DIE PARANOIDE PSYCHOSE DER ÄGYPTER

VON TORSTEN SCHWANKE



ERSTER GESANG


Darum bestraft, so war’n die Ägypter, von ähnlichen Wesen,

Heimsuchung tragend, gequält von summenden Schwärmen.

Nicht so traf diese Strafe dein Volk, o Herr, im Gericht, nein,

Gütiges gabst du dem Volk, das nach Speise verlangte,

Wachteln sendetest du, dass Nahrung sei ihnen bereitet.

Jene jedoch, die nach Essen verlangten, sie litten Verzicht,

Abscheu empfanden sie gar vor dem Notwendigsten, Speise,

Denn die Kreaturen, die sie geplagt, waren entsetzlich.

Doch nach der kurzen Not und des Fastens harter Entbehrung,

Schmausten sie wieder an neuem Gericht, wie es Gott gab.

Ihre Verfolger jedoch, sie fanden erbarmungslose Not,

Zeigen musst du sie nur, dass Leiden der Feinde sie treffe.

Denn als das Gift der Schlangen sie biss und der Tod kam,

War dein Zorn doch gemildert, nicht ewiglich strafend im Feuer.

Warnung nur ward gegeben, für kurze Zeit nur geschreckt, ja,

Obwohl das Zeichen des Heils dir gegeben war, das sie erlöste.

Denn wer es sah und sich wandte, fand Rettung, nicht durch das Bild selbst,

Sondern durch dich, den Retter der Menschheit, des Alls gütiger Herrscher.

So überzeugtest du auch die Feinde, dass du sie erlöset,

Als sie durch Insekten starben, durch Fliegen und Heuschreckenschwärme.

Kein Heilmittel fand sich für jene, so schwer war die Strafe,

Doch nicht einmal das Gift der Schlangen, noch bissige Zähne,

Konnte dein Volk überwinden, denn gnädig kamst du und heiltest.

Zum Gedächtnis gabst du die Stiche, doch Rettung war schnell da,

Dass sie nicht vergessen die Güte, die stets von dir kommt, Herr.

Kein Kraut noch Arznei gab Heilung, dein Wort, o Herr, war’s, das heilte,

Denn du hast Macht über Leben und Tod, über das Leben.

Führst du auch hinab in die Tiefen der Unterwelt und zurückführst.

Menschen können töten, doch nie den Geist wiedererwecken,

Sie können den Geist nicht retten, der tief in den Schatten gefangen.

Keine Hand entkommt deinem Griff, o Herr der Gerechten.

Die, die nicht wollten erkennen, bestrafst du durch Macht deines Armes,

Seltsam Regen fiel nieder, mit Hagel, der ewiglich schlug,

Feuer verzehrte sie dort, wo das Wasser nicht löschen vermochte.

Unvermutet im Wasser, das Feuer, es wurde heftiger,

Denn das All kämpfte mit für das Wohl der Gerechten und Heiligen.

Doch die Flamme blieb fern von den Tieren, gesandt auf die Bösen,

Dass sie erkannten das Werk deines Gerichts, Herr, der Allmacht.

Wieder loderte Feuer, auch im Wasser stark, unerwartet,

Um zu verzehren die Früchte des bösen Landes, o Herrscher.

Doch dein Volk, du hast es genährt mit Speise der Engel,

Brot aus dem Himmel gesandt, das sogleich auf Erden zu finden.

Mit allen Genüssen erfüllt und jedem Geschmack angepasst,

offenbarte dein Wesen den Kindern die Güte des Herzens.

Dem Wunsch des Empfängers dienend, ward er verwandelt im Geiste,

in die gewünschte Form und Richtung geformt durch die Liebe.

Doch Schnee und Eis widerstanden dem Feuer, das lodernd entfachte,

schmolzen nicht, obgleich der Feind durch Flammen verzehrt ward,

loderten Blitze und Regen vereint in gewaltiger Wucht.

Aber das Feuer, oh Herr, um die Gerechten zu nähren,

ließ von der Stärke ab, die es mächtig durchdrungen,

denn deine Schöpfung, dem Schöpfer treu stets dienend,

wächst in der Spannung, die Strafe den Bösen verkündet,

doch wird es sanft und gnädig für die, die vertrauen,

die auf dich hoffen und deiner Liebe beständig gedenken.

Alles wandelte sich, um deinen Segen zu zeigen,

diente der Fülle des Lebens, je nach Bedürfnis des Herzens.

So lernten die Kinder, die du, Herr, liebst aus Gnade,

dass nicht der Frucht Geschmack, sondern dein Wort sie bewahrt.

Denn was das Feuer nicht zerstörte, schmilzt im Strahl der Sonne,

zeigt, dass vor dem Licht des Morgens Lob dir gebührt,

dass die Undankbaren vergehen wie winterlich Frost,

verfließen wie nutzloses Wasser am Ende der Nacht.



ZWEITER GESANG


Groß sind deine Urteile, die niemand ergründet, o Richter,

Darum irrten sie weit, die den Widerspruch trugen im Herzen.

Jene, die planten, das heilige Volk zu knechten in Fesseln,

Fielen gefangen in Dunkelheit, lange Nacht um sie alle,

Unter den Dächern des Heims, von ewiger Vorsehung ausgestoßen.

Sünden, die tief verborgen in finsterer Dämmerung lagen,

Schreckliche Angst ließ sie zittern und taumeln in Furcht vor Gespenstern.

Weder die Kammern des Hauses gewährten ihnen Sicherheit,

Denn es krachte ringsum, und lautlos erschienen Gestalten.

Feuer konnte kein Licht durch die dicke Finsternis bringen,

Noch das strahlende Leuchten der Sterne vermochte zu blinken.

Plötzlich furchtbare Brände zuckten durch Angst erfüllte Nächte,

Schrecklicher schien ihnen das, als wenn solche Bilder verschwänden.

Ihre Zauberkunst war verspottet, die Weisheit versagte,

Denn die sich rühmten, den Schrecken zu bannen, verfielen ihm selbst.

Zitterten gar vor dem Summen der Mücken, dem Zischen von Schlangen,

Starben vor Furcht, doch nichts war zu sehen, das sie hätten vernichtet.

Selbst die Luft war für sie voll Schrecken, von Ängsten erfüllt.

Denn die Bosheit ist feig, sie trug in sich selbst die Verdammnis,

Wuchs durch das schlechte Gewissen zu übergroßem Verhängnis.

Furcht ist nichts anderes als das Versagen des Geistes, der schützt,

Je mehr der Zweifel steigt, desto tiefer das Grauen der Seele.

So kam über sie Nacht, die mächtige, heillos und grausam,

Jeder in gleichem Schlaf versunken, doch von Erscheinung gequält.

Teilweise zitternd vor Furcht, von Schreckgesichten geplagt,

Teilweise fielen die Seelen in plötzliche, stumme Ergebenheit.

Jene, die dort waren, fielen in Ketten, die keiner erblickte,

Ohne Gitter war dieses Gefängnis, in das sie verschlossen.

Ob nun der Hirte im Feld oder jener, der pflügt auf den Äckern,

Beide wurden gefangen, die Strafe kam unvermeidlich.

Alle waren gefesselt im Band der finsteren Nacht,

Doch vernahm man den Wind, das Flattern der Vögel im Winde,

Oder das rauschende Wasser, das murmelnd die Täler durchströmte,

Oder das Knistern von Steinen, die polternd ins Dunkel hinabsanken,

Oder das Brüllen der wilden Bestien, die lautlos vorbeiflogen,

Jedes Geräusch wurde Zeichen der furchtbar drohenden Stunde.

Denn die Erde war hell und leuchtete ringsum im Glanze,

Aber auf ihnen lag Nacht, ein Bild des endlosen Schicksals.

Doch mehr als die Dunkelheit war die Last in ihren Herzen.



DRITTER GESANG


Doch ein strahlendes Licht erhellte die Heiligen, die Deinen geweiht sind;

Die anderen aber, die Stimmen vernahmen, doch Formen nicht sahen,

Lobten im Glück jene, die frei von Schmerzen geblieben,

Dankten dem, der die Gerechten verschont, trotz des einstigen Unrechts,

Jene, die fügten nicht Leid, obwohl sie einst hatten gelitten.

Du aber stelltest die Flamme als Säule voran auf dem unbekannten Pfade,

Lenkend den Schritt mit milder Glut wie die sanfte Sonne des Morgens.

Würdig waren sie, die des Lichts beraubt und in Finsternis schmachteten,

Die deine Kinder gefangen hielten, die das ewige Licht trugen,

Träger des unvergänglichen Gesetzes, das der Welt offenbart ward.

Als sie den Mord an den Heiligen beschlossen, Kinder zu töten,

Wurd' eines gerettet und führte die Menge ihrer Söhne ins Wasser,

Dass sie ertranken im mächtigen Strom, auf einmal verschlungen.

Doch die Nacht war bekannt den Vätern, im Voraus ward sie ihnen gezeigt,

Dass sie Vertrauen schöpften aus Eiden, durch Glauben getragen,

Denn Rettung verheißen ward denen, die sich dir anvertrauten.

Jene Werkzeuge, mit denen Feinde bestraft wurden,

Wurden zum Ruhme derer, die du auserwählt hast.

Heilige opferten still, die Kinder der Frommen vereint,

Folgend den Regeln, die dir gefielen und Segen brachten den Deinen.

Doch die Feinde schrien wild, und es hallte der Klagruf der Trauer,

Wehgeschrei der Kinder, die starben, und laut ihre Herren verfluchten.

Herr wie Sklave erlitten dasselbe, und König wie Bürger

Fühlten dasselbe Leid, alle gleich in dem endlosen Sterben.

Zahllose Tote lagen verstreut, und keiner war da, sie zu bestatten,

Denn in einem Augenblick waren die Besten von ihnen gefallen.

Doch durch die Vernichtung erkannten sie endlich, trotz Zauberei,

Dass dieses Volk von Israel wirklich dein Sohn war, o Höchster.

Als die Stille des Friedens die Welt umgab und die Nacht in der Mitte

Hielt ihren Lauf, da sprang von deinem himmlischen Thron

Dein allmächtiges Wort herab, ein Krieger voll Grimm,

Das scharfe Schwert des unerschütterlichen Befehls tragend,

Erfüllte er mit Tod das verdammte Land, den Himmel berührend.

Plötzlich kamen die schrecklichen Träume, die sie betäubten,

Und unvorhergesehene Ängste überwältigten die Menge,

Hin und hergestürzt lagen sie halb tot, verzweifelt und sterbend.

Denn die Träume, die sie durchzuckten, hatten ihnen verkündet,

Warum solches Übel sie traf und warum sie starben.

Doch selbst die Gerechten berührte der Schlag, in der Wüste

Schritt die Plage hindurch, doch lange hielt nicht der Zorn.

Denn der Unschuldige kam herbei, als ihr Retter im Kampfe,

Betend und sühnend, Weihrauch tragend, erhob er die Opfer.

Er widerstand dem Zorne und schloss das Unheil zu Ende,

Zeigte, dass er euer getreuer Diener gewesen.

Nicht durch Stärke des Leibs, noch durch die Waffe des Krieges

Überwand er die Bitterkeit, nein, nur mit dem Worte

Stellte er den Schläger, und alle gedachten der Eide,

Die sie einst mit den Ahnen geschlossen hatten im Bunde.

Denn als Leichen auf Leichen zu Haufen gefallen dort lagen,

Stand er mitten im Feld und zügelte zornige Herzen,

Und dem Lebenden war fortan der Weg nun verschlossen.

Denn auf dem langen Gewand war abgebildet die Erde,

Und in vier Reihen der Steine, die Heldentaten der Ahnen

Eingemeißelt, und deine Erhabenheit lag auf der Krone.

Diesem wich der Zerstörer, vor diesem war ihm zum Fürchten;

Denn ein einziger Zornesstoß genügt, um ihn zu binden.



VIERTER GESANG


Doch der erbarmungslose Zorn befiel die Bösen zum Ende,

Gott, der im Voraus wusste, was sie noch tun würden.

Denn als sie willig erst dem Aufbruch zugestimmt hatten,

schickten sie flugs auf den Weg, doch Reue bald ihnen folgte,

eilend mit Wut sie jagten. Und während sie noch beschäftigt

waren im Ritus der Toten, voll Trauer bei ihren Gräbern,

hegte der Wahn ihren Geist, ein törichtes Unterfangen:

jene, die flehend entlassen, sie jagten als Flüchtlinge weiter.

Drang von Gott, der gerecht, trieb sie zu ihrem Verderben,

ließ sie vergessen die Leiden, die sie soeben getroffen,

damit das Maß ihrer Strafe vollkommen werde am Ende,

während das Volk des Herrn mit Pracht die Reise erlebte.

Sterben die Feinde im Graus, während du sie beschirmtest im Schreiten.

Alles Gewordene neu, wie einst du es hattest geboten,

alles gehorchte dem Wort, dass dein Volk sicher verbliebe.

Schatten verbreitete Wolke dem Lager Schutz in der Wüste,

während das Meer, das zuvor in Wellen brausend, nun trocken,

sichtbar den Weg offenbarte, durch roten Fluten hindurchging,

Gras bedeckte die Erde, wo Flut noch tosend gewütet.

Hin durch die Gnade des Herrn zog wandernd das Volk, staunend,

denn große Wunder geschahen: Wie Lämmer sprangen sie fröhlich,

lobten mit Jubel den Herrn, der sie aus Knechtschaft gerettet.

Noch in Gedanken verharrend an das, was einst widerfahren:

wie einst die Erde Mücken statt Jungtiere geboren,

Flüsse voll wimmelnder Frösche statt Fische, die schwammen in Fluten.

Selbst ein Vogel erschien, den sie nie zuvor wohl erblickten,

als ihr Verlangen nach Speise trieb sie zu betenden Bitten;

Wachteln kamen herbei, um sie zu sättigen friedlich.

Sünder erhielten die Strafe, durch Blitz und Donner getroffen,

da sie die Gäste einst in böser Absicht behandelt.

Denn jene, die keine Fremden aufgenommen, sie trafen

mit grausamer Hand, doch schlimmer diese hier handelten:

Die aus Festen empfingen, dann quälten durch schreckliche Bürde.

Gottlos blind traf das Schicksal sie hart, wie einst jene vor Türen,

eilt’ ein jeder zum Eingang der eigenen, doch blieb versperret.

Denn die Elemente im Wandel wechselten, Harmonie gleich,

wie auf Saiten der Harfe ein neues Lied erklingt ständig.

Seht, die Tiere des Landes tauchten tief in die Wasser,

Fische verließen das Nass und gingen auf Erde zu weiden.

Feuer brannte im Wasser, doch es behielt seine Stärke,

Wasser vergaß zu löschen, und Feuer verzehrte kein Fleisch.

Eis war da, das wie Nahrung schmolz, doch lindernd geblieben.

Alles in Herrlichkeit, Herr, verherrlicht hast du dein Volk wohl,

unermüdlich gestützt in jeder Zeit, in den Prüfungen stets da.