VON TORSTEN SCHWANKE
I. TERZINEN AN SOPHIA
1
Sophia ist geborn von Gottheit, ist
Mitschöpferin und ordnet, was geschaffen.
Geliebte Gottes ist sie (glaub es, Christ),
Heerscharen-Herrin, waltet sie der Waffen
Des Geistes, die Beisitzerin des Thrones,
Die Schöpfung im Gerichte einzuraffen,
Geliebte Gottes (in Person des Sohnes),
Geliebte ist sie, Ehefrau des Weisen
(Es spreche niemand drüber Spott des Hohnes).
Gastgeberin ist sie und lädt mit leisen
Lockungen Menschen in das Lehrhaus ein,
Daß im Symposium die Kelche kreisen.
Sie ist die Rose und der Rebenwein,
Will eine Muse dem Poeten sein.
2
Sprach David mit der Weisen aus Tekoa,
Daß er den Abischalom nicht verstoße,
War ihre Weisheit wie der Quell Schiloa.
Die weise Frau gepriesen sei, die große,
Die Joab abhielt von dem Blutvergießen,
Die auf der Mauer wuchs als wilde Rose.
Die weise Frau spricht: Wassern gleich zerfließen
Wir alle, aber Gott wird die bewahren,
Die gütig die Verstoßnen nicht verstießen.
Die kluge Abigail mit braunen Haaren
Bewahrte David vor der Blutschuld weise,
Als er erzürnte über einen Narren.
Auch Judith ich als Weib der Weisheit preise,
Die Israel erlöst auf Frauenweise.
3
Auch preise ich die klugen Ehefrauen
Und denk, wie Sarah Abraham geraten,
Sich seiner Magd aus Mizraim zu vertrauen;
Und wie Rebekkas Blicke Jizak baten,
Jakob ins Zweistromland zurückzuschicken,
Dort Frauen zur Vermählung einzuladen;
Und wie bei unglückseligen Geschicken
Sauls Tochter Michal David beigestanden
(Sie wußte ziemlich zauberisch zu blicken);
Und wie Bath-Sheva (die sehr reizvoll fanden
Die Augen Davids) stand vor Davids Thron
Und bat den König in der Demut Banden
Für ihres Schoßes auserwählten Sohn,
Den Weisesten der Weisen, Salomon.
4
Sophia, eine Ehefrau, gefallen
Dem weisen Manne mehr als edles Gold
Und Silber und Demanten und Korallen.
Wer solche Freude fand, dem ist Gott hold,
Sie ist dem Weisen Krone oder Kranz,
Der Ehrfurcht auch der frommen Mutter zollt.
Wer die Sophia findet, Gottes Glanz,
Dem ist Gott gnädig in dem Heiligtum,
Wer eine Frau fand, schön in ihrem Tanz.
Der starken Fraue guter Ruf und Ruhm
Ertönt zur Ehre Gottes in den Toren
Wie auch der Minnesang der blauen Blum
Sophia ist von Jahwe auserkoren
Und bleibt in alle Ewen unverloren.
5
Ich habe sie geliebt in meiner Jugend
Mit dem Verlangen, sie zur Braut zu nehmen,
Weil sie so schön, voll sanfter stiller Tugend...
Ich werd mich meiner Liebe nimmer schämen,
Gespielin wurde sie mir voller Wonnen
Und Trösterin, wenn Trauertränen kämen.
In ihren Armen habe ich begonnen,
Zu pflegen Gottes Wort, des Wortes Samen.
Mit ihrem Liebeslied hab ich gewonnen
Durch ihre Minne unvergänglichen Namen
Und Nachruhm durch Sophias Lorbeerkranz!
Gespielin Gottes, all mein Ja und Amen,
Braut meines Lebens, einen Rosenkranz
Will weihn ich deines Hauptes hehrem Glanz.
6
Frau Weisheit, o Sophia, Führerin
Auf meinem Wege in das Himmelreich,
Weltarchitektin, Schöpfungskünstlerin,
Geliebte, Braut und Gattin gnadenreich,
Du ladest ein mich zum Symposium
Und schenkst den Süßwein deiner Minne gleich.
Wo ist dein Ort, wo ist dein Eigentum,
Liturgin in dem Tempel, Seherin?
Mach mich zum Freund der Gottheit, schenk den Ruhm,
Daß ich dir diene, Friedenskönigin
Und Freudenbotin mit den schönen Füßen!
In meinem Herzen wohne, der ich bin
Allein, vergeblich sonst mein Minnegrüßen,
So werd mein Grüßen dir, der Minnesüßen!
7
Die göttliche Sophia, schau, sie wohnt
Im Himmel, sie ist Gottes Ebenglanz,
Als wie die Sonne spiegelt sich im Mond.
Die Schöpfungsmittlerin, die da den Kranz
Der Rosen ordnet und die Nachtigall
Begeistert und anführt der Sterne Tanz,
Die Throngenossin Gottes wirkt im All,
Die alles schafft, vernichtet und erneuert,
Auf Gottes Schöpfungswillen Wortes Hall.
Die Heilige, von lauter Licht verschleiert,
Ist Menschenliebende, die Eingeweihte
In Gottes Herz, von Gottes Glut befeuert,
Die Mitarbeiterin an Gottes Seite,
Die Gott in Ewe aller Ewen freite!
8
Dich, Jesus, sehe ich als den Propheten
Sophias, Gottes Weisheit, der gesandt,
Uns heimzuführen in den Garten Eden.
Die arm sind und beladen, unbekannt
Und ausgestoßen, die zu Unrecht leiden,
Die nimmst du alle an die sanfte Hand.
Sophias Sohn, als Hirte willst du weiden
Die Ausgestoßnen, Hungernden und Armen,
Die goldnen Zöllner, Dirnen sinnlich-seiden,
Den Kindern deines Volks, zeigst du Erbarmen
Und lädst sie alle unter deine Flügel,
O Mutter Jesus, unter deine warmen
Hell-lichten Taubenflügel; auf dem Hügel
Du girrest, unverstanden vom Geklügel.
9
Der Geist kam in Gestaltung einer Taube
Und sagte: Du bist mein geliebter Sohn.
Der Geist ist Jesu Mutter, wie ich glaube.
Die Turteltaube in des Wipfels Thron,
Sie ist der transzendenten Weisheit Zeichen,
Die immanente Weisheit seh ich schon
In einer Felsentaube. Wolken weichen,
Sophia offenbart sich, Gott im Nu,
In Jesus, Menschensohn, dem gottesgleichen.
Sophia findet im Messias Ruh
Und badet sich in ihm, dem Gott von Art.
Und Ruach redet zu dem Sohne: Du,
An dir hab ich mein Wohlgefallen, zart
Bist Zeuge du für meine Gegenwart.
10
O weh, Jerusalem! von Anbeginn
Hab ich Propheten dir gesandt, gereinigt
Hat jeder Zion, Jahwe’s Königin,
Jerusalem, doch du hast sie gesteinigt,
Kam ein Prophet zu dir, so hast du bald
Den Seher der Sophia arg gepeinigt;
Johannes so, die heilige Gestalt,
Hat Salome gemordet mit dem Reiz,
So leidet stets das Himmelreich Gewalt
Und leidet Gott an deiner Liebe Geiz,
Weil du Sophias Seher tatst ermorden;
So auch Messias starb an seinem Kreuz,
Der Göttliche aus der Sophia Orden,
Der auferstanden, Gottes Weisheit worden.
11
Messias Jesus aber, auferstanden,
Ist zur Sophia Gottes uns gemacht
Und sendet Ruach allen unsern Landen,
Denn der Sophia ist das Reich, die Macht,
Die Kraft der Ruach und die Herrlichkeit.
(Die Schechinah erleuchtet unsre Nacht.)
Sophia ist in Jesu Menschenkleid
Zur Erde kommen, wieder heimgekehrt
Ins Himmelreich. Auf Erden litt sie Leid,
Im Himmel angebetet und verehrt
Wird sie von Heiligen und Engeln dort.
Im Anfang war bei Gott Sophia, lehrt
Der Liebesjünger, lehrt er von dem Wort,
Lobt er die Weisheit Gottes fort und fort.
12
Triumph! denn übers dunkle Schicksal siegt
Und über Hellas schwachgeborne Götter
Die Weisheit Gottes, die gen Himmel fliegt
Und fährt gen Himmel auf der Wolken Wetter.
Im Kosmos gründet sie ihr Königtum
Als Kyrios, als Christos, unser Retter!
Befreit aus Sklaverei und Heidentum
Und Todverfallenheit die Jüngerinnen
Und Jünger alle, die zu Gottes Ruhm
Die Gottesenergie empfangen innen,
Da Ruach redet mit den Flammenzungen
In ihren Seelen und in ihren Sinnen,
Die aus der Taufe aufgetaucht, die jungen
Aus-Gnade-Götter, ganz von Gott durchdrungen!
13
Sophia, Jesus jubelt seinen Jubel
Zur Gottheit, zu der Ewigen der Scharen:
O Gottheit, mitten in dem Menschentrubel
Wir einig, Gott und dein Messias, waren.
Du, Gottheit, hast es alles mir vermacht,
Was dein war. Alle Frauen, die gebaren,
Und alle Menschensöhne in der Nacht
Des Todesschattens habe ich gerufen
Und sie geliebt mit deiner Liebe Macht.
Wir, Gottheit, die wir alle Schöpfung schufen,
Wir haben uns der Menschheit offenbart.
Ich führ sie auf der Himmelstreppe Stufen
Durch meine Weisheit mütterlich und zart,
O Gottheit, ganz in deine Gegenwart!
14
O Bräutigam, wie preis ich deine Brüste,
Aus denen fließt die süße Milch der Gnade!
Erwart mich an des Lebensmeeres Küste,
O Mutter Jesus, in der Stadt von Jade,
Bis dahin nähr mit Milch mich der Geduld
Und Honig deiner Heilung allem Schade.
Dann reiche mir den Süßwein deiner Huld,
Er wird mir gut wie deine Minne munden.
Berauscht vergeß ich alle meine Schuld,
Weil ich an deinen Brüsten darf gesunden,
Wenn du mir einschenkst in dem Schein von Kerzen
Den herben roten Wein aus deinen Wunden,
Den starken herben Rotwein deiner Schmerzen
Und ich dir trunken ruh an deinem Herzen!
15
Ich lieb die gute Mutter Caritas,
Sie liebt sie alle, ihre kleinen Kinder,
Sie gibt uns allen, was wir brauchen, was
Wir wirklich brauchen, Weihnacht uns im Winter
Und in der Sonnenhitze kühlen Schatten,
Ruhlosen Ruh wie einem frommen Inder,
Den Sehnsuchtsvollen nimmt sie an als Gatten,
Viel Trost in Trübsal gibt sie Heimgesuchten,
Von ihr die Weisen ihre Weisheit hatten,
Ja, ihre Tränen galten den Verfluchten,
Sie will noch selbst den Toten Liebes tuen,
All jenen, die sie in dem Leben suchten.
Nicht wert, zu liegen vor den roten Schuhen
Der Gottheit, werd ich ihr im Schoße ruhen.
16
Ich preise Gott den Herrn und Bräutigam,
Den Vater aller Kräfte der Äone!
Die Menschheit ist Geschlecht von Seinem Stamm.
Die Weisheit aber hingelagert throne
Bei Gott in ihrem königlichen Bette,
Sein Liebeskuß ist ihre lichte Krone.
Sie sind vereinigt in geheimer Stätte,
Woraus entsprungen ist die Caritas,
Daß sie durch lauter Liebe uns errette;
Die durch uns schaut wie durch ein klares Glas
Und die sich spiegelt in dem reinen Tau,
Der reiht sich Perl an Perle an das Gras,
Darin gebettet liegt die Liebe Frau,
Die blüht als meiner Sehnsucht Blume blau.
17
Ich bin die Caritas, ich trage Flügel
Aus Licht und halt in meinem Arm ein Lamm
Und tret den Drachen nieder auf dem Hügel
Der Schmerzen. Mensch, du bist mein Bräutigam,
Ich bin dir Flamme, bin dir Lebensfunken.
Und bist du einsam auch wie Abraham,
Die Sphären sind von meiner Liebe trunken,
Die ich gebaut mit Zahl, Gewicht und Maß.
Sei mit dem Kosmos du in mich versunken,
Ich bin das Wesen Gottes, Caritas.
Ich glänz im Meer, ich schein in Mond und Stern,
Ich bin wie Sonne, scheine durch dein Glas,
Ich bin der heimatliche Wind des Herrn,
Dein Odem, dir in deiner Nacht nicht fern.
18
Ich sah, die einer schönen Jungfrau gleich,
Ihr Antlitz strahlte wie die Maiensonne,
Sie war so schön, so lieb und gnadenreich,
Daß ich verstummen mußt vor solcher Wonne,
Sie war so gold, die Füße waren bloß,
Sie tanzte. Ihrer Liebe reiche Bronne
Hielt ihren Sohn-Geliebten auf dem Schoß,
Der war ein schmerzensreicher Menschensohn.
Sie war so liebevoll und makellos,
Die Schöpfung betete vor ihrem Thron
Und Trauerschwäne sangen Lobgesang.
Das war die Caritas, im roten Mohn,
Die Augen liebevoll, die Wimpern lang,
Ich weinte vor ihr freudig, wehmutbang.
19
Vor Heiligen Altares Sakrament
Ward mir das Wort der Biblia vertraut,
Das Gottes Offenbarung Weisheit nennt,
Die Salomon erwählt als seine Braut.
In ihrer Schönheit kam sie mir entgegen,
Mit goldner Krone hab ich sie geschaut.
Ich warb um Minnedamen allerwegen
Und lieblich waren wohl die Minnedamen,
Wollt keine sich in meine Arme legen.
Da nahte Sie (Sophia ist ihr Namen),
Da nahte Sie, daß sie in meinem Fehle
Ergänze mich mit ihrer Gottheit Samen
Und, Rose aller Rosen, meine Seele
Als Nachtigall der Gottes-Nacht vermähle...
20
Der Weisheit Minnesänger und Psalmiste
Bin ich, der göttlichen Sophia Sklave,
Leg mich als Myrrhe zwischen ihre Brüste,
Wie ich im Schoße meiner Mutter schlafe
Und grüße morgens meine Kaiserin
Des Friedens, Hirtin aller ihrer Schafe,
Die Kaiserin des Herzens, der ich bin
Geweiht, vermählt, der Spenderin der Gnaden.
Von Stern zu Sonne wandelt hoch sie hin,
Im Licht der Morgenröte sich zu baden
Und sich zu schmücken mit dem Morgenstern,
Mich dann in ihre Arme einzuladen
Und zu beseeligen den Seelenkern
Mit ihrer Minne Wonnen, nah und fern.
21
Die Weisheit preise ich als Mutter, die
Geboren hat geschöpfliche Ideen
Und nährt sie all mit Gottes Sympathie.
Die Weisheit läßt sich auch als Mutter sehen,
Als sie in Jesus Mensch geboren ward,
Mit uns den Weg durchs Tränental zu gehen.
Die Weisheit ist noch Mutter, da sie hart
Vom Teufel angegangen und vom Tod,
Uns bis zum Tode liebte, stark und zart.
Die Weisheit ist die Mutter, rosenrot
Im Wein des Blutes, das der Geist geweiht,
Ist mütterlich und spendet sich im Brot.
Maria Mutter ist, die schöne Maid,
Sophia Mutter ist von Ewigkeit.
22
Wohlan, die vielen eine Mutter war
Im Anbeginn und süß und süßer ward
Und führt die Kinder in der frommen Schar,
Die ward von Gott als Braut mir offenbart!
Am Anfang pries ich schön die Sophiam
Als meine Sehnsucht, die war rein und zart,
Abirrt ich dann, verlor Maid Mariam
Und fiel in allzugroße Seelenprein
Und ward vor Gott zu einem wunden Lamm,
Da lud Maria mich zur Minne ein
Und schwebt vor mir im All als Blume blau
Und lehrte mich durch göttlichen Verein
Und durch den Wein, die Salbe und den Tau:
Frau Weisheit sei mir eine Ehefrau.-
23
Frau Weisheit sendet ihre Mittlerin
Und liebet mich in ihrem Ebenbild
Und Jungfraunspiegel: Minnekönigin
Maria ist anmutig, zart und mild
Und wahrlich schön, liebreizende Madonne,
Die kam zu mir vom himmlischen Gefild
Im Mantel blauer Nacht, im Kleid der Sonne,
Sie trocknete der Liebestränen Tau,
War meine Zuflucht, Hoffnung mein und Wonne,
Mein Ideal, der Sehnsucht Blume blau,
Der Meeresstern an meiner Sehnsucht Küste,
Die heilige Erlöserin, die Frau,
Die ich in der Erscheinungsgrotte küsste,
Birgt mich im Apfelgarten ihrer Brüste.
24
Sophia (du bist Jesus) O Sophia,
Ich trage dir mich an als Bräutigam,
Du Schöpferin der heiligen Maria!
Du sanft wie eine Taube, wie ein Lamm,
Mit deiner Gottheit meinen Geist vermähle,
Einpfropfe, Ölbaum, mich in deinen Stamm,
Sei du die Mutterheimat meiner Seele,
Daß ich in dir der Gottheit Schönheit schau!
Führ mich zur Stadt von Jade und Juwele
Und sei mir, Gottheit, dort als meine Frau,
Daß in dein Meer einmünden Lebenstriebe
Und Hauch in deinen Äther. Dir vertrau
Ich Glaube, Hoffnung, Liebe, daß ich bliebe
In Ewigkeit im Schoße deiner Liebe!
II. SPRÜCHE DER EWIGEN WEISHEIT
1
Ich hab sie satt, die Welt der Erde,
Verlange auch nicht mehr nach Ruhm.
Ich hoffe, daß ich balde werde
Im Garten Eden blaue Blum.
2
Wie köstlich und bekömmlich ist
Statt wüster Sattheit der Begierde
Der Sehnsucht schmachtendes Gelüst
Nach der Madonna Zierrat Zierde!
3
Glückselig ist, der schmachtet sehr,
Glückseliger als der Gestillte.
Denn dein unendliches Begehr
Gestillt wird einst an Gottes Bilde!
4
Vergiß zu leben, sei ganz leer,
Ergebe dich, vergiß zu sterben.
Gott lebt und stirbt für dich und Er
Will süßer Minne dich umwerben.
5
Ich bin ich selbst, bin ich ganz dein,
Hab ich dich nicht, bin ich verloren.
Mein Jesus, du mein Tor und Stein,
Hast mich in Minne auserkoren.
6
Das Schweigen in der Einsamkeit
Verkoste, laß es dich nicht härmen.
Der Weisheit wirst du so geweiht,
Die Narren laß du sinnlos lärmen.
7
Kehr du ins Innere zurück
Und weine, bist du ruhlos innen.
Verrate nicht dein wahres Glück,
Sollst der Gefangenschaft entrinnen!
8
Ich bin der Erde Menschenkind,
Bin Fleisch vom Fleische, ich bekenne,
Bin auch im Inneren noch blind
Und bettle, daß ich Gott erkenne!
9
Bin von Natur ein Menschensohn
Und Staub vom Staub und Wild der Wildnis,
Von Gnade aber Gottessohn
Trag ich im Innern Gottes Bildnis.
10
Die Liebe meine Seele preist,
Da Mann und Weib in eins gedrungen.
Doch inniger ist noch der Geist
Gottmenschlicher Vereinigungen.
11
Gott, wenn wir eine Seele lieben
Und wird die Liebe Gott geweiht,
Dann hälst du ferne unsern Trieben
Ichsüchtige Begierlichkeit.
12
Der Mensch soll sich am Menschen freuen,
In Gott soll diese Freude sein.
Doch lieben wir in schönen Scheuen
Um Gottes willen Gott allein.
13
Maria bittet Gott in Leisheit:
Der Torheit Wasser wandle um
In purpurroten Wein der Weisheit,
O Wunder, o Mysterium!
14
Der Wein der Weisheit dieser Welt
Ist ekelhaft wie saurer Essig.
Wenn Gottes Weisheit dir gefällt,
Scheint Welt dir eitel und gehässig.
15
Sei nicht am Wein der Erde Prasser,
Betrunken taumelnd in der Nacht.
In deinen Krug gießt Jesus Wasser,
Den später er zum Weine macht.
16
Sei du ein leerer Krug auf Erden
Und sei bereit und sei ein Tor,
Gefüllt wirst du vom Weine werden
Der Weisheit, die dich auserkor.
17
Wir Toren mit den eitlen Köpfen
Sind keine weisen Geister, nein!
Doch laßt uns fleißig Wasser schöpfen,
Das wandelt Jesus einst in Wein.
18
Die Gottheit ruft den Ehebrecher
Zur ersten Liebe stets zurück:
O küsse meines Mundes Becher
Und schlürfe ein das Liebesglück!
19
Im Süßweinkeller deiner Minne
Bin ich von Minne trunken, ach,
Dann werd ich deiner Liebe inne
Der Himmelslust im Brautgemach.
20
Die ich in meinem Fleische schlafe,
Im Herzen wacht mir auf die Lust!
Ich bin ganz dein, geliebter Jahwe,
Du mein, ich lieg an deiner Brust!
21
O Weisheit, die du liebreich prangst,
O sprich zu mir, mein Herz erleuchte! -
Berausch dich, der du mein verlangst,
An göttlicher Granate Feuchte!
22
Ein reiches Maß wird dir gegeben,
Wird fließen dir in deinen Schoß:
Ist Seligkeit im Himmelsleben
Und schon auf Erden Freude groß!
23
Du übermäßige Substanz,
Der Über-Weisheit Über-Wesen!
Ich weiß nur noch vom Liebestanz
Und süßer Minne auserlesen!
24
Und willst du mit der Weisheit Wissen
Beschenken gnadenreich mein Herz,
So muß ich Jesu Leiden küssen
Und leiden meinen eignen Schmerz.
25
Muß ich von allen Bildern lassen,
Um dich zu finden, Jesu Christ?
In Liebe laß du dich umfassen,
Der du die Liebe Gottes bist!
26
Du hast dir vor dem goldnen Morgen
Das Dunkel zum Versteck gemacht
Und bist in Finsternis verborgen,
Du Gottheit meiner dunklen Nacht.
27
Ich steige nicht auf Strahlenstufen
Zu Gottes Gottheit, Gott von Art,
Gott hat in Jesus mich berufen,
Der Gottheit, die zum Menschen ward!
28
Wer könnte sagen, daß er könnt
Zu Gottes Weisheit gar gelangen?
Doch Sie, die nur der Vater kennt,
In unser Fleisch ist eingegangen!
29
Welch Abgrund zwischen Gottes Demut
Und unserm allerhöchsten Trieb!
Sei bleiern nicht vor trüber Wehmut,
Den Abgrund überfliegt die Lieb’!
30
Die Liebe ist es, die umarmt,
Ist die Vereinigung der Triebe.
Wie aber, wenn sich Gott erbarmt
Und offenbart sich als die Liebe?
31
Gott wohnt im Lichte unzugänglich
Und ist der Liebe höchstes Gut.
Zu lieben Gott, ward uns empfänglich
Des Seelenfunkens Liebesglut.
32
Ach, was ist Hoffnung, was ist Glaube
Und was ist göttliches Gebot?
Gott ist mir eine Liebestaube
Und Liebe stärker als der Tod!
33
Die schöne Weisheit Gottes spielte
Allzeit vor Gottes Angesicht.
Wer jemals ihre Liebe fühlte,
Sieht sie im Dunkel und im Licht.
34
Die Weisheit Gottes tanzt den Tanz
Dem Ewigen vor seiner Lade.
Sie gießt vom Gipfel aus den Glanz,
In unser Dunkel ihre Gnade.
35
Die grenzenlose Sympathie
Mit allem unstillbarem Triebe
Ist wie ein Ebenbild für Sie,
Die ewigliche Gottes-Liebe!
36
Ja, wandeln wir ihm nach, dem Wort,
Ihm nach in Jubel und in Jammer,
Es führt uns in des Vaters Hort,
Ja, in der Mutter Weisheit Kammer.
37
Im Menschen wohnen die Begehr
Und heißes Schmachten nach der Liebe.
So kam in mystischem Verkehr
Ins Fleisch die Weisheit, in die Triebe.
38
Wir, Fleisch vom Fleische und Begier,
Im Fleisch beginnen unsre Triebe,
Wir steigen langsam auf zu Ihr,
Der Weisheit, Gottheit unsrer Liebe.
39
Der Mann bei seinem Weib nicht fehle,
In Liebe werden sie intim.
Doch schenkt sich Gott der Menschenseele
Im Fleisch, wird göttlich sie in Ihm!
40
Wen kann es wundern, daß es gilt,
Wer Gottes Liebe ein Genießer,
Daß dem der Liebe Quelle quillt
Als alle andre Liebe süßer!
41
Vereinigung in Seelenreinheit
Ist Inhalt fleischlichen Vereins.
In der Dreifaltigkeit die Einheit
Ist in der Glut der Liebe eins.
42
Oh laß uns zwei uns zärtlich küssen
Und Hauch austauschen mit dem Hauch!
Darf deine Gottheit ich genießen,
Werd ich ein Gott aus Gnade auch!
43
Des Nachts will suchen meine Seele
Die Freundin, die Dreifaltigkeit!
Daß mir die Göttliche nicht fehle,
Hab ich mein Lager ihr geweiht.
44
Nicht wissen will ich, will umarmen,
Vereinen mich der schönen Schau!
Und Gott, in göttlichem Erbarmen,
Küsst mich mit Feuermundes Tau!
45
Erkennen kann ich nicht und wissen,
Als Tor komm ich ins Paradies!
Ich möchte nur die Weisheit küssen
Mit Küssen meiner Zunge süß!
46
Das Ruhelager meiner Muße
Mir meinen Seelenfrieden schafft.
Ich leg mich zu der Gottheit Fuße
Mit aller meiner Leidenschaft!
47
Die Liebe weiß von keiner Ruh,
So loh und lodernd all ihr Brennen!
Göttliche Gottheit, Liebe du,
Laß meine Liebe dich erkennen!
III. HYMNEN AN RUAH HA KADOSCH
1
Komm, Ruah, Freude, ewigliche Wonne,
Komm, meiner Seele Sehnsucht und Begehr,
Alleinige, du lichter als die Sonne,
Komm bräutlich zum verlassnen Menschen her,
Komm, mich in meiner Einsamkeit zu schauen,
Ich bin, o Hauch, auf mich allein gestellt,
Allein, um meiner Gottheit zu vertrauen,
Bin ich verlassen in der weiten Welt!
Komm, mein Verlangen du, mein ganzes Sehnen,
Die du nach dir mir diese Sehnsucht gabst,
Du Unerreichbare! In meinen Tränen
Du mit der Tröstung deiner Huld mich labst,
Mein Odem du. O Glorie unvergleichbar
Bist du, die Glorie in der dunklen Nacht.
Komm, Ruah, meine Sehnsucht, unerreichbar
Bist du, o Göttliche, nach der ich schmacht!
2
O Ruah, süß ist dein Geschmack,
Ist süßer noch als süße Honigwabe
Und als das zuckrige Kristallgezack,
Ich sehne mich nach deiner Süße Labe!
Ich will dich speisen und vermag es nicht,
Vermagst nicht du, o Ruah, mich zu speisen?
Ich weiß es nicht! Unsagbar ist dein Licht
Der Liebe, wer erkennt dich von den Weisen?
Du, Ruah, forderst meinen Geist,
Doch mag ich nicht von meinen Werken lassen,
Um auszuruhn in Stille, die dich preist,
Zu ruhn in deinen Armen, die mich fassen.
Erweisen will ich Rühmung dir und Dank
Und dir den Minnesang des Ritters geben,
Unwissend ist er sehr, sehr liebeskrank,
Du, Ruah, bist sein Odem und sein Leben!
Erfüllt bin ich von Ungeduld
Und weiß nicht in der Ruhe mich zu gründen.
Die Einheit Gottes, ja, der Gottheit Huld
Will ich durch deiner Weisheit Führung finden.
Könnt ich der Gottheit mich vereinen ganz
Und bliebe frei zu jedem Weg mein Wille -
Die göttliche Barmherzigkeit im Glanz
Erlöste mich, ich wär im Leiden stille.
3
O Feuersglut, o Trösterin,
Du allen Schöpfungslebens Leben!
O heilige Erweckerin
Und Weberin in den Geweben!
O Balsamstaude, wir sind wund,
O spende Weine und uns Öle!
O reinige den Herzensgrund
Und läutere in Glut die Seele!
Du aller Heiligkeiten Hauch,
Du Morgenglanz, du Braut von Osten,
Du Liebesfeuer ohne Rauch,
O laß uns deine Güte kosten!
Parfüm der Gottheit, Jesu Duft,
O senke in uns deine Tugend,
Laß uns durchfliegen noch die Luft
Zu ewger Schönheit, ewger Jugend!
Beschützerin des Lebens du,
Laß uns erfahren tiefe Einheit!
Den Heiligen gibst du die Ruh
Und den Geweihten ihre Reinheit!
O Rosenblüte flammenrot,
O lichte Lilie unter Dornen,
Ruf die Gestorbnen aus dem Tod
Und aus der Irre die Verlornen!
Befreie, die in Feindes Haft,
Lös, Löserin, der Sünde Fesseln,
O Göttliche, der Gottheit Kraft,
Entkleide uns der Feuernesseln!
Du wahrer Weg, du grader Pfad,
Im Himmelreiche und auf Erden,
Du führe uns mit Rat und Tat,
Laß Gott uns Ein und Alles werden!
Durch dich erglänzt der Morgenschein,
Die Ähren reifen aus den Krumen,
Durch dich umspielt der Bach Gestein
Und blühen in den Gärten Blumen.
O Weisheit, die du Einsicht schenkst
Und unterweisest weise Leute,
Ich bitt, daß du die Menschen lenkst
Zu deinem Frieden, deiner Freude!
4
O Ruah, o geliebte Liebe, Liebe,
In deiner Weisheit weise mir die Pfade
Und führ hinüber meine besten Triebe
Zum süßen Aufenthalte deiner Gnade,
Die Steige lehre mich, den Pfad des Lebens,
Zu deinen Tau-befruchteten Geländen,
Den Seelen Labsal und Gemütes Lenden,
Wo alles Dürsten dürstet nicht vergebens!
O Liebeslabsal, Tau, mich zu erquicken,
Du kennst allein die Pfade in die Wahrheit,
Du Wonnebund mit zauberischen Blicken,
Dreifaltigkeit erfüllt von Liebesklarheit!
Nur du weißt mich durch Fruchtbarkeit zu laben,
In dir ist alle Fruchtbarkeit begonnen,
O ström in mich den Honig deiner Wonnen
Und reiche Segnungen der Geistesgaben!
5
Komm, o Vater aller Lichter,
Mutter der Barmherzigkeit,
Mache meinen Geist zum Dichter,
Der dir allen Lobpreis weiht!
Gottheit, offenbare Wahrheit,
In die Seele senk dein Bild,
Deines Liebesfeuers Klarheit,
Die mein Herz mit Gott erfüllt!
Ruah, Geist der Marterzeugen,
Der Propheten Angesicht!
Der Bekenner bricht das Schweigen,
Der Apostel Wahrheit spricht!
O du sprichst zu tausend Herzen,
Allen du die Wege weist,
Wie dereinst dem Mann der Schmerzen
In der Wüste, Heilger Geist!
6
Hauchungskraft der Heiligkeiten,
Mach dich zur Gebieterin
Meines Herzens allerzeiten,
Liebe weck in meinem Sinn,
Meinem Geiste schenke Weisheit,
Meiner Zunge Süßigkeit,
Meinen Sinnen Schönheit, Leisheit,
Liebe mir in allem Leid!
Ruah, mach mein Herz zum Tempel,
Meine Zunge dir zum Schwert,
Daß nach heiligem Exempel
Mein Gesang sei Jesus wert!
Durch die Liebe Frau und Christe
Herrsch in meiner Seele du,
Daß ich an der Gottheit Brüste,
An dem Herzen Gottes ruh!
7
O Gott, der du das Licht geboren,
Laß deine Weisheit meinen Geist erfüllen,
Gott, der du mich zur Wahrheit auserkoren,
Laß leben mich nach deiner Liebe Willen!
Der Gottheit Liebe, ohne zu bedrängen,
Ist voller Pracht und Fruchtbarkeit der Gnade.
Frau Weisheit locket mich auf ihre Pfade,
Die Friedensfürstin preis ich in Gesängen!
Du zwingst nicht meinen bösen Willen,
Nicht wirst du den Gefallenen bedrängen.
O Königin der Freiheit! hör mich brüllen:
Ich fürcht die Freiheit! - Höhen, Breiten, Längen
Und Tiefen hab ich häufig widerstanden
Und widerstanden deiner Gnade Locken.
Befeuchte mich, alleine bin ich trocken,
Und stille mich, wenn wilde Meere branden!
8
O Ruah, deiner Gnade Blickgefunkel
Durchleuchte unsre Herzen, einzuziehen
In reinen Flammen, daß die Laster fliehen
Und Gottes Licht erleuchtet unser Dunkel!
O Ruah, der die heilige Verbindung
Von Fleisch und Weisheit lieb in deiner Güte,
Gieß deine Salbe aus, du Myrrheblüte,
Auf alle unsre menschliche Empfindung!
O Ruah, mögest unsern Geist erquicken
Und unsre Seele läutern auch in Schmerzen,
O Feuer, mach uns rein, nur reine Herzen
Die Gottheit, unsre Schöpferin, erblicken!
Propheten ließest du Gesichte finden,
Daß sie im Lobpreis den Messias feiern,
Zu den Aposteln kamest du in Feuern,
Daß sie der Liebe neues Pfingsten künden!
Als aller Schöpfung Schöpferin belebte
Aus totem Nichts das neuerschaffne Wesen
Der Kreaturen, da bist du’s gewesen,
O Taube, die da überm Chaos schwebte!
Du brütetest, die Meere zu befruchten,
Du hauchtest, Seelen Leben zu verleihen.
Inspiration, dich einzig will ich freien,
Du Freudenfeuer in der Wonnen Buchten!
O Ruah, Schöpferin der Orionen
Und Gottes Flammenschwert dem Urweltdrachen,
Vereinige die Völker aller Sprachen,
Versöhn im Frieden alle Religionen!
O Herrin Ruah, höre unser Flehen,
Der Weisheit Wolke in dem Himmelszelte,
Daß unser Beten nicht als töricht gelte,
Denn Torheit ist nicht wert zu Gott zu gehen!
Die allezeit die Heiligen getrieben
Und treiben wird die Frommen bis zum Jüngsten
Gerichte des Messias, sieh im Pfingsten
Der Liebe Gott uns als Geliebte lieben!...
9
Ich dank dir, daß du meinem Geist dich eins gemacht,
Dich nicht vermischt, nicht abgewandelt, nicht
Verändert, Flamme du in meiner Nacht,
Mein Ein und Alles, meines Lebens Licht,
Du Unaussprechliche, die Brot und Wein
Verwandelst in der Weisheit Liebesglut!
Du trocknest alle Tränen, die ich wein,
Wenn du mich heimsuchst, meiner Tränen Flut!
Ich dank dir, Licht der Gottheit, das nicht untergeht,
Des Heiles Sonne ohne Untergang,
Du Unverborgene, du Wind der weht
Wohin er will, im Weltall ist dein Gang
In offenbarer Schönheit und geheim.
Ach, warum komm ich oftmals nicht zu dir?...
O mach mein Herz zu deinem innern Heim
Und bis zum Hochzeitsfeste bleib bei mir!
10
Eilt, Ruah zu empfangen,
Die Göttliche von Gott,
So werdet ihr erlangen
Erstehung aus dem Tod
Und werdet nimmer sterben
Und geht ins Himmelreich,
Als Jesu Christi Erben
Seligen Göttern gleich!
Wenn ihr nicht schon auf Erden
Erfüllt vom Himmel seid,
Wie wollt ihr himmlisch werden
In jener Ewigkeit?
Lauft wie die Feuerflamme,
Daß jeder würdig werd
Zu leben mit dem Lamme,
In Ruah hochgeehrt!
11
Komm, Ruah ha kadosch, und mich erwähle,
Und heb mich aus der abgefallnen Zeit,
O Licht, gewähre meiner dunklen Seele,
Zu stehn vorm Antlitz deiner Herrlichkeit!
O lehr mich unerschütterlich vertrauen
Auf Gott, indem du in mir wohnst im Wort,
Göttliche Lichtkraft, daß ich darf erschauen
Göttlichen Lebens Schönheit immerfort!
Gib, daß ich deine Huld im Brote speise
Und deine Gnade trink im Rebenblut,
Des Armen Reichtum bist nur du, All-Weise,
Du meine Freude und mein höchstes Gut!
Du bist die Glorie vorm Gnadenthrone,
Der Wonne Geist und Hauch der Herrlichkeit,
Du Liebe in dem Vater und dem Sohne:
Ruhm Allerheiligster Dreifaltigkeit!
12
O Ruah, Beistand du der Armen,
Betrübten süße Trösterin,
Vor deinem heiligen Erbarmen
Werf ich mich voller Demut hin
Und bet mit meiner Zunge eilig:
O Ruah, meiner Seele Ruh,
Die du bist heilig, heilig, heilig,
Bist Gottheit aus der Gottheit du!
Mariens Seele du erfülltest,
Bräutlicher Geist, mit lauter Huld!
O Ruah, meine Seele stilltest
Und gabst im Leiden mir Geduld!
O Göttliche, der heilgen Meister
Glückselige Inspiration:
O wehre ab die bösen Geister,
Du Geist vom Vater und vom Sohn!
Entzünde deiner Liebe Feuer
In meiner Seele, o du Licht,
Laß Weisheit schauen mich im Schleier
Und meiner Gottheit Angesicht!
Du bist die sanfte holde Taube,
O mach du meinen Wandel rein
Und wirke, Wahrheit, daß ich glaube
An das Versöhnen und Verzeihn.
Wie sanfte deine Hauche haften
Am elfenbeinernen, am Turm.
O stille du der Leidenschaften
Blitzflammenden Gewittersturm!
Der Gottheit Zunge, lehr mich loben
Und rühmen ohne Unterlaß!
Du goldenes Gewölk von oben,
Mit deinen Armen mich umfaß!
Urheberin der Himmelsgaben,
Durch deine Gnade mich beleb,
Laß an der Liebe mich erlaben,
Der ich nach Gottes Weisheit streb!
Leit mich, dein Kind, durch deine Güte,
Geist, Mutter der Barmherzigkeit!
Gott schenk ich meines Herzens Blüte
Von Ewigkeit zu Ewigkeit!
13
Ruah, durch die Glut, die du entzündet,
Wir betrachten, Weisheit, und wir beten
Und bereuen auch, was wir gesündet,
Ach, daß wir entstellt dein reines Reden!
Würdest unsre Seele du verlassen,
Odem, könnte sie nicht länger leben.
Mögest, Liebe, unsern Leib erfassen,
Die vor dir in heilger Scheue beben!
Herrin, die mich heiligt, Ein und Alles,
Gott, mein ganzes Sein soll dir gehören!
Du erbarm dich meines Sündenfalles
Durch der Schlange zaubrisches Betören!
Glühend laß mich deine Huld verlangen,
Mög auf mich der Tau der Gnade tröpfen!
Deine Salbung habe ich empfangen,
Laß mich völlig deine Huld erschöpfen!
O vermehr in mir der Liebe Gnade,
Bin unwürdig ich, gib du mir Würde,
Daß ich mich in deiner Liebe bade
Und dir schenke meines Lebens Bürde!
Hilf mir, deine Liebe anzunehmen,
Herrin, all dein göttliches Verliebtsein!...
Flamme du in Schatten und in Schemen,
Liebe! Trösterin, muß ich betrübt sein!
14
O liebe Herrin Ruah, breit’
Die Taubenschwingen auf mein Kissen!
Du Feuer der Dreifaltigkeit,
Mögst mich mit Flammenzungen küssen!
O Jesus, o mein Jesus, zieh
Durch Ruah mich an deine Brüste,
Und nimm mich in dich auf, durch Sie,
Die Flamme deines Herzens, Christe!
Laß in der Göttlichkeit vergehn,
In deinem Wesen all mein Wesen!
Im Geisteskuß, unsagbar schön,
Werd ich von Lebensqual genesen!
Gott, dich zu schauen, mir gewähr,
Dich schauen, Schönheit, wird mich fürsten!
O Liebe, deiner Liebe Meer
Genügt alleine meinem Dürsten!
O wann, geliebte Gottheit, darf
Ich dich, o Göttlichkeit, genießen?
Daß ich allein die Liebe harf,
Vergöttlicht in den Paradiesen!