MARION

VON TORSTEN SCHWANKE


Und der HERR sprach zu Mose: Sage den Israeliten, dass sie sich an Midian rächen sollen, für alles, was Midian ihnen angetan.“

(4 Mose)



Mein sohn einst in der nähe meines wohnorts

da blühte eine wunderschöne blume

mit namen marion von unsern mädchen

den jungfraun keine schöner war als sie

und eines morgens blies ich meine flöte

die kühe weideten dort wo das gras

wuchs üppig voll da konnte ich sie sehen

die windenblüten haben mir geholfen

da flocht ich einen blumenkranz für sie


ein liebes junges mädchen saß vor mir

und ihre schönheit war unglaublich groß

so hat sie mich verzaubert die ich ansah

ich wusste dass ich sie zuvor gesehen

in ewigkeit ja es war marion

das schicksal hatte mich zu ihr gebracht

die liebesflamme war mein lohn dafür

dass ich die maid so frech hab angesehen

nun lernt ich kennen eine leidenschaft

die sich vollkommen mir verweigert hat

und statt der wonne gab es tausend schmerzen


sechs monde sind vergangen da ich wollte

gewinnen sie und öffnete mein herz

ich liebe dich madonna marion

doch meine schüchternheit und traurigkeit

in ihrem stolz erzeugten nur verachtung

gleichgültig gegenüber meinem schicksal

sie sagte trotz der schmerzen meines herzens

nein rinderhirte nein ich lieb dich nicht


mir wurde alles fremd und düster war

das leben und der heimatliche wald

die hirtenspiele nichts beruhigte mich

nichts hat getröstet meinen schweren kummer

ich hab gelitten doch mich zog das meer an

die heimat zu verlassen und ich suchte

mir eine bande kämpferischer männer

dem wind und seiner launenhaftigkeit

auf einem großen ozean zu trotzen

ich hoffte ruhm und ehre zugewinnen

für meinen anspruch auf die liebe frau

ich plante dieses mal nach meinen wünschen

und rief ein paar matrosen laut zu mir


die männer auf der suche nach gefahr

und geld sie machten in dem lande krieg

die fremden die den kampf mit messern kannten

und boot mit booten kollidierend fuhren

wir auf den wellenrücken reitend hin

geführt von süßer hoffnung ich die männer

den schnee das wasser malten rot wir an

zehn jahre kämpften wir mit unsern feinden

der ruf von unsern taten ging voraus

die herrscher flohn erschreckt vor unserm wüten


wild unsre kämpfe waren und auch lustig

und mit den männern die wir überwunden

wir feierten zusammen feste aber

durch all den lärm des krieges und der lust

ich hörte oft die stimme marions

und sah sie innen in geheimen schmerzen

bevor ich wiedersah mein heimatufer

kommt männer rief ich haben wir die welt

denn nicht genug durchstreift so kommt nach hause.


nun in der heimat unter dachgesimsen

wir hängten unsre scharfen waffen auf

ist dass nicht recht im glauben gut gehandelt?

Wir sehnten uns nach frieden hinterließen

im rücken uns nur eine spur der angst

wir fuhren mit dem schiff nach dänemark

und gingen bald im hafen dort vor anker


befriedigt wurden alle meine träume

die je mein herz mir schneller schlagen ließen

o du ersehnter augenblick des treffens

o gnadenreiche zeit da du gekommen

zu füßen deiner stolzen schönheit legte

ich meine waffe und des kampfes beute

korallen perlenketten gold und silber

von eifersüchtigen genossinnen

umgeben ihrer jugend freundinnen

o meine grenzenlose liebe macht

mich ganz zu marions gefangenem

stumm stand ich vor ihr aber marion

sie wandte kühl sich ab und sagte ohne

ein zeichen dass sie je sich ändern würde

ich lieb dich nicht ich lieb dich nicht o torsten


ich rede nicht sehr gern von diesen dingen

es ist die reinste qual daran zu denken

jetzt milan wenn ich kurz vorm tode stehe

bringt die erinnerung mir neuen kummer

in meine lang betäubte kranke seele

und schwer verwundet sie mein ganzes wesen

von schmerz zerrissen und verbrannt und müde

ich fühle tränen meine wangen nässen


horch in der gegend die ich heimat nenne

bei fischern einsam in dem norden lebend

lebt die magie der schwarzen kunst die schatten

in dichten wäldern eingehüllt in tiefes

und langes schweigen liegen und bewahren

geheimnisse der magier im alter

zu suchen nach der weisheit von der höchsten

und tiefsten art zu suchen voller ehrfurcht

was war und ist und sein wird wissen sie

und hauchen leben ein und fördern liebe


ich der verrückte sucher reiner liebe

in der verzweiflung wurde das nie schwächer

mit hilfe von magie gedachte ich

in marions vereistem stolzen herzen

von liebe wenigstens ein kleines flimmern

zu wecken und in richtung dunkelheit

des waldes sie befreiten meine schritte

und ungeduld der heißen leidenschaft

mit dem subtilen handwerk der magie

die lange jahre fleißig ich gelernt

es waren schreckliche geheimnisse

die mit verzweiflung ich und sehnsucht suchte

die strahlenden gedanken sich enthüllten

von zaubersprüchen kannte ich die kraft

das ziel der liebe wurde so erreicht

zur guten zeit du marion bist mein

jetzt soll ich dich als meine braut besitzen

noch einmal wurde ich besiegt vom schicksal

ward meines herrlichen triumphs betrogen


entrückt von junger träumerei erfüllt

von inbrunst und begeisterung der liebe

ich sing mit lauten tönen die beschwörung

und ruf nach dunklen geistern siehe da

ein lichter blitz ein lauter donnerschlag

und wirbelwinde werden magisch wach

ich fühl die erde fängt zu beben an

ich höre brummen es und rumpeln unter

den füßen und vor meinen augen steht

senil das bildnis eines alten weibes


sie ist gebeugt und ist geschrumpft verschrumpelt

ihr haar ist grau ihr auge stechend kalt

und glasig ist der blick das köpfchen zittert

und doch und doch ich habe sie doch nicht

mit einer anderen verwechselt? Nein

mein sohn sie war es marion im schrecken

wie schrecklich war der anblick den ich maß

mit glaubenslosem blicke meinem auge

misstrauend du bist marion? So sprich


nun brach aus mir ein wilder schrei hervor

o wo ist deine schönheit hin? Warum

hab ich so lange mich getrennt vom leben

und mich getrennt von alles liebesfreuden?

Seit vierzig jahren hörte ich sie sagen

jetzt bin ich wirklich sechzig jahre alt

egal so ist das leben nun gemessen

und so vergeht die zeit verfliegt der frühling

mein frühling auch wir beide sind nun alt

doch sollst du nicht den lebensmut verlieren

durch diesen schnellen abgang toller jugend

es stimmt ich bin nun grau auch etwas krumm

entwaffnend sie erklärte diese wahrheit

doch ihre stimme war ein säbelrasseln

ich bitte dich komm sieh nicht hin so tragisch

denn ich bin zuversichtlich wie ich rede

wie du dich auskennst mit der zauberei


o zauberin was hatte sie gesagt

ich war betroffen durch das eingeständnis

und fühlte mich als taugenichts und narr

für all den vorrat an gelehrsamkeit


bei weitem schlimmer war es dass der zauber

den ich gesprochen gut hat funktioniert

und mein zusamm-geschrumpftes götterbild

nun flackerte vor kranker leidenschaft

sie liebte mich bis zur besessenheit

die blassen lippen grinsten blöde lächelnd

in friedhofslauten murmelte die hexe

das wildeste bekenntnis während ich

litt lautlos ekel und abscheulichkeit

und auf den boden richtete die augen

sie keuchte weiter musste immer husten

so wurde sie vom thema mitgenommen

sie hört nicht auf oh meine seele ist

geschaffen für der liebe seligkeit

so krächzte sie ich sehne mich nach liebe

ich hungere ich flamme auf vergehe

o komm zu mir ich sehne mich nach dir

ich sterbe ach ich sterbe mein geliebter


es war sehr lustvoll o mein sohn dass sie

mich angestarrt und ihre finger knöchern

nach mir gegriffen und nach meinem mantel

ach dort zu bleiben lieber sohn ach dort

bei ihr zu bleiben das war nackte qual

die augen drückt ich zu sie nicht zu sehen

ich konnt es einfach länger nicht ertragen

da brach sie los mir unrecht anzutun


sie schrie das leben einer reinen junbgfrau

ist nun zerschmettert ach du bist ein schurke

als ob so wenig zählte meine liebe

ich bin ja selber schuld ihr männer seid

doch alle gleich ich schwör es bei mir selber

durch deine elende verführung hab ich

mich ganz der liebesleidenschaft ergeben

betrüger schuft du wirst zu spüren kriegen

was rache einer furiosen frau ist


so kam es nun dass wir uns trennten

in diesen wäldern wurde sie begraben

hier leb ich eines eremiten leben

und hab vom balsam der natzr geschmeckt

durch ruhe und durch weisheit reich gesegnet

ich bleibe nicht mehr lange hier auf erden

um gutes dir zu tun doch rat ich dir

die tote hat die rache nicht vergessen

und ihre wilde liebesleidenschaft

und ist zu einer furie geworden

zu einem dämon und vampir geworden

verwandelt hat sich ihre heiße liebe

in einen abgrundtiefen hass auf dich

mein sohn und also flehe ich dich an

bei dir zu tragen kreuz und rosenkranz