HERMANN DER CHERUSKER

GEDICHTZYKLUS VON TORSTEN SCHWANKE


I


Hermann, der herrliche / Held

Der Teutonen, / und Thumeliko

Zogen durchs deutsche Detmold, / die Degen,

Zur Ruhe des Reichs / gegen die Römer,

Freiten die Frau / Freiheit,

Vater und Fant, / beste Freunde,

Stolz der Starken, / Städtewanderer,

Mit gewaltigem Wagen / ohne die Weiber,

Auf der Ahnen / altem Acker,

Mit Mut die Germanen / unter dem Mond,

An den Externsteinen anbetend / Allvater!

Hermann unter dem Himmel / und Hermanns Sohn

Feierten Freiheit / und Frieden

Und segneten des Bundes Brüder / beim Becher.



II


Endlich Aufbruch / zu neuen Ufern,

Zu Thusbelda und Thumeliko / von Teutoburg,

Die Denker und Dichter / des blonden Deutschland

Zu weihen dem göttlichen Weib / auf Wallfahrt,

Unserer Frau des Friedens / und der Freiheit,

Dass sie der Kirche Kristi, / des Königs,

Schenke zurück den rechten, / redlichen Glauben

An das Buch des Gebets, / die heilige Bibel.

Hermann und Hermanns Sohn / unter dem Himmel

Auf der Ahnen Acker / anbeten

Und bitten für die Brüder / des Bundes,

Bei dem Becher / der Bruderliebe

Und dem weißen Weizen / der göttlichen Weisheit.

Aber der Barde, der Bruder / singt sein Gebet

In den frommen Versen / deutscher Volkskunst.



III


Im Volksahnen- und Familien- / Fimmel

Hermann und Hermanns Sohn / pilgern nach Herford.

Nicht Blut und Boden und andres Erbrochenes

Dichte ich den Deutschen, / sondern Roms Deus Dominus,

Denn ob ich Thorstein getauft, / bet ich doch nicht zu Thor.

Ich bin aus dem Reich des Riesen / Radbod,

Der freien Frisia / mit den blonden Frauen,

Ich sang als Kind von Siegfried / und dem Schatz

Und liebte die gütige Gudrun / in Nachbars Garten.

Aber beim Blut des Bonifatius / und dem Becher des Altars

Schwöre ich auf Jesus und Josef / und die Jungfrau.



IV


Im deutschen Detmold / ein Denkmal:

Die schöne Mutter der Schmerzen / schaut

Auf den seligen Sohn, / die untergegangene Sonne.

An den Externsteinen / angebracht

Von der Kirche die Kreuzabnahme / Kristi,

Von Maria Magdalena / der Mutter in den Schoß gelegt.

Im priesterlichen Paderborn / regiert Petrus,

Und die betenden Bauern / lesen die Bibel.

Wo ist Hermann und Hermanns Sohn / heute?

Im Haus der heiligen Kirche / in Heiligenkirchen?

Und Tusnelda, die nette, / die niedliche,

Ist sie im Reich von Rom, / Opfer der Rache?

Und Thumeliko, glaubt er an Teut, / Mana oder Thor?

Betet er Allvater an, / den Vater des Alls?

Trommeln Heiden auf der Heide / des heiligen Paderborn?

Oder kommen die Kristen / der Kirche zurück?

Des schönen Deutschland Schicksal / steht in den Sternen,

Siegt der teutonische Thor, / der alte Teufel,

Oder der Priester Petrus, / der Pontifex?

Ich aber bete beim Blut / des Bundes,

Dass in der kommenden Kirche / Kristus triumphiert!



V


Herrlicher Hermann / im heiligen Hain,

Siehst du das süße / gottselige

Minden, die Mutter / der Minnesängerin?

Gertrud, die Große, / die Göttliche,

Hat mich gegrüßt im Grund / der großen Dichter,

Mit der weißen Novizin, / der Tochter der Weisheit,

Die ich fröhlich gefreit / mit frohem Mut,

Doch die Weiße Dame / erschien mir in Deutschland,

Mehr als die Nonne in der Nacht / des Nichts,

Eine himmlische Herrin / voll Heiligkeit,

Die ich singen soll / wie Seraphim,

Die kluge Königin / des Kosmos!

Also vom Minden der Minne / sing ich zur Minnedame,

Zur deutschen Dirne / im Reiche des wahren Donar.



VI


Im heiligen römischen Reich / der riesigen deutschen Nation

Der Kaiser ward gekrönt / von Kristi Stellvertreter.

Komm, mein Kaiser, / ich kränze dich mit Lorbeer

Oder mit inländischem / Eichenkranz.

Schon träume ich vom Thron / des treuen Kaisers,

Da die Häuptlinge heute / sich alle hassen

Und zanken um den Zankapfel / wie Zicken.

Aber die deutschen Bischöfe denken / wie Dummköpfe,

Dass es die Kirche Kristi / gäbe ohne Kreuz.

Aber auch im Reich von Rom / herrscht nicht das Recht

Und der Pontifex und Papst, / Petri Nachfolger,

Er wird enden / in seinem Irrtum.

Deutsche Dichter / und christliche Denker

Beten jetzt schon zu Jesus, / Jahwes Sohn,

Für den kommenden Papst und Pontifex, / Sankt Petrus

Erbitte im Gebet / nach dem Wort der Bibel

Uns den rechten Richter / und Retter,

Dass Donars Deutschland sich bekehre / zum Dominus Deus.

Aber ob ichs noch erlebe, / dass Allvater herrsche

Und sich bekehrt die Kirche / wieder zu Kristus?

Ich bin der Träumer, der träumt / von Tropfen Blut im Schnee,

Bin die scheue Schwalbe / vor dem schönen Frühling.



VII


Großartig ist die große / Pilgerfahrt zum Grabe

Kristi, des Königs / der deutschen Kirche.

In mystischem mildem Nebel / seh ich den Mann des Herrn

Wie einen riesigen Recken / ragen in den Himmel,

Ganz in Gold, / wie ein junger Gott,

Erhebt der Starke das Schwert / zum Schutz der Heimat.

Hier grüße ich die weißen Weiber / von Welschland

Und die zärtlichen zarten / Französinnen,

Weiber der Wonne, / Töchter der Weisheit.

Und in der Nacht starken Sturmes / steh ich als Mann

Im heiligen Hain / unter dem Himmel

Zwischen ehernen Eichen / und eisernen Fichten

Und seh den milden Mond / über Germanien,

O die goldene große / Göttin der Liebe!

Morgen aber in Minne / fahr ich zur Magd Maria,

Der heiligen Herrin / von Herford.

Das aber gibt dem deutschen / Dichter dann

Ganz andere Minnelieder der makellosen / Mutter!



VIII


Die germanischen Mächte / mag ich nicht,

Allein die Einzige, / meine Eine,

Freyja, die Liebe Frau, / das Freudenmädchen,

Blond ist die Blume / mit blauen Augen,

Zart trägt die Zärtliche / ihren Zopf,

Und ihr heiliger Halsschmuck / ist herrlich.

Der Freitag ist heilig Freyja, / der Frau und Göttin,

Und Katzen mit klaren Augen / klammern sich an sie.

Folkwang ist der freie Himmel / der Lieben Frau,

Nicht wie in Walhalla die Helden / sich hauen

Und dann bechern nach dem Blut / mit Met und Bier.

Nein, im Folkwang der Frau / die Freier und Freudenmädchen

Wie im Mond des Maien / feiern die Minne.

Himmelsköniginnen die Konkubinen, / die Walkyren,

Schöne Schwanenmädchen / tauchen aus dem Schaum.

Einst fand ich eine, / die Schönste von allen,

Die badete nackt des Nachts / im See den niedlichen Leib.

Ihr schönes Schwanengefieder / lag in der Stille

Am anderen Ufer / der heiligen Insel.

Ich raubte im rosigen Morgen, / da Rehe mich ansahn,

Der Königin Kleid, / und nackt die Konkubine

Lag in meinen Armen in Minne, / die Magd der Götter.



IX


Teurer Thumeliko, / echter Teutone,

Wir ehren unsere edlen / Ahnen.

Deine Mutter Thusnelda, die niedliche, / nette,

Ist Tochter des grauen Segestes, / des grausamen,

Der zählt die freien Vorfahren, / die Kinder Freyjas,

Bis zu den ersten Ahnen / der alten Deutschen,

Den ersten Menschen der Germanen, / Mann und Frau,

Ask und Embla, / aus Esche und Ulme

Geschnitzte Stammeltern, / stolze Kinder Gottes,

Die Wotan gewollt, / die Wotan gemacht,

Die Heiligen leben heute / alle vereint in Walhalla,

Wo sie reiten, die Recken, / auf riesigen Pferden,

Wo sie bechern beim Bier / mit Baldur und Nanna,

Mit schönen Schwanenmädchen, / weiß wie Schaum.

Aber ich sehe, Sohn, / auch die Seligen,

Die noch kommen, die Kinder / deiner Kindeskinder,

Dein Enkel und Ursohn, / im Bistum Sankt Ansgars

Werden sie Kristen sein der Kirche / des Königs Kristus.



X


Thusnelda nimmt weißes Weizenmehl / und Wasser

Und von der Mutterkuh Milch / und macht Butter

Und von himmlischen Honigbienen / holt sie Honig,

Und sie backt braunes / Brot

Mit Salz und edlem Öl / vom einfachen Raps

Und backt es alles im Ofen / in der offenen Hütte

Und lädt Hermann und Hermanns Sohn / ins Heim

Und von getöpferten Tellern / essen die Teutonen

Und danken Donar, / dem Gott der deutschen Bauern,

Und trinken Bier aus mildem Malz / oder Milch der Ziege.

Gott segne die Seligen / mit Süßigkeit des Lebens!