von Geschlecht zu Geschlecht,
Ob sie auch Länder mit ihren Namen benannten.
Ja, der Mensch, in Herrlichkeit lebt er nicht fort:
Er gleicht den Tieren, die abgetan werden.
Dies ist das Schicksal derer, die voll Zuversicht sind,
Und der Ausgang derer, die ihren Reden Beifall schenken.
Sela.
Wie Schafe werden sie ins Totenreich versetzt;
Der Tod weidet sie, und über sie herrschen
Die Frommen am Morgen;
Dem Totenreich zur Vernichtung fällt ihre Gestalt anheim,
So dass ihr keine Wohnung bleibt.
Aber die Göttin wird meine Seele erlösen
Aus des Totenreichs Gewalt, denn sie wird mich annehmen.
Sela.
Darum rege dich nicht auf, wenn jemand reich wird,
Wenn seines Hauses Herrlichkeit sich mehrt;
Denn im Tode nimmt er das alles nicht mit:
Seine Herrlichkeit fährt nicht mit ihm hinab.
Mag er sich auch im Leben glücklich preisen
Und mag man ihn rühmen, dass es ihm wohl ergehe:
Er wird doch eingehen zum Geschlecht seiner Väter,
Die das Tageslicht nimmermehr sehen.
Der Mensch, in Herrlichkeit lebend, doch ohne Einsicht,
Gleicht den Tieren, die abgetan werden.


L

Ein Psalm von Asaph.
Die Göttin der Göttinnen, die Herrin, redet und ruft der Erde zu
Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang;
Aus Zion, der Krone der Schönheit,
Strahlt die Göttin in lichtem Glanz hervor:
Unsere Göttin kommt und kann nicht schweigen,
Verzehrendes Feuer geht vor ihr her,
Und rings um sie her stürmt es gewaltig.
Sie ruft dem Himmel droben zu
Und der Erde, um ihr Volk zu richten:
Versammelt mir meine Frommen,
Die den Bund mit mir geschlossen beim Opfer!
Da taten die Himmel ihre Gerechtigkeit kund;
Denn die Göttin selbst ist’s, die da Gericht hält.
Sela.
Höre, mein Volk, und lass mich reden,
Israel, dass ich dich ernstlich warne:
Göttin, deine Göttin bin ich!
Nicht deiner Opfer wegen rüge ich dich,
Sind doch deine Brandopfer stets mir vor Augen.
Doch ich mag nicht Stiere nehmen aus deinem Stall,
Nicht Böcke aus deinen Hürden;
Denn mein ist alles Wild des Waldes,
Die Tiere auf meinen Bergen zu Tausenden.
Ich kenne jeden Vogel auf den Bergen,
Und was auf dem Felde sich regt, steht mir zur Verfügung.
Hätte ich Hunger: ich brauchte es dir nicht zu sagen,
Denn mein ist die Erde und all ihre Fülle.
Esse ich etwa das Fleisch von Stieren,
Und soll ich das Blut von Böcken trinken?
Bringe Dank der Herrin als Opfer dar
Und bezahle so der Höchsten deine Gelübde,
Und rufe mich an am Tage der Not,
So will ich dich retten, und du sollst mich preisen!
Zum Göttinlosen aber spricht die All-Herrin:
Was hast du meine Satzungen aufzuzählen
Und meinen Bund im Munde zu führen,
Da du selbst doch die Zucht missachtest
Und meinen Worten den Rücken kehrst?
Siehst du einen Dieb, so befreundest du dich mit ihm,
Und mit Ehebrechern hast du Gemeinschaft;
Deinem Munde lässt du freien Lauf zur Bosheit,
Und deine Zunge zettelt Betrug an;
Du sitzest da und redest Böses gegen deinen Bruder
Und bringst den Sohn deiner Mutter in Verruf!
Das alles hast du getan, und ich habe geschwiegen;
Da hast du gedacht, ich sei so wie du.
Das mache ich dir zum Vorwurf und gebe dir’s zu bedenken.
O beherzigt das wohl, ihr Göttinvergessenen:
Sonst raffe ich euch hinweg ohne Rettung!
Wer Dank als Opfer darbringt, erweist mir Ehre,
Und wer unsträflich wandelt,
Den lasse ich schauen der Göttin Heil.


LI

Dem Musikmeister; ein Psalm von David,
Als der Prophet Nathan zu ihm kam,
Nachdem er sich mit Bathseba vergangen hatte.
Sei mir gnädig, o Göttin, nach deiner Güte!
Nach deinem großen Erbarmen tilge meine Vergehen!
Wasche völlig mir ab meine Schuld
Und mache mich rein von meiner Missetat!
Ach, ich erkenne meine Vergehen wohl,
Und meine Missetat steht mir immerdar vor Augen!
Gegen dich allein hab ich gesündigt
Und habe getan, was böse ist in deinen Augen,
Auf dass du recht behältst mit deinen Urteilssprüchen
Und rein dastehst mit deinem Richten.
Ach, in Schuld bin ich gezeugt,
Und in Sünde hat meine Mutter mich empfangen.
Du hast Gefallen an Wahrheit im innersten Herzen,
Und im Verborgenen lässt du mich Sophia erkennen.
Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde,
Wasche mich, dass ich weißer werde als Schnee.
Lass mich Freude und Wonne empfinden,
Dass die Glieder frohlocken, die du zerschlagen.
Verhülle dein Antlitz vor meinen Sünden
Und tilge alle meine Missetaten!
Schaffe mir, Göttin, ein reines Herz
Und stell einen neuen, festen Geist in meinem Innern her!
Verwirf mich nicht von deinem Angesicht
Und nimm deinen Heiligen Geist nicht weg von mir!
Gib, dass ich deiner Hilfe mich wieder freue,
Und rüste mich aus mit einem willigen Geist!
Dann will ich die Übertreter deine Wege lehren,
Und die Missetäter sollen zu dir sich bekehren.
Errette mich von Blutschuld, o Göttin,
Du Göttin meines Heils,
Damit meine Zunge deine Gerechtigkeit jubelnd preise!
O All-Herrin, tu mir die Lippen auf,
Damit mein Mund deinen Ruhm verkünde!
Denn an Schlachtopfern hast du kein Gefallen,
Und brächte ich Brandopfer dar: du möchtest sie nicht.
Opfer, die der Göttin gefallen, sind ein zerbrochener Geist;
Ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz
Wirst du, o Göttin, nicht verschmähen.
Tu doch Gutes an Zion nach deiner Gnade:
Baue Jerusalems Mauern wieder auf!
Dann wirst du auch Wohlgefallen haben an richtigen Opfern,
An Brand- und Ganzopfern;
Dann wird man Stiere opfern auf deinem Altar.


LII

Dem Musikmeister; ein Lehrgedicht Davids,
Als der Edomiter Doeg kam
Und dem Saul die Meldung brachte,
David sei in das Haus Ahimelechs gekommen.
Was rühmst du dich der Bosheit, du Gewaltmensch?
Der Göttin Gnade währt alle Zeit.
Auf Unheil sinnt deine Zunge
Wie ein scharfes Rasiermesser, du Ränkeschmied!
Du liebst das Böse mehr als das Gute,
Sprichst lieber Lügen als Wahrheit.
Sela.
Du liebst nur unheilvolle Reden,
Du betrügerische Zunge!
So wird denn die Göttin dich auch vernichten für immer,
Dich wegraffen und herausreißen aus dem Zelt,
Dich entwurzeln aus der Lebenden Land!
Sela.
Die Gerechten werden es sehen
Und sich fürchten, über ihn aber spotten:
Seht, das ist der Mann, der nicht die Göttin
Zu seiner Schutzfrau machte,
Vielmehr sich verließ auf seinen großen Reichtum
Und stark sich dünkte durch seine Bosheit!
Ich aber bin wie ein grünender Ölbaum im Hause der Göttin,
Ich vertraue auf der Göttin Gnade immer und ewig.
Preisen will ich dich immer, denn du hast’s vollführt,
Ich will rühmen deinen Namen,
Dass er so herrlich ist, vor deinen Frommen.


LIII

Dem Musikmeister, nach der Melodie die Krankheit;
Ein Lehrgedicht von David.
Die Toren sprechen in ihrem Herzen:
Es gibt keine Göttin;
Verderbt ist ihr Tun, abscheulich ihr Freveln:
Da ist keiner, der Gutes täte.
Die Göttin schaut hernieder vom Himmel aus
Nach den Menschenkindern,
Um zu sehen, ob da sei ein Verständiger,
Einer, der nach der Göttin fragt.
Doch alle sind sie abgefallen, insgesamt abartig;
Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer.
Haben denn keinen Verstand die Übeltäter,
Die mein Volk verzehren?
Die der Göttin Brot wohl essen,
Doch ohne sie anzurufen?
Damals gerieten sie in Angst und Schrecken,
Ohne dass Grund zum Erschrecken war;
Denn die Göttin zerstreute die Gebeine deiner Belagerer;
Du machtest sie zuschanden,
Denn die Göttin hatte sie verworfen.
Ach, dass doch aus Zion die Rettung Israels käme!
Wenn die Göttin einst wendet das Schicksal ihres Volkes,
Wird Jakob jubeln, Israel sich freuen!


LIV

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel;
Ein Lehrgedicht Davids,
Als die Siphiter kamen und zu Saul sagten:
Weißt du nicht, dass David sich bei uns verborgen hält?
Hilf mir, o Göttin, durch deinen Namen
Und schaffe mir Recht durch deine Kraft!
Höre, o Göttin, mein Gebet,
Vernimm die Worte meines Mundes!
Denn Freche haben sich gegen mich erhoben,
Und Gewalttätige trachten mir nach dem Leben:
Sie haben die Göttin sich nicht vor Augen gestellt.
Sela.
Ich weiß: Die Göttin ist mir eine Helferin,
Die All-Herrin ist meiner Seele Stütze.
Das Böse wird auf meine Feinde zurückfallen:
Nach deiner Treue vernichte sie!
Dann will ich mit Freuden dir Opfer bringen,
Will preisen deinen Namen, o Herrin, dass er gütig ist;
Denn du hast mich aus aller Bedrängnis errettet,
Und an meinen Feinden hat mein Auge sich geweidet.


LV

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel,
Ein Lehrgedicht von David.
Vernimm, o Göttin, mein Gebet
Und verbirg dich nicht vor meinem Flehen!
Merke auf mich und erhöre mich!
Ich schwanke in meinem Kummer hin und her und stöhne
Über das Lärmen der Feinde,
Über das Toben der Frevler;
Denn sie wälzen Unheil auf mich
Und bekämpfen mich wütend.
Das Herz ängstigt sich mir in der Brust,
Und die Schrecken des Todes haben mich befallen;
Furcht und Zittern kommt mich an,
Und ein Schauder überläuft mich.
So ruf ich denn aus: O hätte ich doch Flügel wie die Taube!
Ich wollte fliegen, bis ich irgendwo Ruhe fände!
Ja, weithin wollt ich entfliehen,
In der Wüste einen Rastort suchen;
Sela.
Nach einem Zufluchtsorte für mich wollt ich eilen
Schneller als reißender Wind, als Sturm!
Vernichte, All-Herrin, entzweie ihre Zungen!
Denn ich sehe Gewalt und Hader in der Stadt.
Man macht bei Tag und bei Nacht
Die Runde um sie auf ihren Mauern,
Unheil und Elend herrschen in ihrer Mitte.
Heilloses Treiben besteht in ihrem Innern,
Und von ihrem Marktplatz weicht nicht Bedrückung und Trug.
Denn ach! nicht ein Feind ist’s, der mich schmäht –
Das wollt ich ertragen;
Nicht einer, der mich hasst, tut groß gegen mich –
Ich würde vor ihm mich verbergen;
Nein, du bist’s, ein Mann meinesgleichen,
Mein Freund und trauter Bekannter,
Die wir innigen Verkehr miteinander pflegten,
Zum Hause der Göttin schritten im Festgetümmel.
Möge der Tod sie ereilen,
Mögen sie lebend zur Hölle fahren!
Denn Bosheit herrscht in ihrer Wohnstatt, in ihrem Herzen.
Ich aber rufe zur Göttin,
Und die Herrin wird mir helfen.
Abends und morgens und mittags
Will ich klagen und seufzen,
So wird sie mein Flehen vernehmen.
Sie wird meine Seele erlösen zum Frieden,
So dass sie nicht an mich können;
Denn ihrer sind sehr viele gegen mich.
Die Göttin wird mich hören,
Wird sie demütigen, wird ihnen Antwort geben,
Sie, die von alters her auf dem Throne sitzt;
Sela.
Sie wollen sich ja nicht ändern
Und die Göttin nicht fürchten.
Er, der falsche Freund, hat die Hand an seine Freunde gelegt,
Hat seinen Bund entweiht.
Glatt sind die Schmeichlerworte seines Mundes,
Aber Krieg ist sein Sinnen;
Sanfter sind seine Reden als Öl,
Und sind doch gezückte Schwerter.
Wirf auf die Herrin deine Bürde:
Sie wird dich aufrecht erhalten;
Sie lässt den Gerechten nicht ewig wanken.
Ja, du, Göttin, wirst sie stürzen
In die Tiefe des Grabes;
Die Menschen des Blutvergießens und des Truges
Werden ihre Tage nicht auf die Hälfte bringen.
Ich aber vertraue auf dich!


LVI

Dem Musikmeister, nach der Melodie
Die stumme Taube der Ferne;
Ein Lied von David,
Als die Philister ihn in Gath festgenommen hatten.
Sei mir gnädig, o Göttin, denn Menschen stellen mir nach!
Immerfort bedrängen mich Krieger.
Meine Feinde stellen mir immerfort nach,
Ja, sehr viele sind’s, die in Hochmut mich bekämpfen.
In Zeiten, da mir angst ist, vertrau ich auf dich!
Mit der Göttin Hilfe werde ihr Wort ich rühmen.
Auf die Göttin vertrau ich, fürchte mich nicht;
Was können Menschen mir antun?
Allzeit suchen sie meiner Sache zu schaden;
Gegen mich ist all ihr Sinnen gerichtet auf Böses.
Sie rotten sich zusammen, lauern auf meine Schritte,
Dieweil sie nach dem Leben mir trachten.
Wegen der Bosheit zahle ihnen heim,
Im Zorn lass die Völker nieder sinken, o Göttin!
Meines Elends Tage hast du gezählt,
Meine Tränen in deinem Schlauch gesammelt;
Ja gewiss, sie stehen in deinem Buch verzeichnet.
So werden denn meine Feinde weichen,
Sobald zur Göttin ich rufe;
Dessen bin ich gewiss, dass die Göttin mir beisteht.
Mit der Göttin Hilfe werde ihr Wort ich rühmen,
Mit Hilfe der Herrin werde ihre Verheißung ich rühmen.
Auf die Göttin vertrau ich, fürchte mich nicht:
Was können Menschen mir antun?
Mir obliegt es, dir, Göttin, zu erfüllen meine Gelübde:
Dankopfer ich will dir entrichten;
Denn du hast meine Seele vom Tode errettet,
Ja, meine Füße vom Straucheln,
Dass ich wandeln soll vor der Göttin Angesicht
Im Lichte des Lebens.


LVII

Dem Musikmeister, nach der Melodie Vertilge nicht;
Ein Lied Davids, als er vor Saul in die Höhle floh.
Erbarme dich meiner, o Göttin, erbarme dich meiner!
Denn bei dir sucht meine Seele Zuflucht,
Und im Schatten deiner Flügel will ich mich bergen,
Bis das Verderben vorüber gezogen.
Ich rufe zur Göttin, der Höchsten,
Zur All-Herrin, die meine Sache hinausführt.
Sie sendet vom Himmel und hilft mir,
Da der gierige Verfolger mich geschmäht hat!
Sela.
Es sendet die Göttin ihre Gnade und Treue!
Mit meinem Leben liege ich mitten unter Löwen,
Inmitten hasserfüllter Feinde,
Unter Menschen, deren Zähne Speere und Pfeile
Und deren Zunge ein scharfes Schwert ist.
Erhebe dich über den Himmel hinaus,
O Göttin, über die ganze Erde deine Herrlichkeit!
Sie haben meinen Füßen ein Netz gestellt:
Meine Seele und mein Mut ist gebeugt;
Eine Grube haben sie vor mir gegraben:
Sie selbst sind mitten hinein gestürzt.
Sela.
Mein Herz ist getrost, o Göttin, mein Herz ist getrost;
Singen will ich und spielen!
Wach auf, meine Seele, wacht auf, Harfe und Zither:
Ich will die Morgenröte wecken!
Ich will dich preisen unter den Völkern, All-Herrin,
Ich will dir lobsingen unter den Völkern!
Denn groß bis zum Himmel ist deine Gnade,
Und bis an die Wolken geht deine Treue.
Erhebe dich über den Himmel hinaus, o Göttin,
Über die ganze Erde verbreite sich deine Herrlichkeit!


LVIII

Dem Musikmeister, nach der Melodie Vertilge nicht;
Von David ein Lied.
Sprecht in Wahrheit ihr Recht, ihr Götter?
Richtet ihr die Menschen gerecht?
Ach nein, im Herzen schmiedet ihr Frevel,
Im Lande wägen eure Hände Gewalttat dar.
Abtrünnig sind die Göttinlosen schon von Geburt an,
Schon vom Mutterleib an gehen die Lügenredner irre.
Gift haben sie in sich wie Schlangengift,
Sie gleichen der tauben Otter, die ihr Ohr verstopft,
Die nicht hört auf die Stimme der Beschwörer,
Auf die Stimme des kundigen Bannspruchredners.
Zerschmettre ihnen, Göttin, die Zähne im Munde,
Den jungen Löwen brich aus das Gebiss, o Herrin!
Lass sie vergehen wie Wasser, das sich verläuft!
Schießt er seine Pfeile ab: sie seien wie ohne Spitze!
Wie die Schnecke beim Kriechen zerfließt, so muss er zergehen,
Wie die Fehlgeburt eines Weibes, die das Licht nicht geschaut!
Bevor noch eure Töpfe den brennenden Stechdorn spüren,
Wird ihn, noch unverbrannt, die Zornesglut hinweg stürmen.
Der Gerechte wird sich freuen, dass er Rache erlebt,
Seine Füße wird er baden im Blut des Frevlers,
Und die Menschen werden bekennen:
Fürwahr, der Gerechte erntet noch Lohn!
Fürwahr, noch gibt’s eine Göttin, die auf Erden richtet!


LIX

Dem Musikmeister, nach der Melodie Vertilge nicht;
Ein Lied von David,
Als Saul das Haus bewachen ließ, um ihn zu töten.
Rette mich von meinen Feinden, meine Göttin!
Sei mir ein Schutz vor meinen Widersachern!
Rette mich von den Übeltätern
Und hilf mir gegen die Blutmenschen!
Denn siehe, sie trachten mir nach dem Leben;
Starke rotten sich gegen mich zusammen
Ohne mein Verschulden, o Herrin, und ohne dass ich gefehlt.
Gegen einen Schuldlosen stürmen sie an und stellen sich auf:
Erwache, komm mir zu Hilfe und sieh darein!
Ja, du, o Herrin, Göttin der Heerscharen, Israels Göttin,
Wache auf, um alle Heiden zu strafen!
Verschone keinen der treulosen Frevler!
Sela.
Jeden Abend kommen sie wieder, heulen wie Hunde
Und streifen umher in der Stadt.
Siehe, sie geifern mit ihrem Maul,
Schwerter stecken in ihren Lippen,
Denn sie denken: Wer hört es?
Doch du, o Herrin, du lachst ihrer,
Du spottest aller Heiden.
Meine Kraft, deiner will ich harren,
Denn die Göttin ist meine feste Burg.
Meine Göttin kommt mir entgegen mit ihrer Gnade;
Die Göttin lässt meine Lust mich sehen an meinen Feinden.
Töte sie nicht, dass mein Volk sie nicht vergesse!
Treibe sie in die Irre durch deine Macht
Und stürze sie nieder, du, unser Schild, All-Herrin!
Sündhaft ist ihr Mund, das Wort ihrer Lippen;
Darum lass sie sich fangen in ihrem Hochmut
Wegen der Flüche und Lügen, die sie reden!
Vertilge sie im Zorn, vertilge sie, dass sie nicht mehr sind!
Lass sie inne werden, dass die Göttin in Jakob herrscht,
Bis an die Enden der Erde!
Sela.
Jeden Abend kommen sie wieder, heulen wie Hunde
Und streifen umher in der Stadt;
Sie schweifen umher nach Fraß
Und knurren, sind sie nicht satt geworden.
Ich aber will deine Macht besingen
Und am Morgen über deine Gnade jubeln;
Denn du bist eine feste Burg für mich gewesen,
Eine Zuflucht zur Zeit meiner Trübsal.
Meine Kraft, dir will ich lobsingen!
Denn die Göttin ist meine feste Burg,
Die Göttin, die mir Gnade erweist.


LX

Dem Musikmeister,
Nach der Singweise Lilie des Zeugnisses;
Ein Lied Davids zum Lehren,
Als er mit den Syrern von Mesopotamien
Und mit den Syrern von Zoba Krieg führte
Und Joab zurückkehrte
Und die Edomiter im Salztal schlug,
Zwölftausend Mann.
Göttin, du hast uns verworfen, uns zersprengt,
Du hast gezürnt: stelle uns wieder her!
Du hast die Erde erschüttert, hast sie zerrissen:
O heile ihre Risse, denn sie wankt!
Dein Volk hast du Hartes erleben lassen,
Hast Taumelwein uns zu trinken gegeben;
Doch deinen Getreuen hast du
Eine Fahne wehen lassen,
Damit sie sich flüchten konnten
Vor dem Bogen des Feindes.
Sela.
Dass deine Geliebten gerettet werden,
Hilf uns mit deiner Hand, erhöre uns!
Die Göttin hat in ihrer Heiligkeit verheißen:
Als Siegerin will ich frohlocken,
Will Sichem verteilen
Und das Tal von Sukkoth vermessen.
Mein ist Gilead, mein auch Manasse,
Und Ephraim ist meines Hauptes Schutzwehr,
Juda mein Herrscherinnenstab.
Moab ist mein Waschbecken,
Auf Edom werfe ich meinen Schuh;
Jauchze mir zu, Philisterland! -
Wer führt mich hin zur festen Stadt,
Wer geleitet mich nach Edom?
Hast du uns, o Göttin, verworfen
Und ziehst nicht aus, o Göttin, mit unsern Heeren?
O schaff uns Hilfe gegen den Feind!
Denn nichtig ist Menschenhilfe.
Mit der Göttin werden wir Taten vollführen,
Und sie wird unsre Bedränger zertreten.


LXI

Dem Musikmeister über das Saitenspiel;
Von David.
Höre, o Göttin, mein lautes Rufen,
Achte auf mein Gebet!
Vom Ende der Erde ruf ich zu dir,
Da mein Herz verschmachtet
Und vor Angst vergeht.
Auf einen Felsen, der mir zu hoch ist,
Mögest du mich führen!
Denn du bist mir stets eine Zuflucht gewesen,
Ein Elfenbein-Turm vor dem Feind.
Könnte ich doch allzeit weilen in deinem Zelt,
Im Schutz deiner Flügel mich bergen!
Sela.
Denn du, Göttin, hörst auf meine Gelübde,
Du hast Besitz mir gewährt, wie die ihn erhalten,
Die deinen Namen ehren.
Füge neue Tage den Tagen des Königs hinzu,
Lass seine Jahre dauern für immer!
Ewig möge er thronen vor der Göttin Antlitz!
Sende Gnade und Treue, dass sie ihn behüten!
Dafür will ich ewig deinem Namen lobsingen,
Indem ich meine Gelübde erfülle Tag für Tag.


LXII

Dem Musikmeister
Über die Jeduthuniden;
Ein Psalm Davids.
Nur im Aufblick zur Göttin ist meine Seele still:
Von ihr kommt meine Hilfe und Rettung;
Nur sie ist mein Fels und meine Hilfe,
Nur sie ist meine Burg:
Ich werde nicht allzu sehr wanken.
Wie lange noch lauft ihr Sturm gegen einen Mann,
Wollt ihn niederschlagen alle
Wie eine sinkende Wand,
Wie eine dem Einsturz nahe Mauer?
Ja, von seiner Höhe planen sie ihn zu stoßen;
Lügen sind ihre Lust;
Mit dem Munde segnen sie,
Doch im Herzen fluchen sie.
Sela.
Nur im Aufblick zur Göttin sei still, meine Seele!
Denn von ihr kommt meine Hoffnung;
Nur sie ist mein Fels und meine Hilfe und Rettung,
Nur sie ist meine Burg:
Ich werde nicht wanken.
Auf der Göttin beruht mein Heil und mein Ruhm;
Mein starker Fels,
Meine Zuflucht liegt in der Göttin.
Vertraut auf sie zu jeder Zeit, ihr Genossen,
Schüttet vor ihr euer Herz aus:
Die Göttin ist unsere Zuflucht.
Sela.
Nur ein Hauch sind Menschensöhne,
Ein Trug sind Herrensöhne;
Auf der Waage schnellen sie empor,
Sind alle leichter als ein Hauch.
Verlasst euch nicht auf unrechtes Gut
Und setzt nicht leere Hoffnung auf Raub;
Und wenn der Reichtum sich mehrt,
So hängt das Herz nicht daran!
Eines ists, was die Göttin gesprochen,
Und zweierlei ists, was ich vernommen,
Dass die Macht bei der Göttin steht.
Und bei dir, o Allherrin, steht auch die Gnade:
Ja, du vergiltst einem jeden nach seinem Tun.


LXIII

Ein Psalm Davids,
Als er in der Wüste Juda war.
O Göttin, du bist meine Göttin:
Dich suche ich,
Es dürstet nach dir meine Seele;
Es lechzt nach dir mein Körper
Wie dürres, schmachtendes, wasserloses Land.
So habe ich nach dir im Heiligtum ausgeschaut,
Um deine Macht und Schönheit zu erblicken;
Denn deine Gnade ist besser als das Leben:
Meine Lippen sollen dich rühmen.
So will ich dich preisen mein Leben lang,
In deinem Namen meine Hände erheben.
Wie an Saft und Fett sättigt sich meine Seele,
Und mit jubelnden Lippen lobpreist dich mein Mund,
So oft ich deiner gedenke auf meinem Bett,
In den Stunden der Nacht über dich nachdenke;
Denn du bist mir eine Helferin gewesen,
Und im Schatten deiner Flügel darf ich jubeln.
Meine Seele klammert sich an dich,
Aufrecht hält mich deine Hand.
Doch die, die nach dem Leben mir trachten, mich zu verderben,
Sie werden in der Erde unterste Tiefen fahren!
Man wird sie der Schärfe des Schwertes überliefern;
Die Beute der Hunde werden sie sein.
Der König dagegen wird an der Göttin sich freuen:
Ruhm wird ernten ein jeder, der bei der Göttin schwört;
Den Lügnern dagegen wird das Maul gestopft werden.


LXIV

Dem Musikmeister,
Ein Psalm Davids.
Höre, o Göttin, meine Stimme, wenn ich klage,
Vor dem Feind, der mich erschreckt, behüte mein Leben!
Schirme mich vor den Plänen der bösen Kerle,
Vor der lärmenden Schar der Übeltäter,
Die ihre Zunge schärfen wie ein Schwert,
Giftige Worte als Pfeile auf den Bogen legen,
Um im Versteck auf den Frommen zu schießen:
Unversehens schießen sie auf ihn, ohne Scheu.
Sie ermutigen sich zu bösen Anschlägen,
Verabreden sich, mir heimlich Schlingen zu legen;
Sie denken: Wer wird es sehen?
Sie sinnen auf Freveltaten:
Wir sind fertig, der Plan ist gut erdacht! -
Und das Innere jedes Menschen
Und das Herz sind unergründlich.
Da trifft sie die Göttin mit dem Pfeil,
Plötzlich fühlen sie sich verwundet:
Ihre eigene Zunge hat sie zu Fall gebracht;
Alle, die sie sehen, schütteln über sie den Kopf.
Da fürchten sich alle Menschen
Und bekennen: Das hat die Göttin getan!
Und erwägen ihre Herrschaft.
Der Gerechte freut sich an der Herrin
Und nimmt seine Zuflucht zu ihr,
Und alle guten Herzen preisen sich selig.


LXV

Dem Musikmeister;
Ein Psalm Davids, ein Lied.
Dir gebührt Lobpreis, o Göttin, in Zion,
Und dir will ich mein Gelübde erfüllen,
Die du Gebete erhörst:
Zu dir kommt alles Fleisch
Um der Schulden willen.
Wenn uns unsere Sünden zu drückend werden,
Du, Herrin, vergibst sie.
Wohl dem, den du erwählst und zu dir nahen lässt,
Dass er in deinem Vorhof weilen darf!
Wir wollen reichlich uns laben am Segen deines Hauses,
Deines heiligen Tempels!
Durch Wundertaten erhörst du uns in Gerechtigkeit,
Du Göttin unseres Heiles,
Du Zuversicht aller Enden der Erde
Und der fernsten Meere,
Die da feststellt die Berge durch ihre Kraft,
Umgürtet mit Kraft,
Die da stillt das Brausen der Meere,
Das Brausen ihrer Wogen
Und das Toben der Völker,
So dass die Bewohner der Enden der Erde sich fürchten
Vor deinen Zeichen;
Die fernsten Länder des Ostens und Westens
Bringst du zu frohem Lachen.
Du hast das Land gesegnet,
Es strömt schier über;
Du hast es reich gemacht,
Der Göttin Bach hat Wasser in Fülle;
Du hast ihre Feldfrucht gut geraten lassen,
Denn so hast du das Land instand gesetzt;
Du hast seine Furchen getränkt,
Seine Schollen gelockert,
Durch Regen es weich gemacht,
Seine Gewächse gesegnet.
Du hast das Jahr gekrönt mit deiner Güte,
Und deine Spuren triefen von Fett.
Es triefen die Felder der Steppe,
Und mit Lachen umgürten sich die Hügel;
Die Weiden kleiden sich mit Herden,
Und die Täler hüllen sich in Korn:
Man lacht einander zu und singt!


LXVI

Dem Musikmeister; ein Lied, ein Psalm.
Jauchzt der Göttin, ihr Länder alle!
Lobsingt der Ehre ihres Namens,
Macht ihren Lobpreis schön!
Sprecht zu der Göttin: Wie wunderbar ist dein Walten!
Wegen der Fülle deiner Macht
Huldigen dir sogar deine Feinde.
Alle Länder müssen vor dir sich nieder werfen
Und dir lobsingen,
Lobsingen deinem Namen!
Sela.
Kommt und schaut die Großtaten der Göttin,
Die wunderbar ist im Walten über den Menschenkindern!
Sie wandelt das Meer in trockenes Land,
So dass man den Strom zu Fuß durchzzieht;
Darum wollen wir uns freuen!
Ewig herrscht sie in ihrer Macht;
Ihre Augen haben acht auf alle Völker:
Die Widerspenstigen dürfen sich nicht stolz erheben.
Sela.
Rühmt, ihr Völker, unsere Göttin,
Lasst schön ihren Ruhm erschallen,
Ihr, die unsre Seelen am Leben erhalten
Und unsere Füße nicht hat wanken lassen.
Zwar hast du uns geprüft, o Göttin,
Und uns geläutert, wie man Silber läutert;
Du hast uns ins Netz geraten lassen,
Hast drückende Lasten auf unsere Rücken gelegt;
Menschen hast du gehen lassen über unser Haupt,
Durch Feuer und Wasser haben wir gehen müssen:
Aber schließlich hast du uns ins Freie geführt.
Ich komme mit Brandopfern in dein Haus,
Ich erfülle dir mein Gelübde,
Zu dem meine Lippen sich verpflichtet haben,
Und die mein Mund verheißen in meiner Not.
Brandopfer von Stieren will ich dir bringen
Mit dem Opferduft von Widdern;
Rinder und Böcke will ich darbringen.
Sela.
Kommt her und hört, ihr Göttinfreunde alle:
Ich will singen, was sie an meiner Seele getan!
Zu ihr hab ich laut mit meinem Mund gerufen,
Da Lobpreis schon auf meiner Zunge war.
Wäre mein Sinn auf Böses gerichtet gewesen,
So hätte die Allherrin mich nicht erhört.
Aber die Göttin hat mich erhört,
Sie hat geachtet auf mein Flehen.
Gepriesen sei die Göttin,
Die mein Flehen nicht verworfen
Und ihre Gnade mir nicht versagt hat!


LXVII

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel;
Ein Psalm, ein Lied.
Die Göttin sei uns gnädig und segne uns!
Sie lasse ihr Angesicht über uns leuchten,
Sela,
Dass man auf Erden dein Wirken erkenne,
Unter allen Völkern dein Heil!
Preisen müssen dich, Göttin, alle Völker,
Preisen die Völker alle;
Sich freuen müssen die Völker und jubeln,
Weil du die Völker gerecht regierst
Und leitest die Völker auf Erden.
Sela.
Preisen müssen dich, Göttin, die Völker,
Preisen die Völker alle!
Das Land hat seinen Ertrag gespendet:
Gesegnet hat uns die Göttin, unsere Göttin.
Es segne uns die Göttin,
Und ehren müssen sie alle Enden der Erde!


LXVIII

Dem Musikmeister,
Von David ein Psalm, ein Lied.
Die Göttin steht auf:
Da zerstieben ihre Feinde,
Und die sie hassen, fliehen vor ihrem Angesicht.
Wie Rauch verweht, so verwehst du sie;
Wie Wachs zerschmilzt vor dem Feuer,
So kommen die Göttinlosen um vor der Göttin Angesicht;
Die Gerechten aber freuen sich,
Sie jubeln vor der Göttin Angesicht
Und frohlocken voller Freude.
Singt der Göttin, lobsingt ihrem Namen,
Macht Bahn ihr, die durch Wüsten geht,
Herrin ist ihr Name,
Und jauchzt vor ihrem Angesicht!
Eine Mutter der Waisenkinder,
Eine Helferin der Witwen
Ist die Göttin in ihrer heiligen Wohnung.
Die Göttin verhilft den Vereinsamten zum Hausstand,
Sie führt Gefangene heraus zum Wohlergehen;
Doch Widerstrebende müssen wohnen in dürrem Land.
Als du auszogst, Göttin, an der Spitze deines Volkes,
Einher schrittest durch die Wüste,
Sela,
Da bebte die Erde,
Da troffen die Himmel vor der Göttin Angesicht,
Der Sinai vor dem Angesicht der Göttin,
Der Göttin Israels.
Regen in Fülle ließest du strömen, o Göttin;
Dein Eigentumsvolk, sooft es ermattet war,
Du machtest es wieder stark.
Deine Herde fand Wohnung im Lande,
Durch deine Güte stelltest du, Göttin,
Die Schwachen wieder her.
Die Allherrin ließ Siegesruf erschallen,
Der Siegesbotinnen war eine große Schar:
Die Könige der Heere fliehen, sie fliehen,
Und die Hausfrau teilt die Beute aus.
Wollt ihr zwischen den Hürden liegen bleiben?
Die Flügel der Tauben, mit Silber überzogen,
Und ihr Gefieder gelblich schimmernd von Gold.
Als die Könige dort die Allmächtige zerstreute,
Da fand ein Schneegestöber statt auf dem Zalmon.
Du Göttinnenberg Baschan,
Du gipfelreicher Berg Baschan:
Warum blickt ihr neidisch, ihr gipfelreichen Berge,
Auf den Berg, den die Göttin sich zum Wohnsitz erkoren?
Ja, ewig wird die Herrin dort wohnen und thronen.
Der Kriegswagen der Göttin sind viele tausendmal tausend;
Die Allherrin ist unter ihnen,
Sie ist ein Sinai an Heiligkeit.
Du bist zur Höhe aufgefahren,
Du hast Gefangene weggeführt,
Die hast Gaben von den Menschen angenommen
Ja, auch die Widerstrebenden müssen wohnen
Bei der Göttin, der Herrin.
Gepriesen sei die Allherrin Tag für Tag!
Uns trägt die Göttin, die unsere Hilfe ist.
Sela.
Diese Göttin ist uns eine rettende Göttin,
Und die Göttin Herrin weiß Rat auch gegen den Tod.
Ja, die Göttin zerschmettert das Haupt ihrer Feinde,
Den Scheitel dessen, der in seinen Sünden einhergeht.
Die Allherrin hat verheißen:
Aus Baschan bringe ich sie heim,
Ja, ich bringe sie heim aus den Tiefen des Meeres,
Auf dass du in Blut deine Füße badest
Und die Zunge deines Hundes an den Feinden sich letze.
Man hat, o Göttin, deinen Festzug gesehen,
Den Festzug meiner Göttin, meiner Königin, im Heiligtum:
An der Spitze zogen die Sänger,
Dahinter die Saitenspieler
Inmitten trommelnder Jungfrauen:
In den Versammlungen preist die Göttin,
Die Allherrin, ihr aus Israels Lebensquelle!
Dort schritt Benjamin hin, der Jüngste,
Der sie doch beherrscht hat,
Die Fürsten Judas nach ihrer großen Menge,
Sebulons Fürsten, die Fürsten von Naphthali.
Sende, o Göttin, deine Macht,
Erhalte in Kraft, o Göttin, was du uns erwirkt hast!
Um deines Tempels willen müssen Könige dir
Geschenke hinauf nach Jerusalem bringen.
Bedrohe das Tier des Schilfrohrs,
Die Rotte der Großmächte samt den Völkern,
Die mit Silberbarren sich unterwerfen;
Zerstreue die Völker, die Freude am Kriege haben!
Kommen werden die Edlen aus Ägypten,
Äthiopien eilt mit vollen Händen der Göttin entgegen.
Ihr Königreiche der Erde, singt der Göttin,
Lobsinget der Allherrin,
Sela,
Ihr, die einher fährt im innersten Himmel der Urzeit!
Horcht! Sie lässt ihre Stimme erschallen,
Den rollenden Donner!
Gebt der Göttin die Macht und die Ehre!
Über Israel waltet ihre Hoheit
Und ihre Macht in den Wolken.
Furchtbar bist du, Göttin, von deinem Heiligtum aus!
Israels Göttin, sie ist’s,
Die Macht verleiht und Stärke ihrem Volk.
Gepriesen sei die Göttin!


LXIX

Dem Musikmeister,
Nach der Singweise Lilien,
Von David.
Hilf mir, o Göttin,
Denn die Wasser gehen mir bis ans Leben!
Ich versinke im tiefen Schlamm, wo kein Grund ist;
In Wassertiefen bin ich geraten,
Und die Flut überströmt mich.
Müde bin ich vom Schreien,
Meine Kehle ist heiser;
Erloschen sind mir die Augen,
Während ich warte auf meine Göttin.
Größer als die Zahl der Haare auf meinem Haupt
Ist die Zahl derer, die mich ohne Ursache hassen;
Mächtig sind meine Gegner,
Die mich ohne Grund anfeinden:
Wo ich nichts geraubt, soll ich Ersatz leisten!
Du, o Göttin, du weißt um meine Torheit,
Und meine Vergehen sind dir nicht verborgen.
Lass nicht enttäuscht werden durch mich,
Die auf dich hoffen,
O Göttin, o Herrin der Scharen!
Lass nicht beschämt werden durch mich,
Die dich, Göttin Israels, suchen!
Denn um deinetwillen trage ich Schmach,
Für dich bedeckt Beschämung mein Antlitz;
Ein Fremder bin ich meinen Brüdern geworden
Und unbekannt den Söhnen meiner Mutter.
Denn der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt,
Und die Schmähungen derer, die dich schmähen,
Haben mich getroffen.
Ich weinte und kasteite mich durch Fasten,
Doch es brachte mir nur Beschimpfung ein;
Als ich ein Trauergewand zu meinem Kleide machte,
Da wurde ich ihnen zum Spott;
Es schwatzten von mir die Leute auf dem Markt,
Und Spottlieder sangen von mir die Säufer beim Wein.
Ich aber richte mein Gebet an dich, o Herrin,
Zur Zeit, da dir es wohlgefällig ist;
O Göttin, nach deiner großen Gnade
Erhöre mich, nach deiner heilenden Treue!
Zieh mich heraus aus dem Schlamm,
Dass ich nicht versinke,
Lass mich Rettung finden
Von meinen Hassern
Und aus den Wassertiefen!
Lass die Wasserflut mich nicht überströmen
Und die Tiefe mich nicht verschlingen
Und den Abgrund seinen Schlund nicht über mir schließen!
Erhöre mich, Herrin, denn deine Güte ist köstlich!
Nach deinem großen Erbarmen wende dich mir zu
Und verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Sklaven,
Denn ich bin in Not:
Erhöre mich eilig!
Nahe dich meiner Seele, erlöse sie,
Um meiner Feinde willen mach mich frei!
Du weißt um meine Schande,
Um Schande und Schimpf;
Meine Feinde sind dir alle bekannt.
Die Schmach hat mir das Herz gebrochen,
So dass ich verzweifle.
Ich hoffte auf Mitleid, aber vergebens,
Und auf Trösterinnen,
Doch ich habe keine gefunden;
Nein, sie haben mir Gift in die Speise getan
Und Essig mich trinken lassen für meinen Durst.
Möge ihr Tisch vor ihnen zum Fangnetz werden
Und ihnen, den Sicheren, zum Fallstrick!
Lass ihre Augen dunkel werden, dass sie nicht sehen,
Und ihre Hüften lass immer wanken!
Gieße über sie deine Wut aus,
Und deines Zornes Glut erreiche sie!
Ihre Behausung müsse zur Öde werden,
In ihren Zelten kein Bewohner sein!
Denn den du selbst geschlagen hast,
Den verfolgen sie,
Und über den vom Weh Verwundeten schwatzen sie.
Füge noch Schuld zu ihrer Verschuldung hinzu
Und lass sie nicht kommen zur Gerechtigkeit vor dir!
Sie müssen ausgelöscht werden
Aus dem Buch des Lebens
Und nicht eingeschrieben werden mit den Gerechten!
Doch ich bin elend und von Schmerzen beladen:
Deine Hilfe, Göttin, möge mich retten!
Ich will den Namen der Göttin preisen in Liedern,
Will sie rühmen mit Dank;
Das wird der Herrin willkommener sein als Rinder,
Als Stiere mit Hörnern und gespaltenen Hufen.
Wenn die Bedrückten es sehen,
So werden sie sich freuen:
Ihr, die ihr die Göttin sucht:
Euer Herz lebe auf!
Denn die Herrin erhört die Armen,
Und ihre Gefangenen lässt sie nicht unbeachtet.
Es mögen sie preisen Himmel und Erde,
Die Meere und alles, was in ihnen sich regt!
Denn die Göttin wird Zion retten
Und Judas Städte wieder aufbauen,
Dass man da wohne und das Land besitze;
Und die Kinder ihrer Sklaven werden es erben,
Und die ihren Namen lieben,
Werden darin wohnen.


LXX

Dem Musikmeister, von David;
Bei Darbringung des Duftopfers.
O Göttin, eile zu meiner Rettung,
Herrin, eile zu meiner Hilfe herbei!
Lass alle beschämt und schamrot werden,
Die mir nach dem Leben trachten!
Lass mit Schande beladen abziehen,
Die mein Unglück wünschen!
Lass zurück sich wenden in ihrer Schmach,
Die über mich rufen: Haha, haha!
Lass jubeln und deiner sich freuen
Alle, die dich suchen!
Lass alle, die nach deinem Heil verlangen,
Immer bekennen: Groß ist die Göttin!
Doch ich bin elend und arm:
O Göttin, eile zu mir!
Meine Hilfe und meine Retterin bist du:
O Herrin, säume nicht!
Bei dir, Herrin, suche ich Zuflucht:
Lass mich nimmer enttäuscht werden!
Nach deiner Gerechtigkeit rette und befreie mich,
Neige dein Ohr mir zu und hilf mir!
Sei mir ein schützender Fels,
Zu dem ich immer fliehen kann;
Du hast ja geboten, mich zu retten,
Denn mein Fels und meine Burg bist du.
Meine Göttin, errette mich aus des Göttinlosen Faust,
Aus der Faust des Frevlers und Gewaltmenschen!
Denn du bist meine Hoffnung, Herrin, meine Göttin,
Du meine Zuversicht von Jugend an.
Auf dich hab ich mich gestützt seit meiner Geburt;
Aus dem Mutterschoß hast du mich ans Licht gezogen:
Dir hat mein Lobpreis immer gegolten.
Wie ein Wunder komme ich vielen vor,
Doch du bist meine starke Zuflucht.
Mein Mund ist deines Ruhmes voll,
Allzeit voll von deiner Verherrlichung.
Verwirf mich nicht in den Tagen des Alters,
Beim Schwinden meiner Kraft verlass mich nicht!
Denn schon verhandeln meine Feinde über mich,
Und die den Tod mir wünschen,
Beraten sich zusammen
Und sagen: Die Göttin hat ihn verlassen:
Verfolgt und ergreift ihn,
Denn er hat keine Retterin! -
O Göttin, bleib du nicht fern von mir,
Meine Göttin, eile mir zu Hilfe!
Es müssen enttäuscht und vernichtet werden,
Die mich anfeinden!
Lass alle in Schmach und Schande sich hüllen,
Die mein Unglück suchen!
Ich aber will immer warten
Und all deinen Ruhm mehren.
Mein Mund soll deine Gerechtigkeit künden,
Allzeit deine Heilswerke,
Denn ich vermag sie nicht zu zählen.
Kommen will ich mit den Machttaten
Der Göttin, der Herrin,
Will preisen deine Gerechtigkeit, dich allein.
Du hast mich, o Göttin, von Jugend auf gelehrt,
Und bis hierher habe ich deine Wunder verkündet;
Doch auch bis zum Greisenalter und grauen Haar
Verlass mich nicht, o Göttin,
Auf dass ich deinen Arm verkünde den Zeitgenossen
Und allen, die noch kommen werden, deine Kraft.
O Göttin, deine Gerechtigkeit reicht bis hoch an den Himmel;
Die du große Dinge getan, o Göttin, wer ist dir gleich?
Du hast viel Not und Leid uns fühlen lassen:
Du wirst uns auch wieder beleben
Und aus den Tiefen der Erde uns empor führen.
Du wirst mich um so höher erheben
Und mit Trost dich wieder zu mir wenden.
So will denn auch ich dich preisen mit dem Saitenspiel,
Für deine Treue dir danken, meine Göttin;
Ich will auf der Gitarre dir spielen, du Heilige Israels.
Jubeln sollen meine Lippen, wenn ich dir spiele,
Und zugleich meine Seele, die du erlöst hast;
Auch meine Zunge soll allezeit
Von deiner Gerechtigkeit reden,
Denn enttäuscht und schamrot sind geworden,
Die mein Unglück suchten.


LXXII

Von Salomo.
O Göttin, dein richterliches Walten verleihe dem König
Und deine Gerechtigkeit dem Königssohn,
Dass er dein Volk mit Gerechtigkeit richte
Und deine Elenden und Bedrückten nach dem Recht!
Lass die Berge dem Volke Frieden tragen
Und die Hügel sich kleiden in Gerechtigkeit!
Er schaffe Recht den Elenden und Bedrückten im Volk,
Er helfe den armen Leuten und zertrete den Unterdrücker.
Möge er leben, solange die Sonne scheint
Und der Mond uns leuchtet,
Von Geschlecht zu Geschlecht!
Er möge sein wie Regen für frisch gemähte Wiesen,
Wie Regenschauer, die das Land besprengen!
In seinen Tagen möge der Gerechte blühen
Und Friede in Fülle bestehen,
Bis kein Mond mehr scheint.
Er herrsche von Meer zu Meer
Und vom Euphrat bis hin an die Enden der Erde!
Vor ihm müssen die Steppenvölker die Knie beugen
Und seine Feinde den Staub lecken;
Die Könige von Tarsis und den Meeresländern
Müssen Geschenke ihm bringen,
Die Herrscherinnen von Saba und Seba
Tribut entrichten;
Ja, huldigen müssen ihm alle Könige,
Die Völker alle ihm dienen!
Denn er wird den Armen retten,
Der um Hilfe schreit,
Den Leidenden und den,
Der keine Helfer hat.
Er wird sich erbarmen des Schwachen und Armen
Und Hilfe gewähren den Seelen der Armen;
Aus Unterdrückung und Gewalttat
Wird er ihre Seelen erlösen,
Und ihr Blut wird kostbar sein in seinen Augen.
So lebe er denn,
Und man gebe ihm vom Gold aus Saba,
Man bete immerdar für ihn und segne ihn allezeit!
Fülle von Korn möge sein im Lande
Bis auf die Gipfel der Berge,
Es rausche seine Frucht wie der Wald des Libanon!
Und aus den Städten blühe das Volk hervor
So zahlreich wie das Gras der Erde!
Sein Name möge ewig bestehen:
Solange die Sonne scheint, lebe sein Name fort,
So dass man in ihm sich Segen wünscht
Und alle Völker ihn selig preisen!
Gepriesen sei die Göttin, die Herrin, die Göttin Israels,
Die Wunder vollbringt, sie allein!
Und gepriesen sei ihr herrlicher Name in Ewigkeit,
Und die ganze Erde
Sei ihrer Schönheit voll!
Amen, ja, Amen!

Zu Ende sind die Hymnen Davids, des Sohnes Jesses.


LXXIII

Ein Psalm von Asaph.
Dennoch ist die Göttin voll Güte gegen den Frommen,
Die Herrin gegen alle, die reinen Herzens sind.
Doch ich – fast wäre ich gestrauchelt mit meinen Füßen,
Nichts fehlte, so wären meine Schritte ausgeglitten;
Denn ich ereiferte mich über die Großmäuler,
Wenn ich sehen musste der Göttinlosen Wohlergehen.
Denn bis zu ihrem Tode leiden sie keine Schmerzen,
Und wohlgenährt ist ihr Leib;
Unglück trifft sie nicht wie andere Sterbliche,
Und sie werden nicht geplagt wie sonst die Menschen.
Darum ist auch Hochmut ihr Halsgeschmeide,
Und Gewalttat ist das Kleid, das sie umhüllt.
Aus strotzendem Antlitz tritt ihr Auge hervor,
Die Gebilde ihres Herzens wallen über.
Sie höhnen und reden in Bosheit von Gewalttat,
Führen Reden von oben herab;
Gegen den Himmel richten sie ihren Mund,
Und ihre Zunge ergeht sich frei auf Erden.
Darum wendet das Volk sich ihnen zu
Und schlürft das Wasser ihrer Lehren in vollen Zügen;
Sie sagen: Wie sollte die Göttin es wissen,
Und wie sollte die Höchste Kenntnis davon haben? -
Seht, so treiben es die Göttinlosen,
Und, immer in Sicherheit lebend, häufen sie Reichtum an.
Ach, ganz umsonst hab ich rein mein Herz erhalten
Und in Unschuld meine Hände gewaschen;
Ich ward ja doch vom Unglück allezeit geplagt,
Und jeden Morgen war meine Züchtigung da.
Doch hätte ich gedacht: Ich will auch so reden!,
So hätte ich treulos verleugnet deiner Kinder Geschlecht.
So sann ich denn nach, um dies zu begreifen,
Doch es war zu schwer für mein Verständnis,
Bis ich eindrang in die Heiligtümer der Göttin
Und acht gab auf der Göttinlosen letztes Geschick.
Wahrlich, auf schlüpfrigen Boden stellst du sie,
Lässt sie fallen, dass sie in Trümmer zergehen.
Wie werden sie doch im Nu vernichtet,
Weggerafft, und nehmen ein Ende mit Schrecken!
Wie ein Traumbild gleich nach dem Erwachen verfliegt,
So lässt du, o Allherrin, beim Wachwerden ihr Bild verschwinden.
Wenn mein Herz sich nun noch verbitterte
Und ich in meinem Innern empört mich fühlte,
So wäre ich ein wahrer Tor und ohne Einsicht,
Benähme mich wie ein vernunftloses Tier gegen dich.
Doch nein, ich bleibe stets mit dir verbunden,
Du hältst mich fest bei meiner rechten Hand;
Du leitest mich nach deinem Ratschluss
Und nimmst mich endlich auf in deine Herrlichkeit.
Wen hätte ich sonst noch im Himmel?
Und außer dir erfreut mich nichts auf Erden.
Mag Leib und Seele mir verschmachten,
Bleibt die Göttin doch allzeit meines Herzens Fels und mein Teil.
Denn gewiss: wer von dir sich lossagt, der kommt um;
Du vernichtest alle, die treulos von dir abfallen.
Mir aber ist der Göttin Nähe beglückend:
Ich setze mein Vertrauen auf die Göttin, die Herrin,
Um alle deine Werke zu verkünden.


LXXIV

Ein Lehrgedicht von Asaph.
Warum hast du uns, o Göttin, für immer verworfen,
Warum raucht dein Zorn gegen die Herde, die du weidest?
Gedenke deiner Gemeinde, die vor alters du erworben,
Die zum Eigentumsvolk du dir erlöst hast!
Gedenke des Berges Zion, auf dem du Wohnung genommen!
Lenke deine Schritte hinauf zu den ewigen Trümmern:
Ach, alles hat der Feind im Heiligtum zerstört!
Wild brüllen deine Feinde
Im Innern deiner Versammlungsstätte;
Haben dort ihre roten Fahnen als Siegeszeichen aufgestellt.
Es sieht so aus, als ob man die Äxte hoch
Geschwungen hätte im Dickicht des Waldes.
Und jetzt zerschlagen sie auch dein Schnitzwerk
Allzumal mit Äxten und Hämmern.
Sie haben dein Heiligtum in Brand gesteckt,
Bis zum Boden entweiht die Wohnung deines Namens.
Sie haben sich vorgenommen: Wir rotten sie allesamt aus! -
Und haben alle Stätten der Göttin im Lande verbrannt.
Unsere Zeichen sehen wir nicht mehr,
Kein Prophet ist mehr da,
Und niemand weiß bei uns, wie lange das dauern soll.
Wie lange, o Göttin, soll der Widersacher noch schmähen,
Der Feind deinen Namen immerfort lästern?
Warum doch ziehst du deine Hand zurück?
O zieh deine Rechte hervor aus dem Busen, mach ein Ende!
Die Göttin ist ja doch meine Königin von alters her,
Rettungstaten vollführt sie auf der ganzen Erde.
Du hast das Meer durch deine Kraft gespalten,
Die Häupter der Drachen auf den Fluten zerschellt.
Du hast Leviathans Köpfe zermalmt,
Zum Fraß ihn hingegeben dem Volke der Wüstentiere.
Du hast Quellen und Bäche hervorbrechen lassen,
Du hast nie versiegende Ströme trocken gelegt.
Dein ist der Tag, dein auch die Nacht,
Du hast den Mond und die Sonne hingestellt.
Du hast der Erde rings die Grenzen festgesetzt,
Sommer und Winter, du hast sie gebildet.
Denke daran: der Feind hat dich, o Herrin, gehöhnt,
Und ein göttinloses Volk deinen Namen gelästert!
Gib nicht den Raubtieren preis die Seele deiner Taube,
Vergiss nicht für immer das Leben deines Dulders!
Blick hin auf den Bund! Denn angefüllt sind
Die Verstecke des Landes mit Stätten der Gewalttat.
Lass den Bedrängten nicht enttäuscht davongehen,
Der Arme und Bedrückte müsse deinen Namen rühmen!
Steh auf, o Göttin, kämpfe für deine Sache!
Gedenke der Schmach,
Die dich trifft von den Ruchlosen Tag für Tag!
Vergiss nicht das laute Schmähen deiner Feinde,
Das Toben deiner Gegner, das allezeit aufsteigt!


LXXV

Dem Musikmeister, nach der Melodie Vertilge nicht;
Ein Psalm von Asaph, ein Lied.
Wir preisen dich, Göttin, wir preisen dich!
Denn nahe ist uns dein Name:
Deine Wundertaten verkünden dich.
Wenn ich die Zeit gekommen erachte,
Dann halte ich gerechtes Gericht.
Mag wanken die Erde mit allen ihren Bewohnern:
Ich bins, die ihre Säulen festgestellt.
Sela.
Ich rufe den Stolzen zu: Seid nicht stolz!
Und den Frevlern: Hebt den Kopf nicht so hoch!
Hebt euren Kopf nicht gar so hoch,
Redet nicht vermessen mit gerecktem Hals! –
Denn nicht vom Aufgang noch vom Niedergang
Und nicht von der Wüste her kommt die Erhöhung;
Nein, die Göttin ist’s, die da richtet:
Diesen erniedrigt und jenen erhöht sie.
Denn ein Becher ist in der Hand der Herrin
Mit schäumendem Wein,
Voll von berauschender Mischung;
Und sie schenkt daraus ein:
Sogar die Hefen davon müssen schlürfen
Und trinken alle Frevler der Erde.
Ich aber will das ewig verkünden,
Will lobsingen der Göttin Jakobs;
Und alle Hörner der Frevler will ich abhauen,
Doch die Hörner der Gerechten sollen erhöht sein.


LXXVI

Dem Musikmeister, mit Saitenspiel;
Ein Psalm von Asaph, ein Lied.
Allbekannt ist die Göttin in Juda,
In Israel ist groß ihr Name;
In Salem erstand ihr Zelt
Und ihre Wohnung in Zion.
Dort hat sie zerbrochen des Bogens Blitze,
Schild und Schwert und jegliche Kriegswehr.
Sela.
Ruhmvoll bist du, herrlich
Von den ewigen Bergen her.
Entwaffnet wurden die tapferen Streiter,
Sanken hin in ihren Todesschlaf,
Und all den Helden versagte der Arm:
Vor deinem Drohruf, du Göttin Jakobs,
Sanken in Betäubung so Wagen wie Rosse.
Ja, du bist furchtbar, und wer kann bestehen vor dir,
Sobald dein Zorn entbrannt ist?
Vom Himmel her kündigtest du das Gericht an:
Da erschrak die Erde und wurde still,
Als die Göttin sich erhob zum Gericht,
Um allen Bedrückten auf Erden zu helfen.
Sela.
Denn der Menschen Grimm wird dir zum Lobpreis,
Wenn zuletzt du dich gürtest mit Zornesflammen.
Bringt Gelübde dar und erfüllt sie der Herrin, eurer Göttin:
Alle, die sie rings umgeben,
Müssen Geschenke der Ehrfurcht Gebietenden bringen,
Ihr, die den Hochmut der Fürsten dämpft
Und furchtbar ist den Königen der Erde.


LXXVII

Dem Musikmeister über die Jedutuniden;
Von Asaph ein Psalm.
Laut rufe ich zur Göttin, ja, ich will schreien,
Laut rufe ich zur Göttin: Ach, höre mein Flehen!
Wenn Drangsalszeiten über mich kommen,
Suche ich die Allherrin;
Meine Hand ist nachts ohne Ermatten ausgestreckt,
Meine Seele will sich nicht trösten lassen.
Denke ich an die Göttin, so muss ich seufzen;
Sinne ich nach, so verzagt mein Geist.
Sela.
Du hältst mir die Augenlider offen,
Uch bin voll Unruhe und kann nicht reden.
Ich überdenke die Tage der Vorzeit,
Die längst entschwundenen Jahre;
Ich denke bei Nacht an mein Saitenspiel,
Ich sinne in meinem Herzen nach,
Und es grübelt mein Geist und fragt:
Wird die Allherrin mich auf ewig verstoßen
Und niemals wieder Gnade zeigen?
Ist ihre Liebe für immer erschöpft?
Sind ihre Verheißungen abgetan für alle Zukunft?
Hat die Göttin vergessen, gnädig zu sein,
Oder im Zorn ihr Erbarmen verschlossen?
Sela.
Da sagte ich mir: Das bekümmert mich schmerzlich,
Dass das Verhalten der Höchsten sich geändert hat.
Ich will gedenken der Taten der Herrin,
Will gedenken deiner Wunder von der Vorzeit her,
Will sinnen über all dein Tun
Und deine großen Taten erwägen.
O Göttin, erhaben ist dein Weg:
Wo sind Göttinnen so groß wie meine Göttin?
Du bist die Göttin, die Wunder tut,
Du hast deine Macht an den Völkern bewiesen,
Du hast dein Volk erlöst mit starkem Arm,
Die Kinder Jakobs und Josefs.
Sela.
Als die Wasser dich sahen, o Göttin,
Als die Wasser dich sahen, erbebten sie,
Auch die Tiefen des Weltmeers zitterten;
Die Wolken ergossen sich in strömenden Regen,
Das Gewölk ließ Donner krachen,
Und deine Pfeile fuhren einher;
Deine Donnerstimme dröhnte am Himmelsgewölbe,
Blitze erhellten den Erdkreis,
Es bebte und schwankte die Erde.
Durchs Meer ging dein Weg dahin
Und dein Pfad durch gewaltige Fluten;
Doch deine Spuren waren nicht zu erkennen.
Du hast dein Volk geführt wie eine Herde
Unter Leitung von Mose und Mirjam.


LXXVIII

Ein Lehrgedicht von Asaph.
Gib acht, mein Volk, auf meine Belehrung,
Leiht euer Ohr den Worten meines Mundes!
Ich will auftun meinen Mund zur Rede in Sprüchen,
Will Rätsel verkünden von der Vorzeit her.
Was wir gehört und erfahren
Und unsere Ahnen uns erzählt haben,
Das wollen wir unsern Kindern nicht verschweigen,
Sondern dem künftigen Geschlecht verkünden
Die Ruhmestaten der Herrin und ihre Kraft
Und die Wunder, die sie getan hat.
Denn sie hat ein Zeugnis aufgerichtet in Jakob
Und festgestellt in Israel ein Gesetz,
Von dem sie unsern Eltern gebot,
Es ihren Kindern kundzutun,
Auf dass die Nachwelt Kenntnis davon erhielte:
Die Kinder, die geboren würden,
Sollten aufstehen und auch ihren Kindern davon erzählen,
Dass sie auf die Göttin ihr Vertrauen setzten
Und die Taten der Göttin nicht vergäßen
Und ihre Gebote befolgten,
Dass sie nicht wie ihre Väter würden,
Ein trotziges und widerspenstiges Geschlecht,
Ein Geschlecht mit wankelmütigem Herzen,
Dessen Geist sich nicht zuverlässig zu der Göttin hielt.
Ephraims Söhne, bogengerüstete Schützen,
Haben den Rücken gewandt am Tage des Kampfes.
Sie hielten den von der Göttin gestifteten Bund nicht
Und wollten nicht wandeln in ihrem Gesetz;
Nein, sie vergaßen ihre Taten
Und ihre Wunder, die sie sie hatte sehen lassen.
Vor ihren Ahnen hatte sie Wunder getan
Im Lande Ägypten, im Gefilde von Zoan.
Sie spaltete das Meer und ließ sie hindurch ziehen
Und türmte die Wasser auf wie einen Wall;
Sie leitete sie bei Tag durch die Wolke
Und während der ganzen Nacht durch Feuerschein;
Sie spaltete Felsen in der Wüste
Und tränkte sie reichlich wie mit Fluten;
Bäche ließ sie aus dem Felsen hervor gehen
Und Wasser gleich Strömen nieder fließen.
Dennoch fuhren sie fort, gegen sie zu sündigen,
Und widerstrebten der Höchsten in der Wüste;
Ja, sie versuchten die Göttin in ihren Herzen,
Indem sie Speise verlangten für ihr Gelüste,
Und redeten gegen Göttin mit den Worten:
Kann die Göttin wohl einen Tisch in der Wüste uns decken?
Wohl hat sie den Felsen geschlagen,
Dass Wasser flossen heraus und Bäche sich ergossen;
Doch wird sie auch vermögen, Brot zu geben
Oder Fleisch ihrem Volke zu schaffen? -
Darum, als die Herrin das hörte, ergrimmte sie:
Feuer entbrannte gegen Jakob,
Und Zorn stieg auf gegen Israel,
Weil sie an die Göttin nicht glaubten
Und auf ihre Hilfe nicht vertrauten.
Und doch gebot sie den Wolken droben
Und tat die Türen des Himmels auf,
Ließ Manna auf sie regnen zum Essen
Und gab ihnen himmlisches Brotkorn:
Engelsspeise aßen sie allesamt,
Reisekost sandte sie ihnen zur Sättigung.
Hinfahren ließ sie den Ostwind am Himmel
Und führte durch ihre Kraft den Südwind herbei;
Fleisch ließ sie auf sie regnen wie Staub
Und beschwingte Vögel wie Meeressand;
Mitten in ihr Lager ließ sie sie fallen,
Rings um ihre Wohnungen her.
Da aßen sie und wurden reichlich satt,
Und was sie gewünscht, gewährte sie ihnen.
Noch hatten sie sich ihres Gelüstes nicht entschlagen,
Noch hatten sie ihre Speise in ihrem Munde,
Da stieg der Ingrimm der Göttin gegen sie auf
Und erwürgte die kräftigen Männer unter ihnen
Und streckte Israels junge Mannschaft zu Boden.
Trotz alledem sündigten sie weiter
Und glaubten nicht an ihre Wunder.
Darum ließ sie ihre Tage vergehen wie einen Hauch
Und ihre Jahre in angstvoller Hast.
Wenn sie sie sterben ließ, dann fragten sie nach ihr
Und kehrten um und suchten die Göttin eifrig
Und dachten daran, dass die Göttin ihr Fels sei
Und die Göttin, die Höchste, ihre Erlöserin.
Doch sie heuchelten ihm mit ihrem Munde
Und belogen sie mit ihrer Zunge;
Denn ihr Herz hing nicht fest an ihr,
Und sie hielten nicht treu an ihrem Bunde.
Doch sie war barmherzig, vergab die Schuld
Und vertilgte sie nicht,
Nein, immer wieder hielt sie ihren Zorn zurück
Und ließ nicht ihren ganzen Grimm erwachen;
Denn sie dachte daran, dass nur Fleisch sie waren,
Ein Windhauch, der hinfährt und nicht wiederkehrt.
Wie oft widerstrebten sie ihr in der Wüste,
Kränkten sie sie in der Öde!
Und immer aufs neue versuchten sie die Göttin
Und betrübten die Heilige Israels.
Sie dachten nicht mehr an ihre starke Hand,
An den Tag, wo sie sie vom Bedränger erlöste,
Als sie ihre Zeichen in Ägypten tat,
Ihre Wunder im Gefilde von Zoan.
Sie verwandelte dort in Blut ihre Nilarme,
So dass man ihr fließendes Wasser nicht trinken konnte;
Sie sandte unter sie Ungeziefer, das sie fraß,
Und Frösche, die ihnen Verderben brachten;
Sie gab ihre Ernte den Fressgrillen preis
Und die Frucht ihrer Arbeit den Heuschrecken;
Sie zerschlug ihre Reben mit Hagel,
Ihre Maulbeerfeigenbäume mit Schlossen;
Sie gab ihr Vieh dem Hagel preis
Und ihren Besitz den Blitzen;
Sie sandte gegen sie ihres Zornes Glut,
Wut und Grimm und Drangsal:
Eine Schar von Unglücksengeln;
Sie ließ ihrem Ingrimm freien Lauf,
Entzog ihre Seele nicht dem Tode,
Überließ vielmehr ihr Leben der Pest;
Sie ließ alle Erstgeburt in Ägypten sterben,
Der Manneskraft Erstlinge in den Zelten Hams.
Dann ließ sie ihr Volk ausziehen wie Schafe
Und leitete sie in der Wüste wie eine Herde
Und führte sie sicher, so dass sie nicht bangen mussten;
Ihre Feinde aber bedeckte das Meer.
So brachte sie sie in ihr heiliges Gebiet,
In das Bergland, das sie mit ihrer Rechten erworben,
Und vertrieb vor ihnen her die Völker,
Verloste ihr Gebiet als erblichen Besitz
Und ließ in ihren Zelten die Stämme Israels wohnen.
Doch sie versuchten und reizten die Göttin, die Höchste,
Und hielten sich nicht an ihre Gebote,
Sondern fielen ab und handelten treulos, ihren Vätern gleich;
Sie versagten wie ein schlaffer Bogen
Und erbitterten sie durch ihren Höhendienst
Und reizten sie zum Eifer durch ihre Götterbilder.
Als die Göttin es vernahm, ergrimmte sie
Und verwarf Israel ganz und gar:
Sie gab ihre Wohnung in Silo auf,
Das Zelt, das sie aufgeschlagen unter den Menschen;
Sie ließ ihre Macht in Gefangenschaft fallen
Und ihre Zier in die Hand des Feindes;
Sie gab ihr Volk dem Schwerte preis
Und war entrüstet über ihr Eigentumsvolk;
Seine jungen Männer fraß das Feuer,
Und seine Jungfrauen blieben ohne Brautlied;
Sine Priester fielen durchs Schwert,
Und seine Witwen konnten keine Totenklage halten.
Da erwachte die Allherrin wie eine Schlafende,
Wie eine vom Wein überwältigte Kriegerin;
Sie schlug ihre Feinde von hinten
Und gab sie ewiger Schande preis.
Auch verwarf sie das Zelt Josefs
Und erwählte nicht den Stamm Ephraim,
Sondern erwählte den Stamm Juda,
Den Berg Zion, den sie liebgewonnen;
Und sie baute den ragenden Bergen
Und Palästen gleich ihr Heiligtum,
Fest wie die Erde, die sie auf ewig gegründet.
Dann erwählte sie David, ihren Knecht,
Den sie wegnahm von den Hürden des Kleinviehs;
Von den Mutterschafen holte sie ihn,
Dass er Jakob weide, ihr Volk,
Und Israel, ihren Erbbesitz.
David weidete sie mit redlichem Herzen
Und leitete sie mit kundiger Hand.


LXXIX

Ein Psalm von Asaph.
O Göttin, in dein Eigentum sind Heiden eingedrungen,
Haben deinen heiligen Tempel entweiht,
Jerusalem zu Trümmerhaufen gemacht!
Sie haben die Leichen deiner Knechte
Den Vögeln des Himmels zum Fraß gegeben,
Den wilden Tieren des Landes die Leiber deiner Frommen!
Sie haben deren Blut vergossen wie Wasser
Rings um Jerusalem her, und niemand hat sie begraben!
Wir sind unsern Nachbarn zur Schmähung geworden,
Ein Spott und Hohn den Völkern um uns her!
Wie lange, o Herrin, willst du unversöhnlich zürnen?
Bis wann soll lodern deine Leidenschaft wie Feuer?
Gieß deine Zornglut über die Heiden aus, die dich nicht kennen,
Auf die Reiche, die deinen Namen nicht anrufen!
Denn sie haben Jakob gefressen
Und seine Wohnstatt verwüstet.
Rechne uns nicht die Schuld unsrer Väter an,
Lass eilends dein Erbarmen uns angedeihen!
Denn sehr schwach sind wir geworden.
Hilf uns, du Göttin unseres Heiles,
Um der Ehre deines Namens willen!
Errette uns und vergib uns unsere Sünden
Um deines Namens willen!
Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist ihre Göttin? -
Lass kund werden an den Heiden vor unsern Augen
Die Rache für das vergossene Blut deiner Knechte!
Lass vor dich kommen das Seufzen der Gefangenen;
Kraft deines starken Armes
Erhalte am Leben die dem Tode Geweihten!
Und zahle unsern Nachbarn siebenfach heim in ihren Busen
Den Hohn, mit dem sie dich, o Allherrin, gehöhnt!
Wir aber, dein Volk und die Herde, die du weidest,
Wir wollen dir ewiglich danken,
Von Geschlecht zu Geschlecht verkünden deinen Ruhm!


LXXX

Dem Musikmeister, nach der Melodie
Lilienrein ist das Zeugnis;
von Asaph ein Psalm.
O HirtIn Israels, merk auf,
Die du Josef leitest wie eine Herde!
Die du thronst über den Cherubim, erscheine!
Als Führerin Ephraims und Benjamins und Manasses
Biete deine Heldinnenkraft auf und komm uns zu Hilfe!
O Göttin der Heerscharen, stelle uns wieder her
Und lass dein Angesicht leuchten,
Damit uns Rettung widerfährt!
O Herrin, Göttin der Heerscharen, wie lange noch
Raucht dein Zorn trotz der Gebete deines Volkes?
Du hast uns Tränenbrot essen lassen
Und uns überreichlich getränkt mit Tränen;
Du hast uns gemacht zum Zankapfel unsern Nachbarn,
Und unsere Feinde spotten über uns.
O Göttin der Heerscharen, stelle uns wieder her
Und lass dein Angesicht leuchten,
Damit uns Rettung widerfährt!
Einen Weinstock hast aus Ägypten du ausgehoben,
Hast Heidenvölker vertrieben, ihn eingepflanzt,
Hast weiten Raum vor ihm her geschafft,
Dass er Wurzeln schlug und das Land erfüllte;
Die Berge wurden von seinem Schatten bedeckt
Und von seinen Reben die Zedern der Göttin;
Er streckte seine Ranken aus bis ans Meer
Und seine Schösslinge bis zum Euphrat.
Warum hast du sein Gehege eingerissen,
So dass alle ihn zerpflücken, die des Weges ziehen?
Es zerwühlt ihn der Eber, der Eber aus dem Walde,
Und die Tiere des Feldes fressen ihn kahl.
O Göttin der Heerscharen, kehre doch zurück,
Schaue vom Himmel nieder und blicke her
Und nimm dich dieses Weinstocks an,
Des Setzlings, den deine Rechte gepflanzt,
Und des Schösslings, den du dir großgezogen!
Er ist mit Feuer verbrannt, ist abgehauen:
Vor dem Zornesblick deines Angesichts kommen sie um.
Halte schirmend die Hand über den Mann deiner Rechten,
Den Menschensohn, den du dir großgezogen:
So wollen wir nimmer von dir weichen!
Schenke uns neues Leben,
So wollen wir deinen Namen preisen!
O Herrin, Göttin der Heerscharen, stelle uns wieder her,
Lass dein Angesicht leuchten,
Damit uns Rettung widerfährt!


LXXXI

Dem Musikmeister,
Nach der Keltertreterweise;
Von Asaph.
Singt jubelnd der Göttin, die unsre Stärke ist,
Jauchzt der Göttin Jakobs!
Stimmt Lobgesang an und lasst die Pauken erschallen,
Die liebliche Zither mitsamt der Harfe!
Stoßt am Neumond in die Posaune,
Beim Vollmond zur Feier unsres Festes!
Denn so ist es Satzung für Israel,
Ein Gebot der Göttin Jakobs;
Als Gesetz hat sie es für Josef verordnet,
Als sie auszog gegen Ägyptenland.
Eine Sprache, die ich bisher nicht gekannt, vernehme ich:
Ich habe seinen Rücken der Last entzogen,
Seine Hände sind des Tragkorbs ledig geworden.
Als du riefst in der Drangsal, erlöste ich dich,
Erhörte dich in der Hülle der Donnerwolke,
Prüfte dich am Haderwasser.
Sela.
Höre, mein Volk, ich will dich warnen!
O Israel, möchtest du mir doch gehorchen!
Kein fremder Gott soll unter dir sein,
Vor keinem Gott des Auslands darfst du dich niederwerfen!
Ich, die Herrin, bin deine Göttin,
Die dich heraufgeführt aus Ägyptenland:
Tu deinen Mund weit auf, so will ich ihn füllen!
Doch mein Volk hat nicht gehört auf meine Stimme,
Und Israel ist mir nicht zu Willen gewesen.
Da hab ich sie preisgegeben dem Starrsinn ihres Herzens:
Sie sollten nach ihren eignen Gedanken wandeln.
O wollte mein Volk doch mir gehorchen,
Israel doch wandeln auf meinen Wegen!
Wie bald würde ich ihre Feinde beugen
Und gegen ihre Bedränger kehren meine Hand!
Die da hassen die Herrin, die müssten ihr schmeicheln,
Und ihre Gerichtszeit sollte ewig währen.
Doch dich wollte ich nähren mit dem Mark des Weizens,
Dich sättigen aus dem Felsen mit Honig.


LXXXII

Ein Psalm Asaphs.
Die Göttin steht da in der Götterversammlung,
Sie hält inmitten der Götter Gericht:
Wie lange noch wollt ihr ungerecht richten
Und Partei für die Göttinlosen nehmen?
Sela.
Schafft Recht dem Geringen und Verwaisten,
Dem Bedrückten und Dürftigen verhelft zum Recht!
Rettet den Geringen und Armen,
Entreißt ihn der Hand der Göttinlosen!
Doch sie sind ohne Einsicht und ohne Erkenntnis;
In Finsternis gehen sie einher,
Mögen der Erde Pfeiler auch alle wanken.
Wohl hab ich selber gesagt, dass ihr Götter seid
Und Söhne der Höchsten allesamt;
Dennoch wie gewöhnliche Menschen sollt ihr sterben
Und fallen wie irgendeiner der Fürsten. -
Erhebe dich, Göttin, richte die Erde!
Denn du bist die Erbherrin über alle Völker.


LXXXIII

Ein Lied, ein Psalm Asaphs.
O Göttin, halte dich nicht zurück,
Verharre nicht im Schweigen
Und bleibe nicht ruhig, o Göttin!
Denn siehe, deine Feinde toben,
Und die dich hassen, tragen die Nase hoch!
Gegen dein Volk ersinnen sie einen Anschlag
Und beraten sich gegen deine Schutzbefohlenen;
Sie sagen: Kommt, wir wollen sie vertilgen als Volk:
Des Namens Israel soll man weiterhin nicht gedenken! -
Ja, sie haben einmütigen Sinnes sich beraten,
Ein Bündnis gegen dich geschlossen:
Die Zelte Edoms und der Ismaeliter,
Moab und die Hagariter,
Gebal und Ammon und Amalek,
Das Philisterland samt den Bewohnern von Tyrus.
Auch Assur hat sich zu ihnen gesellt,
Es leiht den Nachkommen Lots seinen Arm.
Sela.
Verfahre mit ihnen wie einst mit Midian,
Wie mit Sisera, wie mit Jabin am Bach Kison,
Die bei En-Dor den Untergang fanden,
Mit ihren Körpern das Erdreich düngten!
Mache sie und ihre Edlen wie Oreb und Seeb,
Und wie Sebah und Zalmunna alle ihre Fürsten,
Die gesprochen hatten: Wir wollen für uns erobern
die Gefilde der Göttin! -
Meine Göttin, mache sie gleich dem verwehten Laub,
Wie Spreu vor dem Winde!
Wie Feuer, das den Wald verzehrt,
Wie Flammen, welche die Berge versengen:
So verfolge sie mit deinem Sturm
Und schrecke sie mit deiner Windsbraut!
Lass Beschämung ihr Antlitz bedecken,
Auf dass sie nach deinem Namen fragen, o Herrin!
Lass sie beschämt und erschreckt sein für immer,
In Schande geraten und vergehen!
Sie müssen erkennen, das du, deren Name Herrin ist,
Du allein die Höchste bist über die ganze Erde.


LXXXIV

Dem Musikmeister,
Nach der Keltertreterweise;
Von den Korahiten, ein Psalm.
Wie lieblich ist deine Wohnstatt,
Herrin der Heerscharen!
Meine Seele hat sich gesehnt, ja, geschmachtet
Nach den Vorhöfen der Herrin;
Nun jubeln mein Herz und mein Leib
Der lebendigen Göttin entgegen!
Hat doch auch der Sperling ein Haus gefunden
Und die Schwalbe ein Nest für sich,
Wo sie ihre Jungen birgt:
Deine Altäre, o Herrin der Heerscharen,
Meine Königin und meine Göttin.
Wohl denen, die da wohnen in deinem Haus,
Dich allzeit preisen!
Sela.
Wohl allen, die in dir ihre Stärke finden,
Wenn auf Pilgerfahrten sie gehen!
Wenn sie wandern durchs Baka-Tal,
Machen sie es zum Quellengrund,
Den auch der Herbstregen kleidet in reichen Segen.
Sie wandern dahin mit stets erneuter Kraft,
Bis vor der Göttin sie erscheinen in Zion.
O Herrin, Göttin der Heerscharen, höre mein Gebet,
Vernimm es, Göttin Jakobs!
Sela.
Du unser Schild, blick her, o Göttin,
Und schau auf das Antlitz deines Gesalbten!
Denn ein einziger Tag in deinen Vorhöfen
Ist besser als tausend andere;
Lieber will ich stehen an der Schwelle
Im Hause meiner Göttin,
Als wohnen in den Zelten der Frevler.
Denn Sonne und Schild ist die Göttin Herrin;
Gnade und Ruhm verleiht die Herrin,
Nichts Gutes versagt sie denen, die gerecht leben.
O Herrin der Heerscharen,
Wohl dem Menschen, der dir vertraut!


LXXXV

Dem Musikmeister;
Von den Korahiten ein Psalm.
Du hast zwar, Herrin, deinem Lande Gnade gewährt,
Du hast Jakobs Missgeschick gewendet,
Du hast deinem Volke die Schuld vergeben
Und all seine Sünde zugedeckt,
Sela;
Du hast deinem ganzen Groll entsagt,
Von der Glut deines Zornes dich abgewandt:
Stell uns nun aber auch wieder her, du Göttin unseres Heiles,
Und lass deinen Unmut gegen uns schwinden!
Willst du denn unversöhnlich gegen uns zürnen
Und deinen Zorn fortdauern lassen für immer?
Willst du uns nicht wieder neu beleben,
Dass dein Volk sich deiner freuen kann?
Lass uns schauen, o Herrin, deine Gnade
Und gewähre uns dein Heil!
Ich will doch hören, was die Göttin Herrin verkündet!
Fürwahr, sie kündet Segen an
Ihrem Volk und ihren Frommen;
Nur dass sie nicht wieder sich wenden zur Torheit!
Wahrlich, ihre Hilfe ist denen nah, die sie ehren,
Dass Herrlichkeit in unserm Lande wohne,
Dass Gnade und Treue einander begegnen,
Gerechtigkeit und Friede sich küssen!
Die Treue wird aus der Erde sprossen
Und Gerechtigkeit vom Himmel nieder schauen.
Dann wird uns die Herrin auch Segen spenden,
Dass unser Land uns seinen Ertrag gewährt;
Gerechtigkeit wird vor ihr hergehen
Und achten auf den Weg ihrer Schritte.


LXXXVI

Ein Gebet Davids.
Neige, o Herrin, dein Ohr, erhöre mich,
Denn elend bin ich und arm!
Bewahre meine Seele, denn ich bin fromm;
Hilf du, meine Göttin, deinem Knecht, der auf dich vertraut!
Sei mir gnädig, o Allherrin,
Denn zu dir rufe ich allezeit.
Erfreue das Herz deines Knechtes,
Denn zu dir, Allherrin, erhebe ich meine Seele.
Denn du, Allherrin, bist gütig und bereit zum Verzeihen,
Bist reich an Gnade für alle, die dich anrufen.
Vernimm, o Herrin, mein Gebet
Und merke auf mein lautes Flehen!
Bin ich in Not, so ruf ich zu dir,
Denn du erhörst mich.
Keine kommt dir gleich unter den Göttinnen, o Allherrin,
Und nichts ist deinen Werken vergleichbar.
Alle Völker, die du geschaffen,
Werden kommen und vor dir anbeten,
Allherrin, und deinen Namen ehren;
Denn du bist groß, und Wunder tust du:
Ja, du, nur du bist Göttin.
Lehre mich, Herrin, deinen Weg,
Dass ich ihn wandle in deiner Wahrheit;
Richte mein Herz auf das Eine,
Dass es deinen Namen ehre!
Preisen will ich dich, Allherrin,
Meine Göttin, von ganzem Herzen
Und deinen Namen ewiglich ehren;
Denn deine Gnade ist groß gegen mich gewesen:
Du hast meine Seele errettet
Aus der Tiefe des Totenreichs.
O Göttin! Vermessene haben sich gegen mich erhoben,
Eine Rotte von Schreckensmännern steht mir nach dem Leben;
Sie haben dich nicht vor Augen.
Doch du, Allherrin, bist eine Göttin voll Erbarmen und Gnade,
Langmütig und reich an Gnade und Treue.
Wende dich zu mir und sei mir gnädig;
Verleih deine Kraft deinem Knecht
Und hilf dem Sohne deiner Magd!
Tu ein Zeichen an mir zum Guten,
Dass meine Feinde es sehen und sich schämen müssen,
Weil du, o Herrin, meine Helferin und Trösterin gewesen!


LXXXVII

Von den Korahiten ein Psalm, ein Lied.
Ihre Gründung liegt auf heiligen Bergen:
Lieb hat die Herrin die Tore Zions
Mehr als alle anderen Wohnstätten Jakobs.
Herrliches ist von dir berichtet, du Stadt der Göttin.
Sela
Ich nenne Ägypten und Babel als meine Bekenner,
Hier das Philisterland und Tyrus samt Äthiopien,
Nämlich wer dort seine Heimat hat.
Doch von Zion heißt es:
Mann für Mann hat dort seine Heimat,
Und sie selbst, die Höchste, macht sie stark.
Die Herrin zählt, wenn sie die Völker aufschreibt:
Dieser hat dort seine Heimat.
Sela.
Sie aber tanzen den Reigen und singen:
Alle meine Quellen sind in dir, o Zion!


LXXXVIII

Ein Lied, ein Psalm von den Korahiten;
Dem Musikmeister, nach der Melodie die Krankheit;
Ein Lehrgedicht von Heman, dem Esrahiten.
O Herrin, du Göttin meines Heiles,
Ich rufe bei Tage und schreie nachts vor dir:
O lass mein Gebet vor dich kommen,
Neige dein Ohr meinem Flehen zu!
Denn meine Seele ist mit Leiden gesättigt,
Und mein Leben naht sich dem Totenreich.
Schon zählt man mich zu den ins Grab Gesunkenen,
Ich bin wie ein Mann ohne Lebenskraft.
Unter den Toten hab ich mein Lager
Wie Erschlagene, die im Grabe liegen,
Deren du nicht mehr gedenkst:
Sie sind ja deiner Hand entrückt.
Du hast mich in die Grube der Unterwelt versetzt,
In finstre Nacht, in die Tiefe;
Auf mir lastet schwer dein Grimm,
Und mit all deinen Wogen drückst du mich nieder.
Sela.
Meine Freunde hast du mir entfremdet,
Hast mich ihnen zum Abscheu gemacht;
Eingeschlossen bin ich und kann nicht hinaus:
Mein Auge erlischt vor Elend.
Ich rufe zu dir, o Herrin, jeden Tag,
Ich breite zu dir meine Hände aus:
Kannst an den Toten du Wunder tun,
Oder werden Schatten auferstehen, um dich zu preisen?
Sela.
Wird man im Grabe von deiner Gnade erzählen,
Von deiner Treue im Abgrund?
Verkündet man dein Wunderwirken in der Finsternis
Und deine Gerechtigkeit im Lande des Vergessens?
Ich dagegen rufe laut zu dir, o Herrin,
Schon am Morgen tritt mein Gebet vor dich:
Warum, o Herrin, verwirfst du mich,
Verbirgst du dein Antlitz vor mir?
Elend bin ich und krank von Jugend auf,
Ich trage deine Schrecken und verzweifle.
Deine Zornesgluten sind über mich hingegangen,
Deine Schrecknisse haben mich vernichtet;
Sie umgeben mich immerdar wie Wasserfluten,
Umringen mich allzumal.
Freunde und Genossen hast du mir entfremdet:
Nur die Finsternis ist meine Vertraute.


LXXXIX

Ein Lehrgedicht von Ethan, dem Esrahiten.
Die Gnadenerweise der Herrin will ich allzeit besingen,
Bis zum fernsten Geschlecht deine Treue laut verkünden.
Denn du, Herrin, hast verheißen:
Auf ewig soll der Gnadenbund aufgebaut sein,
Fest wie den Himmel hast du deine Treue gegründet:
Ich habe einen Bund geschlossen mit meinem Erwählten,
Habe David, meinem Knecht, geschworen:
Deinem Geschlecht will ich ewige Dauer verleihen
Und aufbauen deinen Thron für alle Zeiten.
Sela.
Da priesen die Himmel deine Wundertat, o Herrin,
Dazu deine Treue in der Versammlung der Heiligen.
Denn wer in der Wolkenhöhe kommt der Herrin gleich,
Ist der Herrin vergleichbar unter den Göttersöhnen,
Der Göttin, die gefürchtet ist im Kreise der Heiligen
Und furchtbar über alle um sie her?
Herrin, du Göttin der Heerscharen, wer ist dir gleich?
Stark bist du, Herrin, und deine Treue ist rings um dich her.
Du herrschst über das Ungestüm des Meeres:
Erheben sich seine Wogen, du besänftigst sie.
Du hast Rahab zermalmt wie einen Durchbohrten,
Deine Feinde mit deinem starken Arm zerstreut.
Dein ist der Himmel, dein auch die Erde,
Der Erdkreis und seine Fülle, du hast sie gegründet;
Norden und Süden, du hast sie geschaffen,
Der Tabor und Hermon bejubeln deinen Namen.
Du hast einen Arm voll Heldinnenkraft:
Stark ist deine Hand, deine Rechte hoch erhoben.
Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stützen,
Gnade und Treue gehen vor dir her.
Wohl dem Volk, das zu jubeln versteht,
Das, o Herrin, im Licht deines Angesichts wandelt:
Über deinen Namen frohlocken sie allezeit,
Über deine Gerechtigkeit sind sie hochgemut.
Denn du bist ihr Ruhm und ihre Stärke,
Und durch deine Gnade ragt hoch unser Horn;
Denn der Herrin gehört unser Schild
Und der Heiligen Israels unser König.
Damals hast du in einem Gesicht
Zu deinem Frommen gesprochen:
Ich habe die Hilfe einem Helden übertragen,
Einen Auserwählten über das Volk erhöht:
Ich habe David als meinen Knecht gefunden,
Mit meinem heiligen Öl ihn gesalbt,
Damit meine Hand beständig mit ihm sei
Und mein Arm ihm Stärke verleihe.
Kein Feind soll ihn überlisten
Und kein Ruchloser ihn überwältigen;
Nein, seine Gegner will ich vor ihm zerschmettern,
Und die ihn hassen, will ich niederschlagen.
Doch mit ihm soll meine Treue und Gnade sein,
Durch meinen Namen soll sein Horn hoch ragen;
Ich will das Meer unter seine Hand tun
Und seine Rechte auf die Ströme legen.
Er soll zu mir rufen: Meine Mutter bist du,
Meine Göttin und der Berg meines Heiles!
So will auch ich ihn zum Erstling machen,
Zum höchsten unter den Königen der Erde.
Für immer will ich ihm meine Gnade bewahren,
Und mein Bund soll fest ihm bleiben;
Für immer will ich sein Geschlecht erhalten
Und seinen Thron, solange der Himmel steht.
Wenn seine Söhne mein Gesetz verlassen
Und nicht in meinen Rechten wandeln,
Wenn sie meine Satzungen entweihen
Und meine Gebote nicht beachten:
So werde ich zwar mit der Rute ihren Abfall strafen
Und ihre Übertretung mit Schlägen,
Doch meine Gnade will ich ihm nicht entziehen
Und meine Treue nimmer verleugnen;
Ich werde meinen Bund nicht entweihen
Und den Ausspruch meiner Lippen nicht ändern.
Ein für allemal hab ich bei meiner Heiligkeit geschworen
Und niemals werde ich David belügen:
Sein Geschlecht soll ewig bestehen,
Sein Thron wie die Sonne vor mir,
Wie der Mond soll für immer er bleiben:
Der Zeuge in Wolkenhöhen ist treu!
Sela.
Und dennoch hast du verworfen und verstoßen,
Hast Zorn gegen deinen Gesalbten betätigt;
Du hast den Bund mit deinem Knecht gebrochen,
Seine Krone entweiht und zu Boden geschleudert;
All seine Mauern hast du eingerissen,
Seine festen Plätze in Trümmer gelegt.
Es plündern ihn alle, die des Weges ziehen,
Seinen Nächsten ist er zum Spott geworden.
Du hast den Arm seiner Bedränger hoch erhoben
Und all seine Feinde mit Freude erfüllt;
Auch hast du rückwärts gewandt sein scharfes Schwert
Und im Krieg ihn nicht aufrecht gehalten;
Du hast seinem Glanz ein Ende gemacht
Und seinen Thron zu Boden gestürzt;
Du hast die Tage seiner Jugend verkürzt,
Hast ihn mit Schande bedeckt.
Sela.
Bis wann, Herrin, willst du dich ganz verbergen?
Bis wann soll lodern wie Feuer dein Zorn?
Bedenke, wie kurz meine Lebenszeit ist,
Wie vergänglich du alle Menschenkinder geschaffen!
Wo ist ein Mensch, der leben bleibt und den Tod nicht sieht,
Seine Seele errettet vor des Totenreichs Macht?
Wo sind deine früheren Verheißungen, Allherrin,
Die du David geschworen in deiner Treue?
Gedenke, Allherrin, der Schmach deines Knechtes,
Dass ich tragen muss in meinem Busen
Den Hohn von all den vielen Völkern,
Womit deine Feinde, o Herrin, geschmäht mich haben,
Womit geschmäht sie haben
Die Fußstapfen deines Gesalbten!
Gepriesen sei die Herrin in Ewigkeit!
Amen, ja Amen!


XC

Ein Gebet Moses, des Mannes der Göttin.
O Allherrin, eine Zuflucht bist du uns gewesen
Von Geschlecht zu Geschlecht.
Ehe die Berge geboren waren
Und die Erde und die Welt von dir geschaffen wurden,
Ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, o Göttin.
Du lässt die Menschen zum Staub zurückkehren
Und sprichst: Kommt wieder, ihr Menschenkinder!
Denn tausend Jahre sind in deinen Augen
Wie der gestrige Tag, wenn er vergangen,
Und wie eine Wache in der Nacht.
Du schwemmst sie hinweg;
Sie sind wie ein Schlaf am Morgen,
Dem wachsenden Gras gleich:
Am Morgen grünt es und sprießt,
Am Abend welkt es ab, und es verdorrt.
Denn wir vergehen durch deinen Zorn
Und werden hinweggerafft durch deinen Grimm.
Du hast unsre Sünden vor dich hingestellt,
Unser geheimstes Denken ins Licht vor deinem Angesicht.
Ach, alle unsre Tage fahren dahin durch deinen Grimm;
Wir lassen unsre Jahre entschwinden wie einen Gedanken.
Unsre Lebenszeit, sie währt nur siebzig Jahre,
Und wenns hoch kommt sinds achtzig Jahre,
Und ihr Stolz ist Mühsal und Beschwernis;
Denn schnell ist sie enteilt, und wir fliegen davon.
Doch wer bedenkt die Stärke deines Zorns
Und deinen Grimm trotz deines furchtbaren Herrschens?
Unsre Tage zu zählen, das lehre uns,
Damit ein weises Herz wir gewinnen!
Kehre dich wieder zu uns, o Herrin!
Wie lange noch?
Erbarme dich deiner Knechte!
Sättige früh uns am Morgen mit deiner Güte,
Dass wir jubeln und uns freuen unser Leben lang!
Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast,
So viele Jahre, wie Unglück wir erlebten!
Lass deinen Knechten dein Walten sichtbar werden
Und ihren Kindern deine Herrlichkeit!
Und es ruhe auf uns die Huld der Allherrin, unsrer Göttin,
Und das Werk unsrer Hände segne bei uns!
Ja, das Werk unsrer Hände mögest du segnen!


XCI

Wer da wohnt unter dem Schirm der Höchsten
Und im Schatten der Allmächtigen weilt,
Der spricht zur Herrin: Meine Zuflucht und meine Burg,
Meine Göttin, auf die ich vertraue!
Denn sie ist es, die dich rettet
Aus den Vogelfängers Schlinge,
Von der unheilvollen Pest.
Mit ihren Fittichen deckt sie dich,
Und unter ihren Flügeln bist du geborgen,
Schild und Panzer ist ihre Treue.
Du brauchst dich nicht zu fürchten vor nächtlichem Schrecken,
Vor dem Pfeil, der bei Tage daherfliegt,
Nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht,
Vor der Seuche, die mittags wütet.
Ob tausend dir zur Seite fallen,
Zehntausend zu deiner Rechten:
An dich kommt es nicht heran;
Nein, lediglich mit eignen Augen wirst du es schauen
Und zusehen, wie den Frevlern vergolten wird.
Ja, du, o Herrin, bist meine Zuflucht:
Die Höchste hast du zum Schutz dir erwählt.
Kein Übel wird dir begegnen,
Kein Schicksalsschlag deinem Zelte nahen;
Denn ihre Engel wird sie für dich entbieten,
Dass sie dich behüten auf all deinen Wegen;
Auf den Armen werden sie dich tragen,
Damit dein Fuß nicht stoße an einen Stein;
Über Löwen und Ottern wirst du schreiten,
Wirst junge Löwen und Schlangen zertreten.
Weil er fest an mir hängt, so will ich ihn retten,
Will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen.
Ruft er mich an, so will ich ihn erhören;
Ich stehe ihm bei in der Not,
Will frei ihn machen und geehrt.
Mit ewigem Leben will ich ihn sättigen
Und lasse ihn schauen mein Heil.


XCII

Ein Psalm; ein Lied für den Sabbat.
Köstlich ist es, der Herrin zu danken,
Zu lobsingen deinem Namen, du Höchste,
Am Morgen deine Gnade zu künden
Und deine Treue in den Nächten
Zum Klang des zehnsaitigen Psalters und der Harfe,
Zum Saitenspiel auf der Zither.
Denn du hast mich erfreut, o Herrin, durch dein Tun,
Über die Werke deiner Hände juble ich.
Wie groß sind deine Werke, o Herrin,
Gewaltig tief sind deine Gedanken!
Nur ein unvernünftiger Mensch erkennt das nicht,
Nur ein Tor sieht dies nicht ein.
Wenn die Göttinlosen sprossen wie Gras
Und alle Übeltäter blühen,
So ist es doch nur dazu, damit sie für immer vertilgt werden.
Du aber thronst auf ewig in der Höhe, Herrin!
Denn wahrlich, deine Feinde, o Herrin,
Ja, wahrlich deine Feinde kommen um:
Alle Übeltäter werden zerstreut.
Doch mein Horn erhöhst du wie das eines wilden Stiers,
Hast allzeit mich gesalbt mit frischem Öl;
Mein Auge wird sich weiden an meinen Feinden;
Vom Geschick der Bösen, die sich gegen mich erheben,
Wird mein Ohr mit Freuden hören.
Der Gerechte sprießt gleich der Palme,
Er wächst wie auf dem Libanon die Zeder.
Gepflanzt im Hause der Herrin,
Sprossen sie reich in den Vorhöfen unserer Göttin,
Tragen Frucht noch im Greisenalter,
Sind voller Saft und frisch belaubt,
Um zu verkünden, dass die Herrin gerecht ist,
Mein Berg, an der kein Unrecht haftet.


XCIII

Die Herrin ist Königin!
Sie hat sich gekleidet in Majestät;
In Hoheit hat die Herrin sich gekleidet,
Mit Kraft umgürtet,
Auch die Erde steht fest, so dass sie nicht wankt.
Fest steht dein Thron von Anbeginn,
Von Ewigkeit her bist du.
Fluten erhoben, o Herrin, Fluten erhoben ihr Brausen,
Fluten werden auch weiter ihr Tosen erheben,
Mächtiger als das Brausen gewaltiger Wasser,
Mächtiger als die brandenden Meereswogen
Ist die Herrin in der Himmelshöhe!
Was du verheißen hast, ist völlig zuverlässig,
Deinem Hause gebührt Heiligkeit,
O Herrin, für die Dauer der Zeiten.


XCIV

Du Göttin der Rache, o Herrin,
Du Göttin der Rache, erscheine!
Erhebe dich, Richterin der Erde,
Vergilt den Stolzen nach ihrem Tun!
Wie lange noch sollen die Göttinlosen, Herrin,
Wie lange noch sollen die Göttinlosen jubeln,
Sollen sie geifern und trotzige Reden führen,
Alle Übeltäter stolz sich brüsten?
Dein Volk, o Herrin, zertreten sie
Und bedrücken dein Eigentumsvolk;
Sie erwürgen Witwe und Fremdling
Und morden die Waisenkinder
Und sagen dabei: Nicht sieht es die Herrin
Oder: Nicht merkt es die Göttin Jakobs. -
Nehmt Vernunft an, ihr Unvernünftigen im Volk,
Und ihr Toren: wann wollt ihr Einsicht gewinnen?
Die das Ohr gepflanzt, die sollte nicht hören?
Die das Auge gebildet, die sollte nicht sehen?
Die die Völker erzieht, die sollte nicht strafen,
Sie, die die Menschen Erkenntnis lehrt?
Die Herrin kennt wohl die Gedanken der Menschen,
Dass nur ein Hauch, ein Nichts sie sind.
Wohl dem Manne, den du, Herrin, in Zucht nimmst,
Und den du aus deinem Gesetz belehrst,
Damit er sich Ruhe verschaffe vor Unglückstagen,
Bis dem Frevler die Grube man gräbt!
Denn die Herrin wird ihr Volk nicht verstoßen
Und ihr Erbe nicht verlassen;
Denn Recht muss doch Recht bleiben,
Und ihr werden alle ehrlich Gesinnten sich anschließen.
Wer leistet mir Beistand gegen die Bösen?
Wer tritt für mich ein gegen die Übeltäter?
Wäre die Herrin nicht meine Helferin gewesen,
So wohnte meine Seele wohl schon im Land der Stille.
Sooft ich dachte: Mein Fuß will wanken,
Hat deine Gnade, Herrin, mich immer gestützt;
Bei der Menge meiner Kümmernisse in meinem Busen
Haben deine Tröstungen mir das Herz erquickt.
Sollte verbündet dir sein der Richterstuhl des Unheils,
Der Verderben schafft durch Gesetzesverdrehung?
Sie tun sich ja zusammen gegen das Leben des Gerechten
Und verurteilen unschuldiges Blut.
Doch die Herrin ist mir zur festen Burg geworden,
Meine Göttin zu meiner Zuflucht;
Sie lässt ihren Frevel auf sie selber fallen
Und wird sie wegen ihrer Bosheit vertilgen:
Ja, vertilgen wird sie die Herrin, unsere Göttin.


XCV

Kommt, lasst uns der Herrin zujubeln,
Jauchzen dem Berg unseres Heiles!
Lasst uns mit Dank vor ihr Angesicht treten,
Mit Liedern und Lobgesängen ihr jauchzen!
Denn eine Große Göttin ist die Herrin
Und eine große Königin über alle Götter,
Sie, in deren Hand die Tiefen der Erde sind
Und der auch die Gipfel der Berge gehören;
Sie, der das Meer gehört: sie hat es ja geschaffen,
Und das Festland: ihre Hände haben es gebildet.
Kommt, lasst uns anbeten und niederfallen,
Die Knie beugen vor der Herrin, unserer Schöpferin!
Denn sie ist unsere Göttin,
Und wir das Volk ihrer Weide,
Die Herde ihrer Hand.
Möchtet ihr heute doch hören auf ihre Stimme:
Verstockt nicht euer Herz wie bei Meriba,
Wie am Tage von Massa in der Wüste,
Wo eure Väter mich versuchten,
Mich prüften, obwohl sie doch sahen mein Tun.
Vierzig Jahre hegte ich Abscheu gegen dieses Geschlecht,
Und sagte: Sie sind ein Volk mit irrendem Herzen;
Sie aber wollten von meinen Wegen nichts wissen.
So schwor ich denn in meinem Zorn:
Sie sollen nicht eingehen in meine Ruhe!


XCVI

Singt der Herrin ein neues Lied,
Singt der Herrin, alle Länder!
Singt der Herrin, preist ihren Namen,
Verkündet Tag für Tag ihr Heil!
Erzählt von ihrer Herrlichkeit unter den Heiden,
Unter allen Völkern ihre Wundertaten!
Denn groß ist die Herrin und hoch zu preisen,
Mehr zu fürchten als alle Götter;
Denn alle Götter der Heiden sind nichtige Götzen,
Doch die Herrin hat den Himmel geschaffen.
Hoheit, Majestät und Pracht gehen vor ihr her,
Macht und Herrlichkeit füllen ihr Heiligtum.
Bringt dar der Herrin, ihr Geschlechter der Völker,
Bringt dar der Herrin Ruhm und Preis!
Bringt dar der Herrin die Ehre ihres Namens,
Bringt Opfergaben und kommt in ihre Vorhöfe!
Werft vor der Herrin euch nieder in heiligem Schmuck,
Erzittert vor ihr, alle Länder!
Verkündet unter den Heiden: Die Herrin ist Königin!
Und feststehen wird die Erde, dass sie nicht wankt;
Richten wird sie die Völker, wie es gerecht ist.
Dessen freue sich der Himmel, die Erde jauchze,
Es brause das Meer und was darin wimmelt!
Es jauchze die Flur und was auf ihr wächst!
Dann werden auch jubeln alle Bäume des Waldes
Vor der Herrin, wenn sie kommt,
Wenn sie kommt, zu richten die Erde.
Richten wird sie den Erdkreis mit Gerechtigkeit
Und die Völker mit ihrer Treue.


XCVII

Die Herrin ist Königin!
Darüber juble die Erde,
Die Menge der Inseln möge sich freuen!
Gewölk und Dunkel umgibt sie rings,
Gerechtigkeit und Recht sind ihres Throns Stützen.
Feuer geht vor ihr her
Und rafft ihre Feinde ringsum hinweg.
Ihre Blitze erleuchten den Erdkreis:
Die Erde sieht es und erbebt in Angst.
Die Berge zerschmelzen wie Wachs
Vor der Herrin,
Vor der Herrscherin der ganzen Erde.
Die Himmel verkünden ihre Gerechtigkeit
Und alle Völker sehen ihre Herrlichkeit.
Zuschanden sollen werden alle Bilderverehrer,
Die der nichtigen Götter sich rühmen:
Alle Götter werfen vor ihr sich nieder.
Zion vernimmt es mit Freuden,
Und die Töchter Judas jauchzen
Um deiner Gerichte willen, o Herrin.
Denn du, Herrin, bist
Die Höchste über die ganze Erde,
Hoch erhaben über alle Götter.
Die die Herrin ihr lieb habt, hasst den Bösen!
Sie, die die Seelen ihrer Frommen behütet,
Wird sie erretten aus der Göttinlosen Hand.
Licht erstrahlt dem Gerechten
Und Freude dem redlich Gesinnten.
Freut euch der Herrin, ihr Gerechten,
Und preist ihren heiligen Namen!


XCVIII

Ein Psalm.
Singt der Herrin ein neues Lied!
Denn Wunderbares hat sie vollbracht:
Den Sieg hat ihre Rechte ihr verschafft
Und ihr heiliger Arm.
Die Herrin hat kundgetan ihr hilfreiches Tun,
Vor den Augen der Völker
Ihre Gerechtigkeit offenbart.
Sie hat gedacht ihrer Gnade und Treue
Gegenüber dem Hause Israel:
Alle Enden der Erde haben geschaut
Die Heilstat unserer Göttin.
Jauchzt der Herrin, alle Lande,
Brecht in Jubel aus und spielt!
Spielt zu Ehren der Herrin auf der Zither,
Auf der Zither und mit lautem Gesang,
Mit Trompeten und Posaunenschall!
Jauchzt vor der Herrin, der Königin!
Es tobe das Meer und was darin wimmelt,
Die Erde und ihre Bewohner!
Die Ströme sollen in die Hände klatschen,
Die Berge allesamt jubeln
Vor der Herrin, wenn sie kommt,
Zu richten die Erde.
Richten wird sie die Erde mit Gerechtigkeit
Und die Völker nach Gebühr.


XCIX

Die Herrin ist Königin:
Es zittern die Völker;
Sie thront über den Cherubim:
Es wankt die Erde.
Groß ist die Herrin in Zion
Und hoch erhaben über alle Völker.
Preisen sollen sie deinen Namen,
Den großen und hehren, heilig ist er,
Und preisen die Stärke der Königin,
Die da liebt das Recht.
Du hast gerechte Ordnung fest gegründet,
Recht und Gerechtigkeit hast du in Jakob hergestellt.
Erhebt die Herrin, unsere Göttin,
Und werft euch nieder
Vor dem Schemel ihrer Füße:
Heilig ist sie!
Mose und Aaron waren unter ihren Priestern
Und Samuel unter denen, die ihren Namen anriefen:
Sie riefen zur Herrin, und sie erhörte sie.
In der Wolkensäule redete sie zu ihnen;
Sie wahrten ihre Gebote,
Das Gesetz, das sie ihnen gegeben.
O Herrin, unsere Göttin, du hast sie erhört,
Eine verzeihende Göttin bist du ihnen gewesen,
Doch auch eine strafende Göttin ihrer Vergehen.
Erhebt die Herrin, unsere Göttin,
Und werft euch nieder auf ihrem heiligen Berg,
Denn heilig ist die Herrin, unsere Göttin!


C

Ein Psalm als Darbringung des Dankopfers.
Jauchzt der Herrin, alle Lande,
Dient der Herrin mit Freuden,
Kommt vor ihr Angesicht mit Jubel!
Erkennt, dass die Herrin Göttin ist!
Sie hat uns geschaffen, und ihr Eigentum sind wir,
Ihr Volk und die Herde, die sie weidet.
Zieht ein durch seine Tore mit Danken,
In ihres Tempels Höfe mit Lobgesang,
Dankt ihr, preist ihren Namen!
Denn freundlich ist die Herrin,
Ihre Gnade währt ewig
Und ihre Treue von Geschlecht zu Geschlecht.


CI

Von David, ein Psalm.
Von Gnade und Recht will ich singen,
Dir, o Herrin, will ich spielen!
Achten will ich auf fehlerlosen Wandel,
Wann wirst du zu mir kommen?
In Herzensreinheit will ich wandeln
Im Innern meines Hauses.
Ich will nicht meine Augen gerichtet halten
Auf schandbare Dinge;
Das Tun der Abtrünnigen hasse ich:
Es soll mir nicht anhaften.
Ein falsches Herz soll fern von mir bleiben,
Einen Bösen will ich nicht kennen.
Wer seinen Nächsten heimlich verleumdet,
Den will ich zum Schweigen bringen;
Wer stolze Augen hat und ein hochmütiges Herz,
Den werde ich nicht ertragen.
Meine Augen sollen blicken
Auf die Treuen im Lande:
Die sollen bei mir wohnen;
Wer auf frommen Wege wandelt,
Der soll mir dienen.
Nicht darf inmitten meines Hauses weilen,
Wer Betrug verübt;
Wer Lügen redet, soll nicht bestehen
Vor meinen Augen.
Jeden Morgen will ich unschädlich machen
Alle Frevler im Land,
Um auszurotten aus der Stadt der Herrin
Alle Übeltäter.


CII

Gebet eines Elenden,
Als er verzagt war
Und seine Klage vor der Herrin ausschüttete.
Herrin, höre mein Gebet
Und lass mein Schreien zu dir dringen!
Verbirg dein Angesicht nicht vor mir
Am Tage, wo mir angst ist!
Neige dein Ohr mir zu
Am Tage, wo ich rufe;
Erhöre mich eilends!
Ach, meine Tage sind wie Rauch entschwunden
Und meine Gebeine wie von Brand durchglüht;
Mein Herz ist versengt und verdorrt wie Gras,
So dass ich sogar vergesse, Speise zu genießen;
Infolge meines Ächzens und Stöhnens
Klebt mein Gebein mir am Fleisch.
Ich gleiche dem Wasservogel in der Wüste,
Bin geworden wie ein Kauz in Trümmern;
Ich finde keinen Schlaf und klage
Wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.
Tagtäglich schmähen mich meine Feinde;
Und die gegen mich toben, wünschen mir Unheil.
Ach, Asche esse ich als Brot
Und mische meinen Trank mit Tränen
Wegen deinem Zorn und Grimm;
Denn du hast mich hochgehoben
Und nieder geschleudert.
Meine Tage sind wie ein langer Schatten,
Und ich selbst verdorre wie Gras!
Du aber, Herrin, thronst ewiglich,
Und dein Gedächtnis bleibt
Von Geschlecht zu Geschlecht.
Du wirst dich erheben, dich Zions erbarmen,
Denn es ist Zeit, Gnade an ihr zu üben:
Die Stunde ist da,
Denn deine Knechte lieben Zions Steine,
Und Weh erfasst sie um ihren Schutt,
Damit die Heiden fürchten lernen
Den Namen der Herrin
Und alle Könige der Erde deine Herrlichkeit.
Denn die Herrin hat Zion wieder aufgebaut,
Sie ist in ihrer Herrlichkeit erschienen,
Sie hat dem Gebet des Verlassenen sich zugewandt
Und sein Flehen nicht verachtet.
Dies werde aufgeschrieben
Fürs kommende Geschlecht,
Damit das neugeschaffne Volk
Die Herrin lobpreise,
Dass von ihrer heiligen Höhe sie herabgeschaut,
Dass die Herrin geblickt hat vom Himmel zur Erde,
Um das Seufzen der Gefangenen zu hören
Und die Tod-Geweihten frei zu machen,
Damit man verkünde in Zion
Den Namen der Herrin
Und ihren Ruhm in Jerusalem,
Wenn die Völker sich alle versammeln
Und die Königreiche,
Um der Göttin Herrin zu dienen.
Gelähmt hat sie mir auf dem Wege die Kraft,
Sie hat verkürzt meine Lebenstage.
Nun flehe ich: Meine Göttin,
Raffe mich nicht hinweg
In der Mitte meiner Tage,
Du, deren Jahre währen immerdar!
Vorzeiten hast du die Erde gegründet,
Und die Himmel sind deiner Hände Werk:
Sie werden vergehen, du aber bleibst;
Sie werden alle zerfallen wie ein Gewand,
Wie ein Kleid wirst du sie wechseln,
Und so werden sie verschwinden.
Du aber bleibst dieselbe,
Und deine Jahre nehmen kein Ende.
Die Kinder deiner Knechte werden sicher wohnen,
Und ihr Geschlecht wird fest bestehen vor dir.


CIII

Von David.
Lobe die Herrin, meine Seele,
Und all mein Inneres ihren heiligen Namen!
Lobe die Herrin, meine Seele,
Und vergiss nicht, was sie dir Gutes getan!
Die dir alle deine Schuld vergibt
Und alle deine Gebrechen heilt;
Die dein Leben erlöst vom Tode,
Die dich krönt mit Gnade und Erbarmen;
Die dein Alter mit guten Gaben sättigt,
Dass, dem Adler gleich sich erneut deine Jugend.
Gerechtigkeit übt die Herrin,
Sie schafft allen Unterdrückten ihr Recht;
Sie hat Mose ihre Wege kundgetan,
Den Kindern Israel ihre Großtaten.
Barmherzig und gnädig ist die Herrin,
Voller Langmut und reich an Güte;
Sie wird nicht ewig hadern
Und den Zorn nicht immerdar festhalten;
Sie handelt nicht an uns nach unsern Sünden
Und vergilt uns nicht nach unsern Missetaten;
Nein, so hoch der Himmel über der Erde ist,
So groß ist ihre Gnade über denen, die sie ehren;
So fern der Sonnenaufgang ist vom Niedergang,
Lässt sie unsre Verschuldungen fern von uns sein;
Wie eine Mutter sich über die Kinder erbarmt,
So erbarmt die Herrin sich derer, die sie ehren.
Denn sie weiß, was für ein Gebilde wir sind,
Sie denkt daran, dass wir nur Staub sind.
Der Mensch, dem Gras gleicht seine Lebenszeit,
Wie die Blume des Feldes, so blüht er:
Wenn ein Windstoß über sie hinfährt, ist sie dahin,
Und ihr Standort weiß nichts mehr von ihr.
Doch die Gnade der Herrin erweist sich
Von Ewigkeit zu Ewigkeit an denen, die sie ehren,
Und ihre Gerechtigkeit besteht für Kindeskinder
Bei denen, die ihren Bund bewahren
Und ihrer Gebote gedenken, um sie zu tun.
Die Herrin hat ihren Thron im Himmel festgestellt,
Und ihre Königinnenmacht umschließt das All.
Lobt die Herrin, ihre Engel,
Ihr starken Helden, die ihr Wort vollführen,
Gehorsam der Stimme ihrer Gebote!
Lobt die Herrin, alle ihre Scharen,
Ihre Diener, Vollstrecker ihres Willens!
Lobt die Herrin, alle ihre Werke
An allen Orten ihrer Herrschaft!
Lobe die Herrin, meine Seele!


CIV

Lobe die Herrin, meine Seele!
O Herrin, meine Göttin, wie bist du so groß!
In Majestät und Pracht bist du gekleidet,
Du, die in Licht sich hüllt wie in ein Kleid,
Die den Himmel ausspannt wie ein Zelt,
Die die Balken ihres Palastes im Wasser festlegt,
Die die Wolken macht zu ihrem Wagen,
Die einher fährt auf den Flügeln des Windes;
Die Winde zu ihren Boten bestellt,
Zu ihren Dienern loderndes Feuer,
Flammende Blitze.
Sie hat die Erde gegründet auf ihre Säulen,
So dass sie in alle Ewigkeit nicht wankt.
Mit der Urflut gleich einem Kleide bedecktest du sie:
Bis über die Berge standen die Wasser;
Doch vor deinem Schimpfen flohen sie,
Vor der Stimme deines Donners
Wichen sie angstvoll zurück.
Da stiegen die Berge empor,
Und die Täler senkten sich
An den Ort, den du ihnen verordnet.
Eine Grenze hast du gesetzt,
Die sie nicht überschreiten:
Sie dürfen die Erde nicht noch einmal bedecken.
Quellen lässt sie den Bächen zukommen:
Zwischen den Bergen rieseln sie dahin;
Sie tränken alles Getier des Feldes,
Die Wildesel löschen ihren Durst;
An ihnen wohnen die Vögel des Himmels,
Lassen ihr Lied aus den Zweigen erschallen.
Sie tränkt die Berge aus ihrem Himmelspalast:
Vom Segen deines Schaffens wird die Erde satt.
Gras lässt sie sprossen für das Vieh
Und Pflanzen für den Bedarf der Menschen,
Um Brotgetreide aus der Erde hervorgehen zu lassen
Und Wein, der des Mannes Herz erfreut;
Um jedes Antlitz erglänzen zu lassen vom Öl
Und durch Brot das Herz des Menschen zu stärken.
Es trinken sich satt die Bäume der Herrin,
Die Zedern des Libanon, die sie gepflanzt,
Wo die Vögel ihre Nester bauen,
Der Storch, der Zypressen zur Wohnung wählt.
Die hohen Berge gehören den Gämsen,
Die Felsen sind der Klippdachse Zuflucht.
Sie hat den Mond gemacht
Zur Bestimmung der Zeiten,
Die Sonne, die ihren Niedergang kennt.
Lässt du Finsternis entstehen, so wird es Nacht,
Da regt sich alles Getier des Waldes:
Die jungen Löwen brüllen nach Raub,
Indem sie von der Göttin ihre Nahrung fordern.
Geht die Sonne auf, so ziehen sie sich zurück
Und kauern in ihren Höhlen;
Dann geht der Mensch hinaus an seine Arbeit
Und an sein Tagwerk bis zum Abend.
Wie sind deiner Werke so viele, o Herrin!
Du hast sie alle mit Weisheit geschaffen,
Voll ist die Erde von deinen Gütern.
Da ist das Meer, so groß und weit nach allen Seiten:
Darin wimmelt es ohne Zahl von Tieren klein und groß.
Dort fahren die Schiffe einher;
Da ist der Walfisch, den du geschaffen,
Im Meer sich zu tummeln.
Sie alle warten auf dich,
Dass du Speise ihnen gibst zur rechten Zeit;
Gibst du sie ihnen, so lesen sie auf;
Tust deine Hand du auf, so werden sie satt an Gutem;
Doch verbirgst du dein Angesicht,
So befällt sie Schrecken;
Nimmst du weg ihren Atem, so sterben sie
Und kehren zurück zum Staub, woher sie gekommen.
Lässt du ausgehen deinen Atem,
So werden sie geschaffen,
und so erneuerst du das Antlitz der Erde.
Ewig bleibe die Ehre der Herrin bestehen,
Es freue die Herrin sich ihrer Werke!
Blickt sie die Erde an, so erbebt sie;
Rührt sie die Berge an, so rauchen sie.
Singen will ich der Herrin mein Leben lang,
Will spielen meiner Göttin, solange ich bin.
Möge mein Denken ihr wohlgefällig sein:
Ich will meine Freude haben an der Herrin!
Möchten doch die Sünder verschwinden vom Erdboden
Und die Göttinlosen nicht mehr sein!
Lobe die Herrin, meine Seele!
Halleluja!


CV

Preist die Herrin, ruft ihren Namen an,
Macht ihre Taten unter den Völkern bekannt!
Singt ihr, spielt ihr,
Redet von all ihren Wundern!
Rühmt euch ihres heiligen Namens!
Es mögen herzlich sich freuen,
Die da suchen die Herrin!
Fragt nach der Herrin und ihrer Kraft,
Sucht ihr Angesicht allezeit!
Gedenkt ihrer Wunder, die sie getan,
Ihrer Zeichen und der Urteilssprüche ihres Mundes,
Ihr Kinder Abrahams, ihres Knechtes,
Ihr Söhne Jakobs, ihre Erwählten!
Sie, die Herrin, ist unsere Göttin,
Über die ganze Erde ergehen ihre Gerichte.
Sie gedenkt ihres Bundes auf ewig,
Des Wortes, das sie geboten für tausend Geschlechter,
Des Bundes, den sie mit Abraham geschlossen,
Und des Eides, den sie Isaak geschworen,
Den sie Jakob er als Satzung bestätigt
Und für Israel als ewigen Bund,
Da sie sprach: Dir will ich Kanaan geben,
Das Land, das ich euch als Erbbesitztum zugeteilt!
Damals waren sie noch ein kleines Häuflein,
Nur wenige und nur Gäste im Lande;
Sie mussten wandern von Volk zu Volk,
Von einem Reich zur andern Völkerschaft;
Doch keinem gestattete sie, sie zu bedrücken,
Ja, Könige strafte sie ihretwillen:
Tastet meine Gesalbten nicht an
Und tut meinen Propheten nichts zuleide!
Dann, als sie Hunger ins Land ließ kommen
Und jegliche Stütze des Brotes zerbrach,
Da hatte sie schon einen Mann vor ihnen her gesandt:
Josef, der als Sklave verkauft war.
Man hatte seine Füße gezwängt in den Stock,
In Eisenfesseln war er gelegt,
Bis zu der Zeit, wo seine Weissagung eintraf
Und der Ausspruch der Herrin ihn als echt erwies.
Da sandte der König und ließ ihn entfesseln,
Der Völkergebieter, und machte ihn frei;
Er bestellte ihn über sein Haus zum Herrn,
Zum Gebieter über sein ganzes Besitztum;
Er sollte über seine Fürsten schalten nach Belieben
Und seine höchsten Beamten Weisheit lehren.
So kam denn Israel nach Ägypten,
Und Jakob weilte als Gast im Lande Hams.
Da machte die Göttin ihr Volk sehr fruchtbar
Und ließ es stärker werden als seine Bedränger;
Sie wandelte ihren Sinn, ihr Volk zu hassen
Und Arglist an ihren Knechten zu üben.
Dann sandte sie Mose, ihren Knecht,
Und Aaron, den sie erkoren;
Die richteten seine Zeichen unter ihnen aus
Und die Wunder im Lande Hams:
Sie sandte Finsternis und ließ es dunkel werden;
Doch sie achteten nicht auf ihre Worte;
Sie verwandelte ihre Gewässer in Blut
Und ließ ihre Fische sterben;
Es wimmelte ihr Land von Fröschen
Bis hinein in ihre Königsgemächer;
Sie gebot, da kamen Hornissen-Schwärme,
Stechfliegen über ihr ganzes Gebiet;
Sie gab ihnen Hagelschauer als Regen,
Sandte flammendes Feuer in ihr Land;
Sie schlug ihre Reben und Feigenbäume
Und zerbrach die Bäume in ihrem Gebiet;
Sie gebot, da kamen die Heuschrecken
Und die Grillen in zahlloser Menge,
Die verzehrten alle Gewächse im Land
Und fraßen die Früchte ihrer Felder.
Dann schlug sie alle Erstgeburt im Lande,
Die Erstlinge ihrer Manneskraft.
Nun ließ siie sie ausziehen mit Silber und Gold,
Und kein Strauchelnder war in ihren Stämmen;
Ägypten war ihres Auszugs froh,
Denn Angst vor ihnen hatte sie befallen.
Sie breitete Gewölk aus als Decke
Und Feuer, um ihnen die Nacht zu erhellen;
Auf Moses Bitte ließ sie Wachteln kommen
Und sättigte sie mit Himmelsbrot;
Sie spaltete einen Felsen: da rannen Wasser
Und flossen durch die Steppen als Strom;
Denn sie gedachte ihres heiligen Wortes,
Dachte an Abraham, ihren Knecht.
So ließ sie ihr Volk in Freuden ausziehen,
Unter Jubel ihre Erwählten;
Dann gab sie ihnen die Länder der Heiden,
Und was die Völker erworben,
Das nahmen sie in Besitz,
Auf dass sie ihre Gebote halten möchten
Und ihre Gesetze bewahrten. Halleluja!


CVI

Halleluja!
Preist die Herrin, denn sie ist freundlich,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Wer kann der Herrin Machttaten gebührend preisen
Und kundtun all ihren Ruhm?
Wohl denen, die am Recht festhalten,
Und dem, der Gerechtigkeit übt zu jeder Zeit!
Gedenke meiner, o Herrin, mit der Liebe zu deinem Volk,
Nimm dich meiner an mit deiner Hilfe,
Dass ich schaue meine Lust am Glück deiner Erwählten,
An der Freude deines Volkes Anteil habe
Und glücklich mich preise mit deinem Eigentumsvolk!
Wir haben gesündigt gleich unsern Vätern,
Wir haben gefehlt und göttinlos gehandelt.
Unsre Väter in Ägypten achteten nicht auf deine Wunder,
Sie gedachten nicht der Fülle deiner Gnadenerweise,
Sie waren widerspenstig gegen die Höchsten
Schon am Schilfmeer;
Dennoch half sie ihnen um ihres Namens willen,
Um ihre Kraft als Heldin zu erweisen.
Sie bedrohte das Schilfmeer: da ward es trocken,
Und sie ließ sie ziehen durch die Fluten wie über die Trift.
So rettete sie sie aus der Hand des Verfolgers
Und erlöste sie aus der Gewalt des Feindes:
Die Fluten bedeckten ihre Bedränger,
Nicht einer von ihnen blieb übrig.
Da glaubten sie an ihre Worte,
Besangen ihren Ruhm.
Doch schnell vergaßen sie ihre Taten
Und warteten ihren Ratschluss nicht ab;
Sie frönten ihrem Gelüste in der Wüste
Und versuchten die Göttin in der Einöde:
Da gewährte sie ihnen ihr Verlangen,
Sandte aber die Seuche gegen ihr Leben.
Dann wurden sie eifersüchtig auf Mose im Lager,
Auf Aaron, den Geweihten der Herrin:
Da tat die Erde sich auf und verschlang Dathan
Und begrub die ganze Rotte Abirams,
Feuer verbrannte ihre Rotte,
Flammen verzehrten die Frevler.
Sie machten sich ein Stierbild am Horeb
Und warfen vor einem Gussbild sich nieder
Und vertauschten so die Herrlichkeit ihrer Göttin
mit dem Bildnis eines Stiers, der Gras frisst.
Sie hatten die Göttin, ihre Retterin, vergessen,
Die große Dinge getan in Ägypten,
Wunderzeichen im Lande Hams,
Furchtbare Taten am Schilfmeer.
Da gedachte sie sie zu vertilgen,
Wenn nicht Mose, ihr Auserwählter,
Mit Fürbitte vor sie hingetreten wäre,
Um ihren Grimm vom Vernichten abzuwenden.
Sodann verschmähten sie das herrliche Land
Und schenkten ihrer Verheißung keinen Glauben,
Sondern murrten in ihren Zelten,
Gehorchten nicht der Weisung der Herrin.
Da erhob sie ihre Hand gegen sie zum Schwur,
Sie in der Wüste niederzuschlagen,
Ihre Nachkommen unter die Heiden niederzuwerfen
Und sie rings zu zerstreuen in die Länder.
Dann hängten sie sich an den Baal-Peor
Und aßen Opferfleisch der toten Götzen
Und erbitterten sie durch ihr ganzes Tun.
Als nun ein Sterben unter ihnen ausbrach,
Trat Pinhas auf und hielt Gericht:
Da wurde dem Sterben Einhalt getan.
Das wurde ihm angerechnet zur Gerechtigkeit
Von Geschlecht zu Geschlecht in Ewigkeit.
Dann erregten sie der Göttin Zorn am Haderwasser,
Und Mose erging es übel um ihretwillen;
Denn weil sie dem Geist der Göttin widerstrebten,
Hatte er unbedacht mit seinen Lippen geredet.
Sie vertilgten auch die Völker nicht,
Von denen die Herrin es ihnen geboten,
Sondern traten mit den Heiden in Verkehr
Und gewöhnten sich an deren böses Tun
Und dienten ihren Göttern:
Die wurden ihnen zum Fallstrick.
Ja, sie opferten ihre Söhne
Und ihre Töchter den bösen Geistern
Und vergossen unschuldiges Blut:
So wurde das Land durch Blutvergießen entweiht.
Sie wurden unrein durch ihr Verhalten
Und verübten Abfall durch ihr Tun.
Da entbrannte der Zorn der Herrin gegen ihr Volk,
Und Abscheu fühlte sie gegen ihr Erbe;
Sie ließ sie in die Hand der Heiden fallen,
So dass ihre Hasser über sie herrschten;
Ihre Feinde bedrängten sie hart,
So dass sie sich beugen mussten unter deren Hand.
Oftmals zwar befreite sie sie,
Doch sie blieben widerspenstig gegen ihren Ratschluss
Und sanken immer tiefer durch ihre Schuld.
Sie aber nahm sich ihrer Drangsal an,
Sooft sie ihr Wehgeschrei hörte,
Und gedachte ihres Bundes ihnen zugute,
Fühlte Mitleid nach ihrer großen Güte
Und ließ sie Erbarmen finden
Bei allen, die sie gefangen hielten.
O hilf uns, Herrin, unsere Göttin,
Und bring uns wieder zusammen aus den Heiden,
Damit wir deinem heiligen Namen danken,
Uns glücklich preisen, deinen Ruhm zu künden!
Gepriesen sei die Herrin, die Göttin Israels,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Und alles Volk sage Amen!
Halleluja!


CVII

Dankt der Herrin, denn sie ist freundlich,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade:
So sollen die von der Herrin Erlösten sprechen,
Die sie befreit hat aus Drangsal
Und die sie gesammelt aus den Ländern
Vom Aufgang her und vom Niedergang,
Vom Norden her und vom Meer.
Sie irrten umher in der Wüste, der Öde,
Und fanden den Weg nicht zu einer Wohnstatt;
Gequält vom Hunger und vom Durst,
Wollte ihre Seele in ihnen verzweifeln.
Da schrien sie zur Herrin in ihrer Not,
Und sie rettete sie aus ihren Ängsten
Und leitete sie auf richtigem Wege,
Dass sie kamen zu einer bewohnten Ortschaft:
Die mögen danken der Herrin für ihre Güte
Und für ihre Wundertaten an den Menschenkindern,
Dass sie die hungrige Seele gesättigt
Und die dürstende Seele gefüllt hat mit Labung.
Die da saßen in Finsternis und Todesnacht,
Gefangen in Elend und Ketten,
Denn sie hatten der Göttin Geboten getrotzt
Und den Willen der Höchsten verachtet,
So dass sie ihren Sinn durch Leiden beugte,
Dass sie niedersanken und keinen Helfer hatten;
Da schrien sie zur Herrin in ihrer Not,
Und sie rettete sie aus ihren Ängsten;
Sie führte sie heraus aus Finsternis und Todesnacht
Und zerbrach ihre Fesseln:
Die mögen danken der Herrin für ihre Güte
Und für ihre Wundertaten an den Menschenkindern,
Dass sie eiserne Türen zerbrochen
Und eiserne Riegel zerschlagen.
Die da krank waren infolge ihres Sündenlebens
Und wegen ihrer Verfehlungen leiden mussten,
Vor jeglicher Speise hatten sie Ekel,
So dass sie den Pforten des Todes nahe waren;
Da schrien sie zur Herrin in ihrer Not,
Und sie rettete sie aus ihren Ängsten;
Sie sandte ihr Wort, sie gesund zu machen,
Und ließ sie aus ihren Gräbern entrinnen:
Die mögen danken der Herrin für ihre Güte
Und für ihre Wundertaten an den Menschenkindern;
Sie mögen Opfer des Dankes bringen
Und ihre Taten mit Jubel verkünden!
Die aufs Meer gefahren waren in Schiffen,
Auf weiten Fluten Handelsgeschäfte trieben,
Die haben das Walten der Herrin geschaut
Und ihre Wundertaten auf hoher See.
Denn sie gebot und ließ einen Sturm entstehen,
Der hoch die Wogen des Meeres türmte:
Sie stiegen empor zum Himmel
Und fuhren hinab in die Tiefen,
So dass ihr Herz vor Angst verzagte;
Sie wurden schwindlig und schwankten wie Trunkene,
Und mit all ihrer Weisheit wars zu Ende:
Da schrien sie zur Herrin in ihrer Not,
Und sie befreite sie aus ihren Ängsten;
Sie stillte das Ungewitter zum Säuseln,
Und das Toben der Wogen verstummte;
Da wurden sie froh, dass es still geworden,
Und sie führte sie zum ersehnten Hafen:
Die mögen danken der Herrin für seine Güte
Und für ihre Wundertaten an den Menschenkindern;
Sie mögen sie erheben in der Gemeinde
Und im Kreise der Alten sie preisen!
Sie wandelte Ströme zur Wüste
Und Wasserquellen zu dürrem Land,
Fruchtbare Erde zu salziger Steppe
Wegen der Bosheit ihrer Bewohner.
Wiederum machte sie wüstes Land zum Wasserteich
Und dürres Gebiet zu Wasserquellen
Und ließ dort Hungrige sesshaft werden,
So dass sie eine Stadt zum Wohnsitz bauten
Und Felder besäten und Weinberge pflanzten,
Die reichen Ertrag an Früchten brachten;
Und sie segnete sie, dass sie sich mehrten,
Und ließ ihres Viehs nicht wenig sein.
Dann aber nahmen sie ab und wurden gebeugt
Durch den Druck des Unglücks und Kummers;
Über Edle goss sie Verachtung aus
Und ließ sie irren in pfadloser Öde.
Den Armen aber hob sie empor aus dem Elend
Und machte seine Kinder wie Kleinviehherden.
Die Gerechten sehen es und freuen sich,
Alle Bösen aber müssen schließen den Mund.
Wer ist weise? Der beachte dies
Und lerne die Gnadenerweise der Herrin verstehen!


CVIII

Ein Lied, ein Psalm Davids.
Mein Herz ist getrost, o Göttin:
Singen will ich und spielen!
Wach auf, meine Seele!
Wacht auf, Harfe und Zither:
Ich will die Morgenröte wecken!
Ich will dich preisen unter den Völkern, o Herrin,
Und dir lobsingen unter den Völkerschaften!
Denn groß bis über den Himmel hinaus ist deine Gnade,
Und bis an die Wolken geht deine Treue.
Erhebe dich über den Himmel hinaus, o Göttin,
Und über die ganze Erde deine Herrlichkeit!
Dass deine Geliebten gerettet werden,
Hilf uns mit deiner Rechten, erhöre uns!
Die Göttin hat in ihrer Heiligkeit verheißen:
Als Siegerin will ich frohlocken,
Will Sichem verteilen
Und das Tal von Sukkoth vermessen.
Mein ist Gilead, mein auch Manasse,
Und Ephraim ist meines Hauptes Schutzwehr,
Juda mein Herrscherstab.
Moab ist mein Waschbecken,
Auf Edom werfe ich meinen Schuh;
Über das Philisterland will ich jauchzen. -
Wer führt mich hin zur festen Stadt,
Wer geleitet mich bis Edom?
Hast nicht du uns, o Göttin, verworfen
Und ziehst nicht aus, o Göttin, mit unsern Heeren?
O schaffe uns Hilfe gegen den Feind!
Denn nichtig ist Männerhilfe.
Mit der Göttin werden wir Taten vollführen,
Und sie wird unsre Bedränger zertreten.


CIX

Dem Musikmeister; von David ein Psalm.
Du Göttin, der mein Lobpreis gilt, bleibe nicht stumm!
Denn Frevlermund und Lügenmaul
Haben sich gegen mich aufgetan,
Mit trügerischer Zunge zu mir geredet;
Mit Worten des Hasses haben sie mich umgeben
Und ohne Ursache mich angegriffen;
Für meine Liebe befeinden sie mich,
Während ich doch für sie bete;
Ja, sie haben mir Böses für Gutes vergolten
Und Hass mir für meine Liebe erwiesen.
Bestelle einen Frevler zum Richter gegen ihn,
Und ein Ankläger stehe ihm zur Rechten!
Als schuldig soll er hervorgehen aus dem Gericht
Und sogar sein Gebet ihm als Sünde gelten!
Seiner Lebenstage müssen nur wenige sein,
Und sein Amt ein andrer empfangen!
Seine Kinder müssen zu Waisen werden
Und seine Frau eine Witwe!
Seine Kinder müssen unstet umherziehen und betteln
Und vertrieben werden aus ihres Vaterhauses Trümmern!
Sein Gläubiger lege Beschlag auf alles, was er hat,
Und Fremde müssen seine Habe plündern!
Er finde keinen, der ihm Schonung gewährt,
Und niemand habe Erbarmen mit seinen Waisen!
Sein Nachwuchs müsse der Ausrottung verfallen:
Schon im zweiten Glied müsse ihr Name erlöschen!
Der Verschuldung seiner Väter
Werde bei der Herrin gedacht,
Und die Sünde seiner Mutter bleibe ungetilgt!
Sie müssen beständig der Herrin vor Augen stehn,
Und sie tilge ihr Gedächtnis aus von der Erde,
Dieweil er nicht daran dachte, Liebe zu üben,
Vielmehr den Elenden und Armen verfolgte
Und den hoffnungslos Verzagten, ihn zu töten.
Er liebte den Fluch: so treffe er ihn!
Er hatte am Segen keine Freude: so bleibe er ihm fern!
Er zog den Fluch an wie sein Kleid:
So dringe er ihm in den Leib wie Wasser
Und wie Öl in seine Gebeine;
Er werde ihm wie der Mantel, in den er sich hüllt,
Wie der Gürtel, den er sich umlegt!
Dies sei meiner Widersacher Lohn
Vonseiten der Herrin
Und derer, die Böses gegen mich reden!
Du aber, Herrin, meine Göttin,
Tritt für mich ein um deines Namens willen!
Weil deine Gnade köstlich ist, errette mich!
Denn elend bin ich und arm,
Und mein Herz ist verwundet in meiner Brust.
Wie ein Schatten, wenn er sich neigt, so schwinde ich hin,
Bin vom Sturm verweht einer Heuschrecke gleich;
Meine Knie wanken vom Fasten,
Mein Leib ist abgemagert, ohne Fett;
Und ich bin den Leuten zum Hohn geworden:
Sehen sie mich, so schütteln sie höhnissch den Kopf.
Stehe mir bei, o Herrin, meine Göttin,
Hilf mir nach deiner Gnade!
Lass sie erkennen, dass dies deine Hand ist,
Dass du, Herrin, selbst es so gefügt hast!
Sie mögen fluchen, du aber mögest segnen;
Erheben sie sich, so lass sie zuschanden werden,
Dein Knecht aber müsse sich freuen!
Lass meine Widersacher in Schmach sich kleiden
Und ihre Schande umtun wie einen Mantel!
Laut soll mein Mund der Herrin Dank sagen,
Und inmitten vieler will ich sie preisen;
Denn sie steht dem Armen zur Rechten,
Um ihn zu retten vor denen, die ihn schuldig sprechen.


CX

Von David, ein Psalm.
So lautet der Ausspruch der Herrin an meinen Herrn:
Setze dich zu meiner Rechten,
Bis ich deine Feinde hinlege
Zum Schemel für deine Füße! -
Dein machtvolles Zepter wird
Die Herrin von Zion hinausstrecken:
Herrsche inmitten deiner Feinde!
Dein Volk wird voller Willigkeit sein
Am Tage deines Heereszuges;
In heiligem Schmuck,
Wie aus der Morgenröte Schoß der Tau,
Wird dir kommen deine junge Mannschaft.
Geschworen hat die Herrin
Und wird es sich nicht leid sein lassen:
Du sollst ein Priester in Ewigkeit sein
Nach der Weise Melchisedeks. -
Die Allherrin, die dir zur Rechten steht,
Wird Könige zerschmettern am Tage ihres Zorns;
Gericht wird sie unter den Völkern halten,
Sie füllt alles mit Leichen an,
Zerschmettert Häupter auf weitem Gefilde.
Aus dem Bach am Wege wird sie trinken;
Darum wird sie das Haupt hoch halten.


CXI

Halleluja!
Preisen will ich die Herrin von ganzem Herzen
Im Kreise der Frommen und in der Gemeinde.
Groß sind die Werke der Herrin,
Weise zu erforschen für alle,
Die Gefallen an ihnen haben.
Ruhmvoll und herrlich ist ihr Tun,
Und ihre Gerechtigkeit bleibt ewig bestehen.
Sie hat ein Gedächtnis ihrer Wundertaten gestiftet;
Gnädig und barmherzig ist die Herrin.
Speise hat sie denen gegeben, die sie fürchten;
Sie gedenkt ihres Bundes ewiglich.
Ihr machtvolles Walten hat sie kundgetan ihrem Volk,
Indem sie ihnen das Erbe der Heiden gab.
Die Werke ihrer Hände sind Treue und Recht;
Unwandelbar sind alle ihre Gebote,
Festgesetzt für immer, für ewig,
Gegeben mit Treue und Redlichkeit.
Erlösung hat sie ihrem Volk gesandt,
Ihren Bund auf ewig verordnet;
Heilig und furchtgebietend ist ihr Name.
Die Furcht der Herrin ist der Weisheit Anfang,
Eine treffliche Einsicht für alle, die sie üben:
Der Göttin Ruhm besteht in Ewigkeit.


CXII

Halleluja!
Wohl dem Menschen, der die Herrin fürchtet,
An ihren Geboten herzliche Freude hat!
Seine Nachkommen werden auf Erden gewaltig sein,
Als ein Geschlecht von Frommen wird man sie segnen.
Wohlstand und Fülle herrscht in seinem Hause,
Und seine Gerechtigkeit besteht für immer.
Den Frommen geht sie auf wie ein Licht in der Finsternis,
Als gnädig, barmherzig und gerecht.
Glücklich der Mann, der Barmherzigkeit übt und leiht!
Er wird sein Recht behaupten vor Gericht;
Denn nimmermehr wird er wanken:
In ewigem Gedächtnis bleibt der Gerechte.
Vor Unglücksbotschaft braucht er sich nicht zu fürchten;
Sein Herz ist fest, voll Vertrauen auf die Herrin.
Getrost ist sein Herz, er fürchtet sich nicht,
Bis er seine Lust sieht an seinen Bedrängern.
Reichlich teilt er aus und spendet den Armen;
Seine Gerechtigkeit besteht fest für immer,
Sein Horn ragt hoch empor in Ehren.
Der Göttinlose sieht es und ärgert sich;
Er knirscht mit den Zähnen und vergeht;
Der Göttinlosen Wünsche bleiben unerfüllt.


CXIII

Halleluja!
Lobt, ihr Verehrer der Herrin,
Lobt den Namen der Herrin!
Gepriesen sei der Name der Herrin
Von nun an bis in Ewigkeit!
Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang
Sei gelobt der Name der Herrin!
Erhaben über alle Völker ist die Herrin,
Den Himmel überragt ihre Herrlichkeit!
Wer ist der Herrin gleich, unserer Göttin,
Die da thront in der Höhe,
Die nieder schaut in die Tiefe,
Im Himmel und auf Erden?
Sie hebt aus dem Staub den Geringen empor
Und erhöht aus dem Schmutz den Armen,
Um ihn sitzen zu lassen neben Edlen,
Neben den Edlen seines Volks.
Sie verleiht der kinderlosen Gattin Hausrecht,
Macht sie zur fröhlichen Mutter von Kindern.
Halleluja!


CXIV

Halleluja!
Als Israel aus Ägypten auszog,
Jakobs Haus aus dem Volk fremder Sprache,
Da ward Juda der Göttin Heiligtum,
Israel ihr Herrschaftsgebiet.
Das Meer sah es und floh,
Der Jordan wandte sich rückwärts,
Die Berge hüpften wie Widder,
Die Hügel wie Lämmer.
Was war dir, o Meer, das du flohst,
Dir, Jordan, dass du dich rückwärts wandtest?
Was war euch, ihr Berge, dass ihr hüpftet wie Widder,
Ihr Hügel wie Lämmer?
Vor dem Anblick der Herrin erbebe, du Erde,
Vor dem Anblick der Göttin Jakobs,
Die Felsen wandelt zum Wasserteich,
Kieselgestein zum sprudelnden Quell!


CXV

Nicht uns, o Herrin, nicht uns,
Nein, deinem Namen schaffe Ehre
Um deiner Gnade, um deiner Treue willen!
Warum sollen die Heiden sagen:
Wo ist denn ihre Göttin? -
Unsere Göttin ist ja im Himmel:
Alles, was ihr gefällt, vollführt sie.
Ihre Götter sind nur Silber und Gold,
Machwerk von Menschenhänden.
Sie haben einen Mund und können nicht reden,
Haben Augen und sehen nicht;
Haben Ohren und können nicht hören,
Haben eine Nase und riechen nicht;
Mit ihren Händen können sie nicht greifen,
Mit ihren Füßen nicht gehen;
Kein Laut dringt aus ihrer Kehle.
Ihnen gleich sind ihre Verfertiger,
Jeder, der auf sie vertraut.
Du, Israel, vertraue auf die Herrin!
Deine Hilfe und ihr Schild ist sie.
Ihr vom Hause Aarons, vertraut auf die Herrin!
Eure Hilfe und ihr Schild ist sie.
Ihr, die ihr fürchtet die Herrin, vertraut auf die Herrin!
Eure Hilfe und ihr Schild ist sie.
Die Herrin hat unser gedacht: sie wird segnen,
Segnen das Haus Israels,
Segnen das Haus Aarons;
Sie wird segnen, die die Herrin fürchten,
Die Kleinen samt den Großen,
Die Jungen samt den Alten.
Die Herrin wolle euch mehren,
Euch selbst und eure Kinder!
Gesegnet seid ihr von der Herrin,
Die Himmel und Erde geschaffen!
Der Himmel ist der Himmel der Allherrin,
Die Erde aber hat sie den Menschen gegeben.
Nicht die Toten preisen die Herrin
Und keiner, der ins Land des Vergessens hinabgefahren.
Doch wir, wir preisen die Herrin
Von nun an bis in Ewigkeit.
Halleluja!


CXVI

Ich liebe die Herrin,
Denn sie hat erhört
Mein flehentliches Rufen;
Ja, sie hat ihr Ohr mir zugeneigt:
Ich will zu ihr rufen mein Leben lang!
Umschlungen hatten mich des Todes Netze
Und die Ängste der Unterwelt mich befallen,
In Drangsal und Kummer war ich geraten.
Da rief ich den Namen der Herrin an:
Ach Herrin, errette meine Seele!
Gnädig ist die Herrin und gerecht,
Und unsere Göttin ist voll Erbarmens;
Die Herrin schützt den, der unbeirrt ihr traut:
Ich war schwach geworden, aber sie half mir.
Kehre zurück, meine Seele, zu deiner Ruhe,
Denn die Herrin hat Gutes an dir getan!
Ja, du hast mein Leben vom Tode errettet,
Meine Augen vom Weinen,
Meinen Fuß vom Gleiten;
Ich werde noch wandeln vor der Herrin
In den Landen der Lebenden.
Ich habe Glauben gehalten, wenn ich auch sagte:
Ich bin tief gebeugt;
In meiner Verzagtheit hab ich gesagt:
Die Menschen sind alle Lügner.
Wie soll ich der Herrin vergelten
Alles, was sie mir Gutes getan?
Den Becher des Heils will ich erheben
Und den Namen der Herrin anrufen;
Meine Gelübde will ich erfüllen der Herrin,
Ja, angesichts ihres ganzen Volkes.
Kostbar ist in den Augen der Herrin
Der Tod ihrer Frommen.
Ach Herrin, ich bin ja dein Knecht,
Ich bin dein Knecht, der Sohn deiner Magd;
Meine Fesseln hast du gelöst:
Dir will ich Dankopfer bringen
Und den Namen der Herrin anrufen;
Meine Gelübde will ich erfüllen der Herrin,
Ja, angesichts ihres ganzen Volkes,
In den Vorhöfen am Hause der Herrin,
In deiner Mitte, Jerusalem!
Halleluja!


CXVII

Lobt die Herrin, ihr Heiden alle!
Preist sie, ihr Völker alle!
Denn machtvoll waltet über uns ihre Gnade,
Und die Treue der Herrin währt ewiglich.
Halleluja!
Dankt der Herrin, denn sie ist freundlich,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
So bekenne denn Israel:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
So bekenne denn Aarons Haus:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
So mögen denn alle Göttinfürchtigen bekennen:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Aus meiner Bedrängnis rief ich zur Herrin:
Da hat die Herrin mich erhört,
Mir weiten Raum geschafft.
Ist die Herrin für mich, so fürchte ich nichts:
Was können Männer mir tun?
Tritt die Herrin für mich zu meiner Hilfe ein,
So werde ich siegreich jubeln über meine Feinde.
Besser ist es, auf die Herrin zu vertrauen
Als auf Männer sich zu verlassen;
Besser ist es, auf die Herrin zu vertrauen
Als auf Herren sich zu verlassen.
Die Heidenvölker alle hatten mich umringt:
Im Namen der Herrin vertilgte ich sie;
Sie hatten mich umringt, umzingelt:
Im Namen der Herrin vertilgte ich sie;
Sie hatten mich umringt wie Bienenschwärme;
Schnell wie ein Dornenfeuer sind sie erloschen:
Im Namen der Herrin vertilgte ich sie.
Man hat mich hart gestoßen, damit ich fallen sollte,
Doch die Herrin hat mir geholfen.
Meine Stärke und mein Lobpreis ist die Herrin,
Und sie ist meine Retterin geworden.
Jubel und Siegeslieder erschallen
In den Zelten der Gerechten:
Die Hand der Herrin schafft mächtige Taten,
Die Hand der Herrin erhöht und ist erhaben,
Die Hand der Herrin schafft mächtige Taten!
Ich werde nicht sterben, nein, ich werde leben
Und die Taten der Herrin verkünden.
Die Herrin hat mich hart gezüchtigt,
Doch dem Tode mich nicht preisgegeben.
Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit:
Ich will durch sie eingehen,
Der Herrin zu danken.
Dies ist das Tor der Herrin:
Gerechte dürfen hier eingehen.
Ich danke dir, dass du mich erhört hast
Und bist mir eine Retterin geworden.
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
Der ist zum Schluss-Stein geworden;
Von der Herrin ist dies geschehen,
In unsern Augen ein Wunder!
Dies ist der Tag, den die Herrin gemacht hat:
Lasst uns jubeln und fröhlich an ihm sein!
Ach hilf doch, Herrin,
Ach Herrin, lass wohl gelingen!
Gesegnet sei, der da kommt im Namen der Herrin!
Wir segnen euch vom Hause der Herrin aus.
Die Herrin ist Göttin,
Sie hat uns Licht gegeben:
Windet den Reigen, mit Zweigen geschmückt,
Bis an die Hörner des Altars!
Du bist meine Göttin, ich will dir danken;
Meine Göttin, ich will dich erheben!
Dankt der Herrin, denn sie ist freundlich,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade.


CXIX

Wohl denen, deren Wandel tadellos ist,
Die einhergehen im Gesetz der Herrin!
Wohl denen, die ihre Zeugnisse beobachten,
Die mit ganzem Herzen sie suchen,
Die auch kein Unrecht verüben,
Sondern auf ihren Wegen gehen!
Du selbst hast deine Befehle erlassen,
Dass man sie genau befolge.
Ach möchte doch mein Wandel fest sein
In der Befolgung deiner Satzungen!
Dann werde ich nicht beschämt sein,
Wenn ich alle deine Gebote vor Augen habe.
Ich will dir aufrichtigen Herzens danken,
Indem ich die Rechte deiner Gerechtigkeit lerne.
Deine Satzungen will ich halten:
Verlass mich nicht ganz und gar!
Wie wird ein Jüngling seinen Wandel rein gestalten?
Wenn er ihn führt nach deinem Wort.
Mit ganzem Herzen suche ich dich:
Lass mich von deinen Geboten nicht abirren!
In meinem Herzen wahre ich dein Wort,
Um mich nicht gegen dich zu verfehlen.
Gepriesen seist du, o Herrin:
Lehre mich deine Satzungen!
Mit meinen Lippen zähle ich her
Alle Rechte deines Mundes.
An dem Wege deiner Zeugnisse habe ich Freude
Wie über irgendwelchen Reichtum.
Über deine Befehle will ich sinnen
Und achten auf deine Pfade.
An deinen Satzungen habe ich meine Lust,
Will deine Worte nicht vergessen.
Tu Gutes an deinem Knecht,
Auf dass ich leben bleibe,
So will ich deine Worte befolgen.
Öffne mir die Augen, dass ich klar erkenne
Die Wunder in deinem Gesetz.
Ich bin nur ein Gast auf Erden:
Verbirg deine Gebote nicht vor mir.
Meine Seele verzehrt sich vor Sehnsucht
Nach deinen Rechten allezeit.
Gedroht hast du den Stolzen; verflucht sind,
Die von deinen Geboten abweichen.
Wälze Schmach und Verachtung von mir ab,
Denn ich beobachte deine Zeugnisse.
Mögen auch Herren sitzen und gegen mich beraten:
Dein Knecht sinnt doch über deine Satzungen nach.
Ja, deine Zeugnisse sind meine Freude,
Meine Ratgeber sind sie.
Mein Mut ist in den Staub gesunken:
Belebe mich wieder nach deinem Wort.
Ich habe dir meine Lage geschildert,
Da hast du mich erhört:
Lehre mich deine Satzungen.
Lass mich den Weg verstehen,
Den deine Befehle gebieten,
So will ich nachsinnen über deine Wunder.
Mein Herz zerfließt vor Kummer in Tränen;
Richte mich auf nach deinen Worten.
Den Weg der Lüge halte fern von mir,
Doch beschenke mich mit deinem Gesetz!
Den Weg der Treue habe ich erwählt,
Deine Rechte makellos befunden.
Ich halte fest an deinen Zeugnissen:
Herrin, lass mich nicht zuschanden werden!
Den Weg deiner Gebote will ich laufen,
Denn du machst mir weit das Herz.
Lehre mich, Herrin, den Weg deiner Satzungen,
So will ich ihn einhalten bis ans Ende.
Verleihe mir Einsicht,
Damit ich deine Weisung beachte
Und sie mit ganzem Herzen befolge.
Lass mich wandeln auf dem Pfade deiner Gebote,
Denn an diesem habe ich meine Freude.
Neige mein Herz deinen Zeugnissen zu
Und nicht zur Gewinnsucht.
Wende meine Augen ab,
Dass sie nicht nach Sündigem schauen;
Belebe mich auf deinen Wegen.
Erfülle an deinem Knechte deine Verheißung,
Die darauf abzielt, dass man dich fürchte.
Wende ab meine Schmach, vor der mir graut;
Denn deine Rechte sind heilsam.
Wahrlich, ich sehne mich nach deinen Befehlen:
Belebe mich durch deine Gerechtigkeit!
Lass deine Gnadenerweise mir widerfahren, o Herrin,
Deine Hilfe nach deinem Wort,
Dass ich dem, der mich schmäht, zu antworten weiß;
Denn ich verlasse mich auf dein Wort.
Und entziehe meinem Munde nicht
Das Wort der Wahrheit;
Denn ich harre auf deine Rechte.
Und befolgen will ich dein Gesetz beständig,
Immer und ewiglich;
So werde ich wandeln auf freier Bahn;
Denn ich habe mich stets um deine Befehle gekümmert;
Und ich will von deinen Zeugnissen reden
Vor Königen, ohne mich zu scheuen;
Denn ich habe meine Freude an deinen Geboten,
Die mir lieb sind,
Und hebe meine Hände auf zu deinen Geboten,
Die mir lieb sind,
Will über deine Satzungen nachsinnen.
Halte deinem Knecht getreulich dein Wort,
Auf das du mich hast hoffen lassen!
Das ist mein Trost in meinem Elend,
Dass dein Wort mich neu belebt hat.
Die Übermütigen verspotten mich maßlos,
Doch ich bin von deinem Gesetz nicht abgewichen.
Gedenke ich deiner Rechte aus der Vorzeit,
So fühle ich mich, o Herrin, getröstet.
Heißer Zorn erfasst mich wegen der Göttinlosen,
Die dein Gesetz verlassen haben.
Deine Satzungen sind mir zu Lobgesängen geworden
Im Hause meiner Pilgerschaft.
In der Nacht gedenke ich deines Namens, o Herrin,
Und befolge dein Gesetz.
Das ist mir zuteil geworden,
Dass ich deine Befehle befolgt habe.
Meine Aufgabe ist, o Herrin, ich bekenne es,
Deine Worte zu befolgen.
Von ganzem Herzen flehe ich dich an:
Sei mir gnädig nach deiner Verheißung!
Ich habe über meine Wege nachgedacht
Und lenke meine Schritte zu deinen Zeugnissen zurück.
Ich eile und säume nicht,
Deine Gebote zu befolgen.
Die Fallstricke der Göttinlosen umringen mich;
Dennoch vergesse ich dein Gesetz nicht.
In der Mitte der Nacht stehe ich auf, um dir zu danken
Für die Verordnungen deiner Gerechtigkeit.
Befreundet bin ich mit allen, die dich fürchten,
Und mit denen, die deine Befehle befolgen.
Deiner Gnade, o Herrin, ist die Erde voll:
Lehre mich deine Satzungen!
Gutes hast du an deinem Knechte getan,
O Herrin, nach deiner Verheißung.
Rechte Einsicht und Erkenntnis lehre mich,
Denn ich vertraue auf deine Gebote.
Bevor ich gedemütigt wurde, ging ich irre;
Jetzt aber beobachte ich dein Wort.
Du bist gütig und erweist mir Gutes:
Lehre mich deine Satzungen!
Lügen haben die Stolzen gegen mich erdichtet,
Ich aber befolge deine Befehle mit ganzem Herzen.
Unempfindlich wie von Fett ist ihr Herz,
Ich aber habe Freude an deinem Gesetz.
Gut war es für mich, dass ich gedemütigt wurde,
Damit ich deine Satzungen lernte.
Die Weisung deines Mundes ist mir lieber
Als Tausende von Gold- und Silberstücken.
Deine Hände haben mich geschaffen und gebildet:
Verleihe mir nun auch Einsicht,
Dass ich deine Gebote lerne!
Die dich fürchten, werden mich sehen und sich freuen;
Denn ich habe auf dein Wort geharrt.
Ich weiß, o Herrin, dass deine Gerichte gerecht sind
Und du mich in Treue gedemütigt hast.
Lass doch deine Gnade mir Trost gewähren,
Wie du deinem Knechte verheißen hast!
Lass mir dein Erbarmen widerfahren, dass ich auflebe,
Denn dein Gesetz ist meine Lust.
Lass die Stolzen zuschanden werden,
Weil sie ohne Grund mich niederdrücken;
Ich aber sinne über deine Befehle.
Lass mir sich zuwenden, die dich fürchten
Und die deine Zeugnisse anerkennen!
Mein Herz hält treu an deinen Satzungen fest,
Auf dass ich nicht zuschanden werde.
Meine Seele schmachtet nach deiner Hilfe:
Ich harre auf dein Wort.
Meine Augen schmachten nach deiner Verheißung,
Indem ich frage: Wann wirst du mich trösten?
Bin ich auch wie ein Schlauch im Rauch geworden,
Habe ich doch deine Satzungen nicht vergessen.
Wie viele sind noch der Lebenstage deines Knechts?
Wann hältst du Gericht über meine Verfolger?
Übermütige haben mir Gruben gegraben,
Sie, die sich nicht nach deinem Gesetz richten.
Alle deine Gebote sind Wahrheit;
Mit Lüge verfolgt man mich: so hilf mir!
Fast hätten sie mich im Lande umgebracht;
Doch ich verlasse deine Befehle nicht.
Nach deiner Gnade erhalte mich am Leben,
So will ich das Zeugnis deines Mundes befolgen.
Auf ewige Zeit, o Herrin,
Steht fest dein Wort im Himmel.
Von Geschlecht zu Geschlecht währt deine Treue;
Du hast die Erde festgestellt, und sie steht;
Nach deinen Verordnungen steht sie noch heute,
Denn alle Dinge sind dir untertan.
Wäre dein Gesetz nicht meine Freude gewesen,
So wäre ich in meinem Elend vergangen.
Niemals will ich deine Befehle vergessen,
Denn durch sie hast du mich neu belebt.
Dein bin ich: hilf mir!
Denn ich beachte deine Verordnungen.
Göttinlose lauern mir auf, um mich umzubringen,
Ich aber achte auf deine Zeugnisse.
Von allem Vollkommenen habe ich eine Grenze gesehen;
Doch dein Gebot ist völlig unbeschränkt.
Wie habe ich dein Gesetz so lieb!
Den ganzen Tag ist es mein Sinnen.
Weiser, als meine Feinde sind,
Machen mich deine Gebote,
Denn mein sind sie für immer.
Klüger bin ich als alle meine Lehrer,
Denn deine Zeugnisse sind mein Sinnen.
Mehr Einsicht besitze ich als die Greise;
Denn ich beobachte deine Befehle.
Von jedem bösen Pfade halte ich meinen Fuß fern,
Um dein Wort zu befolgen.
Von deinen Rechten weiche ich nicht ab,
Denn du hast mich belehrt.
Wie süß sind deine Worte meinem Gaumen,
Süßer als Honig meinem Munde!
Aus deinen Befehlen gewinne ich Einsicht;
Darum hasse ich jeglichen Lügenpfad.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
Und ein Licht auf meinem Wege.
Ich habe geschworen und den Vorsatz gefasst,
Den Verordnungen deiner Gerechtigkeit treu zu bleiben.
Ich bin tief gebeugt: O Herrin,
Belebe mich wieder nach deiner Verheißung!
Lass, Herrin, dir gefallen
Die willigen Opfer meines Mundes
Und lehre mich deine Rechte!
Ich schwebe beständig in Todesgefahr,
Doch dein Gesetz vergesse ich nicht.
Die Göttinlosen haben mir Schlingen gelegt,
Aber von deinen Befehlen irre ich nicht ab.
Deine Zeugnisse sind mein ewiger Erbbesitz,
Denn sie sind die Wonne meines Herzens.
Ich neige mein Herz dazu,
Deine Satzungen zu erfüllen
Immerdar bis ans Ende.
Die Doppelzüngigen hasse ich,
Aber dein Gesetz ist mir lieb.
Mein Schirm und Schild bist du;
Auf dein Wort harre ich.
Weicht von mir, ihr Übeltäter!
Ich will die Gebote meiner Göttin halten.
Stütze mich nach deiner Verheißung, dass ich lebe,
Und lass mich nicht in meiner Hoffnung getäuscht werden!
Stärke mich, auf dass ich das Heil erlange,
Und lass mich stets auf deine Satzungen achten!
Du verwirfst alle, die von deinen Satzungen abirren;
Denn erfolglos ist ihre Täuschung.
Wie Schlacken räumst du alle Göttinlosen hinweg;
Darum liebe ich deine Zeugnisse.
Aus Furcht vor dir schaudert mein Leib,
Und mir ist bange vor deinem Gericht.
Ich habe Recht und Gerechtigkeit geübt:
Gib mich nicht meinen Bedrückern preis!
Tritt für deinen Knecht zu seinem Heile ein,
Lass die Stolzen mir nicht Gewalt antun!
Meine Augen schmachten nach deiner Rettung
Und nach der Bestätigung deiner Gerechtigkeit.
Verfahre mit deinem Knecht nach deiner Gnade
Und lehre mich deine Satzungen!
Dein Knecht bin ich, verleihe mir Einsicht,
Damit ich deine Zeugnisse verstehen lerne.
Zeit ist es für die Herrin, zu handeln:
Sie haben ja dein Gesetz gebrochen.
Darum liebe ich deine Gebote
Mehr als Gold und als Feingold.
Darum schätze ich alle deine Befehle als richtig;
Jeder Lügenpfad ist mir verhasst.
Wunderwerke sind deine Zeugnisse;
Darum hält mein Herz an ihnen fest.
Die Erschließung deiner Worte erleuchtet,
Verleiht den Einfältigen Einsicht.
Ich tue meinen Mund weit auf und schmachte,
Denn mich verlangt nach deinen Geboten.
Wende dich zu mir und sei mir gnädig,
Wie es recht ist bei denen, die deinen Namen lieben!
Lass meine Schritte fest sein durch dein Wort
Und lass nichts Trügerisches über mich herrschen.
Erlöse mich von der Bedrückung der Männer,
So will ich deine Befehle befolgen.
Lass dein Angesicht leuchten über deinen Knecht
Und lehre mich deine Satzungen.
Tränenströme rinnen aus meinen Augen,
Weil viele dein Gesetz nicht mehr befolgen.
Gerecht bist du, o Herrin,
Und richtig sind deine Rechte.
In Gerechtigkeit hast du deine Zeugnisse verordnet
Und in unerschütterlicher Treue.
Mich verzehrt mein Eifer,
Weil meine Gegner deine Worte verschmähen.
Dein Wort ist geläutert,
Und dein Knecht hat es lieb.
Gering bin ich und verachtet,
Doch deine Befehle vergesse ich nicht.
Deine Gerechtigkeit ist ewige Gerechtigkeit,
Und dein Gesetz ist die Wahrheit.
Wenn Leiden und Not mich treffen,
Sind deine Gebote dennoch meine Freude.
Deine Zeugnisse bleiben immerdar gerecht:
Verleihe mir Verständnis, so werde ich leben.
Ich rufe von ganzem Herzen:
Erhöre mich, Herrin!
Deine Satzungen will ich beobachten.
Ich rufe zu dir: Hilf mir!
So will ich deine Zeugnisse beobachten.
Früh bin ich auf vor Tagesanbruch und flehe laut;
Auf dein Wort harre ich.
Meine Augen wachen die ganze Nacht hindurch,
Um über dein Wort nachzusinnen.
Höre meine Stimme nach deiner Gnade!
O Herrin, nach deinen Rechten lass mich aufleben!
Mir sind Leute genaht, die der Bosheit dienen:
Von deinem Gesetz sind sie fern;
Doch du bist mir nahe, o Herrin,
Und alle deine Gebote sind die Wahrheit.
Längst weiß ich aus deinen Zeugnissen,
Dass du deine Gebote für ewig festgesetzt hast.
Siehe mein Elend an und errette mich!
Denn dein Gesetz vergesse ich nicht.
Führe meine Sache und erlöse mich,
Schenke mir neues Leben nach deiner Verheißung!
Den Göttinlosen bleibt die Rettung fern,
Denn sie kümmern sich nicht um deine Satzungen.
Deine Barmherzigkeit ist groß, o Herrin:
Nach deinen Rechten belebe mich wieder!
Groß ist meiner Verfolger und Gegner Zahl,
Doch von deinen Zeugnissen gehe ich nicht ab.
Wenn ich Treulose sehe, so fühle ich Ekel,
Weil sie dein Wort nicht befolgen.
Siehe, ich liebe deine Befehle:
Herrin, schenke mir neues Leben nach deiner Gnade!
Der ganze Inhalt deines Wortes ist die Wahrheit,
Und ewig gilt jede Verordnung deiner Gerechtigkeit.
Herren haben mich ohne Ursache verfolgt;
Doch nur vor deinen Worten erbebt mein Herz.
Ich freue mich über dein Wort
Wie einer, der große Beute gewinnt.
Lügen hasse und verabscheue ich,
Aber dein Gesetz ist mir lieb.
Siebenmal täglich preise ich dich
Um der Verordnungen deiner Gerechtigkeit willen.
Frieden in Fülle erlangen die Freunde deines Gesetzes,
Denn es gibt für sie kein Straucheln.
Ich hoffe auf deine Rettung, o Herrin,
Denn ich habe deine Gebote gehalten.
Mein Herz befolgt deine Zeugnisse,
Und ich habe sie aufrichtig lieb.
Ich befolge deine Befehle und Zeugnisse;
Denn alle meine Wege sind dir bekannt.
Lass mein lautes Flehen zu dir dringen, o Herrin;
Verleihe mir Verständnis für dein Wort!
Lass mein Beten vor dich kommen:
Errette mich nach deiner Verheißung!
Meine Lippen sollen Lobpreis sprudeln lassen,
Weil du mich deine Satzungen lehrst.
Meine Zunge soll von deinem Worte singen;
Denn alle deine Gebote sind gerecht.
Lass deine Hand bereit sein, mir zu helfen,
Denn deine Befehle habe ich erwählt.
Ich sehne mich nach deiner Hilfe, o Herrin,
Und dein Gesetz ist meine Freude.
Lass meine Seele leben, dass sie dich preise,
Und deine Rechte mögen mir helfen!
Geh ich irre wie ein verlorenes Schaf,
So suche deinen Knecht!
Denn deine Gebote habe ich nicht vergessen.


CXX

Ein Wallfahrtslied.
Ich rief zur Herrin in meiner Not:
Da erhörte sie mich.
O Herrin, errette mich von der Lügenlippe,
Von der trügerischen Zunge!
Was wird sie dir jetzt und in Zukunft bescheren,
Du trügerische Zunge?
Geschärfte Kriegerpfeile
Samt Kohlen vom Ginsterstrauch!
Wehe mir, dass ich als Fremdling
In Meschech weilen muss,
Dass ich wohnen muss bei den Zelten von Kedar!
Lange genug schon weile ich hier
Bei Leuten, die den Frieden hassen.
Ich bin ganz friedlich gestimmt,
Doch was ich auch rede:
Sie gehen auf Krieg aus.


CXXI

Ein Lied für die Wallfahrt.
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen:
Von wo wird Hilfe mir kommen?
Meine Hilfe kommt von der Herrin,
Die Himmel und Erde geschaffen.
Sie wird deinen Fuß nicht wanken lassen;
Nicht schlummert deine Behüterin.
Nein, nicht schlummert und nicht schläft
Die Behüterin Israels.
Die Herrin ist deine Behüterin,
Die Herrin dein Schatten über deiner rechten Hand,
Dass dich bei Tage die Sonne nicht sticht,
Noch der Mond dich krank macht in der Nacht.
Die Herrin behütet dich vor allem Übel,
Sie behütet deine Seele;
Die Herrin behütet deinen Ausgang und Eingang
Von nun an bis in Ewigkeit.


CXXII

Ein Wallfahrtslied Davids.
Ich freute mich, als man mir sagte:
Wir wollen pilgern zum Hause der Herrin!
So stehen denn nun unsre Füße
In deinen Toren, Jerusalem!
Jerusalem, du schön gebaute
Als eine Stadt, die fest in sich geschlossen,
Wohin die Stämme hinaufziehen,
Die Stämme der Herrin,
Nach der für Israel gültigen Weisung,
Dort den Namen der Herrin zu preisen;
Denn dort waren einst aufgestellt
Die Stühle zum Gericht,
Die Stühle des Hauses Davids.
Bringt Jerusalem dar den Friedensgruß:
Heil denen, die dich lieben!
Friede herrsche in deinen Mauern,
Sichere Ruhe in deinen Palästen!
Um meiner Brüder und Freunde willen
Will ich dir Frieden wünschen;
Um des Hauses der Herrin, unserer Göttin, willen
Will ich Segen für dich erbitten.


CXXIII

Ein Wallfahrtslied.
Zu dir erhebe ich meine Augen,
Die du thronst im Himmel.
Siehe, wie die Augen der Knechte
Auf die Hand ihrer Fürsten,
Wie die Augen der Magd
Auf die Hand ihrer Frau:
So blicken unsre Augen hin auf die Herrin, unsere Göttin,
Bis sie sich unser erbarmt.
Erbarme dich, Herrin, erbarme dich unser!
Denn gründlich sind wir satt der Verachtung;
Satt, ja, übersatt ist uns die Seele
Des Hohns der Spötter, der Verachtung der Stolzen.


CXXIV

Ein Wallfahrtslied von David.
Wäre die Herrin nicht für uns gewesen,
So bekenne Israel,
Wäre die Herrin nicht für uns gewesen,
Als Männer sich gegen uns erhoben:
Dann hätten sie uns lebendig verschlungen,
Als ihr Zorn gegen uns entbrannt war;
Dann hätten die Wasser uns überflutet,
Ein Wildbach hätte sich über uns ergossen;
Dann wären über uns hingegangen
Die überwallenden Fluten.
Gepriesen sei die Herrin,
Die uns nicht ihren Zähnen
Zum Raub hat preisgegeben!
Unsre Seele ist entschlüpft
Wie ein Vogel dem Netz der Vogelfänger:
Das Netz ist zerrissen,
Und wir sind frei geworden.
Unsre Hilfe steht im Namen der Herrin,
Die Himmel und Erde geschaffen.


CXXV

Ein Wallfahrtslied.
Die auf die Herrin vertrauen,
Die gleichen dem Berge Zion,
Der nicht wankt, der in Ewigkeit feststeht.
Wie Berge Jerusalem rings umgeben,
So umhegt die Herrin ihr Volk
Von nun an bis in Ewigkeit.
Denn der Göttinlosen Rute wird nicht lasten bleiben
Auf dem Erbteil der Gerechten,
Damit nicht auch die Gerechten ihre Hände
Ausstrecken zum Frevel.
Erweise deine Güte, Herrin, den Guten
Und denen, die redlichen Herzens sind!
Doch die auf krummen Wegen gehen,
Die lasse die Herrin hinfahren
Mitsamt den Übeltätern!
Heil Israel!


CXXVI

Ein Wallfahrtslied.
Als die Herrin einst Zions Missgeschick wandte,
Da war uns, als träumten wir.
Damals war unser Mund voll Lachen
Und unsre Zunge voll Jubel;
Damals sagte man unter den Heiden:
Die Herrin hat Großes an ihnen getan!
Ja, Großes hatte die Herrin an uns getan:
Wie waren wir einst fröhlich!
Wende, o Herrin, unser Missgeschick
Gleich den Bächen im Südland!
Die mit Tränen säen,
Werden mit Jubel ernten.
Wohl schreitet man weinend dahin,
Wenn man trägt den Samen zur Aussaat;
Doch jubelnd kehrt man heim,
Mit Garben beladen.


CXXVII

Ein Wallfahrtslied Salomos.
Wenn die Herrin das Haus nicht baut,
So arbeiten umsonst, die daran bauen;
Wenn die Herrin nicht die Stadt behütet,
So wacht der Wächter umsonst.
Vergebens ist es für euch, dass früh ihr aufsteht
Und spät noch sitzt bei der Arbeit,
Um das Brot der Mühsal zu essen;
Denn ihren Geliebten gibt sie Schlaf.
Ja, Söhne sind ein Geschenk der Herrin,
Und Kindersegen ist eine Belohnung.
Wie Pfeile in der Hand eines Kriegers,
So sind die Söhne der Jugendkraft:
Wohl dem Manne, der mit ihnen
Seinen Köcher gefüllt hat!
Die werden nicht zuschanden, wenn sie verhandeln
Mit ihren Widersachern im Stadttor.


CXXVIII

Ein Wallfahrtslied.
Wohl jedem, der die Herrin fürchtet
Und auf ihren Wegen wandelt!
Deiner Hände Erwerb darfst du genießen:
Wohl dir, du hast es gut!
Deine Frau gleicht einem fruchtbaren Weinstock
Im Innern deines Hauses;
Deine Kinder sind wie Ölbaumtriebe
Rings um deinen Tisch.
Ja, wahrlich, so wird der Mann gesegnet,
Der da fürchtet die Herrin.
Dich segne die Herrin von Zion her,
Dass du schaust deine Lust
An Jerusalems Glück dein Leben lang
Und siehst Kinder von deinen Kindern!
Heil Israel!


CXXIX

Ein Wallfahrtslied.
Sie haben mich hart bedrängt von meiner Jugend an,
So bekenne Israel,
Sie haben mich hart bedrängt von meiner Jugend an,
Aber mich doch nicht überwältigt.
Auf meinem Rücken haben die Pflüger gepflügt
Und lange Furchen gezogen;
Doch die Herrin ist gerecht:
Sie hat zerhauen der Göttinlosen Stricke.
Zuschanden müssen werden und rückwärts weichen
Alle, die Zion hassen!
Sie müssen gleichen dem Gras auf den Dächern,
Das dürr schon ist, bevor es in Halme schießt,
Mit dem der Schnitter seine Hand nicht füllt,
Noch der Garbenbinder seinen Arm,
Und bei dem, der des Weges vorübergeht, nicht ruft:
Der Göttin Segen sei über euch!
Wir segnen euch im Namen der Herrin!


CXXX

Ein Wallfahrtslied.
Aus der Tiefe rufe ich, Herrin, zu dir:
Allherrin, höre auf meine Stimme,
Lass deine Ohren merken auf mein lautes Flehen!
Wenn du, Herrin, Sünden anrechnen willst,
O Allherrin, wer könnte bestehen?
Doch bei dir ist die Vergebung,
Auf dass man dich fürchte.
Ich harre der Herrin, meine Seele harrt,
Und ich warte auf ihr Wort;
Meine Seele harrt auf die Allherrin
Sehnsuchtsvoller als die Wächter auf den Morgen.
Sehnsuchtsvoller als die Wächter auf den Morgen
Harre, Israel, auf die Herrin!
Denn bei der Herrin ist die Gnade
Und Erlösung bei ihr in Fülle,
Und sie wird Israel erlösen
Von allen seinen Sünden.


CXXXI

Ein Wallfahrtslied Davids.
Herrin, mein Herz ist nicht hochfahrend,
Und meine Augen erheben sich nicht stolz;
Ich gehe nicht mit Dingen um,
Die vermessen sind und mir zu hoch.
Nein, ich habe mein Herz beruhigt und gestillt;
Wie ein gestilltes Kind an der Mutter Busen,
So ruht gestillt mein Herz in mir.
Israel, harre der Herrin
Von nun an bis in Ewigkeit.


CXXXII

Ein Wallfahrtslied.
Gedenke, Herrin, dem David all seine Mühsal,
Ihm, der der Herrin einst schwor
Und gelobte Jakobs mächtiger Göttin:
Wahrlich, ich will mein Wohnzelt nicht betreten,
Nicht mein Ruhelager besteigen;
Ich will meinen Augen den Schlaf nicht gönnen,
Nicht Schlummer meinen Augenlidern,
Bis ich eine Stätte der Herrin gefunden,
Eine Wohnung für Jakobs mächtige Göttin!
Ja, wir haben von ihr gehört in Ephratha,
Sie gefunden im Gefilde von Jaar:
Lasst uns in ihre Wohnung treten,
Uns niederwerfen vor dem Schemel ihrer Füße!
Brich auf, o Herrin, zu deiner Ruhestätte,
Du und die Lade deiner Macht!
Lass deine Priester sich kleiden in Gerechtigkeit,
Und deine Frommen mögen jubeln!
Um deines Knechtes David willen
Weise das Antlitz deines Gesalbten nicht ab!
Geschworen hat die Herrin dem David einen Eid,
Einen wahren Eid, von dem sie nicht abgeht:
Von deinen leiblichen Sprossen
Will einen ich setzen auf deinen Thron.
Wenn deine Söhne meinen Bund beachten
Und meine Zeugnisse, die ich sie lehren werde,
So sollen auch ihre Söhne für immer
Sitzen auf deinem Thron.
Denn die Herrin hat Zion erwählt,
Hat Zion zu ihrer Wohnung begehrt:
Dies ist meine Ruhestätte für immer,
Hier will ich wohnen, weil ich es so begehrt.
Zions Nahrung will ich reichlich segnen,
Seine Armen sättigen mit Brot;
Seine Priester werde in Heil ich kleiden,
Seine Frommen sollen laut frohlocken.
Dort will ich Davids Macht erblühen lassen;
Eine Leuchte habe ich meinem Gesalbten bereitet.
Seine Feinde will ich kleiden in Schmach,
Doch ihm soll auf dem Haupt die Krone glänzen.


CXXXIII

Ein Wallfahrtslied Davids.
Seht, wie schön und wie lieblich ist ees,
Wenn Brüder friedlich beisammen wohnen!
Das gleicht dem köstlichen Öl auf dem Haupt,
Das herab läuft in den Bart,
In Aarons Bart, der nieder wallte
Auf den Saum seines Gewandes.
Es gleicht dem Tau vom Hermon, der niederfällt
Auf die Berge Zions;
Denn dorthin hat die Herrin den Segen entboten,
Leben bis in Ewigkeit.


CXXXIV

Ein Wallfahrtslied.
Wohlan, preist die Herrin, alle ihr Diener der Herrin,
Die ihr steht in den Nächten im Hause der Herrin!
Erhebt eure Hände zum Heiligtum hin
Und preist die Herrin!
Dich segne die Herrin von Zion her,
Die Schöpferin von Himmel und Erde!


CXXXV

Halleluja!
Preist den Namen der Herrin,
Preist sie, ihr Diener der Herrin,
Die ihr steht im Hause der Herrin,
In den Höfen am Haus unserer Göttin!
Preist die Herrin, denn gütig ist die Herrin;
Lobsingt ihren Namen, denn lieblich ist er!
Denn Jakob hat die Herrin sich erwählt
Und Israel sich zum Eigentum erkoren.
Ja, ich weiß es: groß ist die Herrin,
Und unsere Göttin steht über allen Göttern;
Alles, was der Herrin gefällt, das führt sie aus
Im Himmel und auf Erden,
In den Meeren und allen Tiefen.
Sie ist es, die Wolken heraufführt vom Ende der Erde,
Die Blitze bei Gewitterregen schafft,
Die den Wind aus seinen Speichern heraus lässt.
Sie war es, die Ägyptens Erstgeburten schlug
Unter Menschen wie beim Vieh;
Die Zeichen und Wunder sandte in deine Mitte, Ägypten,
Gegen den Pharao und all seine Knechte.
Sie war es, die viele Völker schlug
Und mächtige Könige tötete:
Sihon, den König der Amoriter,
Und Og, den König von Baschan,
Und alle Königreiche Kanaans,
Und ihr Land als Erbbesitz hingab,
Als Erbe ihrem Volke Israel.
O Herrin, dein Name währt ewig,
Dein Gedächtnis, o Herrin,
Von Geschlecht zu Geschlecht,
Denn die Herrin schafft Recht ihrem Volk
Und erbarmt sich über ihre Knechte.
Die Götter der Heiden sind nur Silber und Gold,
Das Machwerk von Menschenhänden;
Sie haben einen Mund und können nicht reden,
Haben Augen und sehen nicht;
Haben Ohren und können nicht hören,
Auch ist kein Atem in ihrem Munde.
Ihnen gleich sind ihre Verfertiger,
Jeder, der auf sie vertraut.
Ihr vom Hause Israel, preist die Herrin!
Ihr vom Hause Aaron, preist die Herrin!
Ihr vom Hause Levi, preist die Herrin!
Ihr, die ihr fürchtet die Herrin, preist die Herrin!
Gepriesen sei die Herrin von Zion aus,
Sie, die da wohnt in Jerusalem!
Halleluja!


CXXXVI

Dankt der Herrin, denn sie ist freundlich,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Dankt der Göttin der Götter,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Dankt der Herrin der Herrinnen,
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Ihr, die große Wunder tut, sie allein:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die den Himmel mit Weisheit geschaffen:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die die Erde über den Wassern ausgebreitet:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die die großen Lichter geschaffen:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die Sonne zur Herrschaft am Tage:–
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Den Mond und die Sterne zur Herrschaft bei Nacht:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Ihr, die Ägypten schlug an seinen Erstgeburten:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und Israel aus ihrer Mitte führte:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Mit starker Hand und hoch erhobenem Arm:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die das Schilfmeer in zwei Teile zerschnitt:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und Israel mitten hindurchziehen ließ:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und den Pharao und sein Heer ins Schilfmeer stürzte:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Ihr, die ihr Volk durch die Wüste führte:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die große Herrscher schlug:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und mächtige Herrscher tötete:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Sihon, den König der Amoriter:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und Og, den König von Baschan:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und deren Land als Erbbesitz hingab:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Als Erbbesitz ihrem Knechte Israel:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Ihr, die in unsrer Erniedrigung unser gedachte:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Und uns von unsern Drängern befreite:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Die Nahrung allen Geschöpfen gibt:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!
Dankt der Göttin des Himmels:
Ja, ewiglich währt ihre Gnade!


CXXXVII

An Babels Strömen, da saßen wir und weinten,
Wenn Zions wir gedachten;
An die Weiden, die dort stehen,
Hängten wir unsre Harfen;
Denn Lieder verlangten von uns dort unsre Zwingherrn,
Und unsre Peiniger hießen uns fröhlich sein:
Singt uns eins von euren Zionsliedern!
Wie sollten wir singen die Lieder der Herrin
Auf fremdem Boden?
Vergesse ich dich, Jungfrau Jerusalem,
So verdorre mir die rechte Hand!
Die Zunge bleibe mir am Gaumen kleben,
Wenn ich deiner nicht eingedenk bleibe,
Wenn ich Jerusalem nicht stelle über alles,
Was mir Freude macht!
Gedenke, Herrin, den Söhnen Edoms
Den Unglückstag Jerusalems,
Wie sie riefen: Reißt nieder, reißt nieder
Bis auf den Grund!
Bewohnerschaft Babels, Verwüsterin!
Heil dem, der dir vergilt
Dasselbe, was du an uns verübt!
Heil dem, der deine Kindlein packt
Und am Felsen der Wahrheit sie zerschmettert!


CXXXVIII

Von David.
Danken will ich dir, Herrin, von ganzem Herzen,
Vor den Göttern will ich dir lobsingen;
Vor deinem heiligen Tempel will ich anbeten
Und deinen Namen preisen
Wegen deiner Gnade und Treue;
Denn über deinen ganzen Namen hinaus
Hast dein Wort du groß gemacht.
Als ich rief zu dir, da hast du mich erhört,
Hast mir Mut verliehen: in mein Herz kam Kraft.
Danken werden dir, Herrin, alle Könige der Erde,
Wenn sie hören die Worte deines Mundes,
Und werden singen vom Walten der Herrin,
Denn groß ist die Herrlichkeit der Herrin.
Denn die Herrin ist erhaben
Und sieht doch den Niedrigen,
Den Stolzen aber erkennt sie schon von ferne.
Wenn ich auch mitten in Drangsal wandle,
Erhältst du mir dennoch das Leben;
Du streckst deine Hand aus gegen die Wut meiner Feinde,
Und deine Rechte hilft mir.
Die Herrin wird es mir zum Heil vollführen;
O Herrin, deine Gnade walte für immer:
Lass die Werke deiner Hände nicht im Stich!


CXXXIX

Dem Musikmeister, von David ein Psalm.
Herrin, du erforschest mich und kennst mich;
Du weißt es, ob ich sitze oder aufstehe,
Du verstehst, was ich denke, von ferne;
Ob ich wandre oder ruhe, du prüfst es
Und bist mit all meinen Wegen vertraut;
Denn ehe ein Wort auf meiner Zunge liegt,
Kennst du, o Herrin, es schon genau.
Du hältst mich von hinten und von vorne umschlossen
Und hast deine Hand auf mich gelegt.
Zu wunderbar ist solches Wissen für mich,
Zu hoch: ich vermag es nicht zu begreifen!
Wohin soll ich gehen vor deinem Geist
Und wohin fliehen vor deinem Angesicht?
Führe ich auf zum Himmel, so wärst du da,
Und lagerte ich mich in der Unterwelt, so wärst du dort;
Nähme ich Schwingen der Morgenröte zum Flug
Und ließe mich nieder am äußersten Westmeer,
So würde auch dort deine Hand mich führen
Und deine Rechte mich fassen;
Und spräche ich: Lauter Finsternis soll mich umhüllen
Und Nacht sei das Licht um mich her,
Auch die Finsternis würde für dich nicht finster sein,
Vielmehr die Nacht dir leuchten wie der Tag:
Finsternis wäre für dich wie das Licht.
Denn du bist es, die mein Innerstes gebildet,
Mich gewoben im Schoß meiner Mutter.
Ich danke dir, dass ich so überaus wunderbar bereitet bin:
Wunderbar sind deine Werke,
Und meine Seele erkennt das wohl.
Meine Wesensgestaltung war dir nicht verborgen,
Als im Dunkeln ich gebildet ward,
Kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde.
Deine Augen sahen mich schon als formlosen Keim,
Und in deinem Buch standen eingeschrieben
Alle Tage, die vorher bedacht waren,
Als noch keiner von ihnen da war.
Für mich nun, wie kostbar sind deine Gedanken, o Göttin,
Wie gewaltig sind ihre Summen!
Wollte ich sie zählen: ihrer sind mehr als des Sandes;
Wenn ich erwache, bin ich noch immer bei dir.
Möchtest du doch die Frevler töten, o Göttin!
Und ihr Männer der Blutschuld, weicht von mir!
Sie, die von dir mit Arglist reden,
Mit Falschheit reden als deine Widersacher.
Sollte ich nicht hassen, die dich, Herrin, hassen,
Nicht verabscheuen, die sich erheben gegen dich?
Ja, ich hasse sie mit tödlichem Hass:
Als Feinde gelten sie mir.
Erforsche mich, Göttin, und erkenne mein Herz,
Prüfe mich und erkenne meine Gedanken!
Und sieh, ob ich wandle auf betrügerischem Wege,
Und leite mich auf dem ewigen Wege!


CXL

Dem Musikmeister, ein Psalm von David.
Rette mich, Herrin, von den bösen Menschen!
Vor den Männern der Gewalttat schütze mich,
Die auf Böses im Herzen sinnen
Und allezeit Streit erregen!
Sie spitzen ihre Zungen der Schlange gleich,
Otterngift ist hinter ihren Lippen.
Sela.
Behüte mich, Herrin, vor den Händen der Frevler!
Vor den Männern der Gewalttat schütze mich,
Die darauf sinnen, zu Fall mich zu bringen!
Die Frechen legen mir heimlich Schlingen und Fallstricke,
Spannen Netze aus zur Seite des Wegs
Und stellen mir Fallen.
Sela.
Ich sage zur Herrin: Du bist meine Göttin,
Vernimm, o Herrin, mein lautes Flehen!
O Herrin, meine Göttin, meine starke Hilfe,
Du hast mein Haupt beschirmt am Tage des Kampfes:
Gewähre nicht, Herrin, die Gelüste der Frevler,
Lass ihr böses Trachten nicht gelingen!
Sela.
Erheben sie das Haupt rings um mich her,
So falle das Unheil ihrer Lippen auf sie selbst!
Sie lasse glühende Kohlen auf sie regnen,
Ins Feuer stürze sie sie,
In Wasserfluten, dass sie nicht aufstehen können!
Der Verleumder wird keinen Halt im Lande gewinnen;
Den Mann der Gewalttat jage das Unglück Stoß auf Stoß!
Ich weiß, die Herrin wird führen des Elenden Sache,
Den Rechtsstreit der Armen.
Die Gerechten werden deinen Namen preisen,
Die Redlichen bleiben wohnen vor deinem Angesicht.


CXLI

Ein Psalm Davids.
Herrin, ich rufe dich, eile mir zu Hilfe!
Vernimm meine Stimme, wenn ich zu dir rufe!
Lass mein Gebet dir als Räucherwerk gelten,
Das Aufheben meiner Hände als Abendopfer!
Stelle, o Herrin, eine Wache vor meinen Mund,
Behüte das Tor meiner Lippen!
Lass mein Herz sich nicht neigen zu bösem Tun,
Dass ich göttinlose Taten verübe
Im Verein mit Männern, die Übeltäter sind:
Ich mag nicht essen von ihren Leckerbissen!
Schlägt mich ein Gerechter: das ist Liebe,
Und weist er mich zurecht: das ist Salbe fürs Haupt;
Nicht soll mein Haupt dagegen sich sträuben;
Denn noch ist es der Fall, dass für ihre Nöte
Mein Gebet erfolgt.
Sind ihre Richter eine Felswand hinabgestürzt worden,
So wird man hören, dass meine Worte lieblich sind.
Wie einer das Erdreich durchfurcht und aufreißt,
So sind unsere Gebeine hingestreut
Für den Rachen der Unterwelt.
Denn auf dich, o Allherrin, sind meine Augen gerichtet,
Bei dir suche ich Zuflucht:
Gib mein Leben nicht hin in den Tod!
Behüte mich vor der Schlinge, die sie mir gelegt,
Und vor den Fallstricken der Übeltäter!
Lass die Frevler fallen in ihre eigenen Netze,
Während ich zugleich daran vorübergehe!


CXLII

Ein Lehrgedicht Davids,
Als er sich in der Höhle befand, ein Gebet.
Laut schreie ich zur Herrin,
Laut flehe ich zur Herrin,
Ich schütte meine Klage vor ihr aus,
Tue kund vor ihr meine Not.
Wenn mein Geist in mir verzagt,
Du kennst doch meinen Lebenspfad.
Auf dem Wege, den ich wandeln will,
Hat man mir heimlich ein Fangnetz ausgespannt.
Blicke ich nach rechts und halte Umschau:
Ach, da ist keiner, der mich versteht!
Verschlossen ist mir jede Zuflucht:
Niemand fragt nach mir!
Ich schreie, Herrin, zu dir,
Ich sage: Du bist meine Zuflucht,
Mein Anteil im Lande der Lebenden!
Ach, merke auf mein Flehen,
Denn ich bin sehr schwach geworden!
Rette mich vor meinen Verfolgern,
Denn sie sind mir zu stark!
Führe mich aus der Umkreisung hinaus,
Damit ich deinen Namen preise!
Die Gerechten werden bei mir erwarten,
Dass du mir wohltust.


CXLIII

Ein Psalm Davids.
Herrin, höre mein Gebet,
Vernimm mein Flehen um deiner Treue willen!
Erhöre mich nach deiner Gerechtigkeit
Und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht!
Denn vor dir ist kein Lebender gerecht.
Ach, der Feind verfolgt meine Seele,
Er hat mein Leben zu Boden geschlagen,
Er versetzt mich in Nacht wie die längst Gestorbenen.
Nun will mein Geist in mir verzagen,
Mein Herz erstarrt mir in der Brust.
Ich gedenke der früheren Tage,
Rufe all deine Taten mir ins Gedächtnis,
Denke über dein ganzes Walten nach;
Ich breite meine Hände aus zu dir:
Meine Seele dürstet nach dir wie lechzendes Land.
Sela.
Eile, mich zu erhören, o Herrin:
Mein Geist ist verzagt!
Verhülle dein Angesicht nicht vor mir,
Sonst werde ich denen gleich, die ins Totenreich gefahren.
Lass schon früh am Morgen mich deine Gnade erfahren,
Denn auf dich vertraue ich!
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll,
Denn zu dir erhebe ich meine Seele!
Rette mich, Herrin, von meinen Feinden:
Zu dir nehme ich meine Zuflucht!
Lehre mich das dir Wohlgefällige tun,
Denn du bist meine Göttin:
Dein heiliger Geist führe mich auf ebener Bahn!
Um deines Namens willen, Herrin,
Erhalte mich am Leben,
Nach deiner Gerechtigkeit hilf mir aus der Not,
Und nach deiner Gnade vertilge meine Feinde
Und vernichte alle, die meine Seele bedrängen;
Ich bin ja dein Knecht!


CXLIV

Von David.
Gepriesen sei die Herrin, mein Fels,
Die meine Fäuste tüchtig gemacht zum Kampf,
Meine Finger geschickt zum Kriege,
Meine Wohltäterin und meine Burg,
Meine Festung und meine Retterin,
Mein Schild und die, auf die ich vertraue;
Völker hat sie mir unterworfen!
Herrin, was ist der Mensch, dass du ihn beachtest,
Und des Menschen Sohn, dass du seiner gedenkst?
Der Mensch gleicht einem Hauch,
Seine Tage sind wie ein Schatten, der vorüberfliegt.
Herrin, neige deinen Himmel und fahre herab,
Rühre die Berge an, dass sie rauchen!
Schleudre Blitze und zerstreue meine Feinde,
Schieß deine Pfeile ab und lass sie zerstieben!
Strecke deine Hände aus der Höhe herab,
Reiß mich heraus
Und rette mich aus gewaltigen Fluten,
Aus der Hand der Söhne der Fremde,
Deren Lippen Lügen reden
Und deren Rechte mit Täuschung umgeht.
Göttin, ein neues Lied will ich dir singen,
Auf zehnsaitiger Harfe dir spielen:
Dir, die den Königen Sieg verleiht,
Die David, ihren Knecht, entrissen
Dem mörderischen Schwert.
Reiß mich heraus
Und rette mich aus der Hand der Söhne der Fremde,
Deren Lippen Lügen reden
Und deren Rechte mit Täuschung umgeht! –
O gib, dass unsere Söhne in ihrer Jugendkraft
Hochgewachsenen Bäumen gleichen!
Dass unsere Töchter seien
Wie schön gemeißelte Säulen
An prächtig gebauten Palästen!
Dass unsre Speicher, gut gefüllt,
Spenden einen Vorrat nach dem andern!
Dass unser Kleinvieh sich tausendfach mehre,
Zehntausendfach auf unsern Triften!
Dass unsre Rinder trächtig seien
Ohne Missgeschick und ohne Fehlgeburt,
Keine Spaltung im Volk
Und kein Wehgeschrei auf unsern Straßen!
Glückselig das Volk, dem es so ergeht!
Glückselig das Volk, dessen Göttin die Herrin ist!


CXLV

Ein Loblied von David.
Ich will dich erheben, meine Göttin, Königin,
Und deinen Namen preisen immer und ewig!
An jedem Tage will ich dich preisen
Und deinen Namen rühmen immer und ewig!
Groß ist die Herrin und hoch zu rühmen,
Und ihre Größe ist unerforschlich.
Ein Geschlecht wird dem andern rühmen deine Werke
Und kundtun deine gewaltigen Taten.
Von der herrlichen Pracht deiner Majestät will ich reden,
Und von deinen Wundertaten will ich singen.
Von der Macht deines Waltens wird man reden,
Und von deiner Größe will ich erzählen!
Den Ruhm deiner reichen Güte wird man verkünden
Und jubelnd preisen deine Gerechtigkeit.
Gnädig und barmherzig ist die Herrin,
Langmütig und reich an Güte.
Die Herrin ist gütig gegen alle,
Und ihr Erbarmen umfasst alle ihre Werke.
Alle deine Werke werden dich loben, Herrin,
Und deine Frommen dich preisen;
Die Herrlichkeit deines Königtums werden sie rühmen
Und reden von deiner Macht,
Um den Menschenkindern kundzutun
Ihre mächtigen Taten
Und die herrliche Pracht ihres Königtums.
Dein Reich ist ein Reich für alle Ewigkeiten,
Und deine Herrschaft besteht durch alle Geschlechter.
Getreu ist die Herrin in ihren Worten
Und heilig in all ihrem Tun.
Die Herrin stützt alle Fallenden
Und richtet alle Gebeugten auf.
Aller Augen warten auf dich,
Und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit;
Du tust deine Hand auf
Und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.
Gerecht ist die Herrin in all ihrem Walten
Und liebreich in all ihrem Tun.
Die Herrin ist nahe allen, die sie anrufen,
Allen, die sie in Treue anrufen;
Sie erfüllt das Begehren derer, die sie fürchten,
Sie hört ihr Schreien und hilft ihnen.
Die Herrin behütet alle, die sie lieben,
Doch alle Frevler rottet sie aus.
Mein Mund soll verkünden den Lobpreis der Herrin,
Und alle Welt soll preisen ihren heiligen Namen
Immer und ewig!


CXLVI

Halleluja!
Lobe die Herrin, meine Seele!
Loben will ich die Herrin, solange ich lebe,
Will meiner Göttin lobsingen, solange ich bin!
Verlasst euch nicht auf Herren,
Nicht auf Männer, die ja nicht helfen können!
Geht der Atem ihnen aus,
So kehren sie zurück zum Staube;
Am gleichen Tage ist es aus mit ihren Plänen.
Wohl dem, dessen Hilfe die Göttin Jakobs ist,
Dessen Hoffnung ruht auf der Herrin, seiner Göttin,
Auf sie, die Himmel und Erde geschaffen,
Das Meer mit allem, was in ihnen ist,
Die Treue ewiglich hält;
Die Recht den Unterdrückten schafft
Und Brot den Hungrigen gibt.
Die Herrin macht die Gefangenen frei;
Die Herrin gibt Blinden das Augenlicht,
Die Herrin richtet die Gebeugten auf,
Die Herrin hat lieb die Gerechten;
Die Herrin behütet den Fremdling;
Waisenkinder und Witwen hält sie aufrecht;
Doch den Weg der Göttinlosen macht sie zum Irrweg.
Die Herrin wird Königin in Ewigkeit sein,
Deine Göttin, o Zion, für immer!
Halleluja!


CXLVII

Preist die Herrin!
Denn schön ist es,
Unserer Göttin zu lobsingen,
Ja, lieblich und schön ist der Lobgesang.
Die Herrin baut Jerusalem wieder auf,
Sie sammelt Israels zerstreute Söhne;
Sie heilt, die zerbrochenen Herzens sind,
Und verbindet ihre Wunden;
Sie bestimmt den Sternen ihre Zahl
Und ruft sie alle mit Namen.
Groß ist unsere Herrin und allgewaltig,
Für ihre Weisheit gibt es kein Maß.
Die Herrin hilft den Gebeugten auf,
doch die Göttinlosen stürzt sie nieder zu Boden.
Stimmt für die Herrin ein Danklied an,
Spielt unserer Göttin auf der Zither,
Ihr, die den Himmel mit Wolken bedeckt
Und Regen schafft für die Erde,
Die Gras auf den Bergen sprießen lässt,
Die den Tieren ihr Futter gibt,
Den jungen Raben, die zu ihr schreien!
Sie hat nicht Lust an der Stärke des Rosses,
Nicht Gefallen an den Schenkeln des Mannes;
Gefallen hat die Herrin an denen, die sie fürchten,
An denen, die auf ihre Gnade harren.
Preise die Herrin, Jerusalem,
Lobsinge, Zion, deiner Göttin!
Denn sie hat die Riegel deiner Tore stark gemacht,
Sie hat gesegnet deine Kinder in deiner Mitte;
Sie schafft deinen Grenzen Sicherheit,
Sie sättigt dich mit dem Mark des Weizens.
Sie lässt ihr Machtwort nieder zur Erde gehen:
Eilig läuft ihr Gebot dahin;
Sie sendet Schnee wie Wollflocken
Und streut den Reif wie Asche aus;
Sie wirft seinen Hagel wie Brocken herab:
Wer kann bestehen vor seiner Kälte?
Doch lässt sie ihr Gebot ergehen,
So macht sie ihn schmelzen;
Lässt sie wehen ihren Tauwind,
So rieseln die Wasser.
Sie hat Jakob ihr Wort verkündet,
Israel ihr Gesetz und ihre Rechte.
Mit keinem anderen Volk ist sie so verfahren,
Darum kennen sie ihre Rechte nicht.
Halleluja!


CXLVIII

Halleluja!
Lobt die Herrin vom Himmel her,
Lobt sie in den Himmelshöhen!
Lobt sie, alle ihre Engel,
Lobt sie, alle ihre Heerscharen!
Lobt sie, Sonne und Mond,
Lobt sie, alle ihr leuchtenden Sterne!
Lobt sie, ihr Himmel der Himmel
Und ihr Wasser oberhalb des Himmels!
Loben sollen sie den Namen der Herrin,
Denn sie gebot, da waren sie geschaffen,
Und sie hat sie hingestellt für immer und ewig
Und ihnen ein Gesetz gegeben, das übertreten sie nicht.
Lobt die Herrin von der Erde her,
Ihr Seeungeheuer und alle Meeresfluten,
Du Feuer und Hagel, du Schnee und Nebel,
Du Sturmwind, der ihr Gebot vollzieht;
Ihr Berge und Hügel allesamt,
Ihr Fruchtbäume und Zedern allzumal,
Ihr Tiere alle, wilde und zahme,
Du Gewürm und ihr beschwingte Vögel,
Ihr Könige der Erde und alle Völkerschaften,
Ihr Fürsten und alle Richter auf Erden,
Ihr Jünglinge mitsamt den Jungfrauen,
Ihr Greise samt den Jungen!
Sie alle sollen loben den Namen der Herrin,
Denn ihr Name allein ist erhaben;
Ihre Majestät überragt die Erde und den Himmel.
Sie hat ihr Volk aufs neue zu Ehren gebracht:
Ein Ruhm ist das für alle ihre Frommen,
Für Israels Söhne, das Volk,
Das ihr am nächsten steht.
Halleluja!


CXLIX

Halleluja!
Singt der Herrin ein neues Lied,
Ihren Lobpreis in der Versammlung der Frommen!
Es freue sich Israel seiner Schöpferin,
Zions Söhne sollen jubeln über ihre Königin!
Sie sollen ihren Namen preisen im Reigentanz,
Mit Pauken und Zithern ihr spielen!
Denn die Herrin hat Wohlgefallen an ihrem Volk;
Sie schmückt die Gebeugten mit Sieg.
Frohlocken sollen die Frommen mit Stolz,
Sollen jauchzen auf ihren Lagern,
Lob der Göttin im Mund
Und ein doppelschneidiges Schwert in der Hand:
Um Rache zu vollziehen an den Heiden,
Vergeltung an den Heiden,
Um ihre Herren mit Ketten zu binden
Und ihre Reichen mit eisernen Fesseln,
Um das längst geschriebene Urteil
An ihnen zu vollstrecken:
Eine Ehre ist dies für alle ihre Frommen!
Halleluja!


CL

Halleluja!
Lobt die Göttin in ihrem Heiligtum,
Lobt sie in ihrer starken Festung!
Lobt sie wegen ihrer Wundertaten,
Lobt sie nach ihrer gewaltigen Größe!
Lobt sie mit Posaunenschall,
Lobt sie mit Harfe und Zither!
Lobt sie mit Pauke und Reigentanz,
Lobt sie mit Saitenspiel und Flöte!
Lobt sie mit hell klingenden Zimbeln,
Lobt sie mit laut schallenden Zimbeln!
Alles, was Atem hat, lobe die Herrin!
Halleluja!