Von Torsten Schwanke
ERSTER GESANG
SALOMO
O Licht der Welt im Liebesbrennen,
Du hältst im weisesten Erkennen
Die Erde und die Luft zusammen
Und alle Himmel voller Flammen,
O flöße ein mir in den Mund,
Daß ich die Kunde gebe kund
Von jener Gabe, Seelengast,
Die Schlomo du verliehen hast,
SOPHIA allgebenedeit –
Des freue sich die Christenheit!
Schelomo war der Davidssohn,
Nach ihm saß er im Königsthron,
Um seines Vaters frommen Kult
Gewährte ihm der Herr die Huld.
Gott sagte: Schlomo, bitte mich,
Will Weisheit oder Geld dein Ich?
Vortrefflich war Schelomo ehrlich,
Es machte ihn der Schöpfer herrlich,
Daß Salomon erhoben werde
Mehr als die Könige der Erde.
Der König dachte ohne Spott
Und sprach Gebet zum lieben Gott:
Herr, du kannst doch am besten sehen,
Wie unter mir die Kinder stehen,
Die Kinder Zions. Mach mich weise,
Daß ich den Weg der Wahrheit weise!
Wenn du mir die SOPHIA gibst,
Weil du mich als mein Schöpfer liebst,
So kann ich immer mich als König
Von Israel beweisen gnädig,
Das ist die höchste Königskunst,
So gib mir Kunst nach deiner Gunst!
Die Stimme Gottes sprach sodann
Zu ihm, dem königlichen Mann:
Da du verzichtet auf das Gold
Und wähltest dir SOPHIA hold,
Drum will ich geben dir noch mehr,
Zur Weisheit auch des Ruhmes Ehr,
Ich geb dir königliche Pracht
Und deiner Herrschaft große Macht,
So dass man deinesgleichen, Mann
Des Friedens, nirgend finden kann.
Als David, der Psalmist und Sieger,
Gewonnen seinen Krieg als Krieger,
Begann der Hirte seiner Herde
In Herrlichkeit auf dieser Erde
Für Gott den Herrn ein Haus zu bauen,
Er durfte Gottes Tempel schauen,
Es ward für diesen Dienst am Heil
Auf Erden schon ihm Lohn zuteil.
Und Schlomo hat es dann vollendet,
Kleinodien dem Haus gespendet,
Mit Herrlichkeit geschmückt die Hallen,
Dem Himmlischen zum Wohlgefallen.
Hieronymus, ein Mann erwählt,
In einer Schrift hat uns erzählt
Von einem wunderbaren Wesen,
Wie er in einem Buch gelesen,
In jener Archäologia,
Dem Buche griechischer SOPHIA,
Daß in Jerusalem geschehen
Ein Wunder, staunend anzusehen.
Ein Drache wuchs heran sehr schwer,
Der trank die Brunnen alle leer,
Die waren in der Zionstadt,
Zisternen leergetrunken hat
Der Drache. So geriet die Schar
Des Volks in Not, die schrecklich war.
Der große Salomo mit Fug
Und Recht, er handelte sehr klug,
Befahl den Leuten hinzugehen
Und die Zisterne anzusehen,
Zu füllen sie mit Met und Wein,
Zu gießen besten Obstwein ein.
Als nun der Drache dies gezecht,
Da band ihn Schlomo mit Geflecht.
Durch Gottes Macht, die nie zu brechen,
Der Drache nun begann zu sprechen.
Das fürchterliche Untier, schon
Betrunken, sprach zu Salomon:
Mein Fürst, nun laß mich wieder frei,
Dann zeige ich dir allerlei,
Wie nach dem himmlischen Exempel
Wird prachtvollendet sein dein Tempel.
Du baust ihn auf in einem Jahr,
Das glaube du mir ganz und gar,
Willst du mir lösen diese Fesseln,
Des Fluches Stricke hier aus Nesseln.
Sprach Schlomo daraufhin mit Fug
Und Recht, antwortete ihm klug:
Nun, Drache, sag es mir sofort,
Sonst töt ich dich mit Drachenmord!
Der Drache sprach zu Salomon:
Es lebt ein Tier in Libanon,
Das laß erlegen und bezwingen
Und laß dir seine Adern bringen.
Was ich dir sag, musst du verstehen,
Du sollst dir eine Schnur draus drehen,
Die wird so scharf wie anders nur
Dein eignes Messer zur Rasur
Und schneidet so die Marmorquadern
Entzwei, die scharfe Schnur aus Adern,
Wie es dir lieb ist so und gnädig.
Darüber freute sich der König.
Der große Salomo mit Fug
Und Recht, er handelte sehr klug,
Befahl, zu lösen seine Fesseln,
Des Fluches Fesselung aus Nesseln,
Und ohne das Gebot zu ändern,
Verbannt er ihn aus seinen Ländern.
Dann in den Wald des Libanon
Zog mit Getreuen Salomon
Und spürte auf im Wald das Tier,
Er jagte es mal dort mal hier
Und jagte es drei Tage lang,
Und als er schließlich es bezwang,
Da war er fröhlich, war er froh,
Der große König Salomo.
Und er gebot, dass allerdinge
Man nun die Adern zu ihm bringe.
So ward der Tempel angenehm,
Der Tempel von Jerusalem,
Ganz ohne Eisen aufgebaut,
Kein Eisenhammer Marmor haut.
Da ward das große Haus mit Kraft
Errichtet und mit Leidenschaft.
Aus Marmor war die Tempelwand,
Man auch auf Marmorboden stand,
Mit Marmor war das überdacht,
Da hingen Leuchter voller Pracht,
Voll Licht und Herrlichkeit und Klarheit
Und voller Weihrauch für die Wahrheit.
So glorreich war Jerusalem,
Dem Himmelskönig angenehm.
Die Fässer und die Becken alle,
Phiolen, Lampen in der Halle,
Die Räucherfässer, Kerzenständer,
Dies all aus Feingold ferner Länder.
Das gab man Priestern in die Hut,
Die dienten vor dem Höchsten Gut
Mit Fasten, Beten Tag und Nacht,
Die Diener sie der Höchsten Macht.
Dies alles ward geregelt so,
Wie es geboten Salomo.
Es kam die Königin vom Süden
Zu Salomon und grüßte: Frieden!
Sie brachte Schätze ideal,
Den Weihrauch mit und den Opal
Und andern Edelstein begierlich
Und Edelsteine schier und zierlich,
Die große Herrin voller Macht,
Des Südens Königin voll Pracht!
So sagen uns die Schriften frisch,
Daß Schlomo hatte einen Tisch
Mit Stützen, die von Silber waren,
Die Stützen, die sich doppelt paaren,
Den Tisch im Ganzen trugen sie,
Vier Stützen edler Harmonie.
Man trug ihn in Jerusalem
Zum Fürst, der speiste angenehm.
Das Holz kam von dem Libanon,
War Zedernholz für Salomon.
Wer je sich der SOPHIA eint,
Bedenke, was die Fabel meint.
Am Hof war alles in der Zucht,
Genügend alles, voller Frucht,
Sein Reichtum groß und schwer sein Wein.
Sein Thron von weißem Elfenbein
Gedrechselt und geschnitzt, zu sagen
Auch dies, er war mit Gold beschlagen,
Sechs Stufen führten da hinan,
Zwölf Wächter standen Mann bei Mann,
Dreitausend da von hohem Rang.
Er allen von SOPHIA sang!
Der Dienst geregelt war, der holde,
Wenn je der König speisen wollte,
Und Napf und Schüssel und für Zecher
Von Alabaster alle Becher
Und alles andere aus Gold.
Ach immer sei der Herr uns hold!
Er schenke wie in Bronzebecken
Des Tempels Wein in unsre Becher!
Berauscht euch an der Liebe! So
Gebot der weise Salomo.
Der Dienst geregelt war, der holde,
Und wenn der König ruhen wollte,
So waren sechzig Ritter da,
Ein jeder Ritter tapfer, ja,
Ein jeder war ein Held, ein werter,
Gegürtet alle ihre Schwerter,
Daß König Schlomo sei bewacht,
Geschützt vorm Schrecken in der Nacht.
Zur Seite standen vielgestaltig
Ihm Ritter. Schlomo war gewaltig.
Es kam die Stimme Gottes dann
Zu ihm, dem königlichen Mann:
Es strömte ihm SOPHIA ein!
War keiner ihm vergleichbar, nein,
Wie er war keiner benedeit
In seiner Weisheit Herrlichkeit!
Bei ihm war alles voller Pracht,
Jerusalem voll Heeresmacht.
Als das die Königin vernahm,
Sie großes Bangen überkam.
Sie sagte: Heil Schelomo, Friede!
Pracht herrscht in deinem Reichsgebiete,
Glückselig sind all deine Frauen,
Die täglich deine Weisheit schauen,
Die Herrn als glücklich anzusehen,
Die treu in deinem Dienste stehen.
SOPHIE hab ich bei dir gefunden
Wie sonst kein andrer kann bekunden.
Ich wünsche dir Gesundheit, Ehre.
Ich selber heim nach Saba kehre.
Großmütig Schlomo war, der Herr,
Er schenkte Gaben mehr und mehr
Und manchen Edelstein begierlich
Und viele Edelsteine zierlich,
Mit Ehren schenkte er ihr dies,
Als ihn die Königin verließ.
Sie reichte freundlich ihm die Hand
Und reiste in ihr Heimatland.
Zur Zeit der Königin vom Süden
Und Salomos war großer Frieden,
Wohin man immer reitend fliege,
In keinem Lande waren Kriege,
Von keinen Schlachten war zu melden,
Gedichte sangen all die Helden.
So einer einen Streit entfacht,
So Frieden machte Schlomos Macht,
Weil Gott den Frieden selbst gebot.
Er Friedefürst war bis zum Tod.
Erhaben Schlomo, unvergesslich,
Sein Weisheitsreichtum unermesslich!
Gott ist der Schöpfer aller Welt,
Die Menschen Gott in Händen hält,
Er mög uns seine Gnade geben,
Daß wir mit Gott zusammenleben,
Daß wir an Gottes Hof in Tänzen
Von Sphären wie die Engel glänzen
Und Gott anschauen angenehm
In Fraue Neu-Jerusalem!
ZWEITER GESANG
JUDITH
Der Herzog Holofernes hieß,
Der zückte gegen Gott den Spieß,
Er sagte seiner frechen Schar,
Sein Unheil anzunehmen gar,
Wie er so bös zu sein, voll Schuld,
Zu spenden keinem seine Huld,
Mit ihrem Munde bös zu lehren,
Soll keiner gute Worte hören,
Sei keiner guter Antwort wert
Als nur der Antwort mit dem Schwert.
Der Herzog sammelte ein Heer,
Das grausam war und schrecklich sehr
In jenen Tagen, Scharen brausend,
Nur Heidenleute, viele tausend.
Er ritt gen Westen, Gott zu höhnen,
Den Herrn, den Lieben, Weisen, Schönen!
Da kam er nach Bethulia,
Frau Judith, sie erschlug ihn da!
Er sprach: Das Wasser und das Feuer
Versperrt den frommen Juden teuer
Und jeder, der hebräisch spricht,
Im Tode fällt und niederbricht.
Ein schlechter Mensch der Herzog, schau,
Den schlug Frau Judith, eine Frau!
Er schloß das Volk ein, das ist wahr,
Die Juden, länger als ein Jahr,
Da tat er mit des Krieges Knechten
Alltäglich gegen Juda fechten.
Die drinnen waren, all die Frommen,
Vor Hunger fast sind umgekommen.
Die draußen in dem Lager saßen,
Die Heiden soffen viel und fraßen.
Sprach Holofernes zu den Knaben:
Ich will Bethulia nun haben,
Ich bin verwundert, staune sehr,
Und wissen möchte ich noch mehr,
An wen sich Israel nun wendet,
Daß einer ihnen Hilfe sendet,
Wer ihnen eine Rettung sende,
Die Juden sind schon fast am Ende.
Da sprach der Juden-Kommandant:
Schweig, Holofernes! Unser Land
Hofft auf Messias, hofft auf Christ,
Der alles ja erschuf, was ist,
Der sprach dereinst das Wort: Es werde!
Der Himmel ward so und die Erde,
Sein ist der ganzen Erde Ring,
Die Götzen sind ein totes Ding.
Da sagte vor dem Herrn der Würger
Der Kommandant der Judenbürger:
Erwirkt uns Gnadenfristen hold,
Wenn ihr so gnädig wirken wollt,
Uns Gnadenfrist von zwei drei Tagen,
Ob Gott ist gnädig unsern Klagen
Und uns aus dieser Not befreie.
Wenn uns der Heiland nicht befreie,
Der Allbarmherzig-Gnadenvolle,
Dann herrsche über uns wer wolle.
Nun handelte Frau Judith fromm:
O Gott, du unsre Hoffnung, komm!
Da ließ sie sich ein Bad bereiten,
Den schönen Leib ins Wasser gleiten.
Ich sag euch wahrlich meine Schau:
O sie war eine schöne Frau.
Sie schmückte schön sich mit Smaragd.
Und sie und Eva, ihre Magd,
Sie gingen nun zur Stadt hinaus,
Zu Holofernes’ Heidenhaus.
Sprach Holofernes zu den Knaben:
Ich will Bethulia nun haben.
Los, Kämmerer, macht Mann für Mann
Euch an Frau Israel heran!
Was sehe ich? Ein Weibchen lüstern
Mir nahen in dem Dämmerdüstern!
Wenn ich nicht haben kann das Weib,
Dann raubt der Tod mir meinen Leib!
Ich lüstere mit meinem Leibe
Nach diesem liebreizreichen Weibe!
Da das die Heidenkrieger hörten,
Wie schnell sie sich zum Schlachtfeld kehrten!
Sie hoben auf die Frau erwählt
Und trugen sie ins Herzogszelt.
Da sprach die schöne Judith fromm:
O Gott, du unsre Hoffnung, komm!
Sie sprach zu Holofernes nun:
Der Heide will bei Judith ruhn?
Geht also nun die Hochzeit an,
Vernehme davon Weib und Mann.
Nun laß erschaffen allerweise
Viel Wein vom Libanon und Speise.
Sprach Holofernes voll Bedeuten:
O Frau, das tue ich mit Freuden.
Da ließ er jede Menge Speise
Zusammentragen allerweise,
Was es im Heer zu essen gab,
Daß Judith sich daran erlab.
Da schenkte Judith ein den Wein,
Die hoffte auf den Herrn allein,
Sie und ihr Mägdlein Evalein,
Sie schenkten wahrlich ein den Wein.
Nur jeder zehnte da noch stand,
Des Weines Becher in der Hand.
Trank Holofernes, sich zu laben,
Bethulia er wollte haben,
Er trank dem Weib zuliebe. Friede!
Da wurde er vom Weine müde.
Man trug den Herzog in sein Bette.
Und Judith, dass sie Juda rette,
Sie ging hinaus, sie sank ins Gras
Und betete und sagte das:
Nun hilf mir, Herre Zebaoth,
Der mir mein Leben einst entbot,
Daß ich die Frommen von den Leiden
Erlösen kann und von den Heiden.
Barmherzig war da ohne Spott
Der Herr, der starke Heiland, Gott,
Der einen Engel hat beschieden,
Der sprach zur schönen Frau hienieden:
Steh auf, du fromme Judith, nun
Will Gott nach deiner Hoffnung tun,
Du geh nun in das Zelt mit List,
Des Herzogs Schwert im Zelte ist,
Sag deiner Magd, dem Evalein,
Sie geh zum Bett ins Zelt hinein,
Und wenn er sich erheben will,
So halte sie zurück ihn still.
Du zieh das Schwert mit Seelenruh
Und schlag mit Kraft und Stärke zu
Und schlag den Kopf ihm ab vom Rumpf
Und laß den Leib da liegen stumpf
Und steck das Haupt in deinen Mantel.
Dann nach Bethulia heimwandel.
Denn du sollst sein nach Gottes Sinn
Des Gottesvolkes Retterin!
So ward es, wie der Geist gesagt,
Gebenedeit die Gottesmagd!
DRITTER GESANG
DIE HOCHZEIT
Ihr sollt nun lauschen dichter, dichte,
Der schönen lieblichen Geschichte
Von einem König, einem reichen,
Von vielen wundersamen Zeichen,
Darin ein Sinn verborgen weht,
Gott segne den, der es versteht.
Wer diese Zeichen kennen will,
Muß haben Kunst und Können viel,
So wie ein Schmied in Künsten gut,
Der Gold und Feingold schmelzen tut.
Die edle Frau ziert feines Gold,
Drum ist sie so dem Golde hold,
So vornehm sie und reich und traut,
Sie trägt es auf der bloßen Haut,
Den Schmuck, den Ring am Fingerlein,
Muß ihr es also lieb nicht sein?
Sie schließt das Kleid vor ihrer Brust
Mit einer Brosche voller Lust,
Das Gold ihr gut zu Schmucke steht,
Wenn sie im Stolze wandeln geht.
Wenn sie das Pech hat und Unheil,
Daß sie verloren hat ein Teil,
Und wenn ihr dieses Schmuckstück ist
Gefallen in den Kot und Mist,
So sucht sie’s früh und spät und heute
Und nimmt dazu vertraute Leute.
Und wenn den Schmuck sie nicht erfährt,
Den Unrat vor der Tür sie kehrt
Und dazu auch das feine Gold,
Das ihr so lieb war und so hold.
Sie lässt es notgedrungen fahren,
Weil sie es nicht mehr kann bewahren
Von dem unreinen Kot und Mist.
So lernt nun Weisheit voller List,
Wenn ihr es wollt, von der Geschichte,
Die ich als weiser Dichter dichte.
Wer Weisheit hat und doch verzagt
Von seiner Weisheit keinem sagt
Und keinen Menschen Weisheit lehrt,
Wohin er wandelt und sich kehrt,
Ist der wie Gold begraben ist
In dem unreinen Kot und Mist,
Der Unrat ist darüber fest,
Der Weisheit Gold nicht leuchten lässt.
Der Mann, der ist wie Kot und Mist,
Von Gott selbst ungelitten ist,
Der, den man vor die Hütte kehrt,
So wird er auch hinweggeschert
Von Gottes himmelischer Pforte
Mit seinem strengen Gottesworte,
Daß er’s zugrunde gehen ließ,
Kommt teuer ihm zu stehen dies!
Wen Gott der Herr so hoch geehrt,
Daß er die Weisheit ihn gelehrt,
Der soll sie allen denen zeigen,
Die Weisheit haben nicht zu eigen,
Sonst wird die Strafe ihm zuteil
Und im Gericht ihm ein Unheil.
In Biblia geschrieben steht,
Wie einmal alle Welt vergeht.
Die Heimat, die wir heute fassen,
Die müssen einmal wir verlassen.
Verwandelt wird es alles dort,
Unwandelbar bleibt Gottes Wort.
Hinfällig ist doch alles Leben,
Wie Gott es uns hat kund gegeben.
Es sei nun Mädchen oder Mann,
Vernehme, wer vernehmen kann
Und Gottes Wort will gern erfüllen
In seinem Werk und seinem Willen,
Dem ist das Wort wohl zugewendet,
Die sind als Narren nicht geschändet.
Krieg, Tod und die Bösartigkeit,
Die sind dem lieben Gotte leid,
Verfällt das alles, geht verlorn
Durch das Gericht und Gottes Zorn!
Verdunkelt ist der Heidenschaft,
Die über ihnen, Gottes Kraft.
Der Taufe haben sie verschworen,
Drum gehen alle sie verloren.
Sie glauben nicht an unsern Gott
Und nicht an seinen Kreuzestod,
Drum sinken sie voll Bitternis
In ewigliche Finsternis.
Doch wer die Taufe hat empfangen,
Dem wäre es wohl gut ergangen,
Wenn er getan das Rechte hätte,
Das uns allein hilft und uns rette.
Er sollte halten sich ans Recht,
Wie dies getan ein frommer Knecht
Und eine wundervolle Magd,
Zur Lehre sei euch dies gesagt.
Wir lassen ab vom alten Bund,
Vom Neuen kündet unser Mund.
Das Mägdlein und der gute Knecht,
Die mühten sich ums edle Recht.
Der ist ein wahrhaft guter Knecht,
Der liebt das wahre edle Recht.
Der ist ein schlechter Knecht, der lässt
Vom Recht und hält am Unrecht fest
Und sich, so viel man ihn belehrt,
Vom Unrecht wendet nicht und kehrt.
Er ist ein Köter, welcher wütet,
Und der sich selber nicht behütet,
Der beißt den guten edlen Mann
Und anders nicht als beißen kann,
Wenn er in seiner Tobsucht sinnt
Und andres nichts als Tod gewinnt.
So handeln alle, die da leben,
Die acht nicht auf das Rechte geben,
Die rennen ohne alles Gute
In heillos wildem Übermute.
Packt sie der Tod mit scharfen Messern
Und ohne dass sie je sich bessern,
So sterben sie der Tollwut Tod.
Die Seelen sind in großer Not.
Die Höllensöhne sinds, die frechen,
Da soll mir niemand widersprechen.
Das ist ein wahrhaft guter Knecht,
Der liebt das wahre edle Recht.
Er ist auf Wegen grad und recht,
Kämpft er sich frei in dem Gefecht
Von dort weit unten, dort weit unten,
Aus dunkeltiefem Abgrund drunten,
Wenn er davor sich klug bewahrt,
Vor einer schlimmen Niederfahrt.
Wer nicht ward da herabgebracht,
Der ist besonnen und bedacht,
Ein starker Gegner, wie man meint,
Ein starker Gegner seinem Feind.
Der wäre würdig, ihn als Helden
Und großen Rittersmann zu melden,
Der wandeln darf mit Wonne groß
In seines Vaters Abrahms Schoß,
Dort wahres Leben wird dem Frommen
Und wird ihm nimmermehr genommen,
Der fand zu seinem wahren Ruhme,
Zur Herrlichkeit im Heiligtume.
Nun hört gut zu, wie es ergeht:
Auf dieser schönen Erde steht
Ein hoher Berg mit Gipfeln und
Mit Tälern nah der Erde Schlund.
Gefahr ist dort, nicht zu ermessen,
Ein Wirt hats als Besitz besessen.
Kann keiner auf den Gipfel kommen,
Wer nicht den Sieg hat eingenommen
Und hat den Feind besiegt, den Teufel,
Den Menschenmörder, ohne Zweifel.
Dahin begab in alten Zeiten
Ein Herrscher sich mit seinen Leuten,
Der lebte ganz nach edlem Rechte,
Der hatte viele treue Knechte,
Der allen schenkte reichen Segen
Nach unermesslichem Vermögen.
Doch manche seiner dreisten Knechte,
Die taten nicht das Gute, Rechte,
Die griffen an des Herrschers Ehr,
Das büßten sie in Schmerzen sehr.
Und unter dem Gebirge dort
War tief ein schreckensvoller Ort,
Als obs ein finstrer Kerker wär,
Der stand dort lange Zeiten leer,
Den selbst die Alten ganz vergessen,
Die Schlangen haben ihn besessen.
Da stieß der Herr hinab die Schar
Der Knechte, welche treulos war.
Dort hatten sie gar nichts zum Leben,
Als was die Schlangen ihnen geben.
Die Schlangen, Würmer, Ungeheuer,
Die quälten sie mit heißem Feuer,
Die los von allen Ehren kamen,
Des Feuers Fesseln nur sie nahmen.
Ein großes Wunder da geschah,
Was nie ein Mensch geschaut und sah:
Die von den Schlangen dort gequält,
Von Martern in der finstern Welt,
Verführen andre auch, in Schuld
Zu schmähen ihres Herrschers Huld,
So dass der Herr sie niederstieß
In jenes Abgrunds Finsternis.
Der Rache nahm in seinem Zorn,
Die Frevler gingen ihm verlorn.
Da lebte er zu gleichen Zeiten
Mit anderen und frommen Leuten,
Die sein Gebot getreu erfüllen
Und leben ganz nach seinem Willen.
Da war ein angenehmes Tal
Mit Liebreiz über alle Zahl,
Da wurde unterm Volk geboren
Ein reines Mägdlein auserkoren,
Die Eltern waren fromme Leute.
O sie war Wonne nur und Freude
Und alles an ihr sprach von Ehr,
War nie ein Mägdlein ehrlich mehr,
Sie hatte Reichtum aller Tugend,
Voll Demut schon in ihrer Jugend,
Sie war so schön, so lieblich licht,
Mehr Herrlichkeiten gibt es nicht!
Von ihr vernahm der Herrscher dort
Auf dem Gebirg ein gutes Wort.
Da kam in seinen Sinn und Mut,
Die Magd wär ihm als Gattin gut.
Da wollt der große edle Held
Das Mägdlein freien auserwählt,
Daß einen Erben er erzeuge,
Des Weltreich ginge nie zur Neige,
Der König sei und Brautgemahl
Vom Berge und vom schönen Tal.
Der Herrscher sandte einen Boten,
Verführungskunst ward dem geboten,
Die Magd begehrte er zum Weibe,
Zur Liebe sie in ihrem Leibe.
Da ward die Botschaft ihr gesagt,
Da sagte Ja zum Herrn die Magd,
Wie ihre lieben Freunde taten
Und die Verwandten fromm ihr raten.
Verlobung wurde nun gefeiert,
Held herrlich, Mägdlein schön verschleiert.
Er gab ihr seinen Ehering,
Das Mägdlein sich zur Gattin fing.
An einem Tage tiefgeheim,
Da holte er das Mägdlein heim.
Die guten Freunde voll von Güten
Und die Verwandten sie behüten,
Daß sie nichts täte, was ihr wäre
Ein Widerspruch zu ihrer Ehre.
Leicht wars das Mägdlein zu behüten,
Sie tat sich selbst vor Sünde hüten.
Daß dieses Mägdlein rein und gut
Stand so in ernst gestrenger Hut,
Das zeigt des Menschen große Not
Und viel Gefahr bis an den Tod,
Daß sich der Mensch fromm selbst bewahre,
Daß ihm der Feind nicht widerfahre,
Ihn von dem guten Werk nicht wende
Und seine Seele nimmer schände.
Des Herrschers Bote eilte klüglich
Zum reinen Mägdlein unverzüglich
Mit Dringlichkeit der Herrscherbitte
An seine Braut in keuscher Sitte,
Daß sie kein bisschen zögern solle
Und sagen, ob sie kommen wolle,
Sich kümmern sollte um ihr Kleid,
Daß sie die reinste Kleidung kleid,
Damit sie seinem Volk erwählt
Erscheint als Braut dem Herrn und Held.
Als diese Botschaft ihr gesagt,
Da mühte sich noch mehr die Magd
Um ihre Kleidung makellos,
Verhüllt der Busen und der Schoß.
Als nun die Morgenröte graut,
Da er sich machte auf zur Braut,
Zu seiner Braut, der schönen Beute,
Da rief er viele fromme Leute
Und viele Ritter, viele Reiter,
Gerüstet gut und freundlich heiter,
In Glanz die Scharen und in Macht.
Er kam in königlicher Pracht.
Aufbrachen nun die lichten Scharen,
Die Ritter, die die besten waren,
Die Besten, weil er denen traut
Und sandte sie voraus zur Braut.
Dem Vater sagten sie, dem frommen,
Daß bald der Herrscher werde kommen.
Der Vater hörte, was gesagt,
Da eilte er sich, seine Magd
Und Tochter nach dem reinen Bade
Zu kleiden rein, die voller Gnade,
In weißes Kleid, mit Schmuck behangen
Von Silberkettchen, goldnen Spangen
Und Perlenschnur und Brosche gold,
Dies trug das schöne Mägdlein hold.
Als nun die Magd nach draußen ging
Und freundlich ihren Herrn empfing,
War sie so schön und strahlend licht,
So schönes sah die Welt noch nicht.
So stand die Braut, die schöne Beute,
Da staunten all die lieben Leute,
Wie sie da stand so makellos,
Die Braut mit keuschem Jungfernschoß.
Da reichte ihr der Herr die Hand,
Da ritt er herrlich durch das Land
Mit seinen Scharen und der Braut,
Vor allem Volke angetraut.
Und als sie über Land gefahren,
Da war sie lichter als die Scharen,
Wie ein brillanter Morgenstern.
Es hatte alles Volk sie gern.
Da ritten mit der Braut auch heiter
Die jungen Ritter, jungen Reiter,
Die Pagen, Knappen und die Ritter,
Bereit zum letzten Lanzensplitter.
O wie sie da von Minne singen,
Die Braut zu ihrem Herrscher bringen!
Daheim das Volk nur immer schaut
Nach der geliebten Magd, der Braut,
Ihr Gaben sie zu geben denken
Und schönste Schätze von Geschenken.
Die waren lang von Leid belastet
Und haben opfervoll gefastet,
Nun feiern sie mit edlen Gästen
In Lustbarkeit von schönen Festen.
Die Leute, kommend mit der Braut,
Die waren alle müde, schaut,
Da tranken sie von Wein und Most
Und fanden Freude, Kraft und Trost.
Da kamen Leute ohne Zahl,
Da gabs das beste Freudenmahl,
Das je ein Wirt hereingesendet
Und einem Hochzeitsfest gespendet.
Es aßen bei dem Fest des Gatten
Die, die zuvor gehungert hatten.
Dies sei der ganzen Welt gesagt,
Des Herrn Vermählung mit der Magd!