NACHGEDICHTET VON TORSTEN SCHWANKE
ERSTER GESANG
Dhṛtarāṣṭra sprach mit tiefer Qual,
„O Sanjaya, sag mir einmal:
Was taten auf Kurukshetras Feld
Die Söhne Pandus, kampfbereit gestellt?
Meine Kinder, voller Mut,
Versammelt dort, in Feuersglut.
Sag, wie bereit'n sie sich zum Streit,
Was war ihr Tun in jener Zeit?“
Sañjaya sprach: „O edler König,
Duryodhan, stark und kriegerwürdig,
Sah Pandus Heer, geordnet fein,
Und eilte zu dem Lehrer hin.
Er sprach: 'Mein Lehrer, schau herbei,
Das Heer der Pandus, groß und frei,
Geschickt geordnet, voller Macht,
Von Drupadas Sohn in Weisheit bedacht.
Da stehen Helden, Bogenschützen,
Die Bhima und Arjuna nützen.
Yuyudhāna, Virāta kühn,
Drupada selbst mit tapfrem Glühn.
Auch andre Helden seh ich hier,
Mächtige Krieger, voll in Zier:
Dhṛṣṭaketu, Cekitāna,
Und Kāśirāja, wie vom Rana.
Purujit, Kuntibhoja stark,
Und Śaibya mit dem wachen Mark.
Yudhāmanyu, gewaltig klar,
Uttamaujā, mächtig gar.
Subhadras Sohn, Draupadis Schar,
Alle Wagenkämpfer, wunderbar.
Und, o Lehrer, jetzt hör zu,
Wer führt mein Heer, wie stark und klug?
Bhīṣma, Karṇa, Kṛpa, kühn,
Aśvatthāmā, Vikarṇa grün,
Bhūriśravā, der nie verliert,
Der stets den Sieg im Kampf erführt.
Noch viele Helden folgen mir,
Bereit, das Leben herzugeben hier.
Mit Waffen, groß und wohlgepflegt,
Ihr Wissen sie zum Kampfe trägt.
Unendlich stark ist uns’re Macht,
Denn Bhīṣma hält in Wacht und Nacht.
Doch Pandavas Heer, begrenzt so sehr,
Vertraut auf Bhīma im Kampfsverkehr.
Drum auf, nun nehmt eure Stellung ein,
Und schützt Großvater Bhīṣma fein.‘
Bhīṣma blies das Horn so laut,
Wie ein Löwe brüllend in die Haut.
Der Klang erweckte Duryodhan,
Erfüllte ihn mit starkem Plan.
Da dröhnten Muschelhorn und Klang,
Trommeln, Trompeten, tosend bang.
Von beiden Seiten Schlacht bereit,
Ein donnernd Rufen in die Zeit.
Auf weißem Streitwagen, stark und groß,
Stand Krishna, Arjuna, mutig bloß.
Ihre Muschelhörner klangen rein,
Ein transzendenter, heller Schein.“
Krishna hebt sein Horn, das Pāñcajanya schallt,
Arjuna bläst Devadatta, laut und gewalt'.
Bhīma, der starke, der stets mächtig aß,
Sein Horn Pauṇḍra dröhnt, als wär's ein Donnerschlag.
Yudhiṣṭhira, der König, Sohn Kuntīs geehrt,
Erhebt sein Horn Anantavijaya, unversehrt.
Nakula, Sahadeva, auch sie nicht stumm,
Lassen Sughoṣa und Maṇipuṣpaka ertönen ringsherum.
Der König von Kāśī, ein Bogenschütze groß,
Und Śikhaṇḍī, der Kämpfer, voll Heldenruhm bloß.
Dhṛṣṭadyumna, Virāṭa, und Sātyaki fest,
Drupada und die Söhne Draupadīs im Kampf nie der Rest.
Auch Subhadrās Sohn, stark im Arm und mit Mut,
Lassen ihre Hörner erschallen, wie es die Pflicht tut.
Die Klänge so mächtig, hallen Himmel und Erde,
Und die Herzen der Feinde erfüllt tiefe Beschwerde.
Da nimmt Arjuna, den Hanumān stets führt,
Seinen Bogen und Pfeile, und die Schlacht ihm gebührt.
Er schaut auf das Heer, das ihm gegenüber steht,
Und spricht zu Krishna, der bei ihm geht.
"O Krishna, Unfehlbarer, bitte lenk meinen Wagen,
Zwischen die Heere, um all jene zu erfragen,
Die sich zum Kampf versammeln, voller Gier und Mut,
Damit ich weiß, gegen wen ich kämpfen muss in dieser Wut.
Laß mich die Krieger sehen, die herbeigekommen,
Um Dhṛtarāṣṭra, den Feind, in Schutz zu nehmen, beklommen."
Sañjaya sprach: „Von Arjuna gerufen, tat Krishna's Hand,
Was der Held verlangte, und lenkte mit Stand
Den Streitwagen stark, zwischen die Fronten klar,
Sodass Arjuna sah, wer hier versammelt war.“
Bhīṣma, Droṇa und Könige sah'n auf ihn herab,
Und Krishna sprach: „Schau, Pārtha, sieh dir die Kuru-Mannschaft an, knapp."
Da erkannte Arjuna im Heer seine Ahnen,
Lehrer, Brüder und Söhne, voller Bangen.
Von Mitleid ergriffen, sprach er sogleich:
„O Krishna, mein Körper zittert, mein Herz wird weich.
Meine Verwandten in dieser Schlacht zu sehen,
Lässt mich in Zweifel und Schmerz vergehen.
Der Bogen entgleitet mir, mein Körper brennt,
Mein Geist ist verwirrt, mein Mut sich abwend'.
Ich kann hier nicht länger verweilen, o Freund,
Denn all das Unheil, das ich schon jetzt erkenne, ist mein Feind.
Wie könnte ich Gutes aus dieser Tat sehen,
Wenn im Kampf ich die Meinen würd’ niederstechen?
Was ist Sieg, was ist Reich, was ist Ruhm mir jetzt wert,
Wenn im Blut der Verwandten mein Herz ist beschwert?"
O Govinda, was nützt uns Macht,
Was Glück, was Leben auf dieser Erd'?
Denn die, für die wir streben nach all dem,
Stehen jetzt vor uns, im Kampfgem.
O Madhusūdana, sie stehn bereit,
Lehrer, Väter, Söhne, in Leid vereint.
Sie geben Leben und Gut, so treu,
Doch warum soll ich sie töten, o Freund?
Selbst wenn sie mich ersticken im Strauß,
Was hätt' ich gewonnen aus diesem Graus?
O Erhalter des Lebens, ich kämpfe nicht,
Selbst wenn mir die drei Welten sind Pflicht.
Was soll ich mit dieser Erde allein,
Wenn der Sieg bedeutet Tod und Pein?
Sünd' wird uns kommen, das wissen wir wohl,
Töten wir jene, die ewig uns hold.
Was kann uns Krishna noch geben an Glanz,
Wenn wir uns entfernen von Freundeskranz?
O Janārdana, gierige Seelen sind blind,
Sehn kein Unrecht in dem, was sie find'.
Doch wir, die das Dunkle durchschauen klar,
Sollten nicht folgen in Sündenfahr’.
Zerstört ist das Band der Familie sacht,
Wenn Irreligion in ihr erwacht.
Und wenn der Tugend Fall beginnt,
Verfällt der Frauen reine Bind'.
Verfällt die Tugend, wächst eine Brut,
Die unerwünscht ist und bringt keine Gut'.
Die Ahnen dann, die einst gefreit,
Fallen tief, in ew'ges Leid.
Durch solche Tat, der Sünde dreist,
Zerfällt das Werk, das Ordnung verheißt.
Und die Tradition, die Familie hielt,
Zerbricht durch Gier, die alles tilgt.
O Krishna, ich hörte es einst und wahr,
Zerstörte Familientradition, das Schicksal ist klar.
Ein Höllenpfad erwartet dann,
Wer nicht der Ahnen Ehre gewann.
O weh, was treibt uns in dieses Tun,
Sünden, die wir doch klar erkennen nun.
Getrieben von Gier nach Königsglück,
Sind wir bereit, zu brechen das Geschick.
Besser wär's für mich, hier zu vergeh’n,
Unter den Schwertern der Feinde zu steh’n,
Unbewaffnet, ohne Zorn im Blick,
Als sie zu töten, im letzten Glück.
Sañjaya sprach: Arjuna schwieg,
Legte Bogen und Pfeile nieder, besiegt.
Setzte sich nieder, voller Pein,
Der Kampf, er wollte nicht länger sein.
ZWEITER GESANG
Sañjaya sprach zu seinem Freund,
von Arjuna, der den Schmerz erkennt.
Als Krishna ihn mit Tränen sah,
sprach Er, was nun geschehen war:
"Mein lieber Freund, wie kam's soweit,
dass du in solcher Traurigkeit?
Solch Unreinheit gehört nicht dir,
sie bringt nur Schande, glaub es mir.
O Sohn von Pṛthā, lass sie los,
die Schwäche macht dein Herz nicht groß.
Erhebe dich, bekämpf die Qual,
denn stark zu sein, ist deine Wahl.
Arjuna sprach: O Krishna, Freund,
wie soll ich kämpfen, gegen den,
der mir als Lehrer stets gedient,
wie Bhīṣma, Droṇa, hoch verehrt, geliebt?
Es wäre besser, arm zu sein,
als dieser Seelen Tod zu weihn'.
Auch wenn sie weltlich handeln hier,
sind sie doch groß in meinem Tier.
Wir wissen nicht, was besser wär:
Sie zu besiegen, was ist fair?
Und töten wir, was bleibt uns dann,
wenn wir sie nicht mehr ehren kann?
Nun steh ich hier, verwirrt, oh Herr,
und weiß nicht, was das Beste wär.
Sag mir, was meine Pflicht nun ist,
weil alles mir entglitten ist.
Ich bin dein Schüler, steh vor dir,
erkläre mir, was tun ich hier.
Denn selbst wenn mir die Welt gehört,
mein Herz ist leer und tief zerstört."
Sañjaya sprach: Arjuna schwieg,
er sagte: "Krishna, ich verzweig'
mich nicht in Kampf und Schlachtgewalt,"
und Krishna lächelte, doch bald,
Er sprach: "Du klagst, doch ohne Grund,
die Weisen wissen, dieser Bund
von Leben, Tod ist nicht von Wert,
denn ewig lebt, was Gott gehört.
Noch nie gab es die Zeit, mein Freund,
dass wir nicht waren, alle vereint.
Und in der Zukunft, glaub es mir,
wird niemand jemals enden hier.
So wie die Seele geht voran,
von Kind zu Greis, und immer kann
sie weiterziehen in anderer Haut,
bleibt sie im Wechsel unvertraut.
O Sohn von Kuntī, Glück und Leid,
sie wechseln stets mit Raum und Zeit.
Wie Sommer, Winter kommen und gehn,
sollst du durch sie doch fest bestehn."
O Arjuna, du edler Mann,
Der Schmerz und Freude trotzen kann,
Wer stets in beiden ruhig bleibt,
Den Pfad zur Freiheit er ergreift.
Die Weisen wissen, was vergeht,
Ist nur der Körper, der verweht.
Die Seele bleibt in Ewigkeit,
Sie kennt nicht Raum, noch kennt sie Zeit.
Das Selbst, das alle Wesen trägt,
Ist unzerstörbar, unentfegt.
Nichts auf der Welt kann ihm entzieh’n,
Es wird auf ewig weiterblüh’n.
Der Körper stirbt, das ist gewiß,
Doch kämpfe, Arjuna, wie's Pflicht ist.
Denn Seele wird nicht je zerstört,
Auch wenn der Leib in Staub gekehrt.
Wer glaubt, das Selbst kann töten sein,
Der irrt, es stirbt nicht, ist nur Schein.
Das Selbst bleibt ewig unversehrt,
Geburt und Tod ihm nicht beschert.
Ungeboren, immer da,
Nicht alt, nicht jung – es bleibt stets klar,
Der Leib vergeht, doch bleibst du frei,
Denn Seele stirbt nicht, sei dabei!
Wie Kleider wir zu wechseln pflegen,
So wechselt auch die Seele Segen.
Verlässt den Leib, zieht neu sich an,
Das ist des Lebens tiefer Bann.
Waffen schneiden sie nicht entzwei,
Feuer brennt sie nicht, sei frei!
Nicht Wasser benetzt, nicht Wind verdorrt,
Die Seele bleibt, an jedem Ort.
Unzerbrechlich, ewig klar,
Wechseln tut sie nimmerdar.
Unsichtbar, doch stets präsent,
Der Körper stirbt – doch die Seele rennt.
Und selbst wenn du glaubst, sie stirbt und lebt,
So gibt es keinen Grund, dass du bebt.
Geburt und Tod – sie kommen, geh’n,
Warum in Gram und Sorge steh’n?
Wer stirbt, der wird auch neu geboren,
Dies ist der Kreis, du hast's geschworen.
Drum klage nicht, erfülle Pflicht,
Das Rad des Lebens dreht sich schlicht.
Zu Anfang unmanifest, dann klar,
Vergeht am Ende wieder gar.
Drum frag nicht, warum und wie,
Die Seele bleibt, sei dir das wie.
Wunderbar scheint sie zu sein,
Viele sehen, doch versteh’n nur wenig,
Sie hören es und denken fein,
Doch wissen bleibt oft unerwähnt.
Arjuna, kämpfe ohne Leid,
Die Seele bleibt in Ewigkeit.
Die Pflicht des Kriegers ist dein Recht,
Drum zögre nicht, tu was gerecht.
O Pārtha, froh sind die Krieger, sie nennen sich glücklich,
Denn unverhofft kommt die Schlacht, sie öffnet Tore himmlisch.
Doch fliehst du vom Kampf, dann trägst du die Sünde,
Dein Ruf als Kämpfer fällt, und du bist in Binde.
Die Menschen für alle Zeit werden reden,
Von deiner Schmach, und die Ehre ist hienieden.
Für einen, der einst in Ruhm erstrahlt,
Ist Schande schlimmer als der Tod, der ihn einmal mahlt.
Die großen Generäle, die dich einst geehrt,
Sie denken nun, du hast dich der Furcht verwehrt.
Verlassen hast du das Feld, aus Angst allein,
Und niemand wird dir dann mehr freundlich sein.
Deine Feinde spotten, sie reden schlecht,
Verspotten deine Kunst, dein Werk, ganz recht.
Was schmerzt wohl mehr als solch ein Stich?
Nichts, o Krieger, da täuschst du dich nicht!
O Sohn Kuntīs, du wirst entweder siegen,
Oder im Tod himmlische Freuden kriegen.
Erhebe dich drum, kämpf mit Entschlossenheit,
Denn Sieg oder Tod, beides macht dich bereit.
Kämpf um des Kampfes willen, ohne Leid,
Ohne nach Glück oder Schmerz zu fragen zur Zeit.
Dann bleibt dir die Sünde gewiss fern,
In solchem Handeln liegt Gottes Stern.
Ich lehrte dich bisher, wie Weisheit wirkt,
Doch höre nun, wie der Tatgeist dich birgt.
Handelst du ohne Frucht, ganz rein,
Wirst du von allen Fesseln frei sein.
Auf diesem Pfad gibt’s keinen Verlust,
Kein Schaden, keine Minderung, keine Frust.
Schon ein wenig Fortschritt schützt dich bald,
Vor der größten Gefahr, die die Welt aufbehält.
Wer diesen Weg beschreitet, hat nur ein Ziel,
Bestimmt und klar, ist er niemals viel.
Doch jene, die schwanken, sind blind im Geist,
Ihr Denken verzweigt, ihr Ziel verwaist.
Die, die nach flüchtigen Freuden gieren,
Sich an die Worte der Veden verlieren,
Sie suchen Himmel, Geburt und Macht,
Ihr Streben bleibt stets in Sinnen erwacht.
Wer zu sehr nach Reichtum und Lust ist bedacht,
Wird nie die wahre Erleuchtung entfacht.
Ihr Geist ist wirr, nicht klar und rein,
Nie kommen sie zum Herrn, dem einen, allein.
Die Veden lehren von Naturens Spiel,
Drei Eigenschaften sind ihr Ziel.
Doch, Arjuna, steig darüber hinaus,
Frei von Dualität, sei Herr im Haus!
Sorge nicht um Gewinn oder Verlust,
Bleib fest im Selbst, das ist deine Lust.
Ein kleiner Brunnen gibt, was er kann,
Ein großer Strom erfüllt’s fortan.
So ist’s mit Veden, sei gewiss,
Wer ihr Ziel kennt, der findet Frist.
Du hast das Recht, den Weg zu geh’n,
Doch nicht den Lohn sofort zu seh’n.
Glaub nie, du bist der Früchte Grund,
Erfülle schlicht, was dir ist kund.
Mit Gleichmut, Arjuna, voran,
Lass Ruhm und Misserfolg los dann.
In solchem Gleichmut, sei gewiss,
Yoga der Weg zur Weisheit ist.
O Dhanañjaya, bleib bereit,
Vermeide alles, was dir Leid,
Dien einzig Gott in voller Pracht,
Wer Früchte jagt, der ist voll Macht.
Wer Gottesdienst stets treu verrichtet,
Der wird von Schuld und Last beichtet.
Drum streb nach Yoga, klarem Geist,
Wo Kunst des Handelns dir verheißt.
Die Weisen, die dem Herrn stets dienen,
Befreit von irdischen Terminen,
Entfliehen dem Geburtskreislauf,
Zu Gott hinauf, dort wachen auf.
Tritt aus dem Wald der Illusion,
Dein Wissen wird zur blanken Schon.
Gehörtes wird dir einerlei,
Dein Geist bleibt ewig sorgensfrei.
Ist dein Verstand erst klar und rein,
Wirst du von Veden-Sprache frei’n,
Und findest Ruh’ im göttlich’ Licht,
Dann bist du nah der höchsten Sicht.
Arjuna sprach: O Krishna, sprich,
Wie handelt der, der transzendiert?
Wie sind die Worte, wie sein Tun,
Wie geht er, und wo wird er ruh’n?
Der Herr erwidert: Pārtha, schau,
Wer alle Wünsche lässt zur Schau,
Und nur im Selbst Erfüllung findet,
Dem Geist die Reinheit stets gelingt es.
Wer Leid erträgt, doch nicht verzagt,
Im Glück sich nicht vom Weg verjagt,
Der frei von Zorn und Angst bleibt hier,
Den nenn’ den Weisen, fest in Dir.
Der nichts mehr lobt, nichts Schlechtes tadelt,
Von Gut und Böse unbenadelt,
Der steht im Wissen fest verankert,
Von nichts, was kommt, ist er schwankend.
Wer seine Sinne gut zügeln kann,
Wie Schildkröte zieht sich zurück sodann,
Der bleibt im Selbstbewusstsein klar,
Und hält die Weisheit, wunderbar.
Mag sein, der Leib entzieht den Lüsten,
Doch bleibt der Geschmack in alten Küsten,
Erkennt er aber Höhres dann,
Ist er im klaren Geist fortan.
Die Sinne, wild und voller Drang,
reißen selbst Weisen mit Verstand.
Wie stark er kämpft, um sie zu bändigen,
sie reißen fort, ihn überwältigend.
Doch wer die Sinne lenkt mit Macht
und stets an Mich allein gedacht,
der gilt als weise, stark und klar,
sein Geist bleibt fest, so wunderbar.
Wer auf die Welt der Sinne schaut,
sich an den Dingen fest erbaut,
der nährt die Lust, die sich entfacht,
aus Lust wird Zorn mit großer Macht.
Und aus dem Zorn, da wächst die Qual,
die Täuschung führt zur nächsten Wahl:
Die Weisheit schwindet, das Gedächtnis flieht,
und in den Sumpf des Stoffs man zieht.
Doch wer sich hält von allem frei,
vom Wunsch, vom Hass, vom falschen Ei,
der lenkt die Sinne wie ein Licht
und findet Gottes Angesicht.
Wer so zufrieden ist in sich,
der leidet nicht, er fühlt sich schlicht.
Die dreifachen Leiden ziehn vorbei,
der Geist wird fest, die Seele frei.
Doch ohne Gottes festes Band,
wo bleibt der Frieden, der Verstand?
Wie kann es Glück und Freude geben,
wenn man im Streit lebt mit dem Leben?
Ein Boot, das tobt im wilden Wind,
gleich so der Geist, den Sinne sind,
wenn nur ein Sinn die Macht ergreift,
dann wird die Weisheit fortgetreibt.
Drum zieh, o Held, die Sinne still
zurück, zu dem, was wirklich will.
Dann findest du die Weisheit fein
und wirst im tiefsten Frieden sein.
Was für die Welt die Nacht bedeckt,
ist für den Weisen, der entdeckt,
das Licht, das innerlich erstrahlt,
wo jeder weltlich Schlaf verhallt.
Der Ozean, stets voller Flut,
bleibt still, voll Frieden und voll Mut,
so lebt der Mensch, der frei von Gier,
ertränkt in Weisheit – hier und hier.
Wer keinen Wunsch mehr für sich hält,
wer losgelöst ist von der Welt,
wer los von Ego und von Wahn,
der lebt im Frieden, frei und klar.
Das ist der Weg, der göttlich führt,
der niemals wieder dich verwirrt.
Und wer in diesem Geiste stirbt,
wird Gottes Reich betreten dürfen, ungetrübt.
DRITTER GESANG
Arjuna sprach: O Keśava mein,
Warum soll ich im Kampf wohl sein?
Wenn Du doch sprichst, dass Weisheit groß,
Warum der Krieg, des Leids Los?
Verwirrt bin ich, Dein Wort so klug,
Doch scheint es, dass es mich betrug.
O sag mir klar, was soll ich tun?
Was ist das Beste, soll ich ruh’n?
Da sprach der Herr, voll göttlich Kraft,
O Arjuna, der rein stets schafft:
Zwei Wege gibt es, um zu sehen,
Das Selbst, das ewig bleibt bestehen.
Der eine sucht durch Weisheit tief,
Der andre dient, wie's Gott beliebt.
Doch durch Entsagung, bloß allein,
Wirst du nicht frei, nicht reinlich sein.
Die Arbeit treibt uns alle hier,
Kein Mensch entkommt der Tat als Zier.
Nicht mal für einen kurzen Schein,
Kann man je völlig tätig sein.
Wer Sünde scheut und Tat verwehrt,
Doch innerlich nur Lust begehrt,
Der täuscht sich selbst, der ist kein Held,
Heuchelei sein Leben hält.
Doch wer im Dienst des Geistes steht,
Und ohne Gier durchs Leben geht,
Der ist dem Karma-Yoga nah,
Erfüllt den Dienst, ist ganz und klar.
Erfüll’ die Pflicht, die dir gegeben,
Denn Müßiggang raubt Sinn dem Leben.
Ohne die Arbeit, sei bedacht,
Bleibt dir nicht mal des Körpers Macht.
Opfere deine Taten hier,
Viṣṇu zu Ehren, Rat geb’ ich dir,
Denn ohne Opfer bleibst du fest
In dieser Welt, die dich nicht lässt.
Der Herr erschuf am Anbeginn,
Die Menschen, Götter, als Gewinn.
Er sprach: Durch Opfer seid ihr froh,
Erfüllt den Dienst, lebt frei und roh.
Die Götter, die für euch hier sorgen,
Gebt ihnen Gaben für das Morgen.
Zusammen wirkt im Einklang fein,
So wird die Welt im Frieden sein.
Wer nimmt, doch nichts dafür gibt hin,
Und Opfer scheut aus seinem Sinn,
Der lebt als Dieb, ist nicht gerecht,
Denn Opfer macht den Mensch erst echt.
Die Geweihten des Herrn sind befreit,
Von aller Sünde, weit und breit.
Denn was sie essen, ist geweiht,
Durch Opfergabe dargebracht, bereit.
Die andern aber, für den Sinn,
Bereiten Speisen, ohne Gewinn,
Für wahre Sünde essen sie,
Und wissen nichts von Harmonie.
Das Leben sprießt aus Korn hervor,
Doch Regen braucht's, das hört man vor.
Und Regen kommt durch Opfer nur,
Das ist der Veden alte Spur.
In den Veden steht geschrieben fein,
Geregelte Pflichten, klar und rein.
Vom Höchsten selbst sind sie entsprungen,
In jedem Opfer mit durchdrungen.
O Arjuna, wer im Leben hier
Den Opferspruch nicht folgt zur Zier,
Der lebt in Sünde, ohne Ziel,
Sein Lebensweg, er ist zuviel.
Denn lebt er nur für den Genuss,
Ist all sein Tun ein leerer Fluss.
Doch wer im Selbst die Freude spürt,
Der lebt von Pflichten ungerührt.
Er braucht nichts mehr, er ist vollbracht,
Findt Glück im Selbst, Tag und Nacht.
Für ihn gibt’s keine Pflicht im Tun,
Er kann in sich ganz ruhig ruh’n.
Ein Selbstverwirklichter vollbringt,
Sein Werk, doch ohne dass er zwingt,
Er tut, was soll, doch ohne Drang,
Und keine Last hängt ihm am Gang.
Darum sollst du, aus Pflichtgefühl,
Dein Werk vollbringen, ohne Ziel.
Denn wer sich nicht am Lohn berauscht,
Den höchsten Segen bald er tauscht.
König Janaka tat’s einst so,
Er füllte Pflichten ohne Floh.
Vollkomm'nes Werk macht’ ihn bekannt,
So lehrst auch du durch deine Hand.
Was große Männer tun in Welt,
Dem wird gefolgt, was auch gefällt.
Ihr Beispiel setzt den Weg, der führt,
Und jeder Mensch wird so berührt.
Im Universum, weit und breit,
Hab’ Ich kein Werk in Ewigkeit.
Mir mangelt nichts, doch dennoch tu’,
Die Pflicht, dass alles finde Ruh’.
Denn würd’ Ich je das Tun verwehn,
Die Menschen all' auf Irrtum gehn.
Die Welten würden untergehn,
Kein Frieden würde mehr bestehn.
So wie die Toren Pflichten sehn,
Und blind dem Lohn entgegengehn,
So tu' auch du dein Werk getreu,
Doch ohne, dass dein Herz sich freut.
Ein Weiser soll's verstehn und sacht,
Den Unwissenden nicht in Zorn entfacht.
Denn die, die fest am Fruchtwerk kleben,
Lass' handeln, statt in Zweifeln schweben.
Im Geiste soll er mit Hingabe ringen,
Und so ihr Herz zum Krishna bringen.
Verwirrt durchs Ego, blind im Sinn,
Glaubt die Seele, dass sie tätig bin'.
Doch wahrlich sind's die Kräfte drei,
Der Natur, nicht ich, der Schöpfer sei.
Der Weiser sieht, was wirklich zählt,
Er jagt nicht dem, was Früchte wählt.
Mit Wissen tief, von Selbst befreit,
Kennt er den Unterschied, der bleibt.
Die Unwissenden, in Blindheit hier,
Verfangen sich im Werk, im Gier.
Doch lass' sie nicht verwirrt allein,
Führ' sie zum Höchsten leise ein.
Darum, Arjuna, handle klug,
Weihe Mir dein Werk, nicht aus Betrug.
Ohne Verlangen, ohne Gewinn,
Im Dienst des Herrn liegt tiefer Sinn.
Wer diesen Pfad, den ich erklär',
Mit Glauben folgt, dem fällt nichts schwer.
Doch wer aus Neid die Weisung meidet,
Verfehlt den Weg, der ihm bereitet.
Denn selbst im Wissen tief verwurzelt,
Folgt jeder, was die Natur ihm schürt.
Und keiner kann dem Weg entgehn,
Den seine Wesenszüge gehn.
Regel' die Sinne, den Wunsch, die Macht,
Denn Lust und Hass sind in der Nacht
Der Selbstverwirklichung ein Stein,
Der blockt den Weg zum Lichterschein.
Besser ist's, im eignen Werk zu stehen,
Als fremder Pflichten Weg zu gehen.
Auch wenn der eigene Pfad dich quält,
Gefährlich wird's, wenn fremd gewählt.
Arjuna sprach: Was treibt uns hin,
Zur Sünde, wider eig'nen Sinn?
Die Gottheit sprach: Es ist die Lust,
Geboren aus Leidenschafts Brust,
Die in den Zorn sich wandeln mag,
Und frisst die Welt am End' wie Plag'.
Wie Feuer im Rauch und Staub auf dem Glas,
So deckt die Lust die Seele ganz blass.
Wie ein Kind im Schoß der Mutter liegt,
So wird das Wesen von Lust besiegt.
Die reine Weisheit, vom Feuer umhüllt,
Vom ewigen Feind, der nimmer sich stillt.
Lust, die brennt und niemals satt,
Nährt das Verlangen in jedem Blatt.
Die Sinne, der Geist, die Intelligenz klar,
Sind Orte der Lust, wo Wissen war.
Verwirrt und getäuscht vom eigenen Trieb,
Fällt das Wesen, das Weisheit einst lieb.
O Arjuna, greif zu im Kampf,
Bezwing die Lust im ersten Anlauf.
Regulier die Sinne, so wie geboten,
Und schlage die Feindin, die ewig droht.
Die Sinne stehn über der toten Welt,
Der Geist über den Sinnen das Zepter hält,
Die Intelligenz über dem Geiste wacht,
Doch die Seele steht über all der Macht.
Erkenne, du bist mehr als dies,
Mehr als der Geist, der immer vergißt.
Mit klarer Vernunft und Stärke im Sinn,
Bezwing die Lust, die brennend beginnt.
VIERTER GESANG
Die Göttlichkeit, Krishna, spricht im Glanz,
Zum Sonnengott Vivasvān, erfasst der Plan.
Die Lehre des Yoga, ewig und rein,
Gab Er weiter, das sollte so sein.
Vivasvān brachte sie Manu nah,
Der erste der Menschheit, den Gott hier sah.
Und Manu lehrte sie Ikṣvāku dann,
So lief diese Kette von Anbeginn an.
Doch mit der Zeit, da riss das Band,
Und die heilige Wissenschaft schwand.
Verloren schien die Lehre klar,
Wie sie einst in Reinheit war.
Doch heute, Arjuna, hör mir zu,
Ich geb sie dir in Stille nun.
Du bist mein Freund und mir geweiht,
Versteh das Mysterium dieser Zeit.
Arjuna fragt: Wie kann es sein?
Vivasvān ist älter, klar und rein.
Wie hast du ihn am Anfang belehrt,
Da du doch jünger und später gekehrt?
Krishna spricht: Viele Geburten, du und ich,
Doch nur ich erinnere mich.
Geboren bin ich und doch ungeboren,
Mein Körper vergeht nie, bleibt auserkoren.
In jedem Zeitalter erscheine ich neu,
Wo Rechtschaffenheit fällt und Unglaub' gedeiht,
Komm' ich zur Erde, bring Licht und Gedeih,
Verteidige die Tugend, wo das Böse schweift.
Fromme Menschen rette ich hier,
Die Bösen vernichte ich ohne Zier.
Und das Gesetz des Glaubens reinst,
Erneuer ich, wo es verblichen scheint.
Wer meine Geburt und Taten versteht,
Wird nach dem Tod in mein Reich erhoben,
Kehrt nicht zur Erde, die flüchtig vergeht,
Wird in Ewigkeit mit mir verwoben.
Viele, die mich voller Glauben erkannten,
Sind aus Angst und Zorn entbrannt,
Doch Wissen über mich, so rein,
Führt sie zur Liebe, groß und fein.
Wer sich mir hingibt, den belohn' ich sacht,
In jedem Maße, wie er's gemacht.
Denn jeder folgt meinem Pfad, o Freund,
Auf Wegen, die er selbst ersehnt.
Die Menschen der Welt wünschen raschen Gewinn,
Durch Opfer den Göttern schnell Erfüllung bring'.
Doch wisse, die Arbeit in dreifacher Macht,
Hab' ich in den Menschen geordnet gebracht.
Die Kasten, erschaffen durch mich allein,
Bin dennoch nicht handelnd, bin ewig rein.
Denn keine Arbeit bindet mich hier,
Und nach Frucht des Tuns strebe ich nie.
Wer dies über mich erkennt in der Tat,
Wird frei von der Last, die sonst das Tun hat.
Die Seelen von früher, befreit und weise,
Sie handelten stets, ganz still und leise,
Im Wissen um mein göttlich’ Sein,
So sollst auch du im Handeln sein.
Denn oft sind selbst die Klügsten blind,
Was Tun und was Nicht-Tun wohl sei, geschwind?
Drum will ich dir nun Weisung geben,
Damit du frei wirst in deinem Leben.
Das Handeln ist komplex und schwer,
Drum prüf es gründlich, lerne mehr:
Was tun, was meiden, was lassen sein –
Wer dies versteht, ist wirklich rein.
Wer in dem Tun das Nichttun sieht,
Und im Nichttun das Tun, wie es geschieht,
Der ist ein Mensch, der Weisheit kennt,
Obwohl er stetig handelt, wie man’s nennt.
Wer handelt, ohne Wunsch und Gier,
Von Weisen hört man dies von hier:
Sein Tun, vom Feuer der Weisheit befreit,
Verbrennt all' Früchte, weit und breit.
Frei von der Frucht, zufrieden, klar,
Unabhängig und ganz wahr,
Obwohl er tätig Tag und Nacht,
Hat er die Früchte nicht gepacht’.
Wer solch Verstehen sich erringt,
Der gibt Besitz und Sorgen flink,
Er handelt nur für’s Nötigste,
Kein sünd’ger Schatten ihn umfängt.
Mit dem zufrieden, was ihm kam,
Der Dualität fern, kein Neid im Gram,
Er bleibt im Gleichmut, ganz befreit,
Ob’s Sieg ist oder Mißerfolg stets bereit.
Sein Handeln steigt in’s Geist'ge auf,
Er geht auf transzendentalen Lauf,
Denn ohne Anhaftung, losgelöst,
Wird’s zu dem Höchsten hingeführt.
Wer Krishna voll in sich erkennt,
Erreicht das Reich, das Geistige nennt,
Denn all sein Tun und all sein Werk,
Ist rein und bringt den höchsten Wert.
Manch yogī opfert den Göttern rein,
Mit Feuer, Lied und Opferwein,
Manch anderer gibt dem Höchsten dar,
Das Brahman, groß und wunderbar.
Ein Brahmacārī, streng und wahr,
Opfert Ohren und Sinne klar,
Im Feuer, das den Geist beherrscht,
Die Welt der Sinne wird verzehrt.
Und jene, die nach Wahrheit streben,
Mit Geist und Sinn das Höchste geben,
Opfern Atem, Sinne, Kraft,
Im Feuer, das Erleuchtung schafft.
Diejenigen, die hart entsagen,
Mit Opfern ihre Lasten tragen,
Mit Besitz, Entsagung, yogischer Kraft,
Und Vedenkenntnis tiefer Haft.
Manch einer übt mit Atemzug,
Will bleiben in der Trance genug.
Den Ausatem dem Einem reicht,
den Einatem dem Aus vergleicht.
So stoppt er schließlich jeden Zug,
erreicht die Trance, still und klug.
Manch einer fastet, dargebracht,
sein Atem wird dem Atem Macht.
Die Opfer reinigen von Sündenlast,
der Nektar schmeckt, die Reise fasst.
Der Höchsten Sphäre geht er zu,
mit Frieden kehrt er dann zur Ruh.
Oh edler Kuru, merk' es wohl,
ohne Opfer bleibt das Leben hohl.
Auf dieser Welt kein Glück zu sehen,
im nächsten Leben gar kein Wehen.
Die Veden geben's allen kund:
Die Opfer, die in Taten fund',
erkennst du diese, wirst du frei,
von Fesseln der Vergänglichkeit.
Oh Feindesbezwinger, hör nun hier,
das Opfer des Wissens gilt viel mehr.
Materielles opfern führt zum Ziel,
doch Wissen hebt empor das Spiel.
Willst du die Wahrheit ganz erfahr’n,
zum Meister wende dich mit Klar’n.
Stell Fragen, diene treu und still,
der Wissende zeigt dir den Will.
Hast du das wahre Wissen erlangt,
die Illusion dir nie mehr bangt.
Du siehst die Seelen klar vereint,
Teil Meines Wesens, wie's gemeint.
Selbst wenn du der Sündigste bist,
das Wissen rettet, Ozean vergißt.
Wie Feuer Holz zu Asche macht,
so wird das Karma schwach und sacht.
Es gibt nichts Höheres als dies:
Das Wissen, rein und voller Preis.
Wer dienend strebt, wird bald schon sehn,
das Licht des Wissens in ihm stehn.
Ein gläub'ger Mensch, der Wissen sucht,
der Herr der Sinne ist und flucht
vor Unwissenheit, erreicht den Frieden,
den höchsten Platz, nach dem wir schmieden.
Doch Zweifel führt zum tiefen Fall,
Unwissen schränkt das Lebensall.
Kein Frieden hier, noch dort zu find’n,
wer zweifelt, bleibt im Dunkel blind.
Wer Dienst aus Hingabe verricht',
die Früchte seiner Tat verzicht’t,
zerstört den Zweifel durch sein Licht,
und von den Ketten befreit sich schlicht.
So nimm die Waffe, Wissen klar,
zerbrich den Zweifel, der einst war.
Mit Yoga stark, erhebe dich,
oh Bharata, und kämpfe für dich!
FÜNFTER GESANG
Arjuna spricht, mit sorgendem Ton,
"O Krishna, du forderst mich auf zum Verzicht, zum Lohn,
Mal sagst du, gib alle Tätigkeiten hin,
Mal predigst du Handeln in Hingabe, das sei der Sinn.
Was, o Herr, ist wohl segensreich mehr?
Sag es mir klar, denn das Wissen fällt schwer."
Krishna, die Gottheit, erleuchtet ihn sacht:
"Entsagung und Hingabe – beide geben Macht.
Doch, Arjuna, höre, was besser für dich:
Hingabe im Handeln bringt Freiheit für mich.
Wer weder haßt noch begehrt, der bleibt stets in Ruh,
In Entsagung gefestigt, ist frei immerzu.
Von Dualität los, erkennend das Spiel,
Überwindet er leicht, was die Welt ihm befiehlt.
Die Toren, sie sagen, zwei Wege gibt's nur:
Die Hingabe hier und die Sankhya-Lehrspur.
Doch der Weise erkennt, sie sind beide vereint,
Wer einem folgt treu, auch den anderen meint.
Der Pfad der Entsagung, er bleibt nicht allein,
Wer dient, kann das Ziel des Wissens stets sein.
Zu wissen, dass beide derselben Natur,
Gibt Klarheit dem Geist, er erkennt das so pur.
Doch wer bloß entsagt und den Dienst nicht versteht,
Wird nimmer zum Frieden, zur Freiheit erhöht.
Wer klug in Hingabe dem Herrn sich weiht,
Der Höchste wird ihm in der Stunde bereit.
In Liebe, in Frieden, die Seele so rein,
Beherrscht seinen Geist, all den sinnlichen Schein.
Obwohl er stets handelt, verfängt er sich nie,
Denn die Seele bleibt frei in göttlicher Harmonie.
Der weise Yogī, er sieht stets das Spiel,
Im Innern er weiß, dass er nicht handeln will.
Ob er hört oder spricht, ob er isst oder geht,
Es sind nur die Sinne, durch die er sich dreht.
Wie Lotos im Wasser, doch nie nass dabei,
Bleibt rein, wer in Hingabe handelt und frei.
Der Körper, der Geist und die Sinne, sie tun,
Doch der wahre Zweck bleibt in Läuterung ruh'n.
Ein Mensch, der dem Göttlichen alles übergibt,
Erlangt tiefen Frieden, weil er in Mir liebt.
Doch wer sich an Früchten des Handelns verstrickt,
Verliert sich in Gier, die ihn fesselt und drückt.
Wenn der Körper im Geiste die Herrschaft gewinnt,
Und der Handelnde nichts mehr zu schaffen beginnt,
Dann lebt er in Frieden, in seinem Gemüt,
Weder Handelnder selbst, noch ein Opfer, das blüht."
Das Wesen, vom Geist erhellt, es ruht,
Verursacht nicht, was die Natur so tut.
Es lässt das Handeln durch die Welt geschehen,
Ohne selbst den Weg des Tuns zu gehen.
Nicht nimmt der Höchste die Taten an,
Die sündhaften Werke, von denen man kann.
Die Seelen jedoch, in Unwissenheit, blind,
Sehen die Wahrheit, doch sehen sie’s nicht, geschwind.
Ist einmal das Wissen in ihnen entfacht,
Wird’s wie die Sonne, die alles erwacht.
Dann fallen die Schleier, der Irrtum verfliegt,
Das Licht des Verstehens in Herzen siegt.
Wenn Geist und Glaube dem Höchsten sich weihen,
Wird alles Unheil sich von ihnen befreien.
Durch Wissen gereinigt, so klar wie ein Strom,
Schreiten sie sicher auf Befreiung hin zum Thron.
Die Weisen erkennen mit gleichem Blick,
Ob Brahmane, Kuh oder Mensch im Geschick.
Ob Elefant, ob Hund oder Kastenlos,
Ihr Blick bleibt stets sanft, gerecht und groß.
Wer im Gleichmut des Geistes verweilt,
Ist schon von Geburt und Tod befreit.
Im Brahman verankert, er ist schon rein,
Nichts kann mehr seines Herzens Glückschein sein.
Freut sich nicht über Freud, noch klagt über Leid,
Der Wissende, dessen Geist ist befreit.
Sein Wissen verankert in Gott allein,
Schon wandelt er auf transzendentem Sein.
Nicht mehr zieht ihn die Sinnenlust,
Er kennt das Innere, das ihm bewusst.
In tiefster Trance, erfindet sein Glück,
Das ewiglich währt in göttlichem Stück.
Wer weise ist, sucht nicht den Genuss,
Der aus den Sinnen erwächst wie ein Fluss.
Denn Freude, die Anfang und Ende kennt,
Ist Leiden, das bald wieder schwindet und rennt.
Kann jemand, bevor er den Körper verlässt,
Die Macht der Begierde und Zorn überlässt,
Der lebt schon hier im sicheren Ort,
Glücklich und frei von des Lebens Mord.
Das wahre Glück liegt tief in der Brust,
In innerer Ruhe, im Seelenbewusst.
Wer dieses Ziel im Innern sieht,
Befreit ist er, und er erreicht den Sieg.
Wer jenseits der Zweifel und Dualität,
Im Innern wirkt für der Wesen Wohltat,
Von Sünden befreit, erreicht einst das Ziel,
Die Befreiung im Höchsten, als göttliches Spiel.
Ohne Zorn und frei von der Gier,
Diszipliniert und sich selbst stets regier’,
So naht die Befreiung für jene ganz nah,
Die in sich selbst finden die göttliche Ruh.
Wer nach Befreiung strebt in Tat,
Schließt Sinnesobjekte aus ohne Rat.
Den Atem er stillt, zwischen Augen gerichtet,
Und bald wird Begierde und Angst vernichtet.
So lebt er befreit, in ewiger Ruh,
In Gottes Frieden, dem höchsten Du.
Der, der erkennt, wer Ich wirklich bin,
Daß Ich der Nutznießer aller Opfer hin,
Der Herr der Welten, hoch und weit,
Der Halbgötter Höchster in Ewigkeit.
Der, der mich als Freund versteht,
Der stets an seiner Seite geht,
Dem Wohl der Welt zugeneigt,
Der wird vom Leid der Welt befreit.
Der Frieden kommt, so tief und klar,
Für den, der sieht, wer Ich wirklich war,
Der frei sich macht von Qual und Schmerz
Und Mich trägt tief in seinem Herz.
SECHSTER GESANG
Der Höchste Herr sprach, o Spross des Lichts:
Wer nicht nach den Früchten seines Wirkens giert,
Der nur aus Pflicht sein Werk vollbringt,
Der in Entsagung wahres Glück verspürt.
Er ist der Mystiker, der alles gibt,
Und nicht der, der kein Feuer entfacht,
Der keine Pflichten mehr ausübt,
Denn wahre Entsagung kommt aus der Tat.
Wisse, dass Entsagung und Yoga eins,
Denn niemand kann im Yoga bestehen,
Wenn er nicht allen Wünschen entsagt,
Die der Sinne Befriedigung begehren.
Am Anfang der Yoga-Reise ist Arbeit der Pfad,
Für den, der fortschreitet, still wird die Tat.
Wer den Durst nach Verlangen besiegt,
Der findet im Yoga den wahren Sieg.
Dein Geist soll dein Freund, nicht dein Feind dir sein,
Er kann dich erhöhen, er kann dich befrei’n.
Doch wer ihn nicht zähmt, der bleibt in Not,
Der Geist wird zum Feind und droht mit Tod.
Bezwingst du den Geist, dann hast du mich nah,
Gleich sind dann Freude und auch Kummer da.
Hitze und Kälte, Ehre und Schmach,
Alles wird eins in des Yogis Schach.
Wer fest im Wissen steht und zufrieden ist,
Ist ein wahrer Mystiker, der nichts vermisst.
Gold und Steine sieht er gleich,
In Transzendenz ist er stets reich.
Doch höher noch steht der, der alles versteht:
Freunde und Feinde, er wankt nicht im Gebet.
Neider und Fromme, Sünder und Freund,
Er sieht sie gleich, vom Hass befreit.
Der Weise lebt an stillen Orten,
Fern von den lauten Menschenhorden.
Er meidet Besitz und jede Gier,
Sein Geist ist still, er meditiert hier.
An einem stillen Platze, einsam, fern,
Leg Gras und ein Tuch, ein Platz zum Stern,
Dein Sitz sei weder hoch noch tief,
Hier übst du Yoga, fern vom Rief.
Körper und Geist in fester Ruh,
Hals und Kopf gerade dazu,
Fixiere den Blick auf die Nase klar,
Und lass alle Wünsche, was auch war.
Ohne Furcht, mit reinem Herz,
Lenk den Geist, besieg den Schmerz.
Meditiere auf Mich, das Ziel,
Denn in Mir liegt des Lebens Spiel.
Indem der mystische Transzendentalist übt und lernt,
Körper und Geist, in der Stille er regiert,
Beendet er das materielle Dasein, so fern,
Sein Geist in Ordnung, das Königreich er spürt.
O Arjuna, ein yogī kann nicht blühen,
Wenn er zu viel oder zu wenig genießt,
Zu viel Schlaf ist kein Gut, der Geist kann nicht glühen,
In Mäßigung liegt der Weg, der ihn nie verdrießt.
Wer beim Essen, Schlafen und in der Ruhe klar,
Das Maß hält und arbeitet mit Bedacht,
Lindert die Leiden, wird nicht mehr zur Gefahr,
Durch Yoga erlangt er innere Pracht.
Wird der Geist gezügelt und in die Höh' erhoben,
Frei von Begierden, das transzendente Licht,
Wird gesagt, dass er in Yoga ist verwoben,
Sein Inneres strahlt, er verliert nicht die Sicht.
Wie Licht in Stille, wenn kein Wind mehr weht,
So bleibt der Transzendentalist fest und klar,
In Meditation, wo der Geist nun steht,
Sein Selbst erblickend, wird alles wahr.
In der Trance, die samādhi genannt,
Ist der Geist von Materie nun befreit,
Durch reinen Geist sieht er, was ihn verband,
Im Selbst genießt er Freude, die nicht vergeht.
In diesem Zustand grenzenloses Glück,
Transzendental erkannt durch Sinne so rein,
Unerschütterlich, egal, was er erblick,
Der Gewinn der Wahrheit, kann nicht anders sein.
So übe Yoga mit festem Glauben,
Vom Pfad weiche nicht, lass Zweifel entflieh’n,
Alle Wünsche lass hinter dir, wie Wolken,
Der Geist beherrscht, wird niemals mehr schien.
Schritt für Schritt in die Trance, so verweile,
Mit voller Überzeugung, so richte ihn ein,
Wo auch immer der Geist hinwandern eile,
Bring ihn zurück, lass ihn stets bei dir sein.
Der yogī, der stets auf Mich schaut und spricht,
Erreicht die höchste Vollkommenheit, so klar,
Jenseits der Leidenschaft, in reinem Licht,
Er sieht sich im Höchsten, von Taten befreit, wunderbar.
So wird der selbstbeherrschte yogī, ohne Rast,
In Yoga vertieft, von Materie frei,
Erreicht die höchste Stufe, die Freude umfasst,
Im liebenden Dienst, da blüht seine Treu'.
Ein wahrer yogī sieht Mich in jedem Wesen,
Und sieht auch jedes Wesen in Mir ganz klar,
Die selbstverwirklichte Seele wird immer genesen,
Denn überall bin Ich, der Höchste, so wunderbar.
Wer dich überall sieht und alles erkennt,
ist immer bei dir, nie von dir getrennt.
In tiefster Verbundenheit, so stark und klar,
sind wir eins, wie der Mond und der Sternenschar.
Ein yogī, der in Dienst der Seele lebt,
Weiß, dass eins wir sind, wenn er in mir schwebt.
Unter allen Umständen bleibt er bei mir,
Sein Herz in der Stille, seine Liebe hier.
Ein vollkommener yogī sieht, so lehrst du mich,
Die Gleichheit aller Wesen, das erleuchtet mich.
Im Glück und im Leid, so vereint sie das Band,
O Arjuna, so ist es, ich nehm' es in die Hand.
Doch Arjuna spricht: O Madhusūdana, hör,
Das Yoga, das du lehrst, scheint mir ein schweres Heer.
Der Geist ist unruhig, so stürmisch und wild,
Zu zügeln ihn, scheint mir wie Wind im Feld.
Der Höchste Herr, Śrī Krishna, spricht zu mir,
„O Sohn Kuntīs, zügeln ist nicht ohne Bier.
Durch Übung und Loslösung, das sei dein Ziel,
Es ist möglich, mein Freund, wenn du glaubst daran viel.
Für den, dessen Geist ist ungezähmt, so schwer,
Wird Selbstverwirklichung ein Kampf ohne Wehr.
Doch wer sich bemüht, der zähmt seinen Geist,
Wird am Ende den Erfolg erreichen, so heißt's.
O Krishna, frag ich: Was ist des Transzendentalisten Ziel,
Der nicht erfolgreich, der den Glauben verliert viel?
Wenn er weicht von dem Pfad der heiligen Kunst,
Verliert er dann alles, bleibt er ohne Gunst?
O starker Krishna, der vom Pfad abirrt,
Ist er dann nicht verloren, wie die Wolke verwirrt?
Das ist mein Zweifel, und ich bitte um Licht,
Außer dir, o Herr, gibt’s kein anderes Sicht.
Die Höchste Gottheit spricht: „O Sohn Pṛthās, sei klar,
Ein Transzendentalist, der gut tut, ist nicht rar.
Er wird nicht vernichtet, in Welt oder Geist,
Wer Gutes vollbringt, der wird nicht gekreist.
Nach Jahren des Genusses, in frommen Gefilden,
Wird der gescheiterte yogī neue Höhen erobern.
In rechtschaff'ner Familie wird er neu geboren,
In einem Haus von Weisen, so voller Ehr' und Zoren.
Wenn er dort wiederkehrt, weckt er das Licht,
Sein göttliches Bewusstsein, das er nicht vergisst.
Er strebt nach dem Fortschritt, nach dem vollen Erfolg,
O Sohn Kurus, so wird er zum höchsten Engel.
Von göttlichem Bewusstsein, so zieht es ihn weit,
Selbst ohne das Streben, dem Yoga bereit.
Ein weiser Transzendentalist steht über dem Buch,
Die Rituale der Schriften, er folgt seinem Fluch.
Wenn der Yogī ernsthaft strebt,
Fortschritt bringt, wo er lebt.
Von Verunreinigungen rein gewaschen,
Wird er nach vielen Leben erhaschen,
Die Vollkommenheit, das höchste Ziel,
Nach Vorbereitung, so stark wie ein Kiel.
Größer als Asket, Empiriker, Arbeiter,
Ein Yogī, o Arjuna, sei der Wegbereiter.
Unter allen Umständen, halte daran fest,
Sei ein Yogī, der sich stets im Besten misst.
Von allen Yogīs, der Glaube groß,
Der in Mir verweilt, das ist der Schoß,
Der an Mich denkt, mit Liebe so zart,
Der transzendentalen Dienst bringt in das Herz apart.
Am engsten vereint, in Yoga vereint,
Der Höchste von allen, den Mein Herz meint.
SIEBTER GESANG
Höre, Sohn Pṛthās, Gottes Wort so klar,
Wie du Mich erkennst, sei dir offenbar.
Voll frei von Zweifeln, mit Geist, der Mich sieht,
Praktiziere Yoga, wo Wahrheit dir blüht.
Ich bringe dir Wissen, phänomenal,
In voller Fülle, es ist keine Qual.
Hast du es erkannt, so wird dir’s geschehn,
Nichts bleibt mehr verborgen, nichts ist mehr zu flehn.
Unter Tausenden, die streben zum Ziel,
Erreicht einer die Vollkommenheit, das ist kein Spiel.
Doch von den Vollkommenen, in Wahrheit so rar,
Kennt kaum einer Mich, das ist die Gefahr.
Erde, Wasser, Feuer, die Luft und der Raum,
Äther, Geist, Intelligenz, das ist Meiner Raum.
Die acht Elemente, die materiell sind,
Sind Meine Energien, die sich hier find'.
Doch neben den Niederen, Arjuna, o stark,
Gibt’s eine höhere Energie, die strahlt wie ein Park.
Sie umfasst die Lebenden, die Reichtümer zehren,
Die materielle Welt, die in der Dunkelheit zehren.
Alle Wesen entstehen aus zwei Naturen,
Materiell und spirituell, in vielen Spuren.
Ich bin der Ursprung, die Auflösung zugleich,
In dieser Welt, Ich bin’s, was da bleich.
O Eroberer von Reichtum, so bleib dir gewiss,
Über Mich gibt’s kein Wissen, kein endgültiges Wissen,
Alles ruht auf Mir, wie Perlen in einer Kette,
Die Welt in Meiner Hand, in der Helligkeit der Gebette.
Ich bin der Geschmack des Wassers, so rein,
Das Licht der Sonne und des Mondes Schein.
Die Silbe oṁ in den vedischen Klängen,
Der Klang im Äther, wo die Menschen singen.
Ich bin der Duft der Erde, die Wärme im Glut,
Das Leben in Lebendigem, der Asket, der ruht.
Ich bin der Same, der Ursprung von all dem,
Die Intelligenz der Klugen, die Macht, die ich geb’ jedem.
Die Stärke der Starken, ohne Leidenschaft,
Ich bin die Sexualität, die die Religion schafft.
Wisse, in allen Daseinsstufen, die hier weilen,
Sind Tugend, Leidenschaft, Unwissenheit, die Eilen.
In gewissem Sinne bin Ich alles hier,
Doch bleibe ich unabhängig, so sei es dir klar.
Die Erscheinungsweisen, die täuschen die Welt,
Doch über diesen Dingen, ist Mein Sein bestellt.
Diese göttliche Kraft, sie ist schwer zu besiegen,
Drei Erscheinungsweisen der Natur, sie sind zu fliegen.
Doch wer sich Mir hingibt, mit festem Herzen,
Kann sie leicht hinter sich lassen, ohne Schmerzen.
Die gottlosen Seelen, abgestumpft und dumm,
Die Niedrigsten der Menschheit, schau, wie sie kommen.
Illusion raubt ihnen den klaren Verstand,
Dämonen regieren, die in ihnen verband.
O Bester unter Bhāratas, Arjuna, so weise,
Vier fromme Seelen beginnen die Reise.
Der Notleidende, Reichtum suchend, so klug,
Der Neugierige und der Wissbegierige, die Zug.
Von diesen ist der, der im Wissen verweilt,
In Hingabe lebt, die reinsten Gedanken teilt.
Ihm bin Ich so lieb, er ist Mir treu ergeben,
Denn in seinem Herzen blüht das höchste Leben.
All diese Geweihten, edle Seelen im Licht,
Doch der Wissende, der Mir vertraut, der ist die Sicht.
Im transzendentalen Dienst, so sicher und klar,
Erreicht er Mich, das Ziel, das vollkommen ist wahr.
Wer viele Leben durchschritt, in Wissen nun steht,
Ergibt sich Mir, da er sieht, was besteht.
Ich bin die Ursache aller Ursachen hier,
So eine große Seele, die findet zu Mir.
Doch die, deren Verstand von Wünschen geraubt,
Den Halbgöttern folgen, wie’s jeder sich glaubt.
Nach ihrer eigenen Natur, so folgen sie sehr,
Bestimmten Regeln, doch die Wahrheit ist schwer.
Ich wohne im Herzen, als Überseele hier,
Will jemand einen Halbgott verehren, das ist Mir.
Ich festige den Glauben, damit er ihn sucht,
Um seine Wünsche zu erfüllen, die Seele ruht.
Mit solchem Glauben, erfüllt, ist er stets bereit,
Den Halbgöttern zu dienen, so sucht er die Zeit.
Doch die Segnungen kommen nur von Mir allein,
Die Menschen mit geringer Intelligenz, so gemein.
Die Halbgötter verehren, ihre Früchte so klein,
Doch Meine Geweihten erreichen das Licht, den Schein.
Unintelligente Menschen, die Mich nicht verstehen,
Glauben, Ich sei unpersönlich, kann nicht weitergehen.
Von Meiner inneren Energie bin Ich verborgen,
Für die Toren und Dummen, da bleibt nur das Morgen.
Denn ungeboren und unfehlbar, so bin Ich hier,
Doch wer Mich nicht kennt, der findet nicht zu Mir.
O Arjuna, als Höchste Person, so weise,
Weiß Ich, was war, was ist, und was wird die Reise.
Ich kenne alle Wesen, doch keiner kennt Mich ganz,
In dieser großen Wahrheit, da tanzt der Lebenskranz.
O Nachkomme Bharatas, so stark und weise,
Im Leben geboren, oft in Täuschung, die Reise.
Verwirrt von Dualitäten, aus Hass und Verlangen,
Durch diese Illusionen, die Seelen oft klagen.
Doch die Frommen, die in Taten stets rein,
In vorherigen Leben und diesem, so fein,
Die Sünden getilgt, befreit von der Last,
Ihrem Dienst sind sie eifrig, voller Entschlossenheit, rast.
Die Klugen, die streben nach Freiheit von Schmerz,
Suchen bei Mir Zuflucht, im liebevollen Herz.
Wahrlich Brahman, in Wissen erblüht,
Verstehen transzendentale Tätigkeiten, wie’s glüht.
Wer sein Bewusstsein auf Mich gerichtet hält,
Weiß, dass Ich der Herr dieser materiellen Welt.
Die Halbgötter, die Opfer, alles in Meinem Spiel,
Kennen Mich selbst im Tod, das höchste Ziel.
ACHTER GESANG
Arjuna sprach: O Höchster Herr,
Was ist Brahman, der größte Stern?
Was ist das Selbst, das uns regiert?
Was sind die Taten, die man zelebriert?
Was ist die Welt, die wir sehen?
Und wer sind die Götter, die hier verwehen?
Bitte erleuchte mein Herz, ich flehe!
Wer ist der Herr des Opfers, sag,
Wie lebt Er im Körper, o Madhusūdana, frag?
Und wie kennt man Dich im letzten Moment,
Wenn der Tod uns mit sanfter Hand verbrennt?
Die Höchste Persönlichkeit sprach darauf,
Das unzerstörbare, es hört niemals auf,
Das Lebewesen, das wir Brahman nennen,
Sein ewiges Wesen, das Selbst, wir erkennen.
Tätigkeiten, die auf Materie bauen,
Nennen wir karma, so darfst Du vertrauen.
O Arjuna, das Materielle, es wechselt stets,
Das nennen wir adhibhūta, wie das Leben vergeht.
Die Form des Herrn, sie umfasst alles hier,
Adhidaiva nennt man sie, das ist unser Ziel.
Ich, der Höchste, bin im Herzen stets da,
Adhiyajña, der Herr des Opfers, so klar.
Wer am Ende des Lebens an Mich denkt,
Seine Natur erreicht er, wenn er in Mich lenkt.
Das ist kein Zweifel, das ist gewiss,
Der Zustand, an den Du denkst, das ist der Schluss.
Darum, o Arjuna, denk stets an Mich,
In Form von Krishna, so ehrlich und frisch.
Erfülle Deine Pflicht, im Kampf sei bereit,
Weihe alle Taten Mir, dann ist es gescheit.
Wer über Mich nachdenkt, ohne je abzuschweifen,
Dem ist es gewiss, dass wir gemeinsam streifen.
Meditiere über die Höchste Person,
Der alles weiß und nie verloren.
Der älteste Meister, der über alles wacht,
Klein wie das Kleinste, das alles entfacht.
Er strahlt wie die Sonne, ist transzendent,
Jenseits der Materie, die niemand kennt.
Wer zum Tod die Lebensluft richtig lenkt,
Durch yoga in Hingabe, wenn er denkt,
Wird die Höchste Persönlichkeit mit Sicherheit erreichen,
Das ist das Ziel, das wir erreichen.
Die Weisen im Zölibat, sie studieren die Veden,
Mit oṁ-kāra chantend, sie wissen, was sie reden.
Wer Erlösung sucht, in Reinheit lebt,
Jetzt erkläre ich dir, wie man sie erhebt.
Yoga heißt, die Sinne zu befreien,
Indem man alle Tore schließt, das Herz erreichen,
Die Lebensluft zum Haupt, zum höchsten Punkt lenken,
So wird man im Yoga, das Herz fest und denken.
Chantet die Silbe oṁ, die höchste der Klänge,
Denkt an Gott, wenn ihr den Körper verlasst,
Die spirituellen Planeten sind der Lohn,
Für den, der in Hingabe stets so handelt, voll von Kraft.
Wer an Mich denkt, bleibt stets auf dem Pfad,
O Sohn Pṛthās, ganz leicht ist der Rat.
Im Dienst der Hingabe, im stetigen Fluss,
Kommt er zum Ziel, findet ewigen Genuss.
Die großen Seelen, die Yoga vollzogen,
Kehren nie mehr zurück, sind hoch erhoben.
In dieser Welt, die voller Leiden verweilt,
Haben sie die höchste Vollkommenheit geteilt.
Die Planeten hier, vom höchsten bis niedrigsten,
Sind Plätze des Leids, wo das Leben sich bricht,
Doch wer in Mein Reich gelangt, o Sohn Kuntīs,
Wird niemals geboren, bleibt ewig im Licht.
Ein Tag im Leben Brahmās, so lang und so weise,
Tausend Zeitalter, eine heilige Reise.
Und wenn seine Nacht anbricht, kehren sie heim,
In das Unmanifestierte, ganz still, ohne Schein.
Wenn der Tag wiederkehrt, wird alles geboren,
Und wenn die Nacht kommt, wird es wieder verloren.
Doch eine Natur gibt es, ewig und rein,
Die über das Materielle erhaben mag sein.
Unmanifestiert, unfehlbar, so wird sie benannt,
Der höchste Bestimmungsort, den man nicht verbannt.
Wenn man ihn erreicht, kehrt man nie zurück,
Das ist Mein Reich, der Ort höchsten Glücks.
Der Herr, die Höchste Persönlichkeit, groß und erhaben,
Kann durch reine Hingabe stets erreicht werden,
Obwohl Er in Seinem Reich verweilt,
Ist Er in allem, und das Leben verweilt.
O bester der Bhāratas, hör nun die Zeit,
Die entscheidet beim Verlassen, ob man zurückkehrt, bereit.
Wer das Höchste Brahman kennt, so weise und klar,
Scheide aus, wenn das Feuer seinen Einfluss hat, wunderbar.
Im Licht des Tages, zur Glücksstunde,
In den vierzehn Tagen des Mondes, ganz voller Runde,
Oder während der Monate, wenn die Sonne nach Norden zieht,
Erreicht er das Höchste, wo das Glück nie versiegt.
In Rauch gehüllt, in stiller Nacht,
Wenn Mond sich neigt in schwindender Pracht,
So zieht der Mystiker dahin,
Kehrt doch zurück, wohnt nicht für immer drin.
Zwei Pfade gibt’s, so lehrt der Brauch,
Ein Weg im Licht, der andere im Rauch.
Im Lichte gehst du, kehrst nicht heim,
Im Dunkel wirst du rückwärts schreiten, klein.
Die Gottgeweihten, klar und rein,
Verwirrung kann ihr Herz nicht sein.
Drum, Arjuna, sei stets bereit,
In Hingabe lebst du in Ewigkeit.
Der Dienst in Liebe führt ans Ziel,
Erreicht, was man erlangen will:
Die Veden, Opfer, allesamt,
Entsagung, Weisheit, Spendenkranz.
Durch Hingabe wird’s alles dein,
Und führt dich in das Reich hinein –
Das ewig strahlt, von Licht durchflossen,
Das höchste Ziel, von Gott beschlossen.
NEUNTER GESANG
Die Höchste Persönlichkeit sprach in Ruh' zu Arjun, dem Freund:
„Weil du mir stets treu bleibst und niemals Neid empfändst,
werd’ ich dir Wissen offenbaren, das tief und heilig ist.
Durch dieses wirst du finden, was des Lebens Leid zerfrisst.
Dies Wissen, es ist königlich und rein und voller Kraft,
Das tiefste aller Geheimnisse, die Wahrheit, die erschafft.
In Freude kannst du’s üben, und das Selbst wird offenbar,
Denn was es gibt, ist ewig und beständig, wunderbar.
Doch jene ohne Glauben finden niemals meinen Pfad,
Sie kehren stets zurück in Leid und leben voller Tat.
Denn Ich bin überall und unsichtbar zugleich,
Und doch bin ich nicht Teil des Universums’ Reich.
In mir ruhen die Wesen, doch sie lasten nicht auf mir.
Ich schaffe und erhalte, doch berühr’n sie mich nicht hier.
Wie Winde, die im Himmel wehn’, doch ihn nicht berühren,
So schaffe Ich, ohne von dem Materiellen zu verlieren.
Am Ende jedes Zeitalters kehrt alles zu mir heim,
Und wieder neu erschaff' Ich, wenn die Zeit ist reif und rein.
Durch meinen Willen stets besteh’n die Welten und vergehn,
Doch bin ich unberührt davon, als wär ich nicht zu sehn.
Die Toren aber spotten, wenn Ich Menschengestalt wähl’,
Sie sehn nicht mein Geheimnis und erkennen mich zu spät.
Und in verblendeter Verwirrung folgen sie dem Schein,
All ihre Hoffnungen auf Licht, die brechen wie ein Stein.
Doch Seelen, die erwacht sind und meiner Macht vertraun,
Sie preisen mich in Liebe und in hingebungsvollem Traum.
Ohne Ende und mit Freude neigen sie sich stets vor mir,
Denn sie wissen, Ich bin ewig, und mein Segen, der ist hier.
Als Opfer, als das Wissen, als der Herr in jeder Form,
Bin Ich das Feuer, die Butter, die Seele und der Sturm.
Bin Vater und bin Mutter, ich bin das ewige Gebet,
Ich bin der Schutz, das Heim und der Weg, der weitergeht.
Und wer die Veden studiert und Soma-Saft genießt,
Der findet himmlische Freude, doch vergisst, was ewig ist.
Denn wenn die Frucht verzehrt ist, und der Segen aufgezehrt,
Dann kehren sie zurück und sterben, vom Sinnengier verzehrt.
Doch jene, die in Treue nur mein Wesen sehen und preisen,
Für sie wird alles, was sie brauchen, wie Regen niederweisen.
Ein Blatt, eine Blume, ein bisschen Wasser, wenn's nur rein
Und liebend ist, so werd' ich's aus Liebe annehmen, ganz allein.
All das, was du tust, was du isst, was du schenkst und hingibst im Verzicht,
opferst du mir, o Sohn von Kuntī, das ist mein Weg und dein Pflichtgericht.
So wirst du frei von Arbeitspflicht, und deren Frucht, ob gut, ob schlecht,
mit deinem Geist, der an Entsagung sich hält, erreichst du Mich und wirst gerecht.
Ich neide keinem, liebe gleich – niemand steht bei mir im Bann.
Doch wer mir dient mit tiefem Herz, der wird mein Freund und ich sein Mann.
Selbst wenn du Schlechtes hast getan, doch dienst du mit Hingabe mir,
dann bist du heilig, denn fest entschlossen führst du das Herz zur rechten Tür.
Bald wirst du rein und Frieden finden, o Kuntīs Sohn, verkünd' es kühn:
Ein Gläubiger vergeht nicht, nein – er bleibt in mir, wird ewig blühn.
O Sohn der Pṛthā, wer bei mir Schutz sucht, kann’s höchste Ziel erreichen gern.
Auch wer von niederer Geburt, wie Frauen, Händler, Diener fern.
Und mehr noch gilt das edlen Geistern, den Gläubigen und Königen rein.
So nimm, wer hier in diesem Leid, dein Herz und gib es ganz mir allein.
Denk immerfort an mich, mein Freund, sei mir geweiht, verehr' mich treu.
Bist du mir nah in diesem Sinn, wird deine Seele bei mir sein, ganz neu.“
ZEHNTER GESANG
Höre, Arjuna, stark in Tat und Geist,
Mein Freund, so treu und edel, ganz ohne List und Neid.
Weil du mir lieb und teuer bist,
Offenbare ich Wissen, das du so tief vermisst.
Die Halbgötter und Weisen, sie wissen es nicht,
Woher ich stamme, was mein Wesen spricht.
Ich bin der Ursprung, der Quell der Macht,
Der Schöpfer der Götter in all ihrer Pracht.
Wer mich als den Anfang und das Ende kennt,
Der bleibt von Sünde gänzlich ungetrennt.
Denn Wissen, Kraft und Wahrhaftigkeit,
Geduld, Freude und Traurigkeit,
All das, was in den Wesen wohnt,
All diese Kräfte, die man nur ahnt,
Sie alle sind von mir allein,
Ich geb' ihnen Ursprung und Dasein.
Die sieben großen Weisen, von Geist geboren,
Und all die Wesen, seit jeher erkoren,
Stammen von mir, und durch sie allein,
Bevölkern Lebewesen das Universum fein.
Wer meine Fülle wirklich versteht,
Sich in Liebe zu mir dreht,
Der wird im Dienst sich mir weihen,
Sich in meinem Glanz erfreuen.
Ich bin die Quelle, aus der alles fließt,
Von mir kommt das, was jeder hier sieht.
Wer das erkennt und tief verinnerlicht,
Der wird in Liebe an mich fest gebunden, ganz licht.
Die reinen Seelen in meiner Nähe,
Sie denken stets nur an mein Wehe und Wehe,
Mit Freude reden sie von mir,
In großer Zufriedenheit, im Einklang hier.
Wer mir mit Liebe sein Herz verleiht,
Dem gebe ich Wissen, das niemals verbleicht.
Ich bin das Licht in der Dunkelheit,
Der die Finsternis der Unwissenheit vertreibt.
Arjuna sprach: O Höchster, du bist wahrlich groß,
Du bist das Licht, das die Wahrheit erblüh'n lässt, endlos.
Du bist ewig und rein, die Wahrheit in Person,
Nārada und Vyāsa preisen dich schon.
Ich glaube fest, was du mir sagst,
Die Götter und Dämonen ergründen dich nicht, wie du fragst.
Du kennst dich allein durch deine Macht,
Als Ursprung aller Wesen, in Liebe erwacht.
So sage mir von deinen Kräften, erhaben und klar,
Damit ich dich versteh, und mein Herz dir ganz nah.
Wie soll ich dich denken und stets in mir wahren?
An welche deiner Formen soll ich mich bewahren?
O Krishna, erzähl mir von deinen Gaben,
Wie du die Welten durch deine Fülle machst erhaben,
Dein Wissen erquickt mich, wie Nektar so rein,
Und endlos möcht' ich deine Worte nur sein.
Der Höchste sprach: Ich werde dir erzählen, was in mir liegt,
Doch nur von denen, die mein Herz wiegt.
Denn grenzenlos sind meine Herrlichkeiten,
Die in den Herzen der Menschen weilen, in Ewigkeiten.
Ich bin die Seele in allen Wesen, ein Quell,
Der Anfang, das Ende, im Herzen so hell.
Ich bin Viṣṇu, der Glanz in der Sonne, so rein,
Und unter den Sternen bin ich der Mondenschein.
Von den Veden bin ich der Sāma Veda,
Von den Halbgöttern Indra, der Himmel begeht.
Ich bin der Geist, der die Sinne lenkt,
Und das Leben, das in den Körper strömt und denkt.
So sollst du wissen, Arjuna mein Freund,
In all diesen Dingen bin ich vereint.
Sei dir gewiss, dass ich stets bei dir weile,
In jeder Form, in jeglicher Eile.
Dies ist mein Wort, so klar und wahr,
Und in der Liebe, da bin ich dir nah.
Von den vielköpfigen Nāgas bin Ich Ananta, das ist mein Ort,
Von den Wesen, die im Wasser leben, bin Ich Varuṇa, stark und fort.
Unter den Ahnen, die längst sind gegangen, bin Ich Aryamā, der hält Gericht,
Und bei den Richtern der Totenwelt, da bin Ich Yama, das höchste Licht.
Von den Dämonen der Daitya’s, da bin Ich Prahlāda, treu und rein,
Von allen Bezwingern bin Ich die Zeit, die mächt’ge Macht, ganz fein.
Von wilden Tieren bin Ich der Löwe, der brüllend durch die Steppe schreitet,
Und unter Vögeln bin Ich Garuḍa, der über Himmel weitet.
Von allen reinigenden Kräften bin Ich der Wind, der weht,
Von den Waffenträgern Rāma, der stets zum Kampf bereit steht.
Von den Fischen bin Ich der Hai, der in tiefen Meeren schwimmt,
Und bei den strömenden Flüssen bin Ich der Ganges, der alles nimmt.
Von allen Schöpfungen bin Ich Anfang, Ende, Mitte, hier und da,
Unter den Wissenschaften des Selbst, bin Ich der größte Sinn, o Arjuna.
Bei den Logikern bin Ich die Wahrheit, die alle Dinge klärt,
Und von allen Buchstaben der Erste, der jedes Wort vermehrt.
Von Doppelwörtern bin Ich das Beste, das sich fest vereint,
Ich bin die unerschöpfliche Zeit, die sich durch alles stets vereint.
Unter den Schöpfern bin Ich Brahmā, der Ursprung aller Dinge,
Ich bin Tod und Leben, in jedem Funken, den die Zukunft bringe.
Unter Frauen bin Ich Ruhm und Glück, und Sprach’ in höchster Zier,
Gedächtnis, Intelligenz, Geduld, und Standhaftigkeit gehören mir.
Von den Hymnen im Sāma Veda bin Ich Bṛhat-sāma’s Klang,
Und in aller Dichtung bin Ich Gāyatrī, der ewig schöne Sang.
Von allen Monaten bin Ich Mārgaśīrṣa, November mit Dezember,
Von den Jahreszeiten bin Ich Frühling, mit Blumen, die man gern erinnert.
In allem Trug bin Ich das Glücksspiel, in Pracht und Sieg zu finden,
Ich bin das Abenteuer, die Stärke und die Kraft, die sich stets überwinden.
Von Vṛṣṇis Söhnen bin Ich Vāsudeva, und von Pāṇḍavas Arjuna klar,
Von Weisen bin Ich Vyāsa, unter Denkern Uśanā wunderbar.
In Mitteln, die das Unrecht zähmen, bin Ich die Strafe, die heilt,
Und bei denen, die den Sieg anstreben, bin Ich die Moral, die verweilt.
Von allen Geheimnissen bin Ich Schweigen, das tiefste Wort der Weisen,
Und in der Weisheit selbst bin Ich das Licht, das Wahrheit kann beweisen.
O Arjuna, der Ursprung allen Seins bin Ich, in jedem Same verborgen,
Kein Wesen gibt’s, ob fest oder frei, das ohne mich geborgen.
O mächtiger Bezwinger, endlos sind meine göttlichen Pracht,
Was Ich dir beschrieb, war nur ein kleiner Hinweis meiner Macht.
Wisse, dass alle Schönheit, Majestät und Glanz nur ein Teil von Mir,
Mit einem Funken durchdringe Ich das Universum, bin allgegenwärtig hier.
ELFTER GESANG
Arjuna sprach: „Ich hörte nun dein göttlich Wort,
Zu Geheimes über Leben und Ort.
Du schenktest Weisheit mir, voll Vertrauen,
Und all mein Zweifel, er ist nun zerronnen.
Du, Lotusäugiger, hast mir erzählt,
Wie Leben sich bindet und dann wieder entfällt.
Ich sah deine Herrlichkeit, groß und weit,
Und doch will ich schauen dein wahres Geleit.
O Herr, o Größter in himmlischer Pracht,
Zeig mir die Form, die das All hier bewacht.
Wenn du es denkst, ich vermag es zu sehn,
So lass mich in deine Weite eingehn.“
Der Gott sprach: „O Arjuna, du Spross des Geschlechts,
Sieh meine Formen, Hunderttausend, sie wächst
In Farben und Glanz, die Welt rings umher,
Sieh, was das Auge nie sah, noch mehr.
Schau Ādityas, Vasus, die Rudras dort,
Aśvinīs, Halbgötter in himmlischer Pracht,
Vieltausendfältig, in Vielfalt vereint,
Dies hat kein Sterblicher je zuvor gemeint.
Was du auch wünschst, hier kannst du es sehn,
Alles in einem, beweglich, stillsteh’n.
Doch nicht mit Augen der Menschen allein,
So gebe ich dir die Kraft, hier zu sein.“
Sañjaya sprach: „Und Krishna begann,
Zu zeigen, was nur ein Gott je kann.
Da sah Arjuna unzählige Mächte,
Unzählige Münder, göttliche Rechte,
Von Glanz umwoben, voll himmlischer Zier,
Mit Waffen erhoben, doch ohne Gier.
Blumen aus Himmeln, Düfte so rein,
Alles unendlich und strahlend und fein.
Tausend Sonnen, am Himmel entzündet,
Brächten das Licht, das hier Arjuna bindet.
Und in dieser Form, die so allumfassend,
Erblickte er Welten, vereint und nicht lassend.
Arjuna, erschüttert, neigt sein Gesicht,
Mit Händen gefaltet, erblickt das Licht.
„Ich sehe, o Krishna, Götter und mehr,
Lebendige Wesen, von hier und noch mehr.
O Herr, du des Alls größter Gestalt,
Vereint in dir Arme, die zahlreich entfaltet,
Kein Anfang, kein Ende, kein Mittel zu sehn,
Im Glanz deiner Form kann ich nicht bestehn.
Du bist das Ziel, wo die Welt ruhen kann,
Du bist unendlich, der Älteste Mann.
Deine Augen, die Sonne, der Mond dort stehen,
Mit Flammen im Munde, das All zu erhöh’n.
Obwohl du nur eine Form für uns bist,
Ist alles durchdrungen, das All du umschließt.
Erschrocken verstummen die Götter umher,
In Ehrfurcht sie bangen und fleh’n dich noch mehr.
Weise, sie singen Hymnen und Wort,
„Frieden sei mit dir, du herrlicher Ort!“
Oh Śiva, Adityas, Vasus, Sadhyas, was soll ich sagen,
Viśvedevas, Ashvins, sie alle sehen Dich, groß, ohne ein Ende zu sehen.
Die Maruts, die Ahnen, Gandharvas im Reigen,
Yakṣas, Asuras – sie staunen mit Schrecken, in freudig-ergebenem Schweigen.
Und alle Planeten, sie schauen voll banger Not,
auf Deine Gestalt mit Armen und Beinen, die breit wie das Meer droht.
Gesichter und Augen, die furchtbar strahlen, so ungezählt viele,
Zähne, die funkeln, da verwirrt es die Herzen, der Götter, die so stille.
Und wie sie, o Viṣṇu, auch ich bin voll Angst und beben,
die Farben, die blitzen, sie reichen bis hinauf in des Himmels Gewebe.
Oh Herr aller Welten, sei gnädig, ich flehe,
mein Herz schlägt so schnell, doch mein Geist vergehe.
Die Flüsse, die stürzen ins endlose Meer,
so fallen die Krieger in Deine Mäuler, doch es hilft kein Wehren mehr.
Dhṛtarāṣṭras Söhne und all ihre Krieger beachtlich und stark,
sie schlittern und stürzen, ohne Schutz, ohne Gnade, in das finstere Mark.
Wie Motten im Feuer, so fallen sie ein,
von all den Richtungen kommen sie in Dein glühendes Licht hinein.
Oh Herr aller Welten, so schrecklich Dein Schein,
wer bist Du, was bist Du, ich kenne Dich nicht und kann nicht Dein Wesen durchdringen.
Die Höchste Zeit sprach: "Ich bin der Zerstörer von allem, was lebt,
Menschen und Welten, was sich nun erhebt.
Werde ruhmreich, ergreife Dein Schwert und zeige den Mut,
Sie sind schon gefallen, sie sind schon dahin – nun nimm Du Dein Blut."
Kämpfe nur, Savyasācī, lass den Kummer, die Angst,
Bhīṣma, Droṇa und Karṇa, auch sie fallen längst.
So rufte Viṣṇu, die strahlende Zeit,
und Arjuna bebte, doch er neigte sich schnell zu seiner Heiligkeit.
"Meister der Sinne, wenn Dein Name ertönt,
erwachen die Herzen, die Freude entflammt und Dämonen verglühn."
Unendlich bist Du, und so groß und so weit,
unfassbar dem Wissen, jenseits aller Zeit.
Sei mir gnädig, oh Unendlicher Herr,
ich bet' Dich an in Demut und mit Ehrfurcht so schwer.
In allen Richtungen mein Gruß Dir gehört,
Brahmā und Feuer, Mond und Odem, aus Dir ist alles, was lebt und stirbt.
Und ach, sei mir gnädig, ich sprach Dich so an,
als wärst Du ein Freund, doch Du bist weit mehr, mein Herz fühlt den Bann.
Und nun sei es mir frei, wenn ich irrte im Wort,
verzeih mir, was ich tat, in Glück, in Verwirrung, in meinem kurzen Fort.
Oh Herr, der alles ist und alles umfasst,
sei mein Schutz und mein Heil, das all meine Angst verblasst.
O Vater der Welten, beweglich, starr,
Du bist der höchste Meister, immerdar.
Keiner ist größer, mit Dir gleich kein' –
Wer könnte solch einer in Welten sein?
Du Höchster Herr, so anbetungswert,
Vor Dir fall’ ich nieder, ehrfürchtig geehrt.
Blick auf mich gnädig, o Herr der Macht,
Vergib, was ich tat, in törichter Nacht.
Wie Vater dem Sohn die Frechheit verzeiht,
Wie Freund mit dem Freund in Fehlern verbleibt,
Wie Gatte mit Gattin geduldig besteht,
So trag auch Du, Herr, was von mir gesät.
Dein Antlitz gewaltig, so wunderbar,
Es füllt mich mit Freude, doch auch mit Gefahr.
O Herr der Welten, sei gnädig nun,
Zeig mir Dein Antlitz, und laß mich ruh'n.
O Form des Universums, mächtig und groß,
Tausend Arme, die ragen wie Licht und wie Schoß!
Ich sehne mich nach Dir, in Deiner Form,
Mit Helm und Keule, als Gott unverformt.
Da sprach der Höchste: O Arjuna, schau!
Noch niemand zuvor sah Mich so im Schau.
Durch Meine Macht zeig Ich Dir diese Gestalt,
So unbegrenzt, gleißend, die niemand erhalt.
Nicht durch Vedenstudium, Opfer und Werk,
Noch strenge Buße, ist dies ein Gemerk’.
Doch schaue nun friedvoll, mit furchtlosem Geist,
Die Form, die Dein Herz als liebend preist.
Sañjaya sprach, den König belehrend:
Nach diesen Worten, Krishna nun nähernd,
Zeigt sich Arjuna in menschlicher Art,
Erblickt Krishna sanft, in Form und Gestalt.
Arjuna sprach, voll Freude und Mut:
„O Herr, mit diesem Anblick finde ich Gut’.
Ich fühle mich selbst, in Frieden und Licht,
Wieder ganz heil, in meinem Angesicht.“
Der Höchste sprach: O Arjuna mein,
Diese Form, die du siehst, ist schwerlich zu sein.
Nicht einmal Götter erhaschen den Blick,
Sieh’ es als Gnade, welch göttliches Glück.
In dieser Gestalt, so lieblich und rein,
Kann nur im Dienst, der in Liebe sich weih’n,
Erblicken, verstehen, wer ich wirklich bin,
Wer Hingabe lebt, der schaut diesen Sinn.
Wer hingegeben in Dienerschaft lebt,
Das höchste Ziel für sich stets erhebt,
Wer mich als Freund und das Leben versteht,
Zu mir mit Sicherheit nach Hause geht.
ZWÖLFTER GESANG
Arjuna fragt den Herrn voll Mut:
„Wer gilt als vollkommen und gut?
Die, die in Hingabe an Dich glauben
oder die, die im Brahman taugen?“
Der Höchste sprach: „Die, die fest
im Glauben sind, sind mir am besten.
Die, die mein Bild im Herzen tragen
und mich mit Liebe stets erfragen.
Doch jene, die den Weg beschreiten,
das Unmanifestierte zu begleiten,
die über das Sinnliche hinausmarschieren,
und Unbewegliches anvisieren –
auch sie, die selbstlos ihren Weg begehen,
werden am Ende mich erspähen.
Doch für die, die nur das Unpersönliche suchen,
ist dieser Weg schwer, fast wie ein Fluchen.
Doch, Arjuna, die, die an mich denken
und ihre Herzen mir stets schenken,
die über mich meditieren mit reiner Macht –
sie führe ich durchs Dunkel zur klaren Nacht.
Verankere deinen Geist in mir,
und wende deine Intelligenz zu mir.
So wirst du sicher, ohne Qual,
in mir verweilen, allemal.
Doch wenn dir das schwerfällt, mein lieber Freund,
dann übe bhakti, so wie es sich eignet.
Kannst du bhakti nicht, dann arbeite für mich,
denn auch dies führt zur Vollkommenheit für dich.
Und wenn auch das dir nicht gelingt,
so gib die Früchte auf, die Arbeit bringt.
Entsagst du, wirst du Frieden spüren,
und dein Herz wird zur Ruhe führen.
Wer nicht neidisch ist, sondern freundlich und gut,
wer ohne Ego und Habgier ruht,
wer in Freude und Leid gleichmütig bleibt
und sich im Dienst an mich ergibt und mir treu bleibt –
der ist mir lieb, so sag' ich dir klar,
solch ein Mensch ist mir immerdar.
Er, der ohne Stolz und ohne Leid,
mir treu, ist mir nah zu jeder Zeit.
Wer durch Leid und Freude gleichmütig zieht,
und Furcht und Sorge leicht besiegt,
wer nicht an Taten oder Erfolg sich hängt,
ist mir lieb, weil er an mich denkt.
Gleich ist er Freunden und Feinden gesinnt,
er kennt weder Schande noch Ehr' und gewinnt,
er findet in Hitze und Kälte den Frieden,
und Ruhm und Schande wird er besiegen.
So lieb sind mir die, die auf dem Pfad,
in Hingabe an mich, der stets besteht, nah.
Mit Glauben und Liebe, die ich stets lobe,
sind sie mir lieb und mein höchstes Ziel oben.“
DREIZEHNTER GESANG
Arjuna sprach, zu Krishna gewandt:
„Was ist die Natur, des Menschen Verstand?
Was ist das Feld und wer der, der es kennt?
Was ist das Wissen, das man Wissen nennt?“
Der Herr sprach zu Arjuna mit sanfter Stimm’:
„Das Feld ist der Körper, wie du weißt bestimmt.
Der Kenner des Feldes ist jener, der es sieht,
der sein Wesen kennt, und der sein Tun versteht.
Doch höre gut zu, denn Ich sage dir klar:
Ich bin der Kenner, der in allen Körpern war.
Das Feld und seinen Meister zu kennen, ist weise,
das ist wahres Wissen, das Ich hier preise.
Nun lausche, Arjuna, was Ich dir erklär’:
Vom Feld, wie es wirkt, was es ist und wie schwer
die Einflüsse sind, die es formen und leiten,
wie der Kenner das Feld erfährt und was ihn begleitet.
In alten Schriften, von Weisen geschrieben,
wird von diesem Wissen stets Zeugnis geblieben.
Die Elemente, das Ego, der Geist und die Sinne,
des Lebens Wünsche, Freude, Schmerz bis zur Minne.
All dies formt das Feld, das Wechselspiel hier,
aus Lust und aus Leid, aus Hoffnung und Gier.
Doch wahren Frieden erlangt, wer Demut erlernt,
von Stolz sich befreit und Einfachheit gern.
Wer das Übel erkennt in Geburt, Tod und Not,
wer frei von Besitz ist und ohne Gebot,
wer in Hingabe lebt, den Pfad Mir geweiht,
den führ’ Ich zum Wissen, das von allem befreit.
Nun sage Ich dir, was des Wissens Ziel ist,
die Wahrheit, die alles durchdringt und du bist.
Das Brahman, das Ewige, jenseits von Zeit,
es überdauert in steter, allgegenwärtiger Weite.
Es hat viele Hände, Gesichter und Füße,
es ist alles, was lebt, von den größten bis zu den Blüten.
Es steht über allem, ist gleichzeitig nah,
es bleibt unerkennbar, und doch ist es da.
Es scheint sich zu teilen, doch bleibt es doch ganz,
es hält alles zusammen im ewigen Tanz.
Es ist Licht und das Wissen, das Ziel und die Kraft,
es lebt in den Herzen, die wahre Liebe erschafft.
So hab’ Ich dir, Arjuna, das Feld dargelegt,
den Wissenspfad und das Ziel, das bewegt.
Die Natur ist ewig, das Lebendige auch,
sie wandeln sich ständig im Lebensverlauf.
Die Materie bringt Freude und Leid hier hervor,
und das Wesen erfährt diese Gegensätze im Chor.
Doch über dem Ganzen wacht ein anderer still,
die Überseele, die schaut und wirkt wie sie will.
Erkennst du dies Wissen von Mensch und Natur,
so findest du Freiheit und ewige Spur.
Denn wer dies durchschaut, kehrt zur Wahrheit zurück,
und lebt in der Reinheit, dem höchsten Glück.“
Einige finden die Überseele tief in sich,
Durch Meditation, still und sicher,
Andere suchen im Wissen, unermüdlich,
Wieder andere ohne Wunsch, ganz heiter.
Es gibt auch jene, die in der Lehre nicht blühen,
Doch die Höchste Person verehren sie sacht,
Durch Worte von anderen, die sie verglühen,
So brechen sie die Ketten von Tod und von Nacht.
O Oberhaupt der Bhāratas, wisse genau,
Was du siehst, ist das Feld und der Kenner vereint,
Ob beweglich, ob starr, sei stets klug und schlau,
Die Einheit im All, wo das Leben erscheint.
Wer sieht, dass die Überseele überall wohnt,
In allen Körpern, klein und groß,
Versteht, dass im Zerstörbaren niemals verloren,
Weder Seele noch Überseele, sie bleibt stets famos.
Jemand, der sieht, dass die Seelen vereint,
Sich nicht erniedrigt durch Gedanken, die ziehn,
Nähert sich dem Ziel, das die Wahrheit vereint,
Im transzendentalen Licht wird er schließlich blüh’n.
Wer sieht, dass der Körper nur Handlungen tut,
Von der Materie geformt, aus ihr geboren,
Versteht, dass er selbst in des Lebens Glut,
Kein Tun hat und bleibt unberührt von den Toren.
Ein weiser Mensch, der die Unterschiede lässt,
Sieht die Lebewesen, die überall sind,
Erlangt die Sicht, die das Brahman bemisst,
Wo das Einssein mit allem das Leben verbindet.
Die mit Ewigkeit sehen, erkennen die Seele,
Unvergänglich und jenseits der Naturerscheinung,
Trotz Materie bleibt sie in ihrer Kehle,
Tut nichts, ist nicht gebunden, in keiner Bedrängung.
Wie der Himmel, allgegenwärtig und rein,
Sich nicht mit dem Irdischen vermischt in der Zeit,
So die Seele, die im Brahman verankert scheint,
Bleibt unberührt, auch im Körper, bereit.
O Nachkomme Bharatas, siehe die Sonne,
Sie erleuchtet das Universum, klar und weise,
So das Lebewesen, ein Licht voller Wonne,
Bewusstsein durchströmt den Körper, in stiller Reise.
Die, die durch Wissen den Unterschied fassen,
Zwischen Körper und Kenner, ganz fest im Blick,
Erreichen das Ziel, wo die Freiheit kann blassen,
Aus der Knechtschaft der Materie – der höchste Glücksstrick.
VIERZEHNTER GESANG
Die höchste Weisheit, so sprach Gott,
„Die Essenz allen Wissens, ihr müsst es wissen,
Alle Weisen, die es verstanden, sind zur Vollkommenheit gelangt,
In diesem Wissen fest verankert, die transzendentale Natur erlangt.
Eingebettet in Weisheit, zur Schöpfung nicht geboren,
In der Vernichtung nicht verwirrt, stets unerschoren.
Die materielle Substanz, Brahman, so genannt,
Die Quelle des Lebens, die ich befruchte, die alles verband.
„Versteh, o Sohn Kuntīs, alle Lebensformen sind,
Durch Geburt in der Materie, durch mich verbunden wie ein Wind.
Die materielle Natur, dreifach ist ihr Spiel,
Tugend, Leidenschaft und Unwissenheit, das ist ihr Ziel.
O starkarmiger Arjuna, in Berührung mit der Natur,
Wirst du gebunden durch die Erscheinungsweisen nur.
Die Tugend, rein und erleuchtend, befreit von Sünde,
Diejenigen, die darin verweilen, finden Glück und Hände voller Funde.
Doch Leidenschaft bringt Wünsche, die unermesslich sind,
Binden an fruchtbringende Taten, wo das Streben beginnt.
Die Dunkelheit der Unwissenheit führt zur Täuschung, die entblößt,
Verrücktheit, Trägheit und Schlaf, die Seele fest an sich löst.
Wenn Tugend obsiegt, bringt sie Glück und Licht,
Leidenschaft kann sie besiegen, doch auch Unwissenheit, nicht aus Sicht.
Ein ständiger Kampf um Vorherrschaft findet statt,
Die Merkmale der Tugend strahlen, erleuchten das Stadt.
Die Leidenschaft führt zu Anhaftung, das Verlangen wird groß,
Die Unwissenheit bringt Dunkelheit, Trägheit, ein endloser Schoß.
Wer in der Tugend stirbt, gelangt zu Weisen, rein und hoch,
Wer in Leidenschaft stirbt, wird fruchtbringend, das ist der Hoch.
Doch wer in Unwissenheit geht, wird im Tierreich neu geboren,
Reines Handeln führt zu Tugend, das sei euch nicht verloren.
Handlungen in Leidenschaft bringen Leid in ihr Gewand,
Unwissenheit führt zur Dummheit, in der Illusion verbannt.
Die Tugend gebiert Wissen, das Licht, das wahrhaft glänzt,
Leidenschaft bringt Gier, die oft die Seele trennt.
Unwissenheit gebiert Dummheit, Verrücktheit, Illusion,
Die Tugend führt zum Aufstieg, zur höheren Dimension.
So sei dir bewusst, in welchem Zustand du bist,
Ob du stehst in Tugend, Leidenschaft oder vergisst.
In den höheren Planeten wohnt, wer Tugend erlangt,
Doch wer in der Unwissenheit lebt, wird zu den Höllen gedrängt.
Wenn einer erkennt, was in Taten geschieht,
dass die Natur selbst allein stets hier führt das Spiel,
und weiß, dass der Höchste, in Licht und in Ruh,
über all diesen Wesen ist, rein und so kühl,
dann erlangt er die Wahrheit, die spirituell blüht,
in des höchsten Daseins klarer, weiser Ziel.
Wer die drei Eigenschaften, die uns hier gebärden,
transzendiert, wird frei von Geburtslast und Pein,
von Alter und Tod, die uns drücken und schmerzen,
er schmeckt in diesem Leben den Nektar, so rein.
Arjuna fragte mit Sorge: „Wie erkennt man den Mann,
der über die Natur, in ihr Wesen, gewann?
Wie bleibt er unberührt, trotz der Dinge um ihn,
und zeigt er das Zeichen, das in Wahrheit erblühn?“
Der Höchste sprach weise: „O Sohn Pāṇḍus, so höre,
wer Erleuchtung nicht scheut, wenn sie kommt, in der Zähre,
wer nicht nach ihr greift, wenn sie schnell wieder weicht,
und im Angesicht beider, unerschütterlich bleibt,
der sieht, was geschieht, und in Selbstverankerung,
ist er frei von der Last, auch bei Glück oder Zorn.
Wer Erde, Stein, Gold mit den gleichen Augen sieht,
wer Beleidigung, Lob, in der Seele nicht flieht,
wer Freund und Feind gleich behandelt, im Streben,
wer nie sich verbiegt, hat die Natur dann verlassen.
Wer im Dienst der Hingabe ganz aufgeht und blüht,
der transzendiert schnell, was die materielle Welt sieht,
er erreicht die Ebene des Brahman, so klar,
und ich bin die Grundlage, unsterblich und wahr.
Unvergänglich, ewig, im höchsten Glückstau,
die unpersönliche Seele, der Wahrheit voll Schau.“
FÜNFZEHNTER GESANG
Die Höchste Seele sprach voll Herrlichkeit:
„Ein Baum gibt’s, unvergänglich und frei,
Sein Wurzelwerk weist zum Himmel hin,
Seine Äste, sie neigen sich niederhin.
Die Blätter sind Hymnen, vedische Lieder,
Und wer diesen Baum kennt, kennt die Veden wieder.
Genährt durch die Kräfte der dreifachen Art,
Wächst er weit, verzweigt, und bleibt uns bewahrt.
Die Zweige streben zu Sinneslust,
Nach oben, nach unten, voll irdischer Lust.
Auch Wurzeln hinab sich in Tiefen recken,
Gebunden an menschliches Tun, das uns schreckt.
Doch wahrlich, die Form ist uns allen verborgen,
Niemand kann Ursprung noch Ende erhorchen.
Entschlossen, mit der Loslösung Schwert,
Fällst du den Baum, den die Welt so begehrt.
So suche den Ort, den man nie wieder verlässt,
Ergib dich dem Ursprung, der allen den Rest,
Dem Höchsten, der ewig den Anfang gibt,
Von dem alles fließt und ewig besteht.
Wer ohne Stolz, frei von Illusion,
Der Lust entsagt, der findet den Lohn.
Wer Wissen erlangt, in Klarheit erwacht,
Den führt dieser Pfad in das ewige Reich.
Dort scheint keine Sonne, noch Mond oder Licht,
In diesem Reich, da Dunkelheit bricht.
Wer dorthin gelangt, kehrt nie wieder zurück,
Befreit von der Welt, die nach Bindung trübt.
Die Seelen, sie sind mein ewiger Teil,
Gefangen im Körper, ein mühseliges Seil,
Gekettet an Sinne, in schwerem Strauß,
Doch im Geist tragen sie alles hinaus.
Wie die Luft die Düfte von Ort zu Ort trägt,
Wechselt die Seele, was ihr nun wohl gefällt.
Sie nimmt sich die Sinne, Form und Gestalt,
Und genießt dann die Welt, wie’s ihr so gefällt.
Doch Toren erkennen das Rätsel nicht recht,
Wie die Seele wechselt und dabei spricht:
Was bindet sie fest, was zieht sie hinan?
Nur der Weise sieht’s klar, der das Wissen gewann.
Die Transzendentalen, im Selbst fundiert,
Haben erkannt, wie die Seele regiert.
Doch jener, der blind durch die Welt sich quält,
Der sieht weder Grund noch das Ziel, das ihm fehlt.
Die Sonne, die Dunkelheit, bannt sie und flieht,
Das Licht von der Quelle aller Dinge entspringt.
Auch Mond und Feuer, sie leuchten durch Mich,
Ich bin das, was Leben im All erlischt.
In die Planeten geh’ Ich ein,
Durch Meinen Hauch halten sie ihr Sein.
Der Mond nährt das Grün, das Früchte gebiert,
Denn Ich bin es, der Leben hier stets gebiert.
Das Feuer, das in allen Dingen brennt,
Verdaut die Nahrung, wie sie jeder kennt.
Im Herzen aller, da weile Ich,
Bin Wissen und Vergessen, Gedächtnis und Licht.
Zwei Wesen gibt’s, fehlbar und klar,
Die Seelen im Stoff sind wandelbar.
Im Geist, da sind sie, unfehlbar, geeint,
Der Höchste wacht über den Welten vereint.
Er ist größer als alle, die Welt je sah,
Der transzendentale Herr, der in allem war.
Berühmt in den Veden, die Welt ruft den Namen,
Der Größte, der Beste, den alle erahnen.
Wer Mich so erkennt, als was Ich bin,
Der dient Mir in Hingabe, treu und tief darin.
O Bharata, wahrlich, er ist ein Weiser,
Der mit mir vereint geht durch’s Leben als Meister.
Dies ist das tiefste Geheimnis der Schrift,
Von Mir offenbar und als Gabe gelift’.
Wer dies nun erkennt, der Weisheit erfährt,
Wird im Streben zur Vollendung gelehrt.“
SECHZEHNTER GESANG
So sprach die Höchste Gottheit klar:
„O Furchtlosigkeit und Reinheit gar,
Der Weisheit Huld und mildes Geben,
Die Selbstzucht auf dem Pfad zum Leben,
Das Opfer, Veden's Sinn erfasst,
Verzicht, der Reichtum losgelassen,
Die Einfachheit im Tun und Streben,
Gewaltlos’ Handeln, wahrhaft Leben.
Frei von Zorn, der Geist ist still,
Nicht nach Fehlern suchen will,
Mit Mitleid, Liebe, ohne Neid,
Ist freundlich, fest in Zweisamkeit,
Mit starkem Willen, mild, bescheiden,
In Reinheit, fern von Eifers Neiden.
Dies sind die göttlich reinen Züge,
Die heilige Wesen stets vergnügen.
Doch Stolz, Wut und das Grobe klagt,
Dem, der im Dämonischen lag,
Denn diese Eigenschaften schrecken,
Und werden ins Dunkel Dich verstecken.
Gefangen führt dies Tun allein,
Zu Leiden, Schmerz und falschem Schein.
Zwei Arten Wesen schuf die Welt,
Die Göttlichen, die im Licht gezählt,
Und jene, die dämonisch sind,
Die folgen blind dem Trieb, dem Wind.
Denn sie, die blind für Tugend stehn,
Erkennen weder Reinheit, noch sehn,
Dass Wahrheit mehr ist als der Schein,
In Schein und Trug gehn sie allein.
Sie sprechen: ‚Es gibt keinen Grund,
Keinen Gott, keinen Herzensbund.
Die Welt entspringt der Lust allein,
Kein Höher's Walten uns erscheint.‘
Verworren folgen sie dem Trieb,
Zerstören nur und Liebe es nicht gibt.
In Wahn und Gier, voll falschem Stolz,
Sich in Illusion verlorn und Holz,
Das brennt in wilder Leidenschaft,
Der Dämon wähnt sich Herr der Kraft.
Und glaubt, dass sein Besitz mehr wird,
Vom Reichtum mehr und mehr verführt.
Und sagt: ‚Ich habe diesen Feind,
Besiegt, mein Weg wird ihm verneint,
Ich bin der Herr, der stark und weise,
Das Glück ist nur auf meiner Reise.‘
So taumeln sie im Dunkel gar,
Fern der Wahrheit, leer und unwahr.
Drei Tore führen hinab zur Pein:
Die Gier, der Zorn, das Lüsten sein.
Doch wer sie meidet, klar und rein,
Wird sich erheben, stolz und fein,
Und schreitet auf dem Pfad zum Ziel,
Zur höchsten Wahrheit, rein und viel.
Doch wer die Regeln bricht und wählt,
Sein eigenes Tun, sich selbst vermählt,
Er wird den Frieden nie erlangen,
Der Weg zur Höh' bleibt ihm verhangen.
Drum folge der Schriften Wort genau,
Das Wahre, die Pflicht lernst Du schlau.
So wirst Du, o Mensch, Schritt für Schritt,
Erhöht, und Gottes Ruf beitritt.
SIEBZEHNTER GESANG
Arjuna fragte, o Krishna, weise mir den Pfad,
was wird aus denen, die die Schriften verlassen?
Die ihren Glauben auf eigene Weise verrichten,
sind sie in Tugend, Leidenschaft, oder dem Dunklen zuzusprechen?
Die Höchste Gottheit sprach: Glaube ist verschieden,
von Tugend, Leidenschaft und Unwissen durchzogen, wie Ströme, die fließen.
O Bharata-Sohn, so führt jeder sein Leben,
geprägt von der Natur, die ihm ist gegeben.
Die Menschen in Tugend, sie verehren das Licht,
die Halbgötter, die rein und voller Klarheit sind.
Wer der Leidenschaft folgt, Dämonen huldigt er,
und in der Unwissenheit verehrt man das Dunkle, wie Geister und mehr.
Wer harter Entsagung sich selbst unterwirft,
von Stolz und Ego getrieben, ist nicht erleuchtet.
Mit Lust und Verhaftung, den Körper zu quälen,
sind sie dem Dämonischen auf Erden zu erzählen.
Selbst Speisen sind anders, je nach dem Streben,
was Tugend, was Leidenschaft und was Dunkelheit prägen.
Die Nahrung der Tugend schenkt Stärke und Licht,
sie gibt Freude und Leben und heilt das Gemüt.
Doch jene der Leidenschaft, scharf und zu bitter,
bringt Schmerz und Leid und lässt die Seele zittern.
Und Speisen im Dunkeln, die faul sind und leer,
solch Nahrung verdirbt und vergiftet noch mehr.
Das Opfer der Tugend ist rein und pflichtgemäß,
ohne Lohn zu erwarten, es folgt stets dem Gebet.
Doch aus Stolz und Begierde, im Namen der Leidenschaft,
gibt man, um zu scheinen, ohne wahre Bedacht.
Und Opfer, die ohne die Schriften getan,
ohne Glaube, ohne Hymnen, das ist Unwissenheit klar.
Enthaltsamkeit des Körpers heißt, Ehre zu wahren,
für Eltern und Lehrer, das Reinste zu tragen.
Im Reden liegt Tugend in Worten, die wahr,
die hilfreich und freundlich, die läutern und klar.
Die Kontrolle des Geistes, in Einfachheit geübt,
das ist der Weg, der die Seele betrübt.
Buße aus Stolz, die will Ruhm und Respekt,
die Leidenschaft ruft und das Herz verletzt.
Buße aus Torheit, die quält und zerstört,
gilt als dunkel und bringt das Herz zum Verstört.
Spenden in Tugend, aus Pflichtgefühl dargebracht,
ohne Erwartung, an den rechten Ort gedacht.
Doch Spenden in Leidenschaft, im Warten auf Lohn,
sie wollen nur Ertrag und belohnen sich schon.
Spenden in Unwissenheit, an falschem Ort,
ohne Achtung und Ehre, ohne rechten Wort,
sind dem Dunklen verhaftet, sind leer und voll Scham,
sie führen nicht weiter, nur Täuschung im Kram.
So sei dir bewusst, was der Glaube dir bringt,
denn Tugend, Leidenschaft und Dunkelheit schwingen,
durch Worte und Taten, durch Spenden und Fasten,
du wählst deinen Pfad, auf dem du darfst wandern und lasten.
Seit Anbeginn der Schöpfung war’s Brauch,
drei Worte standen fest im Hauch:
„Oṁ tat sat“ – so tief und wahr,
sie weisen auf das Höchste klar.
Die brāhmaṇas, mit heil'gem Klang,
sangen diese Worte lang.
Mit Veden-Hymnen, Opferflammen,
riefen sie den Höchsten zusammen.
Transzendentalisten, mit Herz und Hand,
beginnen stets mit „oṁ“ ihr Band,
in Opfern, Buße, Wohltätigkeit
liegt ihre Suche nach dem Heiligen weit.
Ohne Frucht, ganz ohne Gier,
mit „tat“ verbinden sie sich hier,
um frei zu werden, los vom Bann,
der festhält an der Erden, sodann.
„Sat“ – das Ziel der Hingabe rein,
der Wahrheit Huldigung allein.
So wird der Opfernde genannt,
im Einklang mit dem Höchsten stand.
Oh Sohn Pṛthās, sei dir gewiss,
was ohne Glauben dargebracht ist,
ob Buße, Gabe, oder Tat –
es bleibt „asat“, vergänglich, fad.
Kein Nutzen hat es, dort und hier,
kein Wert in dieser Lebenszier.
ACHTZEHNTER GESANG
Arjuna spricht, zu Krishna gewandt:
„Oh Starkarmiger, mach mir bekannt
Das Ziel von Entsagung und Sannyāsa hier,
Meister der Sinne, Dämonenbesieger.“
Da sprach der Herr, die Höchste Gestalt:
„Von allem Verlangen, das irdisch und kalt,
Sich abzuwenden, das ist Sannyāsa wahr,
Wie die Weisen es lehren, ganz offenbar.
Tyāga, so nennen die Gelehrten es dann,
Wenn man die Früchte des Tuns lassen kann.
Manch einer sagt, dass jede Tat sei bloß Schein,
Sie zu meiden sei weise, im reinen Sein.
Doch andre stimmen da nicht mit ein,
Sagen, Opfer und Buße sollen immer sein.
Oh Bester der Bhāratas, hör gut zu,
Dreierlei Entsagung sei hier im Nu.
Wohltätigkeit, Opfer, die Buße so hart,
Diese zu meiden, wär' eine arge Art.
Denn in Wahrheit reinigen sie das Herz,
Selbst große Seelen spüren ihren Wert.
Doch wenn du aus Pflicht ohne Haften tust,
Und keine Früchte, kein Ziel mehr suchst,
Dann, oh Pṛthās Sohn, wie ich nun sage,
Bist du auf dem rechten Weg der Entsagung, wage!
Aufzugeben aus Mühe, aus Furcht vor Leid,
Das ist Entsagung, die Leidenschaft zeigt.
Nicht also gelangt man auf den Pfad,
Der zur wahren Befreiung den Menschen leitet.
Wenn einer handelt, weil es getan werden muss,
Ohne Anhaften und ohne Genuss,
Dann zählt dies zu Tugend, der höchsten der Art,
Und solch eine Seele bleibt stets unversehrt.
Denn wer klug ist, hasst weder Schmerz noch Freud',
Tut, was er muss, in der eigenen Zeit.
Doch alle Tätigkeiten ganz zu entfliehn,
Kann selbst ein Weiser in dieser Welt nicht ziehn.
Doch wer von den Früchten des Tuns sich löst,
Dessen Entsagung ist wahr und erlösend fürs Herz.
Denn selbst wenn sein Körper im Kampf Menschen bricht,
Wird er nicht gebunden, das wahre Selbst spricht.
Fünf Ursachen nennt das Vedānta genau,
Körper, Sinne, der Geist, die Seele als Bau,
Und schließlich der Wille, das Leben hier,
In allem Wirken sind diese vier.
So sei nicht töricht, dass du denkst allein,
Dein Selbst sei das Wirkende, schau tiefer hinein.
Denn ein reines Gemüt, das frei von dem Ich,
Tötet nicht und wird nicht gebunden durch sich.
Wissen, das Objekt, der Wissende dreifach,
Handelnde, Sinne, die Tat sind im Fach
Der drei Arten der Modi der Natur,
Höre nun, o Arjuna, über diese Spur.
Tugend erkennt die Einheit in allem,
In vielen Gestalten bleibt sie demselben Stamm.
Leidenschaft sieht in jedem Wesen getrennt,
Und Dunkelheit haftet am Eigenen beständig.
Handlung, die frei ist von Hass und von Gier,
Getan mit Liebe zur Pflicht, im rechten Revier,
Das ist die Tugend, die wahre Entsagung hier,
So, Arjuna, lebe und handle stets wie ein Tugend-Tier.“
In Versen und Reimen, so klar und fein,
Will ich das Gesagte für dich zusammenfassen,
Von Handlung und Ego, das irreführt,
Und was die Erscheinungsweisen in uns bewirkt.
Die Handlung, die aus Anstrengung geschieht,
Um Wünsche zu stillen, im Ego verzieht.
Sie glitzert und blüht, doch führt oft zum Fall,
Verstrickt uns im Drama, macht uns klein und schmal.
Handlungen, die ohne Schrift und Sinn,
In Illusionen verloren, kein klarer Gewinn.
Kein Blick auf das Leid, das anderen geschieht,
In Dunkelheit lebend, wo kein Licht mehr blüht.
Der, der seine Pflicht mit Entschlossenheit tut,
Ohne Gier und Neid, bleibt in Glück stets gut.
Er schätzt Erfolg und Misserfolg gleich,
Ist unerschütterlich, stark und zugleich.
Wer an Früchte seiner Arbeit sich klammert fest,
Wird von Freude und Sorge oft heftig verletzt.
Ein Handelnder in Leidenschaft, gierig und klein,
Sucht nur nach dem eigenen, kann oft nicht verzeih’n.
Er, der starrsinnig handelt, betrügt und verletzt,
Versteht nicht die Liebe, die in Wahrheit setzt.
Er bleibt in der Trägheit, voll Zorn und Verdruss,
In der Dunkelheit lebend, sieht er keinen Genuss.
Das Wissen, das klar erkennt, was zu tun ist,
In der Tugend gebettet, zeigt, was man vermisst.
Was bindet und befreit, wo die Furcht wohnt,
Das steht in der Tugend, und hier ist es gekrönt.
Ein Wissen, das trennt nicht zwischen Gut und Böse,
Wo die Wahrheit verdunkelt und die Sicht wird tröste.
Ein Wissen, das irreführt, in der Dunkelheit steht,
Wo man das Gute mit dem Schlechten verwechselt und dreht.
Das Wissen, das alles, was richtig ist, verdreht,
In der Illusion lebend, wo der Verstand verweht.
Blind für die Wahrheit, in Trägheit gefangen,
Wo der Mensch oft alleine die falschen Lieder sangen.
Die klare Entschlossenheit, die Yoga erhält,
Beherrscht Geist und Sinne, ist der Tugend gefällt.
Doch das Streben nach Früchten, das in der Leidenschaft lebt,
Und die dumpfe Entschlossenheit, die in der Dunkelheit webt.
Das Glück, das zu finden, das beginnt oft wie Gift,
Doch am Ende erblüht, das die Seele anhebt.
Das Glück in der Leidenschaft, das zuerst Freude bringt,
Doch am Ende wie Gift, wenn die Täuschung sich schwingt.
Das Glück, das verblendet, von Illusionen umgeben,
In Trägheit und Schlaf, kann es uns nicht erheben.
So verschieden die Wege, die uns hier umgeben,
Die Natur zeigt uns klar, wie wir leben und streben.
Kein Wesen ist frei von den drei Erscheinungsweisen,
Sie prägen die Menschen in ihren Geleisen.
So unterscheiden sich Klassen, wie Brāhmaṇa und Kṣatriya,
Mit Eigenschaften, die ihr Handeln bestimmen, wie eine Melodie.
Friedfertigkeit, Weisheit, der Geist ist rein,
Selbstbeherrschung und Wissen, das sind ihre Deut’ sein.
Sie streben nach Wahrheit, nach Wissen und Licht,
Das Handeln in Tugend, das führt sie zum Ziel in Sicht.
Mut, Macht und Entschlossenheit, stark wie ein Stein,
In der Schlacht sind sie Helden, im Recht muss es sein.
Großzügig und weise, mit Führungsstärke versehen,
Ihr Handeln ist mutig, das wird stets bestehen.
Ackerbau und Handel, im Schutz der Kühe,
Ihre Arbeit, die sorgt für das tägliche Rühme.
Und die Śūdras, sie dienen, mit Fleiß und mit Kraft,
In der Gemeinschaft zusammen, wo jeder es schafft.
In jedem Menschen liegt die Kraft,
Vollkommenheit zu finden, die uns schafft.
Die Arbeit, die ihm eigen ist,
Führt ihn zu Zielen, die er nie vergisst.
Wer den Herrn, die Quelle, ehrt,
Durch die eigene Pflicht, die ihn lehrt,
Selbst wenn sie unvollkommen bleibt,
Erreicht er das, was wirklich treibt.
Besser ist’s, den eigenen Weg zu gehen,
Als fremde Pflichten gut zu verstehen.
Naturgegebene Aufgaben sind rein,
Von sündhaften Reaktionen bleibt man allein.
Jede Mühe trägt Fehler in sich,
Wie Rauch, der das Feuer verhüllt, so bist du nicht schlicht.
Gib nicht auf, o Sohn Kuntīs, sei weise,
Denn Fehler sind Teil des Lebensreise.
Wer Herr über sich ist, unangefochten,
Kein Verlangen nach Materiellem hegen wird,
Durch Entsagung zur Freiheit gelangt,
In dieser Stille wird das Herz empfangt.
Lebt er abgelegen, ißt nur wenig,
Beherrscht den Körper, den Geist, ganz strenge.
Frei von Ego, Stolz und Gier,
So wird er erleuchtet, die Freude ist hier.
In Transzendenz verankert, erkennt er das Licht,
Das Höchste Brahman, das seine Seele bricht.
Er klagt nicht, wünscht sich nichts,
Ist friedvoll, in allen Dingen schlicht.
Durch Hingabe erkennst du Mich klar,
Als Höchste Persönlichkeit, wunderbar.
Wer in diesem Bewusstsein lebt,
Kommt ins Reich, das ewig erhebt.
Sein Geweihter wirkt im Schutz meiner Macht,
Erreicht durch Gnade das unvergängliche Licht.
Sei einfach abhängig in all deinem Tun,
Handle stets unter meinem Schutz, dann wirst du ruh’n.
Durch Bewusstsein wirst du Hindernisse besiegen,
Doch handle nicht aus Ego, das wird dich betrügen.
Handel nach meiner Weisung, lass dich leiten,
Sonst wirst du im Labyrinth der Illusionen verweilen.
Der Herr im Herzen lenkt deinen Pfad,
Gib dich Ihm hin, sei ihm nie zu schad.
Durch seine Gnade, die Liebe so rein,
Erreichst du Frieden und Reich, das ewiglich sein.
So habe ich dir nun Wissen gegeben,
Denke darüber nach, es ist ein Streben.
Teile dir meine höchsten Lehren mit,
Höre zu, es führt dich zum Ziel Schritt für Schritt.
Denke stets an Mich, werde Mein Geweihter,
Verehre und ehrt mich, immer weiter.
So kommst du zu Mir, das verspreche Ich dir,
Denn du bist Mein Freund, so nah und so hier.
Gib alle Religionen auf und komm zu Mir,
Ich erlöse dich und bring dich ins Licht, hier und jetzt, und auch dir,
Fürchte dich nicht, du bist befreit von Sünden und Schmerz,
Denn nur in meiner Nähe findet Ruhe dein Herz.
Dies Wissen sei nicht dem enthüllt,
Der nicht entsagt, der nicht gefühlt,
Der mich beneidet und nicht dienen will,
Denn er wird nicht finden, was ich wirklich still.
Doch dem, der dieses Wissen treuen Seelen gibt,
Dem ist mein Dienst gewiss, ein Dienst, der ewig bleibt.
Am Ende kehrt er zu Mir zurück, dem Licht,
Und unter all den Menschen ist mir keiner näher, nicht.
Wer unser Gespräch studiert, erweist mir höchste Ehr',
Seine Intelligenz erleuchtet, sein Geist wird klar und mehr.
Und wer zuhört ohne Neid und mit Glauben im Blick,
Erreicht das Land der Frommen, frei von jeglichem Geschick.
Arjuna, o mein Freund, hast du nun verstanden?
Ist die Dunkelheit gewichen, die dich hat umwanden?
Ja, Krishna, sagt er, nun ist mein Geist erwacht,
Und nach deinem Willen will ich handeln, stark und sacht.
Sañjaya spricht, und ich lausche ganz gespannt,
Was zwischen Krishna und Arjuna entstand,
Das heilige Gespräch, so tief und wunderbar,
Dass meine Seele erstrahlt, ich fühl mich Gott so nah.
Durch Vyāsas Gnade durfte ich es hören,
Krishna, Meister der Mysterien, spricht, und lässt sich offenbaren,
Erleuchtung find ich hier, so rein, so klar,
Mit Freude erfüllt, mein Herz erbebt immerdar.
Wo Krishna ist und Arjuna, da blüht das Glück,
Da strömen Sieg und Reichtum, da fehlt kein Stück,
Denn Kraft und Tugend sind in ihrer Hand,
Dort ist das wahre Reich, dort ist das heilige Land.